Liebesnöter - Gaby Hauptmann - E-Book

Liebesnöter E-Book

Gaby Hauptmann

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Beschreibung

Seine Augen sprachen von Verlockung. Seine Augen sagten: Vertrau mir! – Aber das hätte Inka mal besser sein lassen. Denn Moritz gehörte zu den Kerlen, die nicht lange bleiben. Damals ist er sofort von der Bildfläche verschwunden – bis Jahre später Inkas Zwillingsschwester Ela auf seine Spur stößt. Neugier und Abenteuerlust flackern in Inka auf – und sie steigt spontan in einen Flieger nach Stockholm. Eine Stadt voller Überraschungen …

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Für Doris, Gerd, Hanjo, Joe, Lesley, Tom und Hans Trümper Abi 77 We’re older but not wiser, For in our hearts the dreams are still the same

ISBN 978-3-492-95481-5 Mai 2015 © 2012 Piper Verlag GmbH, München Umschlaggestaltung: Cornelia Niere, München Umschlagmotiv: Artwork Cornelia Niere (Rahmen), iStockphoto (Mann) Datenkonvertierung: CPI books GmbH, Leck   Alle Rechte vorbehalten. Unbefugte Nutzungen, wie etwa Vervielfältigung, Verbreitung, Speicherung oder Übertragung, können zivil- oder strafrechtlich verfolgt werden.

Dienstag

Der dicke Pinselstrich war ihr zu schwer, die Bilder zu düster, die Motive zu freudlos. Es passte irgendwie zu der Welt da draußen, dem Sprühregen vor den hohen Galeriefenstern und überhaupt zu ihrer Stimmung. Ella fragte sich, warum sie sich zu dieser Vernissage hatte überreden lassen. Sie kannte die Künstlerin nicht, sie wollte nichts kaufen, und eigentlich wartete sie nur auf Ben. Und das schon seit einer halben Stunde.

Ella ließ ihren Blick über die anderen Gäste schweifen. Die üblichen Verdächtigen. Die einen, die ihren erhabenen Kunstverstand schon über die entsprechende Kleidung ausdrückten, die anderen, die wirklich an den Gemälden interessiert waren und weniger an der Marke des Sekts und der Qualität der Canapés. Und schließlich die Hobbymaler, die in Grüppchen vor einem Bild standen und leidenschaftlich diskutierten. Dazu gehörte normalerweise auch Ben. Er suchte immer das Gespräch mit dem Künstler, war brennend an dem Wie und Warum, der Technik und dem Impuls zu einem Werk interessiert. Doch heute war die Künstlerin nicht anwesend, ein schweres Unwetter hatte ihren Flug von Stockholm verhindert.

Ella überlegte, ob sie Ben darüber informieren sollte – vielleicht wollte er dann ja gar nicht mehr kommen, und sie könnte ihren Aufenthalt hier drastisch abkürzen? Sie war den ganzen Tag von einem Termin zum anderen gehetzt, war hundemüde und sehnte sich nach einem heißen Bad. Vielleicht würde es ihm ja reichen, wenn sie ihm einfach von ihren Eindrücken erzählte? Ella ging die Bilder ab, die sie noch nicht gesehen hatte, und trank dabei ihr Glas aus. Auch hier herrschten Düsternis und der breite Pinselstrich, fast schon wie mit dem Spachtel aufgetragen. Naturmotive, mystische Irrlichter, Wasser und Wälder. Die Bilder waren Ella unheimlich, unbestimmte Erinnerungen kamen hoch, schnell ging sie weiter. Die Gemälde auf der Rückseite der Stellwände hatten dagegen einen völlig anderen Charakter: abstrakter, bunt, farbig, heiter. Mädchen tanzten mit Blumenkränzen im Haar, die Sonne flirrte, man konnte ihr Lachen hören.

Gute-Laune-Bilder, dachte Ella. So etwas bräuchte sie eigentlich in ihrem Büro als Antidepressivum, wenn ihr mal wieder alles auf die Nerven ging. Sie zog ihr Handy heraus, um Ben anzurufen, und sah, dass er es auch schon versucht hatte. Offensichtlich hatte sie im Stimmengewirr das Läuten überhört. Ben teilte ihr per Mailbox mit, dass es im Büro eine Verzögerung gebe und er leider nicht kommen könne. Typisch Ben. Nie klappte eine Verabredung. Langsam nervte sie das wirklich. Nur ihm zuliebe war sie überhaupt hierhergekommen, und jetzt stand sie alleine da. Ärgerlich stellte sie ihr Sektglas ab. Nur keine schlechte Laune, versuchte sie sich beim Hinausgehen aufzumuntern, und wählte den menschenleersten Weg entlang einer Portraitreihe in Richtung Ausgang. Freu dich auf ein duftendes Bad, auf eine Auszeit, auf den gemütlichen Abend mit allem, was du dir selbst Gutes tun kannst. Sie hatte sich schon fast selbst von ihrer guten Laune überzeugt, da sah sie ihn. Sie sah ihn aus dem Augenwinkel, und eigentlich war es, als sähe er sie. Sie blieb stehen und hatte plötzlich das Gefühl, völlig alleine in dem Raum zu sein. Nur er und sie. Sie traute sich kaum, den Kopf nach ihm zu drehen, aus Angst, etwas zu sehen, was sie nicht sehen wollte. Was sie lieber nicht wissen wollte. Gleichzeitig fühlte sie, dass es dafür schon zu spät war. Sie schloss die Augen und trat auf das Bild zu. Dann zählte sie bis fünf und öffnete die Augen. Es war nicht wirklich er, eher das, was die Malerin in ihm gesehen hat. Große, braune, aufmerksame Augen, eine steile Unmutsfalte an der Nasenwurzel, einen leicht spöttischen Mund. Der Rest ging unter in breiten Pinselstrichen, die die Konturen des Gesichtes nur erahnen ließen. Trotzdem fuhr es Ella durch Mark und Bein. Sie schaute sich um, ob jemand ihr körperliches Erschrecken bemerkt hatte. Aber niemand schien Notiz von ihr zu nehmen. Sie trat einige Schritte zurück, betrachtete nun auch die anderen Portraits. Frauen, Männer, Mädchen – alle litten an diesem schweren Pinselstrich. Und trotzdem sah man immer ein Gesicht, mehr noch, man sah den Menschen dahinter.

Ella zwang sich zum Weitergehen, um das Bild im Kopf loszuwerden. Dann kehrte sie noch einmal um und versuchte, sein Portrait ganz nüchtern zu betrachten. Aber wieder packte es sie. Egal, wie sehr sie sich davon distanzieren wollte, es war schon da, ganz nah an ihr dran. Ihre Gänsehaut sagte ihr, dass er es war: Moritz. Eindeutig älter, aber das spielte keine Rolle. Es waren seine Augen, sein Mund. Und vor allem war es sein Blick, dieser Blick, der immer alles an sich ziehen wollte, der rätselhaft war und zugleich Vertrauen schenkte. Und schon wieder sahen diese Augen sie an und ließen sie einfach nicht los.

