Lost Land 3: Lost Land - Jonathan Maberry - E-Book

Lost Land 3: Lost Land E-Book

Jonathan Maberry

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Beschreibung

Tom ist tot. Damit muss Benny Imura den Überlebenskampf gegen die Zombies ohne seinen großen Bruder weiterführen. Zum Glück hat er weiterhin seine Freunde um sich. Sie stellen fest, dass die Zombies schneller und geschickter werden und fragen sich, ob sie womöglich anfangen zu denken? Sie stoßen auf Mother Rose und ihre Todessekte, deren Getreuen als Ziel haben, die Menschheit auszurotten und den Überlebenden zum "Geschenk der Finsternis", also zum Tod, zu verhelfen. Auch das Flugzeug taucht wieder auf - wird es Benny und seinen Freunden den Weg in die Freiheit zeigen oder werden die Freunde der endgültigen Befreiung der Welt von der Plage Mensch zum Opfer fallen?

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Autorenvita

© Jonathan Maberry

Jonathan Maberry gehört zu den Bestsellerautoren der New York Times, ist mehrfacher Gewinner des Bram Stoker Award und Autor von Marvel Comics. Zu seinen bisher erschienenen Romanen gehören Assasin’s Code, Dead of Night, Patient Null, Lost Land – Die Erste Nacht und Lost Land – Der Aufbruch. Seine Sachbücher reichen von Themen wie Kampfsport bis zur Zombie-Popkultur. Seit 1978 hat Maberry über eintausendzweihundert Zeitschriftenartikel, dreitausend Kolumnen, zwei Theaterstücke, Grußkarten, Songtexte, Gedichte und Lehrbücher verfasst. Er unterrichtet weiterhin »Experimental Writing for Teens«, ein Programm für Jugendliche, das er ins Leben gerufen hat. Außerdem gründete er das Writers Coffeehouse, ist Mitbegründer des Liars Club und hält häufig Vorträge in Schulen und Bibliotheken. Darüber hinaus ist er ein gefragter Redner und Ehrengast bei wichtigen Autoren- und Genre-Konferenzen. Jonathan lebt zusammen mit seiner Frau Sara und seinem Sohn Sam in Bucks County in Pennsylvania. Mehr über ihn gibt es online auf www.jonathanmaberry.com, auf Twitter (@jonathanmaberry) und auf Facebook.

Buchinfo

Tom ist tot. Damit muss Benny Imura den Überlebenskampf gegen die Zombies ohne seinen großen Bruder weiterführen. Zum Glück hat er weiterhin seine Freunde um sich. Sie stellen fest, dass die Zombies schneller und geschickter werden und fragen sich, ob sie womöglich anfangen zu denken?

Sie stoßen auf Mother Rose und ihre Todessekte, deren Getreuen sogenannte Schnitter sind – mit kahl rasierten, tätowierten Köpfen und aufgestickten Engelssymbolen auf der Kleidung. Sie sollen helfen, die Menschheit auszurotten und den Überlebenden zum »Geschenk der Finsternis«, also zum Tod, zu verhelfen.

Auch das Flugzeug taucht wieder auf – wird es Benny und seinen Freunden den Weg in die Freiheit zeigen oder werden die Freunde der endgültigen Befreiung der Welt von der Plage Mensch zum Opfer fallen?

Dieses Buch ist allen Bibliothekarinnen und Bibliothekaren gewidmet.

(Okay, okay, ich geh ja schon nach hinten und bin leise.)

Und – wie immer – für Sara Jo.

Ich werde sterben, dachte Benny Imura.

Die hundert Zombies, die ihn jagten, schienen der gleichen Meinung zu sein.

Eine Viertelstunde zuvor hatte noch nichts und niemand versucht, Benny Imura zu töten.

Benny hatte auf einem flachen Stein gesessen, sein Schwert geschärft und gegrübelt. Er war sich der Tatsache bewusst, dass er grübelte. Er hatte sogar eine grüblerische Miene parat, für den Fall, dass andere Leute in seine Nähe kamen. Aber jetzt, da er sich unbeobachtet fühlte, ließ er seine Maske fallen. Die melancholischen Gedanken gingen tiefer und waren sinnvoller, wenn er mit sich allein war, doch sie machten auch weniger Spaß. Wenn man mit sich allein ist, kann man keinen Witz reißen, um den Augenblick erträglicher zu machen.

Seit er von zu Hause fort war, hatte es für Benny nur wenige Augenblicke gegeben, die sich gut anfühlten.

Im Moment stand er auf einer Straße, etwa eine Meile von einem Wald aus knorrigen Wüstenbäumen entfernt, tief im Süden Nevadas, wo er und seine Freunde kampiert hatten. Mit jedem Schritt, den er auf der Suche nach dem Flugzeug machte, das er und Nix gesehen hatten, entfernte er sich weiter von zu Hause als jemals zuvor.

Die Vorstellung, Mountainside zu verlassen, war ihm immer verhasst gewesen. Die kleine Stadt hoch oben in den Bergen der Sierra Nevada, im Herzen Kaliforniens, war sein Zuhause und bedeutete ein Bett, fließendes Wasser und frisch gebackenen Apfelkuchen auf der Veranda. Aber dieses Zuhause hatte er mit seinem Bruder Tom geteilt. Ganz Mountainside war seine Heimat gewesen, zu der auch Nix und ihre Mutter gehört hatten.

Doch jetzt waren Nix’ Mutter und Tom tot. Sein Zuhause existierte nicht mehr.

Während sich nun die Straße vor Benny, Nix, Chong und Lilah erstreckte und hinter ihnen zur Erinnerung wurde, hatte sich die weite Welt hier draußen verändert. Sie war nicht länger etwas Hässliches, vor dem man sich fürchten musste, sondern wurde allmählich zu Bennys neuem Zuhause.

Er war sich nicht sicher, ob ihm das gefiel, aber seltsamerweise schien es, als ob er genau das gebraucht, vielleicht sogar verdient hatte. Kein Komfort. Kein sicherer Zufluchtsort. Die Welt war brutal, diese Wüste unerbittlich, und Benny wusste: Wenn er hier überleben wollte, musste er wesentlich härter werden. Sogar noch härter als Tom, denn sein Bruder war nicht mehr am Leben. Darüber grübelte Benny nach, während er auf dem Stein saß und sorgfältig sein Kami Katana schärfte, das lange Schwert, das einst Tom gehört hatte.

