Liam, Liam! - Sally Zaki - E-Book

Liam, Liam! E-Book

Sally Zaki

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Beschreibung

Emily Alice wird während eines Festes in die Parallelwelt der Perlenkönigin gezogen. Mit der Hilfe des Flussgeistes Liam, begibt sie sich hinab zu den dunklen Toren der Feuerhexe, um deren Macht zu brechen.

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Seitenzahl: 79

Veröffentlichungsjahr: 2014

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Impressum

Liam, Liam!

Sally Zaki

published by: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de

Copyright: © 2014 Sally Zaki

ISBN 978-3-8442-7596-4

Wir schreiben das Jahr 1851.

In dem kleinen Örtchen Wellingshire herrscht reges Treiben auf den Straßen und Wegen. Trotz der überschaubaren Größe des Dorfes freuen sich seine Einwohner eines ökonomischen Aufschwungs, den sie der in der Nähe liegenden Stadt verdanken. In den letzten Jahren hatte sich das entspannende Ambiente des Ortes herumgesprochen. Man erzählte sich, die Luft in Wellingshire sei wohltuend und erfrischend und die Wiesen so saftig grün wie an kaum einem anderen Fleck des Landes. Von blühenden Bäumen, Sträuchern und herrlich duftenden Blumen übersät, verdient sich Wellingshire somit nicht nur den Titel des arbeitstüchtigsten Dorfes, sondern auch den des bezauberndsten weit und breit. Ein durchaus wichtiger Grund für die prächtige Landschaft ist der Fluss, der sich durch das Dorf schlängelt. Er speist die Pflanzen mit seinem klaren, blauen Wasser und erfrischt die Einwohner an warmen Sommertagen.

So auch in jenem mystischen Sommer …

Die Geschäfte liefen prächtig. Das Wetter in diesem Sommer war so abwechslungsreich wie die Verkaufsstände und deren Angebot. Beinahe jede Nacht fiel Regen, der die umliegenden Felder bewässerte, aber spätestens bei Sonnenaufgang wieder verebbte. Im Morgengrauen sickerte das Wasser schnell in den Grund, sodass alle trockenen Boden unter den Füßen hatten. Am Nachmittag brannte manchmal die Sonne so heiß auf die Zylinder und Hüte der Herrschaften, dass sie sich auf einer der zahlreichen Sommerterrassen niederließen, um dort eine Erfrischung zu sich zu nehmen. Ein wahrlich perfekt abgestimmtes Verhältnis zwischen Sonne und Regen. Die Einnahmen der Dorfgemeinde wuchsen. Ebenso die Anzahl der Einwohner.

Wie an jedem Vormittag schoben sich auch heute Passanten an den Ständen vorbei. Auffällig war allerdings, dass sich in der letzten Zeit auch Stände an Ständen vorbeischoben. Immer mehr Händler bauten ihre Holztische nämlich in Karren um, so konnten sie ihre Ware abends mit nach Hause nehmen und brauchten sich keine Sorgen zu machen, dass diese in der Nacht geraubt wurden.

Ganz in der Nähe der Steinernen Brücke, dem Wahrzeichen des Dorfes, stritten sich gerade zwei Händler lauthals und lenkten alle Aufmerksamkeit auf sich.

„Ich habe meinen Stand schon seit zehn Jahren an exakt dieser Stelle, dies ist mein Platz!“

„Nennen Sie mich etwa einen Lügner? Ich bin mit meinem Karren die letzten Tage ebenfalls hierhergekommen. Ein guter Händler wird doch wohl noch wissen, wo sein bester Standort ist.“

„Ganz genau, Bürschchen! Und da dieser Platz der beste ist, werden Sie auch nur unschwer erkennen, dass er dem besten Händler von Wellingshire gehört! Dies ist mein Platz. Suchen Sie sich gefälligst einen anderen!“

„Wen nennen Sie hier Bürschchen?“

Gerade machte der Jüngere von den beiden einen großen Schritt auf den anderen zu, als plötzlich wie von Zauberhand ein anderer Karren zwischen den beiden auftauchte und den des Jüngeren rammte. Mitsamt seiner ordentlich gestapelten Erzeugnisse fiel er um und mit ihm der fremde Karren.

Gleichzeitig stieg eine exotisch duftende, rote Rauchwolke auf und vernebelte für einen Moment die erschrockenen Menschen auf der Straße. Neben dem fremden Karren saß eine verstört dreinblickende, alte Frau, eingehüllt in merkwürdig bunten Tüchern…

Wenige Stunden zuvor …

Im ganzen Dorf herrschte Festtagsstimmung. Die Vorbereitungen für das alljährliche Sommerfest waren in vollem Gange. Jedermann in Wellingshire wusch sich gründlich mit seiner feinsten Seife, lüftete seine besten Kleider, polierte seine Schuhe und trug sein teuerstes Parfüm auf. In einem der angesehensten Häuser sollte das Spektakel stattfinden. In dem herrlichen Sommergarten der Familie Dallaway waren bereits zahlreiche gedeckte Tische und drum herum gepolsterte Stühle aufgestellt. Die feinen Tischdecken aus edlem Stoff leuchteten in perlig schimmerndem Weiß. Kerzenständer und frischgepflückte Blumenkränze standen ebenfalls schon an Ort und Stelle. Dennoch liefen die Bediensteten unruhig umher. Panisch durchsuchten sie jedes Zimmer, schauten unter sämtliche Tische, ja sogar die Speisekammern und Schränke blieben nicht undurchforstet.

