Lösungsorientierte Supervisions-Tools -  - E-Book

Lösungsorientierte Supervisions-Tools E-Book

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Beschreibung

Dieses Buch ist eine Sammlung abwechslungsreicher, kreativer und inspirierender Tools für den Supervisionsalltag. Vorgestellt werden Ihnen lösungsorientierte, systemisch-konstruktivistische und hypnosystemische Supervisionsmethoden. Das Instrumentarium der Lösungsorientierten Supervision umfasst viele lösungsfokussierende Fragen, die positive Bedeutungsgebung, die Arbeit mit Skalen, das Erkunden von Gelingendem und Ressourcen, den Futur Perfekt und die Wunderfrage. Zu den unverzichtbaren Interventionen systemischen Arbeitens gehören das ganze Spektrum von Fragen, positives Umdeuten, Skulptur und Aufstellungen, Reflektierende Teams, Systemzeichnungen, Arbeit mit Metaphern und inneren Anteilen. Der hypnosystemische Ansatz bezieht die unwillkürlichen, nicht direkt steuerbaren internalen Prozesse mit ein.

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Heidi Neumann-Wirsig (Hrsg.)

Lösungsorientierte Supervisions-Tools

Renommierte Supervisorinnen und Supervisoren beschreiben

50 lösungsorientierte, systemische und hypnosystemische Tools für die Supervision

© 2016 managerSeminare Verlags GmbH

5. Auflage 2023

Endenicher Str. 41, D-53115 Bonn

Tel.: 0228-977910, Fax: 0228-9779199

[email protected]

www.managerseminare.de/shop

Der Verlag hat sich bemüht, die Copyright-Inhaber aller verwendeten Zitate, Texte, Abbildungen und Illustrationen zu ermitteln. Sollten wir jemanden übersehen haben, so bitten wir den Copyright-Inhaber, sich mit uns in Verbindung zu setzen.

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und der Verbreitung sowie der Übersetzung vorbehalten.

ISBN: 978-3-98856-171-8

Herausgeber der Edition Training aktuell:

Ralf Muskatewitz, Jürgen Graf, Nicole Bußmann

Lektorat: Ralf Muskatewitz

Cover: Photo-SD, fotolia

Ihre Download-Ressourcen

Begleitend zum Buch stehen Ihnen Arbeitshilfen für die persönliche Verwendung zum Download im Internet zur Verfügung. Sie können die Vorlagen jederzeit in hoher Qualität abrufen und einsetzen.

 www.managerseminare.de/tmdl/b,241306

Inhalt

Impressum

Vorwort

1.Einordnung der Tools

Supervision – eine Beschreibung

Beratungsansätze und Supervisionskonzepte

Übersichtstabelle

2.Kooperation aufbauen, Anfänge gestalten

Wertschätzung2

von Annette Conrad

Der kürzeste Weg ist ein Lächeln

von Delia Anton

Trip(p)el zum Thema

von Martin Gruber

Erfolge auswerten

von Johannes Herwig-Lempp

Blick in die eigene Beratungspraxis

von Heidi Neumann-Wirsig

Lösungs-Ich-Ansichten

von Gunda Busley

3.Ziele und Visionen entwickeln, gewünschte Zukunft entwerfen

Solution View – Von der Problembeschreibung zur Zielvision

von Karl-Peter Kirsch

Mein Tipp an mich

von Delia Anton

Ressourcen-Ohr

von Nicole Bellaire

Auftragsolympiade

von Tom Küchler

Das Raummodell

von Haja Molter und Karin Nöcker

Motivationstrias

von Tom Küchler

Standortbestimmung und Fokussierung

von Christina Achner

4.Schritte auf dem Weg zum Ziel/zur Lösung

Entscheidungen finden

FragenStellen

von Haja Molter und Karin Nöcker

Team-Palaver

von Jürgen Wessel

Eine Ballonfahrt bei Wind und Wetter

von Anne-Marie Fischer

Der Lösungswürfel

von Sascha Kuhlmann

Zusammenarbeit stärken

Gespräch mit vier Freunden

von Jürgen Wessel

Gemeinsame Wunder

von Martin Gruber

Simultan-Skalierung im Team

von Sascha Kuhlmann

Waschzettel

von Jutta Borck

Kompetenznetz

von Heidi Neumann-Wirsig

Klimakonferenz

von Ulrike Kreyssig

Anliegen und Fälle auf den Weg bringen

Design lösungsorientierter Supervision

von Heidi Neumann-Wirsig und Karl-Peter Kirsch

Mikro-Evaluation

von Peter Szabó

Lösungsrunde

von Thomas Hegemann

Entwicklung hilfreicher Fragen – ein Instrument zur Anliegen-Auftragsklärung

von Haja Molter und Karin Nöcker

Stroh zu Gold spinnen – über positive Konnotation zur Zielvision

von Karl-Peter Kirsch und Heidi Neumann-Wirsig

Das Reflektierende Team in der lösungsfokussierten Supervision

von Hans-Jürgen Balz und Frederic Linßen

Kontroverse Themen verhandeln

Perspektivkarten

von Corinna Nels-Lindemann

Mein Portfolio

von Ulrike Kreyssig und Karlheinz Kramer

Ob‘s stürmt oder schneit

von Annette Conrad

Für jeden Anlass der geeignete Hut

von Anne-Marie Fischer

Im Dialog mit Raum und Objekt

von Mirjam Strunk

In Bewegung kommen

Fortschrittsspaziergang

von Daniel Meier

In Lösungen schwimmen

von Andrea Lück

Motivationsstrukturaufstellung

von Tom Küchler

Handeln aus der Zukunft

von Gabriele Ruck

Spaziergang durch die Zeiten

von Kurt Pelzer

Muster verändern

Wen von mir möchte ich antworten lassen

von Sascha Kuhlmann

Erfolgreich Grenzen setzen

von Heidi Neumann-Wirsig

Beim Wort nehmen

von Gunda Busley

Spiel erfinden – Regeln gestalten

von Katharina Gerber

Ressourcen aus Vergangenem generieren

Teamogramm – Von den Geschichten und Zukunftsvisionen eines Teams

von Hans-Jürgen Balz

Der rote Faden in der Berufsbiografie

Carla van Kaldenkerken

5.Fortschritte erkunden

Zwischenstopp

von Daniel Meier

Das Kompetenz-Tool: Die Frage nach dem Gelungenen in der jüngeren Vergangenheit

von Carola Eunicke-Morell

Der Stein der Erkenntnis

von Delia Anton

Aller guten Dinge sind drei

von Jutta Borck

Lösungsorientiertes Zwiegespräch mit mir

von Annette Conrad

Autorinnen und Autoren

 Die im Buch mit dem nebenstehenden Piktogramm gekennzeichneten Arbeitshilfen sind im Internet zum Herunterladen erhältlich. So haben Sie die Möglichkeit, sich jederzeit Vorlagen in beliebiger Anzahl und hoher Qualität auszudrucken. Den Link zu den Downloadressourcen finden Sie auf der inneren Umschlagklappe.

Vorwort

Dieses Buch ist eine Sammlung abwechslungsreicher, kreativer und inspirierender Tools für den Supervisionsalltag. Kolleginnen und Kollegen, die ihre Supervisionspraxis ideenreich, interessant und spannend für ihre Supervisanden und sich selbst gestalten wollen, lassen sich gerne vom Können und den Erfahrungen anderer anregen und begeistern.

Experimentieren ist dabei nicht Mittel zum Zweck, sondern es speist sich aus dem Wunsch, die Supervisanden bestmöglich zur Reflexion anregen und bei der Lösungsentwicklung unterstützen zu können. Dass die eigene Supervisionsarbeit so auch mehr Spaß machen kann, ist nicht nur legitim, sondern dient ausdrücklich dem Wohl der Supervisanden. Nur Supervisoren, die während des Supervisionsgesprächs Zugang zu den eigenen Kompetenzen haben, sind in der Lage, effektiv und wirkungsvoll zu beraten. Und wer Freude und Spaß in seiner Arbeit erlebt, wer kreativ ist und experimentierfreudig, zeigt sich in aller Regel auch kompetent.

