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Kurzbeschreibung Auf dem Jakobsweg, lernt der IT-Ingenieur Andreas (34) aus München, die bildschöne und sehr spirituelle Muslima Fatima aus Marokko kennen und lieben. Diese prophezeit ihm, dass ihm Allah eine Frau sendet, mit der er glücklich wird. Nach einer unbeschreiblichen Liebesnacht ist sie plötzlich verschwunden. Als er sich in den baskischen Bergen verirrt, wird er trickreich mit der hübschen und temperamentvollen Spanierin Maria verheiratet, weil diese schwanger ist und sie einen Vater für ihr Kind braucht. Von Schuldgefühlen geplagt, beichtet sie ihm schließlich diesen Betrug. Susan aus der Schweiz könnte für ihn die Erfüllung dieser Prophezeiung sein, aber auch sie hat ihre Geheimnisse. In der Kathedrale von Burgos trifft er Fatima wieder, und sie ihn: "Lass mich auf diesem Jakobsweg Deine Frau sein, mit allem was dazugehört." Unter Begleitung des Heiligen Santiago beginnt zwischen beiden eine sehr tiefe, aber dramatische christlich-muslimische Liebesbeziehung... Andreas steht dabei immer wieder vor der Frage: "Gibt es Bestimmung, Führung, Fügung oder ist das alles nur Zufall?"
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Seitenzahl: 312
Veröffentlichungsjahr: 2021
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Auf dem Jakobsweg, lernt der IT-Ingenieur Andreas (34) aus München, die bildschöne und sehr spirituelle Muslima Fatima aus Marokko kennen und lieben. Diese prophezeit ihm, dass ihm Allah eine Frau sendet, mit der er glücklich wird. Nach einer unbeschreiblichen Liebesnacht ist sie plötzlich verschwunden.
Als er sich in den baskischen Bergen verirrt, wird er trickreich mit der hübschen und temperamentvollen Spanierin Maria verheiratet, weil diese schwanger ist und sie einen Vater für ihr Kind braucht. Von Schuldgefühlen geplagt, beichtet sie ihm schließlich diesen Betrug.
Susan aus der Schweiz könnte für ihn die Erfüllung dieser Prophezeiung sein, aber auch sie hat ihr Geheimnis.
In der Kathedrale von Burgos trifft er Fatima wieder. Dieses bittet ihn: „Lass mich auf diesem Jakobsweg Deine Frau sein, mit allem was dazugehört.“ Unter der Führung des Heiligen Santiago beginnt zwischen beiden eine sehr innige und dramatische christlich - muslimische Liebesbeziehung…
Andreas steht dabei immer wieder vor der Frage: „Gibt es einen Gott, Bestimmung, Fügung… oder ist das alles nur Zufall?“
Carlo L. Weichert geb.1945, arbeitete gut 25 Jahre in seiner psychosomatischen Praxis mit Einzelpersonen, Familien und Gruppen, mit Gesprächs- und Familientherapie sowie Heilhypnose.
Er war Dozent an den Volkshochschulen seiner Landkreise, an den Kreisbildungswerken der Kirche, sowie bei Heilpraktiker- und psychologischen Schulen, Tagungen, Kongressen und in Radiosendungen.
Weitere Bücher des Autors: siehe Bücherverzeichnis im Anhang
Gedanken zum Buch
Zur Geschichte des Jakobsweges
Der Jakobsweg durch den Norden Spaniens
Von den Energien des Jakobsweges
Teil 1
Maria
Teil 2
Andreas
Fatima und schwarze Augen…
In den Pyrenäen
„…Und was sagt Deine Seele dazu?“
…wie im Himmel
„Allah gibt, Allah nimmt“
Teil 3
Orientierungslos
Baskische Hochzeit
Teil 4
In Pamplona
Im Hotel
Betrunken
Depression
Segen für die Partnerschaft
Teil 5
Angst vor der Wahrheit
Auf nach Burgos
„Ich mag nicht mehr“
Im Hospital
Endlich Klarheit
Teil 6
Bestimmung, Vorsehung Oder Zufall?
St. Maria de Eunate
Susan
Opfer meiner Hormone?
Teil 7
In Estella
Torres de Rio
Wein für die Pilger
Was ist Liebe?
Teil 8
Auf nach Logroño…
Weiter nach Burgos
Gewissenskonflikt
Teil 9
In der Kathedrale von Burgos
„Ich möchte Deine Frau sein“
Teil 10
Auf dem Weg nach Hontanas
Seelensprache
Teil 11
Beten
Pilgerkloster San Anton
Castrojeriz
Teil 12
Auf nach Santiago
…und so begann alles
Finisterra… zum Ende der Welt
Abschied
Teil 13
Warum?
Beziehungsangst
Ganz unten…
Madame Claire
Teil 14
Padre Francisco
Freundlicher Empfang
Teil 15
Ein neues Leben beginnt
Erinnerungen
Computerservice SANTIAGO
Hochzeit
Nach gut einem Jahr
Michaela
Teil 16
In Madrid
Fatima
„Das ist Dein Sohn“
„Ich lass Dich nie mehr weg“
Teil 17
Wieder in München
“De kimmt ma net ins Haus“
Eine Madonna
Die Zeit vergeht
Taufe
Teil 18
Die Vorhersage erfüllt sich
Erfolg macht blind
…wenn der Segen fehlt
Der Seelenkonflikt
Fatimas Brief
Teil 19
Wieder auf dem Jakobsweg
Erinnerungen
„Tu, was Dein Herz Dir sagt…“
Teil 20
Gleichklang ihrer Seelen
Meine Tochter
Die Liebe hat sich verändert
Große Dankbarkeit
Miriams Taufe
Fatimas Geschichte
Taufen oder Trauung?
