Lord Danby - Mord auf Asher Castle - Guy McLean - E-Book
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Lord Danby - Mord auf Asher Castle E-Book

Guy McLean

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Beschreibung

Urkomisch, skurril und typisch britisch – der humorvolle Landhauskrimi »Lord Danby – Mord auf Asher Castle« von Guy McLean als eBook bei dotbooks. England, 1936: Eigentlich sollte es nur ein Gefallen für seinen Freund Chief Inspector Grover sein, als Lord Danby ihn spontan zu einem Dinner auf Asher Castle begleitet. Dort sind allerdings noch elf andere illustre Gäste geladen – und einer von ihnen ist ein eiskalter Mörder! Doch was könnte sein Motiv sein, sie einen nach dem anderen aus dem Weg zu räumen – und was sollten etwa eine versnobte Adelsdame, ein hitzköpfiger Argentinier, ein Bankier und ein Kommunist gemeinsam haben? Durch heftigen Schneefall von der Außenwelt abgeschnitten, kann Inspector Grover nicht verhindern, dass sich die exzentrischen Gäste auf mannigfaltige Art in Gefahr begeben. Derweil sinniert Danby an der Weinbar darüber, dass der Täter, der bald erneut zuschlägt, mit einem nicht gerechnet hat – nämlich mit ihm! Ein Krimi wie von Agatha Christie – nach dem Genuss mehrerer Gläser ausgezeichneten Portweins: Der große Reihenauftakt um Percival Danby, den faulsten Detektiv des englischen Königshauses. Jetzt als eBook kaufen und genießen: Der Kriminalroman »Lord Danby – Mord auf Asher Castle« von Guy McLean begeistert mit einem ikonischen Ermittler und einem Humorfeuerwerk der Extraklasse. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

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Seitenzahl: 242

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Über dieses Buch:

England, 1936: Eigentlich sollte es nur ein Gefallen für seinen Freund Chief Inspector Grover sein, als Lord Danby ihn spontan zu einem Dinner auf Asher Castle begleitet. Dort sind allerdings noch elf andere illustre Gäste geladen – und einer von ihnen ist ein eiskalter Mörder! Doch was könnte sein Motiv sein, sie einen nach dem anderen aus dem Weg zu räumen – und was sollten etwa eine versnobte Adelsdame, ein hitzköpfiger Argentinier, ein Bankier und ein Kommunist gemeinsam haben? Durch heftigen Schneefall von der Außenwelt abgeschnitten, kann Inspector Grover nicht verhindern, dass sich die exzentrischen Gäste auf mannigfaltige Art in Gefahr begeben. Derweil sinniert Danby an der Weinbar darüber, dass der Täter, der bald erneut zuschlägt, mit einem nicht gerechnet hat – nämlich mit ihm!

Der große Reihenauftakt um die kriminalistischen Heldentaten des Percival Danby, dem wohl faulsten Detektiv des englischen Königshauses.

Über den Autor:

Guy McLean ist ein Pseudonym des Autors Stefan Lehnberg. Er ist ein wahres Multitalent. Schauspiel, Regie, Schriftstellerei – in all diesen (und zahllosen weiteren) Bereichen ist der Wahlberliner unglaublich erfolgreich. Er ist nicht nur der Verfasser der Lord-Danby-Reihe und mehrerer Theaterstücke, sondern war unter anderem als Autor für Harald Schmidt und Anke Engelke tätig. Seine tägliche Radiocomedy »Küss mich, Kanzler«, bei der Lehnberg als alleiniger Autor, Regisseur und männlicher Hauptdarsteller fungierte, brachte es auf über 3000 Folgen, und sein Roman »Mein Meisterwerk« wurde mit dem Ephraim-Kishon-Satirepreis ausgezeichnet. Weitere Höhepunkte seiner Karriere markieren die Veröffentlichung von »Das persönliche Tagebuch von Wladimir Putin«, »Comedy für Profis – Das Praxisbuch für Autoren und Comedians« sowie die drei Goethekrimis »Durch Nacht und Wind«, »Die Affäre Carambol« und »Die Briefe des Ikarus«. Außerdem sieht er gut aus, ist hochintelligent und verfügt über einen edlen Charakter. Doch ist ihm nichts davon zu Kopf gestiegen. Im Gegenteil: Er ist immer der sympathische Kumpel von nebenan geblieben, der sich auch keineswegs zu schade ist, mal ein paar biographische Zeilen über sich selbst zu schreiben. 

Die Website des Autors: www.Lehnberg.com/

In der Reihe um »Lord Danby« veröffentlichte Guy McLean bisher die Romane:

»Lord Danby – Mord auf Asher Castle«

»Lord Danby – Die Deauville-Affäre«

Alle Romane sind als eBooks, Printausgaben und Hörbücher erhältlich. Weitere Bände sind in Vorbereitung.