Wozu Tools?

Dieses Buch verleiht einem Supervisionskonzept Ausdruck, das von Struktur, Klarheit und Transparenz für den Supervisanden gekennzeichnet ist und dem wir, die Kolleginnen und Kollegen von BTS, uns verpflichtet fühlen. Wir haben uns vom klassischen unstrukturierten Kreisgespräch zum großen Teil verabschiedet und setzen in unseren Supervisionen und Coachings erfolgreich Tools ein. Unsere Erfahrungen und vor allem die Rückmeldungen unserer Supervisanden bestärken uns in unserem Konzept.

Tools sind nichts anderes als Strukturierungshilfen, Gestaltungselemente, Abfolgen im Vorgehen, die zur Ritualisierung neigen können und die dem Supervisanden ermöglichen, das Geschehen auf einer Metaebene zu verfolgen, wenn es mit ihnen kommuniziert wird. Die Tools sind so aufgebaut und in den Interventionen differenziert, dass sie Reflexionen des Supervisanden anregen und unterstützen. Gleichzeitig erweisen sie sich so ergebnisoffen – zumindest die hier im Buch vorgestellten –, dass Supervisanden, manchmal von außen schwer erkennbar, ihre eigenen Lösungen entwickeln können. Struktur vermittelt Sicherheit, sowohl für denjenigen, der ein Anliegen formuliert, als auch für die Mitsupervisanden, die bei der Lösungskonstruktion mitwirken möchten und sollen. Wir erklären unseren Supervisanden unsere Intention und unser Tun. Wir visualisieren und laden sie zum Experimentieren und Erkunden ein.

Tools geben auch dem Supervisor Sicherheit, aber sie reduzieren ihn nicht und engen ihn nicht ein. Wenn es sich als sinnvoll erweist, kann der Supervisor die Änderung seines Vorgehens mit dem Supervisanden besprechen und sein Vorgehen ändern.

Experimentieren ist im lösungsorientierten Arbeiten ein positiv besetzter Begriff und ein sehr erwünschtes Handeln des Supervisors. Der Begriff impliziert, dass gemeinsam etwas ausprobiert wird. Nicht der Erfolg, nicht das Gelingen des Experimentes ist das Ausschlaggebende, sondern das gemeinsame Erkunden und Erforschen sowie die Neugierde, gemeinsam Lösungen zu erfinden, sind die Triebfeder. Supervisanden werden eingeladen, das eine oder andere auszuprobieren. Einladungen können abgelehnt oder ausgeschlagen werden. Auch dadurch bleibt der Supervisand der Experte für sich und sein Anliegen.

Tools führen kein Eigenleben. Sie sind nur durch den Supervisor, seine Haltung und sein Können wirksam. Die Struktur von Tools ermöglicht den Supervisanden, den Prozess und das Vorgehen des Supervisors mitzuverfolgen und reduziert die Idee, dass der Supervisor der Experte für das (Arbeits-)Leben des Supervisanden ist.

Wir wollen unseren Supervisanden mit Wertschätzung begegnen. Dazu gehört für uns, neben der Ressourcen- und Stärkenorientierung, auch die Verfügbarkeit vieler Gestaltungsmöglichkeiten, die wir anliegenadäquat und situationsbezogen einsetzen können, um Supervision zu einer zieldienlichen und kompetenzfördernden Zusammenarbeit zu gestalten.

Unser BTS-Supervisionskonzept beinhaltet eine klare, für unsere Supervisanden transparente Struktur der Supervisionssitzung und des -prozesses. Das bedeutet, dass wir alle Supervisionsteilnehmer am Geschehen beteiligen und ihre Kompetenzen nutzen, dass der sogenannte Falleinbringer mit seinem Anliegen im Zentrum steht und alle ihn in seiner Lösungsentwicklung unterstützen. Wir schätzen in unseren Supervisionen die Abwechslung, die Kreativität und die Unterschiede. Die positive Rahmung der Supervision und das Unterstellen der jeweils guten Gründe aller Beteiligten sind für uns selbstverständlich. Deshalb wählen wir solche Tools aus, die diesen Anforderungen entsprechen – so, wie sie in diesem Buch zusammengestellt sind.

Merci

Ich DANKE allen Autorinnen und Autoren, dass sie ihre Schatzkisten geöffnet und mit ihren unterschiedlichen, praxiserprobten Beiträgen diesen Sammelband erfrischender und anregender Tools ermöglicht haben.

Ganz besonders danken möchte ich meinem Freund und Kollegen Karl-Peter Kirsch, mit dem mich unter anderem viele Jahre gemeinsamer lösungsorientierter Arbeit verbinden. Wir haben in den unterschiedlichsten Kontexten experimentiert und Erfahrungen gesammelt. In den letzten zehn Jahren waren wir zusammen vor allem in der Supervision und der Ausbildung von Supervisoren aktiv.

Beim Entstehen dieses Buches hat mich Karl-Peter Kirsch mit seiner großen fachlichen Expertise und seiner unvergleichlichen Art, Fragen aufzuwerfen, Kommentare zu formulieren, Einschätzungen zu geben und Anregungen zu schreiben, geduldig und zuverlässig unterstützt.

Ganz sicher nicht zuletzt bedanke ich mich bei meinem Mann, Gerd Neumann, der, vielleicht nach außen wenig sichtbar, mit seiner großen Geduld, liebevollen Beharrlichkeit und unermüdlichen Unterstützung für Freiräume gesorgt hat, die mir die Herausgeberschaft ermöglicht haben. Darüber hinaus liest er alle Texte mit wachem Auge und kritischem Wohlwollen.

Heidi Neumann-Wirsig (Hrsg.)

Teil 1

Einordnung der Tools

Supervision – eine Beschreibung

Als Herausgeberin einer Sammlung von Tools, die für Supervision entwickelt wurden und in der Praxis der Autoren und Autorinnen erprobt sind, ist es für mich selbstverständlich, dass ich mein Verständnis von Supervision, das der Auswahl, der Zusammenstellung und Einordnung der Tools zugrunde liegt, in seinen wesentlichen Facetten skizziere. Deshalb beschreibe ich im Folgenden zunächst einige Grundgedanken der Supervision und greife dann zwei wesentliche Aspekte heraus, die sogenannte Fallsupervision und die Unterscheidung von Supervisionssystem und Heimatsystem. Diese Begriffe finden sich auch in verschiedenen Tools wieder.

Das Verständnis beider Aspekte ist meinem systemisch-konstruktivistischen Konzept von Supervision zuzurechnen und ich halte diese Unterscheidungen supervisorisch für unverzichtbar. Denn unabhängig von jeder paradigmatischen Zugehörigkeit stellen diese beiden Aspekte, der Umgang mit sogenannten „Fällen“ und die Fokussierung der unterschiedlichen Kommunikationssysteme, zentrale Grundlagen von Supervision dar.

Supervision – einige grundlegende Aspekte

Supervision ist ein bewährtes Beratungsformat, das im Kontext Sozialer Arbeit entstanden ist (Neumann-Wirsig, 2009) und insbesondere von Menschen, die im weitesten Sinne in helfenden Berufen tätig sind, in Anspruch genommen wird. Doch nicht nur in diesen Bereichen konnte sich Supervision erfolgreich etablieren. In Wirtschaftsunternehmen, Verwaltung, Politik, Schule, Justiz und vielen anderen Systemen unserer Gesellschaft profitieren Menschen heute von Supervision.