Teil 21
In der Basilika von Fatima
Taufe und Trauung
Teil 22
Haus AGAPE
Der Kreis schließt sich…
Vorschau: Liebe auf dem Jakobsweg – Teil 2
Glauben Sie an Gott, an Schicksal, Bestimmung, Vorsehung oder Fügung? Oder ist für Sie alles was auf dieser Welt oder zwischen zwei Menschen passiert Zufall?
Wer kann das schon beantworten?
Manchmal jedoch gibt es Lebensgeschichten, die, wenn man diese liest oder erfährt, es einem sich die Frage aufdrängt: „Gibt es einen Gott, gibt es Schicksal, Bestimmung, Vorsehung, Fügung oder ist - war alles - „nur“ Zufall…, d.h. es ist mir „zu - ge - fallen?“
Maria, Juan, Susan, Fatima, Madame Claire, Padre Francisco, Andreas und der Heilige Santiago in diesem Roman, sind so in diesen Fragen „verstrickt“, dass „man“ immer irgendwo bei einer dieser Fragen ankommt.
Auch taucht immer wieder die Frage nach dem „Warum“ auf.
Warum, bei so vielen guten Vorhersagen, Wohlwollen oder Segen, ist trotzdem manches so unglücklich verlaufen? War das nun Schicksal, Bestimmung, Vorsehung, Fügung oder der berühmte Zufall, was zwischen zwei Menschen passiert? Und dann kommt die Frage:
„Warum, ja warum nur, warum gerade ich?“, die ewige Frage von uns Menschen, wenn es uns schlecht geht.
Es soll sogar schon einmal jemanden gegeben haben, der im tiefsten Leid am Kreuz zu seinem Vater gerufen haben soll: „Mein Gott, WARUM hast Du mich verlassen?“
Tja warum?
Diese Geschichte vom Heiligen Santiago und seiner unsichtbaren Führung von Andreas und den Menschen, wie Maria, Juan, Susan und Fatima, Madame Claire, Padre Francisco, die sein Leben mitbestimmen, versucht darauf Antwort zu geben.
Wie sagt ein weiser Spruch:
„Leid ist Lehre“
Carlo L. Weichert
La Palma, im Oktober 2021
Die geschilderten Handlungen und Personen entstammen meiner schriftstellerischen Freiheit.
Eventuelle Ähnlichkeiten mit lebenden Personen und deren Lebenssituationen sind rein zufällig.
Da historische Zusammenhänge nicht belegbar sind, erzählen verschiedenlautende Legenden:
Nachdem der Apostel Jakobus der Ältere, der Lieblingsjünger Jesu (in Spanien „Santiago“ genannt), Teile der iberischen Halbinsel missioniert haben soll, erlitt er bei seiner Rückkehr nach Jerusalem im Jahr 44 n. Chr. den Märtyrertod durch König Herodes. Sein Leichnam soll nach Galicien zurück überführt worden sein, wo er einst gepredigt hatte.
Eine weitere Version erzählt:
Der Heilige Jakobus, der ca. 44 n. Chr. als erster Apostel in Jerusalem als Märtyrer gestorben ist, soll eigentlich zunächst mit Spanien nichts zu tun gehabt haben. Erst nachdem die Muslime um 711 die iberische Halbinsel zum größten Teil für den Islam erobert hatten, verdichtete sich in den christlich gebliebenen Orten Spaniens die Vorstellung, der Apostel Jakobus habe die Insel missioniert, sei aber deshalb in Jerusalem enthauptet worden. Aufgrund der Bedrängnis der Iberer durch die Araber und dem Halbmond, sei er aber nun auf wundersame Weise nach Spanien zurückgekehrt, habe sich auf dem Sternenfeld von einem Eremiten finden lassen, um nun der Retter, die Leitfigur beim Kampf Christentum gegen den Islam zu werden, um so endgültig die Insel zu christianisieren.
Bald nach der vermeintlichen Entdeckung des Heiligengrabes, setzte ab dem frühen Mittelalter aus ganz Europa eine starke Pilgerbewegung in Richtung Galicien nach Santiago de Compostela ein. So ist Santiago de Compostela, nach Rom und Jerusalem, zum drittgrößten Pilgerort der Christenheit geworden.
Heute gehen diesen Weg nicht nur Pilger. Der Camino de Santiago ist zu einem Treffpunkt der unterschiedlichsten Menschen, Sprachen und Kulturen aus der ganzen Welt geworden. Er gehört seit 1987 zum sogenannten „Weltkulturerbe“ und trägt die Bezeichnung „Erste Europäische Kulturstraße.“
Hier auf der Karte ist der „klassische Pilgerweg“ von Frankreich Saint-Jean-Pied-de-Port kommend nach Santiago de Compostela abgebildet. Die meisten Pilgerwege aus ganz Europa treffen auf diesen Weg.
Seit dem frühen Mittelalter sind Hunderttausende von Menschen den Jakobsweg nach Santiago de Compostela gegangen, als Pilger, als Gott-Suchende, als Hoffende, als Büßende, um Gelübde zu erfüllen usw. Und jeder dieser Menschen hat einen Teil seiner Energien, seine Hoffnungen, Wünsche, Träume, Ängste usw. hier gelassen.
Der Camino de Santiago ist also ein riesiges Energiefeld, welches sich aus den unterschiedlichsten Energien all der Menschen zusammensetzt, welche hier einmal gegangen sind, die Freud, Leid, Mühsal, Krankheiten erlebt und ertragen haben und von solchen, die hier verstorben sind.
Wer diesen Weg pilgert, d.h. jemand der nicht nach Kilometern, Bauwerken, Events usw. jagt und der sich für sich selbst viel Zeit nimmt, der die Gabe hat in sich hinein zu spüren, da könnte es sein, dass man plötzlich zum Empfänger von Teilen dieser Energien wird.
Es könnte auch sein, dass sich in Ihnen - wie in einem Film - aus der Summe der Energien der vielen Menschen, deren Gefühle, Freude, Leid, Ängste, Bilder oder Szenen aus deren Leben bei Ihnen melden, welche dann wie Träume in Ihrer Seele aufsteigen.