Als Ella zur Ausstellungstheke zurückging, spürte sie, dass er ihr nachschaute. Sie kaufte einen Katalog der Künstlerin. Aufgewühlt ging sie ein letztes Mal zu dem Portrait und fotografierte es mit ihrem Smartphone. Sie würde das Foto nicht anschauen können, das wusste sie schon jetzt. Alleine der Gedanke daran gruselte sie.

Es kam alles zurück. Vierzehn Jahre waren wie ein Tag. Die Angst, das Ziehen im Bauch, der quälende Gedanke, das Ereignis, das ihre Schulzeit so grauenhaft beendet hatte: der Tod von Inka, ihrer Zwillingsschwester.

Ella verließ die Galerie und wusste erst mal nicht, wohin. Wo hatte sie nur ihren Wagen geparkt? Als sie endlich hinter dem Lenkrad saß, zitterte sie am ganzen Körper, und es war ihr speiübel. Wo sollte sie hin? Mit wem konnte sie über dieses Bild, die ganze Geschichte sprechen?

Ihre Eltern waren damals durch die Hölle gegangen, sie konnte diese Wunde mit so einem Verdacht nicht wieder aufreißen. Und ihre beste Freundin Steffi war gerade für einige Wochen in Amerika, die fiel also auch aus. Und Ben? Er kannte den Fall, aber würde er ihr Glauben schenken? Bei einem abstrakten Portrait?

Ella ließ sich im Autositz zurücksinken und schloss die Augen. Die Bilder, die ihr durch den Kopf gingen, waren zu mächtig. Alles stürmte wieder auf sie ein. Ihre ausgelassene Abifeier am See. Sie hatten das große Bootshaus gemietet, überall hingen bunte Lampions, ein Lagerfeuer brannte, Musik dröhnte, und alle waren ausgelassen, feierten die neu gewonnene Freiheit, das Gefühl, es geschafft zu haben. Der Start ins Leben, keine Lehrer mehr, keine Zwänge mehr, keine Eltern mehr, »school’s out for summer«, so skandierten sie, »school’s out forever«. Die Aufbruchstimmung war gigantisch. Alkohol und Drogen taten ein Übriges, sie wussten kaum, wohin mit ihren Kräften, ihrem Überschwang, ihrer Leidenschaft. Achtundzwanzig junge Männer und junge Frauen machten die Nacht zum Tag.

Irgendwann zog sich der Erste aus und sprang nackt und mit viel Getöse ins Wasser, die anderen folgten ihm prompt. Das Wasser sah zwar unheimlich dunkel aus, aber es war warm und nicht besonders tief, sie planschten wie die Kinder, spritzten sich gegenseitig an, zogen sich unter Wasser, es war eine große Kinderei. Ella balgte sich mit Tom herum, einem Jungen aus ihrer Klasse, den sie schon immer gern gemocht hatte, und sie war nicht abgeneigt, heute Nacht mehr daraus zu machen. So bemerkte sie das lange Holzboot nicht, das von Moritz ins Wasser geschoben wurde, und sie wusste auch nicht, dass Inka mit ihm hinaus auf den See fuhr. Irgendwie hatte es niemand wirklich mitbekommen, weil alle viel zu sehr miteinander beschäftigt waren und Ella eben vor allem mit Tom. Erst als sie sich wieder um das Lagerfeuer kümmern mussten und Holz und getrocknetes Schilf suchten, fiel ihr auf, dass Inka nicht dabei war. Aber auch da dachte sie sich noch nichts. Das Lagerfeuer loderte auf, sie rückten alle näher zusammen und trockneten ihre nassen Körper. Die lodernden Flammen tauchten ihre nackte Haut in ein weiches, magisches Rot, und während die Flaschen kreisten, sangen und tanzten sie und glaubten, eins mit der Natur zu sein: rein, frei und ganz sie selbst.

Ella verschwand mit Tom hinter dem Bootshaus, das intensive Streicheln am Lagerfeuer verlangte nach mehr, und da die ersten Vögel zu singen anfingen, war klar, dass der anbrechende Morgen der besonderen Stimmung ein Ende machen würde. Sie hörte den Ruf, obwohl sie Toms Keuchen im Ohr hatte und selbst nichts anderes wollte als die Explosion in ihrem Kopf. Aber sie nahm Tom bei den Schultern. »Hör auf«, sagte sie. »Da stimmt was nicht!«

Überrascht hielt er inne und sah ihr ins Gesicht.

»Nicht gut?«

Sie schüttelte nur den Kopf, dann löste sie sich von ihm. »Sie rufen Inkas Namen!«

»Dann lass sie doch!« Tom wollte wieder in sie hinein, es auch zu Ende bringen.

»Nein, da ist was passiert!« Ella schob ihn weg, bückte sich nach ihrem nassen T-Shirt, wickelte es sich um den Bauch und lief los. Am Lagerfeuer standen einige ihrer Freunde und redeten aufgeregt durcheinander.

»Da bist du ja!«, rief Ludger. »Inka ist wieder da«, rief er den anderen zu.

»Ich bin Ella!«

»Dann ist es Inka«, sagte er, und Schweigen breitete sich aus, dass es Ella die Körperhaare aufstellte.

»Was ist denn los?«

Kerstin, die Abitursbeste, rief: »Einer muss losfahren, den Krankenwagen alarmieren.«

»Das ist zu spät«, hörte Ella eine leise Stimme aus der Runde.

»Zu spät? Was? Wofür?« Mit aufgerissenen Augen packte sie Ludger am Arm. »Was ist zu spät, Ludger, was ist los?«

Ella spürte es wieder, jedes Härchen richtete sich auf, ihre Hände hielten das Lenkrad krampfhaft umklammert, sie sah alles noch einmal vor sich, jede Einzelheit. Sie öffnete die Augen. Ihr Puls raste, und die Wagenscheiben waren von ihrem Atem beschlagen.

»O Gott«, sagte sie und fasste sich an die Stirn. Inka, wie sie tot im seichten Wasser lag, das gekenterte Boot und Moritz, von dem jede Spur fehlte.

Tagelang wurden das Wasser und die schilfreiche Umgebung nach ihm abgesucht, keiner wusste, was passiert war. War es ein Unfall? Und wenn ja, wo war Moritz abgeblieben? War er auch tot? Waren sie ertrunken, als sie sich liebten?

Erst nach der Obduktion kam die Polizei mit der schaurigen Wahrheit in Ellas Elternhaus, in dem jedes Lachen erstickt, jedes Gefühl gestorben war. Inka war unter Wasser gedrückt worden. Die Blutergüsse am Hals bewiesen es – Inka hatte gekämpft, sich gewehrt und dann doch zu viel Wasser in die Lungen bekommen.

Ein Fahndungsbefehl ging raus. Die Eltern von Moritz standen bei der Beerdigung ganz hinten. Keiner konnte zu ihnen hinschauen, und Ella fand es mutig, dass sie überhaupt gekommen waren. Aber auch sie konnte nicht zu ihnen gehen.