Supervision ist vor allem ein Reflexionsinstrument im Hinblick auf die Bedingungen und Gegebenheiten der Arbeit, deren spezifische Themen, die z.B. in der Jugendhilfe andere sind als im Krankenhaus, auf die Besonderheiten der Organisation und nicht zuletzt auf die individuellen Kommunikations- und Verhaltensmuster der Fachkräfte. Deshalb fokussiert Supervision die Schnittstelle zwischen Profession, Organisation und Person (siehe Abb. „Fokus der Supervision“). Das erhöht einerseits die Komplexität der supervisorischen Arbeit und gestaltet sie andererseits so reizvoll und abwechslungsreich. Jedes Thema, als Gegenstand der Supervision, gewinnt unter der Perspektivvielfalt Person, Profession und Organisation an Farbigkeit und Attraktivität, gerade auch im Wechselspiel der daraus resultierenden unterschiedlichen Bedeutungsgebungen.

Abb.: Fokus der Supervision

Als ein Qualitätssicherungsinstrument nutzt Supervision allen Beteiligten, den Supervisanden, den Organisationen mit ihren Vertretern sowie den Kunden bzw. Klienten: Den Supervisanden, weil sie sich wirksamer und erfolgreicher in ihrer Arbeit mit den Klienten erleben, der Organisation, weil sich die Arbeit verbessern kann, und nicht zuletzt den Klienten, die ein kompetenteres und kooperatives Gegenüber erleben können.

In der Wirkung schafft Supervision Entlastung, unterstützt die Veränderung der Wahrnehmung und Bedeutungsgebung, ermöglicht neue Zugänge für verändertes Verhalten, stärkt die eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen und erhöht die Selbstwirksamkeit. Alle beruflichen Themen, ob Entscheidungssituationen, scheinbare Ausweglosigkeit, Rollen- und Aufgabenunklarheiten, Konfliktsituationen, um nur wenige aufzuzählen, können Gegenstand des Supervisionsgesprächs sein. Das Ziel von Supervision ist, die Wahrscheinlichkeit von Veränderung zu erhöhen.

Supervisoren leiten ihre Supervisanden dabei an, herauszufinden, was sie innerhalb ihrer Arbeitszusammenhänge besser bzw. anders haben möchten, wie die Zukunftsvorstellungen für die nächste Begegnung mit den Klienten oder Kunden aussehen und wie sie es schaffen können, ihren Zielen näher zu kommen. Supervisoren sind Prozessgestalter und -verantwortliche. Sie strukturieren das Gespräch, nutzen methodische Möglichkeiten sowohl sprachlicher als auch kreativer Art, um die Reflexion der Supervisanden zu fördern und nützliche Ideen für das Praxishandeln zu entwickeln.

Dabei ist es für eine erfolgreiche Supervision unerheblich, wie viel der Supervisor von der inhaltlichen Arbeit seiner Supervisanden versteht. Im Gegenteil, ich halte es für nützlicher, wenn Supervisoren nicht aus der gleichen Branche oder dem gleichen Arbeits- und Berufsfeld kommen wie ihre Supervisanden. Sie sind dann umso mehr in der Lage, die „besseren“, weil wirkungsvolleren Fragen zu stellen. Sie stehen weniger in der Gefahr, schon zu wissen, was richtig und wirklich ist und was getan werden muss. So betrachtet, stellt Fachwissen des Supervisors aus dem Arbeitsfeld des Supervisanden eher eine Einschränkung dar, die die eigene Lösungsentwicklung der Supervisanden manchmal mehr behindert als fördert.

Gleichwohl sollten Supervisoren, unabhängig vom Beratungsparadigma, um die Besonderheiten und Eigenheiten von Organisationen wissen, die Themen der Arbeitsfelder ihrer Supervisanden kennen und verstehen, wie Systeme funktionieren. Sie brauchen ein Wissen, Können und methodisches Handwerkszeug, wie Veränderung durch Beratung angeregt werden kann. Sie sollten über eine Theorie, die dazugehörige Haltung und Interventionsstrategien verfügen, d.h., Supervisoren sollten wissen und erklären können, was sie tun. Das trifft auch auf die sogenannte Fallsupervision zu.

Fallsupervision – ein ungünstiger Begriff

Der Begriff „Fallsupervision“ führt uns in die Irre, zumindest wenn man konstruktivistisch denkt. Er suggeriert, dass ein „Fall“ supervidiert würde. Wäre dem so, würden Supervisoren einer Objekt-Subjekt-Differenzierung mit beachtlichen Auswirkungen unterliegen. Supervisanden und Supervisor würden die Situationsbeschreibungen des sogenannten Falleinbringers als objektiv und wahr annehmen und nicht als Ausdruck seines subjektiven Erlebens eines Interaktionsgeschehens mit unendlich vielen Wechselwirkungen. Gemeinsam würde man so tun, als sei der „Fall“ ein Objekt, das man einseitig und dazu noch aus der Ferne – nämlich der Supervision – beeinflussen könnte. Supervisanden würden mit Unterstützung ihrer Supervisoren wunderbare Interventionen austüfteln und sich dann wundern, dass die leider vom Klienten nicht angenommen werden, erfolglos bleiben und auf Widerstand stoßen. Hier der Klient, da der Supervisand mit einseitiger Einwirkung des Supervisanden auf den Klienten. Als ginge es nicht um ein Interaktionsgeschehen zwischen Supervisanden und ihren Klienten. Die Wechselwirkungen zwischen den Beteiligten, die gemeinsame (unbeabsichtigte) Konstruktion von Wirklichkeit, so schlimm, belastend, unerfreulich, widerständig sie auch erlebt wird, würde verursachend allein dem Klienten zugerechnet.

Für Konstruktivisten und für die Beobachtung zweiter Ordnung – also die Beobachtung der Beobachtung – ist ein solches Modell nicht vorstellbar, auch nicht ausreichend wertschätzend und zudem hierarchisch, weil es ein Besserwissen des Supervisors auf der Ebene des Supervisionssystems und des Supervisanden auf der Ebene des Heimatsystems impliziert.

Normalerweise erweckt der Supervisand bei seiner Erzählung den Eindruck, als sei der Klient das Objekt und er das handelnde oder erleidende Subjekt. Er schildert die Situation so, als könnte man das sogenannte Fallgeschehen ohne seine Mitwirkung betrachten. Es ist verständlich, wenn Supervisanden diese Trennung von Fallgeschehen und eigener Mitwirkung favorisieren. Gerne hätten sie einfach ein paar Tipps für den wirkungsvollen Umgang mit den Klienten. Vor diesem Hintergrund sind Supervisanden durchaus schnell beeindruckt, wenn der Supervisor genaue Analysen und Expertenwissen anbringt. Häufig erleben sie dann in der Interaktion mit den Klienten aber, dass ihnen dieses Wissen nicht viel hilft. Die Erfahrung zeigt, dass die selbst erarbeiteten, erfundenen, entwickelten Ideen, Wege, Lösungen des Supervisanden die weitaus tragfähigeren und erfolgreicheren sind.

Bewegt sich die Supervision auf dieser gerade geschilderten Ebene der Objekt-Subjekt-Differenzierung, nennen Konstruktivisten sie Beobachtung erster Ordnung. Als solche ist sie Fachberatung und keine Supervision. Nach meiner Meinung ist Supervision immer Beobachtung zweiter Ordnung, gleichgültig, auf welchem Paradigma sie basiert. Deshalb plädiere ich dafür, den Begriff „Fallsupervision“ ersatzlos zu streichen und durch den Begriff „Supervision“ zu ersetzen. Fallsupervision im Sinne der Kybernetik erster Ordnung ist dann konsequenterweise Fachberatung zu nennen. Der Fachberater ist der, der sich auskennt, er kann die inhaltlichen Fragen beantworten, er ist der Experte auf diesem Gebiet.

