Linas und das Wundertuch - Stefan Langenbach - E-Book

Linas und das Wundertuch E-Book

Stefan Langenbach

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Beschreibung

Linas hat nur einen Wunsch, von dem er nachts immer träumt. Bis eines Tages auf dem Heimweg von der Schule sein Traum in Erfüllung geht. In einem Gebüsch entdeckt er das Wundertuch Pelle. Sie schließen Freundschaft und Pelle verspricht Linas, ihm einen Sommer lang all seine Wünsche zu erfüllen. Ein Abenteuer beginnt..

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Seitenzahl: 149

Veröffentlichungsjahr: 2023

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„Linas, du musst aufstehen, die Schule fängt in einer Stunde an!“. Seine Mutter stand im Flur, hatte seine Zimmertür einen Spalt geöffnet und sah das Chaos auf dem Fußboden von Linas Zimmer. Überall lagen Holzklötze verteilt, eine kleine Giraffe aus Holz, nein ein ganzer Zoo von Tieren mittendrin. Linas hatte am Abend zuvor noch Besuch von seinem Freund gehabt und sie haben zusammen gespielt.

Linas wälzte sich in seinem Bett umher, denn er wollte so gar nicht aufstehen.

„Mama, glaubst Du eigentlich an Wundertücher?“. Ein Bein von Linas berührte bereits den Fußboden, während er den Blick zu seiner Mutter suchte.

Dann schrie er plötzlich laut auf. „Autsch!“ und bemerkte, dass er auf einen Elefanten getreten ist, der genau am Bettrand zwischen all den Bauklötzen lag.

Wieder hörte Linas, wie seine Mutter rief „Linas, du musst jetzt aufstehen, heute habt ihr doch euren Stuhlkreis in der Schule.“

Linas stand mittlerweile mit beiden Füßen in seinen Bauklötzen und suchte sich einen sicheren Weg aus dem ganzen Chaos auf seinem Boden in den Flur, wo seine Mutter mit ermahnendem Blick bereits auf ihn wartete.

Heute ist der erste Tag nach den großen Ferien und Linas und seine Mitschüler treffen sich dann immer zu einem Stuhlkreis in der ersten Stunde, um sich zu erzählen, was man in den Ferien erlebt hatte.

„Mama“, wiederholte Linas,“ wusstest Du, dass es Wundertücher gibt?“.

Seine Mutter schaute ihn etwas fragend an:“ Wie kommst du denn darauf. Wir müssen uns beeilen. Du bist schon spät dran.“

„Ich habe heute Nacht davon geträumt. Es kann fliegen, und wenn man daran reibt, versprüht es kleine Sterne, und man kann sich etwas wünschen.“ Und während er ganz stolz auf die Reaktion von seiner Mutter wartete, kletterte er in seine Hose, zog seinen grünen Pulli über und schlüpfte in seine Schuhe. Dann bückte er sich, um sich die Schuhe zu binden und dachte sich, wie schön es doch wäre, wenn er sich vom Wundertuch wünschen könnte, sich nie wieder die Schuhe binden zu müssen.

„Du kannst ja im Stuhlkreis erzählen, wie es bei Oma und Opa auf dem Bauernhof war.“, lenkte seine Mutter ein und versuchte so, von seinem Traum abzulenken. Denn Linas trödelte etwas herum. Dabei war es längst an der Zeit.

Nun klingelte es auch schon an der Tür. Das musste Paul sein. Paul klingelte jeden Morgen bei Linas, um ihn abzuholen.

Linas Mutter öffnete die Tür und schaute in das Sommersprossengesicht von Paul.

„Linas ist gleich fertig. Er muss nur noch seinen Schulranzen holen, dann könnt ihr loslaufen.“

Paul nickte, und trat in den Flur.

„Wenn Du heute Mittag zurückkommst, musst Du erst mal Dein Spielzeug vom Boden aufheben.“

Doch Linas hörte gar nicht so richtig zu, denn er war viel zu sehr mit seinem Traum beschäftigt.

„Paul, ich habe heute Nacht von einem Wundertuch geträumt. Es kann Wünsche erfüllen, es leuchtet und versprüht Sterne, wenn man daran reibt.“.

Und wie er so davon erzählte, zog Linas ihn aus dem Flur, winkte seiner Mutter zu und machte sich mit Paul auf den Weg zur Schule.

Die Sonne schien den beiden ins Gesicht, während sie den Weg entlang schlenderten. Paul zog Linas am Arm hinter sich her.