Unter T. H. Lawrence erschien außerdem »Der Teufel von Dublin«, eine Anthologie neuer Father-Brown-Krimis.

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Originalausgabe Oktober 2022

Copyright © der Originalausgabe 2022 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Redaktion: Ralf Reiter

Titelbildgestaltung: Wildes Blut – Atelier für Gestaltung Stephanie Weischer unter Verwendung mehrerer Bildmotive von © shutterstock

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (rb)

ISBN 978-3-98690-020-5

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Dieser Roman wurde gefördert durch

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Guy McLean

Lord Danby – Mord auf Asher Castle

Der erste Fall

dotbooks.

Dramatis Personae

Lord Percival Danby

Basil Grover – Chief-Inspector bei Scotland Yard

Jack Prowley – Kommunist

Lady Edwina St. Clair – Lord Ashers Cousine

Miss Briggs – Lady Edwinas Krankenschwester

Rupert Massey – Immobilienhändler

Sardar – Indischer Sekretär von Rupert Massey

Eduardo Casares – Argentinier

Augustus Badel – Physikprofessor

Emerald Tate – Schauspielerin

Sir Randolph Woolridge – Bankier

Hyacinth Smith – Schriftstellerin

James Morton – Kapitän zur See a. D.

Cecil Galloway – Schauspieler

Metcalfe – Butler

sowie

???

»Sparen ist eine sehr schöne Sache.

Besonders, wenn es die Eltern für einen erledigt haben.«

Winston Churchill

Erster Teil

Kapitel 1

»Es gibt in der Tat nichts Langweiligeres auf der Welt als einen Kriminalroman«, sagte ich zu Chief-Inspector Grover, der neben mir auf dem Beifahrersitz saß, während wir in meinem schwarzen 1935 Rolls Royce Phantom Jonckheere Coupé durch die verschneiten Landschaften von Wiltshire brausten und ... Doch halt! Wo bleiben meine Manieren? Vielleicht sollte ich mich erst einmal vorstellen. Mein Name ist Lord Percival Danby. Ich bin – und werde es immer sein – ein Jahr jünger als das glorreiche Jahrhundert, in dem wir leben. Wir schreiben das Jahr 1936 (nun wird es Ihnen ein Leichtes sein, mein Alter zu errechnen) und das Britische Weltreich wird seit einem Monat von seiner Majestät Edward VIII. regiert. Möge es noch etliche Jahrzehnte so weiter gehen. Ich selbst bin zwar auch weitläufig mit der Königsfamilie verwandt, doch mein momentaner Platz auf der Liste der Thronfolger ist die Nummer 299, was es zwar nicht gänzlich unmöglich macht, dass ich mich dereinst Heinrich IX. von Gottes Gnaden König des Vereinigten Königreiches Großbritannien und Nordirland und ihrer anderen Königreiche und Territorien, Kaiser von Indien, Oberhaupt des Commonwealth und Verteidiger des Glaubens nennen darf, aber eben doch sau-unwahrscheinlich. Was im Übrigen gänzlich in meinem Sinne ist. Ein Leben, das vornehmlich daraus besteht, seine Zeit damit zu verplempern, auf Balkonen huldvoll mit der Hand zu wedeln, huldvolle Reden zu halten und mit stumpfen Schwertern irgendwelchen Leuten huldvoll auf die Schulter zu patschen, ist nichts für den alten Percy Danby. Verstehen Sie mich nicht falsch, irgendwer sollte das schon erledigen – wo wäre Großbritannien ohne diesen edlen Klimbim? – aber eben nicht ich. Ich habe auch ohne ständiges Verbreiten von Huldvolligkeit mit Tonnen von Ungemach zu kämpfen. Es ist schon unerquicklich genug, dass ich mich anlässlich jedes Weihnachtsfestes und zu verschiedenen weiteren Anlässen im Buckingham Palace (oder wie die Personen, die dort reindürfen, es nonchalant nennen: »Buckhouse«) einzufinden habe. Wobei ich damit selbstredend in keiner Weise etwas gegen seine Majestät und ebenso wenig gegen die charmante Dame seines Herzens, Mrs. Wallis Simpson, gesagt haben will. Im Gegenteil! Es ist die übrige Verwandtschaft, die mir solche Besuche zur Höllenqual werden lässt. Langweilige Langweiler, die so unfassbar langweilig sind, dass es sich nicht mit Worten (und auch nicht mit etwas anderem) beschreiben lässt. Schlimmer noch als die Langweiler sind nur noch zwei Teufel in Menschengestalt, deren einziger Lebenszweck darin zu bestehen scheint, liebenswerten, harmlosen Zeitgenossen, die ihre Schnürsenkel unter dem Tisch nicht angezündet haben möchten (hier wäre in erster Linie ich zu nennen), das Leben durch solch infernalische Streiche zu vergällen. Sie haben wahrscheinlich längst erraten, von wem ich spreche. Richtig: von den beiden Nichten seiner Majestät, Lilibet und Margaret, zehn und sechs Jahre alt. Gewiss, es sind Kinder, aber ist das eine Entschuldigung für ein derart kindisches Verhalten? Nicht, wenn man zur königlichen Familie gehört! Gottlob sind es nicht die Töchter seiner Majestät, sondern nur die seines Bruders, aber man stelle sich nur einmal vor, was los wäre, wenn einer dieser Satansbraten jemals auf den Thron gelangen würde. Noch ehe fünf Jahre (eher vier oder drei, wenn nicht gar nur eins) ins Land gegangen wären, würde das einstmals stolze Empire in Trümmern liegen. Eine Katastrophe!

