Lexikon des systemischen Arbeitens -  - E-Book

Lexikon des systemischen Arbeitens E-Book

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Beschreibung

Das "Lexikon des systemischen Arbeitens" ist in seiner aktualisierten und erweiterten Auflage das Ergebnis der fortgesetzten Zusammenarbeit namhafter systemischer Praktiker:innen, Forscher:innen und Lehrender im deutschsprachigen Raum. Es enthält Erklärungen zu 169 Grundbegriffen aus Praxis, Methodik und Theorie und unterstützt damit als transdisziplinäres, praxisorientiertes Nachschlagewerk die alltägliche Beratungs-, Therapie-, Supervisions- und Erziehungspraxis sowie die Organisationsentwicklung. org.editeur.onix.v21.shorts.Br@133b6998 Der Aufbau der Artikel folgt einem klaren Schema: Jeder Artikel beginnt mit der mehrsprachigen Nennung des Begriffs und einer Kurzdefinition: Was bezeichnet der Begriff bzw. die Methode? Wie kann an das Phänomen systemisch arbeitend herangegangen werden? Wie wird die betreffende Methode in der Praxis angewendet? Es folgen ausführliche Angaben zu den im Text verwendeten Quellen und eine Liste mit weiterführender Literatur. Querverweise verknüpfen die Stichwörter untereinander. org.editeur.onix.v21.shorts.Br@6ffd13d1 Im Anschluss an den Lexikonteil folgt ein Anhang, der deutschsprachige Nachschlagewerke, bedeutende systemische Zeitschriften und aktuelle Internetseiten zum Thema "Systemisches Arbeiten" verzeichnet. org.editeur.onix.v21.shorts.Br@4a09bbb4 Mit Beiträgen von: Heinz Abels • Falko von Ameln • Eia Asen • Ulrich Auer • Dirk Baecker • Christiane Bauer • Robert Baum • Jürgen Beushausen • Wolfgang Budde • Peter Bünder • Manfred Cierpka • Edwin Czerwick • Hans-Ulrich Dallmann • Markus Dierkes • Elmar Drieschner • Joseph Duss-von Werdt • Andrea Ebbecke-Nohlen • Peter Ebel • Lothar Eder • Andreas Eickhorst • Mohamed El Hachimi • Günther Emlein • Matthias Freitag • Thomas Friedrich-Hett • Frank Früchtel • Andreas Fryszer • Peter Fuchs • Wolfgang Gaiswinkler • Wolfgang Geiling • Stefan Gesmann • Martin Hafen • Kurt Hahn • Stefan Hammel • Reinert Hanswille • Sigrid Haselmann • Margarete Hecker • Thomas Hegemann • Kai-Uwe Hellmann • Johannes Herwig-Lempp • Rainer Hirschberg • Franz Hoegl • Hans-Jürgen Hohm • Boris Holzer • Bettina Hünersdorf • Oliver Jahraus • Roland Kachler • Andreas Kannicht • Rudolf Klein • Heiko Kleve • Björn Kraus • Wolfgang Krieger • Jürgen Kriz • Sabine Krönchen • Barbara Kuchler • Ludger Kühling • Tanja Kuhnert • Isabel Kusche • Helmut Lambers • Anne M. Lang • Maren Lehmann • Albert Lenz • Tom Levold • Sven Lewandowski • Kurt Ludewig • Olaf Maaß • Johann Jakob Molter • Lina Nagel • Matthias Ochs • Gisela Osterhold • Ulrich Pfeifer-Schaupp • Bernhard Pörksen • Sonja Radatz • Janine Radice von Wogau • Corinna Reinhard-Thursfield • Wolf Ritscher • Marianne Roessler • Steffen Roth • Wilhelm Rotthaus • Albert Scherr • Günter Schiepek • Silke Schippers • Roland Schleiffer • Arist von Schlippe • Bernd Schmid • Johannes F. K. Schmidt • Christian Schuldt • Thomas Schumacher • Marcel Schütz • Rainer Schützeichel • Rainer Schwing • Fritz B. Simon • Ingo Spitczok von Brisinski • Liane Stephan • Rudolf Stichweh • Tilmann Sutter • Veronika Tacke • Svenja Uhrig • Manfred Vogt • Gunthard Weber • Wolf Rainer Wendt • Susanne Wengler • Helmut Wetzel • András Wienands • Rudolf Wimmer • Michael Wirsching • Jan V. Wirth.

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Systemische Therapie und Beratung

In den Büchern der Reihe zur systemischen Therapie und Beratung präsentiert der Carl-Auer Verlag grundlegende Texte, die seit seiner Gründung einen zentralen Stellenwert im Verlag einnehmen. Im breiten Spektrum dieser Reihe finden sich Bücher über neuere Entwicklungen der systemischen Arbeit mit Einzelnen, Paaren, Familien und Kindern ebenso wie Klassiker der Familien- und Paartherapie aus dem In- und Ausland, umfassende Lehr- und Handbücher ebenso wie aktuelle Forschungsergebnisse. Mit den roten Bänden steht eine Bibliothek des systemischen Wissens der letzten Jahrzehnte zur Verfügung, die theoretische Reflexion mit praktischer Relevanz verbindet und als Basis für zukünftige nachhaltige Entwicklungen unverzichtbar ist. Nahezu alle bedeutenden Autoren aus dem Feld der systemischen Therapie und Beratung sind hier vertreten, nicht zu vergessen viele Pioniere der familientherapeutischen Bewegung. Neue Akzente werden von jungen und kreativen Autoren gesetzt. Wer systemische Therapie und Beratung in ihrer Vielfalt und ihren transdisziplinären und multiprofessionellen Zusammenhängen verstehen will, kommt um diese Reihe nicht herum.

Tom Levold

Herausgeber der Reihe Systemische Therapie und Beratung

Jan V. Wirth • Heiko Kleve (Hrsg.)

