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Lililu ist ein daumengroßes, blaues Wesen vom Planeten Trobit, das eines Tages bei der elfjährigen Christina auftaucht. Obwohl Lililu Wissen über die Menschen mitbringt, bleibt ihr unser Verhalten ein Rätsel. Es beginnt eine spannende Zeit, voller kleiner und großer Abenteuer, bei denen Christina bewusst wird, dass die wenigsten Dinge auf der Erde so sind, wie sie auf dem ersten Blick erscheinen und Kinder zum Glück viel mehr verändern können, als sie glauben. "Lililu" greift die Träume, Wünsche, Fragen, Zweifel und Ängste von Kindern, aber auch Erwachsenen auf. Kindgerecht zeigt es die Schwächen und Problematiken unserer Gesellschaftsform auf und regt anhand vieler Beispiele an, "Wahrheiten" zu hinterfragen, alte Sichtweisen zu ver-rücken und ein neues, bewussteres Handeln auszuprobieren.
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Seitenzahl: 141
Veröffentlichungsjahr: 2021
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Lililu ist ein daumengroßes, blaues Wesen vom Planeten Trobit, das eines Tages bei der elfjährigen Christina auftaucht. Obwohl Lililu Wissen über die Menschen mitbringt, bleibt ihr unser Verhalten ein Rätsel. Es beginnt eine spannende Zeit, voller kleiner und großer Abenteuer, bei denen Christina bewusst wird, dass die wenigsten Dinge auf der Erde so sind, wie sie auf dem ersten Blick erscheinen und Kinder zum Glück viel mehr verändern können, als sie glauben.
„Lililu“ greift die Träume, Wünsche, Fragen, Zweifel und Ängste von Kindern, aber auch Erwachsenen auf. Kindgerecht zeigt es die Schwächen und Problematiken unserer Gesellschaftsform auf und regt anhand vieler Beispiele an, „Wahrheiten“ zu hinterfragen, alte Sichtweisen zu ver-rücken und ein neues, bewussteres Handeln auszuprobieren.
Miriam Völling wurde 1976 in Wuppertal geboren und lebte an verschiedenen Ortne der Welt, bevor sie 2005 nach Mallorca zog, wo sie als Coach und Energetische Familienaufstellerin arbeitet.
Das Originalmanuskript zu „Lililu“ schrieb sie bereits mit 12 Jahren, denn schon damals hinterfragte sie die Dinge - und wie heute gab sie sich nie mit der ersten Antwort zufrieden.
Für meine geliebte Tochter Sara Anais.
»Es gibt Geschichten, die müssen einfach zu einem bestimmten Zeitpunkt erzählt werden.«
Lililu's Ankunft auf der Erde
Familienleben
Glücklich sein
Das Leben auf Trobit
Krankheiten und ihre Bedeutung
Existiert Gott?
Warum Menschen weinen
Die Bedeutung von Träumen
Zu Besuch bei Oma und Opa
Der perfekte Mensch
Das Wichtigste auf der Welt: Freundschaft
Im Zirkus
Wie Telepathie funktioniert
Epilog
Über mich
Hallo, ich bin Christina. Nächsten Monat werde ich zwölf Jahre alt. Endlich, ich kann es kaum erwarten! Aber das ist nicht der Grund, warum ich dieses Buch geschrieben habe. Der Grund ist, dass vor fünf Monaten etwas passiert ist, das mein Leben heftig umgekrempelt hat. Außerordentlich heftig sogar. Doch halt, ich will ganz von vorne beginnen, an dem Tag, als Lililu auf die Erde kam:
Es war wieder mal so ein richtig stinklangweiliger Schultag. Ein Mittwoch. Zusammengesunken hockte ich auf dem harten Stuhl vor meinem Tisch und blickte sehnsüchtig aus dem Fenster. Es war ein herbstlicher Oktobertag und überall lagen bunte Blätter auf dem Boden. Allein beim Gedanken, wie ich gleich durch das trockene, raschelnde Laub schlendern würde, zuckten meine Füße unruhig. Verträumt beobachtete ich die Bäume, wie sie sich vergnügt im Wind bogen, während ihre noch verbliebenen Blätter in unzähligen Farbkombinationen leuchteten. Was für eine herrliche Farbenpracht.
Ein lauter Seufzer quetschte sich durch meine geschlossenen Lippen. Herrje, wie mich der Kunstunterricht heute langweilte. Viel lieber wollte ich frei und vergnügt wie ein Reh durch den Wald jagen. Schade, dass meine Freundin Sarah heute krank war, so würde ich mich nachher alleine vergnügen müssen.
