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In einer Welt von düsteren Mächten erheben sich die Hüter, um das Gleichgewicht zu wahren. Der gefährliche Vampirkönig Clod bedroht alles, und Anuk, mit magischen Kräften, stellt sich einem riskanten Ritual. Zwischen Intrigen, Liebe und opferreichen Entscheidungen kämpfen sie mit einer unerwarteten Allianz gegen Clods finstere Pläne.
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Seitenzahl: 289
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Widmung
Für meinen grossen Bruder,
Danke vielmals, dass du die komplette Finanzierung für dieses Buch übernommen hast. Ohne deine grosszügige Unterstützung wäre dieses Projekt nie Realität geworden. Deine ständige Ermutigung und dein Glaube an mich bedeuten mir mehr, als Worte ausdrücken können. Du bist nicht nur mein Bruder, sondern auch mein grösster Unterstützer und ein Vorbild für mich. Eine besondere Szene in diesem Buch ist von einer echten Situation inspiriert, die du mit deinen Freunden erlebt hast. Obwohl ich nicht selbst dabei war, haben mich deine Erzählungen so sehr beeindruckt, dass ich sie in die Geschichte einfliessen lassen musste. Ein kleiner Tipp: Es geht um ein Fahrrad. Dein Vertrauen und deine Liebe sind das Fundament, auf dem all meine Träume aufbauen. Dieses Buch widme ich dir mit tiefster Dankbarkeit und Liebe.
Deine Angela
Der Angriff
Zurück im Alltag
Akademie der Wächter
Der erste Schul- Tag
Erster Trainings Tag
Das Drachen Wappen
Die erste Mission
Rang S Mission
Geheimnisse
Gefangenschaft
Der Vampir Ball
Die Wette
Genesung
Besuch zu Hause
Der Angriff
Seitenwechsel
Eine gewaltige Druckwelle schleudert Anuk mit brachialer Gewalt gegen die Wand. Ein lauter, dunkler, grobkörniger Ton hallt durch die Dämmerung. Gleichzeitig durchdringt das feine Klirren zerbrochener Fenster die Luft. In der Ferne ertönen die Sirenen, begleitet von den schmerzerfüllten Schreien weinender Kinder und panischer Eltern. Das Vieh der Nachbarn brüllt wild durcheinander, während verängstigte Vögel laut zwitschern.
Was geschieht hier? Bomben? Ist das einer dieser Angriffe?! Verdammt, Nik! Er wollte draussen Schneemänner bauen!
Denkt sie voller Panik.
Von Schmerzen geplagt und noch immer perplex, richtet sie sich mit Hilfe der Wand auf. Als sie an der Wand stützend steht, bemerkt sie, dass etwas mit ihrem Bein nicht stimmt. Mit einem Hauch von Angst blickt sie nach unten.
«Verdammt, das darf nicht wahr sein.»
Entschlossen zieht sie den Glassplitter, der ihr Bein durchbohrt hat, heraus. Das Blut spritzt sofort hervor. Anuk reisst ein Stück ihrer Bluse ab und versucht, die Blutung mit einem improvisierten Druckverband zu stoppen. Sie hat keine Zeit, ihre Wunde ordnungsgemäss zu verarzten oder den Krankenwagen zu rufen. Wahrscheinlich sind die Armee und Notärzte bereits unterwegs. Ob die dieses Mal rechtzeitig kommen, weiss sie nicht. Doch ihr ist in diesem Moment nur eines wichtig. Anuk bewegt sich mit schleppendem Gang und gestützt an der Wand zum hinteren Tor. Der Weg den sie geht war gezeichnet mit Blutspuren an der Wand und vereinzelte Tropfen auf dem Boden. Kalter Schweiss überzieht sie. Anuk fürchtet sich um ihren kleinen Bruder. Die Angst um ihn ist Ohnmächtig.
Warum musste das ausgerechnet passieren, als sie allein mit Nik zu Hause ist? Keuchend steht sie nun vor dem Tor und legt ihre Hand auf die Türklinke. Unter Anstrengung drückt sie die Klinke nach unten und öffnet die knarrende Tür.
Schritt für Schritt bewegt sie sich voran, immer mit dem gleichen Ziel vor Augen: Nik!
Doch Anuk schafft nur einen Schritt ohne stützende Wand und bricht zusammen. Keuchend kniet sie im kalten Schnee, ihren Oberkörper nach vorne gebeugt, Hände auf dem Boden abgestützt, die Haare fallen ihr ins Gesicht. Nachdem sie kurz durchgeatmet hat, richtet sie ihren Blick nach vorne, über den Spielplatz. Neben dem Klettergerüst, wo Nik immer spielte, stehen nun zwei schwarz gekleidete Soldaten. Anuk kriecht rasch und eingeschüchtert ins Gebüsch. Ihr Atem ist schwer, und der Schmerz droht, sie fast um den Verstand zu bringen. Ein beissender, starker eisiger Geruch liegt in der Luft. Der weisse Schnee um sie herum verwandelt sich in ein dunkles Rot.
Gefesselt sitzt sie nun im Busch und späht zu den Soldaten hinüber.
Was mache ich nun? Ich brauche Hilfe! Mutter, Vater, wo seid ihr? Bitte helft mir!
Tränen kullern ihr über die Wangen. Mit einer Hand stützt sie sich am Boden ab, und mit der anderen umschlingt sie die Kette, die ihr Vater ihr zum 15. Geburtstag geschenkt hat.
Als sie die zusammengekniffenen Augen wieder öffnet, erblickt sie Nik auf dem Boden liegend, direkt bei den beiden Soldaten. Ihre Augen fühlen sich immer schwerer an, und das Atmen wird zunehmend schwerer. Die Kälte macht ihr ebenfalls zu schaffen.