Lexikon des systemischen Arbeitens

Grundbegriffe der systemischen Praxis, Methodik und Theorie

Zweite, vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage 2023

Mitglieder des wissenschaftlichen Beirats des Carl-Auer Verlags:

Prof. Dr. Rolf Arnold (Kaiserslautern)

Prof. Dr. Dirk Baecker (Witten/Herdecke)

Prof. Dr. Ulrich Clement (Heidelberg)

Prof. Dr. Jörg Fengler (Köln)

Dr. Barbara Heitger (Wien)

Prof. Dr. Johannes Herwig-Lempp (Merseburg)

Prof. Dr. Bruno Hildenbrand (Jena)

Prof. Dr. Karl L. Holtz (Heidelberg)

Prof. Dr. Heiko Kleve (Witten/Herdecke)

Dr. Roswita Königswieser (Wien)

Prof. Dr. Jürgen Kriz (Osnabrück)

Prof. Dr. Friedebert Kröger (Heidelberg)

Tom Levold (Köln)

Dr. Kurt Ludewig (Münster)

Dr. Burkhard Peter (München)

Prof. Dr. Bernhard Pörksen (Tübingen)

Prof. Dr. Kersten Reich (Köln)

Dr. Rüdiger Retzlaff (Heidelberg)

Prof. Dr. Wolf Ritscher (Esslingen)

Dr. Wilhelm Rotthaus (Bergheim bei Köln)

Prof. Dr. Arist von Schlippe (Witten/Herdecke)

Dr. Gunther Schmidt (Heidelberg)

Prof. Dr. Siegfried J. Schmidt (Münster)

Jakob R. Schneider (München)

Prof. Dr. Jochen Schweitzer † (Heidelberg)

Prof. Dr. Fritz B. Simon (Berlin)

Dr. Therese Steiner (Embrach)

Prof. Dr. Dr. Helm Stierlin † (Heidelberg)

Karsten Trebesch (Berlin)

Bernhard Trenkle (Rottweil)

Prof. Dr. Sigrid Tschöpe-Scheffler (Köln)

Prof. Dr. Reinhard Voß (Koblenz)

Dr. Gunthard Weber (Wiesloch)

Prof. Dr. Rudolf Wimmer (Wien)

Prof. Dr. Michael Wirsching (Freiburg)

Prof. Dr. Jan V. Wirth (Meerbusch)

Themenreihe »Systemische Therapie und Beratung«

hrsg. von Tom Levold

Reihengestaltung: Uwe Göbel

Umschlaggestaltung: B. Charlotte Ulrich

Umschlagfoto: © Creativa Images

Redaktion: Uli Wetz, Alexander Eckerlin

Satz: Verlagsservice Hegele, Heiligkreuzsteinach

Printed in Germany

Druck und Bindung: TZ-Verlag & Print GmbH, Darmstadt

Zweite, vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage 2023

ISBN 978-3-8497-0438-4 (Printausgabe)

ISBN 978-3-8497-8416-4 (ePUB)

DOI: 10.55301/9783849704384

© 2012, 2023 Carl-Auer-Systeme Verlag

und Verlagsbuchhandlung GmbH, Heidelberg

Alle Rechte vorbehalten

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Informationen zu unserem gesamten Programm, unseren Autoren und zum Verlag finden Sie unter: https://www.carl-auer.de/.

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Carl-Auer Verlag GmbH

Vangerowstraße 14 • 69115 Heidelberg

Tel. +49 6221 6438-0 • Fax +49 6221 6438-22

[email protected]

Inhalt

Vorwort zur zweiten Auflage

Vorwort zur ersten Auflage

Abhängigkeit (stoffl.)

Rudolf Klein

Achtsamkeit

Ulrich Pfeifer-Schaupp

Agilität

Falko von Ameln

Akzeptanz/Anerkennung

Jürgen Kriz

Alltag

Jan V. Wirth

Alter/Altern

Thomas Friedrich-Hett

Ambivalenz

Heiko Kleve

Anamnese

Michael Wirsching

Arbeitslosigkeit

Matthias Freitag

Armut

Tanja Kuhnert

Aufstellungen

Gunthard Weber

Auftrag

Kurt Ludewig

Auftrags- und Erwartungskarussell

Haja Molter und Arist von Schlippe

Autonomie

Bettina Hünersdorf

Autopoiesis

Dirk Baecker

Behinderung

Peter Fuchs

Beobachtung

Peter Fuchs

Beratung

Sigrid Haselmann

Beziehung

Johannes F. K. Schmidt

Case Management

Heiko Kleve

Coaching

Sonja Radatz

Dekonstruktion

Jan V. Wirth

Delegation

Lothar Eder

Delinquenz

Ulrich Auer

Diagnose/Diagnostik

Günter Schiepek

Digitalisierung

Thomas Schumacher

Einsamkeit

Jan V. Wirth

Elternschaft

Andreas Eickhorst

Empowerment

Albert Lenz

Erwartung

Maren Lehmann

Erziehung

Wilhelm Rotthaus

Evaluation

Günter Schiepek

Evidenz

Ingo Spitczok von Brisinski

Exklusion

Hans-Jürgen Hohm

Externalisierung

Peter Ebel

Familie

Manfred Cierpka

Familienbrett

Kurt Ludewig

Familienhelfer-Map

Andreas Fryszer

Familien-Map

Margarete Hecker

Familienrat

Frank Früchtel und Wolfgang Budde

Feedback

Bernd Schmid

Forschung

Matthias Ochs

Führung

Dirk Baecker

Funktion

Franz Hoegl

Funktionssystem

Steffen Roth

Gedächtnis

Rainer Schützeichel

Gefühl

Peter Fuchs

Genogramm

Ludger Kühling

Gesellschaft

Albert Scherr

Gesundheit

Jürgen Beushausen

Gewalt (gegen Kinder)

Tom Levold

Gewalt (in Paarbeziehungen)