So ist dieses Buch entstanden.
Viele Male bin ich die verschiedenen Jakobswege gegangen… und irgendwann während des Pilgerns, stiegen plötzlich solche Bilder aus meiner Seele in mir auf, die zum Grundkonzept dieses Buches wurden.
Auch habe ich viele Menschen und Paare auf den Jakobswegen erlebt, glückliche, oft weniger glückliche, zeitweise auch leidende, solche wie Maria, Susan, Fatima, Andreas, Madame Claire und Padre Francisco hier in diesem Buch.
Ich habe Paare erlebt, die den Jakobsweg nicht ertragen haben. Denn die große Nähe 24 Stunden zusammen zu sein, auch die Belastungen durch das Gehen, Schuhe, Schotterwege, Hitze, Regen, den schweren Rucksack, die Lebensorganisation, oft die alten und engen Herbergen, dass sind Herausforderungen, die man daheim kaum kennt. Und so lernt man sich und den Partner/in plötzlich ganz anders kennen.
Ich habe Paare erlebt, deren Partnerschaften den Jakobsweg nicht überstanden haben. Diese haben sich unterwegs zerstritten oder in Santiago angekommen, oft auch deprimiert getrennt. Ihnen hat der Heilige Santiago auf seinem Weg die Augen und das Herz geöffnet, hat sie erkennen lassen, was zusammen gehört und was nicht.
Ich habe andere erlebt, die hier auf dem Jakobsweg zusammengeführt wurden, die sich dann in der Basilika des Heiligen Santiago verlobt oder sogar haben trauen lassen.
Ja, alles was Sie nun lesen werden, könnte Fantasie sein… Aber alles könnte auch so geschehen sein, weil es in den Energien des Jakobsweges und in Ihrer Seele liegt.
Herzlichst, Ihr
Carlo L. Weichert
„Wenn Du Wunder suchst,
dann musst Du nur
den
Jakobsweg gehen.“
Maria
Maria
„Gelobt sei Jesus Christus“, flüsterte Maria. Sie kniete in einem Beichtstuhl der Iglesia de San Saturnino (Kirche in der Altstadt von Pamplona, gegründet 1297).
„In Ewigkeit Amen“, antwortete der Priester.
Dieser hielt in seiner Hand ein weißes Tuch, welches den Teil seines Gesichtes bedeckte, welcher der Beichtenden zugewandt war. „Was führt Dich zu mir, meine Tochter?“, fragte er zurück.
Maria brauchte Zeit, um zu antworten. Sie war emotional so aufgewühlt und ihre erlebten und inneren Bilder überschlugen sich. Sie fühlte sich hilflos, war durcheinander und wütend zugleich… und alles wegen dieses „RiesenArschlochs“ Juan, ihres (Ex - ) Verlobten. Drei Jahre war sie mit ihm zusammen und in der letzten Zeit hatten sie sogar von Ehe gesprochen. Und nun war sie dahinter gekommen, dass er sie schon längere Zeit mächtig betrog. Er hatte hinter ihrem Rücken immer wieder Frauen im Bett gehabt. Zuletzt hatte er sogar mit einer ihrer Freundinnen geschlafen. Aber diese hatte Gewissensbisse und erzählte ihr alles … und so war dieser ganze Betrug aufgeflogen.
Deshalb gab es gestern Abend mit Juan eine heftige Auseinandersetzung. Er hatte nichts abgestritten, aber auch sein Verhalten nicht als Betrug an ihr eingesehen. Ja, ganz im Gegenteil, er hatte nur gegrinst, was sie erst recht wütend machte. Ja, er war sogar davon überzeugt, dass es ein Recht baskischer Männer wäre, mit allen Frauen zu schlafen, die dazu bereit wären, insbesondere solange er noch nicht mit Maria verheiratet wäre. „So ist nun einmal unsere Welt“, meinte er. „Das war doch schon immer so. Männer brauchen nun einmal Frauen im Bett …und umgekehrt, was regst Du Dich so darüber auf?“ Das war alles was er dazu zu sagen hatte.
Maria war so wütend, dass sie nur noch geschrien und ihm alle Schimpfwörter an den Kopf geworfen hatte, die ihr in dieser Situation eingefallen waren. Als sie zum wiederholten Male „Du Scheiß-Macho“ schrie, wurde auch er wütend und hatte ihr rechts und links eine mächtige Ohrfeige gehauen (weil man das mit hysterischen Weibern als baskischer Mann so macht…das sagen schließlich alle!), hatte sich umgedreht, die Tür zugeknallt und war verschwunden.
Sie lag dann die ganze Nacht völlig aufgewühlt und heftig weinend im Bett, immer wieder verfolgt von den Bildern und Worten dieser Szene. Nein, ihr war klar, sie wollte diesen Mann, der sie so betrogen, hintergangen und sie tief in ihrer Seele und Ehre gekränkt hatte, nie, nie mehr wieder sehen.
Sie stand auf und schmiss vor lauter Wut alles was sie von Juan in ihrer Wohnung fand in Müllsäcke, brachte diese auf die Straße und steckte sie in die Mülltonnen. Dann nahm sie Kerzen und Räucherwerk und räucherte ihre Wohnung aus, um die schlechten Energien von Juan zum Verschwinden zu bringen.
Danach zerriss sie alle Fotos von ihm und verbrannte diese in einem Aschenbecher.
Am Morgen fühlte sie sich so richtig elend. Sie hatte starke Kopfschmerzen und Unterleibskrämpfe, die überhaupt nicht aufhören wollten. Deshalb ging sie zum Arzt, der wegen ihrer Bauchkrämpfe sofort einen befreundeten Gynäkologen anrief und einen Soforttermin für Maria ausmachte, wo sie auch gleich in die Sprechstunde durfte.