„Christina, würdest du bitte deine Wollproben fertig aufzeichnen?“, ermahnte mich Frau Kesslers und riss mich mit ihrer energischen Stimme aus meinen Tag-Träumen. Ein erneuter Seufzer entfuhr mir. Unsere heutige Aufgabe bestand darin, verschiedene Woll- und Garnarten unter dem Mikroskop zu betrachten und das, was wir dann sahen, auf einem Blatt Papier aufzuzeichnen. Strukturanalyse nannte das Frau Kessler, unsere Kunstlehrerin. Genervt wand ich mich also wieder meiner Wolle zu. Doch was war das? Verwundert rieb ich meine Augen. Nein, ganz sicher war ich soeben eingeschlafen und träumte nun wirklich. Kräftig blinzelte ich mit meinen langen Wimpern, doch es verschwand einfach nicht. Auch ein so heftiges Kopfschütteln, dass meine langen, blonden Haare nur so flogen, brachte nicht den erwünschten Erfolg. Fassungslos starrte ich auf das weiße, vor mir auf dem Tisch liegende Wollknäuel. Jetzt legte es doch tatsächlich den Kopf schief und grinste mich freundlich an! Freundlich? Doch, es sah freundlich aus. Nicht das Wollknäuel, nein, aber ... Ein letzter Versuch, indem ich mir kräftig mit beiden Handballen über die Augen rieb, einmal, zweimal, dreimal, das konnte doch nicht wirklich wahr sein. Vor mir, auf dem besagten Wollknäuel, stand ein kleines, blaues, nur daumengroßes, aber ansonsten menschlich aussehendes Wesen. Und es bewegte sich. Winkte mir in diesem Augenblick sogar zu! Es hatte eine kräftige blaue Hautfarbe, einen dichten, schwarzen Lockenkopf und trug nichts weiter als eine blauweiß-gestreifte kurze Hose. Also so was.
„Hallo, du Wesen des blauen Planeten.“
„Bitte?“, erschrocken guckte ich mich um, doch anscheinend hatte es gerade zum Ende des Unterrichts gegongt, denn alle anderen aus meiner Klasse waren bereits aufgesprungen und drängten nun, mit eilig gepackten Schultaschen, laut diskutierend und sich verabredend Richtung Türe.
„Ich sagte 'Hallo", wiederholte eine hell klingende Stimme in meinem Kopf. Verdutzt sah ich auf das Wesen vor mir hinab.
Schnell sah ich über die Schulter, ob mich auch ja keiner der davon Eilenden beobachtete, bevor ich der beweglichen Figur versuchsweise und mit gerunzelter Stirn antwortete. „Hast du mit mir gesprochen?“
„Ja, mit wem sonst?“
Ich sah mich um. Stimmt. Alle anderen waren mittlerweile gegangen. Sogar Frau Kessler war weg. „Träum ich?“, fragte ich flüsternd.
„Hm“, das Wesen zog eine freundlich grinsende Schnute, „wohl kaum, aber bitte lass’ uns das draußen klären und nicht hier, in diesem echt heftig nach Klebstoff riechenden Raum.“
Keine zehn Minuten später saßen wir im großen Stadtpark auf meinem Lieblingsplatz, einem dicken Ast, der versteckt, inmitten einer kleinen Ansammlung von Bäumen, nur mir gehörte. Wenn ich hier oben saß, konnte ich die Menschen und Tiere beobachten, ohne dabei selber gesehen zu werden. Ich verbrachte viele Nachmittage hier, erledigte sogar meine Hausaufgaben in der luftigen Höhe. Doch heute war alles anders. Heute lag kein Mathebuch oder Ähnliches vor mir. Diesmal war es ein kleines quietschblaues Wesen!
„Wer bist du?“, fragte ich ungläubig, „und woher kommst du?“, versuchte ich in Erfahrung zu bringen. Ich war absolut davon überzeugt, dass ich vor Langeweile im Unterricht eingeschlafen war und das alles hier nur träumte.
„Man gab mir auf Trobit den Namen Lililu.“ Leise vor sich hin kichernd setzte sich das blaue Wesen im Schneidersitz vor mich hin.
„Lililu? Auf Trobit?“ Ich überlegte. „Ich bin Tinchen“, stellte ich mich vor. „Eigentlich heiße ich Christina Victoria, aber die meisten nennen mich nur Tinchen.“ Vorsichtig reichte ich Lililu zur Begrüßung meinen kleinen Finger.