Tom Levold

Gruppe

Rudolf Wimmer

Gruppenarbeit

Silke Schippers

Haushalt

Wolf Rainer Wendt

Helfen

Olaf Maaß

Humor

Christiane Bauer

Hypothetisieren

Ulrich Pfeifer-Schaupp

Identität

Peter Fuchs

Individuation

Lothar Eder

Individuum

Albert Scherr

Information

Barbara Kuchler

Inklusion

Albert Scherr

Interaktion

Isabel Kusche

Interkulturalität

Sabine Krönchen

Interpunktion

Wolf Ritscher

Intervention

Günter Schiepek

Intuition

Bernd Schmid

Irritation

Helmut Lambers

Jugendliche

Christiane Bauer

Kind

Helmut Wetzel

Kommunikation

Dirk Baecker

Komplexität

Edwin Czerwick

Konflikt

Fritz B. Simon

Konstruktion

Barbara Kuchler

Konstruktivismus

Bernhard Pörksen

Kontext

Maren Lehmann

Kontingenz (doppelte)

Helmut Lambers

Kopplung

Franz Hoegl

Körper

Peter Fuchs

Körperarbeit

András Wienands

Krankheit

Fritz. B. Simon

Krise

Peter Bünder

Kultur

Dirk Baecker

Kybernetik

Lina Nagel

Lebensführung

Jan V. Wirth

Lebenslauf

Maren Lehmann

Lebenswelt

Björn Kraus

Liebe

Christian Schuldt

Lösung

Martin Hafen

Lösungsfokussierung

Thomas Hegemann

Macht

Hans-Ulrich Dallmann

Management

Stefan Gesmann

Mediation

Joseph Duss-von Werdt

Menschenbild/-rechte

Jan V. Wirth

Metapher

Stefan Hammel

Migration

Janine Radice von Wogau

Missbrauch (sex.)

Helmut Wetzel

Misshandlung

Roland Schleiffer

Multifamilientherapie

Susanne Wengler und Eia Asen

Narrativ

Robert Baum

Netzwerk

Boris Holzer

Netzwerkkarte

Frank Früchtel und Wolfgang Budde

Neutralität

Rainer Schwing

Nichtwissen

Wolfgang Gaiswinkler und Marianne Roessler

Obdach-/Wohnungslosigkeit

Jan V. Wirth

Opfer

Wolf Ritscher

Organisation

Veronika Tacke

Paar

Mohammed El Hachimi und Liane Stephan

Paradoxie

Oliver Jahraus

Partizipation

Martin Hafen

Person

Maren Lehmann

Prävention

Martin Hafen

Problem

Martin Hafen

Problem-Lösungs-Zirkel

Andreas Kannicht

Protest

Kai-Uwe Hellmann

Psyche

Peter Fuchs

Psychodrama

Falko von Ameln

Raum

Rudolf Stichweh

Reflektierendes Team, Reflektierende Positionen

Arist von Schlippe

Reform (organisatorische)

Marcel Schütz

Ressource

Kurt Hahn

Ritual

Manfred Vogt

Rolle

Heinz Abels

Rollenatom

Falko von Ameln

Scheidung/Trennung

Mohammed El Hachimi und Liane Stephan

Schmerz

Svenja Uhrig

Schuld

Markus Dierkes

Schule

Wolfgang Geiling

Schulverweigerung

Susanne Wengler und Eia Asen

Seelsorge

Günther Emlein

Selbstorganisation

Ingo Spitczok von Brisinski

Selbstreferenz

Helmut Lambers

Sexualität

Sven Lewandowski

Sinn

Günther Emlein

Skalieren

Rainer Hirschberg

Skulptur

Andrea Ebbecke-Nohlen

Soziales Atom

Falko von Ameln

Sozialisation

Tilmann Sutter

Sozialsystem

Dirk Baecker

Soziodrama

Falko von Ameln

Spielen

Manfred Vogt

Sprache

Franz Hoegl

Steuerungsdreieck

Andreas Kannicht

Suizid

Ulrich Pfeifer-Schaupp

Supervision

Sabine Krönchen

Symptomträger

Fritz B. Simon

System

Dirk Baecker

Teamarbeit

Gisela Osterhold und Corinna Reinhard-Thursfield

Tetralemma

Heiko Kleve

Therapie

Ingo Spitczok von Brisinski

Tod

Ulrich Pfeifer-Schaupp

Trance

Anne M. Lang

Trauer

Roland Kachler

Trauma

Reinert B. Hanswille

Triade

Andreas Eickhorst und Manfred Cierpka

Umdeutung

Matthias Ochs

Umwelt

Jan V. Wirth

Utilisation

Stefan Hammel

Verstehen

Elmar Drieschner

Viabilität

Wolfgang Krieger

VIP-Karte

Johannes Herwig-Lempp

Wunderfrage

Kurt Hahn

Zeichen

Franz Hoegl

Zeit

Franz Hoegl

Zeitstrahl

Andreas Fryszer

Zeugen (Arbeiten mit Zeugen)

Andreas Fryszer

Ziel

Marianne Roessler und Wolfgang Gaiswinkler

Zirkuläres Fragen

Fritz B. Simon

Anhang

Nachschlagewerke

Zeitschriften (Periodika)

Internetseiten

Verzeichnis der Autorinnen und Autoren

Über die Herausgeber

Vorwort zur zweiten Auflage

Vor zehn Jahren, im Jahre 2012, ist – auf Initiative von Jan V. Wirth – unser Lexikon des systemischen Arbeitens erschienen. Nun publizieren wir die zweite, erweiterte Auflage. In der Zwischenzeit ist viel geschehen. Die Systemtheorie sowie die systemische Fort- und Weiterbildungsszene haben sich weiterentwickelt. Systemisches Arbeiten ist in zahlreichen Praxiskontexten, aber auch in der Wissenschaft, im Studium und in berufsbegleitenden Ausbildungen zu einem nicht mehr wegzudenkenden Paradigma geworden. Wer etwas auf sich hält, arbeitet, lehrt, lernt oder forscht systemisch. Dieser Begriff ist damit leider auch zu einem Eye Catcher geworden: Viele nutzen ihn, um ihre Arbeit, Konzepte, Methoden oder Programme mit einem modischen Attribut zu versehen. Aber wenn wir genauer nachforschen, was denn damit genau gemeint sein soll, dann bleiben die Definitionen oft ungenau, wenig differenziert, zu allgemein oder gar esoterisch.