Nach gründlicher Ultraschall-Untersuchung sagte der Gynäkologe zu ihr: „Herzlichen Glückwunsch, Sie sind im 3. Monat schwanger, das Kind sieht gesund aus. Ich hätte Sie gern bis zur Geburt jeden Monat zur Kontrolle wieder gesehen. Lassen sie sich von meiner Sprechstundenhilfe noch den Mutterpass geben.“
Maria hatte den Eindruck, dass über ihr alles zusammenstürzte. Juan, dieses Dreckschwein, war weg und nun war sie von ihm auch noch schwanger. Es war für sie wie ein Schock. Dann irrte sie durch die Straßen der Altstadt von Pamplona, wo sie seit einigen Jahren lebte und nach ihrem Studium auf der Hotelfachschule im Tourismus arbeitete.
Was ihr da alles durch den Kopf ging… und nun auch noch allein und schwanger… und das hier in diesem stockkonservativen Land, wo alleinstehende Frauen über 18 Jahren schon schief angeschaut wurden. Ja wie sollte denn das mit einem Kind gehen?... fragte sie sich. Ja klar, abtreiben, wäre sicher die beste Möglichkeit. Aber ihr katholisch geprägtes Gewissen sagte dazu nein… Das wäre ja Mord und Sünde.
Sie war so aufgewühlt, so hin- und hergerissen… und plötzlich stand sie vor ihrer Lieblingskirche San Saturnino, setzte sich in eine Bank und als ein Beichtstuhl frei wurde, ging sie in ihrer Verzweiflung hinein. Was sie dort wollte? Das wusste sie auch nicht so genau, aber ihr katholisch geprägtes Gewissen hatte sie wohl hierher geführt.
Und so erzählte sie diesem - hinter seinem Taschentuch unsichtbaren Priester - ihr ganzes Unglück der letzten Tage, was sie irgendwie ruhiger machte.
Dieser meinte plötzlich zu ihr: „Kommen Sie doch bitte mit mir mit. Ich möchte unser Gespräch mit Ihnen in Ruhe in der Sakristei fortsetzen.“
Dort angekommen, saßen sie sich gegenüber. Im Raum war es dämmrig. Der Priester zündete eine Kerze an und schaute ihr dann in die Augen. Und plötzlich schoss in Maria die Erkenntnis… Sie kannte diesen Priester. „Mein Gott, Emanuel, bist Du das wirklich?“, fragte sie.
Vor ihr saß ihr ältester Bruder, den sie, seitdem er mit 12 Jahren von daheim fort und in ein Priesterseminar gegangen war, nicht mehr gesehen hatte.
„Ja, Catalina“, sagte er, (er nannte sie bei ihrem baskischen Tauf- und Rufnamen, denn er wusste nicht, dass sie jetzt offiziell Maria-Ainoha hieß). „Ich habe Dich sofort an Deiner Stimme erkannt, auch wenn wir uns fast 20 Jahre nicht mehr gesehen haben. Und in welcher Seelennot sehe ich Dich wieder?“
Maria senkte den Kopf und weinte wieder. Verzweiflung, Seelenqual, Reue, alles floss in ihr durcheinander. Sie schämte sich vor ihm, auch oder gerade weil er jetzt Pries ter und ihr Bruder war und sie sich unter diesen Umständen wieder sahen… „Und genau deshalb möchte ich mit Dir nicht über meine Probleme reden, bitte versteh das“, sagte Maria.
„Aber ich möchte Dir doch helfen“, sagte ihr Bruder. „Nein, das kannst Du nicht“, meinte sie, „da muss ich jetzt selbst durch und eine Lösung finden. Das ist MEIN Leben.“
„Ich wüsste aber jemanden, der gerade jetzt für Dich gut wäre und der oder besser die Dich versteht, die Dich immer verstanden hat, Deine Großmutter“, sagte Emanuel.
„Ja, lebt sie denn noch?“, fragte Maria erstaunt. „Oh ja“, sagte Emanuel. „Sie ist zwar schon alt, aber geistig noch sehr rege. Es geht ihr sogar den Umständen entsprechend gut... und sie fragt auch immer wieder nach Dir… nachdem Du vor vielen Jahren in einer Nacht unser Bergdorf klammheimlich verlassen hattest…, was ich durchaus verstehen kann“, fügte er hinzu.
„Hättest Du nicht Lust gerade sie jetzt zu besuchen und mit ihr so von Frau zu Frau zu reden?“, fragte er. „Ich würde Dich auch gern hinfahren und ich verbürge mich für Deinen Schutz.“
Maria dachte liebevoll an ihre Großmutter, bei der sie als Kleinste neben vier Brüdern aufgewachsen war, nachdem erst ihre Mutter und kurz danach ihr Vater früh gestorben waren.
Großmutter hat mich immer verstanden und mich und meine Ehre behütet und beschützt, insbesondere als mein Busen kräftig zu wachsen begann. Deswegen musste ich lange und hochgeschlossene schwarze Kleidung tragen. Ich habe das dunkle Zeug gehasst, so dachte sie zurück.
Aber je älter ich wurde, desto mehr hatten mich die Kerle immer komischer angeschaut, wenn ich durch das Dorf gegangen bin, was mir Großmutter eines Tages verboten hatte. Denn es war üblich, dass in unserem Dorf Mädchen ab dem 15. Lebensjahr verheiratet wurden - zu ihrem eigenen Schutz sagte Großmutter.
Als ich begann mich zur Frau zu entwickeln, hatte sie meinetwegen ständig Auseinandersetzungen mit meinen älteren Brüdern, große, dunkle und raue Kerle, weil auch diese begannen in mir mehr die Frau, als ihre Schwester zu sehen… und auch sie auf meine Verheiratung drängten.
Aber ich wusste, insbesondere durch meine Brüder, bzw. vielmehr durch meine Schwägerinnen nur zu gut, was es heißt, in unserer altbaskischen Berggegend mit ihren alten Bräuchen verheiratet zu sein. Das bedeutete schuften von früh bis spät, eingesperrt und Eigentum des Mannes und diesem auf Gedeih und Verderb ausgeliefert und ständig schwanger zu sein.
