Lilemor - Jasmine Rosewood - E-Book

Lilemor E-Book

Jasmine Rosewood

0,0

Beschreibung

Ein Schicksalsschlag nach dem anderen verfolgt Lily, die vor nicht allzu langer Zeit ihre Mutter verloren hat. Hinzu kommt noch, dass ihre beste Freundin vor ihren Augen ermordet wird. Lily lebt in armen Verhältnissen, was sich jedoch bald ändern kann, als sie durch Ort und Zeit reist. Um ein Weiteres steht sie allein da und muss sich zurechtfinden. Ausserdem wird sie beauftragt, einen mysteriösen Schlüssel zu finden, von dem sie weder weiss, wo er zu finden ist, noch was er öffnet. Sie begegnet bald einem faszinierenden, jungen Mann, der ihr den Kopf verdreht. Doch einige Geheimnisse stehen zwischen ihrem Glück und Lily findet merkwürdige Spuren, die in ihr die Hoffnung aufkeimen lassen, dass ihre Mutter noch leben könnte.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 94

Veröffentlichungsjahr: 2023

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Ich dachte Gerüchte sind nur Gerüchte.

Die Feder setzte an eine neue Zeile an.

Legenden sind nur Geschichten.

Die Schreibfeder hörte kurz auf zu kratzen.

Und die Zeit ist unveränderbar.

Inhaltsverzeichnis

MARIE

LILEMOR

DER SCHLÜSSEL

DIE SAGE VON TENEBRIMOR

HINTERLASSENSCHAFTEN

REISE IN DIE ZUKUNFT

TENEBRIMOR

MARIE

«… Herr, gib ihr und allen Verstorbenen die ewige Ruhe. Und das ewige Licht ...» Mein Blick schnellte über die Schulter des Pfarrers hinweg. Ich nahm meine Brille ab und trocknete die Gläser an meinem Mantel ab, bevor ich sie wieder aufsetzte. Die Augen zusammengekniffen erkannte ich eine Gestalt nicht allzu weit entfernt zwischen den blühenden Kirschbäumen stehen, was mir unerklärlicherweise Gänsehaut verursachte.

«Lass sie ruhen in Frieden. Amen.» Immer noch auf die unheimliche Erscheinung fixiert, nahm ich zunehmende Bewegung um mich herum wahr. Ich spürte eine sanfte Hand auf meiner rechten Schulter und zuckte heftig zusammen, ehe ich mich der Masse anschloss. Mit einem unbehaglichen Gefühl suchte ich die Kirschbäume ab, doch die Gestalt war weg, als wäre sie nie dagewesen. Ich hörte Gelächter und Geflüster.

Schweissgebadet und mit pochendem Herzen schlug ich meine Augen auf. Ich spürte einen kühlen Windhauch auf meiner Haut, Regen prasselte in mein Zimmer. Blitzschnell hechtete ich aus dem Bett und riss die bereits vom Regenwasser durchnässten Vorhänge zur Seite. Ich schloss das Fenster und stellte einen dicken Wälzer dagegen.

Auf dem Weg nach draussen schnappte ich meine abgenutzte Tasche von der verstaubten Holzbank. Beim Anblick an das Bild meiner Mutter hielt ich kurz inne, bevor ich entschlossen den Türknauf drehte.

Hinter mir knallte die Haustür zu, als ich mit wehendem Regenmantel aus der Wohnung stürmte. Ich polterte das eiserne Treppengerüst hinunter und flitzte durch das gepflasterte Gässchen zwischen den Häusern unseres Viertels und über die ruhige Strasse, welche von einem orangenen Blätterteppich geschmückt war. Über mir rückte der von dunklen Gewitterwolken verhangene Himmel fleissig hervor. Ich zog meine Kapuze ein bisschen tiefer ins Gesicht, huschte in die schmale, noch dunkle Gasse und bog bei der nächsten Hausecke links ab.

Etwas überrascht fing ich den Blick von einem nur allzu bekannten Augenpaar auf, was ich mit einem Stirnrunzeln quittierte. «Warum heute in einer solchen Früh?», scherzte ich halbwegs, während mir mit dem unwohlen Gefühl in der Magengrube eigentlich gar nicht zum Scherzen zumute war. Marie liess sich sonst nie so früh blicken.

Die sonst so aufgeweckten Augen meiner besten Freundin glänzten kalt und huschten ziellos in der Umgebung umher. «Du musst von hier verschwinden, es ist hier nicht mehr sicher», raunte sie und wich meinem Blick aus.

Ihre Worte trafen mich wie eine kräftige Ohrfeige. Ich lachte kurz auf, fast hätte ich das für einen Witz gehalten. Perplex hielt ich eine Weile inne, doch sie fügte nichts Weiteres hinzu.

«Das meinst du nicht ernst», die Worte gingen so ungläubig über meine Lippen, dass ich es mir beinahe selbst geglaubt hätte, stünde Marie nicht so geknickt da, als ginge gleich die Welt unter. Plötzlich schien sie kurz angebunden.

«Geh!», zischte sie eindringlich, mit beinahe brüchiger Stimme fügte sie hinzu: «Sie werden dich sonst finden.»