Wir intendieren mit diesem Lexikon – wie bereits zum Zeitpunkt seiner Ersterscheinung –, Ordnung, Übersichtlichkeit und Genauigkeit in den vielfältigen systemischen Fachdiskurs zu bringen.

Um dieses Ziel zu erreichen, haben wir uns entschieden, weiterhin auf das klassische Publikationsorgan, das Buch mit lexikalischen Einträgen, zu setzen. Auch in Zeiten des Internets bleibt das Buch eine wichtige Referenz für Wissen. Sicherlich könnten die Leser und Leserinnen alle Begriffe und Definitionen, die in diesem Werk versammelt sind, auch im Netz suchen, und sie würden fündig werden. Allerdings müssten die Suchenden jedes Mal genau prüfen, in welchem Kontext der jeweilige Begriff präsentiert wird, wer ihn für welchen Zweck definiert hat. Das Internet ist ein Multiversum der Komplexität. Diese Komplexität muss jedes Mal, mit jeder Suchanfrage in sorgfältiger Weise reduziert werden. Nur so kann Qualität erzeugt werden. Mit diesem Buch versprechen wir den Lesenden, dass wir diese Komplexitätsreduktion bereits vollzogen haben. Ein zentrales Qualitätsmerkmal, das die Sorgfalt, Genauigkeit und Aktualität der versammelten Lexikoneinträge, der Lemmata, garantiert, ist die Auswahl der Autoren und Autorinnen, die wir für die Mitarbeit gewinnen konnten.

Alle Begriffe in diesem Werk wurden von renommierten Wissenschaftlerinnen, Therapeuten, Beraterinnen, kurz: von ausgewiesenen Experten und Expertinnen verfasst. Daher können die Lesenden sicher sein, dass ihnen hier systemische Theorie- und Praxisreflexion geboten wird, die gewinnbringend für das eigene Nachdenken, Reflektieren, Lernen oder Schreiben von wissenschaftlichen oder praxisbezogenen Beiträgen und Konzepten verwendet werden kann. Damit adressieren wir als Nutzerinnen und Nutzer des Buches insbesondere Studierende aller human-, geistes- und sozialwissenschaftlichen Disziplinen, Teilnehmende von systemischen Fort- oder Weiterbildungen, konzeptionell arbeitende Praktiker und Praktikerinnen sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich mit Systemtheorie oder systemisch-konstruktivistischen Ansätzen befassen.

Mit der zweiten, erweiterten Auflage wurden alle bisherigen Beiträge aktualisiert sowie um 28 Begriffe ergänzt, etwa um so wichtige Einträge wie »Funktion«, »Führung«, »Paradoxie«, »Umwelt« oder »Zeit«.

Wie immer hatten wir eine äußerst fruchtbare und reibungslose Zusammenarbeit mit dem Team des Carl-Auer Verlags. Wir möchten uns insbesondere bei Alexander Eckerlin für die tatkräftige Unterstützung in der Kommunikation mit den Autoren und Autorinnen sowie für die Ermöglichung dieser Auflage beim Lektor Dr. Ralf Holtzmann und dem Geschäftsführer Matthias Ohler bedanken. Schließlich gebührt aller größter Dank den vielen Autoren und Autorinnen der über 160 Beiträge, die das Lexikon erst zu dem machen, was es ist: ein weithin leuchtendes Kompendium großer systemischer Fachlichkeit.

Heiko Kleve und Jan V. WirthPotsdam/Witten sowie Meerbusch/Düsseldorfim Frühjahr 2022

Vorwort zur ersten Auflage

Das Lexikon des systemischen Arbeitens mit seinen 141 Grundbegriffen ist das Ergebnis einer mehrjährigen Zusammenarbeit der Herausgeber mit 89 der renommiertesten systemischen Praktiker, Forscher und Lehrenden im deutschsprachigen Raum. Es soll als hoch informatives Nachschlagewerk die alltägliche systemische Beratungs-, Therapie-, Supervisions- und Erziehungspraxis sowie die Organisationsentwicklung unterstützen. Als Minimalkanon der hier versammelten Beiträge für systemisches Arbeiten können folgende sieben Punkte gelten:

1)

»Systemisch zu arbeiten« heißt, die wissenschaftliche Einsicht professionell zu nutzen, dass der täglichen Realität – mit all ihren Problemen, aber auch mit all ihren Lösungen – keine Wirklichkeit an sich, sondern sinnhaft konstruierte, raum-zeitlich geordnete und symbolisch verfasste Erfahrungen zugrunde liegen.

2)

»Systemisch zu arbeiten« drückt aus, sich selbst als Teil und Ko-Erzeuger sozialer Kontexte und ihrer Beobachtungen begreifen und reflektieren zu können. Es gibt keinen archimedischen Punkt, also keinen Punkt außerhalb der als sinnhaft strukturierten sozialen Welt, auf den sich zurückzuziehen möglich wäre und der von dort einen – etwa verantwortungsfreien – Blick auf die Welt verspräche, wie sie wirklich ist.

3)

»Systemisch zu arbeiten« bedeutet weiterhin, Verhaltensweisen/Kommunikationsmuster mit Bezugnahme auf die sozialen Kontexte zu verstehen, in denen sie z. B. als Dysfunktion, Problem, Störung, Gefahr – oder eben auch als Lösung – etc. pp. beobachtet, beschrieben bzw. gehandelt werden.

4)

»Systemisch zu arbeiten« meint außerdem, dass biologisch-organische, psychische und Sozialsysteme und ihre Dynamiken in ihren funktionalen und operativen Zusammenhängen betrachtet werden, weil Veränderungen in einem System Veränderungen in den mit ihm gekoppelten Systemen bzw. in seiner Umwelt zur Folge haben.