Großmutter verstand mich, wenn ich dagegen rebellierte und das alles nicht wollte. Ich wollte mir meinen Ehemann selbst aussuchen. Der sollte liebevoll und anständig zu mir sein, sollte mich nicht wie eine Sklavin behandeln… und das durfte kein Baske sein, das war mir damals schon klar.
Und als mir eines Tages einer meiner Brüder in der Scheune an den Busen fasste und versuchte mich ins Heu zu zie hen, was ich mit Toben, Schreien, Kratzen und Beißen gerade noch abwehren konnte, da waren mir und Großmutter klar, entweder sofort verheiraten oder ich musste weg aus diesem Dorf und ihren alten baskischen Traditionen.
In dieser Nacht floh ich mit Erlaubnis der Großmutter zu einer weit entfernten Tante nach Pamplona, mit einem Rucksack voller Kleidungsstücke und einem bisschen Geld in der Tasche. Ich versteckte mich tagsüber, lief auf den alten Jakobswegen immer des Nachts, weil mich der Jakobsweg sicher nach Pamplona führen würde, so erzählte mir immer Großmutter. „Der Heilige Santiago und die Mari werden Dich auf Deinem Weg beschützen“, sagte sie unter Tränen beim Abschied.
Es war nicht einfach diese Tante zu finden, der ich alles erzählte, als ich bei ihr war. Diese fuhr mich sofort zu einer kinderlosen Freundin auf der anderen Seite der Stadt, weit draußen im Hinterland, wo man mich unterbrachte. Die Tante hatte nämlich schon von meiner Flucht gehört, weil meine Brüder nach mir suchten, welche die Familienehre wieder herstellen wollten… was immer das heißen mag… denn wenn es um ihre Ehre ging, da saß denen das Messer ziemlich locker.
Diese Frau sorgte sich sehr um mich, denn auch sie war eine Baskin mit ähnlichem Schicksal. Sie kannte die alten Bräuche nur zu gut. Nach einigen Monaten ging sie mit mir zur Behörde und meldete mich als ihre Nichte mit dem Taufnamen „Maria - Ainoha“ (typisch baskischer Mädchenname), Tochter ihres verstorbenen Bruders aus der Gegend von Bilbao an.
Das ging natürlich nicht reibungslos, weil man meine Ge-burts- und Taufbescheinigung, Namen und Aufenthaltsort der Eltern usw. haben wollte. Aber diese Frau war clever. Ich sei irgendwo in den Bergen geboren, Eltern verstorben usw. Der Beamte verdrehte nur die Augen, weil man diese Dinge aus den Bergen ja nur zu gut kannte. Also bekam ich einen Ausweis auf den spanischen Namen der Familie dieser Tante, und ich hieß ab jetzt offiziell Maria-Ainoha de la Torre-Castillo. Da ich nun einen guten Namen hatte, drängte mich die Tante, weiter zur Schule zu gehen um diese mit gutem Erfolg abzuschließen… und ich wurde ehrgeizig.
Ich wollte nie, nie mehr zurück in das Dorf wo ich aufgewachsen war und wo ich immer so viel Angst hatte. Ich wollte nie als Magd oder im Haushalt arbeiten. Ich wollte auf die Tourismusschule gehen und dann irgendwo im Ausland in einem Hotel arbeiten, eigenes Geld haben und frei sein, das war mein Wunsch und Ziel… und alles das habe ich erreicht.
Und nun war ich plötzlich von diesem Schwein Juan schwanger und ich hatte keine Kraft mich gegen den Vorschlag meines Priesterbruders zu wehren. Schon saß ich in seinem Auto und wir fuhren in Richtung der Berge, zu meiner Großmutter.
Als wir - nach einer langen Rüttelfahrt durch die steinigen Bergstraßen - irgendwann in der Nacht ankamen, ging Emanuel erst einmal allein ins Haus. Dann kam Großmutter und holte mich. Sie war noch kleiner und faltiger geworden, aber es fühlte sich so gut an, von ihr um- und angefasst zu werden. Sie machte nicht viele Worte, sagte mir: „Wir haben Morgen noch viel Zeit zum Reden.“ Sie führte mich in mein altes Zimmer, wo sich fast nichts verändert hatte und nicht lange danach war ich eingeschlafen. „Was mache ich nur mit dem Baby?“, das waren meine letzten Gedanken.
Maria oder hier daheim wieder Catalina, hatte nach der Aufregung des letzten Tages in dieser Bergruhe und würzigen Bergluft erholsam geschlafen. Sie machte sich fertig und ging hinunter in die kleine und warme Wohnstube, wo in der Ecke, so wie früher auch immer, im Küchenherd das Feuer brannte.
An dem großen Tisch saßen schweigend ihre Großmutter und ihre vier Brüder, große starke Männer, alle mit undurchsichtigen, dunklen Gesichtern.
„Aha, sie hat also den Familienrat einberufen“, dachte Maria mit Beklemmung. Zehn Augen bestaunten diese jetzt 28jährige junge und hübsche Frau, die sie seit 12 Jahren nicht mehr gesehen hatten und was aus ihr geworden war.
Einer ihrer Brüder fragte sie nur, wie der Kerl heiße, der ihr die Ehe versprochen, sie geschwängert und ständig mit anderen Weibern gevögelt hatte und wo er zu finden sei. „Die Ehre der Familie muss wieder hergestellt werden“, meinte er, wozu die anderen Brüder nickten… und Maria lief es kalt den Rücken herunter, denn sie kannte die Bräuche und ihre Brüder.