Doch Moritz’ Vater wollte es nicht wahrhaben, er holte Spezialisten, die im Wasser und im Schilf weiter nach seinem Sohn suchen sollten. Falls er tot irgendwo im Wasser trieb, wollte er ihn wenigstens beerdigen können, sagte Moritz’ Vater. Er musste Gewissheit haben. Aber Ella wusste, dass es ihm nicht nur um seinen Sohn ging, es ging ihm auch um seine Karriere. Die Wahl zum Landrat stand an, und Hermann Springer hatte gute Chancen. Er hatte einen Teil seines Lebens als erfolgreicher Geschäftsmann verbracht, die von ihm aufgebaute Firma sehr gut verkaufen können und war dann in die Politik eingestiegen. Er war jemand, wie man in der Kreisstadt sagte. Wenig später gewann er die Wahl, aber Moritz blieb verschwunden.

Ella wischte mit der Handfläche über die beschlagene Windschutzscheibe. Es schmierte, und sie sah weniger als zuvor. Wie dumm, dass Steffi ausgerechnet jetzt nicht da war. Sie hatte ihr damals Tag und Nacht zur Seite gestanden. Ohne sie hätte sie das Ganze wahrscheinlich überhaupt nicht überlebt. Steffi hatte ihr in stundenlangen Gesprächen zugehört und Trost gespendet, und wenn es auf die Frage nach dem Warum auch keine Antwort gab, so hatte das aufrichtige Mitgefühl doch gutgetan.

Ella nahm ihren Ärmel zur Hilfe. Schon besser. Zumindest konnte sie jetzt wieder etwas erkennen. Sie musste mit jemandem darüber reden. Sie musste zu Ben. Egal, was ihn heute im Büro hielt – sie hatte Vorrang. Dieses eine Mal war sie wichtig, nur sie.

Als hätte er es gespürt, hatte Ben ihr in dem Moment, als sie ihn anrufen wollte, eine SMS geschickt. Er sei nun auf dem Weg nach Hause und ziemlich erschlagen. Ob sie trotzdem noch kommen wolle?

Heute kannst du mich nicht abhalten, dachte Ella nur. Müde Männer sind zwar abtörnend, aber heute brauche ich eine starke Schulter, jemanden, der mich in den Arm nimmt, mir sagt, dass alles nicht wahr ist. Sie parkte nach hinten aus und hätte fast einen Laternenmast gerammt, weil sie durch das beschlagene Rückfenster nichts sah. Entnervt ließ sie alle vier Fenster nach unten gleiten. Regen und kalter Nebel waren immer noch besser als ein totaler Blindflug. Der Luftzug half, die Scheiben wurden langsam klar, und Ella fuhr los, noch immer wie betäubt.

Ben hatte sich eben ein Bier geholt und stand fragend vor ihr. Mit seinen fast zwei Metern sah er aus wie eine kleinere Ausgabe der Klitschko-Brüder. Breit und massig, nur sehr viel weniger Muskeln. Ben war mal Mehrkämpfer gewesen, hatte seinen Abschied vom Sport allerdings sehr wörtlich genommen: Seither brachte ihn Ella kaum noch zu einem Spaziergang. Wenn sie sich bewegen wollte, trabte sie meist alleine los.

»So, du glaubst also, das sei Moritz, obwohl das Bild sehr modern ist?«

Ella lehnte am Türrahmen, noch immer im Mantel.

»Es ist Moritz! Da bin ich mir ganz sicher!«

»Und wie soll das alles Sinn machen?«

Ben kickte den Verschluss auf und nahm einen tiefen Schluck aus der Flasche. »Magst du auch eins?«, fragte er.

Ella schüttelte den Kopf. »Das weiß ich doch auch nicht«, sagte sie leise.

»Aber er ist doch ertrunken. Das hast du mir damals erzählt!«

»Er ist verschwunden!«, berichtigte Ella. »Ob ertrunken, wusste ja keiner, weiß noch immer keiner. Jedenfalls haben ihn ganze Suchmannschaften weder im See noch im Schilf oder sonst wo gefunden.«

»Aber dieser See ist ja auch sehr verzweigt und nicht so ganz ohne mit seinen tiefen, kalten Stellen. Kraterseen können durchaus gefährlich sein.«

»Ja, gut, aber wir waren ja auf der anderen Seeseite. Dort ist er flach und völlig harmlos.«

»Harmlos …«

Ben ging ins Wohnzimmer und ließ sich aufs Sofa plumpsen.

»Ben.« Ella folgte ihm zögerlich und setzte sich neben ihn. »Ich brauch dich jetzt. Mir geht es nicht gut. Alles ist wieder da, ich habe vorhin im Auto jedes Detail vor mir gesehen!«

Er sah sie an, dann zog er sie zu sich und fuhr ihr mit seiner Hand übers Haar. »Wir werden dieses Moritz-Gespenst wieder vertreiben, und wenn er nicht gehen will, dann bekommt er es mit mir zu tun!«

Das Portrait verfolgte Ella die ganze Nacht und ließ sie keinen Schlaf finden. Sie hatte ihren Kopf auf Bens starke Schulter gelegt, das beruhigte sie, obwohl er längst im Tiefschlaf war. Glaubte er ihr eigentlich? Sie hatte ihm das Foto gezeigt, aber weil er Moritz nie gesehen hatte, war es für ihn nur ein abstraktes Bild.

Sollte sie zu Moritz’ Eltern gehen? Sie stellte sich das vor … nach vierzehn Jahren. Sie selbst war inzwischen vierunddreißig, arbeitete für eine Immobilienfirma, maklerte, vermietete und verkaufte Wohnungen. Ihr Leben war gesettelt. Hermann Springer war inzwischen im Landtag, strahlte und prahlte, seine Frau dagegen war immer weniger geworden. Sollte sie dieser Frau das Herz zusätzlich schwermachen? Sie hatte ihr einziges Kind verloren und kam, so hörte man, einfach nicht darüber hinweg. Vor allem nicht über die Ungewissheit.

Ella schlief der linke Arm ein. Sie musste sich drehen, aber damit würde sie ihre sichere Bastion aufgeben. Sie entschied sich trotzdem dafür, und Ben, der es im Schlaf gespürt haben musste, drehte sich gleich mit.

Sie konnte mit Ben nicht reden, zumindest nicht vernünftig. Steffi war auf diese Entfernung auch keine Stütze. Mailen? Skypen? Zu unpersönlich. Sie musste die Emotionen des anderen spüren, sie brauchte jemanden, der hier mit ihr fieberte. Um sechs in der Frühe schlief sie endlich ein, nur um eine Stunde später von Bens Wecker aus dem Schlaf gerissen zu werden. Sie spürte, wie er sich an sie drängte, und dachte, dass ein bisschen Morgensex gegen die ständigen Grübeleien gut sein könnte. Aber sie kam von den Gedanken nicht los – und dachte plötzlich: ganz genau wie damals mit Tom. Plötzlich spürst du, dass irgendetwas passiert, sich irgendetwas zusammenbraut, vor dem du nicht fliehen kannst.

Mittwoch

Ben stand schon an der Kaffeemaschine, als sie hinunterkam, und schob ihr einen fertigen Cappuccino hin.

»Du glaubst das wirklich«, sagte er und strich sich zwei Locken aus der Stirn. Das war sein Dilemma. Er wollte keine Locken, aber wenn die Haare etwas zu lang wurden, begannen sie sich zu kräuseln.