Das Schärfen eines Schwerts ließ sich perfekt mit dem Grübeln verbinden. Die Klinge musste gepflegt werden und das erforderte Konzentration. Ein konzentrierter Geist war wesentlich agiler, wenn er sich durch den Hindernisparcours aus Gedanken und Erinnerungen bewegte. Auch wenn Benny bis in sein tiefstes Inneres hinein traurig war, so fand er doch eine gewisse Befriedigung in den Entbehrungen der Straße und in der Geschicklichkeit, die es erforderte, diese tödliche Klinge zu schleifen.

Während er sich seinem Schwert widmete, schaute er gelegentlich auf. Er hatte noch nie eine Wüste gesehen und die Schlichtheit der Landschaft gefiel ihm. Sie war unendlich weit und leer und unglaublich schön. So viele Bäume und Vögel, die er nur aus Büchern kannte. Und … keine Menschen. Das war einerseits schlecht, andererseits aber auch gut: Zwar konnten sie niemanden nach dem Flugzeug fragen, aber seit fast einem Monat hatte auch niemand mehr versucht, sie zu erschießen, zu foltern, zu verschleppen oder aufzufressen. Benny verbuchte diese Tatsache eindeutig auf der Habenseite.

An diesem Morgen hatte er das Lager verlassen und war allein in die Wildnis gegangen – zum Teil, um die vielen Fertigkeiten zu trainieren, die Tom ihm beigebracht hatte: Aufspüren, Tarnen, Beobachten. Aber auch deshalb, weil er mit seinen Gedanken allein sein wollte.

Benny war nicht glücklich über das, was in seinem Kopf vor sich ging. Toms Tod zu akzeptieren, hätte einfach sein sollen. Okay, vielleicht nicht einfach, aber doch natürlich. Schließlich war nach Bennys Geburt die ganze Welt gestorben, über sieben Milliarden Menschen seit der Ersten Nacht. Viele waren den Zombies zum Opfer gefallen. Den Toten, die wiederkehrten, die Lebenden angriffen und sich von ihnen ernährten. Andere starben infolge der wilden Panik und Brutalität, die während des Zusammenbruchs der Regierung, des Militärs und der Gesellschaft von der Menschheit Besitz ergriffen hatte. Viele waren in den Kämpfen umgekommen oder zu radioaktivem Staub zerfallen, als man im verzweifelten Versuch, die Legionen der lebenden Toten aufzuhalten, Atombomben abgeworfen hatte. Und noch mehr Menschen waren in den Tagen danach ganz gewöhnlichen Infektionen, Verletzungen, Hunger oder Krankheiten erlegen, die sich durch den allgegenwärtigen Tod rasend schnell ausgebreitet hatten. Cholera, Staphylokokken und Grippe, Tuberkulose, HIV und zahlreiche andere Seuchen, die nicht eingedämmt werden konnten, weil es keine Infrastruktur und keine funktionstüchtigen Krankenhäuser mehr gab.

In Anbetracht all dessen und weil fast jeder, den Benny kannte, auf die eine oder andere Art mit dem Tod in Berührung gekommen war, hätte er eigentlich in der Lage sein sollen, Toms Tod zu akzeptieren.

Hätte. Aber …

Tom war zwar im Kampf um Gameland gefallen, doch er war nicht als Untoter zurückgekehrt. Das war extrem ungewöhnlich. Es hätte ein Segen sein sollen, für den Benny eigentlich Dankbarkeit hätte empfinden müssen … aber das war es nicht. Das Ganze verwirrte und ängstigte ihn vielmehr, weil er nicht wusste, was es zu bedeuten hatte.

Das alles ergab überhaupt keinen Sinn. Nicht nach dem, was Benny in seinen fast sechzehn Jahren auf dieser Erde gelernt hatte. Seit der Ersten Nacht war jeder, der starb – egal auf welche Weise – als Zombie zurückgekehrt. Jeder, ohne jede Ausnahme. So war es einfach.

Bis es plötzlich nicht mehr so war.

Tom war nicht zu jener schrecklichen Farce eines Lebens zurückgekehrt, das die Leute den »lebenden Tod« nannten. Ebenso wenig wie der ermordete Mann, den sie an jenem Tag im Wald gefunden hatten, als sie die Stadt verließen, oder einige der Kopfgeldjäger, die im Kampf um Gameland umgekommen waren. Benny wusste nicht, warum. Niemand wusste es. Das Ganze blieb ein Rätsel, das gleichzeitig Angst und Hoffnung weckte. Die ohnehin schon seltsame und schreckliche Welt war nur noch seltsamer geworden.

Eine plötzliche Bewegung riss Benny aus seinen Gedanken: Etwa fünfundzwanzig Meter entfernt trat oben am Hang über ihm eine Gestalt aus dem Wald. Er rührte sich nicht und wartete, ob der Zombie ihn bemerkte.

Aber es war kein Zombie.

Die Gestalt war schlank, groß, eindeutig weiblich und mit ziemlicher Sicherheit noch am Leben. Sie war ganz in Schwarz gekleidet – sie trug ein weites, langärmliges Hemd und eine Hose – und hatte Dutzende von dünnen roten Stoffstreifen um Fußgelenke, Beine, Taille, Oberkörper, Arme und Hals gebunden. Die leuchtend roten Bänder flatterten im Wind, sodass es für einen Moment, bevor sie ins Sonnenlicht trat, so aussah, als hätte sie überall schlimme Schnittwunden, aus denen helles Blut spritzte. Auf ihrer Hemdbrust bemerkte Benny eine weiße Stickerei, doch er konnte nicht erkennen, was sie darstellen sollte.

Seine Freunde und er hatten seit Wochen keinen lebendigen Menschen mehr gesehen, und hier draußen im Ödland begegnete man wahrscheinlich eher einem feindseligen, gewalttätigen Einzelgänger als einem freundlichen Fremden. Benny blieb also regungslos sitzen. Ob die Frau ihn bemerkt hatte?