„Ein Wundertuch, ein Wundertuch…“, summte Linas vor sich her, und malte sich in seinen Gedanken aus, was man sich mit so einem Wundertuch alles wünschen könnte.

„Es gibt keine Wundertücher“, erwiderte Paul und streckte seine Zunge dabei in den Himmel.

Linas blieb stehen“ Aber ich habe es in meinem Traum gesehen. Es konnte zaubern, hat Bäume zum Sprechen gebracht und immer ganz viele Sterne versprüht!“

„Du spinnst!“. Paul und zog etwas kräftiger am Arm von Linas. Denn sie waren schon spät dran.

Es waren zum Glück nur noch einige Meter, die Glocke zum Unterrichtsbeginn läutete bereits, als die beiden gerade um die Ecke kamen.

Im Flur der Schule warteten bereits die anderen Kinder aus ihrer Klasse und waren noch damit beschäftigt, ihre Jacken an die Kleiderhaken zu hängen. Über jedem Kleiderhaken war mit Holzbuchstaben der Name der einzelnen Klassenkameraden geschrieben.

Linas und Pauls Haken waren nebeneinander. Das hatten sie sich bei ihrer Einschulung vor 2 Jahren gewünscht, weil sie von Beginn an gute Freunde waren.

Kaum saßen alle auf ihrem Stuhl, da kam Frau Pumpa in den Klassenraum. Frau Pumpa war sehr beliebt, hatte immer ganz bunte Socken an und ihre Brille war immer so auf der Nase platziert, dass sie mit den Augen über die Gläser hinweg schauen konnte.

Alle in der Klasse warteten nur darauf, dass ihr irgendwann die Brille von der Nase fiel.

„Guten Morgen liebe Kinder“, rief sie mit ihrer piepsigen Stimme in den Klassenraum.

„Heute wollen wir den Unterricht, wie jedes Jahr nach den großen Ferien, mit einem Stuhlkreis beginnen und erzählen, wie wir unsere Ferien verbracht haben.“

Sie lief in den hinteren Teil des Klassenzimmers und stellte mit den dort an der Wand platzierten Stühlen einen Kreis zusammen. Genau 8 Stühle mussten es sein. So viele Kinder waren sie.

Da gab es also Linas, Paul, Anette, Carl, Vincent, Laura, Saskia, Benjamin und ja natürlich, es musste ein neunter Stuhl her, denn Fr. Pumpa musste ja schließlich auch im Kreis mit sitzen.

Fr. Pumpa erklärte jedes Jahr in dieser Runde, dass es wichtig sei, sich gegenseitig von den Ferien zu erzählen. Schließlich hat man sich mehrere Wochen nicht gesehen und wollte nun mit Spannung erfahren, was jeder einzelne erlebt hat.

„Ich habe eine Katze geschenkt bekommen.“ Saskia hampelte auf ihrem Stuhl herum, während sie von ihrem neuen Haustier erzählte.

Fr. Pumpa räusperte sich. „Das ist ja schön, und hat sie denn schon einen Namen?“.

„Sie heißt Timpel“. Sie spielte dabei an ihren roten Zöpfen, für die sie hin und wieder gehänselt wurde.

Plötzlich gab es einen lauten Schlag und Paul fiel vor Lachen vom Stuhl. Er kippelte immer mit dem Stuhl und es war nicht das erste Mal, dass ihm das passierte.

„Was ist denn das für ein Name“, frotzelte er, während er sich vom Boden erhob und sich dabei an seinem Stuhl festhielt.

Saskia sprang auf und erklärte mit erhobenem Finger. „Meine Katze tippelt immer mit ihren Pfoten durch Wasserpfützen. Und normalerweise mögen Katzen nicht ins Wasser. Sie ist etwas Besonderes!“ Mit einem Seufzer ließ sie sich zurück auf ihren Stuhl fallen.

Der Reihe nach erzählten sich die Kinder von Ferien auf dem Bauernhof. Benjamin war mit seinen Eltern in Frankreich, und Anette verbrachte ihre Ferien bei ihrem Onkel in den Bergen. Carl und Vincent liebten es mit ihrer Familie mit dem Zug ans Meer zu fahren. „Eine Zugfahrt, die ist lustig!“, sang Vincent und klatschte dabei in die Hände.

Linas streckte seine Hand in die Höhe und posaunte in die Runde:“ Und ich habe von einem Wundertuch geträumt. Es erfüllt Wünsche und versprüht Sterne!“. Kaum ausgesprochen verdrehte Paul die Augen. Er glaubt nicht an ein Wundertuch.