»Das hat nichts mit Glauben zu tun«, entgegnete sie. »Ich weiß es!«

Er kratzte sich am Kinn.

»Du bist eine schöne Frau«, sagte er unvermittelt.

Ella nickte. Das wurde ihr oft gesagt, dabei stimmte es nicht wirklich. Ihr Gesicht war asymmetrisch, ihre Augen lagen zu tief, aber irgendetwas in ihrem Gesicht schien die Menschen anzuziehen.

»Deine Rehaugen und dein voller Mund. Du schmollst immer, und man weiß nicht, warum«, fuhr Ben nachdenklich fort.

»Im Moment schmolle ich, weil du mir nicht glauben willst.«

Ben lachte. »Du schmollst nie. Das ist nur so ein Hingucker. Man glaubt das. Und es hat etwas Kindliches, vielleicht zieht das die Kerle an. Und dann wollen sie dir alle unbedingt eine Wohnung abkaufen, um zu zeigen, was für tolle Hechte sie sind.«

»Ist doch gut, davon lebe ich.«

Ben nickte. »Ja, aber es stimmt nicht. Vorspiegelung falscher Tatsachen. Du bist überhaupt nicht die Schwache, in Wirklichkeit überlegst du nämlich seit heute Nacht, ob du diesen Kerl suchen sollst.«

In dem Moment, als er es sagte, wusste Ella, dass er recht hatte. Er hatte erfasst, was sie sich noch nicht eingestehen wollte. Sie musste ihn suchen. Sie musste Moritz finden.

Der Tag brachte nur Absagen. Jeder Kunde hatte was zu nörgeln, und wenn ihm eine Wohnung gefiel, dann wollte er handeln. Ella kannte jede Facette ihrer Arbeit. Die einen versuchten heimlich den Eigentümer herauszufinden, um das Geschäft hinter ihrem Rücken abschließen zu können. Andere warteten bis zur letzten Sekunde und täuschten vor dem Notar einen entschlossenen Rückzieher vor, um den Makler zu erpressen und zu weiteren finanziellen Zugeständnissen zu zwingen. Es wird immer ekelhafter, dachte Ella, aber eigentlich war ihr das heute egal. Wichtig war nur, dass ihr Ben seine Begleitung zugesichert hatte. Ja, sie würden nach Stockholm fliegen und diese Künstlerin ausfindig machen. Im Katalog stand keine Adresse von Inger Larsson, und das Internet gab ebenfalls keine Adresse preis. Auf Facebook war sie nicht. Eine zurückgezogene, scheue Frau, so stand es auf Englisch in einem kurzen Artikel über sie zu lesen, aber mehr auch nicht – keine weiteren Angaben, kein Bild. Sie hatte mit der deutschen Galeristin telefoniert, aber auch die konnte nicht weiterhelfen. Inger Larsson sei von der schwedischen Kollegin sehr empfohlen worden, und da sie öfter mal einen Austausch hatten, habe sie sich über deren Biografie nicht weiter informiert. Sie wusste nur das, was man über seine ausstellenden Künstler im Normalfall wusste.

»Toll«, sagte Ella und rief in der schwedischen Galerie an. Es dauerte ewig, bevor überhaupt jemand abnahm, und dann war eine Frauenstimme am Apparat, die so zugeknöpft klang, dass Ella irgendwann mit einem »Vielen Dank für Ihre Mühe« wieder auflegte. Sie saß an ihrem gläsernen Schreibtisch, den sie sich in den lichten Erker ihrer Altbauwohnung hatte einpassen lassen. Hier arbeitete sie gern. Der Blick ging vom fünften Stock aus ungehindert über die Straßen des Viertels, die meisten Häuser waren durch die Hanglage niedriger als ihr Arbeitsplatz. Einige Kastanien hatten die Straßenverbreiterung überlebt und schenkten ihr mit ihren Blüten, grünen Blättern und Kastanien den Jahresrhythmus, und auch die Wohnung auf der anderen Straßenseite lag in ihrem Sichtbereich. Und obwohl sie nicht wusste, wer dort lebte, empfand sie Bewegung hinter den Vorhängen oder erleuchtete Fenster immer tröstlich. So ein bisschen, als wäre die Familie nach Hause gekommen. Manchmal brachten sie solche Gefühle zum Nachdenken. Über sich, ihre Situation, ihr Alter. Vierunddreißig. Wollte sie Familie? Wollte sie ein Kind? War Ben der Richtige? Eignete er sich als Vater? Wollte er überhaupt Vater werden? Und sie selbst, wollte sie Kinder?

Mit Ben war sie jetzt seit acht Jahren zusammen. Eine lange Zeit. Eigentlich, so dachte sie, weiß man nach acht Jahren, ob es der Mann fürs Leben ist. Sie wusste es einfach noch nicht. Er war verlässlich, und sie hatte sich irgendwann in ihn verliebt. Mehr fiel ihr auf Anhieb nicht ein. Doch. Verlässlich – das war er damals gewesen. Heute musste sie das hinterfragen. Immer wieder musste er in letzter Sekunde umplanen oder absagen. Wie ein Unfallarzt, dabei war er ein ganz normaler Angestellter, Abteilungsleiter in einem großen Möbelhaus.

Sie stand von ihrem Schreibtisch auf und ging in dicken Socken über den Parkettboden. Das liebte sie. Diesen weiten Parkettboden, die dunkle Farbe, den rötlichen Schimmer des Holzes. Die Räume waren nicht besonders groß, dafür sehr hoch, und sie hatte versucht, möglichst wenig ins Zimmer hineinzupacken. Ihren Nippes aus der letzten Wohnung hatte sie in zwei Umzugskartons verbannt, wo er nun schon seit Jahren im Keller auf Befreiung hoffte. Es hallte sogar, wenn sie durch die Räume ging. Für sie war das wie Musik. Eine aufgeräumte, leere Wohnung. Schon deshalb konnte sie sich eigentlich kein Kind vorstellen. Wo sollte der ganze Babykram hin?

Die alten hellen Steinfliesen in der Küche hatten dunkelblaue Sprenkel und fühlten sich sogar durch die dicken Wollsocken hindurch kühl an. Sie stellte einen Wasserkessel auf. Er war schon alt und verkalkt, aber er pfiff noch immer so schön grell durch die Wohnung wie die alten Spielzeuglokomotiven ihres Großvaters, die aus buntem Blech und in ihrer Erinnerung wunderschön gewesen waren.

Ella hatte gute Laune. Sie würde sich jetzt einen Ingwertee aufbrühen, der gut zu ihren dicken Socken und der nasskalten Witterung passte, und sich dann einige Flugverbindungen heraussuchen. Mit Ben nach Stockholm, dachte sie, während sie eine Ingwerwurzel in feine Scheiben schnitt und in einen hohen Becher gab. Mit Ben nach Stockholm, das klang ein bisschen wie Urlaub, und selbst wenn der Anlass nicht fröhlich war, freute sie sich auf die Zeit mit ihm. Früher waren sie oft zwischendurch losgefahren, manchmal nur drei Tage, irgendwohin, in eine Stadt, eine Landschaft, egal, ohne Plan und festes Ziel, aber solche Ausflüge waren zuletzt seltener geworden. Mehr Arbeit, mehr Stress und das Bedürfnis, sich in der freien Zeit einfach auszuruhen. Du lieber Himmel, dachte Ella und schaute durch das Küchenfenster auf die dahinziehenden Wolken, wohin sollte das noch führen? Sie waren jung und fühlten sich schon jetzt verbraucht.