Apropos Katastrophe, das bringt mich auf das Problem, zu dem Chief-Inspector Grover und ich in diesem Moment unterwegs waren. Das Problem war sechsundzwanzig Jahre alt, blond, hörte auf den Namen Lucilla Davenport und war davon überzeugt, dass wir beide verlobt seien. Miteinander! Wie dieser Gedanke sich in ihr (durchaus) hübsches Köpfchen einnisten konnte, soll hier nicht lang und breit zum Thema gemacht werden. (Es ist nicht gänzlich auszuschließen, dass ich ihr so eine Art Antrag gemacht habe; man sagt so manches, wenn man gerade nichts Besseres zu tun hat.) Entscheidend war vielmehr, dass dieser Gedanke nun um jeden Preis wieder aus besagtem Köpfchen ausgenistet werde musste. Und zwar endgültig, unwiderruflich und mit Stumpf und Stiel! (Ich hoffe, ich drücke mich verständlich aus.) Im Grunde ist gegen besagte junge Dame nichts zu sagen, mit Ausnahme vielleicht des Umstandes, dass sie aufgrund ihrer Vernarrtheit in Zigaretten aus größerer Entfernung nur schwerlich von einem Schornstein zu unterscheiden ist, und natürlich kann man es einer jungen Dame auch nicht verargen, wenn sie nach einem jungen reichen Lord, der überdies auch noch zu den bestaussehenden Junggesellen des britischen Adels gehört, schmachtet. Doch bei allem verständlichen Rumgeschmachte darf keinesfalls übersehen werden, dass die Ehe zwar eine feine Sache ist, die durchaus von zahlreichen Leuten fleißig betrieben werden sollte – wo wäre Großbritannien ohne die Ehe? – aber eben nicht von mir. Nun ist bei Damen, die praktisch ihre gesamte Freizeit mit Schmachten verbringen (für das Rauchen benötigt Lucilla keine eigene Zeit, da sie es versteht, gleichzeitig zu rauchen und zu schmachten) mit vernünftigen Argumenten kein Blumentopf zu gewinnen. Aus diesem Grund hatte ich meinen alten Freund Chief-Inspector Basil Grover mitgenommen. Nun ja, »Freund« mag vielleicht ein wenig übertrieben sein. Als wir uns vor einigen Jahren zum ersten Male über den Weg gelaufen waren – der genaue Anlass ist mir entfallen – hatte er wenig Eindruck bei mir hinterlassen. Nachdem sich jedoch unsere Pfade einige weitere Male gekreuzt hatten, kam es zu meiner Kenntnis, dass Grover einen großen Bernhardiner namens Snubby sein Eigen nannte, der zwar im Aussehen ein wenig – genaugenommen sogar sehr stark – Grover ähnelte, den ich jedoch trotzdem sogleich ins Herz schloss. Ich liebe Hunde, aber wiewohl ich es befürworte, dass viele Menschen einen Hund halten – wo wäre Großbritannien ohne seine berühmten Hunde? – ist das für mich persönlich nicht das Wahre. Man ist doch zu sehr angebunden. Nicht der Hund – der natürlich auch – sondern der Halter. Dagegen allerdings, den Hund eines anderen Halters gelegentlich zu besuchen und ein oder zwei Stöckchen zu werfen und Ähnliches, ist nichts zu sagen, und das ist im Grunde die Geschichte meines Verhältnisses zu Chief-Inspector Grover, wenn es auch nicht zu leugnen ist, dass im Laufe der Jahre ein gewisser Gewöhnungseffekt eingetreten sein dürfte, den schwärmerische Naturen vielleicht sogar als so etwas wie eine Freundschaft bezeichnen wollten. Es sei ihnen vergönnt.