Ungeachtet aller konstruktivistischen Ideen ist es gutes, traditionelles Supervisionsverständnis und grundlegendes Prinzip, dass es in der Supervision nicht um den „Fall“, sondern um den Supervisanden geht. Deshalb wurde in der Supervision schon immer auf die sogenannten „eigenen Anteile“ der Supervisanden fokussiert. Heute werden andere Begrifflichkeiten verwendet, die auf anderen Denkmodellen beruhen. Jetzt steht der Supervisand mit seiner Wirklichkeitskonstruktion, seiner Landkarte, seinem Bezugsrahmen im Mittelpunkt der Supervision. Alle Bemühungen des Supervisors und der Mitsupervisanden richten sich auf das Denken, Fühlen und Handeln des Supervisanden und auf seine Ziel- und Lösungsentwicklung.

Obwohl ich den Begriff „Fallsupervision“ aus den genannten Gründen unpassend finde, so ist er doch noch üblich. In der Praxis wird er zurzeit noch häufig benutzt, auch als Abgrenzung zu Teamsupervision oder gruppendynamischen Veranstaltungen. Vor allem Auftraggeber nehmen diese Unterscheidung vor. Vermutlich ist das einer Phase der Supervisionsentwicklung geschuldet, in der Supervision hinter verschlossenen Türen stattfand und gelegentlich auch subversiv erlebt wurde. Moderne Supervision ist klar und kooperativ gestaltet, dem Dreiecksvertrag zwischen Supervisanden, Supervisoren und Auftraggebern verpflichtet, in bestimmten Bereichen transparent und wahrt in anderen Verschwiegenheit.

Heimat- und Supervisionssystem – eine bedeutsame Unterscheidung

Kommt eine Supervision zustande, ist es Aufgabe des Supervisors, das sogenannte Beratungs-oder Supervisionssystem aufzubauen. Systemtheoretisch gesehen, ist ein System ein Interaktionsgeschehen, eine gemeinsam erzeugte Wirklichkeit, die durch ihren Sinnbezug von seiner Umwelt abgegrenzt ist. Nicht die Menschen an sich sind das System, sondern ihre Kommunikation und das gemeinsame Wirklichkeitserleben bilden das System. Die Klärung des Settings und die Art der Zusammenarbeit sind die konstituierenden Elemente und Interventionen für das Supervisionssystem. Dabei kommt der Kooperationsbeziehung zwischen Supervisanden und Supervisor besondere Bedeutung zu. Sie sollte zieldienlich, kompetenzfördernd, wertschätzend und ressourcenorientiert gestaltet werden. Unangebracht sind Besserwissen, Deutungen, Unterstellungen und vermeintliches Wissen darüber, was für den jeweils anderen gut ist oder was er sich an sich verändern soll.

Der Sinn von Supervision und damit auch die Grenze des Systems Supervison ergibt sich aus dem Wofür oder Wozu. Die Frage, die in der Auftragsklärung und beim Aufbau des Supervisionssystems gestellt werden muss, heißt: Wofür kommen wir in der Supervision zusammen? Was soll das gewünschte Ergebnis unserer Zusammenarbeit sein? Was soll am Ende der Supervision anders sein als jetzt? Und: Wie wollen wir in der Supervision zusammenarbeiten, miteinander und mit unseren Beiträgen umgehen, und zwar so, dass die Kompetenzen jedes Einzelnen entfaltet und eingebracht werden können?

Gegenstand der Supervision sind die Anliegen, die beruflichen Situationen, deren Erleben in irgendeiner Weise verändert werden sollen. Zu Beginn einer Supervisionssitzung schildert der sogenannte Falleinbringer die Situation, für die er Unterstützung sucht. Dabei ist häufig zu beobachten, dass die geschilderten Situationen eine große Faszination auf die anderen Supervisanden ausüben. Es wird bis ins kleinste Detail nachgefragt, alle versuchen zu verstehen und tauchen ein in die Welt der erzählten Geschichte. Was als Wunsch, zu verstehen, gesehen werden kann und als solcher auch begrüßenswert ist, entwickelt sich zu einer Problemtrance. Wenn nun alles Erleben das Ergebnis von Aufmerksamkeitsfokussierung ist, dann erleben die Beteiligten sozusagen das Problem. Die Folge ist, dass alle Kompentenzen, Fähigkeiten, Lösungen im Moment ausgeblendet sind und die Tendenz, auf der Ebene der Beobachtung erster Ordnung zu bleiben, stark ist. Diesem Sog widersteht der professionelle Supervisior. Dabei hilft ihm auch die Unterscheidung in Supervisions- und Heimatsystem.

Abb.: Das Supervisions- und das Heimatsystem

Nun stellt es eine besondere Herausforderung in der Supervision dar, dass auch die Ziele, für die die Beteiligten zusammenkommen, häufig so formuliert werden, dass sie im sogenannten Heimatsystem der Supervisanden angesiedelt sind. Dort, in der Begegnung mit dem Klienten, möchte der Supervisand etwas verändern, soll etwas anders sein, will er sich anders verhalten. Dieses „Dort“ liegt jedoch außerhalb des Supervisionsgeschehens und kann nicht direkt Gegenstand der Beratung sein. Der Supervisor ist aufgefordert, zunächst im Sinne des Aufbaus des Supervisionssystems, die Ziele für die Supervision zu klären. Er fokussiert auf den Moment der Zusammenarbeit, das Supervisionsgeschehen, auf den Supervisanden als beruflich Handelnden. Das Supervisionssystem schafft den konstruktiven Rahmen für die Entwicklung nützlicher und hilfreicher Interventionen im Heimatsystem. Erst im zweiten Schritt kommen die Ziele für das Heimatsystem in den Blick.

Die Verbindung zwischen den Zielen für die beiden Systeme schafft die Frage: „Was können wir in der Supervision tun, besprechen, überlegen usw., um dort (im Heimatsystem des Supervisanden) die gewünschten Ziele zu erreichen?“ (vgl. Schmidt, 2014; Neumann-Wirsig, 2011; Neumann-Wirsig, 2009).

Diese Unterscheidung zwischen Supervisionssystem und Heimatsystem ist deshalb so wichtig, weil sie erneut den Unterschied zwischen Fachberatung und Supervision bzw. Beobachtung erster und zweiter Ordnung markiert (vgl. S. 15 ff. und Abbild „Das Supervisions- und das Heimatsystem“ auf S. 17).

Während der Supervision oszillieren die (Such-)Bewegungen häufig zwischen diesen beiden Systemen. Es ist die Aufgabe des Supervisors, zu beobachten, in welchem System sich die Supervisanden und er sich gerade „aufhalten“, und gegebenenfalls zu steuern.

Beratungsansätze und Supervisionskonzepte

Supervision soll, wie andere Beratung auch, helfen, die Diskrepanz zwischen einem veränderungswürdigen Ausgangszustand und einem gewünschten Zielzustand zu überwinden. Darüber, WIE das geschehen kann, gibt es sehr verschiedene Vorstellungen. Im Folgenden werden die Beratungsansätze kurz skizziert, die der Auswahl der Tools zugrunde liegen und diese charakterisieren.

Systemisch-lösungsorientiertes Arbeiten

Ohne den Zusatz „systemisch“ kommt keine Supervision mehr aus, und lösungsorientiert zu arbeiten, ist beinahe eine Selbstverständlichkeit geworden. Gerade deshalb scheint es mir im Sinne einer Positionierung wichtig, einige Merkmale lösungsorientierter Supervision zu benennen, die Verbindung zu der systemischen Supervision aufweist. Die Verbindung oder auch die gemeinsame Basis von lösungsorientiert und systemisch bildet für mich der Konstruktivismus als Erkenntnistheorie.

Lösungsorientiert arbeitende Supervisoren handeln, ohne ein bestimmtes Ergebnis erreichen zu wollen. Das einzige Ziel, das sie verfolgen, besteht in der konsequenten Unterstützung ihrer Supervisanden bei der Konstruktion derer Zukunftsvisionen. Deshalb gehören aus meiner Sicht Neugier, Absichtsarmut, Wertschätzung der Person und Respektlosigkeit gegenüber Ideen, Erklärungen und Bewertungen sowie die Kunst, Fragen zu stellen, statt Antworten zu geben, zu den wichtigen Fertigkeiten eines systemisch-lösungsorientierten Supervisors.