Sie trat ein paar Schritte hinaus auf das Feld und schaute den Hang hinab zu einer Reihe hoher Kiefern. Selbst auf diese Entfernung konnte Benny erkennen, dass sie sehr schön war – majestätisch, wie eine der Königinnen, deren Bilder er in alten Büchern gesehen hatte. Olivfarbene Haut und dichtes, glänzend schwarzes Haar, das genauso im Wind flatterte wie die scharlachroten Bänder.

Im nächsten Moment blitzte etwas silbrig im Sonnenlicht auf: ein Gegenstand, den die Frau an einer Kette um den Hals trug und jetzt hochhielt. Benny war zu weit weg, um ihn genau zu erkennen, vermutete jedoch, dass es sich um eine Pfeife handelte. Als die Frau den Gegenstand an den Mund führte und hineinblies, war nichts zu hören. Doch plötzlich begannen die Vögel und Affen in den Bäumen aufgeregt zu schnattern und zu kreischen.

Was danach passierte, ließ alle anderen Gedanken schlagartig aus Bennys Kopf verschwinden. Drei Männer traten hinter der Frau aus dem Wald. Auch ihre Kleidung flatterte im Wind, aber sie war durch Gewalteinwirkung, Witterung und den unerbittlichen Zahn der Zeit zerfetzt worden.

Zombies.

Benny kam ganz langsam auf die Füße, denn schnelle Bewegungen erregten die Aufmerksamkeit der lebenden Toten. Kaum noch drei Meter entfernt, wankten sie von hinten auf die Frau zu, die ihre Gegenwart gar nicht zu bemerken schien: Sie blies einfach weiter in ihre Pfeife, so als versuche sie, ihr Töne zu entlocken.

Weitere Zombies kamen aus dem Schatten unter den Bäumen hervor. Einer nach dem anderen trat ins Licht, als würde Bennys zunehmende Angst jeden Einzelnen von ihnen aus seinen schlimmsten Albträumen heraufbeschwören. Nur noch wenige Schritte, dann hatten sie die Frau erreicht. Benny blieb keine andere Wahl, als sie zu warnen.

»Lady!«, rief er. »Laufen Sie weg!«

Der Kopf der Frau schnellte hoch und sie schaute über das wogende Gras hinweg zu ihm hinüber. Einen Augenblick erstarrten alle Zombies und suchten nach der Quelle der lauten Stimme.

»Laufen Sie!«

Die Frau drehte sich um und schaute zu den Zombies hinüber. Es waren mindestens vierzig, und aus der Dunkelheit unter den Bäumen tauchten immer mehr auf. Sie bewegten sich mit jener ruckartigen Unbeholfenheit, die Benny so grauenhaft fand. Wie schlecht geführte Marionetten streckten sie die Hände nach frischem Fleisch aus. Doch die Frau wandte sich, scheinbar unbeeindruckt, wieder um und richtete ihren Blick erneut auf Benny. Inzwischen hatten die Zombies sie erreicht.

»Nein …«, keuchte Benny. Er konnte es nicht ertragen, einen weiteren Menschen sterben zu sehen.

Aber die Untoten torkelten an der Frau vorbei, die ganz ruhig stehen blieb, während sich die Masse teilte, um ihr auszuweichen. Statt sie zu packen und zu beißen, ignorierten die Zoms sie und wankten an ihr vorbei den Hang hinunter.

Direkt auf Benny zu.

Nicht einer von ihnen berührte die Frau oder schaute sie an. Benny war so verwirrt, dass er wie versteinert dastand. Das Schwert hing vergessen in seiner Hand. Irrte er sich? War sie vielleicht gar keine lebendige Person, sondern ein Zombie? Hatte sie Kadaverin aufgetragen? Oder hatte sie etwas anderes an sich, das die Untoten veranlasste, auf das Festmahl vor ihrer Nase zu verzichten und sich auf den Leckerbissen zu konzentrieren, der sie von dort unten fassungslos anstarrte?

Lauf!

Das Wort explodierte förmlich in Bennys Kopf und einen verrückten Moment lang glaubte er, Toms Stimme zu hören, die ihn anbrüllte. Benny taumelte rückwärts, als sei er geschlagen worden, drehte sich dann auf dem Absatz um und rannte los.

Er rannte wie der Teufel.

Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, um über mysteriöse Dinge nachzudenken. Haken schlagend rannte Benny den Hang hinunter, während die Schar der Zoms ihm mit hungrigem Stöhnen folgte.

Plötzlich erhob sich direkt vor ihm ein Zombie aus dem hohen Gras. Ausweichen war nicht mehr möglich – nicht bei dem Tempo, das Benny inzwischen erreicht hatte. Also zog er den Kopf ein und rammte ihn mit der Schulter, als wolle er eine Linie von Offensivverteidigern auf dem Footballfeld der Schule durchbrechen. Der Zombie ging rücklings zu Boden und Benny sprang über die zuckende Kreatur hinweg.

Immer mehr Zombies kamen auf ihn zu, erhoben sich aus dem Gras oder torkelten hinter großen Felsbrocken hervor. Benny hielt noch immer Toms Schwert in der Hand, aber er setzte es äußerst ungern gegen Untote ein. Nur wenn ihm keine andere Wahl mehr blieb. Diese Wesen waren nicht böse, sie waren tot. Hirnlos. Solange er sie nicht mit einem Hieb befrieden konnte, schien es falsch, sie zu zerhacken. Auch wenn er wusste, dass sie keinen Schmerz empfanden und es ihnen gleichgültig war, kam er sich wie ein brutaler Schläger vor.

Doch hier ging es ums Überleben. Drei Zombies bewegten sich in einer Art Phalanx auf ihn zu, durch die er nicht hindurchpreschen konnte. Die Hand, die das Schwert hielt, bewegte sich fast ohne Bennys Zutun. Die Klinge zuckte nach oben durch ein Paar ausgestreckter Arme und in der nächsten Sekunde flogen die Hände durch die Luft und griffen ins Leere. Mit einer geschickten Schulterdrehung ließ Benny die Waffe zur Seite schnellen und schon rollte ein Kopf in die Büsche. Ein weiterer Hieb und der dritte Zombie kippte plötzlich um, weil ihm der linke Unterschenkel fehlte.