Lucilla hatte mich also zu einem Weekend auf dem Landsitz ihrer Eltern eingeladen, zweifellos Romantisches, wenn nicht gar Hochzeitplanendes, im Schilde führend, was sich geradezu diametral entgegengesetzt zu meinen eigenen Interessen verhielt. Nun hätte ich natürlich die Einladung schnöde ablehnen können, doch eine solche Handlungsweise ist etwas für blutige Anfänger. Mein Plan hingegen sah vor, die Einladung anzunehmen und – quasi als besondere Surprise – Chief-Inspector Grover mitzubringen, der allein durch sein äußeres Erscheinungsbild jeglichen Gedanken an Romantik flächendeckend im Keim ersticken würde. Er strahlt grundsätzlich eine missmutige Resigniertheit aus (oder ist es eine resignierte Missmutigkeit?), sein Blick ist trübe (hierin gleicht er Snubby am meisten), seine Frisur – eigentlich kann man es nicht Frisur nennen, also seine Haare liegen graubraun und müde auf seinem Kopf herum, so dass Grovers ganzes Erscheinungsbild bestens geeignet ist, selbst den ausgelassensten Springinsfeld stante pede in tiefste Betrübnis zu versetzen, woran auch Grovers prächtiger Schnurrbart (seine Worte, nicht meine) nichts zu ändern vermag.

Zur hoffentlich größten Enttäuschung Lucillas stand also kein Tête à Tête zu zweit auf dem Programm, sondern ein Höflichkeitsbesuch mit Anstandswauwau, was in diesem Fall keine Anspielung auf Grovers Ähnlichkeit mit Snubby sein soll. Aus meiner Sicht ein perfekter Plan, um der jungen Dame durch die Blume zu verstehen zu geben, wo der Hammer hing, und ihr zarte Herzensregungen jeglicher Art gründlich madig zu machen.

Natürlich ist es nicht Chief-Inspector Grovers Hauptanliegen, jungen Damen zarte Herzensregungen jeglicher Art madig zu machen, ihm obliegen wichtigere Dinge, und daher musste ich ihm im Gegenzug ebenfalls einen Gefallen erweisen: Einen gewissen Lord Asher dürstete es offenbar nach dem Rat eines waschechten Londoner Chief-Inspectors, und da der Lord zufällig auch ein Schulfreund des Chief-Superintendents war (dem Vorgesetzten von Grovers Vorgesetzten), hatte sich der gute Chief-Inspector dieser Bitte nicht ernstlich erwehren können. Natürlich verspürte er keinerlei Lust auf diese Einladung und da Lord Ashers Anwesen einige Meilen hinter Glastonbury und somit fast auf dem Wege zum Ort der Einladung lag, zu der ich keine Lust verspürte, waren wir übereingekommen, dass er nicht nur in den Genuss einer Fahrt mit meinem prächtigen Automobil und meiner exzellenten Fahrkünste kommen würde, sondern dass ich überdies als zwingender Grund für seine alsbaldige Weiterreise nach höchstens zwei Stunden herhalten würde.

All dies eingedenk, sausten wir also mit meinem Rolls Royce Grovers Gastgebern entgegen. Ich hatte immer noch mit einem Kater vom Vortag zu kämpfen, den ich mir anlässlich des Besuches einer Schiffstaufe zugezogen hatte. (Ich glaube zumindest, dass es eine Schiffstaufe war, irgendetwas wurde jedenfalls geworfen.) Wir unterhielten uns über dieses und jenes, wobei Grover irgendwann äußerte, dass er dann und wann einen Kriminalroman von Agatha Christie oder Dorothy Sayers durchaus zu schätzen wusste und dass diese von unbestreitbarer Qualität seien. Da ich es nicht gutheiße, wenn in meiner Gegenwart Unzutreffendes geäußert wird, sah ich mich veranlasst, die Dinge richtig zu stellen, was schließlich in jenem bereits oben erwähnten Ausspruch meinerseits gipfelte: »Es gibt wirklich nichts Langweiligeres auf der Welt als einen Kriminalroman.« Da dies Grover noch nicht gänzlich zu überzeugen schien, fuhr ich fort: »Es ist doch schon unerquicklich genug, dass im wirklichen Leben alle fünf Minuten jemand dahingemetzelt wird. Man sollte alles tun, um das schnellstmöglich zu vergessen, und nicht auch noch genüsslich darauf herumreiten. Wobei man jedem echten Mörder zugutehalten muss, dass er in der Regel einen guten Grund hat, der es ihm ratsam erscheinen lässt, eine solche Tat zu begehen, sonst würde er die damit häufig verbundenen Unannehmlichkeiten ja gar nicht auf sich nehmen. Auch sind die meisten Mörder auf äußerste Diskretion bedacht. Niemals würde es einem von ihnen einfallen, seine Mitmenschen (mit Ausnahme des Opfers natürlich) damit zu belästigen. In Paraphrasierung eines alten Spruchs bin ich beinahe versucht zu sagen: Der Gentleman erschießt und schweigt. Verfasser von Kriminalromanen hingegen können diese mildernden Umstände nicht für sich geltend machen. Legionen unschuldiger Leser werden mit allen unappetitlichen Details behelligt, was umso überflüssiger ist, da der Mord ohnehin nur ausgedacht ist. Betrüblicherweise kommt hinzu, dass man einen Mörder aufhängen kann, einen Krimischreiberling jedoch nicht. Das heißt, man könnte es natürlich schon, aber ich sage jetzt schon voraus, dass man sich auf die eine oder andere erhobene Augenbraue gefasst machen sollte und von einigen Herrschaften sogar durchaus schief angesehen würde.«