„Halt“, sagte die alte Großmutter, die trotz oder wegen ihres Alters, immer noch von allen als Familienoberhaupt anerkannt wurde. „Wir müssen nichts übereilen. Klar wollen wir alle Catalina (und sie nannte sie wie immer bei ihrem Tauf namen) helfen. Aber Rache, die Ehre der Familie und die Zukunft von Catalina, das überlasst bitte der Mari und dem Heiligen Santiago, die wissen und können das besser als wir“, worauf ihre Brüder heftig mit dem Kopf schüttelten und leise knurrten.
Wobei Emanuel der Priester, der heute immer noch - ganz demonstrativ - seine Soutane trug, nickte und laut sagte: „Ja, helfen wir unserer Schwester, das ist gottgefällig, aber überlassen wir alles andere unserem Schöpfergott.“
Alle drei Brüder sahen sich dunkel an, erhoben sich und verließen schweigend das alte Haus… und jeder konnte sich ausmalen, was das für Juan zu bedeuten hatte. Dafür stand Emanuel nun auf und begann laut das „Gegrüßet seist Du Maria“ zu beten:
„Dios de salve Maria,
llena de Gracia, el Senor es contigo.
Bendita Tu eres entre todas las mujeres y bendito es el fruto de Tu vientre, Jesus.
Santa Maria, madre de Dios, ruega por nosotros pecadores, ahora y en la hora de nuestra muerte
AMEN.”
„Amen“, sagten auch Maria mit Tränen in den Augen, sowie ihre alte Großmutter, welche ihre Enkelin, diese nun schöne erwachsene Frau, mit großen Augen voller Freude anschaute. „Jetzt braucht es nur noch schnell einen guten Ehemann für Dich, dann kann ich im mich in Ruhe auf dem Weg zur Mari begeben“ (sie meint damit sterben), sagte die Großmutter, praktisch denkend… worüber Emanuel, der Priester, wegen dieses alten Mari-Aberglaubens hier in den Bergen, leise den Kopf schüttelte.
Anmerkung:
Ja, diese Mari… dieser mystische wohl tausendjährige Glaube hier in der baskischen Berggegend war einfach nicht auszurotten. Insbesondere die Älteren redeten mit Ehrfurcht von der Mari… ein mächtiges spirituelles weibliches Wesen, welches irgendwo zwischen Wolken und Erde lebte, mit der Kraft des Wettermachens, Gutes zu tun, Menschen zu beglücken oder zu bestrafen. Leise und ehrfurchtsvoll spricht man von oder über die Mari… insbesondere in kalten und langen Winternächten... und sie ist an allem, was hier passiert beteiligt. Und wehe man opfert ihr nicht, beteiligt sie nicht, fragt sie nicht um Rat. Wie viele Unglücke hat es da schon gegeben?
Klar versucht die katholische Kirche schon lange, diesen Mariglauben auszurotten und/oder die Mari zu einer Marienfigur zu machen… aber Jahrtausende alte Mystik in den Köpfen der Menschen der Bergregionen zu verändern, ist eben nicht leicht.
Im Mittelalter hat die Kirche dann mit Inquisitionen, Ketzerglauben und „Hexen“-Verbrennungen junger heilkundiger Frauen und Hebammen versucht, die Menschen in den baskischen Bergregionen in Angst und Schrecken zu versetzen, um auch so diesen Mariglauben auszurotten.
Nur wie immer: je mehr die Inquisition junge Frauen gefoltert, Geständnisse erpresst und diese auf Scheiterhaufen öffentlich und bei lebendigem Leib verbrannt hat, desto mehr haben sich die Menschen an die Mari geklammert, dass sie ihnen hilft.
Und wie wir lesen konnten: Marias Großmutter glaubt heute noch an die Kraft und Macht der Mari… Ach ja... und an den Heiligen Santiago, klar, den gibt es ja auch noch… nur der ist in Santiago de Compostela, fast 800 km weit entfernt.
Dann saßen die drei zusammen und es gab viel zu erzählen und für Maria war alles wie früher. „Du wirst ein wunderbares süßes Mädchen bekommen, welches sich jetzt schon freut, bei Dir zu sein“, sagte plötzlich die Großmutter prophetisch und sie erinnerte Maria an ihre Schwangerschaft.
„Ich bin völlig durcheinander. Alles bricht plötzlich über mich herein. Im Grunde möchte ich das Kind nicht, weil es von diesem Schwein Juan ist“, sagte nun Maria, während ihr die Tränen herunterliefen. „Aber anscheinend hat die Geistige Welt hier nachgeholfen, denn ich möchte schon lange Mutter sein und ein Kind haben.“
Maria dachte nun still weiter:
„Dieser Juan ist ein Scheiß - Macho und Beglücker vieler Frauen. Ich habe das nur nie bemerkt. Meine Seele aber anscheinend schon, denn ich war schon lange nicht mehr bereit mit ihm zu schlafen, weil er mich mit seiner Macho Art angekotzt hat. Insbesondere wenn er angetrunken nur mal schnell für eine Nummer zu mir kam, um mir seinen langen Schwanz reinzustecken, mich grob nahm und nach einigen Minuten war für ihn alles vorbei. Er hat sich dann toll gefühlt… und ich habe mich mit seinem Samen in meinem Bauch beschmutzt gefühlt und die ganz Nacht geweint. Wir waren 3 Jahre zusammen und wie oft habe ich das über mich ergehen lassen müssen… und ich dachte immer, das ist nun einmal so... und wie oft hätte ich schwanger werden können? Aber meine Seele hatte sich gegen diesen Mann und ein Kind gewehrt.
Nun hat aber ein Tropfen von ihm gereicht, weil anscheinend die Geistige Welt möchte, dass ich meinen Körper zur Verfügung stelle, dass sich in ihm ein Kind entwickeln kann, in dem eine neue Seele auf diese Welt kommen soll. Wenn das Göttlicher Wille ist, wie kann ich da nein sagen?
Juan ist nicht mehr wichtig. Er hat nach Göttlicher Vorsehung nur seinen Tropfen dazu gegeben, damit dieses Kind entstehen konnte.