5)

»Systemisch zu arbeiten« läuft darauf hinaus, vom alltagsgewohnten und im Grunde simplen linearen Ursache-Wirkungs-Denken abzurücken zugunsten der praxisbewährten Erfahrung, dass Verhaltensweisen sich zirkulär formieren, d. h. wechselseitig aufeinander verweisen, und unter dem Gesichtspunkt, dass Ereignisse auf vielfältigere Weise sinnstiftend miteinander verknüpft werden (können).

6)

»Systemisch zu arbeiten« trägt dem Umstand Rechnung, dass Psychen und Sozialsysteme, d. h. sinnverarbeitende Systeme, nicht immer gleich, sondern je nach Zustand, Geschichte und Kontext (des jeweiligen Systems) unterschiedlich auf Angebote oder Zumutungen reagieren und dass aus Gründen der schier unendlichen Verknüpfungsfähigkeiten sinnverarbeitender Systeme nicht von vornherein feststeht, in welcher Weise sie dies tun werden.

7)

»Systemisch zu arbeiten« signalisiert die Bereitschaft, sich festzulegen auf eine Erkenntnis- und Arbeitshaltung, die wertschätzend auf Personen und ihre Lebensräume zugeht, sich primär an ihren Aufträgen und Ressourcen orientiert, um final die Anzahl der Handlungsmöglichkeiten mehren zu helfen, die den Beteiligten/Klienten/Adressaten zur Verfügung stehen. Denn Problemlösung bedeutet im Grunde nichts weiter, als zwischen Möglichkeiten – und das heißt: zwischen ihren Beschreibungen – auswählen zu können.

Die Auswahl der Grundbegriffe und ihre z. T. substantivische Erscheinungsform ist – wie jede Auswahl – willkürlich, aber nicht beliebig und nicht zuletzt auch das Ergebnis eines sich mehr und mehr weitenden Horizonts aufseiten der Herausgeber. War zuerst nur an griffige »101 Grundbegriffe« gedacht, wurden daraus mehr und mehr Beiträge. Auch der jetzige Stand ist mehr als unzureichend, zu denken wäre etwa an Grundbegriffe wie »Information«, »Umwelt«, »Wissen«, »Erleben«, »Karriere« sowie viele weitere sogenannte Problemartikel wie »Armut«, »Einsamkeit«, »Schulden«, »Suizid«, »Widerstand« etc. Dies bleibt – hoffentlich! – Folgeauflagen vorbehalten.

Der Untertitel »Grundbegriffe der systemischen Praxis, Methodik und Theorie« zeigt die drei unterschiedlichen Dimensionen systemischen Arbeitens an. Der Bereich »Praxis« steht für Phänomene, die von »Abhängigkeit« über »Individuation« bis »Trauma« reichen und die in der alltäglichen systemischen Praxis bearbeitet werden. Der Bereich »Methodik« umfasst diverse systemische Methoden von »Anamnese« über »Körperarbeit« bis »Zirkuläres Fragen«, die in der alltäglichen systemischen Praxis verwendet werden. Der Bereich »Theorie« rahmt Grundbegriffe von »Ambivalenz« über »Gruppe« bis »Zeit«, um der Komplexitätszunahme der Praxisphänomene mit einer angemessenen Theoriekomplexität zu begegnen. Er folgt insofern dem Arbeitsmotto der Herausgeber, dass nämlich systemisches Arbeiten gerade dann erfolgreicher wird, wenn seine Komplexität akzeptiert und genutzt wird.

Das systemisch-konstruktivistische Lexikon soll vom Konzept her nur knappe, hochinformative Erklärungen enthalten. Der Aufbau der Artikel folgt einem klaren Schema:

Jeder Artikel beginnt mit der ggf. mehrsprachigen Nennung des Begriffs und einer Kurzdefinition. Was bezeichnet der Begriff/die Methode systemisch-theoretisch? Hier gibt es eine theoretische Darstellung. Der Begriff wird erklärt und systemtheoretisch eingeordnet. Wie kann an das Phänomen systemisch arbeitend herangegangen werden? Wie wird die betreffende Methode in der systemischen Praxis angewendet? Dies entspricht einem Kurzüberblick über systemische Herangehensweisen. Der Begriff/die sogenannte Methode/das Praxisphänomen wird als systemische Problemstellung in der Praxis bzw. praktische Aufgabe für systemisch Arbeitende begriffen.

Auf den eigentlichen Artikel folgen ausführliche Literaturangaben zu den im Text verwendeten Quellen. Daran schließt sich eine kleine Liste zu weiterführender, möglichst aktueller Literatur (wenn welche genannt wird, was nicht immer der Fall ist) an. Hiermit soll dem interessierten Lesepublikum der Einstieg in dieses Thema vertiefende systemische Lektüre ermöglicht werden. Außerdem gibt es eine Fülle von Querverweisen (→) auf andere im Lexikon verfügbare Stichwörter. Im Hinblick auf die gewünschte Kürze der Lexikonartikel werden selten beide Geschlechter explizit bezeichnet, es sind jedoch immer beide explizit angesprochen. Wo es um etymologische Aspekte (im Deutschen) geht, wurde der Duden (2007)1 zugrunde gelegt.

Im Anschluss an den Hauptteil mit den Grundbegriffen folgt ein Anhang, in dem eine kleine Liste deutschsprachiger systemischer Nachschlagewerke, bedeutender systemischer Zeitschriften und aktueller Webseiten zum Thema »systemisches Arbeiten« dargeboten wird. Ein umfangreiches Personen- und ein Sachregister schließen das Lexikon ab. Wir danken Thomas Jorzyk an dieser Stelle herzlich für die tatkräftige Unterstützung bei ihrer Erstellung.