Sanft berührten ihre winzigen Hände meine Fingerkuppe. Ich erschauderte. Was, wenn dies gar kein Traum, sondern tatsächlich Realität war?
Ich versuchte Klarheit zu gewinnen: „Lililu, ich verstehe das nicht Ich kenne kein Trobit. Was ist das, etwa ein anderer Stern?" Vor Schreck lief es mir eiskalt den Rücken hinunter, während mir gleichzeitig am ganzen Körper der Schweiß ausbrach. „Lililu, du bist doch kein Außerirdischer, oder?"
„Was, wenn doch?", kam es keck zurück.
„Ups, ich glaube, äh ...", mir wollten einfach nicht die richtigen Worte einfallen. „Dann kann es dich nicht geben, weil ich einfach nur träume!", platzte ich schließlich heraus.
Lililu lachte. Es war ein schönes Lachen. Hell und rein, wie ein Glockenspiel in der Weihnachtszeit. „Siehst doch, dass es mich gibt. Ich könnte ja auch fragen, wieso es dich gibt, oder? Ist doch genau so unwahrscheinlich!“
„Genau so unwahrscheinlich? Nun mach mal einen Punkt!“ Ich war empört. „Schließlich bist du hier auf der Erde. Und auf der Erde ist es normal, dass es uns Menschen gibt“
„Normal?" Lililu strich sich drei schwarze Locken aus der Stirn. Allerdings erfolglos, da sie gleich wieder zurückfielen. „Tinchen, merk dir eins: „Normal” gibt es nicht. Das ist nur ein Wort, von dem sich die Erwachsenen auf deinem blauen Planeten Sicherheit versprechen. Solange etwas „normal“ ist, brauchen sie sich keine Sorgen machen. Solange etwas „normal“ ist, müssen sie es oder sich nicht verändern. Und das fühlt sich für die meisten Menschen gut an.“
Geplättet schwieg ich. Lililu war allem Anschein nach nicht nur Wirklichkeit, sondern außerdem auch höchst intelligent. Es schien mir, als sei das gerade der spannendste Tag in meinem Leben. Ich beschloss, meinen Unglauben an diese verrückte und total absurde Situation, die gar nicht wahr sein konnte, erst einmal beiseitezuschieben und bombardierte Lililu mit meinen Fragen: „Wo befindet sich dieses Trobit? Ist es ein Planet? Kann ich ihn, wenn es dunkel ist, mit bloßem Auge von der Erde aus erkennen? Und warum bist du hier, Lililu?“ Ich beugte mich noch ein kleines bisschen weiter vor, um die blaue Gestalt besser in Augenschein nehmen zu können. „Was bist du? Bist du ein Mädchen oder ein Junge? Seid ihr Mini-Menschen und bleibt so klein, oder wächst du noch?“
„Eine Menge Fragen“, stellte Lililu fest. „Trobit ist ein Planet, der rein landschaftlich der Erde gar nicht mal so unähnlich ist. Warum ich hier bin ...“, auf einmal sah mich das blaue Wesen sehr ernst, ja, irgendwie sogar traurig an. „Das ist eine lange Geschichte“, begann Lililu ausweichend, „ich glaube, ich war zu neugierig... und zu ungeduldig.“ Mit einem Satz sprang das zierliche Wesen auf und trat zwei Schritte nach rechts, wo gerade zielstrebig eine Ameise entlang marschiert kam. Lililu schien das Tierchen etwas zu fragen, was ich jedoch nicht hören konnte. Weder mit meinen Ohren, noch in meinem Kopf. Dennoch blieb die Ameise stehen und wackelte als Antwort mit ihren Fühlern. Lililu begann, den Kopf der Ameise zu kraueln, bevor sie entspannt zu mir hochsah. „Ich bin ein Dibiriener und wir unterscheiden uns nicht. Sind also weder männlich noch weiblich. Folglich habe ich auch keine Mutter oder einen Vater, in dem Sinne, wie du es gewohnt bist.“
Lililu lächelte. Sie schien tief in angenehme Gedanken versunken zu sein. Sie? Ja, ich beschloss einfach, sie als weiblich anzusehen, auch wenn sie ihrer eigenen Aussage nach von neutralem Geschlecht war. Sie deshalb „es“ zu nennen, nein, das kam überhaupt nicht in Frage. Sie war doch keine Sache, sondern äußerst lebendig und abgesehen von ihrer Größe und Farbe ein Mensch wie jeder andere auch. Na ja, mehr oder weniger auf jeden Fall. „Wie bist du denn dann geboren worden?“, ging ich der Sache auf den Grund.