Aber ich, ich stelle nun meinen Körper, mein Blut, meine Ernährung, mein Immunsystem zur Verfügung, damit dieses Kind gesund und glücklich diese Welt betreten kann. Ich werde das Kind gebären, werde es stillen, an seinem Bettchen sitzen wenn es krank ist, es erziehen, es meine Sprache lehren… wozu brauche ich diesen Juan? Er gab den Tropfen, ich gebe (wie alle Frauen) meinen Körper und meine Seele… die sich nun mindestens 20 Jahre mit dem Kind beschäftigen wird… und ich freue mich darauf.
Und die göttliche Welt wird mir zur gegebenen Zeit auch einen Mann senden, der liebevoller Partner und Vater sein wird. Daran glaube ich ganz fest.“
„Das wird alles schon werden“, wiederholte nun die alte Großmutter. „Das überlassen wir alles der Mari und dem Heiligen Santiago. Die werden schon alles so richten wie es im großen Buch Deines Lebens verzeichnet steht und wie es Dir bestimmt ist.“
Emanuel der Priester, schüttelte bei diesen Worten der Großmutter nur leise mit dem Kopf. Er schaute Maria dabei an und diese zog unmerklich die Schultern hoch. Was soll man da auch sagen. Alte Menschen hier in dieser Gegend reden schon immer so seltsame Sachen über diese Mari daher… das weiß man doch, oder?
Oft fragt man sich, wie doch die himmlische Korrespondenz so funktioniert - oder sollte man es „Zufall“ nennen? Denn schon am Nachmittag begann sich der Wunsch dieser alten, gläubigen und weisen Großmutter zu erfüllen.
Unser großer Psychologe C.G. Jung würde an dieser Stelle vielleicht von der Kraft und Macht der Energien unseres kollektiven Unterbewusstseins sprechen. Ach nein, das ist wohl zu modern gedacht… oder?
Als nämlich die Sonne langsam dabei war unterzugehen, schleppte sich ein großer blonder Mann, mit einem Rucksack am Rücken und einer Jakobsmuschel darauf, durchgeschwitzt, langsam und abgekämpft durch das Dorf, mühsam Schritt vor Schritt setzend.
Wie eine Erlösung erschienen ihm Mutter und Tochter (Maria und die Großmutter), die sich gerade im Garten aufhielten. Sofort steuerte er auf die beiden zu und fragte in Eng lisch, da er kein Spanisch sprechen konnte: „I beg your pardon. Can you help me?“… und nach kurzer Zeit unterhielten sich Maria und der Pilger auf Deutsch.
Er erzählte, dass er als Pilger nach Santiago de Compostela unterwegs sei, von Saint-Jean-Pied-de-Port, dem französischen Teil des Baskenlandes auf dem Jakobsweg kommend und er sich, keine Ahnung wie - auf dem Jakobsweg von Roncesvalles aus völlig verlaufen habe… und nun, da es Abend werde, er nicht wisse, wo er sei, bleiben und übernachten könne.
Maria übersetzte alles der Großmutter, die schon lange diesen großen, blonden Deutschen mit den blauen Augen und seiner lustigen Stupsnase mit Wohlwollen betrachtet hatte.
„Ja“, dachte die weise, alte Dame, „die Mari und unser Santiago arbeiten oft viel schneller als man es sich vorstellen kann…“, und sehr zur Überraschung von Maria, bat die sonst Fremden gegenüber so reservierte Großmutter, den abgekämpften Pilger ins Haus.
Es sei hier alles sehr bescheiden, aber er könne sich ja hier ausruhen und auch übernachten. Morgen, würde man dann weitersehen… so sagte sie.
Andreas
Fatima
Schwarze Augen…
In den Pyrenäen
„…Und was sagt Deine Seele dazu?“
…wie im Himmel
„Allah gibt, Allah nimmt“
Andreas
Andreas (34, 1.85, sportlich, Vegetarier und Nichtraucher) war Elektroingenieur bei einer Zuliefererfirma für die Flugzeug - und Autoindustrie. Sein Job war ihm sehr wichtig, denn dieser brachte gutes Geld, sodass er bequem und sorgenfrei davon leben konnte.
Er war Einzelkind, stand gerade deshalb bei seinen beiden Eltern im Mittelpunkt ihres Lebens, die ihn förderten und verwöhnten, wo es nur möglich war. Gymnasium, ein gutes Abitur und ein Studium mit einem Beruf der Zukunft versprach, dafür hatte sich insbesondere sein Vater mit endlosen Diskussionen bei ihm eingesetzt.
Seine Kollegen mochten ihn. Sie hielten ihn für einen sympathischen Kerl, der gut erzählen konnte, gern sein Späßchen machte und viel lachte. Da er nicht verheiratet war, zogen sie ihn öfter mit Frauen auf.
Ja, klar, gab es auch hie und da eine kurze Liebschaft. Aber eigentlich… leitete er die Kraft seiner Hormone besser in seinen Sport (2 Mal die Woche Fitness- und Box- Training) sowie in seine Arbeit am Computer um.
„Frauen? Die sind mir viel zu anspruchsvoll und oft zu kompliziert“, sagte er zeitweise zu seinen lachenden und verheirateten Kollegen, die ihn wegen seines Single-Daseins neckten. „Du machst auch noch einmal eine katholische Hochzeit mit Deinen Computern“, bekam er dann zu hören… und alle lachten darüber.
Doch eines Tages gab es einen Crash in der Autoindustrie und eine Entlassungswelle… die auch ihn erfasste. Bald danach stand auch er mit einer Abfindung auf der Straße, was er nie für möglich gehalten hätte.
Natürlich saß er sofort an seinem Computer und schrieb immer wieder Bewerbungen… aber bisher ohne den Erfolg, den er erhoffte. Kleine Betriebe mit geringerem Lohn hätten ihn gern eingestellt. Aber er war verwöhnt und er wollte sich nicht unter Preis verkaufen. Also hatte er viel Zeit.
