Lexikon Musiklehre - Clemens Kühn - E-Book

Lexikon Musiklehre E-Book

Clemens Kühn

4,0

Beschreibung

Drei Bücher in einem: Lexikon - Lesebuch - Arbeitsmittel Konzept: "Lexikon": direkter Zugriff auf alle wichtigen Informationen zum Themenfeld "Musiklehre". Von "Akkord" bis "Zwölftonmusik" "Lesebuch": Text-Inseln zu grundsätzlichen Fragen - nach dem Sinn von "Analyse", nach Musik als "Sprache" u.v.m. "Arbeitsmittel": konkrete Kompositionsbeispiele zum Hören, Lesen, Spielen und Reflektieren von Musik, außerdem gezielte Aufgaben zum Selbststudium Zielsetzung: -Junge Leser an Musik heranführen über kurze, aber profunde Texte -Musik durch Wissen und Hinterfragen vermitteln -Musik in ihrer Struktur entdecken und erleben

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|3| Clemens Kühn

Lexikon Musiklehre

Ein Nachschlage-, Lese- und Arbeitsbuch

Bärenreiter Kassel  Basel  London  New York  Praha

|4| Für die junge Generation

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.

Aufgrund der unterschiedlichen technischen Gestaltungsmöglichkeiten von eBook und gedrucktem Buch können sich für Abbildungen, Notenbeispiele, Tabellen und ähnliche Elemente geringfügige Differenzen bei der Seitenzuordnung ergeben.

Hinweise zur Zitierfähigkeit und Registerbenutzung

Diese epub-Ausgabe ist zitierfähig. Um dies zu erreichen, ist jeweils der Beginn einer Seite mit |xx| gekennzeichnet. Bei Wörtern, die von einer zur nächsten Seite getrennt wurden, steht die Seitenzahl vor dem im epub zusammengeschriebenen Wort.

Sofern im Register Seitenzahlen genannt sind, beziehen sich diese auf die Printausgabe. In dieser epub-Ausgabe führt ein Link zum Beginn der entsprechenden Textstelle.

eBook-Version 2016

© 2016 Bärenreiter-Verlag Karl Vötterle GmbH & Co. KG, Kassel

Umschlaggestaltung: +CHRISTOWZIK SCHEUCH DESIGN

unter Verwendung eines Fotos von andreafleischer

Lektorat: Jutta Schmoll-Barthel

Korrektur: Daniel Lettgen, Köln

Notensatz: Tatjana Waßmann, Winnigstedt

ISBN 987-3-7618-7044-0

DBV 123-08

www.baerenreiter.com

eBook-Produktion: Zeilenwert GmbH, Rudolstadt

|5| Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Die eingeschobenen Texte und ihre Themen

Zur Idee dieses Buches

Introduktion: Musiklehre!

Musik von A bis Z

A, B, C, D, E, F, G, H, I, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z

Coda: Musiklehre?

Wegweiser: Themenfelder

Register

|6|Die eingeschobenen Texte und ihre Themen

Auftakt: Musik erfahren

Zur Analyse von Musik

Chromatik und Diatonik

Entwickeln und Verweilen

Das Individuelle

Das Erstaunliche erleben

Klang und Linie

Metrum und Charakter

Ein Modellfall

Verknüpfungen

Was Musik erzählen mag

»Arbeiten mit Tönen«

Musiktheorien

Sprache als Musik

Hörerwartungen

Technik und Ästhetik

|7|Zur Idee dieses Buches

Diese »Musiklehre« ist eine Einladung, Musik zu entdecken. Der Zusatz »Lexikon« bezeichnet ihr Ordnungsprinzip und ihre Darstellungsform: konzentriert, genau, ausgerichtet auf Grundlegendes (ein einzelner Artikel kann keine detaillierte Lehre ersetzen). Nichts von »Lexikon« dagegen hat die Ausrichtung dieses Buches, das Persönliches nicht ausklammert und das verschiedene Zugänge anbietet: nachschlagen, herumstöbern, einen Bereich systematisch aufbereiten, Texte lesen und ihre Themen durchdenken, persönlich weiterarbeiten.

