LÖWINHERZ - Liliana Lovesong - E-Book

LÖWINHERZ E-Book

Liliana Lovesong

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Beschreibung

"Ob sie es schaffen?" Diese Frage stellen sich die Tiere im Hinblick auf die Menschen. Immerhin haben diese unverantwortlichen Nazoffs (tierisch für: nackte Zweibeiner ohne Fell und Flügel) die Klimaerwärmung verursacht und wissen unendlich viel über ihre Möglichkeiten, eine nachhaltige Wende zu bewirken. Und doch handeln sie so unverständlich wenig. Vielleicht müssen sie lernen, sich zu häuten? Auf jeden Fall brauchen sie Mut, viel Mut! Wie die Tiere ihnen trotz allem helfen wollen, steht in diesem Buch.

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Seitenzahl: 213

Veröffentlichungsjahr: 2015

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LÖWINHERZ

Eine Mär

Liliana Lovesong

editio 50 : 50

Copyright: © 2015 Gustafa Golimbeck

Cover und Illustrationen: Franziska Baeßler, 19 Jahre

Umschlag und Satz: Erik Kinting / www.buchlektorat.net

[email protected]

[email protected]

Verlag: tredition GmbH, Hamburg

978-3-7323-5124-4 (Paperback)

978-3-7323-5125-1 (Hardcover)

978-3-7323-5126-8 (e-Book)

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Inhalt:

Danke

Liebe Leute,

Kapitel 1: Der Ruf

Kapitel 2: Die Versammlung

Kapitel 3: Das Problem

Kapitel 4: Viele Gründe

Kapitel 5: Ein Abgrund

Kapitel 6: Löwinherz

Glossar

Danke

Mein Dank gilt allen Jugendlichen und Junggebliebenen, die sich für die Erhaltung und Heilung unseres kostbaren kleinen Juwels, unseres Planeten Erde, einsetzen und eingesetzt haben. Besonders erwähnen möchte ich Ali, Beate, Corinna, Daniel, Franzi, Johannes, Juana, Karin, Mali, Margret, Maria, Peter, Rasgawa, Sybille, Ulla, Willi und so erfreulich viele weitere. Und nicht zu vergessen den Dank an das Leben, das uns erschaffen hat, beständig erhält und eines Tages wieder in sein Herz hinein empfangen wird. Danke!

Liebe Leute,

Wir, die Tiere, sind sehr besorgt! Wie Ihr im Laufe des Buches erfahren werdet, wissen wir immer noch nicht genau, was wir tun können, um die Erde von ihrem Fieber zu heilen. Tatsache ist, wir erleben es schon, also Da ist es – sicher habt Ihr auch schon, wie wir, seine Auswirkungen gespürt… Da wir großes Vertrauen in Euch und Eure Fähigkeiten haben, haben wir einiges Material zusammen getragen, mit dem Ihr Euch selber informieren und handeln könnt.

Liliana hat uns dabei geholfen, sie ist so etwas wie eine Mittlerin zwischen dem Tier- und dem Menschenreich. Sie ist auch sehr neugierig auf Eure Botschaften: vielleicht tut Ihr schon etwas für Eure Umwelt, habt neue Buchideen oder kennt andere Links, die sie dem Verlag für eine weitere Auflage empfehlen kann. Dann immer her damit – lasst uns nicht allein! Sie ist (nur) virtuell über den Verlag zu erreichen, da freut sie sich aber sehr über Eure Mails und hat auch versprochen, Euch zu antworten!

Manchmal ist es ihr sehr schwer gefallen, all das Material zusammen zu tragen und unsere Geschichten zu erzählen. Vieles ist aber auch zu deprimierend! Doch Ihr werdet es schon schaffen, denn Chiahhchah lässt Euch nicht allein, das hat sie uns versprochen. Mit ihrer Botschaft im letzten Kapitel, möchte sie Euch Mut geben, Löwenmut!