In dieser Art redete ich noch ein ganzes Weilchen munter auf Grover ein, versuchte bei dieser Gelegenheit, ihn für die Vorzüge der Philosophie der Vorsokratiker zu gewinnen, über die ich gerade kürzlich ein ganz famoses kleines Büchlein gelesen hatte, und schließlich konnte er nicht umhin, mir vollumfänglich zuzustimmen, was er mir, etwas stoffelig, wie es nun mal seine Art ist, vermittels eines brummigen Schweigens zu verstehen gab.

Nach etwa einer weiteren Stunde kam mir der Gedanke, dass es durchaus begrüßenswert wäre, wenn sich unsere Fahrt nun langsam dem Ende zuneigte, denn seit einiger Zeit hatte heftiges Schneetreiben eingesetzt, welches das Steuern des Wagens selbst für einen erprobten Automobilisten wie mich zu einer Herausforderung machte. Zudem stand das Thermometer auf zehn Grad minus und es ist wohl nicht übertrieben, wenn ich sage, dass der Entschluss, an diesem Tage eine Spritztour aufs Land zu unternehmen, die dusseligste Idee war, seit Julius Cäsar seinem Freund Brutus zum Geburtstag einen Dolch geschenkt hatte. Endlich – als ich einmal kurz die Gelegenheit hatte, zwischen zwei nicht so eng nebeneinander fallenden Schneeflocken hindurch zu spähen – sah ich in der Ferne, inmitten unendlicher Schneelandschaft, die Silhouette unseres ersten Zieles auftauchen: Asher Castle. Ein reiner Betrug, wenn Sie mich fragen. Es handelt sich um ein, zugegebenermaßen großes, Herrenhaus, das auch einen ausreichend abweisenden Eindruck vermittelt, aber ein Castle ist es nun wirklich nicht. Daran ändert auch der kleine Turm nichts, den man auf die linke Seite gesetzt hat wie einen unpassenden Bauklotz und der ganz offensichtlich lediglich dazu dient, den Namen Castle in letzter Sekunde doch noch irgendwie zu rechtfertigen. Castle! Dass ich nicht lache! Dieses »Castle« würde ich Ihnen noch nach einer ganzen Flasche Brandy mit einem Holzschwert in fünf Minuten erobern. Aber wie auch immer, die Ashers schienen mit diesem Schwindel nun schon seit einigen Jahrhunderten durchzukommen, was vielleicht zu einem nicht unbeträchtlichen Anteil darin begründet lag, dass dieses Anwesen so abgelegen war, dass sich hier Fuchs und Hase gute Nacht sagten. Wobei ich sogar vermute, dass der Fuchs – und selbst der Hase – viel zu schlau sind, um sich ausgerechnet hier gute Nacht zu sagen, und dass sie das in Wirklichkeit an einem viel besseren Ort tun.

Nach ein paar Minuten erreichten wir ein kleines Flüsschen, über das eine alte Holzbrücke führte, die so schmal war, dass mein Automobil gerade so eben darauf Platz fand, und die überdies so alt war, dass sie unter dessen Last höchst bedenklich knarrte und ächzte. Mir graute bereits davor, auf dem Rückweg ein zweites Mal darauf zu fahren – man soll sein Glück nicht über Gebühr herausfordern – aber es würde sich wohl nicht vermeiden lassen, solange ich nicht vorhatte, mit meinem Rolls Royce meilenweit über verschneite und hartgefrorene Äcker zu rumpeln und unweigerlich mit gebrochener Achse liegen zu bleiben.