Etwas nachschlagen versteht sich. Doch ebenso reizvoll ist es, sich blätternd treiben zu lassen, in den Artikeln zu schnuppern und zwischen ihnen, bewusst oder absichtslos, zu springen. Pfeile (→) verweisen auf andere Schlagworte, sind aber sparsam gesetzt, um das Satzbild für das Lesen nicht ständig zu durchlöchern; alle erklärungsbedürftigen Begriffe findet man an ihrer alphabetischen Position, darüber hinaus verweist ein Register auf Begriffe, die keinen eigenen Artikel erhalten haben.

Eine spezielle Möglichkeit eröffnen die Themenfelder am Ende: Sie weisen sämtliche Schlagworte thematischen Bereichen zu, um sie als Komplex aufnehmen zu können.

Eingeschoben sind 16 selbstständige Texte, vielfältig nach Art, Fragestellung und Anlage, die sich einem bestimmten Thema genauer widmen, im Bezug auf den vorangegangenen Artikel. Diese Texte, zum vertiefenden Lesen und Studieren gedacht, möchten zum Überlegen und Weiterdenken anregen.

Aufgaben – überschrieben Anregungen zur Weiterarbeit – folgen im Anschluss an jene Artikel, bei denen sie sinnvoll möglich sind. Angefügten Musikbeispielen kann man sich auf vielfältige Weise nähern: hörend, spielend, lesend, singend, analysierend. Angeregt wird zu Eigenem: zum Improvisieren, Erfinden, Schreiben, Nachdenken, Wiedergeben. Gelegentlich ermuntern Übungen dazu, sich theoretische Sachverhalte trainierend zu eigen zu machen. (Nicht ausweichen bitte: »Üben« ist das, was auf einem Instrument die Etüden sind: ungeliebt, aber hilfreich.) Und Lesehinweise nennen bedeutsame oder grundlegende musikalische Schriften.

|8| Ungeachtet der zahlreichen Notenbeispiele wäre es nützlich, lägen dem Leser folgende Werke vor: Bachs Inventionen und sein Wohltemperiertes Klavier (im Text abgekürzt zu WK), die Klaviersonaten Mozarts und Beethovens, Schumanns Kinderszenen.

Das vorliegende Buch handelt nicht von Begriffen, um sie »beizubringen«, sondern um durch sie hindurch Musik näherzukommen. Begriffe bieten lediglich ein Hilfsmittel. Sie »sind« nicht schon die jeweilige musikalische Sache, und mit ihnen »hat« man nicht schon die Musik, aber sie können helfen, Musik aufzuschließen. Theorie ist abstrakt, Musik ist konkret. Deswegen verweist dieses Buch immer wieder auf das Zusammenspiel von Technischem und Ästhetischem und redet über Musik immer wieder mit Worten wie »Wirkung«, »Ausdruck«, »Charakter«, »Bedeutung« …

Fühlen und Denken, Ahnen und Wissen, Erspüren und Forschen sind zwei Seiten derselben Sache: Musik emotional wie intellektuell entdecken – und erleben. Kann dieses Buch dabei helfen, ist sein schönster Zweck erfüllt.

*

Einen herzlichen Dank sage ich Doro Willerding für ihre sorgsame Durchsicht der Notenbeispiele sowie vor allem für ihre Gestaltung des Layouts; Daniel Lettgen für sein akribisches und anregend kritisches Korrekturlesen des Manuskriptes; Tatjana Waßmann für den schönen und bei allen Wünschen geduldig erstellten Notensatz. Und eine Krone möchte ich Jutta Schmoll-Barthel aufsetzen, der Lektorin – nein, weit mehr: der sensiblen Musikerin und so klugen wie feinfühligen Ratgeberin. Die Betreuung durch sie ist einzigartig.

Dresden, im Januar 2016

Clemens Kühn

|9|Introduktion: Musiklehre!