Ich verliere immer noch zu viel Blut. Wenn ich nicht bald Hilfe bekomme, werde ich verbluten. Aber mein kleiner Bruder ist in Gefahr. Ich muss ihm helfen, schoss ihr durch den Kopf.
Verzweifelt stöbert sie im Schnee herum und tastet dann etwas Hartes an ihren Fingern. Ein kleiner Kieselstein. Sie nimmt den Kiesel in die Hand und betrachtet ihn. Der Blick wandert zurück zu den beiden Soldaten, und plötzlich schiesst ihr eine Idee in den Kopf.
Bitte, funktioniere. Bitte!
Schnell scannt sie die Umgebung und zielt auf einen Metalleimer, den Nik zum Schneemann bauen verwendet hat. Dann holt sie Schwung und lässt den Kiesel aus der Hand gleiten. Die Soldaten hören den dumpfen Ton des Kiesels und pirschen vorsichtig in Richtung des Geräusches.
Schnell, ich darf keine Zeit verlieren.
Anuk richtet sich auf und eilt humpelnd hinter den Soldaten vorbei zu Nik. Er liegt bewusstlos im tiefen Schnee. Sie greift nach seinem Arm und hebt ihn hoch.
«Stopp! Keinen Schritt weiter!»
Wie erstarrt steht Anuk mit Nik in den Armen. Der Schweiss perlt an ihrer Stirn hinunter. Ihr Herz hämmerte so hart gegen ihre Rippen, bereit, jeden Moment zu bersten.
Schnell will sie losrennen, jedoch kann sie sich nicht mehr bewegen. Sie scheint wie angewurzelt an der Stelle zu bleiben.
Was zum Teufel passiert hier mit mir? Weswegen kann ich mich nicht mehr bewegen? Scheisse!
Ein alter, bärtiger Mann in einer grauen Robe schreitet aus dem Haus hinaus. Langsam kommt auch Nik wieder zu sich. Verwirrt schaut er sich um. «Anuk? Was ist mit dir?», Nik blickt in das verängstigte Gesicht von Anuk. Er windet sich aus ihren Armen und hält sich an ihrem Ärmel fest. Eingeschüchtert versteckt er sich nun in Anuks schützenden Armen.
Der alte, bärtige Mann kommt näher auf Anuk und Nik zu. Vor den beiden bleibt er stehen und blickt ihnen tief in die Augen.
Der Eiserne Blick des Mannes durchbohrt Anuk förmlich.
«Schön, Sie kennenzulernen, Anuk und Nik.»
«Von woher wissen sie unsere Namen?», fragt Anuk.
«Das ist unwichtig. Wichtig ist nur, dass du mich begleiten wirst.» Der bärtige Mann wischt sachte Anuks Haare von ihrem Hals weg. Nun beugt er sich zu ihr hinunter und schnuppert an ihrem Hals.
«Nein! Ich kenne Sie nicht. Ich werde bestimmt nicht mitkommen!», protestiert Anuk.
«Wer ist das?» lispelt Nik verängstigt.
«Nik, schnell, renne ins Haus und verstecke dich!», fordert sie ihn auf. Aber Nik weigert sich und umarmt Anuk nur noch fester.
«Weswegen kann ich mich nicht bewegen?!... Was haben Sie mit mir gemacht?!»
«Das ist unwichtig. Alles, was du bisher gekannt hast, ist unwichtig. Du wirst mit mir und meinen Soldaten in mein Königreich kommen. Ich konnte deine Angst bereits riechen.
Du bist die Richtige. Da bin ich mir ganz sicher“, spricht der alte Mann und fixiert Anuk mit einem durchdringenden Blick. In der Ferne erlischt der Klang der Sirenen. Auch das Vieh und die Bewohner verstummen abrupt. Eine unheimliche Stille legt sich über das Dorf.
«Offenbar sind sie fertig, lass uns gehen», sagt der bärtige Mann.
«Fertig? Alter, was zur Hölle passiert hier? Warum ist plötzlich mucksmäuschenstill? Was ist hier passiert?» Anuks Stimme klingt jetzt voller Angst und Verwirrung.
«Dieses Dorf ist bereinigt. Du hattest Glück, dass deine Eltern nicht hier waren. Sonst wären sie nun auch… bereinigt. Keine Angst. Den Kindern wird nichts passieren. Sie werden alle mit uns kommen.»
Alles entwickelt sich so, wie Anuk seit Wochen in den Nachrichten beobachtet.
Ein Angriff auf abgelegene Dörfer, Weltweit.
Alles wird getötet, egal ob Mensch oder Vieh.
Nur die Kinder verschwinden Spurlos, zumindest bis zu einem gewissen Alter.
Plötzlich schiesst aus dem Gebüsch hinter dem Garten ein Pfeil. Der bärtige Mann fängt ihn mühelos aus der Luft. Anuk starrt ihn fassungslos an. Mit einem wütenden Gesichtsausdruck knickt er den Pfeil um. Sein Gesicht verfärbt sich feuerrot.
«Kommt raus!»
«Lass das Mädchen und den Jungen gehen!» hallt eine junge, entschlossene Stimme.
«Anscheinend war meine Vermutung richtig. Die Wächter sind wohl gekommen, um euch zu retten», spottet er zornig.
Anuks Augen werden wieder schwer. Auch die Wunde schmerzt nun wieder stärker. Die ganze Welt verschwimmt vor ihren Augen. Ihr Kopf wirbelt. Und wenn das nicht genug wäre, wird ihr nun auch übel. Alles wird unscharf, und im nächsten Augenblick ist alles schwarz.