«Wer wird mich denn finden?», hakte ich nun abermals verwirrt nach, doch Marie ging nicht darauf ein, stattdessen huschten ihre Augen abermals flüchtig umher und mit einem letzten eindringlichen «Geh, vertrau mir» eilte sie davon.

Eine Weile blieb ich verdattert stehen. Ihr quietschgelber Regenmantel verschwand um die nächste Hausecke. Ihre Worte rieselten mit dem Regen an mir herab und liessen mich in Angst und Kälte stehen.

Eigentlich wären Marie und ich zusammen auf den Markt gegangen, um unsere Einkäufe zu erledigen, stattdessen fand ich mich nun allein zwischen den Ständen wieder, zwischen jenen ich uns noch lebhaft herumalbern sehen konnte.

Mein Blick blieb an einem Messingschild eines mir verdächtig bekannten Ladens hinter einem Stand hängen, «Leder & co.».

Etwas beschämt blickte ich auf meine mittlerweile ausgelatschten Lederstiefel. Ich ergatterte sie zusammen mit Marie aus dem Laden, um genauer zu sein, sind wir mit den neuen Stiefeln abgehauen, da uns der alte Verkäufer die Dinger für einen überrissenen Preis anbot, weil er nämlich genau wusste, woher wir kamen.

Vermutlich tat er das aus Hohn. Jedenfalls ist und war Marie schon immer eine begnadete kleine Elster und hat es ihm damit ein Stück weit heimgezahlt. Ich schmunzelte in der Erinnerung schwelgend.

Niedergeschlagen schlurfte ich durch die mittlerweile hellen Gassen.

Maries Worte wiederholten sich immer wieder in meinem Kopf, doch ich konnte mir einfach keinen Reim darauf machen. Ich musste sie mir später nochmals vorknöpfen.

Zuhause polterte ich die Treppe hoch zur Wohnung und verursachte dabei einen solchen Lärm, dass ich einen missbilligenden Blick von meiner alten Nachbarin bekam.

Mit keinerlei Rücksichtnahme knallte ich die Haustür abermals zu, noch bevor ich ihr die Möglichkeit gab, mir ein paar schmutzige Schimpfwörter an den Kopf zu werfen, für die ich weder Zeit noch Lust hatte.

Ich warf meine Tasche achtlos auf den Küchentisch und stiess dabei ein paar leere Biergläser um.

Beim Betreten meines Zimmers fiel mir etwas ins Auge. Der fette Wälzer lag offen auf dem Boden, anstelle dessen lag ein sorgfältig gefalteter Zettel auf dem Fenstersims.

Ich fühlte das Papier zwischen meinen Fingern und brauchte keine Sekunde, um festzustellen, dass es ziemlich hochwertig sein musste. Eine Qualität, welche man hier suchen musste. Neugierig faltete ich es auseinander und las.

«In 15 Minuten bei der alten Scheune.»

Maries Handschrift.

***

Der Regen hat sich mittlerweile gelegt. Dichter Nebel lag nun in den Feldern neben der Scheune. Mit einem flauen Gefühl in der Magengrube näherte ich mich der sitzenden Gestalt. Beim Herantreten erkannte ich Maries Regenmantel. Ich ahnte Ungutes.

Mit eiligen Schritten lief ich zu ihr hinüber, um festzustellen, dass sie bewusstlos und gefesselt war. Ihre Handgelenke waren fest hinter ihrem Rücken an den Stuhl gebunden. Ihr Kopf ruhte leblos auf ihrer rechten Schulter.

Ich versuchte mein Bestes, sie irgendwie wach zu kriegen, doch ihr Zustand blieb unverändert. Mit zitternden Fingern machte ich mich an die Knoten. Nach einer Weile schaffte ich es, ein paar zu lösen. Irgendwo im Feld raschelte es.

Fieberhaft arbeitete ich verzweifelt am mittlerweile letzten Knoten, doch ich kam nicht dazu, ihn zu lösen, denn hinter mir hörte ich dumpfe Schritte. Mit rasendem Herzen drehte ich mich um. Hecktisch rüttelte ich am leblosen Körper vor mir, welcher immer noch schlaff auf dem Stuhl hockte. Während die Verzweiflung in mir tobte, versuchte ich es ein letztes Mal mit einer kräftigen Ohrfeige. Der Kopf schlackerte nach unten und hob sich plötzlich. Erleichtert sah ich in ein paar trübe, blutunterlaufene Augen.

«Ich nehme es mit ins Grab», hauchte Marie undeutlich und ihr Kopf sackte ein letztes Mal auf ihre Schulter. Was denn? Eine Stumme Träne bahnte sich ihren Weg auf meiner Wange hinunter.

Ich wollte sie aus meinem ganzen Leibe anschreien, doch ich verbot es mir. Ich wandte meinen Kopf zum Ursprung des Raschelns und registrierte einen dunklen Umhang und einen erhobenen Arm.

Auf ein leises Klicken folgte ein lauter Knall. Der leblose Körper vor mir sackte zur Seite und fiel dumpf zu Boden.