Wir hatten die Brücke soeben überquert, als uns aus dem undurchdringlichen Schneegestöber ein weiteres Automobil entgegenkam und ich nur durch ein scharfes Herumreißen des Lenkrades und ein noch schärferes Treten des Bremspedals

einen Frontalzusammenstoß in letzter Sekunde verhindern konnte. Der Fahrer des anderen Wagens, offenbar ein Taxi, schien ein ähnliches Manöver vollführt zu haben, denn unsere beiden Gefährte kamen nebeneinander, wenn auch in entgegengesetzten Richtungen, zum Stehen. Am anderen Steuer saß ein Mann mit Schiebermütze, der mich dümmlich (was mir passend erschien), aber keineswegs schuldbewusst (was mir weniger passend erschien) anstierte. Nachdem er mit dem Stieren fertig war, fuhr er weiter und ich sah ihn sich im Rückspiegel über die Holzbrücke entfernen. Auch ich setzte meinen Weg fort und parkte schließlich seitlich vom Schloss, wo bereits zwei Automobile standen. Alsdann stiegen Grover und ich aus und stapften mit knirschenden Schritten durch den tiefen Schnee in Richtung Schlosseingang. Der Wind aus Nordost blies so heftig, dass wir uns mit aller Kraft dagegenstemmen mussten, um voranzukommen. Der herumwirbelnde Schnee machte uns praktisch blind und die Kälte ließ uns schlottern wie Eiswürfel in einem Cocktail-Shaker. Obwohl es nicht mal eine Minute gedauert haben mochte, bis wir das Schloss erreicht hatten, kam sie mir wie eine halbe Ewigkeit vor und reichte völlig aus, um mir absolute Gewissheit darüber zu verschaffen, wie Robert Scott sich beim Erreichen des Südpols gefühlt haben musste. Da ich nicht nur ein Automobil gesteuert, sondern, was erschwerend hinzukam, dies im Beisein (um nicht zu sagen unter Aufsicht) eines Chief-Inspectors von Scotland Yard getan hatte, war ich, ganz gegen meine Gewohnheit, nüchtern wie ein Bischof und sehnte mich mit jeder Faser meines Körpers danach, mir einen oder besser noch zwei wärmende Grogs aus Lord Ashers hoffentlich makellos sortierter Hausbar einzuverleiben. Vorzugsweise an einem Kamin stehend, oder besser noch an zwei Kaminen. Vor Kälte zitternd erklommen wir die Freitreppe vor dem mächtigen Hauptportal und ich sah zu, wie Grover den schweren Türklopfer betätigte. Als ich zufällig einen Blick auf den Weg warf, den wir soeben genommen hatten, bemerkte ich, dass unsere Spuren im Schnee bereits wieder von zahllosen weiteren Flocken ausgelöscht worden waren.

Kapitel 2

»Willkommen, Genossen!« Mit diesen Worten begrüßte uns der Mann, der die Tür geöffnet hatte. Nicht gerade die Begrüßung, die man vom Butler eines Lords erwartet, aber Grover und ich waren inzwischen so durchgefroren, dass wir uns notfalls mit Josef Stalin persönlich verbrüdert hätten, wenn er uns dafür nur in seine geheizte Stube eingeladen hätte. So drängelten wir uns also irgendwelche Grüße murmelnd an ihm vorbei ins warme Innere des Hauses und vernahmen mit grimmiger Genugtuung, wie die Tür krachend hinter uns geschlossen wurde und somit die Eishölle da draußen nicht länger unser Problem war. Die Eingangshalle von Asher Castle entsprach weit mehr meiner Vorstellung von einem Schloss als das Äußere des Hauses. Sie maß etwa vierzig mal vierzig Fuß im Quadrat und eine gewaltige Freitreppe in der Mitte führte in den ersten Stock. An den Wänden hingen Gobelins und Gemälde von Lord Ashers illustren Ahnen. Außerdem Schwerter, Streitäxte, Hellebarden, Schutzschilde und ausgestopfte Jagdtrophäen. Irgendwo schlug eine Uhr einmal. Es war viertel nach zwölf. Bildete ich es mir nur ein oder hing ein Geruch von köstlichem Mittagessen in der Luft? Während wir mit den Füßen stampften und unsere Mäntel abklopften, um uns vom Schnee zu befreien, nahmen wir den Mann, der uns geöffnet hatte, näher in Augenschein. Er war Mitte dreißig und trug einen groben, braunen Anzug, der dringend des Bügeleisens bedurft hätte. Seine Krawatte war liederlich gebunden, sein struppiges rötlichbraunes Haar schlecht gekämmt und ein buschiger Vollbart sowie eine krumme Körperhaltung vollendeten den unvorteilhaften Gesamteindruck. Natürlich kann sich nicht jeder so formidable Schneider leisten, wie es mir nun einmal vergönnt ist, und erst recht versteht es nicht jeder, seine Anzüge mit der dazu erforderlichen eleganten Weltläufigkeit zu tragen, aber ein Mindestmaß an Bemühen darf man doch wohl erwarten. War es nicht Marcel Proust, der gesagt hat: »Die Eleganz des Engländers liegt weniger in seiner Kleidung als in seinem Körper und dieser scheint sie von der Seele zu bekommen«. Für mich stand somit fest: Dieser Mann war kein Gentleman und wahrscheinlich nicht wirklich ein Engländer.