Die Sonnenstrahlen bahnen sich durch das vereiste Fenster und kitzeln Anuks Gesicht. Sie öffnet langsam die Augen, Blinzelnd gegen das grelle Licht. Die Umgebung erscheint noch verschwommen. Mit einem vorsichtigen Stöhnen richtet sie sich auf, als ein stechender Schmerz durch ihr Bein zuckt. Die Realität durchbricht die Träume, sie reibt sich die Augen, um Klarheit zu gewinnen.
War das alles nur ein böser Alptraum?
Mit mühsamer Bewegung betrachtet Anuk den Raum. Ein regelmässiges Piepen durchbricht die Stille. Einen Moment lang dauert es, bis sie realisiert, dass sie in einem Krankenhaus liegt, verkabelt und mit einer Infusion versorgt.
Nik. Wo bist du?
Schnell ruft sie nach einer Krankenschwester. Die Tür öffnet sich, und eine Schwester betritt den Raum. Anuk unterbricht sie sofort: «Wo ist mein Bruder Nik?»
Die Schwester zögert einen Moment. «Das kann ich Ihnen nicht beantworten, aber Ihre Eltern warten seit Stunden darauf, dass Sie aufwachen.»
«Wie lange war ich weg?»
«Ungefähr 8 Stunden.»
«Schicken Sie sie bitte herein.»
Kaum verlässt die Schwester das Zimmer, stürmen Anuks besorgte Eltern herein.
«Anuk, meine Liebe. Wir sind so unfassbar erleichtert, dass du wohlauf bist», sagt ihre Mutter, mit Tränen der Erleichterung in den Augen. Sie umarmt Anuk liebevoll, und der Vater schliesst sich der Umarmung an.
«Wie geht es Nik? Ist er auch hier?» erkundigt sie sich, doch ihre Eltern wirken seltsam still.
Anuks Herz pocht schneller.
«Was ist mit ihm?» fragt sie drängend.
«Auf unser Dorf gab wurde ein Anschlag verübt», sagt ihre Mutter, die Worte nur schwer über die Lippen bringend. Anuks Vater nimmt ihre Hand und erklärt weiter.
«Die Ermittlungen laufen noch, aber viele Kinder werden vermisst. Nik gehört auch zu den Vermissten. Die Armee und Spezialeinheiten ermitteln, doch bisher fehlen Anhaltspunkte. Wir müssen Geduld haben und hoffen, dass mit ihm alles in Ordnung ist.
Du bist die erste überlebende dieser Anschläge seit sie begonnen haben.»
Die Worte schlagen wie ein Blitz ein. Anuks Welt bricht erneut zusammen. Tränen schiessen in ihre Augen. Die Stimmung im Raum ist nicht nur traurig, sondern durchdrungen von Verzweiflung und Ungewissheit.
Nach mehreren quälend langen Stunden des Schweigens durchbricht der Vater endlich die Ruhe.
«Wir sollten langsam zur Notunterkunft gehen und etwas schlafen. Du bleibst hier, bis du entlassen wirst, Anuk. Draussen wartet ein Junge. Er hat dich gefunden und der Armee übergeben. Er möchte ebenfalls noch mit dir sprechen. Wenn du möchtest, schicken wir ihn rein, bevor wir gehen. Die ganzen Reporter konnten wir zum Glück irgendwie vertreiben. Oder besser gesagt: Die Polizei hat das geschafft.»
Ein Junge? Wer mag das wohl sein?
«Ja, sicher. Schickt ihn rein und schlaft gut. Habe euch lieb.»
Beide Eltern geben Anuk noch einen liebevollen Kuss zum Abschied und verlassen dann das Krankenzimmer.
In dem Moment, als die Tür sich schliesst, betritt ein Jugendlicher Bursche das Zimmer. Sein Gesicht strahlt eine Mischung aus Erleichterung und Anspannung aus.
«Guten Morgen. Hast du gut geschlafen?» fragt er vorsichtig.
«Guten Morgen. Ich habe gehört, dass du mich gefunden hast. Dafür möchte ich dir von Herzen danken.»
«Keine Ursache.»
Anuk schaut ihn erwartungsvoll an. Die Spannung im Raum ist greifbar, als sie ihre nächste Frage stellt.
«War bei mir noch ein kleiner Junge, als du mich gefunden hast, oder war er da schon weg?» Ihre Stimme schwingt vor Hoffnung.
«Du meinst deinen Bruder Nik.»
«Ja! Aber wieso kennst du seinen Namen?»
«Ich habe gehört, wie du seinen Namen gesagt hast. Er war noch bei dir. Er klammerte sich voller Panik an deinen bewusstlosen Körper.»
Anuks Herz beginnt schneller zu schlagen.
«Wo ist mein Bruder?!»
Der Junge senkt den Blick und zögert einen Moment.
«Tut uns leid. Wir konnten ihn nicht...»
«Was ist mit ihm?!» fällt sie ihm voller Panik ins Wort. Ihre Augen sind von Furcht erfüllt, und ihr Herzschlag überschlägt sich vor Angst um ihren kleinen Bruder.
«Sie haben ihn mitgenommen. Jedoch werden wir alles in unserer Macht Stehende tun, um ihn und alle anderen Kinder zu retten. Wie alt ist er?» erkundigt er sich.
«Was willst du schon machen? Du bist noch ein Teenager. Überlasse das lieber der Polizei.»
«Die Polizei und auch die Armee sind machtlos gegen diesen Gegner. Deshalb ist für mich und mein Team wichtig, dass du nun kooperierst und mir alle Fragen beantwortest.»
«Wie meinst du das? Dass sie machtlos sind?»