Wie gelähmt starrte ich ins Gesicht meiner besten Freundin und auf das klaffende Loch in ihrer Schläfe. Unter ihr sammelte sich rasch eine Blutlache an.

Es dauerte eine Weile, bis ich es fassen konnte. Es schnürte mir die Kehle zu und warf mich auf meine Knie. Meine Sicht verschwamm, Tränen kullerten über meine Wangen. Ich riss schmerzerfüllt meinen Mund auf, doch es kam kein Laut raus.

Fassungslos drehte ich mich zum Ursprung des Knalls und starrte wie gebannt auf die Waffe. Wie ein stolzer Pfau stand er da, mit seinem langen, dunklen Umhang, den Arm unheilverkündend angehoben. Ich überlegte keine Sekunde und stolperte los. Immer noch wie gelähmt flüchtete ich ins Feld. Ein gleissender Schmerz durchfuhr meine Brust, ich fasste danach und es warf mich auf den Boden. Regungslos blieb ich liegen.

Die Welt schien sich dumpf und fern weiterzudrehen, doch für mich schien sie fern und unerreichbar.

LILEMOR

Meine trägen Augenlider öffneten sich ein Stück weit. Meine Ohren fühlten sich wie mit Watte verstopft an. Ich vernahm ein unterschwelliges Pfeifen.

Meine Glieder fingen an zu Schmerzen, mein Kopf pochte unaufhörlich. Ich rollte mich auf den Rücken, um dem Schmerz zu entgehen und atmete einen Moment durch, bevor ich meine Augen ganz öffnete.

Ich griff in den Boden, um mich aufzustemmen und stellte fest, dass ich im Gras liegen musste. Geschockt riss ich meine Augen auf. Mein Herz fing an wie verrückt zu rasen, Panik schoss in mir hoch. Ich setzte mich rapide auf.

Verwirrt blickte ich mich um. Als mein Blick über den dichten, düsteren Wald wanderte, bekam ich es mit der Angst zu tun. Hinter mir raschelte es. Alarmiert drehte ich mich um, eine dunkle Gestalt bewegte sich direkt auf mich zu. Ich rappelte mich auf und ergriff die Flucht.

Ich stürmte durch den Wald, ahnungslos wohin ich lief. Als ich beinahe keine Luft mehr kriegte, kam ich auf die äusserst dumme Idee, mich hinter einem besonders dicken Baumstamm zu verstecken. Ich stemmte die Arme in die Knie und schnaufte.

Hinter mir knackten die Äste. Ich hielt es kaum aus, doch ich musste mir einen Überblick verschaffen. Vorsichtig und den Rücken fest an den Baumstamm gedrückt drehte ich meinen Kopf leicht zur Seite und warf einen Blick hinter den Baum.

Ich starrte direkt in ein Kapuzengesicht. Mein Herz setzte ein paar Schläge aus und schlug dann mit doppelter Geschwindigkeit weiter. Ich stolperte los.

Immer noch das Bild eines breiten, markanten Unterkiefers unter einer Kapuze im Kopf eingebrannt, hielt ich angespannt nach einem möglichen Fluchtweg Ausschau. Ich kann schlecht auf einen Baum klettern. Die Büsche sind zu durchlässig, um sich darin zu verstecken. Ausserdem würde das einen Höllenlärm machen. Verzweifelt versuchte ich mir etwas einfallen zu lassen.

Ich wollte beinahe aufgeben und mich dem Wahnsinnigen stellen, um die Sache mit Gewalt zu lösen, wobei ich sicher den Kürzeren gezogen hätte, als ich über etwas hartes stolperte.

Es warf mich gnadenlos auf den Boden. Bevor ich mich wieder auf und davon machte, erhaschte ich einen flüchtigen Blick auf einen Backstein. Erneute Hoffnung flackerte in mir auf. Ein Backstein würde nie einfach so im Wald herumliegen. Unter immensem Druck hielt ich meine Augen offen.

Meine Aufregung stieg, als ich eine massive Steinmauer direkt vor mir ausmachen konnte. Einzelne Stellen wurden mit Backsteinen geflickt.

Ich sah zwei Möglichkeiten: Entweder nimmt meine Flucht hier und jetzt ein brutales Ende oder ich versuche, über die Mauer zu klettern. Ich entschied mich für letzteres. Ich sprintete das letzte Stück und fixierte dabei die Mauer.

Mein Herzschlag beschleunigte sich, als sie sich vor mir aufbaute. Ich durfte nicht zögern und mich von der Angst abhalten lassen. Ich griff etwas angespannt nach einem herausstehenden Stein und zog mich daran hoch. Dabei versuchte ich, meine Füsse möglichst sicher zu platzieren. Ich wischte meine freie Hand an der Hose ab und griff erneut nach einem Stein.

Meine Hände fingen an zu zittern. Ich spürte jeden Muskel gegen die Schwerkraft ankämpfen. Einer nach dem anderen fing an zu brennen. Das Zittern der Hände breitete sich langsam in meine Arme aus. Meine Kraft ging mir langsam aus und meine Gliedmassen brannten wie Feuer.