„Geboren?“ Lililu schien irritiert. „Ah, du meinst, wie ich entstanden bin. Ganz einfach“, klärte sie mich, quirlig von einem Bein auf das andere hüpfend, auf: „Dort wo ich herkomme, leben wir in großen Gemeinschaften, die bis zu zweihundert Dibiriener umfassen. Jeden Sommer pflücken die zehn ältesten Dibiriener beim Aufgang des höchsten Vollmondes je ein winziges Blättchen der Pflanze Rullusrullar, das dann gehäutet und zusammen mit der vorhandenen Feuchtigkeit im Mund, etwas gekaut und zu einer Kugel geformt, ganz hinten in der Mundhöhle versteckt wird. Dazu essen die zehn Ältesten noch ganz besondere Pollen und Grassamen, die nur sie kennen. Nach vierzehn Sonnenuntergängen fangen die immer dicker gewordenen Kugeln im Mund an zu blubbern und werden von ihren Beschützern in die leere Hülle der Kebana-Erbse gelegt. Und nach nur zehn weiteren Sonnenaufgängen sind wir dann in der Lage, auch ohne schützende Hülle zu leben. Dibiriener - von der Größe einer Erbse.“
„Cool!“ Ich schwieg eine Zeitlang, zu verblüfft, um weitere Fragen stellen zu können, bis Lililu's Stimme erneut in meinem Kopf erklang und mich so aus meinen Gedanken riss: „Wenn wir Dibiriener ausgewachsen sind, haben wir nach eurer Maßeinheit eine Größe von genau sechs Komma drei Zentimeter. Ich bin jetzt knapp vier Zentimeter hoch. Wachse also noch.“
Wow“, staunte ich, und stellte verwundert fest, dass dieses kluge Wesen ja dann noch ein Kind sein musste. Wahrscheinlichetwas älter als ich, also jugendlich. „Wie alt bist du jetzt? Und wie alt werdet ihr überhaupt, so im Durchschnitt?“, wollte ich wissen. Gebannt sah ich Lililu zu, wie sie sich stillschweigend von der Ameise verabschiedete und wieder hinsetzte.
„Das kann ich dir nicht beantworten“, wurde ich enttäuscht. „Wir hören irgendwann auf zu wachsen, aber wir machen uns keine Gedanken darüber, wie alt wir dann sind. Wir könnten, so wir ihr, zählen, wie viele Sonnenaufgänge vergangen sind, seit wir aus der Kebana-Erbsenhülle gekrochen sind – aber wozu? Was bringt es uns? Wozu muss ich wissen, wie alt ich bin?“
Das war eine berechtigte Frage. Ja, wozu eigentlich? „Um zu wissen, wann du Geburtstag hast, zum Beispiel“, fiel mir als erstes ein. „Um zu wissen, wann man endlich erwachsen ist. Und um zu wissen, ob man alt genug ist, um zu sterben. Oder ob jemand zu jung war. So wie der kleine Felix, der letzten Sommer von einem Auto überfahren wurde. Der war noch viel zu jung. Er war nämlich erst dreieinhalb Jahre.“
Ja, das war wohl die richtige Antwort, dachte ich mir. Doch Lililu schüttelte langsam ihren Kopf. „Jeder Tag, an dem es dich gibt, ist ein Tag zum Feiern. Für dich und auch für die Gemeinschaft. Erwachsen sein, was heißt das? Es ist doch unsinnig zu sagen, nach einer bestimmten Anzahl von Sonnenaufgängen ist jemand erwachsen. Was verändert sich dadurch? Bei euch ist damit von heute auf morgen so vieles anders. Ihr nennt es: Rechte und Pflichten haben. Kindsein ist zum Spielen und Erwachsensein zum Arbeiten da.“ Lililu hielt ihre kleinen blauen Handflächen fragend nach oben gerichtet. „Wieso lachen die Menschen, wenn sich einer ihrer Gemeinschaft nach 1277 erlebten Sonnenaufgängen vergnügt und nackt in das bunte Laub schmeißt – aber sperren ihn in eine Psychiatrie, wenn er nach 16.425 Sonnenaufgängen, ihr nennt es fünfundvierzig Jahre alt sein, das gleiche macht?“
Ratlos zuckte ich mit meinen Schultern. Erwachsene haben sich eben anständig zu benehmen, dachte ich, aber sprach es nicht aus. Diese Antwort hätte Lililu ganz bestimmt nicht akzeptiert.
„Tinchen, wie alt bist du in eurer Zeitrechnung?“, erklang Lililu's Stimme fragend in meinem Kopf.