Es wurde Zeit, dass Steffi zurückkam. So, wie sie mit Steffi herumalbern konnte, konnte sie es sonst mit niemandem. Sie kannten sich so gut, konnten über Dinge lachen, die anderen nur ein müdes Lächeln entlockten. Mit Steffi war sie einfach wieder jung und sie selbst.

Ella goss das heiße Wasser in den Becher und ging wieder an ihren Schreibtisch zurück. Moritz, dachte sie plötzlich, Moritz, wenn du wirklich noch lebst, wie wird deine Mutter diesen Schock verkraften? Kann es sein, dass er geflüchtet ist und seinen Tod nur vorgetäuscht hat? Hatte er es fertiggebracht, seine Eltern so im Unklaren zu lassen?

Sie betrachtete die Ingwerscheiben, die blässlich in ihrem Becher herumschwammen. Die Farbe erinnerte sie an Wasserleichen, aber sie verbot sich den Gedanken. Was Inka heute wohl machen würde, wenn sie noch lebte? Würde Inka ihre braunen Haare lang tragen wie sie oder vielleicht kurz und blond gefärbt? Und für welchen Beruf hätte sie sich entschieden, oder wäre sie Hausfrau und hätte drei Kinder? Manchmal stand Ella vor dem Spiegel und dachte an diese Nacht zurück, damals, als ihre Freunde nach Inka gerufen hatten, weil sie glaubten, sie, Ella, läge dort tot im Wasser. Was, wenn sie gar nicht Ella war, sondern Inka?

Dann verdichteten sich die Dinge um sie herum, und sie befürchtete, ihr zweites Ich könnte aus dem Spiegel heraustreten, ganz normal, so wie sie sich früher als Spiegelbild gegenübergestanden hatten. Es brauchte jedes Mal eine Weile, bis sie wieder ganz zu sich fand. Ben waren solche Anwandlungen unheimlich. Er sagte es zwar nicht, aber sie sah es ihm an.

»Du bist Ella«, sagte er in solchen Momenten. »Nicht Inka und auch nicht zwei. Du bist ganz einfach der eine Teil eines Zwillings. Mehr nicht.«

Ella nickte, aber beide wussten, dass sie anders empfand. Manchmal fühlte sie wie zwei, und sie war sich da nicht sicher, welche Stimme in ihr überwog. Der eine Teil wollte nach links, der andere nach rechts. Selbst beim Einkaufen hatte sie manchmal Mühe. Inka hatte Salami geliebt, sie Schinken. Manchmal kaufte sie noch heute Salami, nur damit Inka auch etwas hatte. Diese Feinheiten behielt sie allerdings für sich. Ben hätte die Salami sonst nicht angerührt.

Die Flüge nach Stockholm gingen verdammt früh. Aber eigentlich war es auch geschickt, dann konnten sie den ersten Tag gleich voll und ganz ausnutzen. Vier Tage dürften reichen. Sie durchforstete ihren Terminplan. Ein Wochenende machte keinen Sinn. Sie brauchte offene Geschäfte und Behörden, vielleicht würde sie ja irgendwo etwas nachfragen müssen – auf einer Gemeindeverwaltung nach einem Namen oder einer Adresse suchen oder weitere Galerien abklappern. Ihr Terminplan war eigentlich voll, aber es war kein Notarbesuch dabei. Nur Besichtigungen. Das konnte sie abgeben. Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag zurück. Wenn man sich eine Grippe einfing, war man auch plötzlich für eine Woche weg vom Fenster, dachte sie, und dann ging es auch. Man durfte sich selbst und seine Arbeitsleistung nicht zu wichtig nehmen – letztlich war jeder zu ersetzen. Sie stimmte ihrem Gedanken nickend zu und schickte Ben eine entsprechende Mail. Sie wollte so schnell wie möglich los. Heute war Mittwoch. Morgen buchen, dann Freitag, Samstag, Sonntag … Montag. Bei diesem Gedanken schlug ihr Herz plötzlich schneller.

Da klingelte es.

Ella schaute auf die Uhr. Viertel vor neun, recht spät für einen Besuch. Unschlüssig stand sie auf. Wer unten an der Haustür war, sah, dass Licht brannte. Trotzdem brauchte sie ja nicht aufzumachen. Ein zaghaftes Klopfen zeigte ihr, dass der Besuch bereits vor der Wohnungstür stand. Es konnte also nur jemand aus dem Haus sein. Frau Leissner aus dem vierten Stock, die Zucker für ihr spätes Dessert brauchte? Oder Herr Rembs von gegenüber, dem der Korkenzieher abgebrochen war?

Trotzdem war Ella vorsichtig. »Ja, bitte?«, fragte sie durch das dicke Türblatt hindurch.

»Ich bin’s …«, hörte sie, und ein Kratzen an der Tür machte klar, wer es war.

»Ah ja!« Ella öffnete. Maxi stand ihr gegenüber, die dunklen Haare hinter die Ohren geklemmt, ein gewinnendes Lächeln im jugendlichen Gesicht.

»Hi, Maxi!«

Ein Fiepsen zeigte an, dass da noch jemand zu begrüßen war. Jimmy hatte die Vorderbeine in tiefer Haltung nach vorn ausgestreckt, zeigte sich bereit zum Sprung und schaute sie aus fröhlich-frechen Hundeaugen an.

»Ich hab ein Problem«, sagte Maxi.

»Ja, dann komm herein!«

»Nicht anfassen«, sagte sie im nächsten Atemzug und deutete auf den schlanken Jack Russell, der sich nun nach vorn auf Ella zu katapultierte, von der Leine an seinem Brustgeschirr aber zurückgehalten wurde.

»Ich weiß«, lächelte Ella, »er beißt.« Sie öffnete die Tür weit und trat zur Seite.

Maxi nickte und kam mit ihrem Schützling herein, einem SOS-Hund aus dem Tierheim.

»Ist es noch nicht besser geworden?«, wollte Ella wissen.

Maxi schüttelte den Kopf. »Nö. Die vom Tierheim meinten nur, wer von ihm nicht gebissen wurde, ist noch nicht im Klub.«

»Willkommen«, sagte Ella und sah zu Jimmy, der sich gerade neugierig umschaute. »Und was kann ich jetzt für euch beide tun?«

Maxi rollte mit den Augen. »Das Problem ist, ich habe mich verliebt!«

»Wie schön«, sagte Ella. »Sollen wir darauf was trinken?« Flüchtig dachte sie an ihren Ingwertee, und dass Maxi ein gutes Argument war, um ihn durch ein Gläschen Rosato zu ersetzen.