Mit einer ungelenken Armbewegung streckte er uns die Hand entgegen und verkündete mit tiefer Stimme: »Jack Prowley, Liverpool.«

Grover und ich warfen uns einen befremdeten Blick zu.

Wer war dieser Mann? Abgesehen davon, dass er Jack Prowley hieß, aus Liverpool kam und offenbar, was ich aus der Art, wie er uns als Genossen bezeichnet hatte, schloss: Kommunist. Etwas das mir völlig fremd war. Aus purer Neugier (wir Danbys sind berühmt für unsere Neugier) hatte ich mir vor einigen Jahren mal das Buch »Das Kapital« von diesem Karl Marx besorgt, war aber nach der ersten halben Seite eingeschlafen. Dies war also das erste Mal, dass ich einem leibhaftigen Kommunisten Aug in Aug gegenüberstand – nicht eingerechnet die Tochter von Lord und Lady Bosworth. Die Kleine war bis dato durchaus ein süßer Fratz gewesen, doch bald nach Erreichen ihrer Volljährigkeit litt sie urplötzlich an Kommunismus und traktierte nicht nur ihre geplagten Eltern, sondern auch mich und einige weitere Gäste einen halben Nachmittag mit einem Vortrag darüber, dass die Produktionsmittel in die Hand des Proletariats gehörten und Pipapo. Glücklicherweise war Lady Bosworth geistesgegenwärtig genug, schließlich zu erklären, dass das Proletariat ohne Abendessen ins Bett müsse, wenn es nun nicht den Mund halte. Das bewirkte eine Spontanheilung und wie ich hörte, widmet sich die kleine Bosworth inzwischen mit einigem Talent der Aquarellmalerei.

Allerdings waren durchaus Zweifel angebracht, dass die gleiche Methode auch bei Mr. Prowley so schöne Erfolge zeitigen würde. Daher – und weil die Wärme des Hauses nur langsam in unsere durchgefrorenen Knochen drang – ließen ich und Chief-Inspector Grover es ebenfalls bei der kürzestmöglichen Vorstellung bewenden:

»Grover.«

»Danby.«

Prowley maß uns mit einem Blick, als seien wir seine besten Freunde und eben aus einer zehnjährigen Zuchthaushaft entlassen worden. Es fehlte nicht viel und er hätte uns umarmt.

Da sich seltsamerweise noch immer kein Butler blicken ließ, entledigten wir uns unserer Hüte und Mäntel und warfen sie auf eine riesige alte Holztruhe, auf der schon einige andere Mäntel lagen. Dann führte Prowley uns durch einen Vorraum und öffnete eine große Tür.

Wir traten ein und fanden uns einer Gesellschaft bestehend aus zehn Damen und Herren gegenüber, die um eine lange und reich gedeckte Speisetafel saßen und deren zehn Köpfe nun, gewissermaßen mit einem einzigen Ruck, zu uns herumfuhren und uns anstarrten. Aus einigen Gesichtern las ich Neugier, aus anderen Freude und aus wieder anderen Verärgerung. Besonders das Vorhandensein der letztgenannten Gefühlsregung verwunderte mich ein wenig, denn normalerweise muss man mich hierfür zumindest einige Minuten kennen. Ein älter Herr mit weißem Backenbart erhob sich und sah mich fragend an. »Lord Asher?«

Bevor ich antworten konnte, schaltete sich eine totenblasse Lady in einem schwarzen Seidenkleid, die ich auf Mitte sechzig schätzte, ein. Sie trug eine zweifellos überaus kostbare goldene Brosche, die mit Diamanten besetzt war, und hatte vermittels eines Lorgnons zuerst strenge Blicke auf Grover und mich gerichtet und verkündete nun mit einer Stimme, die dem Klang eines Nebelhorns nicht unähnlich war: »Nein, das ist er nicht.« Dann fasste sie wieder mich ins Auge. »Lady Edwina St. Clair. Und mit wem haben wir die Ehre?«

»Lord Danby«, antwortete ich mit einer kleinen Verbeugung.

