Liliane Susewind – Ein Eisbär kriegt keine kalten Füße - Tanya Stewner - E-Book

Liliane Susewind – Ein Eisbär kriegt keine kalten Füße E-Book

Tanya Stewner

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Beschreibung

Das Mädchen, das mit den Tieren spricht:Im elften Abenteuer der Bestsellerserie muss sich Liliane Susewind einer ganz besonderen Herausforderung stellen!Liliane Susewind ist furchtbar aufgeregt: Sie soll sich um das verwaiste Eisbärenjunge Milky kümmern! Gar nicht so einfach, denn Milky ist ein wahrer Wirbelwind. Besser wäre es, wenn der alte Eisbär im Zoo ihn adoptieren würde. Doch der ist gar nicht begeistert von dem kleinen Schreihals. Und dann gerät Milky in große Gefahr! Lilli und Jesahja müssen handeln …Der Erfolg geht weiter – mit einer noch nie dagewesenen Wendung für alle Lilli-Fans! Diese wunderbare Geschichte zeigt, dass gute Freunde einfach unersetzlich sind.Jeder Band ein abgeschlossenes Abenteuer.Mit zauberhaften Bildern von Eva Schöffmann-DavidovBei Antolin gelistet

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Tanya Stewner

Liliane Susewind

Ein Eisbär kriegt keine kalten Füße

Mit Bildern von Eva Schöffmann-Davidov

FISCHER E-Books

Inhalt

Schnurrdame mit SonderwunschSchweineprinzMilkyBär an BordVerwicklungenDer alte BrummbärSturzKatastropheBaum der HoffnungHochzeitAufruhr im ZooEisbär auf dem DachPapabär

Schnurrdame mit Sonderwunsch

»Wachen Sie sofort auf!«, miaute eine durchdringende Stimme.

Liliane Susewind, genannt Lilli, fuhr aus dem Schlaf hoch. »Was?«

Neben ihr saß eine orange getigerte Katze auf dem Bett – Frau von Schmidt, die wohl vornehmste Schnurrdame der Welt. Lilli verstand ihr Miauen ganz genau, denn Lilli konnte mit Tieren sprechen. »Beenden Sie unverzüglich Ihr Herumgedöse!«, verlangte die Katze. »Ich habe Ihnen etwas Wichtiges mitzuteilen!«

Lilli rieb sich die Augen. »Ist was passiert?«

»Nein, keineswegs.«

»Warum wecken Sie mich dann?«

»Das habe ich Ihnen doch gesagt!«, miezte Frau von Schmidt. »Ich habe Ihnen etwas Wichtiges mitzuteilen!«

»Ach ja.«

Der Schwanz der Katze schlug ungeduldig auf das Laken.

»Was denn?«, hakte Lilli nach.

»Ich habe einen Plan«, erklärte die Katze mit funkelnden Augen.

»Was für einen Plan?«

»Ein über die Maßen ausgefuchstes Vorhaben!« Frau von Schmidt setzte sich kerzengerade auf. »Es ist derartig imposant, dass es mir selbst den Atem verschlägt!«

Lilli runzelte die Stirn. Was für eine Schnapsidee hatte die Katze jetzt wieder?

Frau von Schmidt warf sich in Pose und eröffnete: »Ich werde mich verlieben!«

Lilli starrte sie an.

»Das ist mein sagenhafter Plan für dieses Frühjahr!«, rief die Katze. »Ich werde eine Romanze erleben! Ist das nicht phänomenal?«

»Äh … ja«, sagte Lilli. »In wen wollen Sie sich denn verlieben?«

»Ach, das ist doch nebensächlich. Es wird sich bestimmt leicht jemand finden, der mir den Hof macht. Immerhin bin ich mit einzigartiger Schönheit, wahnwitzigem Charme und überragender Intelligenz gesegnet.«

Lilli konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. Der Gummibaum in der Zimmerecke wuchs daraufhin um mehrere Zentimeter. Das hatte mit Lillis zweiter Besonderheit zu tun: In ihrer Nähe gediehen Pflanzen außergewöhnlich gut, und wenn sie lachte, schoss um sie herum sofort alles in die Höhe oder blühte auf. Der Gummibaum stieß schon beinahe an die Decke und würde – wie es mit allen Zimmerpflanzen im Hause der Susewinds irgendwann geschah – bald in den Garten umgesiedelt werden müssen.