»Nein, eigentlich würde ich diese Nacht gern zu ihm, er hat mich so lieb eingeladen.«

Ella nickte. Maxi wohnte ganz oben in den beiden kleinen Dachzimmern, den früheren Dienstbotenräumen. Das war nicht gerade komfortabel, aber für eine Studentin ganz prima, wie sie immer wieder betonte. Ella mochte sie gern, sie hatte etwas Schalkhaftes, war aufgeweckt und intelligent und führte immer einen kecken Spruch auf den Lippen.

»Und jetzt willst du dir ein Negligé ausleihen?«

Maxi grinste. »Ich glaube, meine Mutter hat auch noch so was …«

»Ah ja!«

Kurze Stille.

Dann lachte Maxi: »So war es nicht gemeint!«

»Wie war es nicht gemeint?«

»Na ja, dass du schon alt wärst oder so …«

»Schon okay … bloß, deine Mutter im Negligé?«

Ella hatte Maxis Mutter vor Kurzem kennengelernt: eine resolute Polizistin, groß und muskulös, kurze blonde Haare, ein Typ, dem sie den New York Marathon ohne Weiteres zugetraut hätte, aber ganz sicher kein Negligé.

»Na ja«, Maxi zuckte die Achseln. »Keine Ahnung. Mir stellt sich nämlich die Frage, ob Jimmy diese Nacht bei dir bleiben dürfte.«

Jimmys und Ellas Blicke trafen sich. Ella beschlich das Gefühl, dass der Hund Maxis Anliegen genau verstanden hatte.

»Du musst auch gar nichts machen«, fügte Maxi schnell hinzu, »ich war draußen mit ihm, gefressen hat er schon, und sein Körbchen habe ich dabei.«

»Dabei?«

Maxis Kopf ging in Richtung Tür. Ganz offensichtlich rechnete die Kleine nicht mit einer Absage, dachte Ella. Was war das jetzt? Dreist? Entwaffnend? Berechnend? Oder vertrauensvoll?

Ella machte an Jimmy vorbei einen Schritt zur Tür. In die Beine biss er nicht, das hatte sie schon gelernt. Er biss nur, wenn man sich zu ihm hinunterbückte und eine Hand auf ihn zukam. Offensichtlich war er von seinem Vorbesitzer auf den Kopf geschlagen worden. Tatsächlich, draußen auf dem Gang stand das feuerrote Schaumstoffkörbchen, außerdem eine gepackte Plastiktüte und ein kleiner Rucksack.

»Große Liebe?«, fragte Ella.

Maxi wiegte den Kopf, dann nickte sie.

»Mag er keine Hunde?«

»Doch. Aber sein Bruder ist zu Besuch, und der hat eine Hundehaarallergie.«

»Ziehst du ihm dann sein Geschirrchen aus und richtest alles so, dass ich mich nicht zu ihm hinunterbücken muss?«

Ella sah zu, wie Maxi den Hund von seinem Geschirr befreite, dann den Korb platzierte, ein Spielzeug hineinlegte, einen Napf mit Wasser füllte und sich schließlich in der Hocke liebevoll von ihm verabschiedete.

»Dich beißt er nicht«, stellte Ella fest, die ihr zusah.

»Nicht mehr«, sagte Maxi und lächelte. »Aber an deiner Stelle würde ich es nicht ausprobieren.«

Maxi ging, und Ella setzte sich wieder an ihren Computer. Jimmy schlitterte auf dem Parkett herbei, setzte sich in ihre Nähe und schaute sie unverwandt an. So ein hübsches Kerlchen, dachte Ella. Hochbeinig, schlank, weiß mit hellbraunen Flecken, ein hübsches Gesicht mit aufgeweckten Augen.

»Da haben sie ganz schön was mit dir angestellt, dass du so zum Angstbeißer geworden bist, was, Jimmy?«

An einen Hund hatte Ella auch schon mal gedacht. Oder eine Katze. Aber bei ihrem Lebenswandel hatte das keinen Sinn. Einen einsamen Hund oder eine Stubenkatze im fünften Stock – so konnte sie dem Tier nicht gerecht werden, da verzichtete sie lieber. Trotzdem – jetzt hätte sie Lust, sich warm anzuziehen, mit Jimmy um die Häuser zu ziehen und die Nachtluft einzuatmen. Mit ihm durch den Park zu streifen, Spuren nachzugehen, die sie nicht roch, und Mäuse zu jagen, die sie nicht sah.

»Blöd, Jimmy«, sagte sie, »jetzt könnten wir richtig Spaß haben, und ich kann dir dein Geschirrchen nicht anziehen. Und ohne können wir nicht gehen.« Jimmy schaute sie aufmerksam an, dann fing er an zu fiepsen.

»Sollen wir es probieren?«

Aber Ella traute sich dann doch nicht. Die Fangzähne eines Jagdhunds im Handrücken – darauf konnte sie verzichten, schon wegen Stockholm.

»Stockholm, Jimmy«, sagte sie, »da bräuchte ich einen Spürhund wie dich. Einen, der Moritz aufspürt!«

Jimmy sprang auf und raste im Kreis herum, immer seinem eigenen Schwanz nach. Dabei rutschte er mit seinen Pfoten ständig auf dem glatten Parkett aus. Ella sah lachend zu, lief zu seinem Korb und holte sein Spielzeug. »Komm, Jimmy«, rief sie. »Schau, was ich da habe …«

Und die beiden rannten in wilder Verfolgungsjagd durch ihre Wohnung, bis Ella atemlos auf ihre Couch fiel. »Wow, Jimmy, du schaffst mich.« Bloß, Jimmy sprang ebenfalls auf die Couch und stand ihr mit den Vorderbeinen auf der Brust, seinen Kopf schräg oberhalb ihres Gesichts, sie regungslos beäugend, und da wurde es ihr mulmig.

So, jetzt bist du deine eigene Tierpsychologin, dachte sie. Bevor er einen starren Blick bekommt und zu knurren anfängt, musst du ihn irgendwie ablenken. Schließlich wird er mich nicht küssen wollen. Sie klopfte mit der flachen Hand neben sich auf das Sofa. »Auf, Jimmy, schau …«

Jimmy behielt seine starre Haltung bei.

»Jiiiimmy, runter!« Sie versuchte es einen Ton schärfer.

Jimmy sah sie noch immer regungslos an, seine Schnauze nur einige Handbreit von ihrer Nase entfernt.

»Jiiimmy, hol dein Spielzeug!«

Vielleicht hatte sich sein rechtes Ohr etwas bewegt, aber das war auch alles.

In diesem Moment klingelte das Telefon. Jimmy sprang auf, drehte sich auf ihrem Bauch um sich selbst und rannte zum Telefon, vor dem er wild auf und ab hüpfte.

Der hat wirklich eine Vollmeise, dachte Ella, holte tief Luft und dankte dem lieben Gott für die Rettung.