»Tut mir leid!«, rief Benny und ließ die drei hinter sich. Aber da waren noch mehr.

Unzählige Zombies strömten aus allen Richtungen auf ihn zu. Kalte Finger griffen nach seinem Gesicht und versuchten, sich in seine Haare zu krallen, aber Benny wich geschickt zur Seite aus, duckte sich und sprang zwischen ihnen hindurch. Dabei landete er jedoch mit einem Fuß auf einem Stein und stürzte. Das Schwert flog ihm aus der Hand und rutschte klirrend fast zehn Meter den Hang hinunter.

»Nein!«, brüllte er, als die Waffe im hohen, trockenen Gras verschwand. Noch bevor er sich aufrappeln konnte, bekam ein Zombie eine lose Taschenklappe an seiner Weste zu fassen. Ein anderer packte ihn am Ärmel.

»Verschwindet!«, schrie Benny, während er um sich schlug, nach den Zombies trat und sich freikämpfte. Er kam auf die Beine, hatte aber Mühe, auf dem steilen Hang das Gleichgewicht zu halten. Wie ein hinkender Hund lief er ein Dutzend Schritte auf Händen und Füßen, bis er sich wieder ganz aufrichten konnte.

Immer mehr lebende Tote stapften hinter ihm den Hang hinunter. Benny hatte keine Ahnung, wo sie herkamen oder warum es so viele waren. Schon vor der Zerstörung von Gameland hatten die Zombies begonnen, sich in Gruppen zu bewegen, statt wie in den Jahren zuvor allein durch die Gegend zu ziehen. Vor einem Monat hatten Tausende von ihnen Benny, Lilah und Nix an einer Raststätte belagert. Wie und warum sie plötzlich dieses Schwarmverhalten an den Tag legten, war ein weiteres Rätsel, für das niemand eine Erklärung hatte.

»Tom«, keuchte Benny beim Laufen. Er wusste nicht, warum er den Namen seines Bruders ausrief. Vielleicht war es ein Stoßgebet an den besten Zombie-Jäger, den das Leichenland je gekannt hatte. Vielleicht war es aber auch nur ein unterdrückter Fluch, denn im Augenblick schien alles, was Tom ihm beigebracht hatte, infrage zu stehen. Seine Lektionen reichten nicht mehr aus, um mit den Veränderungen zurechtzukommen, die sich in der Welt vollzogen.

»Tom«, knurrte Benny erneut und versuchte, sich an jene Lektionen zu erinnern, die sich nicht verändern würden: die Wege des Samurai, die Wege des Kriegers.

Er sah, wie Sonnenlicht zehn Schritte hangabwärts auf Metall funkelte, sprang auf das Schwert zu und bekam es am Griff zu fassen. Während seine Beine in vollem Tempo weiterrannten, umfasste er das Heft mit beiden Händen. Und als die ersten Zombies ihn angriffen, wurde das Schwert lebendig, bekam einen eigenen Willen.

Arme und Beine flogen durch die heiße, flirrende Luft. Ich bin klug wie ein Krieger, dachte Benny, während er rannte und kämpfte. Ich bin ein Imura. Ich habe Toms Schwert.Ich bin ein Kopfgeldjäger.

Ja, klar. Und gleich bist du Mittagessen, du Schwachkopf, murmelte seine innere Stimme. Ausnahmsweise konnte Benny kein überzeugendes Gegenargument vorbringen.

Wo er auch hinschaute, sah er verwitterte Gestalten, die aus dem Schatten der großen Bäume oder zwischen den hohen Sträuchern hervortraten und auf ihn zutorkelten. Instinktiv wusste er, dass es sich hierbei nicht um eine Falle handelte, die ihm jemand gestellt hatte. Zombies konnten nicht denken. Das hier war kein Hinterhalt … Er hatte einfach das Pech gehabt, in einen Schwarm hineinzugeraten, der sich über den gesamten Hang ausbreitete.

Lauf!, schrie seine innere Stimme. Schneller!

Benny hätte dieser Stimme am liebsten befohlen, ihm nicht länger dämliche Ratschläge zu erteilen und stattdessen lieber einen Plan zu präsentieren, bei dem er nicht im Verdauungstrakt von hundert Zombies endete.

Lauf.

Ja, dachte er. Guter Plan.

Dann sah er, dass sich in dem hohen Gras zwanzig Meter hangabwärts der dunkle Schatten einer tiefen Schlucht auftat. Zwar verlief sie über die gesamte Breite des Hangs, doch dafür waren es bis zur anderen Seite nur knapp drei Meter.

Konnte er hinüberspringen? Konnte er genug Anlauf nehmen, um die Kluft zu überwinden? Seine innere Stimme brüllte: Los … LOS!

Benny biss die Zähne zusammen, lief so schnell, wie er nur konnte, und warf sich in die Luft. Seine Beine ruderten, während er über die tiefe Schlucht flog. Hart landete er auf der anderen Seite und ging sofort in die Knie, damit seine Beinmuskeln den Schock des Aufpralls abfangen konnten. So wie Tom es ihm beigebracht hatte.

Er war in Sicherheit!

Benny lachte laut auf und drehte sich blitzschnell zu der Horde von Zombies um, die sich schwankend auf ihn zubewegte. Sie waren so sehr auf ihn konzentriert, dass sie die Gefahr der Schlucht entweder nicht wahrnahmen oder nicht begriffen.

»Hey, ihr Hohlköpfe!« Er schwenkte höhnisch sein Schwert. »Netter Versuch, aber ihr habt euch mit Benny Imura angelegt, dem gefürchteten Zombie-Killer. Jawoll!«

Und dann gab der Rand des Abhangs nach, brach unter seinem Gewicht einfach weg, und der gefürchtete Benny Imura stürzte ruckartig in die Tiefe.

Aus Nix’ Tagebuch

Es ist jetzt einen Monat und einen Tag her, dass Tom gestorben ist.

Vorletzte Nacht, als wir alle um das Lagerfeuer saßen, erzählte Chong einen Witz, der Benny zum Lachen brachte. Ich glaube, das war das erste Mal seit Gameland, dass Benny gelacht hat.