»Es geht ja vor allem darum, dass ich bewundert werde und mich auf sensationelle Weise in ein Techtelmechtel stürze!«, sprach Frau von Schmidt weiter. »Hach, das wird einfach zauberhaft! Meinen Sie nicht auch?«

»Öhm …« Lilli biss sich auf die Zunge, um nicht wieder zu lachen. »Ja klar.«

»Gut, dann stellen Sie doch eine Liste möglicher Kandidaten zusammen«, ordnete die Katze an. »Ich werde die Vorschläge dann prüfen.«

Lillis Augen wurden groß. »Ich soll Ihnen jemanden suchen?«

»Selbstverständlich. Wer denn sonst?«, fragte Frau von Schmidt. »Niemand kennt so viele interessante Herrschaften wie Sie, Madame. In der Fülle Ihrer Bekannten wird sich doch sicherlich jemand befinden, der es wert ist, von mir in Erwägung gezogen zu werden.«

»Ich …«, stammelte Lilli. »Also …«

Die Katze hüpfte vom Bett. »Nach dem Frühstück nennen Sie mir bitte mindestens fünf Anwärter. Bis dahin Adieu.« Damit stolzierte sie davon.

Lilli setzte sich auf die Bettkante und raufte sich die Haare. Wenn sich diese Katze einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte, ließ sie sich leider auch nicht wieder davon abbringen.

»Lilli!«, hörte sie ein leises Bellen. »Was hockst du denn so trübe da rum?« Gleich darauf stieß eine Hundenase sie an. Lilli blickte auf und sah in zwei liebe braune Augen.

»Ach, Bonsai …« Sie knuddelte den kleinen weißen Zottelhund, der schon viele Jahre ihr engster Vertrauter war. Auch mit ihm konnte sie ganz normal in Menschensprache reden – er verstand trotzdem jedes Wort. »Es ist nichts Schlimmes. Schmidti hat nur einen neuen Spleen.«

»Was denn für einen?«, wollte Bonsai wissen. »Einen blauen?«

Lilli grinste. »Du weißt nicht, was ein Spleen ist, oder?«

»Nö!«, rief der Hund fröhlich.

»Ein Spleen ist, wenn man sich was Verrücktes in den Kopf gesetzt hat«, erklärte Lilli. »Schmidti will sich verlieben. Und ich soll jemanden für sie suchen.«

»Mach dir keinen Stress!« Bonsai wedelte mit dem Schwanz. »Schmidti kann sich ja in mich verlieben. Ich bin der Hammer!«

Lilli lachte. Gleich darauf stieß die Spitze des Gummibaums an die Decke. Lilli stand auf und betrachtete den Baum. Es war nun wirklich Zeit für ihn, nach draußen zu kommen. Da Lilli täglich im Garten ihre Runde drehte, wuchsen dort noch andere exotische Pflanzen wie er.

»Ich schlage Schmidti gern vor, dass sie sich in dich verlieben soll«, sagte Lilli zu Bonsai.

»Primchen!«, kläffte der Hund zufrieden.

Lilli lächelte und machte sich auf den Weg ins Bad. Als sie kurz darauf ins Erdgeschoss ging und das Esszimmer betrat, saßen ihr Vater, ihre Mutter und ihre Oma bereits am Frühstückstisch.

»Guten Morgen, Schatz!«, rief ihr Vater, der Ferdinand Susewind hieß.

»Morgen«, antwortete Lilli und setzte sich zu ihnen, während ihr Vater eine leere Müslischale über den Tisch auf sie zusausen ließ.

Lillis Mutter, Regina Susewind, schaute hinter ihrer Zeitung hervor und warf ihrem Mann einen strafenden Blick zu. »Keine Frühstücksgeschosse!«

»Nee, stimmt«, sagte Lillis Vater, zwinkerte Lilli aber zu. Dann stutzte er. »Was ist los? Du siehst total nachdenklich aus!«

»Bin ich auch.« Lilli warf einen Seitenblick auf Frau von Schmidt, die sich auf dem Sofa zusammengerollt hatte. Dann erzählte sie ihren Eltern und Oma vom neuesten Einfall der Katze.