Es war Maxi. »Ist alles in Ordnung? Wollte nur kurz nachfragen.«

»Ja, klar, der Kleine ist ein Goldschatz.«

»Aber trotzdem Vorsicht, er hat so ein paar seltsame Sachen drauf …«

»Danke für die Warnung, Maxi, aber bisher himmelt er mich einfach nur an.«

»Wie mein Freund hier mich.« Sie kicherte. »Ist das nicht ein schönes Gefühl?«

Ella schaute zu Jimmy hinunter. Der schaute aufmerksam zu ihr hoch, als sei das Gespräch für ihn. »Ein sehr schönes.«

»Ja, dann danke und bis morgen.«

Ella ging zu ihrem Schreibtisch zurück, und Jimmy setzte sich vor den Fernseher. Ella schaute zu ihm hinüber. »Willst du fernsehen?«

Er raste mehrfach im Kreis.

»Aha, deine Herrchen haben dich stundenlang eingesperrt, die Glotze laufen lassen, mit der Hand geschlagen und was noch alles?«

Sie suchte einen Tierfilm, und es war offensichtlich, dass der Hund ganz bei der Sache war.

Ella schüttelte den Kopf. Dann rief sie ihre neuesten Mails ab. Ben hatte geantwortet. Er wolle auf alle Fälle mit, aber so schnell könne er das nicht organisieren.

Ärgerlich griff Ella nach dem Tee. Darauf musste sie etwas trinken, und wenn es kalt gewordener Ingwertee war. Das war doch irgendwie wieder typisch!

»Wann passt es dir?«, schrieb sie kurz zurück und versuchte, ihren Ärger nicht zu zeigen.

»Ich werde das morgen im Büro klären, aber ich denke, in drei Wochen bekommen wir das gut hin.«

Ella schaute kurz auf den Kalender und griff spontan zum Telefon. »Ben, in drei Wochen ist schon Mitte Oktober. So spät nach Schweden? Dann können wir ja gleich die Ski einpacken.«

Ben lachte amüsiert. Auch so ein Punkt, dachte Ella, nie erfasste er den Ernst der Lage.

»Stockholm ist eine Großstadt, da wird ein bisschen Schnee keine Rolle spielen. Und außerdem könnte es genauso gut ein goldener Oktober werden.«

»Aber in drei Wochen! Ben! Ich habe das Portrait gerade eben entdeckt, da kann ich doch keine drei Wochen mehr warten!«

Mit einem Auge sah sie zu dem Jack Russell, der kerzengerade vor dem Fernseher saß und jede Bewegung auf der Mattscheibe verfolgte.

»Uns läuft doch keiner weg. Wenn Moritz wirklich irgendwo in Schweden leben sollte, weiß er nicht, dass er weglaufen sollte. Und sonst gibt es auch keinen Grund zur Eile.«

Ella dachte an Steffi. In drei Wochen würde sie schon wieder zurück sein. Vielleicht wäre es sowieso besser, sich mit ihr auf die Suche zu machen – sie war findig und clever.

»Und außerdem sind diese kurzfristigen Flüge verflucht teuer!«, meinte Ben in ihre Gedanken hinein.

Das stimmte allerdings. Zu einer Zeit, da sich alle Fluggesellschaften unterboten, waren sechshundertfünfzig Euro tatsächlich ein Wort.

»Wir könnten uns den Ausflug ja gegenseitig zu Weihnachten schenken«, schlug sie vor.

»Na, dein Gesicht möchte ich sehen, wenn an Weihnachten nichts unter dem Baum liegt«, gab Ben zur Antwort, und Ella wusste, dass er recht hatte. Sie war nun mal noch ein Kind, was Geschenke anging.

»Und jetzt?«, wollte sie wissen.

»Und jetzt geduldest du dich halt ein bisschen.«

Ella sah zu Jimmy, der aufgeregt hin und her raste, weil auf dem Bildschirm gerade ein ganzer Schwarm Vögel losflog.

Jimmy und ich passen zusammen, dachte Ella. Der kann auch nicht ruhig mit anschauen, wenn gerade vor seiner Nase irgendetwas Aufregendes passiert.

»Schau morgen einfach, was du machen kannst«, sagte Ella.

Es war kurz still.

»Wenn du magst, kannst du ja noch kommen«, sagte er mit veränderter Stimme.

»Würde ich gern«, gurrte Ella zurück, »aber ich habe leider Besuch.«

»Ach?«

»Ja. Jimmy. Einen Überraschungsgast. Den kann ich unmöglich alleine lassen.«

»Und …«, seine Stimme klang zögerlich.

»Das erzähle ich dir alles morgen. Jetzt schlaf schön und schau, dass du das morgen geregelt bekommst.«

Mit einem süffisanten Lächeln legte sie behutsam auf. Das war jetzt gemein. Schön gemein.

Donnerstag

Einen Tag später buchte Ella. Sie konnte und wollte nicht warten. Sie überlegte sich, noch einmal in die Galerie zu gehen und Moritz’ Portrait anzuschauen, damit sie ihn wirklich ganz präsent hatte, aber sie konnte nicht. Es graute ihr.

Ben hingegen war gleich am nächsten Tag losmarschiert.

»Aha«, sagte er, »das ist nun also euer sagenumwobener Moritz.«

»Wieso denn sagenumwoben?« Sie hatten sich danach mittags in einem Bistro getroffen, Ben hatte sich einen Auflauf mit extra viel Käse bestellt und Ella eine Bratkartoffel mit Lachs und Crème fraîche.

»Er war doch der meistumschwärmte Typ eurer Schule.«

»Ach so?« Ella schaute ihn erstaunt an. »Wie kommst du denn auf so was?«

»Na ja, es waren doch alle Mädels in ihn verschossen. Das hast du selbst gesagt.«

Ella schüttelte den Kopf. »Das habe ich sicher nicht gesagt. Ich war nämlich überhaupt nicht in ihn verschossen, wie du es nennst.«

»Na gut, von mir aus«, Ben machte eine beschwichtigende Geste und griff zu seinem Wasserglas. »Ich weiß ja nicht, wie er in Wirklichkeit aussieht, aber das Portrait ist große Klasse!« Er trank das Glas leer und machte sich wieder über seinen Auflauf her.

Was so ein großer Mensch alles in sich hineinschaufeln kann, dachte Ella. Ich würde platzen oder wäre für den Rest des Tages ganz einfach nur geliefert.

»Schmeckt es dir nicht?« Ben deutete mit seiner Gabel auf Ellas Teller. Stimmt, sie pickte wie ein Vögelchen herum, hier was, dort was, so ein richtiges System brachte sie heute in ihr Mittagessen nicht hinein. Es sah alles etwas konfus aus.

»Ich bin zur Zeit einfach nicht hungrig!«

»Du wirst abnehmen«, sagte er besorgt.

Ella lächelte. So einen Spruch würde sich wahrscheinlich manche Frau von ihrem Liebhaber wünschen, dachte sie. Aber Ben stand tatsächlich nicht auf zu schlanke Frauen, er liebte Busen, Hüfte und Po und möglichst handfest, wie er sagte.

»Es ist noch genug dran«, sagte sie und spießte eine Lachsscheibe auf.

»Es schmeckt mir nicht, wenn du nicht isst.« Ben betrachtete sie über den Rand seiner Brille hinweg.

»Ich esse ja schon!« Auch so ein Phänomen, schoss es ihr durch den Kopf. Zum Lesen braucht er keine Brille, aber wenn er isst, muss er jedes Körnchen sehen. Schon seltsam, welche Eigenarten man im Laufe der Zeit annimmt. Sie dachte über ihre nach, aber auf Anhieb fielen ihr keine ein.