Aus aller Munde hörte man: „Emily Alice! Miss Dallaway! Wo sind Sie?“ Im entferntesten Winkel des üppig blühenden Gartens zwängte sich eine der Angestellten durch die tiefen Äste eines Baumes. „Miss? Oh, Gott sei es gedankt! Was tun Sie denn hier? Sie sollten sich schon längst zurechtgemacht haben. Wenn Ihr Vater mitbekommt, dass ich Sie noch immer nicht angekleidet habe, wird man mich gleich neben dem Wildschwein mitbraten.“

Hinter dem Stamm saß ein junges Mädchen mit feuerrotem Haar. Ohne von seinem Buch aufzublicken, entgegnete es geistesabwesend: „Nur noch zehn Minuten, Ilona.“

Ilona stemmte verzweifelt die Hände in ihre ausladende Hüfte. „Wie wollen Sie jemals einen anständigen jungen Mann finden, wenn alles, was Sie tun, lesen ist? Das schickt sich doch nicht!“

Endlich schloss das Mädchen sein Buch und sah mit seinen veilchenblauen Augen auf. „Das war zu deinen Zeiten so, aber das hat sich geändert. Und außerdem, wie oft muss ich dich noch bitten, mich einfach Alice zu nennen?“ Sie stand auf und klopfte sich das Gras von dem leichten Sommerkleid.

„Emily ist doch ein beliebter Name, besonders für ein feines Fräulein, wie Sie es sind.“

„Ja, und mindestens hundert andere Fräuleins haben den gleichen Namen“, entgegnete Emily Alice, wie so oft schon.

Sie ließ sich von Ilona auf ihrem Zimmer in ihr neues Kleid helfen. Es war ganz nach der neuesten Mode recht tief ausgeschnitten und die Schnürung drückte ihren Busen nach oben. Über dem knöchellangen Reifrock spannte sich der blaue Stoff, bevor er in üppigen Falten herabfiel und in weißen Rüschen endete. Auch die breiten Ärmel gingen von den Ellbogen an in ein prächtiges Rüschenmeer über.

„Sie sehen einfach bezaubernd aus!“, rief Ilona aus, während sie Emily Alice helle Bänder ins Haar flocht. Mit glitzernden Augen hielt sie ihr einen Spiegel hin. „Perfekt.“

Trotzig zog Emily Alice ihren weißen Schutenhut hervor, den ihr ihre Mutter einst geschenkt hatte, und setzte ihn auf. „Jetzt ist es perfekt.“

Verständnislos fuchtelte Ilona mit ihren Armen herum und protestierte, diese Kopfbedeckung sei doch schon aus der Mode, doch Emily Alice störte sich nicht daran. Ihr brachte dieser Hut stets Glück und darüber hinaus war es das Letzte, was ihr ihre Mutter gegeben hat, bevor sie starb.

Gerade öffnete sie die Tür, um hinauszustürmen, als vor ihr ein älterer, grauhaariger Mann im Türrahmen stand, die Faust bereit zum Anklopfen. Seine müden Augen blickten Emily Alice an, bevor er höflich eintrat und sich von dem Mädchen umarmen ließ, das überrascht und glücklich zugleich schien. „Großvater, ich habe dich so lange nicht mehr gesehen!“

Erschöpft setzte er sich auf das Sofa und betrachtete seine Enkelin, während sie sich vor ihm im Kreise drehte, sodass ihr Kleid mitschwang. Sie war ihm von allen seinen Enkeln mit Abstand die Liebste. Er schätzte nicht nur ihre Klugheit, sondern auch ihren Eigensinn. Sein Schwiegersohn Mr. Dallaway sagte immer zu ihm, er verzöge sie zu sehr, dabei tat aber er insgeheim dasselbe. Er liebte seine Tochter sehr. Darum ließ er es ihr an nichts mangeln. Zum Leidwesen aller junger Männer, die sich für sie interessierten.

Wie beiläufig erwähnte der Großvater, ein gewisser Logan Fitzgerald würde bei jenem Sommerfest ebenfalls anwesend sein.

„Fängt das schon wieder an? Hat dich mein Vater geschickt?“, fragte das junge Mädchen und richtete seinen Hut vor dem Spiegel.

„Ich dachte nur, ihr kennt euch nun schon seit Kindesbeinen an und er stammt aus ebenso gutem Hause wie du.“

„Und genau aus dem Grund könnte ich niemals seine Frau werden. Er ist für mich wie ein Bruder. Ich gehe noch etwas spazieren, bis später, Großvater.“ Blitzschnell sprang sie ihm entgegen, drückte ihm einen Kuss auf die Wange und lief leichtfüßig aus dem Raum. Sie achtete gar nicht mehr auf Ilonas Geschimpfe, dass sie ihr Kleid zu weit nach oben zöge, und wie ein Bursche laufe.

Die Bewohner grüßten Emily Alice wie immer stets freudig und luden sie ein, sich doch an ihrem Stand zu bedienen oder sich zu ihnen zu setzen. Von allen jungen Frauen weit und breit war sie bei allen Bürgern die strahlendste und beliebteste. Sogar der griesgrämige Dorfbäcker schenkte ihr ein zahnloses Lächeln.