»Sag ihnen auch, dass wir die Sache schon geklärt haben!«, bellte Bonsai, der neben Lillis Stuhl saß. »Schmidti verknallt sich in mich!«

Lilli übersetzte. Daraufhin fuhr die Katze in die Höhe. »Natürlich kommen bekannte Bekannte nicht in Frage!«, meckerte sie und lief schnell zu ihnen herüber. »Herr von Bonsai verehrt mich ja sowieso. Ich möchte aber einen neuen furiosen Bewunderer, der mir schmachtend zu Füßen liegt!«

»Was miezt sie denn?«, erkundigte sich Bonsai. Katzisch und Hundisch waren ganz unterschiedliche Sprachen, und deshalb musste Lilli immer zwischen den beiden vermitteln. Vorsichtig übersetzte sie, was Frau von Schmidt gesagt hatte.

Bonsai schnaufte laut. »Kein Ding! Wenn Schmidti unbedingt will, dass ich schmatzend bei ihren Füßen rumliege, kann ich das machen.« Er ließ sich vor der Katze fallen und schmatzte laut.

Frau von Schmidt beachtete ihn jedoch nicht weiter und sprang auf den Tisch.

Lillis Mutter, die das gar nicht mochte, schien etwas sagen zu wollen, aber Oma Susewind stieß sie mit dem Ellbogen an. »Was schwebt der Katze denn vor?«, erkundigte sich Oma bei ihrer Enkelin.

Lilli fragte Frau von Schmidt.

»Oh, mir schwebt ein wahrer Prinz der Unwiderstehlichkeit vor!«, säuselte die Katze. »Stattlich soll er sein, gewitzt, mit Manieren so poliert wie meine Krallen, nachdem ich sie abends am Kratzbaum geschärft habe.« Sie seufzte und schien tief bewegt von ihrer Beschreibung. »Wen haben Sie da vorzuschlagen, Madame? Bitte nennen Sie mir nun die Kandidaten.«

Rasch ging Lilli im Kopf alle Kater der Gegend durch. »Also, da wäre Smartin aus der Glockengasse, dann Karl Friedrich von Familie Krüpfkorn-Käsbeck. Außerdem gibt es noch Sylvester und Polyester von hinter dem Park und …« Lilli dachte nach. »Und natürlich Sir Smoky von Pong. Außerdem … wie heißt er noch? Bonsai?«

»Ja?«, schmatzte Bonsai.

»Wie heißt noch mal der Kater aus dem gelben Haus, den du immer Puschel-Heini nennst?«

»Oh, Sie meinen den plüschigen Mortimer?«, fiel die Katze ein.

»Genau!«

»Der? Ach nein.« Unzufrieden fuhr sich Frau von Schmidt über die Schnurrhaare. »Diese Leute kenne ich ja alle schon! Ich will aber frischen Wind! Außerdem ordentlich Aufregung und viel Brimborium!« Sie leckte sich die Pfote. Dann hob sie abrupt den Kopf, als hätte sie eine Idee. »Ha! Wer sagt denn, dass mein Verehrer unbedingt ein Schnurrherr sein muss?« Ihre Augen blitzten auf. »O ja, natürlich!« Begeistert schaute sie Lilli an. »Da Sie ja für mich und den Bewerber dolmetschen werden, könnte ich mich herablassen, meinen Horizont zu erweitern und mich auf ganz neue Gefilde einzulassen.«

»Sie meinen, es muss kein Kater sein?«, wunderte sich Lilli.

»Ich bin ja auch kein Kater«, warf Bonsai schmatzend ein.

»In der Tat!« Frau von Schmidt schien zu grübeln. »Womöglich könnte ich mit einer dieser Mampf-Herrschaften anbändeln …«

»Mit einer Kuh?«, rief Lilli verdutzt.

»Oder mit einem dieser einbeinigen Geflügelherren …«

»Einem Flamingo?«

»Die sind farblich wirklich über die Maßen eindrucksvoll«, überlegte Frau von Schmidt laut. »Aber sind sie auch geistreich und romantisch veranlagt?«

Lilli hob die Brauen. Das hatte sie sich noch nie gefragt.

»Wissen Sie was?« Die Katze sprang vom Tisch. »Wir begeben uns auf der Stelle in den Zoo! Dort gibt es gewiss die spritzigsten Exemplare möglicher Verehrer für mich.« Aufgeregt tippelte sie zur Zimmertür. »Kommen Sie! Alle werden sich um mich reißen!«

In diesem Moment betrat Jesahja den Raum. Jesahja Sturmwagner war Lillis bester Freund. Seit ein paar Wochen wohnte er bei ihnen, da seine Eltern für längere Zeit geschäftlich in Brasilien waren. »Morgen«, sagte er freundlich und setzte sich an den Frühstückstisch. Er war frisch geduscht, seine schwarzen Locken glänzten noch feucht, und er sah wie immer umwerfend aus.