An diesem wissenschaftlich neue Wege gehenden Lexikon haben viele Personen auf mehr als substanzielle Weise mitgewirkt. Dieser synergetische Prozess der Zusammenarbeit war für uns Herausgeber eine sehr wertvolle Erfahrung und stets spannende Herausforderung. Die Herausgeber danken sehr herzlich allen unmittelbar oder mittelbar Beteiligten für ihre Beherztheit und ihre Tatkraft! Ein Dankeschön geht auch an Dr. Ralf Holtzmann und sein Lektorenteam vom Carl-Auer Verlag für die – wie gewohnt – äußerst schnelle und sehr gewissenhafte Arbeit. Schließlich möchten sich die Herausgeber bei ihren Familien bedanken für das »Rückenfreihalten« während der Arbeit am Lexikon. Das Buch wäre nicht entstanden, wenn nicht Roswitha Umlauft, Anja Wirth, Elise Caroline (5 J.) und Elena Catharina (3 J.) sowie Tanja Kleve-Bachmann, Noah (8 J.) und Ben (1 J.) zuweilen familiären Verzicht geübt hätten.

Über Rückmeldungen (Anregungen, Kritik plus Verbesserungsvorschläge, Aufnahme neuer Stichworte etc.) freuen wir uns sehr. Mögen durch dieses Lexikon viele – mehr oder weniger systemische – Arbeits- und Reflexionsprozesse erfolgreich begleitet werden.

Jan V. Wirth und Heiko KleveBerlin, Januar 2012

Akzeptanz/Anerkennung

Jürgen Kriz

engl. acceptance; popularisierte Form für einen Aspekt des → Beziehungsangebotes von Psychotherapeuten und -therapeutinnen an ihre Patientinnen und Patienten, so wie er ursprünglich im Personzentrierten Ansatz (person- bzw. client-centered approach, PCA) von Carl Rogers (Rogers 1951) aufgrund von empirischer → Forschung über die Bedingungen konstruktiver therapeutischer Veränderung formuliert wurde. Es handelt sich somit nicht um ein genuin systemisches (→ System) bzw. familientherapeutisches Konzept, sondern war bereits theoretisch wie praktisch ausgearbeitet, bevor systemische (aber auch behaviorale) → Therapie in bedeutsamem Ausmaß etabliert wurde.

Zusammen mit zwei weiteren essenziellen Aspekten des psychotherapeutischen Beziehungsangebotes – nämlich Kongruenz/Echtheit (engl. congruence) und empathischem → Verstehen (engl. empathy) – bildet Akzeptanz/Anerkennung die zentrale Grundlage wirksamen therapeutischen Handelns, wie dies inzwischen faktisch von allen psychotherapeutischen Richtungen betont wird. Oft wird fälschlich von drei »Basisvariablen therapeutischer Beziehung« gesprochen, was allein schon deshalb nicht zutrifft, weil zu einer Beziehung beide Seiten – hier also: Therapeut bzw. Therapeutin und Patient/Klientin – gehören. Zudem sind diese Aspekte des Beziehungsangebotes auf Seiten der Therapeuten und Therapeutinnen von den anderen therapeutischen Richtungen – auch der Systemischen Therapie – nur sehr oberflächlich rezipiert und stark zurechtgestutzt in ihre Arbeitsweise eingepasst worden. Dies wird der recht umfangreichen Theorie und differenzierten Praxis des Personzentrierten Ansatzes nicht gerecht. (Rogers 2008; Biermann-Ratjen u. Eckert 2017).

In der Theorie des PCA wird Akzeptanz bzw. Anerkennung präziser als unconditional positive regard bezeichnet – wofür es nur unzureichende deutsche Übersetzungen gibt. Die früher häufiger verwendete Übersetzung »unbedingte positive Wertschätzung« unterstützt eher die Fehlinterpretation, dass (personzentrierte) Therapeuten und Therapeutinnen alles von Klienten und Klientinnen Vorgebrachte freundlich positiv aufnehmen und zurückspiegeln sollten (eine »Stammtischversion« einer Pseudo-»Gesprächstherapie«, die leider sogar in Lehrbüchern verfahrensfremder Autorinnen und Autoren verbreitet wurde). Stattdessen liegt die Betonung bei diesem Konzept aber auf dem Attribut »unconditional« bzw. »unbedingt« und verweist auf den Umstand, dass in der biographischen Entwicklungsgeschichte eines Menschen bisweilen Zuwendung und Wertschätzung nur unter bestimmten Bedingungen gewährt wurde (meist zunächst von den Eltern). Vor allem dann, wenn das Kind weniger seinen eigenen vitalen organismischen Bedürfnissen und Empfindungen Ausdruck verlieh, sondern brav und angepasst den Werten und Normen folgte, erhielt es die so wichtige Beachtung und Zuwendung. Dabei wurden – in Abweichung von den eigenen Bedürfnissen und Erfahrungen – diese Gebote häufig nicht nur befolgt, sondern sogar verinnerlicht. Dies kann entwicklungsgeschichtlich zu einer Vermengung der eigenen Bedürfnisse und Empfindungen mit den von außen erwünschten führen (was psychoanalytisch als »Introjekte« bezeichnet wird). Der Aspekt »unbedingte Wertschätzung« im personzentrierten Beziehungsangebot meint somit die durchaus konfrontierende und kontrastierende Erfahrung, dass das Gegenüber (hier: Therapeut/Therapeutin) durchaus wertschätzende Anerkennung ohne Bedingung geben kann, womit die eigentlich erwarteten Bedingungen (→ Erwartung) erfahrbar werden und das eigene Erleben und Handeln im Lichte dieser Erwartungsstrukturen nun auch verstehbar werden kann.