Im lösungsorientierten Arbeiten spricht man in diesem Zusammenhang vom eigenen Bezugsrahmen, im systemischen wird der Begriff der Landkarte verwendet. Fachwissen und ganz allgemein Wissen, Erfahrungen, Erkenntnis, Haltung usw. sind Bestandteile des Bezugsrahmens, der jede Beobachtung, jede Deutung, jede Frage, jede Handlung steuert. Übereinstimmend stehen der Bezugsrahmen und die Landkarte für eine Art Folie oder innere Struktur, auf der sich unsere Wahrnehmung selektiert und sich unsere Handlungen vollziehen. Meines Wissens wird in keinem anderen Beratungsparadigma so konsequent darauf geachtet, den eigenen Bezugsrahmen des Supervisors auszublenden, wie in der lösungsorientierten Gesprächsführung. Je weniger der eigene Bezugsrahmen des Supervisors in der Supervision zum Tragen kommt, desto wahrscheinlicher ist, dass der Supervisand seine eigenen Lösungen entwickeln wird.

Der Umgang mit dem Bezugsrahmen zählt zu den größten Herausforderungen in der sonst so einfach wirkenden, aber keineswegs leichten lösungsorientierten Supervision. Der jeweilige Bezugsrahmen – sowohl der der Supervisanden als auch der der Supervisoren – lässt sich an der Sprache, an den Fragen und den dahinterliegenden Hypothesen erkennen. Fragen transportieren die Hypothesen, die Werte, die Haltung, die Vorstellungen von Menschen und Veränderung, kurz die Wirklichkeitskonstruktionen des Fragenden. Wenn das in jeder Art von Beratung und Supervision unvermeidlich ist, dann sollten die Fragen von systemisch-lösungsorientierten Supervisoren auf den folgenden, für sie typischen Annahmen beruhen.

Systemisch-lösungsorientiert arbeitende Supervisoren gehen davon aus, dass Veränderung ständig geschieht und unausweichlich ist, auch wenn sich manchmal der Eindruck von Starre und Unbeweglichkeit aufdrängt.

Sie sind überzeugt, dass Probleme und Lösungen nicht immer in einer direkten Verbindung zueinander stehen. Dieser zunächst ungewöhnliche Gedanke hilft, die Lösungsfindung des Supervisanden zu entwickeln, ohne Probleme vorher analysieren zu müssen. Und die Erfahrung zeigt, dass Supervisanden ihre Lösungen finden können, ohne dass der Supervisor und die Mitsupervisanden das Problem überhaupt kennen.

Diese Haltung und Vorgehensweise sollte nicht mit Geringschätzung oder dem bewussten Ignorieren von Problemen verwechselt werden. Ganz im Gegenteil! Lösungsorientierte Supervisoren begegnen allen Erzählungen und Beschreibungen ihrer Supervisanden und den damit verbundenen Gefühlen, Belastungen, Enttäuschungen usw. mit großem Respekt und Empathie. Die empathische Wertschätzung entspringt einer tiefen Überzeugung, dass Supervisanden in ihrem Erleben, ihrer Sicht auf die Dinge und in ihrem Bemühen, ihr Bestmöglichstes zu tun, anerkannt und gewürdigt werden müssen, bevor sie für Veränderungen zu gewinnen sind.

Die Idee, dass Probleme nicht immer und jederzeit auftreten, öffnet den Supervisoren den Blick und sensibilisiert sie für Situationen und Augenblicke im Erleben des Supervisanden, die Ausnahmen vom Problem darstellen. Häufig können Supervisanden zurückliegende Situationen beschreiben, in denen sich das Problem hätte zeigen können, aber nicht aufgetreten ist. Diese Ausnahmen zeigen einerseits, dass der Supervisand Verhaltensalternativen besitzt, und andererseits enthalten sie viele Komponenten der Lösungsentwicklung.

Die Überzeugung, dass kleine Schritte zu großen Veränderungen führen können, führt zu Aufmerksamkeit und Wertschätzung selbst kleinster Veränderungen in die gewünschte Richtung. Eine Situation anders zu bewerten, Zusammenhänge in anderer Weise zu erklären, die Aufmerksamkeit auf anderes als bisher zu richten, erscheint nach außen häufig als kleine Veränderung. Betrachtet man allerdings die Auswirkungen solch „kleiner“ Veränderungen, wird deutlich, welches Potenzial sie in sich tragen.

Systemisch-lösungsorientierte Supervision sollte einerseits von angemessen ungewöhnlichen Fragen des Supervisors geprägt sein und andererseits den Supervisanden in seinem Denk-, Fühl- und Entwicklungsprozess, bezogen auf seine Lösung, nicht stören.

Gerade die systemische Arbeitsweise ist geprägt von ungewöhnlichen Fragen und hat nicht zuletzt dadurch ihren Siegeszug durch die Beratungsszene genommen. Es sind die zirkulären, hypothetischen, die Wer-wie-wann-wozu-Fragen, die Fragen im Möglichkeits- und Wirklichkeitsraum etc., die sich als hochwirksam erweisen. Auf die Warum-Fragen kann dabei weitestgehend verzichtet werden. Im lösungsorientierten Arbeiten kommen zu diesen Fragearten noch ganz banale hinzu, wie z.B. die inzwischen bekannte Frage „Was noch?“. Sie wird eingesetzt, sobald der Supervisand seine Lösung entwickelt. In dieser Phase würde jede andere Frage den Supervisanden aus seinem Konstruktionsprozess reißen.

Dem Supervisanden zu sagen, was er tun soll, ist in aller Regel nicht nützlich und widerspricht dem reflektorischen Grundprinzip von Supervision überhaupt.

Die Prozessgestaltung, die konsequente Lösungsentwicklung durch die Supervisanden, die Haltung des Nichtwissens, die Gestaltung eines Möglichkeitsraumes, das sind einige Kernelemente, die Supervision, wie ich sie verstehe, auszeichnet. Der Supervisor ist der Prozessgestalter, er hat Ideen, wie er die Supervisanden unterstützen kann, ihre eigenen Lösungen zu erfinden.

Supervisionskonzepte – Gemeinsamkeiten und Unterschiede

In diesem Buch stelle ich Tools vor, die drei unterschiedlichen Beratungsansätzen folgen, ihnen nahestehen oder diese in sich zusammenführen: lösungsorientierte, systemisch-konstruktivistische und hypnosystemische Supervisionsmethoden. Trotz der Unterschiede haben diese Beratungskonzepte sehr vieles gemeinsam. Sie basieren alle auf den gleichen Theorien: dem Konstruktivismus (Heinz v. Förster), der Systemtheorie (Niklas Luhmann), der Theorie lebender Systeme (Humberto Maturana) und der Kommunikationstheorie (Paul Watzlawick).

Als Supervisorin, als Herausgeberin und als Lehrende ist es mir wichtig, Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Beratungsansätzen – wie ich sie sehe – und die dahinterliegenden Theorien zu beschreiben, um meinen eigenen Kontext deutlich zu machen und mein Handeln begründen zu können. Deshalb stelle ich nun einige Unterschiede und Gemeinsamkeiten der drei genannten Ansätze heraus. Meine Idee ist, dass der Leser und die Leserin auch von dieser Unterschiedsbildung profitieren könnte.