Lillis Vater, Lillis Mutter und Oma sagten wie aus einem Mund »Guten Morgen«, während Frau von Schmidt »Der schon wieder!« miaute und Bonsai kläffte: »Hey, Kumpel! Wer lauter schmatzen kann, ja?«

Frau von Schmidt stand wartend an der Tür. »Kommen Sie endlich?«

»Ja … äh, nein. Später!«, vertröstete Lilli die Katze. Sie wollte sich gerade den ersten Löffel Müsli in den Mund schieben, als ihr Handy klingelte. Lilli sah, dass es die Nummer des Zoos war, und ging sofort dran. Sie hatte im Zoo nämlich einen richtigen Job: Nachmittags nach der Schule arbeitete sie dort als Tier-Dolmetscherin und übersetzte für die Pfleger, was die Tiere sagten. Damit hatte sie schon oft helfen können. »Hallo?«, fragte sie nun.

Lilli wurde von Frau Essig-Steinmeiers Stimme begrüßt. »Liliane, es gibt Neuigkeiten«, sagte die Zoodirektorin. »Die Schweinebabys kommen! Wenn ihr bei der Geburt dabei sein wollt, solltet ihr euch sofort auf den Weg machen.«

»Oh! Wir sind schon unterwegs!« Lilli legte auf und erhob sich hastig. »Die Schweine kommen!«

»Ach herrje!«, rief Lillis Vater. »Wir müssen sofort alles verrammeln!«

Lillis Mutter lachte, und Oma Susewind sagte: »Ich glaube, Lilli und Jesahja müssen wohl ganz schnell los.« Zum Glück war heute Sonntag, und sie hatten keine Schule.

»Aber ihr habt ja noch gar nichts gegessen!«, wandte Lillis Vater ein und begann, im Eiltempo Butterbrote zu schmieren.

Lilli und Jesahja liefen zur Garderobe und zogen sich Schuhe und Jacken an.

»Na also, es geht doch!«, rief Frau von Schmidt. »Können wir nun abreisen?«

»Ja«, erwiderte Lilli, während ihr Vater ihr ein eingepacktes Butterbrot in die Jackentasche stopfte. Gleichzeitig ließ sie Bonsai in ihren Rucksack springen, denn wenn die Katze mitkam, kam der Hund natürlich auch mit.

Jesahja verstaute Frau von Schmidt auf die gleiche Weise in seinem Rucksack – so, dass nur noch der Kopf oben herausschaute. Schnell steckte er ein Butterbrot von Lillis Vater ein, und schon stürmten sie aus dem Haus.

Schweineprinz

Als Lilli und Jesahja ihre Fahrräder durch das Gartentor der Susewinds schoben, wartete auf der Straße ein einzelner Paparazzo auf sie. Vor ein paar Wochen hatte hier noch ständig eine ganze Meute von Reportern darauf gelauert, ein Foto von Lilli schießen zu können. Immerhin war sie das Wundermädchen, das mit Tieren sprechen konnte, und eine Zeitlang hatte sich die ganze Welt dafür interessiert. Oft hatten Journalisten versucht, Lilli dazu zu bringen, etwas in ihre Kamera zu sagen. Aber da Lilli das nur ein einziges Mal bei einem Notfall getan hatte, war die Zahl der wartenden Paparazzi stetig geschrumpft. Sie schienen eingesehen zu haben, dass ihr Warten umsonst war. Inzwischen standen meist nur noch ein oder zwei Leute oder manchmal auch niemand mehr vor dem Tor. Nicht nur Lilli war wahnsinnig froh darüber – auch ihre ganze Familie konnte endlich wieder aufatmen.

Sie traten nun kräftig in die Pedale. Lilli wollte nicht zu spät kommen. Eine Geburt war immer etwas ganz Besonderes, außerdem mochte sie die kleine Hängebauchschweinefamilie sehr gern.

Jesahja fuhr neben Lilli. »Vielleicht ist ja auch der neue Arzt da«, sagte er. Der Zoo hatte seit ein paar Tagen einen neuen Tierarzt. Dr. Özgür, der alte Arzt, war in Rente gegangen. Lilli war dem neuen bisher aber noch nicht begegnet.