Da er sonst auch oft samstags und sonntags gearbeitet hatte, war er die viele Freizeit, die er nun hatte, nicht gewöhnt. Er wusste kaum damit etwas anzufangen, lief entweder wie ein Tiger im Käfig immer hin und her oder saß am Computer oder vor dem Fernsehapparat, war unzufrieden und wurde irgendwie gereizt und depressiv.
Wieder war es sein Vater, der ihn schubste und ihm den entscheidenden Impuls gab. „Geh doch den Jakobsweg, ehe Du Dir hier nur den Hintern breit sitzt und Dir Dein Hirn zermarterst“, sagte dieser. „Ich bin dreimal die verschiedenen Jakobswege gegangen und habe dort sogar Deine Mutter kennengelernt. Ich fand das Jakobsweg - Gehen immer super und habe es nie bereut.“
Von da an begann Andreas im Internet zu suchen. Jakobsweg? Du meine Güte. Es gab unendlich viele Informationen. Aber in einem waren sich alle einig: Jakobsweg zu gehen, aus welchen Motiven auch immer, das ist ein wunderschönes Erlebnis, welches man sein ganzes Leben nicht vergisst.
Auch las er, dass der Jakobsweg traditionell katholisch ist. Ja, seine Eltern waren auch katholisch und er ist katholisch getauft. Aber sein katholisch-sein erschöpfte sich damit, dass er an Ostern und Weihnachten seine Eltern in die Kirche begleitete. Ja, Gott, Jesus, Maria und so… solche Geschichten erzählten die Kirchen gern den Kindern und den alten Frauen, die daran glauben. Andreas hörte sich das zwar an, aber er war doch kein Kind mehr. Glauben heute? Ja - nein… es war ihm irgendwie egal. Wer weiß denn, ob es so etwas überhaupt gibt und ob das alles stimmt?
Er sah den Jakobsweg eher sportlich: Das ist Urlaubmachen wie früher mit den Pfadfindern. Wandern mit dem Rucksack am Buckel an der frischen Luft, dabei Land und nette Leute kennen lernen usw.
Auch gab es im Internet viele Warnhinweise, ja nicht im Sommer den Jakobsweg zu gehen: Oft viel zu heiß, viel zu viele Touristen, viel zu viele spanische Familien mit viel zu vielen Kindern, die den Jakobsweg als billigen Urlaub benutzen, viel zu viele Radfahrer und zwangsläufig, völlig überfüllte und viel zu laute Herbergen, wenige Schlafplätze und vieles Negatives mehr.
Also plante Andreas „seinen“ Jakobsweg nach den Ferien zu gehen, ab der 1. Septemberwoche, denn Zeit hatte er ja. Er wollte klassischerweise - wie viele andere auch - den Jakobsweg im französischen Baskenland beginnen, am Fuß der Pyrenäen, in Saint-Jean-Pied-de-Port.
Nach einer fast 36-stündigen Fahrt mit der Bahn, von München mit dem Nachtzug nach Paris, umsteigen nach Bayonne, Weiterfahrt nach Saint-Jean-Pied de Port, erreichte er am Nachmittag den Ausgangspunkt des Jakobsweges… und er wunderte sich über die vielen Menschen hier, die bepackt mit Rucksäcken, Taschen und Wanderstäben, alle den Jakobsweg gehen wollten.
Mit vielen anderen schob er sich durch die alte Pilgerstadt, vorbei an Bars, Restaurants, Andenkenläden mit allen möglichen Ausstattungen und Kleidung für Pilger usw., bis er endlich das “oficina de peregrinos“ (das Pilgerbüro) erreichte.
Hier bekam er einen Pilgerpass (die sogenannte Credencial), seinen ersten Pilgerstempel darin und einen Schlafplatz in der angeschlossenen Pilgerherberge… und was er hier erlebte, daran muss man sich erst einmal gewöhnen. Mann, das war ja hier wie in den Kasernen früher beim Militär.
Auf engstem Raum viele Menschen unterschiedlichster Nationalität in Stockbetten. Überall standen die Rucksäcke und Schuhe herum, was den Raum noch enger machte. Tja… und für alle viel zu wenige und beengte Sanitärräume.
Für ihn, der an Großzügigkeit gewöhnt war, war das schon gewöhnungsbedürftig. Also zog er sich um und ging in eine Bar zum Abendessen.
Sie saßen an langen Tischen, bunt gemischt nach Nationalitäten. Ebenso bunt war das Sprachgemisch, zwischen Spanisch, Französisch, Englisch, Deutsch…es ging immer bunt hin und her.
Neben ihm saß die schönste Frau, die er je gesehen hatte: kohlschwarze Augen und lange schwarze Haare, die Haut leicht bräunlich-oliv mit einem bunten Kopftuch… offenbar eine Araberin, eine Muslima. Eine Muslima, hier auf dem katholischen Jakobsweg?... was Andreas völlig verwirrte. Da hier alle „DU“ zueinander sagten, stellte sie sich ihm im fast perfekten Deutsch als „Fatima“ vor. Sie sei eine christlich/muslimische Araberin, gebürtig aus Marokko. Sie habe in Paris und Frankfurt Sprachen studiert, lebe jetzt in Spanien, in Madrid und sie arbeite in einer internationalen Firma und sei zuständig für die Sprachkorrespondenz … was Andreas erst einmal verarbeiten musste, denn er hat sich noch nie um andere Kulturen gekümmert.
„Ja“, so erzählte Fatima, „ich bin in Marokko, in meiner Familie mit beiden Religionen völlig zerrissen und desorientiert aufgewachsen. Heute nehme ich mir das Beste von allem heraus. Jetzt möchte ich diesen spirituellen Jakobsweg kennen lernen und hier Allah nahe sein“… was Andreas überhaupt nicht mehr begreifen konnte.