«Du hast doch selbst gesehen oder gespürt. Diese schwarz gekleideten Soldaten waren keine Menschen. Erinnerst du dich daran? Du wolltest dich bewegen, konntest aber nicht.»
«Das mag wohl stimmen, aber was für ein Hirngespenst hast du? Du solltest zum Psychiater gehen.»
«Ich war schon auf diese Reaktion von dir vorbereitet. Ehrlich gesagt habe ich nichts anderes erwartet.»
Anuk sieht den Teenager entgeistert an.
«Ich erkläre dir alles. Ich werde es dir auch zeigen. Aber zuerst beantworte meine Fragen», fordert er sie auf. «Wie alt ist dein Bruder?»
«Er ist acht.»
«Gut. Dann haben wir noch acht Jahre Zeit, um ihn herauszuholen.»
«Herausholen?! Bitte erkläre mir, was hier gerade geschieht?!» schreit sie ihn voller Panik an.
«Nicht so laut. Nicht dass die Krankenschwester noch reinkommt.»
«Entschuldigung.» Anuk senkt ihre Stimme, aber der Ausdruck der Verwirrung und Angst steht ihr ins Gesicht geschrieben.
Nach einer unheilvollen Stille durchbricht der junge Krieger endlich das Schweigen. Seine Augen, von einem Feuerschimmer beleuchtet, zeugen von der Bürde seiner Mission.
«Ich bin ein Krieger von der Akademie der Wächter. Dort werden junge Krieger ausgebildet, die später einmal im ganzen Universum gegen böse mystische Wesen kämpfen, um das Unheil abzuwenden. Wir verhindern immer wieder aufs Neue den Untergang der Welt, und das völlig unbemerkt.»
Anuks Herz beginnt schneller zu schlagen, während der junge Krieger die düstere Wahrheit enthüllt. Sein Blick verfinstert sich, als er fortfährt.
«Die Soldaten, die bei euch waren, sind Vampire. Sie haben euer Dorf bombardiert und daraufhin angegriffen. Das kommt seit kurzen wieder vor. Lange Zeit haben sie sich von uns so stark gefürchtet, dass sie im Untergrund blieben. Wie es scheint, haben sie einen neuen Anführer.
Sie kommen aus Blackice, einer Stadt im Untergrund, versteckt in einem Teil der Voronya-Höhle in Georgien. Sie entführen immer wieder menschliche Kinder von der Oberfläche und schleppen sie nach Blackice. Dort werden die Kinder in unterirdischen Städten als Nutzvieh gehalten. An ihrem 16. Geburtstag werden sie dann beseitigt.»
Ein eisiger Schauer durchläuft Anuks Wirbelsäule, als sie erfährt, dass ihr Bruder in dieser grausamen Maschinerie gefangen ist.
«Man beseitigt sie?» Ihre Stimme zittert vor Entsetzen.
Der Krieger erwidert ihren Blick und setzt seine Erklärung fort.
«Wie alt bist du?»
«16», stottert sie, während die Dringlichkeit der Situation sich vor ihr aufbaut.
«Das ist merkwürdig. Denn sie wollten dich immer noch mitnehmen. Haben sie dir etwas gesagt?»
«Ich kann es an dir riechen. Du bist es. Hat dieser bärtige Mann zu mir gesagt.»
Die Intensität des Moments steigt, als der Krieger die Wahrheit bestätigt.
«Das ist sehr speziell. Das muss ich dem Direktor berichten. Wir melden uns bei dir. Mach's gut.»
Mit diesen Worten verlässt der Krieger abrupt den Raum, und Anuk bleibt zurück, von der Woge der Verzweiflung und Ungewissheit überwältigt. Ihre Gedanken rasen, während sie versucht zu begreifen, welch übernatürliche Gefahr über ihr und ihrem Bruder schwebt.
Nach wenigen Tagen, die von dem traumatischen Vorfall überschattet waren, wurde Anuk aus dem Krankenhaus entlassen.
Kaum verlässt Anuk mit ihren Eltern das Krankenhaus stehen überall um ihr herum Reporter mit Kameras und Mikrofone. Alle erhoffen ein Interview von einer überlebende der Anschläge zu bekommen.
Die Polizisten geben ihr Bestes um die Reporter von ihr fern zu halten, so dass sie das Auto unbeschadet besteigen kann.
Ihre Familie beschloss, vorerst zu ihrer Tante zu ziehen, wo sie für eine Weile leben dürfen. Die Wohnung ihrer Tante war nicht sonderlich gross, aber reichte für den Anfang. Marc und Tifanie, Anuks Eltern, wurden im Gästezimmer stationiert, während Anuk vorübergehend auf dem Sofa schläft.
Die Wohnung der Tante strahlt eine bescheidene Gemütlichkeit aus, und die Atmosphäre ist von einer Mischung aus Dankbarkeit und gedämpfter Traurigkeit durchdrungen. Anuk versucht, sich in diesem vorübergehenden Zuhause einzufinden, aber die Schatten des Erlebten hängen schwer in der Luft.
Die Nachrichten erzählen immer wieder von neuen Anschlägen.
Anschläge in Island, Norwegen, Kanada, Slowakei und und und. Die Anschläge begannen sich immer mehr zu häufen. Immer kleine abgelegene Dörfer. Kaum ein Tag vergeht, ohne dass beängstigende Anschläge in den Nachrichten auftauchen. Ständig berichten die Medien über neue Rekrutierungen zur Sicherheit der Bürger oder über die bisherigen Ermittlungsergebnisse. Täglich wiederholen sich dieselben Meldungen.