Es tat gut, ihn lachen zu hören. Aber seine Augen sind noch immer traurig. Meine wahrscheinlich auch.

Ich hätte nicht gedacht, dass einer von uns jemals wieder lachen würde.

Benny stürzte aus hellem Sonnenlicht in tiefe Dunkelheit und schlug so hart auf dem Boden der Schlucht auf, dass seine Beine wegknickten und er kopfüber auf das Gesicht fiel. Loses Erdreich, Wurzeln und kleine Steine prasselten auf ihn herab. In seinem Kopf explodierte ein Feuerwerk und jede einzelne Faser seines Körpers schmerzte.

Er stöhnte, rollte sich auf die Seite, spuckte Dreck und wischte sich Spinnweben aus den Augen.

»Genau, klug wie ein Krieger«, murmelte er.

Hier unten war die Schlucht wesentlich breiter als oben und zentimeterdick mit Schlamm bedeckt. Schon bald wurde Benny klar, dass es sich nicht um eine Schlucht, sondern um eine Klamm handelte, die durch Schmelzwasser aus den Bergen entstanden war. Die Strömung hatte den Rand des Hangs weiter oben unterspült und so die Illusion eines festen Bodens erzeugt. Wäre er nach dem Sprung über die Klamm einfach weitergelaufen, wäre er jetzt in Sicherheit. Aber er hatte sich ja umdrehen und mit seinem Triumph brüsten müssen. Nicht gerade klug wie ein Krieger.

Dämlich wie ein Depp, knurrte er innerlich.

Während er in der Dunkelheit lag, begann sein Verstand, ihm Streiche zu spielen. Zumindest glaubte Benny, dass etwas mit seinem Kopf nicht stimmte: Er hörte Geräusche. Zuerst seinen eigenen schnellen Atem und das Stöhnen der Untoten über ihm, aber … da war noch etwas anderes. Es klang wie ein fernes Röhren, das sich – so unwahrscheinlich es auch schien – anhörte wie der Handkurbel-Generator, mit dem im Krankenhaus von Mountainside der Strom erzeugt wurde. Noch immer halb im Dreck vergraben, spitzte Benny die Ohren. Er bildete sich das Geräusch nicht ein, es war wirklich da. Aber es klang nicht ganz wie der Krankenhausgenerator: Dieses Sirren hier war höher, schwoll an und wurde schwächer, schwoll wieder an und wurde erneut schwächer.

Und dann war es verschwunden.

Benny horchte angestrengt. Hatte es sich tatsächlich um ein Motorengeräusch gehandelt oder um etwas ganz anderes? Hier draußen gab es alle möglichen Arten von Vögeln und unheimlichen Tieren, entlaufen aus zoologischen Gärten und Zirkusunternehmen. Außerdem hatte Benny irgendwann mal etwas über exotische Tierstimmen gelesen. Hatte er vielleicht so etwas gehört?

Nein, widersprach seine innere Stimme, das war ein Motor.

Plötzlich nahm Benny über sich ein gedämpftes Geräusch wahr. Im nächsten Augenblick prasselte ein riesiger Haufen loses Erdreich auf ihn herab und begrub ihn fast bis zum Hals. Panisch begann er, sich freizuschaufeln, hörte dann aber ein weiteres Geräusch und blickte nach oben, in der Annahme, dass noch mehr Dreck von der einstürzenden Wand auf ihn herabfiel. Doch es war viel, viel schlimmer: Die erste Welle der Zombies hatte den Rand der Schlucht erreicht und durch ihr Gewicht den Abbruch der Kante verursacht. Vier von ihnen stürzten in die Tiefe und landeten mit fürchterlichem Knacken und Knirschen auf dem Boden, einer nur wenige Meter von Benny entfernt. Dann fiel ein Teenager in den Fetzen einer Cheerleader-Uniform direkt vor Bennys Füße. Trockene Knochen zerbarsten, als das Mädchen mit einem dumpfen Schlag auf dem Boden auftraf. Ihre grauen, staubigen Augen waren weit aufgerissen und ihr Mund biss in die Luft.

Gebrochene Knochen brachten einen Zombie nicht um. Das wusste Benny nur allzu gut und er begann verzweifelt, im losen Dreck nach dem Heft seines Schwerts zu tasten.

Die ehemalige Cheerleaderin streckte eine blasse Hand nach ihm aus. Kalte Fingerspitzen streiften Bennys Gesicht, aber plötzlich landete ein zweiter Körper – ein großer Mann im Overall – krachend auf dem Rücken des Teenagers. Der Aufprall war gewaltig und ließ weitere Knochen bersten. Entsetzt und angewidert schrie Benny auf, buddelte wie ein Wahnsinniger im Dreck und strampelte sich mit Händen und Füßen frei.

Noch ein Zombie landete nicht weit von ihm. Das Knacken der Rippen und Knochen erinnerte an explodierende Knallfrösche. Die Geräusche waren scheußlich und Benny hatte Angst, einer dieser schlaffen, stinkenden Körper könne auf ihm landen, bevor es ihm gelang, sich zu befreien. Oben stolperten weitere Untote über die Kante und stürzten in die Klamm. Rechts von Benny schlug ein Soldat auf, links von ihm ein Schulkind. Ihr hungriges Stöhnen folgte ihnen während ihres Sturzes und wurde dann durch einen trockenen Grunzlaut ersetzt, als sie auf ihren Artgenossen landeten. Farmer und Touristen, ein Mann in einer Badehose mit Seesternen, eine alte Frau mit rosa Strickjacke und ein bärtiger Mann im Hawaii-Hemd – alle stürzten gnadenlos in die Tiefe. Eine grausame Symphonie aus Knacken und Bersten erfüllte die Luft, während ihre vertrockneten Körper auf dem Boden auftrafen.

Ein weiterer Zombie stürzte herab und dann noch einer.

Die Cheerleaderin, deren Gliedmaßen inzwischen völlig verdreht und verkrümmt waren, knurrte Benny weiterhin an und krallte ihre knorrigen Finger um seine Fußgelenke. Benny schrie und versuchte, seine Beine wegzuziehen, aber ihr Griff war zu fest. Sofort gab er den Versuch auf und rappelte sich hoch.