Eine große Übereinstimmung besteht im Verständnis von Problemen und wie sie entstehen. Aus konstruktivistischer Sicht gibt es keine Probleme an sich. Sie sind keine Dinge, die man hat, sondern das Ergebnis von Bedeutungsgebung, Abwertungsprozessen, kognitiven Leistungen und Aufmerksamkeitsfokussierung. Kein Phänomen ist von Natur aus ein Problem. Phänomenen, Beobachtungen, Erlebnissen wird eine bestimmte Bedeutung gegeben. So ist es z.B. für den einen ein besonders schöner Moment, vor vielen Menschen zu reden, während diese Situation für den anderen mit eine Horrorvorstellung verbunden ist. Nicht nur diese besonderen Momente erhalten spezielle Bedeutung. Der Prozess der Bedeutungsgebung ist alltäglich, unausweichlich und geschieht permanent. Damit aus einem Phänomen ein Problem werden kann, das der betreffende Mensch als solches erlebt, mit all den damit verbundenen Gefühlen und Körperreaktionen, muss eine Ist-Situation abgewertet und ein Soll-Zustand aufgewertet werden. Das folgende Schaubild zeigt diesen Vorgang in stark vereinfachter Form (vgl. Schmidt, 2014).

Abb.: Abwertung der Ist-Situation

Wie wird ein Problem erzeugt?

Zunächst kommt jemand, z.B. ein Supervisand, auf die Idee, hier ist etwas nicht in Ordnung. Durch die subjektive Organisation seines Wahrnehmungsprozesses baut er damit eine Diskrepanz auf zwischen „Etwas ist nicht in Ordnung“ und „Das sollte anders sein“. Das bedeutet, um ein Problem erleben zu können, muss eine Zielvision vorhanden sein, von der eine gelebte Ist-Situation abweicht. Plakativ formuliert, entsteht kein Problem ohne eine Zielvision.

Die kognitiven Beiträge zur Entstehung eines Problems sind Beschreiben („Da ist etwas so“), Erklärungen („weil…“) und Bewertungen („schlecht“) der Ist-Situation. Genauso wird der Soll-Zustand beschrieben, erklärt und bewertet mit dem Unterschied, dass der Soll-Zustand gut oder besser, vielleicht sogar als ideal bewertet wird. Während die Ist-Situation eine permanente Abwertung erfährt, wird der Soll-Zustand aufgewertet. Ein innerer Wahrnehmungs- und Erlebnisprozess kommt in Gang.

Anstatt diesen Prozess nun als ausgewählten Beitrag zur eigenen Realitätskonstruktion zu sehen, wird er als einzig denkbare „Wahrheit“ erlebt.

Hinzu kommt, dass das Problem nun auch kommunikativ in den Mittelpunkt rückt. Man spricht über seine Beobachtungen, erklärt und bewertet sie anderen gegenüber. Immer mehr Menschen werden so in den Prozess der Realitätskonstruktion einbezogen. Eine intersubjektive Realität gestaltet sich. Alternative Wahrnehmungen werden ausgeblendet, Erklärungen verworfen, positive Bewertungen abgelehnt. Die Aufmerksamkeit verengt sich auf das, was nicht in Ordnung ist.

Dabei müssen die Erklärungen für das Problem so plausibel sein, dass sie alternativen Erklärungen standhalten. Sie sollten auch ausweglos erscheinen. Erklärungen, die die Vergangenheit als Schicksal verstehen, das Verhalten einer Person mit seiner Persönlichkeit gleichsetzen („Der ist so“) und alle Problembeteiligten als hilflos erklären („Wir sind dem ausgeliefert“), sind besonders gut geeignet. Darüber hinaus wirkt es problemstabilisierend, wenn alle Beteiligten sich auch so verhalten, als ob es keinen Ausweg aus dem Problem gäbe, oder die Lösung ausschließlich in der Hand einer anderen Person liegen würde.

Einen wichtigen Beitrag zur Problemstabilität leisten gescheiterte Lösungsversuche. Im Erleben vergrößern sie das Problem, sie belegen die Schwere und reduzieren die Aussicht auf Lösungen.

Probleme existieren immer in der Gegenwart und können auch nur hier verändert werden. In der Vergangenheit sind sie Erinnerung, in der Zukunft sind sie Vorstellungen. Vergangenheit kann verändert werden, indem dem Erlebten andere Bedeutungen unterlegt werden. Die Zukunft wird ausgehandelt und gemeinsam entwickelt.

Diese etwas kühl wirkende Betrachtungsweise der Entstehung von Problemen soll nicht verkennen lassen, dass Probleme auch und gerade im lösungsorientierten Arbeiten in besonderer Weise wertgeschätzt und anerkannt werden. In der hypnosystemischen Arbeit erfahren Probleme über die Würdigung und Anerkennung als Leistung hinaus eine Utilisation für die Entwicklung alternativen Erlebens. Die systemische Arbeitsweise sieht Probleme unter interaktiven Aspekten und in ihrer Bedeutung für das kommunikative Zusammenwirken der beteiligten Menschen.

Während sich die drei Beratungsansätze systemisch, lösungsorientiert und hypnosystemisch in der Entstehung von Problemen – aus meiner Sicht – auf konstruktivistische Konzepte stützen, unterscheiden sie sich im Umgang oder Bearbeiten der Probleme.

Lösungsorientierte Supervision

Die lösungsorientierte Beratung und Therapie, von Steve de Shazer und seinem Team aus Beobachtungen über erfolgreiche Therapie abgeleitet, baut u.a. auf dem Wissen auf, dass ein Problemerleben eine vorhandene Zielvision voraussetzt. Das Lösungskonstruktionsmodell verabschiedet sich von der Vorstellung, dass man die Ursachen des Problems kennen muss, um es zu lösen. Das Modell geht sogar noch einen Schritt weiter: Der Supervisor muss das Problem seines Supervisanden nicht einmal kennen, um ihn effektiv zu beraten. Lösungsorientiertes Arbeiten wird häufig als eine Art Reisebegleitung beschrieben, bei der die Supervisanden und der Supervisor viel über das Reiseziel und die Möglichkeiten, dorthin zu kommen, sprechen, während die Erkundung des Ausgangspunktes (Problem) entfallen kann. Deshalb ist es sinnvoll, von Beginn der Supervision an nach dem Ziel zu fragen, nach dem, was durch Supervision anders und besser werden soll.

Die Frage nach Zielen ist im lösungsorientierten Arbeiten das Kernstück. Man könnte sagen: Lösungsorientierte Supervision ist die Kommunikation über die Ziele und die Zielerreichung der Supervisanden. Dabei haben Supervisanden zu Beginn der Supervision häufig keine klaren Vorstellungen, wie ihre gewünschten Ziele aussehen. Es lohnt sich, in das gemeinsame Herausfinden des Ziels Zeit zu investieren. Denn erst, wenn der Supervisor weiß, wohin der Supervisand will und was für ihn wichtig ist, kann er ihn effektiv unterstützen. Als Orientierung dienen die Kriterien wohlformulierter Ziele: klein, konkret, wichtig, realisierbar, positiv formuliert, in eigener Kontrolle. Wenn eine Zielformulierung alle genannten Kriterien erfüllt, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass das Ziel auch erreicht wird. Dabei zeigt sich, dass die konkrete Vorstellung, wie die Einzelheiten der Lösung aussehen, bereits entscheidende erste Schritte in die gewünschte Richtung sind.

Prinzipiell sind vier Wege der Lösungsentwicklung Erfolg versprechend: die Erkundung der Zielvision, die Entdeckung von Ausnahmen vom Problem, die Exploration vom dem, was so bleiben soll, wie es ist, und der Einsatz der Wunderfrage.

Ein weiteres Charakteristikum ist die Überzeugung, dass Supervisanden über die Fertigkeiten und Möglichkeiten, den Einfallsreichtum und die Widerstandskraft für die Bewältigung ihres Lebens verfügen. Die Supervisanden, nicht die Berater, gelten als Experten und Expertinnen für ihre Lebens- und Arbeitssituation. Das Beratungsziel ist, auf diesen Ressourcen aufzubauen und die Supervisanden zu unterstützen, ihr spezifisches Ziel oder die Verwirklichung einer Zielvision zu erreichen.