Die Nächte sind besonders schwer für Anuk, wenn die Stille gebrochen wird durch die Albträume, die sie heimsuchen. Auf dem Sofa, das nun ihr vorübergehendes Bett ist, findet sie nur wenig Trost. Das Lächeln ihrer Tante, das stets versucht, die düstere Realität zu überdecken, erreicht nicht immer Anuks Herz.
Die Tage ziehen sich langsam hin, und Anuk versucht, sich von den physischen und emotionalen Wunden zu erholen. Die Kleinstadt, in der ihre Tante lebt, bietet einen ruhigen Rückzugsort, aber die Gedanken an ihren kleinen Bruder, der immer noch vermisst wird, lasten schwer auf Anuks Schultern.
Während ihre Eltern versuchen, äusserlich stark zu wirken, spürt Anuk die Zerbrechlichkeit ihrer Familie. Die gemeinsamen Mahlzeiten sind von einer Stille geprägt, die nur von vagen Versuchen durchbrochen wird, über Alltägliches zu plaudern. Die Leere, die Niks Abwesenheit hinterlassen hat, macht sich in jedem Raum der Wohnung bemerkbar.
In diesen ersten Tagen im Schatten des Unglücks sucht Anuk nach einem Hauch von Normalität, während sie sich gleichzeitig fragt, wie das Leben jemals wieder normal sein kann.
Die Sonne verabschiedet sich mit einem letzten goldenen Glühen, als Tifanie mit ihrer Schwester das Geschirr spült. In der kleinen Wohnung der Tante herrscht eine gedämpfte Stimmung. Anuk sitzt auf dem Sofa, Kopfhörer in den Ohren, versunken in den Seiten eines Buches, das Niks Lieblingswerk war. Die Worte auf den Seiten werden für einen Moment zu einem Fluchtweg vor der schmerzhaften Realität.
Anuks Vater steht im Türrahmen und beobachtet sie. Sein Blick trübt sich, als er das vertraute Buchcover erkennt. Er weiss, dass Anuk dieses Buch eigentlich verabscheut – und doch ist es ihre letzte Verbindung zu ihrem vermissten Bruder.
Die Ermittlungen zu dem Vorfall stagnieren, und die Dunkelheit umgibt die Familie wie ein unsichtbares Netz. 1119 Kinder werden vermisst, und die Trauer um die Toten wächst mit jeder verstreichenden Stunde.
Marc, Anuks Vater, holt tief Luft und tritt zu seiner Tochter. «Anuk, mein Schatz. Was liest du da?»
Ihre Augen heben sich von den Seiten, die von Tränen benetzt sind.
«Niks Lieblingsbuch, aber ich kann nicht begreifen, was er daran mochte. Kein klarer Anfang, kein klares Ende. Nur ein gewöhnlicher Mann, der durch Universen reist. Erfundenen Welten und unrealistische Abenteuer.»
Marc spürt den bittersüssen Schmerz, der zwischen den Zeilen liegt.
«Vielleicht hat er darin gefunden, was uns jetzt fehlt. Eine Flucht vor der Realität, eine Zuflucht in fantastische Welten. Du vermisst ihn sehr, nicht wahr?»
Ein Nicken von Anuk, während sich ihre Blicke treffen. Ein Meer aus Emotionen schwappt über, als er sie in die Arme nimmt. Tränen vermischen sich, und die Worte verschwinden in einem Moment gemeinsamer Trauer.
«Papa, ich will morgen wieder in die Schule gehen.»
«Bist du dir sicher?» Marcs Stimme klingt sowohl besorgt als auch bewundernd für die Widerstandsfähigkeit seiner Tochter. Die Entscheidung, sich der Aussenwelt zu stellen, ist ein kleiner, aber bedeutender Schritt auf dem Weg der Heilung.
Marcs Lippen berühren sanft Anuks Wange, während er sie zärtlich zudeckt. Ein liebevoller Kuss, der mehr sagt als Worte. Leise verlässt er den Raum und lässt die Tür behutsam ins Schloss gleiten. Das Licht erlischt, und die Dunkelheit hüllt den Raum ein, während Anuk allein mit ihren Gedanken zurückbleibt.
Die Nacht umhüllt sie, eine Leinwand, die mit dem Glanz von Erinnerungen und dem Schmerz des Verlusts bemalt ist. Und im leisen Summen der Wohnung klammert sich eine kleine Familie aneinander, sucht Trost in den Fragmenten des Lebens, das sie einst kannten.
Die Morgensonne wirft ihre sanften Strahlen durch das Fenster, als Tifanie ihre Tochter liebevoll weckt. Anuk steht auf und beginnt, ihre Sachen zu packen. Das Schulbrot wird vorbereitet, aber der Frühstückstisch bleibt stumm, die Erinnerung an Nik hängt wie ein unsichtbarer Schatten über der Familie.
Anuk betritt das Schulgebäude, und ein Gefühl der Beklommenheit legt sich über sie, als sie meint, die Blicke aller auf sich gerichtet zu spüren. Im Klassenraum versuchen die Lehrer, mit der ungewöhnlichen Situation umzugehen, unsicher, wie sie Anuk unterstützen können. Doch das Mädchen trägt eine unsichtbare Last auf den Schultern.
Die Pausenglocke läutet, und Anuk begibt sich mit ihren Freundinnen auf den Schulhof. Die Atmosphäre ist gespannt, als sie bedrückt auf einer Bank Platz nimmt und in ihr Pausenbrot starrt. Ihre Freundinnen versuchen, sie auf andere Gedanken zu bringen, doch Anuk flüchtet sich in höfliche Ablehnung.
«Hey Anuk, ich fahre dieses Wochenende mit meinem Bruder und... Autsch!», will eine Freundin sagen, doch ein Tritt von einer anderen bringt sie zum Schweigen.