»Lass mich los!«, brüllte er und schlug dem Zombie ins Gesicht.

Durch den Schlag brach die Nase der Kreatur und ihr Kopf schnellte nach hinten, doch ihr Griff lockerte sich nicht. Wieder und wieder schlug Benny zu. Abgebrochene Zähne quollen zwischen ihren bleichen Lippen hervor, aber die Cheerleaderin hielt Bennys Fußgelenke weiterhin umklammert und zog sich nun daran hoch. Dabei öffnete und schloss sie ununterbrochen den Mund, als übte sie bereits für das Festmahl, das jetzt in greifbarer Nähe war. Der Gestank von verwesendem Fleisch war nahezu unerträglich.

Dann machte die Kreatur einen Satz nach vorne, bekam Bennys Hosenbein mit ihren Stummelzähnen zu packen und kniff ihn in die Haut. Benny jaulte auf vor Schmerz. Weitere, von unzähligen Knochenbrüchen verkrüppelte Zombies näherten sich ihm, krochen übereinander wie Maden auf einem Stück verdorbenem Fleisch.

Während Benny versuchte, sie abzuschütteln, konnte er fast hören, wie Tom ihm zuflüsterte: Sei klug wie ein Krieger.

»Hau ab!«, schrie Benny, halb zu dem Zombie, halb zum Geist seines Bruders.

Benny … die meisten werden nicht besiegt – sie verlieren!

Das hatte Tom ihm Dutzende Male während des Trainings eingetrichtert, aber Benny hatte seinen Worten kaum Beachtung geschenkt, weil sie sich anhörten wie einer von Toms nervigen, scheinbar unlogischen Sprüchen. Jetzt hätte er alles dafür gegeben, um zu erfahren, was Tom damit gemeint hatte.

»Klug wie ein Krieger«, knurrte Benny laut, in der Hoffnung, dadurch endlich zu begreifen und handeln zu können. Sinnlos. Also schrie er die Worte noch einmal laut und ließ ihnen dann sämtliche Flüche folgen, die er kannte.

Kämpfe keinen unmöglichen Kampf. Kämpfe den Kampf, den du gewinnen kannst.

Ah.

Dieses Mal drang die Botschaft zu ihm durch und Benny wurde klar, dass er reagierte, statt zu handeln. Ein Anfängerfehler, wie Tom sagen würde.

Er hasste es, wenn sein Bruder recht hatte. Jetzt, da Tom tot war, ärgerte es ihn sogar noch mehr.

Die Cheerleaderin kam wieder näher, aber Benny schlug ihr nicht länger ins Gesicht, sondern packte stattdessen ihre verfilzten Haarsträhnen und die Spitze ihres verdorrten Kinns. Er stieß einen Wutschrei aus und drehte dann mit einem Ruck den Kopf auf ihrem dürren Hals zur Seite.

Knack!

Der Zombie hörte auf zu zappeln, seine zuschnappenden Lippen erschlafften, die kalten Finger lockerten sich und er sackte endgültig in sich zusammen. So war es immer, wenn ein Zombie starb. Man brach ihm das Genick oder durchtrennte seinen Hirnstamm mit einem Stahlpflock und sofort wich alles Lebendige und sämtliche Aggression aus ihm. Für den Bruchteil einer Sekunde lebte er noch, aber dann war er endgültig tot.

In Anbetracht der Umstände war es nur ein kleiner Sieg, aber er gab Bennys Muskeln zumindest ein wenig neue Kraft. Noch einmal knurrte er entschlossen, trat sich den Weg aus dem Dreckhaufen frei und krabbelte dann, so schnell er konnte, auf allen vieren davon. Vor ihm rieselte Erde zu Boden … die einzige Warnung, dass ein weiteres halbes Dutzend Zombies in die Klamm hinabstürzte. Benny konnte sich gerade noch rechtzeitig zur Seite werfen. Panisch schaute er zurück. Mindestens zwölf der lebenden Toten waren schon wieder auf den Beinen. In wenigen Sekunden würden sie ihn erreichen. Rasch rappelte er sich auf und packte das Schwert mit beiden Händen.

»Na los, kommt schon«, brummte er und spürte Wut in sich aufsteigen.

Als der erste Zombie auf ihn zusprang, schwang Benny sein Schwert. Die höllisch scharfe Klinge schnitt mühelos durch trockene Sehnen und alte Knochen. Die Hände des Untoten flogen über Bennys Schulter und er tauchte unter den Armstümpfen hindurch, richtete sich wieder auf und verpasste dem Monster von hinten einen Schwerthieb in den Nacken. Der Winkel war perfekt und Benny spürte so gut wie keinen Widerstand, als das Katana den Hirnstamm durchtrennte. Während der Körper des Zombies in sich zusammensackte, rollte sein Kopf knapp zwei Meter entfernt in den Dreck.

Jetzt näherten sich zwei andere Monster, Schulter an Schulter. Benny versuchte, mit einem einzigen seitlichen Hieb zwei Köpfe auf einmal abzutrennen, aber er hatte den Winkel ein paar Zentimeter zu hoch eingeschätzt: Den ersten Zombie machte er zwar einen Kopf kürzer, doch das Schwert prallte vom Wangenknochen des zweiten ab und richtete keinen wirklichen Schaden an. Er musste erneut ansetzen, um auch den zweiten zu enthaupten.

Benny taumelte nach hinten und rang erschöpft nach Luft. Die Ereignisse zehrten so langsam an seinen Kräften. Wütend schüttelte er sich den Schweiß aus seinen Augen.

»Okay, Dumpfbacke«, ermahnte er sich, »Zeit, endlich klug wie ein Krieger zu sein.«

Benny hoffte, die laut ausgesprochenen Worte würden ihm all die Kraft und Zuversicht geben, die er brauchte. Leider war das nicht der Fall, aber es musste reichen.