Hinter der konsequenten Ausrichtung der lösungsorientierten Arbeit auf Gelungenes, kleine Erfolge, Ressourcen aller Art, verbirgt sich die Überzeugung, dass es leichter fällt und nützlicher erscheint, etwas zu wiederholen, was bereits funktionierte, als etwas herbeizuführen, was man bisher noch nicht geschafft hat. Bei Letzterem besteht darüber hinaus die Gefahr, sich eigene Frustrationen zu organisieren.

Gleichzeitig unterstützt diese Form der Kommunikation eine wertschätzende, kollegiale Umgangskultur in der Supervision und fördert eine kooperative Arbeitsatmosphäre.

Das Instrumentarium der lösungsorientierten Supervision umfasst u.a. viele lösungsfokussierende Fragen, die positive Bedeutungsgebung, die Arbeit mit Skalen, das Erkunden von Erfolgen, Gelingendem und Ressourcen, den Futur Perfekt und die Wunderfrage.

Systemisch-konstruktivistische Supervision

Auch im systemisch-konstruktivistischen Verständnis ist ein Problem ein Interaktionsgeschehen, an dem verschiedene Menschen beteiligt sind. Probleme sind keine Dinge, die man anfassen kann, auch nicht das Wesensmerkmal einer Person, sondern eine gemeinsame Konstruktion von Wirklichkeit. Der Kommunikation kommt eine besondere Bedeutung zu. Sie ist konstituierend für soziale Systeme. So spricht man von Problemsystemen und meint damit die Kommunikation verschiedener Menschen, bezogen auf ein Phänomen, das als Problem beschrieben wird. Die Leitfrage der Supervision verändert sich von „Was ist das Problem?“ zu „Wer sieht und beschreibt das Problem?“.

Anders als im lösungsorientierten Paradigma, wird dem Kontext im systemischen Arbeiten eine herausragende Bedeutung zugesprochen. So ist jedes Verhalten, auch ein als Problem erlebtes, in seinem Kontext zu sehen und nur so verstehbar. Arist von Schlippe und Jochen Schweitzer beschreiben es so: „Menschliches Leben findet in einer Welt von gemeinsam geteilten und mitgestalteten Bedeutungen statt.“ (Schlippe/ Schweitzer, 2009, S. 11).

Der Kontext ist der Sinnzusammenhang, z.B. wichtige Personen, Vorannahmen über Geschehnisse und Verhaltensweisen sowie gegenseitige Erwartungserwartungen. Kontext bezeichnet die Kennzeichen, die zeigen, wie ein Verhalten zu verstehen ist. Aus systemischer Sicht bekommt jedes Phänomen seine Bedeutung und Wirkung aus seinen kontextuellen Wechselwirkungen.

Die Veränderung des Kontextes ist eine der wichtigsten Interventionsstrategien im systemischen Arbeiten und gleichzeitig eine unverzichtbare Haltung. Rekontextualisierung, Umdeutungen bzw. Reframing sind Möglichkeiten, Gesprächsinhalte immer wieder in einem anderen Licht zu betrachten und dadurch Verhaltensoptionen zu eröffnen. Nicht nur das Verhalten verändert sich, Umdeutungen haben eine große Wirkung auf Gefühle und Erleben. Die Wahrnehmung verändert sich. Aus Stroh wird Gold (vgl. Schlippe/Schweitzer, 2009, Neumann-Wirsig/Kirsch: „Stroh zu Gold spinnen“ in diesem Buch auf S. 186).

Systemische Supervisoren stellen deshalb, ebenso wie ihre lösungsorientierten und hypnosystemischen Kollegen, einen Supervisionskontext her, der von Wertschätzung, Achtung der Wirklichkeitskonstruktionen der Supervisanden, der Haltung des Nichtwissens und von Empathie geprägt ist. Sie bauen eine gelingende Kooperationsbeziehung, ein zieldienliches Supervisionssystem auf.

Systemische Supervision beschäftigt sich mit den Zusammenhängen, den Beziehungen, dem Interaktionsgeschehen in Systemen. Ein wesentlicher Aspekt besteht darin, den Supervisanden darin zu unterstützen, Beobachter seiner selbst zu sein. Das heißt, aus einer Art Metaperspektive sich selbst und die eigene erlebte und erzählte Geschichte zu betrachten. Aus dieser Distanz heraus, vergleichbar der Vogelperspektive, erschließen sich Optionen und Möglichkeiten, die vorher vielleicht undenkbar waren. Gleichzeitig stellt sich mit den Wahlmöglichkeiten der unterschiedlichen Perspektiven auch die Frage der Verantwortung für die eigene erzählte Geschichte anders.

Das gilt sowohl für einzelne Supervisanden als auch für Teams oder Gruppen. Im Laufe ihrer Existenz entwickeln soziale und personale Systeme Wahrnehmungsgewohnheiten, die selektierend, verstärkend und selbsterfüllend wirken. Es bilden sich Muster und Regeln heraus. Verhalten wird erwartbar. Auch hier können über die selbstreferenzielle Position des Beobachters Wahlmöglichkeiten generiert und eine Veränderung der Muster initiiert werden. Systemische Supervisoren werden z.B. auch in Teams für alle Beteiligten wertschätzende Beschreibungen des jeweiligen Verhaltens finden und auch scheinbar destruktiven Beiträgen gute Gründe unterstellen. Diese nicht immer ganz einfache Haltung und Vorgehensweise zeichnet systemische Supervision aus, die nicht die einzelne Person im Blick hat, sondern das Kooperations- oder Interaktionsnetzwerk.

Zu den unverzichtbaren Interventionen systemischen Arbeitens gehören das ganze Spektrum von Fragen: systemische, zirkuläre, hypothetische, ressourcen- und lösungsorientierte, Verschlimmerungsfragen, Skalierungen u.a. Positives Umdeuten, Skulptur und Aufstellungen, Reflektierende Teams und Positionen, Systemzeichnungen, Arbeit mit Metaphern und inneren Anteilen sind weitere Bestandteile des Repertoires systemischer Supervision.

Hypnosystemische Supervision

Die hypnosystemische Therapie und Beratung, deren Protagonist Gunther Schmidt ist, vereinigt systemische und konstruktivistische Überzeugungen mit der Hypnotherapie von Milton Erickson. Sie versteht sich, wie die lösungsfokussierte Therapie von de Shazer, u.a. als kompetenzfokussierendes Verfahren. Die Grundthese besagt, dass jedes menschliche Erleben als Ergebnis und Ausdruck von Aufmerksamkeitsfokussierung verstanden werden kann. Das wird durch die Primingforschung und die Beobachtung der Gestaltungsdynamik von Träumen belegt (vgl. Schmidt, 2014). Menschliches Erleben ist nicht festgelegt, sondern kann jeden Moment, je nachdem, wohin sich die Aufmerksamkeit richtet, neu gestaltet werden. Darüber hinaus speichern Menschen die Fähigkeiten für hilfreiche Erlebnisprozesse im Gehirn als neuronale Netzwerke ab. Diese sind jederzeit abrufbar. Wahrnehmung wird auch als Ausdruck von Mustern verstanden. Dabei stehen alle verknüpften Musterelemente ständig in Wechselwirkung miteinander.

Bereits aus diesen wenigen Aussagen (der hypnosystemische Ansatz ist weit umfangreicher und differenziert neben den konstruktivistischen und systemischen auch internale individuelle Erlebniselemente auf allen Sinneskanälen aus) ist ableitbar, dass eine hilfreiche Kommunikation innerhalb einer Supervision so aufgebaut werden sollte, dass sie intensiv und systematisch Fokussierungshilfen anbietet, um Potenziale wiederzufinden, zu aktivieren und nachhaltig in die Lebenskontexte zu integrieren.