»Willst du wirklich alleine fliegen?« Noch immer ruhte sein Blick auf ihr.

»Ja, natürlich, ich habe schon gebucht. Alles andere dauert mir zu lang!«

»Es ist mir nicht wohl, wenn du dich alleine aufmachst.«

»Was soll denn schon passieren?«

Ben zuckte die Achseln. »Alles.« Er runzelte kurz die Stirn. »Alles kann passieren.«

»Stockholm ist ein zivilisiertes Pflaster, und ich suche nur eine Künstlerin auf, kein Ungeheuer.«

»Wenn stimmt, was damals ermittelt wurde, dann suchst du nach einem Ungeheuer.«

»Ach, Ben.« Ella griff über den Tisch nach seiner Hand. Es war so vertraut, so gut, ihn zu spüren. Sie schauten sich in die Augen. Seine waren blau und von einer Wärme, die Ella immer wieder faszinierend fand. Sie spiegelten den ganzen Menschen wider, den Ben, in den sie sich nicht nur verliebt, sondern den sie auch von Tag zu Tag lieber gewonnen hatte. Auch sein Gesicht hatte etwas Väterliches, obwohl er kaum älter war als sie selbst. Immer wenn sie ihn sah, wirkte er auf sie wie eine Trutzburg, in die man sich bei Gefahr flüchten konnte. Kein Wunder, dass er sie nicht alleine ziehen lassen wollte. Offensichtlich fühlte er sich für sie verantwortlich. »Ben, ich bin nicht dein Kind!«

»Ja, ich weiß.« Er streichelte ihre Hand. »Ich weiß, dass du stark bist. Und selbstbewusst. Und eigenständig und all das. Aber dieses Abenteuer … ich weiß nicht, ob das gut ist.«

»Dann komm doch mit!«

»Du weißt, dass ich das so schnell nicht kann.«

Das war nun halt die andere Seite des ruhigen, besonnenen Ben, dachte Ella. Spontaneität lag ihm nicht. Er musste planen und den Weg von A nach B bestimmen, bevor er sich aufmachte. Wie er wohl werden würde, wenn er erst mal fünfzig war?

Sie schüttelte den Gedanken ab.

»Du weißt, ich liebe dich«, sagte Ben in dieser Sekunde, und es fuhr Ella in sämtliche Glieder. Da war es wieder, sein Liebesgeständnis, seine völlige Hingabe an sie. Eigentlich war es tatsächlich so: Sie hatte eine riesige Verantwortung seinen Gefühlen gegenüber. Sie durfte ihn nicht verletzen, der große Bär war gefühlsmäßig ein zarter Schmetterling.

»Mir passiert schon nichts«, sagte sie und drückte seine Hand.

»Du weißt, das würde ich nicht überleben …«

Montag

Ella hatte sich gut informiert. Wie weit außerhalb lag der Flughafen? Lohnte sich ein Taxi, oder gab es andere Möglichkeiten? Wo war die Galerie, und welches Hotel lag günstig? Wieder einmal sang sie das Hohelied aufs Internet – unglaublich, was damit in kurzer Zeit zu erreichen war. Nur auf Moritz Springer fand das Web keine Antwort und auf Inger Larsson wenig Verwertbares.

Der Flug ging um sechs Uhr morgens, so war sie zur Frühstückszeit in Stockholm. Ein Frühstück ist ein guter Start in den Tag, dachte sie, als sie mit ihrem kleinen Koffer an der Centralstation aus dem Arlanda Express stieg und ihr Hotel suchte. Sie hatte es genau hier gebucht, um nicht ewig mit einem Koffer herumlaufen zu müssen. Die Straßennamen waren zwar fremd, trotzdem fand sie sich gut zurecht. Und das Wetter war besser als in Frankfurt. In ihrer Jacke war es ihr nun fast zu warm, doch zu ihrem Erstaunen gab es um sie herum etliche Männer in kurzärmeligen T-Shirts und sogar einige junge Frauen in kurzen Sommerröcken. So warm war es nun auch wieder nicht, aber im Norden weckte wohl jeder Sonnenstrahl sommerliche Gefühle.

An der Rezeption war bereits viel los, und Ella stellte sich gelassen hinten an. Dabei kam sie sich schon richtig gut vor, merkte aber recht schnell, dass die Menschen hier mit unglaublicher Geduld gesegnet waren. Eigentlich ging nichts voran, und trotzdem strahlten alle gute Laune aus. Nach zehn Minuten dachte Ella darüber nach, das Einchecken zu verschieben und zunächst mal im Hotelrestaurant zu frühstücken, als der vorderste Gast von der Rezeptionistin freundlichst verabschiedet wurde und sie somit um eine Stelle vorrückte. Immerhin, dachte sie, wer weiß, wo ich nachher lande. Sie versuchte, sich auf ihr Programm zu konzentrieren und ihre Ungeduld zu beherrschen. Schau, sagte sie sich, die anderen können das doch auch. Du musst einfach einen Gang zurückschalten.

Das Hotel war modern und offen, ein typisches Touristen- und Businesshotel. Kleine Sitznischen vor einem großen gläsernen Gaskamin, dahinter massive Holztische mit rustikaleren Sitzmöglichkeiten, und ganz hinten schloss sich der Frühstücksraum an. Im Grunde genommen ein riesiger durch verschiedene Elemente geteilter Raum. Ella beobachtete die Menschen und ihr Treiben und war plötzlich an der Reihe. Ja, ihr Zimmer sei noch nicht geräumt, hieß es, aber sie habe Glück, ein Gast habe eben abgesagt, so bekäme sie ein Upgrade – zum selben Preis ein größeres Zimmer.

Ella bedankte sich erfreut und fand, dass die Reise doch ganz gut anfing. Jetzt war sie da, und alles war gut. Sie fuhr mit ihrem Rollkoffer in den vierten Stock, fand das Zimmer, öffnete die Tür und fragte sich, wie ein kleineres Zimmer wohl ausgesehen hätte, wenn dies ein Upgrade war? Außer für ein Bett war kaum Platz. Und dann entdeckte sie die zerknüllte Chipstüte und die leeren Flaschen neben dem Bett. Das Zimmer war entweder schlampig oder gar nicht gemacht. Sie drehte sich auf dem Absatz um und fuhr wieder hinunter. Diesmal stellte sie sich nicht mehr hinten an, sondern ging mit einem »sorry, sorry« zu den Wartenden direkt nach vorn.

Der jungen Frau an der Rezeption war es wenig peinlich, sie entschuldigte sich mit einem fröhlichen Lachen und druckte ihr eine andere Zimmerkarte aus. Diesmal sei es nun ein wirklich besonders schönes Zimmer. Ella nickte und lief erneut zum Fahrstuhl. Egal, sagte sie sich, du hast ja Zeit, und alles ist gut. Gleich sitzt du am Tisch, schaust dir mal ein schwedisches Frühstücksbüfett an und lässt dich langsam und gemütlich in den Tag hineingleiten. Die Galerie hat sowieso noch nicht geöffnet.

Ende der Leseprobe