«Danke für die Einladung, aber mir ist nicht danach. Vielen Dank für eure Fürsorge, doch das ist wirklich nicht nötig. Mir geht es gut.», versucht Anuk mit einem zittrigen Lächeln zu beschwichtigen, doch die Emotionen brodeln unter der Oberfläche. Die Schule, einst ein Ort des Lernens und Lachens, fühlt sich nun wie eine Bühne an, auf der sie eine Rolle spielen muss, die sie nicht gewählt hat.
In diesem bedrückenden Moment durchschneidet eine hasserfüllte Stimme die Luft: «Hey du, Anuk! Wieso bist du eigentlich nicht auch gestorben?! Dein Bruder wäre sicher auch glücklicher ohne dich.»
Blitzschnell stehen Anuks Freundinnen auf und bewerfen den Störenfried mit einer Dose. «Was fällt dir eigentlich ein, du Idiot? Was fällt dir eigentlich ein, sie so zu verletzen? Hau ab du Idiot!»
Ein Funke des Mutes flackert in Anuk auf, als sie aufsteht und mit geneigtem Kopf den Pausenhof verlässt. Rasch rennen ihre Freundinnen ihr hinterher, ein Wirbelwind aus Empörung und Solidarität.
«Hör nicht hin, was dieser Idiot sagt.»
«Ist schon okay. Das macht mir nichts. Aber ich sollte nach Hause gehen», flunkert Anuk erneut, während ihr Lächeln diesmal von einer feinen Spur Entschlossenheit durchzogen ist. Mit jeder Stufe, die sie nimmt, trägt sie das Gewicht der Situation auf ihren Schultern. Die beiden Freundinnen blicken ihr noch nach, während Anuk mit nach unten gezogenen Schultern davonzieht, ihre Emotionen vor den neugierigen Blicken der Welt verbergend. In ihrem Innern tobt eine Mischung aus Wut, Trauer und unbeirrbarem Entschluss: Solche Äusserungen werden sie nicht brechen.
«Anuk, Schätzchen? Was machst du denn schon so früh zuhause?» erkundigt sich Marc, sein Gesicht von Sorge gezeichnet.
«Ich fühlte mich nicht wohl. Ich denke, ich bleibe noch etwas zuhause.»
«Deine Mutter ist der Meinung, du solltest zu einer Traumatherapie gehen.»
Anuk seufzt leise. «Das wäre möglicherweise besser.»
«Dann werde ich gleich einen Termin für dich vereinbaren.»
Ihre Schultern fallen ein Stück tiefer, während sie sich auf das Sofa sinken lässt. Sie zieht ihre Kopfhörer an und wählt eine beruhigende Melodie, sie nimmt Niks Buch in die Hand und fängt an zu Lesen. Die Seiten knistern, als sie die Welt ihres Bruders betritt, und ein Hauch von Nostalgie durchströmt sie. In den vertrauten Worten findet sie Trost, während ihre Gedanken zwischen der Realität und der Fantasie ihres Bruders schweben.
Dr. Müller schaut Anuk einfühlsam an und erkundigt sich behutsam nach ihren Erinnerungen. Anuk nimmt auf dem grünen Sofa Platz, ihre Beine baumeln leicht über dem Boden. Die Umgebung ist mit einer Vielzahl von Pflanzen und Blumen gefüllt, und der beruhigende Duft von Lavendel erfüllt den Raum. Die Atmosphäre ist gespannt, als Anuk sich darauf vorbereitet, über den traumatischen Vorfall zu sprechen.
Der Raum wird von einem warmen Licht durchflutet, das die emotional geladene Stimmung verstärkt. Anuks Augen glänzen bereits, als die ersten Erinnerungen an den lauten Knall und die verheerende Druckwelle hochkommen. Die Details der schmerzhaften Momente zeichnen sich auf ihrem Gesicht ab.
Dr. Müller hört aufmerksam zu, während Anuk ihre Gefühle von Verwirrung und Schmerz beschreibt. Die Worte fliessen heraus, begleitet von einem Zittern in ihrer Stimme. Die Glastischbarriere zwischen Anuk und dem Therapeuten spiegelt die Emotionalität der Sitzung wider – eine Verbindung, die langsam aufgebaut wird, um Anuk zu helfen, ihre traumatischen Erfahrungen zu verarbeiten.
Die Therapeutin lenkt behutsam die Erzählung weiter, und Anuk beschreibt, wie sie versuchte, sich aufzurappeln, getrieben von der Erinnerung an ihren Bruder Nik. Die Worte "Soldaten", "Pfeile" und der "alte bärtige Mann" füllen den Raum mit einer unheilvollen Atmosphäre.
In diesem intensiven Moment erklingt der Wecker und unterbricht die emotionale Erzählung. Dr. Müller schliesst die Sitzung ab, hinterlässt jedoch einen Raum voller Spannung und unverarbeiteter Gefühle. Anuk verlässt den Raum mit einem gemischten Gefühl von Erleichterung und Unsicherheit, während die Pflanzen und der Duft von Lavendel im Raum bleiben – Zeugen der emotionalen Reise, die gerade erst begonnen hat.
Als Tifanie den Briefkasten öffnete, verschärfte sich die ohnehin schon angespannte Atmosphäre in der Küche. Die Mutter spürte einen Kloss in ihrer Kehle, als sie den merkwürdig aussehenden Brief in den Händen hielt. Zögernd öffnete sie ihn, und ihre Augen huschten über die Zeilen. Die Worte der Akademie der Wächter lösten eine Welle von Emotionen aus.