Hier nun setzt eine zumindest nicht allzu oberflächliche Nutzbarmachung dieses Konzeptes von Akzeptanz/Anerkennung aus dem PCA für den systemischen Ansatz an. Es geht nicht nur um die wichtige Haltung, allen Positionen im Klientensystem gleichermaßen akzeptierende Wertschätzung im Sinne von → Neutralität entgegenzubringen. Es geht auch nicht nur um die ebenfalls wichtige Anerkennung von z. B. Besonderheiten der einzelnen Mitglieder im Sinne von → Ressourcen und ein damit ggf. verbundenes Reframing (→ Umdeutung) von entwerteten Beiträgen Einzelner für die Funktionalität des Gesamtsystems. Vielmehr kann eine Nutzbarmachung der spezifischen Bedeutung dieser Konzepte aus dem PCA für systemische Therapeuten und Therapeutinnen die Sensibilität für Fragen steigern, ob und wie die → Interaktionsmuster im System von Erwartungsstrukturen aufgrund bedingter Akzeptanz und Anerkennung mitbestimmt werden. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein Mitglied sich ständig über seine Kräfte hinausgehend für andere einsetzt, weil sich dieser Mensch nicht vorstellen kann (oder zumindest kein Vertrauen darin hat), dass er auch ohne diese Leistungen die Wertschätzung der anderen bekommen kann. Oder wenn jemand immer nur seine »Schokoladenseiten« zeigt und damit vor anderen – und bei chronischem Verstellen: letztlich auch vor sich selbst – die aus seiner Sicht und Erwartung weniger angenehmen, bedürftigen, schwachen Seiten unterdrückt. Solche aufgrund von bedingter Akzeptanz oft schon früh entwickelten Erwartungen und die damit verbundenen Verhaltensstrategien werden in der systemischen → Interaktion von → Familien (aber auch von Teams oder → Gruppen) selten korrigiert, sondern sogar noch verstärkt und stabilisiert, weil dies ja für die anderen als positive Eigenschaft der betreffenden Person verstanden und wahrgenommen wird: Ein solcher Mensch wirkt dann besonders hilfsbereit bzw. anpassungsfähig sowie stark und autonom (→ Autonomie) – und wird dafür tatsächlich mit Zuwendung belohnt, sodass sich das Muster fortsetzt. Die Gefahr ist allerdings, dass dieser Mensch dann irgendwann wegen chronischer Überlastung plötzlich zusammenbricht oder zum Selbstschutz die Interaktionsdynamik in maligner Weise untergräbt und boykottiert. Die Aufdeckung solcher Muster aufgrund bedingter Akzeptanz/Anerkennung dient somit neben der aktuellen Bearbeitung von → Konflikten der psychohygienischen Prophylaxe (→ Prävention). Systemtheoretisch zeigt sich, dass hier Prozesse auf psychischer und interpersoneller, aber auch kultureller (→ Kultur) und körperlicher (→ Körper) Ebene zusammenspielen, wie dies in der Personzentrierten Systemtheorie (Kriz 2017) ausgeführt wird.

In den letzten Jahren finden sich im systemischen Ansatz unter dem Begriff Akzeptanz Elemente und Programmteile aus der sog. Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT), die auf Steven Hayes zurückgeht (Hayes et. al. 2014). Beim ACT wurden Konzepte der Humanistischen Psychotherapie – besonders PCA und Gestalttherapie – in verhaltenstherapeutische Programme gegossen, sodass diese leicht durch RCT-Studien eine evidenzbasierte (→ Evidenz) Wirksamkeit nachweisen konnten. Der Import von ACT in den systemischen Ansatz erfolgt allerdings eher eklektisch, da eine entsprechende theoretische Konzeption bisher noch nicht vorgelegt wurde.

Verwendete Literatur

Bierman-Ratjen, Eva-Maria u. Jochen Eckert (2017): Gesprächspsychotherapie: Ursprung – Vorgehen – Wirksamkeit. Stuttgart (Kohlhammer).

Hayes, Steven C., Kirk C. Strosahl u. Kelly G. Wilson (2014): Akzeptanz- & Commitment-Therapie: Achtsamkeitsbasierte Veränderungen in Theorie und Praxis. Paderborn (Junfermann).

Kriz, Jürgen (2017): Subjekt und Lebenswelt. Personzentrierte Systemtheorie für Psychotherapie, Beratung und Coaching. Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht).

Rogers, Carl R. (1951): Client-Centered Therapy: Its current practice, implications, and theory. Boston (Houghton Mifflin).

Rogers, Carl R. (2008): Eine Theorie der Psychotherapie, der Persönlichkeit und der zwischenmenschlichen Beziehung. München (Reinhardt).

Alter/Altern

Thomas Friedrich-Hett

engl. age/aging, franz. âge m/vieillir v/t; können verschiedene Bedeutungen zugeordnet werden.

1)

Alter als Lebensalter: Das ahd.

altar

(mhd. alter) bezeichnet das Lebensalter, jemand ist zehn, 40 oder 70 Jahre alt.

2)

Alter als Prozess: Eine Veränderung, die schon mit der Geburt beginnt und mit dem →

Tod

endet.

3)

Alter als eine bestimmte Altersgruppe (→

Gruppe

): Wenn wir von alten Menschen sprechen, meinen wir oft Menschen, die älter als 60 Jahre sind.

4)

Alter/Altern als relationale Kategorie: Hiermit sind soziale →

Konstruktion

en und Vergleichsprozesse gemeint, deren Bewertungen abhängen von Bezugsgruppen, Vorstellungen vom Alter und vom →

Kontext

.