Versuch einer Anweisung die Flöte traversière zu spielen (1752), Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen (I, 1753; II, 1762), Anleitung zur Singkunst (1757), Klavierschule, oder Anweisung zum Klavierspielen (1789): Die Lehrwerke aus dem 18. Jahrhundert von Johann Joachim Quantz, Carl Philipp Emanuel Bach, Johann Friedrich Agricola und Daniel Gottlob Türk stellen in ihren Titeln »spielen« und »singen« heraus, doch mit größter Selbstverständlichkeit vermitteln die Autoren umfassende Kenntnisse in Satztechnik, Kontrapunkt, Harmonielehre. Türks Klavierschule breitet auf knapp 100 Seiten nahezu den gesamten Stoff der Allgemeinen Musiklehre aus. Agricolas Singkunst bespricht anfangs zwölf Seiten lang die unterschiedlichen Tonleitern, wenig später schreibt er sogar 20 Seiten über den Schall, die Gegebenheiten der Luftröhre, die Entstehung des Stimmklanges. Leopold Mozarts Gründliche Violinschule (1756) behandelt Notenwerte, Schlüssel, Takt, Tempovorschriften, Skalen, Intervalle, Fachbegriffe.

Dass praktische Lehrwerke des 18. Jahrhunderts sich nicht mit ihrem Instrument oder mit der Stimme begnügen, sondern musiktheoretisches Wissen integrieren, ist verblüffend, wenn man dies mit später vergleicht, wo die Bereiche meist so säuberlich voneinander getrennt werden, als hätten sie nichts miteinander zu tun. Schon Friedrich Wilhelm Marpurg (Abhandlung von der Fuge, I, 1753, S. IX) nahm eine Frontstellung der »theoretischen« und »practischen Tonkünstler« auf die Schippe:

Ein Grillenfänger, der bey dem Zirkel und Lineal grau geworden, […] siehet die Ausüber der Kunst mit einem verächtlichen Schulstolze an. Er thut keinen Griff auf dem Claviere, bevor er sich besonnen, dass die kleine Sexte in der proportione supertripartiente Quintas besteht. Ein blosser Practicus wiederum lachet den Theoreticus mit der Mine eines misgerathnen Petitmaitre aus. Nur mit der Geige oder einer feuchten Partitur in der Hand erhält man bey ihm Zutritt.

Dagegen steht bei Agricola (S.168) ein hübsches Bild: »Wer aber nichts von der Composition versteht, der arbeitet im Finstern.« Doch |10| hinreißender als von dem Komponisten und Theoretiker Sethus Calvisius (1556–1615) ist die Bedeutung von Theorie wohl nie formuliert worden. Er empfiehlt allen, »die die Musik studieren«, besonders die »Lehre von den Tonarten« hochzuschätzen, und gibt diesen Satz hinzu:

Die Sänger aber, die die Tonarten nicht kennen, sind gleich einem Betrunkenen, der in ein Haus gelangt, aber nicht weiß, über welchen Weg er zurückgehen soll.

|11|Musik von A bis Z

|12| A

Auftakt: Musik erfahren

Mein Bruder, Jahrgang 1924, erzählte mir, von seinem Musikunterricht habe er lediglich das Wort »Quintenzirkel« behalten und wisse immer noch nicht, was es bedeutet. Das Gefühl, »unmusikalisch« zu sein, hat ihn nie verlassen.

Dergleichen Musikferne gibt es nicht mehr? Der Sohn meiner Nichte rief vor Kurzem verzweifelt an. Er scheiterte an der Hausaufgabe – neunte Klasse Gymnasium–, zu allen möglichen Akkorden Funktionsbuchstaben zusammenzustellen. Der Fünfzehnjährige begriff weder die Theorie noch ihre Zeichen noch den Sinn der Aufgabe.

Solche Fälle – ich könnte sie um unrühmliche Beispiele erweitern – sollen nicht als Argument dafür benutzt werden, begriffliche Unterweisungen generell infrage zu stellen. Zwar gibt es so etwas wie ein begriffloses Begreifen, und es wäre ebenso fragwürdig wie anmaßend, einem Laien, der von Theorie nichts weiß, musikalisches Verständnis abzusprechen. Doch im Grundsätzlichen sind Begriffe lebenswichtig. Sie dienen der Verständigung und ermöglichen Orientierung, sie spiegeln eine Weise des Denkens und beeinflussen ihrerseits das Denken. Darum sollte man um eine treffende Begrifflichkeit ringen, weil durch sie das Verstehen von Musik und Lebenswelt gefördert werden kann.

Musikalische Termini brauchen aber eine zweifache Ergänzung:

1.Begriffe müssen lebendig werden am konkreten Werk. Das Phänomen X mit dem Wort X abzustempeln, ohne die tatsächliche Musik weiter zu beachten, sagt noch nicht viel aus.