Saskia hingegen schaute Linas an und zeigte ihm ihren rechten Daumen. „Das wäre doch wunderbar, wenn man sich alles wünschen könnte.“

Insgeheim würde sie sich wünschen, nicht mehr gehänselt zu werden wegen ihrer Zöpfe.

Fr. Pumpa stand auf, rückte ihren Stuhl zur Seite und ging vor zur Kreidetafel.

„So, nun haben wir genug von den Ferien erzählt. Es wird nun an der Zeit, dass wir uns auf unsere Deutschaufgaben konzentrieren.

Sie lernten gerade Aufgaben, wie man Sätze bildet, wann ein Komma gesetzt wird und so weiter.

Aber Linas hörte gar nicht richtig zu. Er schaute aus dem Fenster und träumte von seinem Wundertuch.

Was kann man wohl alles damit machen.

Es könnte vielleicht die Zeit anhalten, damit die großen Ferien im Sommer nicht so schnell zu Ende gingen. Oder vielleicht Bäume sprechen lassen, um sie zu fragen, was sie denn so den ganzen Tag denken.

Er wusste, im Moormerland gibt es ganz viele große Bäume. Sie stehen dicht hintereinander, links wie rechts. Und oft führten in der Mitte Wege durch das Moormerland.

Wenn es im Sommer regnete, und die Bäume hatten ganz viele Blätter, wurde man nicht nass auf diesen Wegen. Die Blätter fingen die Regentropfen auf.

„Linas, hörst du mir überhaupt zu?“ Frau Pumpa stand plötzlich neben ihm und legte ihre Hand auf seine Schulter. Sie ging immer sehr liebevoll mit den Kindern um. Und es ging sehr lange, bis sie sich über etwas erboste.

Er schaute zu ihren bunten Socken herunter, nickte ihr zu und dachte sich schmunzelnd, dass er es allen schon beweisen werde. Es gibt Wundertücher.

Es dauerte nicht lange, da ertönte die Glocke vom Schulhof. Der erste Schultag war schon wieder vorbei. Verträumt stand Linas auf und bemerkte dabei nicht, dass er seine Schultasche liegen ließ.

„Na Du bist ja heute ganz schön durch den Wind Linas… deine Tasche!“. Saskia reichte ihm seinen Schulranzen und strahlte ihn dabei mit leuchtenden Augen an. Sie mochte Linas.

„Kommst Du noch mit zu mir Paul?“, fragte Linas und stieß einen Stein vor sich her quer über den Schulhof.

Paul hakte sich bei ihm kurzerhand ein und sie bogen gemeinsam um die Ecke über die Felder.

Es roch noch immer nach Sommer, und man konnte beobachten, wie die Schmetterlinge und Bienen sich von Blume zu Blume vortasteten.

Sie kamen an einer Bank vorbei, auf der eine ältere Frau saß.

„Tschüüüüüüss“, rief plötzlich Saskia von der Seite und rauschte mit ihrem Fahrrad auf dem Sandweg an Linas und Paul vorbei. Ihre roten Locken tanzten durch den Wind. Saskia liebte es mit dem Fahrrad unterwegs zu sein. Da konnte sie immer davonfahren, wenn sie mal wieder gehänselt wurde.

Sie kamen an eine Kreuzung, bogen links ab und dann waren es nur noch wenige Meter bis zur Böschung. Von dort aus konnte man Linas Zuhause sehen.

Im Unterholz der Böschung hatte Linas Mutter einen Hausschlüssel versteckt, falls sie mal nicht zu Hause war. Linas Vater arbeitet tagsüber bei der Post und fuhr mit dem Fahrrad die Briefe zu den Briefkästen in der ganzen Umgebung.

„Wir können wie gestern mit meinen Bauklötzen weiterspielen. Meine Mutter kommt erst später nach Hause. Sie muss noch Blumen oder so besorgen“.

Und so wie Linas den Satz ausgesprochen hatte, bückte er sich, um sich den Weg ins Unterholz zu tasten. Denn dort legte ja seine Mutter immer den Schlüssel ab.

Linas konnte im Gebüsch mit den Augen nichts erkennen. Seine Hände suchten den Boden ab, und normalerweise klimperte es immer, wenn er auf den Schlüssel stieß, denn seine Mutter hatte ein kleines Glöckchen am Bund befestigt, damit er es besser findet. Auch vielleicht mal, wenn es im Winter früher dunkel wird.

Paul wurde langsam etwas ungeduldig warum Linas so lange brauchte, um den Schlüssel zu finden.