„Elf", antwortete ich wahrheitsgemäß, jedoch zum ersten Mal, ohne dass dabei ein Laut über meine Lippen kam.
„Elf", wiederholte Lililu.
Ich klappte erstaunt meinen Mund auf. Lililu konnte mich tatsächlich hören, ohne dass ich laut gesprochen hatte! Mir fielen vor Staunen fast die Augen aus dem Kopf.
Lililu grinste von einem Ohr zum anderen. Sie genoss meine Überraschung sichtlich. Doch schnell wurde sie wieder ernst: „Elf Jahre, das heißt bei euch, du bist noch zu jung, um zu sterben, oder?", forderte sie mich heraus.
„Richtig", nickte ich. Sterben, das lag noch in sehr, sehr weiter Ferne.
„Warum richtig?“, bohrte Lililu nach. „Wer von euch kann feststellen, ob man zu jung oder alt genug zum Sterben ist? Jeder hat seine vorherbestimmte Aufenthaltszeit, wenn er in eine Gemeinschaft geht. Egal, ob er auf dem blauen Planeten namens Erde aus einem Bauch flutscht, aus einem Ei schlüpft oder auf Trobit aus einer Kebana-Erbsenhülle herausgekrabbelt kommt. Und wenn diese Zeit vorbei ist, reist er auf einen der vielen anderen Planeten oder sogar in andere Dimensionen, wo die Seele ganz ohne Körper leben kann." Lililu streckte ihre Hände gen Himmel: „Christina, warum seid ihr immer so traurig, wenn einer aus eurer Gemeinschaft weiterreist? Wieso freut ihr euch nicht mit ihm? Es ist nicht besonders klug zu sagen, er hat es noch nicht verdient zu sterben. Doch, er hat es sich verdient! Er hat seine Aufgabe auf der Erde in diesem Moment fertig erledigt.“ Lililu sah mich ernst an. „Das Leben auf eurem Planeten ist nicht besonders schön. Das Leben auf anderen Planeten ist fast immer mit weniger Leid und Schmerzen, dafür aber mit sehr viel mehr Weisheit und Freude verbunden. Ihr solltet froh sein, wenn jemand Weiterreisen darf.“
In meinem Kopf begann sich alles zu drehen. Unendlich viele Fragen lagen mir auf der Zunge, doch Lililu's Antworten verwirrten mich. Auf Anhieb klangen sie alle furchtbar logisch und vernünftig. Dennoch warfen sie alles um, was ich bislang für logisch und selbstverständlich angesehen hatte. Es entstand eine lange Pause zwischen uns, in der ich versuchte, etwas Ordnung in das Gehörte zu bringen. Das mit den verschiedenen Planeten und Dimensionen machte mir am meisten zu schaffen.
„Lililu, angenommen, es gibt dich wirklich“, fragte ich nach, „warum seid ihr und Trobit dann noch nie entdeckt worden?“
„Du zweifelst noch immer an deiner Wahrnehmung, nicht wahr?“, brachte Lililu meine Frage mit schief gelegtem Kopf auf den Punkt. „Es kann dich nicht geben, ich muss mir das einbilden. Alle sagen, dass ich zu viel Fantasie hätte“, rechtfertigte ich mich und hoffte zugleich, inständig, dass Lililu sich nicht augenblicklich mit einem lauten Knall in Luft auflösen würde.
„Du siehst mich. Was gibt es da noch zu zweifeln?“
Ich verschränkte schützend meine Arme vor dem Brustkorb: „Dann erklär mir doch mal, warum du ausgerechnet bei mir gelandet bist, wo dein Ufo steht und warum ich dich nur in meinem Kopf höre, beziehungsweise, warum wir uns überhaupt verstehen“, forderte ich sie leicht gereizt heraus. „Wir müssten doch eigentlich zwei total verschiedene Sprachen sprechen.“
„Wir unterhalten uns von Kopf zu Kopf, weil man sich dadurch verständigen kann, ohne die Sprache des anderen erst mühsam lernen zu müssen. Es heißt bei euch Telepathie, also Gedankenübertragung“, enthüllte Lililu mir das Unverständliche. „Mit einem Ufo kann ich dir leider nicht dienen, da ich direkt von meinem Planeten auf deinem gelandet bin und warum ausgerechnet bei dir, das werden wir schon noch herausfinden!"
Ohne Ufo? Ich protestierte: „Gedankenübertragung in der gleichen Sprache, kein Ufo ... so’n Quatsch! Ich glaube einfach nicht, dass das hier wahr ist!"