Sie überlegte. »Wie heißt der neue Arzt noch mal?«

»Schrummfinkel«, antwortete Jesahja. »Dr. Schrummfinkel. Den Namen kann man ja wohl nicht vergessen!«

Lilli grinste.

Wenig später erreichten sie den Zoo, schoben ihre Räder durch das große Eingangsportal und stellten sie ab.

Frau von Schmidt und Bonsai sprangen aus den Rucksäcken. »Erwartungsvoll blicke ich den Dingen entgegen, die sich in kürzester Kürze zutragen werden!«, rief die Katze. »Wer wird es sein? Welcher edelmütige Bewerber wird meine Gunst gewinnen? Die Spannung steigt ins Unermessliche!«

Bonsai hörte sich ihr spitzes Miauen an und fragte: »Schmidti dreht ein bisschen am Rad, oder?«

»Ja, ein bisschen«, bestätigte Lilli und marschierte los. Jesahja, die Katze und der Hund folgten ihr.

Vor dem Flamingo-Gehege blieb Frau von Schmidt jäh stehen. »Oh, sehen Sie! Dort drüben warten ja schon die einbeinigen Geflügelherren auf mich! Sie haben sich alle nebeneinander aufgestellt, damit ich sie mir besser ansehen und einen aussuchen kann. Fabelhaft!«

»Wissen Sie was?«, sagte Lilli im Gehen zu ihr, denn sie hatten keine Zeit, stehen zu bleiben. »Ich glaube, ich habe genau den richtigen Verehrer für Sie. Folgen Sie mir!«

Jesahja blickte sie fragend an.

»Erklär ich dir später«, sagte Lilli zu ihm und fügte murmelnd hinzu: »Ich hoffe, mir wird was einfallen …«

Die Katze setzte sich wieder in Bewegung. »Gut, wenn Sie einen ganz speziellen Verehrer für mich im Kopf haben, dann sollte ich diesen zuerst begutachten«, stimmte sie zu und trabte beschwingt hinter Lilli und den anderen her.

Bald darauf erreichten sie das Gehege der Hängebauchschweine. Dort warteten bereits die Zoodirektorin Frau Essig-Steinmeier und der Pfleger Finn auf sie. Frau Essig-Steinmeier war eine große, hagere Frau mit pfeilgeradem Rücken, die wegen ihres nachdrücklichen Fingerschnippens und ihrer energischen Anweisungen von den Tierpflegern nur Oberst Essig genannt wurde. Die Direktorin wusste das und hatte nichts dagegen, denn trotz ihres bestimmten Auftretens war sie einfach absolut in Ordnung.

Finn Landmann war ebenfalls jemand, auf den Lilli sich immer hundertprozentig verlassen konnte. Er war neunzehn Jahre alt und noch Auszubildender. Frau Essig-Steinmeier nannte ihn dennoch ihren »besten Pfleger«, denn niemand liebte die Tiere mehr als er. Finn hatte lange, hellbraune Haare, die er meistens zu einem Pferdeschwanz zusammenband. Er begrüßte Jesahja und Lilli mit Handschlag.

»Ah, Liliane!«, rief Frau Essig-Steinmeier. »Jesahja, Bonsai, Frau von Schmidt«, fügte sie hinzu und nickte jedem kurz zu. »Die Schweinebabys sind schon da.«

»Oh.« Lilli ließ enttäuscht die Schultern sinken. Sie hatten die Geburt verpasst. Als Frau Essig-Steinmeier jedoch zur Seite trat und den Blick auf den offenen Verschlag der Hängebauchschweine freigab, musste Lilli augenblicklich lächeln. Im Stroh lag die Sau Narzissia, genannt Sissi. An den Zitzen ihres mächtigen Bauchs nuckelten zehn süße Ferkel.

»Ui, das sind aber ganz schön viele!«, wuffte Bonsai. »Trinken die die nicht leer?«

»Scht!«, machte Lilli und legte den Finger auf die Lippen. Diese Ferkel waren gerade erst auf der Welt angekommen.