Plötzlich zog Linas ruckartig seine Hand aus dem Gebüsch, dass selbst Paul einen Satz nach hinten machte.

„Was ist los, hast Du den Schlüssel?“, schaute Paul ihn fragend an.

„Ich habe mit meinem Zeigefinger und Daumen etwas Weiches berührt und irgendwie fing es kurz an aufzuleuchten!“ Linas Augen wurden ganz groß, als hätte er einen Geist gesehen.

„Ach Linas, jetzt erzähl mir nicht schon wieder von einem Wundertuch. Deine Mutter hat noch nie den Schlüssel vergessen“, erwiderte Paul schon leicht genervt von dieser Wundertuchgeschichte und Linas Traum. Paul glaubt nicht an Wundertücher.

Linas Hand verschwand wiederholt in das Gebüsch. Vielleicht hat er noch nicht alles abgesucht mit seinen Fingern. Er konnte sich immer auf seine Mutter verlassen.

Da war es plötzlich wieder zwischen seinen Fingern und es fing leise im Gebüsch an zu rascheln.

Diesmal jedoch zog Linas seine Hand nicht zurück, denn er war fasziniert von diesem Rascheln und Aufleuchten eines kleinen Sternes, nein da kamen noch mehr Sternchen aus dem Gebüsch. Sie leuchteten in allen Farben.

„Linas, was ist das?“ stotterte Paul und hatte Angst. Das muss ein Traum sein.

Linas antwortete nicht sofort, weil er er damit beschäftigt war, diesen Sternen und dem Rascheln zu lauschen. Mittlerweile verschwand sein erster Schreck aus dem Gesicht.

Linas schaute zu Paul“ Ich weiß es nicht. Es fühlt sich ganz weich an.“

„Zip, Zip, Zip“, flüsterte eine Stimme aus dem Gebüsch. Den beiden wurde es kurz ein bisschen unheimlig. Noch bevor sie realisieren konnten, was da geschah, raschelte es ganz laut.

Linas schreckte erneut zurück, fiel auf den Rücken.

Das Gebüsch fing an sich zu bewegen, lauter kleine Sterne in verschiedenen Farben kamen zwischen den Ästen hervor. Paul war das alles nicht geheuer und er rückte immer näher an Linas heran. Linas und Paul sind beste Freunde und haben schon immer gut aufeinander aufgepasst.

„Zip, Zip, Zip“, flüsterte wieder diese Stimme und diesmal kam etwas zu Vorschein.

Linas und Paul konnten erkennen, wie sich ein Stück Stoff zwischen zwei Ästen den Weg ans Licht suchte. Und während der Stoff sich räkelte und um die Äste wickelte, versprühte es Sterne, Sterne und nochmals Sterne.

Das Leuchten wurde so stark, dass Linas und Paul kurz nichts mehr sehen konnten. Nur noch diese flüsternde Stimme hörten sie. „Zip, Zip, Zip“.

„Puh, war das anstrengend“, hörten Linas und Paul eine Stimme flüstern. Langsam wagten beide wieder ihre Augen zu öffnen.

Ein buntes Tuch tänzelte über den Köpfen von Linas und Paul. Es musterte die beiden Jungs mit seinen kristallklaren Augen.

Sie lagen beide mit offenem Mund und erstarrtem Blick auf dem Boden und konnten nicht fassen, was da gerade geschah.

„Du bist also Linas und dein Freund Paul …“, musterte das Wundertuch die Beiden.

„Ihr braucht keine Angst vor mir zu haben“. Das Wundertuch sah den Schrecken und gleichzeitig das Erstaunen von Linas und Paul in ihren Gesichtern.

Linas nahm seinen ganzen Mut zusammen, während er sich langsam aufraffte. Dabei achtete er aber darauf, dass Paul nicht von seiner Seite wich.

„Was bist Du und woher kommst Du?“, stotterte er vor sich hin und verschluckte dabei das letzte Wort seiner Frage.

Das Wundertuch kam etwas näher zu den beiden heruntergeflogen. Seine Augen glitzerten und man konnte kleine leuchtende Sterne auf dem Tuch sitzen sehen, die nur darauf warteten, versprüht zu werden.

„Na ich bin das Wundertuch aus Deinem Traum!“, flüsterte es Linas zu. „Und weil Du an mich geglaubt hast, bin ich nun ein Sommer lang an Deiner Seite. Wenn Du einen Wunsch hast, reibe meinen Stoff zwischen Deinen Fingern. Aber nicht erschrecken. Immer wenn Du das machst, lösen sich funkelnde Sterne von mir und erfüllen Deinen Wunsch!“. Mittlerweile hatte sich das Wundertuch auf einem Stein niedergelassen, der am Wegesrand lag.