2.Ein Begriff braucht das musikalisch-sinnliche Erleben. Immanuel Kant hat es in seiner Critik der Urteilskraft (1781) unübertroffen ausgedrückt: »Gedanken ohne Inhalt sind leer, Anschauungen ohne Begriffe sind blind.« Begriff und Anschauung brauchen einander, Begriffe allein sind genauso »leer« wie Anschauungen allein »blind«.

*

Warum dieser kleine Text? Es geht ihm um eine Grundhaltung. Für den schulischen Musikunterricht gilt sie in besonderer Weise: Fatal wäre es, erschöpfte sich der Sinn von Unterricht darin, Schemata auswendig zu lernen, Begriffe abzuarbeiten, Analysen zu exerzieren.

|13| »Schemata« ja, aber nicht zum stumpfen Einpauken und Abfragen, sondern als eine mögliche Stütze für einen ersten Überblick.

»Begriffe« ja, aber das eigentliche Ziel kann es nicht sein, Fachtermini »an sich« zu vermitteln. Sie bilden eine Fokussierung musikalischer Anschauungen, und sie sind in der Regel kein Ausgangspunkt – so attraktiv es sein kann, einen Begriff an den Anfang zu stellen, um Nachdenken zu provozieren–, sondern ein Ergebnis. (In einem »Lexikon« – Preis der konzentrierten Schriftlichkeit – ist diese Reihenfolge äußerlich leider nicht durchzuhalten).

»Analyse« ja, aber in anschaulichen Beschreibungen und auf schülerbezogenen Zugangswegen. Musik darf nicht trocken eingeübt, sie muss gelebt werden. Szenische Umsetzung, Wiedergabe in Bewegung, Übertragung in unterschiedliche Sprachweisen– Poesie, Prosa, verbale Assoziationsfelder–, Abbildung in Zeichnungen, Darstellung als Pantomime… Alle solche Übersetzungen – sollen sie etwas taugen – setzen eine intensive Beschäftigung mit dem musikalischen Gegenstand voraus und formen eine eigene Beziehung zu ihm. Zwanglos kommen dadurch zwei grundlegende Aspekte zur Deckung: das Objekt (die Musik als Gegenüber) und das Subjekt (der Hörer in seiner persönlichen Haltung), Erfahrungen an der Musik selbst und Erfahrungen durch sie für den von ihr Betroffenen.

Entscheidend bleibt das sinnenhafte Erfahren. Der Quintenzirkel und die Funktionsbasteleien allein gingen schnurstracks an ihm vorbei. Musikalische Begegnungen aber sind durch nichts zu ersetzen.

Abspaltung ist ein kompositorisches Verfahren, das in dreifachem Sinne genutzt wird, um musikalischen Fortgang und Zusammenhang zu besorgen:

1. Zur Verarbeitung: Von einem musikalischen Gedanken wird ein Teilstück abgetrennt und für sich weiterverwendet. Im Thema von Mozarts Klaviersonate A-Dur KV 331 nutzen die Takte 3/4 und 7/8 das zweite melodisch-rhythmische Glied der Takte 1/2.

1

|14|

2. Zur Verknüpfung: Um mit dem abgelösten Teil eine Brücke zum Folgenden zu schlagen. Den ersten Teil des Kopfsatzes seiner Klaviersonate B-Dur KV 570 beendet Mozart in F-Dur mit zwei Viertelschlägen, trennt die Viertelschläge ab – und verschiebt sie tonartlich, um geradezu überrumpelnd in Des-Dur anzukommen:

2

In dieser Bedeutung findet sich die Abspaltung auch in Dichtungen, besonders häufig in Märchen: »Und [Dornröschen] lag in einem tiefen Schlaf. Und dieser Schlaf verbreitete sich über das ganze Schloss.«

3. Zur Erweiterung: Wie ein nachsinnendes Echo, das den Gedanken vertieft, ohne ihn fortzuführen. Im langsamen Satz in Beethovens 9.Symphonie klingt die Melodie der ersten Violinen in den Bläsern nach – viermal greifen sie auf, womit die Violinen geendet hatten. Hier die anfänglichen zwei Viertakter und ihre Nachklänge in der Klarinette:

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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