Die Ungewissheit über die Zukunft ihrer Tochter hallte durch den Raum. Die Mutter kämpfte mit den eigenen Ängsten, während sie die Vorstellung, Anuk in die Schweiz zu schicken, in ihrem Inneren wog. Der Vater, mit einem Hauch von Bewunderung für die Resilienz seiner Tochter, versuchte, sich auf die möglichen positiven Aspekte zu konzentrieren.
Die Verheissungen der Akademie, das Stipendium und die scheinbare Lösung für Anuks Trauma weckten eine vorsichtige Hoffnung. Gleichzeitig jedoch nagte der Gedanke an die Entfernung und die Ungewissheit an den Nerven der Familie. Die Tragweite der Entscheidung wurde immer deutlicher, als sie die Koffer noch am selben Abend packten und Anuk zum Flughafen begleiteten.
Im Morgengrauen, am Flughafen stehend, mischten sich Stolz und Sorge in den Gesichtern der Eltern. Anuk hingegen, zwischen Koffern und Flugtickets, fühlte sich von einer Mischung aus Verwirrung und Fragen überwältigt. Der Abschiedsdruck verstärkte die Emotionalität des Moments, als die Familie sich von ihrer Tochter verabschiedete.
Die Szene ist durchdrungen von einem Gefühl des Abschieds, der Ungewissheit und einer aufwühlenden Veränderung im Leben von Anuk und ihrer Familie.
Die Landung in der Schweiz befreite Anuk förmlich von den Fesseln des Flugzeugs. Nach fast zwölf Stunden in einem stickigen Flugzeug, das von schreienden Kindern und einem unangenehmen Sitznachbarn begleitet wurde, konnte sie endlich frische Luft atmen. Der Gedanke, den Koffer aus der Gepäckausgabe holen zu müssen, erübrigte sich, denn sie sollte nichts weiter mitnehmen.
Ihr Handgepäck enthielt nur das Nötigste – Kleidung, Telefon, Ladegerät, ein Bild ihrer Familie und Kopfhörer. Der Ausgangsbereich des Flughafens versprach Ankunft und Abholung, doch in der Menschenmenge war kaum zu erkennen, wer tatsächlich ihretwegen dort war.
Plötzlich spürte sie ein vertrautes Tippen auf der Schulter. Schnell drehte sie sich um und blickte in das Gesicht des Jungen aus dem Krankenhaus.
«Guten Tag, Anuk. Schön, dich zu sehen.»
«Du bist doch der Junge aus dem Krankenhaus.»
«Schuldig. Ich bin hier, um dich abzuholen. Wir gehen nun auf die gleiche Schule. Komm, draussen steht mein Traktor.»
«Dein was?»
«Traktor. Ich bin erst 15. Was hast du erwartet? Ein Auto?»
«Ja, eigentlich schon.»
«Mach schon, steig ein, wir fahren los.»
Anuk stieg in den Traktor, und Assam lenkte ihn durch einen abgelegenen Wald zu einem grossen Parkplatz. Alles war von sattem Grün umgeben, die Vögel zwitscherten in den Bäumen. Assam half Anuk aus dem Traktor, und als sie in die Baumwipfel schaute, sah sie, wie die Sonne die Kronen der Bäume zärtlich küsst.
Aber abgesehen von diesem Wald und diesem Parkplatz ist hier nichts. Wirklich gar nichts. Anuk sieht Assam verwirrt an.
«Keine Angst. Wir sind hier richtig. Nimm meine Hand.» fordert er sie auf.
Anuk sieht ihn verwirrt an, nimmt aber seine Hand entgegen. Assam fasst sich nun zwischen die Brust, und in dem Moment fängt er kurz an zu leuchten. Nun ist er ganz anders angekleidet, nicht mehr im Jogginganzug, sondern in einer Schuluniform. Schwarz mit weissen Umrandungen, auf dem Blazer prangt ein Wappen. Erneut fasst er auf das Wappen.
Nun beginnt alles um sie herum zu verschwimmen. Der Wald verschwindet. Einen kurzen Augenblick ist alles weiss, und im nächsten erscheinen neue Farben.
Wie aus dem Nichts ist nun ein Schulgelände aufgetaucht. Sie stehen in einem grossen Steinkreis. Erstaunt steht Anuk da und schaut sich um. Sie sieht ein riesengrosses grünes Feld, ein riesiges Gewächshaus und drei grosse Gebäude, von denen jedes an ein Schloss erinnert. Trotzdem sehen sie nicht alle gleich aus.
«Wie ist das möglich? Wir waren doch gerade noch im Wald?»
«Das ist Teleportation. Dieses Wappen hat ganz viele coole Funktionen. Du wirst auch so eins bekommen. Aber zuerst zeige ich dir das Gelände. Ob du willst oder nicht. Du wirst hier zur Wächterin ausgebildet und wirst bedeutende Aufgaben bewältigen.»
«Du sagtest damals im Krankenhaus, dass diese Soldaten Vampire waren. Du sagtest auch, dass ihr versuchen werdet, meinen Bruder zu retten. Ich glaube euch nun. Nachdem ich das hier gesehen habe, kann ich auch nicht mehr anders, als euch einfach blind zu vertrauen.»
Assam lächelt lieblich und nickt ihr zu. Er sieht erleichtert aus.
Zusammen zotteln sie als Erstes in das mittlere und grösste Gebäude. Sie treten in die grosse Eingangshalle ein. Eine Treppe führt beidseitig in einem Bogen nach oben. Ein grosser Brunnen ziert die Halle, und Anuk lauscht dem leisen Plätschern des Brunnens. Sie fühlt sich irgendwie angezogen vom Wasser.