Das Grundprinzip aller Interventionen ist die Unterschiedsbildung. Um eine Veränderung im Erleben zu bewirken, muss man nicht alle wichtigen Musteraspekte kennen. Interventionen sind wirksam, wenn sie innerhalb eines Problemmusters ein oder mehrere Elemente verändern und Umfokussierungen in Richtung gewünschten Erlebens und Kompetenz bewirken.

Während die traditionellen systemischen Ansätze auf der Ebene der Mustergestaltung eher die kognitiven und willkürlichen Aspekte sowie die Wechselwirkungen zwischen den beteiligten Personen, die Interaktionen, betrachten, bezieht der hypnosystemische Ansatz die unwillkürlichen, nicht direkt steuerbaren internalen Prozesse mit ein. Mit jedem Erleben gehen Muster einher, die sich in allen Bereichen ausdrücken: z.B. Gefühle, Körperhaltung, Mimik, Gestik, Alters-, Raum-, Zeiterleben, aber auch Körperreaktionen, Blutdruck, Schweißausbrüche etc. In der Supervision wird außer mit kompetenzfokussierenden Fragen mit Utilisationstechniken, Imaginationen, verschiedenen Modellen (z.B. Seitenmodell) Metaphern, Bildern, Skulpturen, Bewegung, Choreografien usw. gearbeitet. Das Ziel ist, mit Willkürlichem das Unwillkürliche zu beeinflussen und gewünschtes Erleben zu erzeugen.

Die Tools – Spiegel der Konzepte

Praktizierende Supervisoren lernen ständig von ihren Supervisanden und von der Praxis. Sie sind experimentierfreudig und entwickeln mit viel Freude und Selbstverständlichkeit ihr methodisches Repertoire weiter. Deshalb finden sich in diesem Buch auch Tools, die das Grundmuster der lösungsorientierten Supervision kreativ und mutig variieren. Systemische und hypnosystemische Aspekte fließen in die supervisorische Praxis, in die Theoriebildung und die Haltung ein und kommen in den Tools zum Ausdruck.

Diese Experimentierfreude der Kollegen und Kolleginnen, die Kennzeichen auch des lösungsorientierten Verständnisses ist, fördert die Vielfalt, die Unterschiedlichkeit, die Farbigkeit der Supervision. Supervisoren bringen ihre Fähigkeiten und Stärken, ihre Vorlieben und Kompetenzen auch in den Tools zum Ausdruck. Bei aller Unterschiedlichkeit der hier vertretenen Autoren und Autorinnen zeichnet sie eine gemeinsame Haltung ihren Supervisanden gegenüber aus. Sie arbeiten an den Zielen ihrer Supervisanden, rahmen ihr jeweiliges Tun wertschätzend, fokussieren die Stärken und Ressourcen, achten auf Positives und Gelingendes, auf Ausnahmen und Wunder. Sie sind überzeugt, dass erlebte Realität konstruiert ist und Zukunft ausgehandelt wird, und dass Menschen bereit sind, für ihre Ziele zu arbeiten.

Gemeinsam ist darüber hinaus der Umgang mit Problemen. In keinem Tool wird die Exploration von Problemen vorgeschlagen, mit keinem wird nach den Ursachen und Zusammenhängen geforscht, keiner spricht Empfehlungen aus oder weiß, was für seine Supervisanden gut ist. Mit allen Tools wird die eigene Lösungsentwicklung der Supervisanden unterstützt, Mitsupervisanden assistieren dabei, stellen ihre Ideen, Assoziationen, Gedanken, Gefühle in den Dienst des Supervisanden, der ein Anliegen thematisiert. Die Autonomie jedes Einzelnen wird nicht nur wertgeschätzt, sondern als besondere Fähigkeit und Chance verstanden. Supervision soll und darf Spaß machen. Supervisanden sollen gestärkt und mit veränderten Wirklichkeitskonstruktionen aus der Supervision gehen. Jedes Tool ist ein strukturiertes Vorgehen, das die Unterschiedsbildung forciert, ohne ein Ergebnis zu intendieren.

In diesem Sammelband finden sich unterschiedliche Tools. Solche, die das Vorgehen lösungsorientierter Beratung beispielhaft umsetzen und eigentlich als lösungsfokussiert bezeichnet werden müssten. Andere transformieren und kombinieren ihre lösungsorientierte Ausrichtung mit systemischen Aspekten, indem sie z.B. die Beobachtung zweiter Ordnung integrieren. Und wieder andere beziehen Imaginationen oder die Arbeit mit verschiedenen Seiten einer Person ein und sind damit auch hypnosystemisch orientiert.

Geordnet sind die Tools nach dem Ablauf eines Supervisionsprozesses: Die Tools des folgenden zweiten Kapitels gestalten Anfänge und den Aufbau von Kooperation. Die im dritten Kapitel vorgestellten Tools unterstützen darin, im Supervisionsprozess Ziele und Visionen zu entwickeln und eine gewünschte Zukunft zu entwerfen. Die Tools des umfangreichen vierten Kapitels geben Hilfestellung, um auf verschiedene Weise Schritte auf dem Weg zur Lösung zu entwickeln. Das abschließende fünfte Kapitel umfasst Tools, mit deren Hilfe sich Fortschritte erkunden lassen. Welches Tool zu welchem Setting passt, lässt sich der nebenstehenden Übersichtstabelle entnehmen.

Als Herausgeberin hoffe ich, dass Sie, liebe Leserin und lieber Leser, viele nützliche Anregungen finden, die Sie ermutigen, weiterhin in Ihrer Supervisionspraxis zu experimentieren, die Ihnen Freude machen beim Ausproben und die sich als nützlich für Ihre Supervisanden erweisen.

Literatur

Neumann-Wirsig, Heidi (Hrsg.) (5. Auflage 2015). Supervisions-Tools. Bonn: managerSeminare.

Neumann-Wirsig, Heidi (2011). Jedes Mal anders. 50 Supervisionsgeschichten und viele Möglichkeiten. Heidelberg: Carl Auer.

Schmidt, Gunther (6. Auflage 2014). Einführung in die hypnosystemische Therapie und Beratung. Heidelberg: Carl Auer.

von Schlippe, Arist, Schweitzer, Jochen (2009). Systemische Interventionen. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

Teil 2

Kooperation aufbauen, Anfänge gestalten

Eigene Kompetenzen und Ressourcen der Supervisanden wertzuschätzen, regt Annette Conrad mit Wertschätzung2 und dem eingesetzten Kartenset in spielerischer Weise an. Für eine gelingende Kooperation werden nachhaltig Grundlagen gelegt.

Delia Anton zaubert mit der Imagination einer positiven Begegnung im Arbeitskontext ein Lächeln in die Gesichter der Supervisanden und unterstützt gleichzeitig deren Interaktionskompetenz. Der kürzeste Weg (zwischen Menschen) ist ein Lächeln.

Mit dem Trip(p)el zum Thema bereitet Martin Gruber die Sammlung supervisionsrelevanter Themen vor und erkundet Transfer- und Anwendungsmöglichkeiten entdeckter Ressourcen für anstehende Arbeits-Vorgänge.

Erfolge auswerten, um sie zum Gegenstand von Reflexionen zu machen und aus gelungenen Situationen zu lernen und neue Kraft zu gewinnen, ist Bestandteil des ressourcenorientierten Tools von Johannes Herwig-Lempp.

Der Blick in die eigene Beratungspraxis, zu dem Heidi Neumann-Wirsig einlädt, richtet sich auf die Fähigkeiten und Kompetenzen der Supervisandinnen und unterstützt sie, neue Informationen für Folgegespräche und andere Beratungssituationen zu entwickeln.

Wer würde (sich) nicht gerne mal ein anderes Gesicht erschaffen und sich selbst anders wahrnehmen? Gunda Busley ermöglicht die Entwicklung von Lösungs-Ich-Ansichten durch kreatives Zusammenlegen von Augen-Nase-Mund-Karten.

Wertschätzung2

Von Annette Conrad

Kurzbeschreibung