Die Neugier und Freude, die eben noch auf einige Gesichtern vorhanden gewesen war, erstarb augenblicklich, so dass nun aus sämtlichen Mienen Enttäuschung sprach. Konsterniert wandte man sich wieder dem Essen zu. Auch dass der Chief-Inspector ein hölzernes »Grover« in die Runde warf, wurde schweigend zur Kenntnis genommen. (Wenn überhaupt.) Unser neuer bester Freund, Jack Prowley, klopfte Grover auf die Schulter und machte eine wegwerfende Handbewegung, die wohl besagte, dass wir die unfreundliche Begrüßung der anderen Tischgäste nicht so wichtig nehmen sollten, und forderte uns auf, Platz zu nehmen. Da es nur noch zwei freie Stühle gab und ich nicht eingeladen war, blieb Grover nichts anderes übrig, als sich an die Stirnseite der Tafel zu setzen, üblicherweise der Platz des Hausherrn. Grover tat es mit sichtlichem Unbehagen. Nervös schielte er zur Tür, offenbar um bereit zu sein, seinen Stuhl stante pede zu räumen, sollte Lord Asher erscheinen. Da uns die anderen Gäste nicht mehr beachteten und sich nach wie vor kein Bedienter blicken ließ, füllten wir uns selbst die Teller und aßen. Nachdem ich einige Bissen zarten Kalbsbraten verspeist und ein Glas eines recht guten Clarets geleert hatte, kehrten meine eingefrorenen Lebensgeister langsam zurück und ich begann mich zu fragen, was der Anlass für diese ungewöhnliche Zusammenkunft sein mochte. Ich wusste, dass Lord Asher den Rat Scotland Yards in Gestalt von Chief-Inspector Grover erheischte, aber aus welchem Grunde mochten sich wohl die anderen Gäste hier aufhalten? Denn um solche handelte es sich eindeutig. Die Art, wie man uns begrüßt hatte, ließ keinen Zweifel daran zu, dass niemand der Anwesenden hier zu Hause war. Weit mehr noch als dies fragte ich mich allerdings, warum weder der Gastgeber noch Personal anwesend war. Es stand zu hoffen, dass Lord Asher bald erscheinen würde, um dann unverzüglich Grovers Expertise einzuholen, so dass wir unsere Reise würden fortsetzen können und so noch vor Einbruch der Dunkelheit unser eigentliches Ziel erreichen würden. Doch einstweilen mussten wir uns wohl noch in Geduld fassen und in dieser Tischgesellschaft ausharren, die mir mit jedem Moment kurioser erschien. Es wurde nur das Allernötigste gesprochen, beispielsweise, wenn man seinen Sitznachbarn bat, das Salz herüberzureichen, und ansonsten war das Klappern des Bestecks fast das Einzige, was man vernahm. Stattdessen musterte man sich mit verstohlenen Blicken. Manche dieser Blicke waren neugierig, manche misstrauisch und es waren auch ängstliche Blicke darunter. Auf einigen Lippen glaubte ich ein kleines wissendes Lächeln zu erkennen, ganz so, als ob die jeweilige Person mehr Informationen über den Zweck dieses Treffens besaß, nicht aber vorhatte, diese mit den übrigen zu teilen. Ich fand das Ganze einigermaßen belustigend und nun begann auch ich, den einen oder anderen diskreten Blick schweifen zu lassen, um mir einen Überblick über die anderen Gäste zu verschaffen, zumindest über diejenigen, die ich von meinem Platz aus sehen konnte, ohne mich neugierig vorbeugen zu müssen.

Mir gegenüber saß ein Mann, der etwa fünfzig sein mochte.

Er war stämmig, aber eher muskulös als dick. Sein Gesicht war kantig und cholerisch gerötet. Er trug sehr kurzgeschorenes dunkelblondes Haar, was ihn zusammen mit seinen eng zusammenstehenden kleinen Augen, einer tiefen Zornesfalte über der Nase und einem harten Mund gefährlich aussehen ließ. Ein Mann, den man besser nicht wütend machte, wozu angesichts seiner offenbar dreiviertelwütenden Grundstimmung wahrscheinlich nicht allzu viel gehörte. Er trug einen teuren, aber nicht besonders geschmackvollen grauen Anzug. Wenn nicht die Art seiner messerscharfen Blicke, die von Zeit zu Zeit bei ihm aufglühten, einigen Scharfsinn verraten hätte, würde ich ihn als einen ehemaligen Berufsringer eingeschätzt haben, der reich geerbt hatte.

Neben ihm saß ein sehr hagerer Inder, ich schätzte ihn auf Ende zwanzig, der auf mich einen ängstlichen Eindruck machte. Er sah fast nie von seinem Teller auf, nahm nur winzige Bissen und hielt beim Schneiden des Fleisches die Ellenbogen dicht an den Körper gepresst.

Als nächster folgte der ältere Herr mit dem weißem Backenbart. Er hatte ein wettergegerbtes Gesicht, aus dem zwei hellblaue Augen listig hervorblitzten. Ich hätte meinen Rolls Royce gegen einen verbeulten Zylinder gewettet, dass dieser Mann viele Jahre zur See gefahren war.

Zu seiner Rechten wurde mein Blick durch eine sehr schöne Dame mit flammend rotem Haar und ebensolchen Lippen erfreut, die mir kokett zulächelte (was ich mit einem vielsagenden Heben der linken Augenbraue erwiderte) und die eindeutig etwas Künstlerisches ausstrahlte.