Die Untoten rückten näher. Benny wirbelte herum und bahnte sich mit dem Schwert einen Weg durch den Kreis, den sie um ihn bildeten. Er sprang über die stürzenden Körper und lief tiefer in die Schlucht hinein, während er das Schwert in die Scheide auf seinem Rücken zurücksteckte. Der größte Teil seiner Ausrüstung befand sich in seinem Rucksack beim Lagerplatz, doch immerhin hatte er ein paar nützliche Dinge dabei. Benny griff in eine der prallen Taschen seiner Anglerweste und holte eine Rolle Seidenschnur heraus. Sie war dünn, aber sehr stark. Tom hatte sie immer benutzt, um Zombies zu bändigen, bevor er sie befriedete.

Rasch sah Benny sich um, hob einen dicken Ast auf, brach ihn über dem Knie entzwei und rammte die eine Hälfte etwas über Taillenhöhe in die Lehmwand vor ihm. Das Ganze wiederholte er mit der anderen Asthälfte an der gegenüberliegenden Wand. Anschließend spannte er die Schnur zwischen den Ästen und zurrte sie so fest wie nur möglich.

Sobald die Zombies die Schnur erreichten, prallten sie dagegen und taumelten rückwärts ineinander. Einige zeigten noch Reste von Verstand, streckten die Hände nach Benny aus und versuchten, ihn an den Kleidern zu packen.

Die meisten der Monster waren noch gut drei Meter entfernt und kamen wegen des unebenen Bodens und der reglosen Körper ihrer Artgenossen, die ihnen den Weg versperrten, nur langsam vorwärts. Benny schlug mühsam die ausgestreckten Hände weg und stolperte davon. Auf der Suche nach weiteren Ästen lief er tiefer in die Schlucht hinein, fand aber keinen, der dick genug war. Leise vor sich hin fluchend entdeckte er jedoch einen Stein, der ungefähr doppelt so groß war wie ein Baseball. Benny hob ihn auf und wandte sich wieder seinen Angreifern zu.

Entschlossen stürmte er vorwärts und schlug mit dem Stein auf sie ein.

»Tut mir leid!«, rief er, als er einen Schädel zertrümmerte und das Gehirn darunter zermanschte. Der Zombie starb, ohne noch einmal zu zucken. Benny wirbelte herum, als ein zweiter und dann ein dritter Untoter über den Stolperdraht fiel. Sofort stürzte er sich auf sie und schlug wieder und wieder mit dem großen Stein auf ihre Köpfe ein.

»Tut mir leid«, schrie er jedes Mal, wenn er einem der Zombies einen tödlichen Schlag versetzte.

Inzwischen war der Durchgang mit lebenden Toten regelrecht verstopft. Zwei weitere stürmten vorwärts und Benny tötete sie. Doch das Zertrümmern der Schädel war anstrengend und er spürte schon bald, wie seine Kräfte nachließen.

Inmitten des Getümmels hörte er, wie die Seidenschnur knarrte, weil immer mehr Untote gleichzeitig dagegen drückten. Benny wusste, dass die Schnur bald reißen würde. Es waren einfach zu viele Zombies und die Lehmwände waren nicht kompakt genug, um die Äste zu halten. Er zog sein Schwert und schwang es gegen die lebenden Toten hinter der Schnur, hackte Hände und Arme ab, durchtrennte Sehnen, schlug Köpfe von den Schultern. Er wollte ein Bollwerk aus Körpern errichten, um das Vorrücken der gesamten Horde zumindest zu verlangsamen.

Mit dem Ächzen von splitterndem Holz gab die Schnur schließlich nach und die Masse der Monster brach in einem wilden Gedränge durch. Die Zombies, die Benny zerstückelt und unschädlich gemacht hatte, fielen krachend zu Boden und die nachdrängenden Untoten stürzten über sie. Unermüdlich schwang Benny sein Schwert, um die aktiven Zoms unter dem Gewicht möglichst vieler befriedeter Zombies zu begraben.

Das Katana war unglaublich scharf und Benny war ein guter Schwertkämpfer, aber das hier erforderte eher die brutale Durchschlagskraft eines Metzger-Hackbeils. Immer wieder prallte die Klinge von Knochen ab und blieb in zerfetzten Kleidern hängen.

Bennys Arme begannen zu stechen und dann zu schmerzen. Sein Atmen war nur noch ein angestrengtes Keuchen, aber die Flut der Untoten nahm kein Ende. Es waren so unglaublich viele, dass Benny keine Luft mehr blieb, um sich bei ihnen zu entschuldigen. Er brauchte seinen Atem, um zu überleben. Überwältigt von der schieren Unmöglichkeit der Aufgabe, so viele Zombies auf so engem Raum auszuschalten, taumelte er irgendwann rückwärts. Ihm blieb nichts anderes übrig, als die Flucht zu ergreifen und wegzurennen. Mit ein bisschen Glück würde die Klamm irgendwann schmaler werden und schließlich enden, sodass er an den Vorsprüngen der zusammenlaufenden Wände nach oben klettern konnte. Benny wich zurück, drehte sich um und lief los.

Und blieb abrupt stehen.

Aus der staubigen Dunkelheit vor ihm näherte sich eine schwankende, stöhnende Front lebender Toter.

Er saß in der Falle.

»Na los, kommt schon«, stieß Benny hervor, als die Untoten näher rückten, doch seine Stimme klang selbst in seinen eigenen Ohren matt und ohne Leidenschaft. Ohne Herausforderung. Ohne Leben. Und ohne Ausweg.

Die steilen Wände der Schlucht waren zu hoch, der Lehm zu weich und der schmale, gewundene Durchgang an beiden Enden von Zombies blockiert. Sie würden nur wenige Sekunden brauchen, um über zertrümmerte Körper und Lehmhaufen zu klettern und ihn zu erreichen.

Das war’s dann wohl.