Ein systemisches (→ System) Verständnis fokussiert auf die Betrachtung von Alter/Altern als relationales Phänomen/relationale Kategorie (Friedrich-Hett et al. 2014). Wann jemand als alt gilt, wird im soziokulturellen (→ Kultur) Kontext festgelegt. In unserer → Gesellschaft wird häufig die Berufsaufgabe aus Altersgründen (oder → Krankheitsgründen) als Markierung herangezogen, welche damit zu einem wichtigen Ereignis zur Deutung des Alters wird. Mit Bezug auf den sozialen Konstruktionismus, eine erkenntnistheoretische Grundposition verschiedener systemischer Schulen, nach der → Realitäten in sozialen Beziehungen sprachlich konstruiert werden (z. B. Gergen u. Gergen 2009), lässt sich ableiten, dass wir durch die Art und Weise, wie wir über Alter, Altern und ältere Menschen sprechen, unsere Vorstellungen von der Wirklichkeit mitgestalten. In der Öffentlichkeit ist Alter noch vielfach mit Abbau und Verfall assoziiert. Obwohl sich allmählich differenziertere Bilder von Vielfalt und Potenzialen im Alter entwickeln, ist das wissenschaftlich längst überholte »Defizitmodell des Alterns« immer noch häufig anzutreffen (Deutscher Bundestag 2010). Die beschriebenen Altersvorurteile führen zu Stigmatisierungen und Benachteiligungen älterer Menschen. Untersuchungen zeigen, dass Ältere mit einem eher negativen Altersbild sich unabhängig von ihrer → Gesundheit deutlich weniger bewegen als Ältere mit einem positiven Altersbild (Wurm et al. 2010, nach Deutscher Bundestag 2010, S. 159). Aus systemischer Sicht wird Alter/Altern daher als soziale Konstruktion betrachtet, die sich aus Vorurteilen, Ängsten und negativen Altersbildern in unseren alltäglichen (→ Alltag) Gesprächen und gesellschaftlichen Diskursen speist. Selbst die wissenschaftliche Literatur zum Verfall im höheren Alter kann als defizitär konstruiert gesehen werden, weil hauptsächlich Beeinträchtigungen und Krankheiten untersucht und positive Möglichkeiten kaum publiziert werden (Gergen u. Gergen 2005). Der postulierte Altersverfall kann somit als eine sich selbst erfüllende Prophezeiung, die Fähigkeitsverluste begünstigt, verstanden werden (Friedrich-Hett 2007). Das bedeutet nicht, dass das Alter frei von → Krankheiten ist, nur sind die meisten Krankheiten im Alter keine »Alterskrankheiten«, sondern »alternde Krankheiten«, die ihre Entstehung in früheren Lebensjahren haben (Lehr 2009).

Als systemische Prinzipien für die Arbeit mit älteren Menschen (Friedrich-Hett 2007) werden eine respektvolle, wertschätzende und neugierige Grundhaltung sowie eine offene, gleichberechtigte und dialogische Gesprächsführung empfohlen. Berater und Therapeutinnen (→ Beratung; → Therapie) sollten eine beziehungsengagierte und selbstreflexive Position, eine familien- (→ Familie) und systemintegrierende Sichtweise und eine → Auftrags-, → Ziel- und Zukunftsorientierung anstreben. Weiter haben sich die Entwicklung eines individuellen (→ Individuum) Verständnisses der vorliegenden → Problematik, unter Berücksichtigung des jeweiligen Lebensverlaufs (→ Lebenslauf), sowie die notwendige Aufarbeitung relevanter → Krisen und → Konflikte mit Förderung entsprechender Verarbeitungsfähigkeiten bewährt. Da → Erwartungen und Zuversicht von Beraterinnen und Therapeuten für die Entwicklungsmöglichkeiten älterer Menschen von hoher Bedeutung sind, soll die Beachtung von Lebens- und Altersbildern betont werden, denen eine Schlüsselrolle zur Förderung neuer Perspektiven zukommen kann. Nicht vergessen werden sollten ebenso allgemeine Faktoren wie die der Förderung von Selbstwerterleben und Selbstwirksamkeitsempfinden sowie die Entwicklung und Unterstützung sozialer Beziehungsnetzwerke (→ Netzwerk, → Netzwerkkarte, → Rollenatom, → VIP-Karte).

Methodisch steht grundsätzlich die gesamte Vielfalt der systemischen Möglichkeiten zur Verfügung. Erfahrungen mit verschiedenen Settings (z. B. → Paar- und Gruppentherapie, → Gruppenarbeit), spezifischen Fragen (z. B. Biografiearbeit, → Sexualität/Homosexualität, Trauerbegleitung, Suchtprobleme, Demenzerkrankung, Sterbebegleitung) und weniger verbreiteten Methoden (z. B. Erlebnistherapie, feministische → Seelsorge, philosophische Beratung) wurden bereits zusammengetragen (Friedrich-Hett 2007; Friedrich-Hett et al. 2014).

Verwendete Literatur

Deutscher Bundestag (2010): Sechster Bericht zur Lage der älteren Generation der Bundesrepublik Deutschland – Altersbilder in der Gesellschaft. Verfügbar unter:

https://www.bmfsfj.de/resource/blob/101922/b6e54a742b2e84808af68b8947d10ad4/sechster-altenbericht-data.pdf

[25.01.2021].

Friedrich-Hett, Thomas (2007): Das Alter schätzen lernen. Neue Perspektiven für Beratung und Therapie älterer Menschen. In: ders. (Hrsg.): Positives Altern. Neue Perspektiven für Beratung und Therapie älterer Menschen. Bielefeld (Transcript), S. 15–70.

Friedrich-Hett, Thomas, Noah Artner u. Rosita A. Ernst (Hrsg.) (2014): Systemisches Arbeiten mit älteren Menschen. Konzepte und Praxis für Beratung und Psychotherapie. Heidelberg (Carl-Auer).

Gergen, Kenneth J. u. Mary M. Gergen (2005): Positives Altern und die Beziehungsmatrix.

Zeitschrift für systemische Therapie und Beratung

23 (4): 221–228.

Gergen, Kenneth J. u. Mary M. Gergen (2009): Einführung in den sozialen Konstruktionismus. Heidelberg (Carl-Auer).

Lehr, Ursula (2009): Pro Aging: Herausforderungen und Chancen für den Einzelnen und die Gesellschaft. (Folien zum Vortrag vom 30.01.2009, Wissenschaftliche Jahrestagung des Langenfelder Instituts für systemische Praxis und Forschung).

Weiterführende Literatur

Friedrich-Hett, Thomas (Hrsg.) (2007): Positives Altern – Neue Perspektiven für Beratung und Therapie älterer Menschen. Bielefeld (Transcript).

Gergen, Mary M. u. Kenneth J. Gergen (Hrsg.): Der Rundbrief »Positiv Altern«. Verfügbar unter: https://www.taosinstitute.net/resources/journals-and-newsletters/positive-aging-newsletter [30.05.2021].

Lehr, Ursula (1972): Psychologie des Alterns. Wiebelsheim (Quelle & Meyer), 11., korr. Aufl. 2007.

Psychotherapie im Alter. Gießen (Psychosozial).