„Ach so, ich heiße übrigens Pelle“, schmunzelte das Wundertuch.

Linas und Paul schauten sich an, als wenn sie nicht so recht glauben wollten, was sie da gerade erlebten.

„Hast Du im Gebüsch meinen Schlüssel gesehen. Meine Mutter versteckt ihn immer dort, wo Du gelegen bist…“. Linas schaute Pelle fragend an.

„Den brauchst Du nicht mehr, denn ich bin jetzt ein Sommer lang Dein Schlüssel für viele Türen und Wünsche“, erwiderte das Wundertuch.

„Du kannst meine Tür zuhause aufmachen?“, staunte Linas.

„Na sag ich doch gerade. Komm ich zeige es Euch“ lachte Pelle und wollte sich schon vom Stein erheben, schaute dann aber zu Linas und Paul.

„Was ich noch sagen möchte… mich kann nicht jeder sehen. Außer Paul, weil er Dein bester Freund ist. Sonst können mich nur diejenigen sehen, die an mich glauben...“. Es klang alles wie aus einem Traum.

Dann erhob Pelle sich und machte eine Geste, die verraten ließ, er wäre jetzt bereit den Beiden zu zeigen, dass er die Tür von Linas Zuhause öffnen kann. Schließlich musste Linas noch sein Zimmer aufräumen, bevor seine Mutter vom Blumen holen zurück komme.

Auf dem Weg zu Linas Zuhause wichen die Beiden nicht voneinander und hatten immer Pelle, das Wundertuch im Auge. Denn so ganz geheuer war ihnen diese Begegnung noch nicht. Schließlich hatte Linas doch nur einen Traum. Und im Traum erscheinen doch oft Dinge oder Geschichten, die am nächsten Morgen wieder aus den Gedanken verschwinden und erst recht nicht in der Wirklichkeit erscheinen.

Sie kamen dem Haus immer näher und hin und wieder löste sich ein kleiner leuchtender Stern aus dem Stoff von Pelle.

„Wie willst Du denn nun die Tür öffnen, wenn du gar keinen Schlüssel hast?“. Neugierig und gleichzeitig etwas ängstlich schaute Linas Pelle an, blieb stehen und hielt sich am Arm von Paul fest.

Pelle schmunzelte und erklärte“ Ich schicke ein paar Sterne in das Schlüsselloch. Sie kennen den Weg ins Schloss und wissen genau, wo sie drücken müssen, damit sich die Tür öffnet“.

Dann ergänzte Pelle seine Erklärung:“ Linas, du musst aber mit Deinen Fingern an meinem Stoff reiben, damit sich die Sterne von mir lösen können. Und das kannst nur Du, weil Du an mich glaubst!“.

In Pelles Augen konnte man ein bisschen Dankbarkeit sehen, dass Linas an ihn glaubte.

Ein paar Schritte weiter standen sie nun vor der Haustür von Linas Zuhause.

„Trau Dich und reibe meinen Stoff zwischen Deinen Fingern, Linas“. Während Pelle sprach, kam er Linas so nah, dass er seine Finger berührte.

Aber Linas zögerte, denn schließlich hatte er noch nie an einem Wundertuch gerieben. Und dann konnte es auch noch sprechen und Wünsche erfüllen. Das war ihm irgendwie unheimlich.

Paul stand neben ihm und traute sich nicht, von ihm loszulassen.

„Du brauchst keine Angst vor mir haben Linas! Du hast an mich geglaubt und deshalb bin ich nun hier und kann Dir einen Sommer lang Wünsche erfüllen…“. Pelle warf ihm einen liebevollen Blick zu, um ihm zu zeigen, er könne ihm vertrauen.

Dann plötzlich nahm Linas seinen ganzen Mut zusammen und begann an Pelles Stoff zu reiben.

„Zip, Zip, Zip …“, begann Pelle wieder zu flüstern und viele kleine Sterne lösten sich aus seinem Stoff.

Sie funkelten, wechselten ihre Farben und tanzten erst über Linas Kopf hinweg und schwirrten anschließend vor Pauls Gesicht herum. Grüne, blaue, rote und gelbe Sterne und manchmal kam auch ein goldener Stern zum Vorschein.

Kurze Zeit drauf sammelten sich alle Sterne vor der Haustür und schwupp verschwanden sie im Schlüsselloch.