Die Worte knallten wie Böller in seinen Ohren – laut, krachend und schrecklich real. Es waren einfach zu viele und es bestand nicht die geringste Chance, sich durchzukämpfen. Selbst wenn er es schaffte, was dann? Er wäre noch immer hier unten in der Dunkelheit gefangen. Zehn von ihnen hatte er bereits ausgeschaltet, ein weiteres Dutzend verstümmelt, und in einem erbitterten Kampf konnte er vermutlich in der wenigen Zeit, die ihm noch blieb, mindestens fünf oder sechs unschädlich machen. Vielleicht sogar zehn, wenn es ihm gelang, sich auf den Beinen zu halten. Hörte sich toll an, sehr heldenhaft, aber Tatsache war, dass es Kraft kostete, ein Schwert zu schwingen. Und jedes Mal, wenn er einen tödlichen Hieb setzte, würde er wieder ein bisschen mehr von seinen begrenzten Ressourcen verbrauchen. Zombies dagegen wurden niemals müde. Selbst wenn er dreißig von ihnen zur Strecke brachte, konnte ihn der einunddreißigste oder zweiunddreißigste erwischen. Sie besaßen die Geduld der Ewigkeit und er war lebendiges Fleisch. Erschöpfung und überstrapazierte Muskeln waren für ihn ebenso tödlich wie die Zähne der Untoten.

Dieses Wissen, diese schockierende Erkenntnis veranlasste Benny jedoch nicht zum Handeln, sondern bewirkte genau das Gegenteil: Sie raubte ihm sämtlichen Mut und damit auch alle Kraft. Resigniert ließ er sich nach hinten gegen die Lehmwand sinken und fast hätten auch seine Knie nachgegeben.

Benny sah in die Gesichter der heranschlurfenden Zombies. In diesen letzten Augenblicken schaute er hinter die vertrocknete Haut und die sonnengebleichten Knochen, hinter verwesendes Gewebe und milchige Augen. Für einen kurzen Moment sah er die Menschen, die sie einmal gewesen waren. Keine Monster, sondern richtige Menschen. Verlorene Menschen. Menschen, die krank oder gebissen worden waren und dann starben, nur um in einer Hölle wiedergeboren zu werden, die so qualvoll war, dass sie alle Vorstellungen sprengte.

Sie fressen Leute auf, hatte Benny einst zu seinem Bruder gesagt. Er hatte die Worte bei einem Streit während ihres ersten Ausflugs ins Leichenland förmlich herausgeschrien. Tom hatte mit erschütternder Einfachheit geantwortet: Sie waren mal Menschen.

Mein Gott.

»Nix«, murmelte Benny und wurde von einem absurden Schuldgefühl erfasst, denn er wusste, wie sehr sein Tod sie treffen würde. Und wie sehr er sie enttäuschen würde. Aber wie es aussah, konnte er nichts dagegen tun.

Die Zombies hatten ihn nun beinahe erreicht – eine Wand aus leichenblassen Gesichtern, kaum fünf Meter entfernt. Monster, die ihm in der Dunkelheit nachsetzten, und dennoch lag nichts Böses in ihrem Blick. Nur Hunger. Die Zähne mahlten, aber die Augen waren so leer wie die Fenster eines verlassenen Hauses.

»Nix«, sagte Benny erneut, als die Untoten näher und näher rückten. Jedes Gesicht, in das er schaute, wirkte … verloren. Ausdruckslos, ohne Ziel und Hoffnung. Bauern und Soldaten, gewöhnliche Bürger und ein junger Mann im Smoking. Hinter ihm stand ein Mädchen in den Fetzen eines Kleids, das bestimmt einmal sehr hübsch gewesen war. Pfirsichfarbene Seide mit Spitzenbesatz. Sie und der Zombie im Smoking mussten ungefähr in Bennys Alter gewesen sein, vielleicht ein oder zwei Jahre älter. Schüler auf dem Weg zum Abschlussball, an dem Tag, als die Welt unterging.

Bennys Blick wanderte von ihnen zu dem Schwert, das er in den Händen hielt, und er überlegte, wie es wohl war, tot zu sein. Wenn diese Zombies ihn töteten und auffraßen, würde dann noch genug von ihm übrig bleiben, um zurückzukehren? Würde er sich auch in einen umherirrenden Untoten verwandeln? Er schaute sich in der Schlucht um. Es gab keinen Weg hinaus. Würden er und all diese Zombies hier unten gefangen sein und schweigend dastehen, während dort oben die Jahre ins Land zogen?

Ja. Genau das würde passieren. Und bei dieser Vorstellung wurde Benny das Herz schwer. Hilflosigkeit überwältigte ihn und einen entsetzlichen Augenblick lang sah er, wie seine Arme nach unten sanken und die Schwertspitze kapitulierend den Boden berührte, noch bevor die Schlacht überhaupt begonnen hatte.

»Nix«, sagte er ein letztes Mal.

Da entzündete sich plötzlich ein einzelner Funke von Wut wie ein Leuchtsignal in seiner Brust. Er vertrieb Bennys Schmerzen und Trauer nicht – er zehrte davon.

»Tom!«, schrie Benny. »Du hast mich verlassen! Du hättest bei mir sein sollen. Du hättest die Monster fernhalten sollen.«

Trotz seiner Wut klang seine Stimme dünn – jünger, als er an Jahren zählte.

»Du hättest nicht zulassen dürfen, dass ich das hier sehe.«

Tränen rannen ihm über die Wangen wie heißes Quecksilber.

Die Untoten streckten die Hände nach ihm aus.

Plötzlich hörte Benny hoch über sich einen schrillen Schrei, aus dem blankes Entsetzen sprach. Blitzschnell drehte er sich um und blickte nach oben. Sogar die Zombies, deren Fingerspitzen nur noch wenige Zentimeter von seinem Gesicht entfernt waren, hoben die Köpfe.

Oben am Rand des Abgrunds stand schwankend und verzweifelt um ihr Gleichgewicht bemüht… ein kleines Mädchen, höchstens fünf Jahre alt. Keine wandelnde Leiche, sondern ein lebendiges Kind. Und um sie herum scharten sich ausgehungerte Untote.

Entsetzt starrte Benny zu dem Kind hinauf. Hundert Fragen schossen Benny gleichzeitig durch den Kopf. Woher kam die Kleine? Was machte sie hier?

Das Mädchen konnte Benny unten in der Grube nicht sehen.

»Geh da weg!«, rief er, so laut er konnte, und der Schrei der Kleinen erstarb, als sie sich umdrehte und mit weit aufgerissenen Augen nach unten schaute. »Geh vom Rand weg!«, brüllte Benny erneut.

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