Ohne nachzudenken geht sie auf den Brunnen zu. Mit ihren Händen formt sie eine Schüssel, lässt das Wasser hineinfliessen und führt es dann zum Mund, um zu trinken. Sie spürt, wie das erfrischende Wasser ihren Hals hinunterläuft.
«Das ist das Heilwasser der Akademie und beinhaltet zudem die ganze Magie der Akademie.» Solange in diesen Brunnen Wasser fliesst, ist die Akademie mit Magie geschützt und versorgt.» erzählt er ihr.
Sie schaut ihn fasziniert an.
«Im linken oberen Flügel dieses Gebäudes sind die Schlafräume der Männer, und im rechten oberen die der Frauen. In dem unteren linken Flügel sind die Schulzimmer, und im rechten unteren Flügel der Esssaal sowie mehrere grössere und auch kleinere Aufenthaltsräume.»
Er zeigt ihr mit einer Handbewegung die Richtung, in die sie nun gehen werden. Anscheinend wird er ihr als Nächstes ihr Zimmer zeigen, denn sie gehen in den Frauenschlafbereich.
Sie laufen einen langen, gut ausgeleuchteten Gang entlang. Der Boden ist mit einem Teppich ausgestattet. An jeder Tür, an der sie vorbeigehen, hängt ein anderes Wappen. Anuk bleibt bei einer stehen und betrachtet das Wappen genauer. In der Mitte prangt eine Krone, und oben ragt eine Axt heraus.
«Weshalb hat jede Tür ein anderes Wappen, und was bedeutet dieses? Wohnt hier eine Prinzessin?» erkundigt sie sich neugierig.
Assam fängt an zu lachen.
«Nein, hier wohnt keine Prinzessin. Das kannst du noch nicht wissen, aber ich erkläre dir später mehr. Das Grundprinzip der Wappen ist, dass man auf einen Blick erkennt, welcher Klasse die Person angehört. Jede Person hat ihr eigenes Wappen – ein Markenzeichen. Was die Wappen genau bedeuten, erkläre ich dir später.»
Sie gehen gemeinsam weiter den Gang entlang. Assam bleibt nun vor einer Tür ohne Wappen stehen.
Er öffnet sie und bittet Anuk herein. Erwartungsvoll betritt sie das Zimmer und sieht sich um. Das Zimmer ist komplett aus Holz ausgekleidet und recht gross. In einer Ecke steht ein Arbeitstisch mit Stiften und Heften. Daneben steht ein Bücherregal mit vielen Schulbüchern. Anuks Gesicht leuchtet auf, als sie die vielen Schulbücher sieht. In der anderen Ecke steht ein dunkler Holztisch mit mittelalterlichen Stühlen. In der Mitte des Raumes steht das Bett auf einem weichen Teppich.
Nachdem Assam die Tür hinter ihnen geschlossen hat, begrüsst er Anuk in ihrem neuen Zuhause. Neben dem Bett stehen ein Nachttisch und eine herzige Lampe, die dem Raum eine warme Atmosphäre verleihen. Anuk öffnet gespannt eine weitere Tür und entdeckt zu ihrer Freude ein eigenes Badezimmer.
Ihre Augen glänzen, als sie die Ausstattung sieht: eine Badewanne, eine Dusche, eine eigene Toilette, ein Spülbecken und ein riesiger Wandspiegel. Nachdem sie alles genau betrachtet hat, wendet sie sich mit einer verwirrten Frage an Assam: «Kleine Frage. Wo ist eigentlich der Kleiderschrank?»
Assam erklärt: «Der Spiegel ist bis du dein Wappen bekommst, dein Wandschrank.» Anuk ist verblüfft und fragt nach einer Erklärung. Assam lädt sie ein, ihr alles zu zeigen.
Gemeinsam stehen sie vor dem Spiegel, und Assam drückt in die Mitte des Spiegels. Plötzlich verfärbt er sich, als hätte er ein Display. Anuk findet sich in einem Menü wieder, das ihr weitere Funktionen bietet. «Wie du siehst, kannst du mit diesem Spiegel auch Post verschicken oder empfangen. Du kannst den Spiegel wie einen Computer benutzen. Dieses Icon hier, das wie ein Shirt aussieht, ist dein Wandschrank.»
Anuk drückt darauf und sieht eine grosse Auswahl an Kleidern, darunter ihre eigenen, die sie nicht mitgenommen hat. Sie bemerkt drei neue Outfits. Assam erklärt: «Dieses hier ist dein Trainingsanzug, der ist für Sport und Kampftraining. Dieses Outfit ist deine Mission-Kleidung, die ziehst du im Aussendienst an. Und dieses hier ist deine Schuluniform, die trägst du eigentlich immer. Deine privaten Kleider trägst du nur, wenn du nach Hause fliegst oder in die Stadt gehen darfst.»
Voller Begeisterung wählt Anuk die Schuluniform aus, und zu ihrer Überraschung beginnt sie hell zu leuchten. Assam gibt ihr ein Zeichen, dass die Führung nun weitergeht.
Assam führt Anuk weiter durch den Gang, der sie schliesslich zu einer Treppe nach unten führt. Unten angekommen, öffnet sich ein grosser Raum vor ihnen. Das Gebäude, in dem sie sich befinden, wirkt von aussen deutlich kleiner, als die Innenräume vermuten lassen.
Sie betreten den Esssaal und setzen ihre Erkundung in den Aufenthaltsräumen und dem Schulflügel fort, bevor sie das Gebäude verlassen. Erklärt Assam: «Ich zeige dir nun die Trainingsräume der vier Grundklassen. Viele Unterklassen existieren, doch nur die vier Grundklassen verfügen über ein eigenes Gelände. Die Unterklassen trainieren jeweils im Bereich der zugehörigen Grundklasse.»