»Sissi hat das wirklich super gemacht«, lobte Finn leise. »Sie hat sich gleich ganz liebevoll um die Kleinen gekümmert.«

Frau Essig-Steinmeier sah das genauso. »Unsere Sissi ist die Beste.«

»Die Ferkel sind allesamt gesund«, sagte plötzlich eine Männerstimme. Lilli fuhr herum. Hinter ihnen näherte sich ein Mann, den sie nicht kannte. Offenbar hatte er sich gerade am Wasserhahn an der Ecke die Hände gewaschen. »Schrummfinkel«, stellte er sich vor, als er sie erreichte. »Ich bin der neue Tierarzt. Und du bist bestimmt die berühmte Liliane Susewind?«

Lilli zuckte. »Nein! Ich meine … äh, ja. Ich bin Liliane Susewind. Aber ich bin nicht berühmt.«

»Doch«, bemerkte Jesahja.

»Sehr sogar«, ergänzte Finn.

Lilli spürte, dass sie rot wurde.

Dr. Schrummfinkel machte eine abwiegelnde Handbewegung. »Ist ja egal«, sagte er lächelnd. »Ich hoffe jedenfalls, dass wir gut zusammenarbeiten werden.«

»Ja …«, erwiderte Lilli scheu. Sie wusste in solchen Situationen nie, was sie sagen sollte. »Schön … dass Sie da sind.«

Dr. Schrummfinkel lachte. »Schön, dass du da bist! Du wirst mir meine Arbeit garantiert sehr erleichtern, denn du kannst mir immer sagen, wo es den Tieren wehtut. Das ist ein richtiger Tierarzt-Traum!« Er lachte noch einmal. »Und wenn einem Tier nur langweilig ist, denken wir uns zusammen etwas aus, um ein bisschen Spaß in den Zooalltag zu bringen, ja?«

»Okay!« Lilli fand, dass das eine sehr gute Idee war, denn viele Tiere im Zoo quälte oft die Langeweile.

»Wo ist denn nun mein Verehrer?«, ließ sich Frau von Schmidt vernehmen.

Oh, die Katze hatte Lilli ja ganz vergessen!

Frau von Schmidt sah alles andere als glücklich aus. »Kommt er noch?«

»Ja, er ist bestimmt gleich da«, antwortete Lilli ausweichend. Sie wollte jetzt erst einmal zu Sissi und den Ferkeln. Sie huschte hinüber und setzte sich neben sie ins Stroh. »Hallo, meine Schöne«, flüsterte sie der Schweinemama zu und streichelte sie behutsam, während sie hörte, wie Dr. Schrummfinkel Frau Essig-Steinmeier zuraunte: »Sie hat gerade mit der Katze und der Sau gesprochen, oder? Faszinierend.«

Sissi rieb ihren Kopf an Lillis Bein. »Sie werden alle satt, oder?«, fragte sie und blickte auf ihre Ferkel.

»Du musst dir keine Sorgen machen«, versicherte ihr Lilli. »Du hast zehn gesunde Babys, die bestimmt alle genug zu trinken bekommen.«

Sissi schnaufte zufrieden.

Da watschelte der Eber der Gruppe heran. Sein Name war Hortensius, und er wurde Hottie genannt. Er war ein wahrer Prachtkerl von einem Hängebauchschwein, mit eingedrücktem Gesicht, speckiger Haut und einem Bauch, der so tief hing, dass er über den Boden schleifte.

Hottie blieb vor dem Verschlag stehen und grunzte stolz: »Das sind alles meine Kinder!«

»Ja, sie sind toll!«, lobte Lilli.

Eine aufgeregte Katzenstimme erklang. »Ist er das? Ist das mein Verehrer?« Frau von Schmidt eilte näher. »Oh, Madame von Susewind!«, stieß sie ergriffen hervor, als sie Hottie aus der Nähe sah. »Das ist er! Das ist mein Prinz der Unwiderstehlichkeit! Oh, oh, oh! Ich bin entzückt. Nein, entflammt!« Sie kam dichter an Hottie heran, der sie seinerseits misstrauisch beäugte. »Etwas derart Bombastisches habe ich noch nie gesehen!« Die Katze starrte auf Hotties schleifenden Hängebauch.

Argwöhnisch trat Hottie einen Schritt zur Seite, während Bonsai bellte: »Mein lieber Scholli! Mit der Wampe kann der Typ Schmidti ja plattmachen!«

»Was haben Sie nur für einen guten Geschmack, Madame von Susewind!«, gurrte die Katze beglückt. »Sie haben mir genau den Richtigen ausgesucht!« Sie baute sich in ihrer ganzen Pracht vor dem Eber auf. »Hiermit ernenne ich Euch zu meinem furiosen Bewunderer. Ihr dürft mich nun umwerben und mir in fulminantem Stil den Hof machen.«