Und den werdet Ihr brauchen, denn: Es geht um unser aller Überleben, ja, das ist leider keine Mär! Und wir, die Tiere, glauben, dass es nur mit Euch, den jungen und junggebliebenen Leuten geht: diese eine Welt, die so einzigartig ist im weiten kalten Weltenraum, für uns alle lebbar und so wunderbar zu erhalten!

Wir wollen, dass Ihr wisst: wir lieben Euch, wir brauchen Euch, wir brauchen einander. Es ist unsere Welt – helft alle mit, sie zu schützen und zu dem liebenswerten Planeten zu machen, der sie sein kann! Tut Euch z.B. zusammen, spielt tierische Rollen, mit denen Ihr Euch auch selber kennen lernt und lernt, Euch gegenseitig zu verstehen und zu helfen. Dann kann dieser wunderbare Planet wieder ganz paradiesisch werden Eure Tiere

Kapitel 1: Der Ruf

Rrruoarrr1, der König der Tiere, berief eine dringende außerordentliche Vollversammlung aller seiner Untertanen ein. „In hundert Jahren“, dröhnte seine tiefe Stimme durch die Dschungel, Savannen und Wüsten, über die Heißmeere und die Eismeere, die Tundra, die Taiga und alle alle die Landschaften, Meerschaften und Luftschaften auf der Erde, „in hundert Jahren könnte unser Planet um mehr als drei Grad wärmer werden. Das habe Ich in dem Radio gehört, das in dem Menschen-Ort bei Meinem Rudel durch die Tage und die Nächte dröhnt. 3 Grad wärmer. Wenn ein Löwe einen Temperaturanstieg um einen Grad erlebt, nennen Wir das eine Erkältung, wenn die Temperatur um zwei Grad steigt, dann hat Er schon ein Fieber. Ob Er eine Temperaturerhöhung um drei Grad überlebt? Ich möchte nicht derjenige sein, der das ausprobiert.

Aber was wird das erst für den ganzen Planeten bedeuten? Für die Dschungel-Vögel und -Fische, -Insekten und -Vierbeiner; für die Tiere und Pflanzen der Savannen und Wüsten, für die Bewohner der Heißmeere und der Eismeere, der Tundren und Taigas und aller aller Landschaften, Luftschaften und Meerschaften unseres Planeten… Hundert Jahre sind ja nicht so eine lange Zeit. Wir sind nämlich schon viiieeel länger da, sooo viiieeel länger…“ Der alte König seufzt, fast kann man ihn nicht mehr verstehen. „So kommt nun zusammen, alle Meine Untertanen, Ich habe euch eine wichtige Mitteilung zu machen.“

Und sie kamen. Alle kamen sie, die Elefanten und Dromedare, die Haselmäuschen und die Hausmäuschen, die Wildhunde und die Haushündchen, die Adler, die Geier und die Eulen, die Täubchen und die Spätzchen, die großen Wanderheuschrecken und die fleißigen Bienchen, die turmhohen Giraffen und die winzig-kleinen Läuschen, sie kamen alle, alle, alle kamen sie.

Die stolzen Geparden schnellten sich einzeln in großen Sprüngen voran und blieben auch in ihrer Gruppe jede/r für sich; die frechen Äffchen erschienen in schreienden Horden, hopsten über- und untereinander her. Die Schatten der grauen Hechte waren kaum zu sehen, so flink waren sie vorübergehuscht, und die Brutbarsche schwammen mit ihrer ganzen Kinderschar im Maul. Bienen und Mücken, Vögel und Falter, gefiederte und unbefiederte Flügler durcheilten die Lüfte. Jede Tierart kam auf ihre eigene besondere Weise, aber eines war allen gemeinsam: wenn der König der Tiere zu einer Versammlung rief, war das Jagen tabu. So eilten sie alle in kürzester Zeit herbei, ohne sich aufzuhalten mit Beutemachen oder der Furcht, gefangen und gefressen zu werden.

„Komm zu Mir, Chiahhchah, Du Mein Lieblingsweibchen, auch Du wirst heute etwas vernehmen, was Du von Mir nicht erwartest. Ich möchte Dich dann an Meiner Seite wissen.“ Fragend sah seine Hauptfrau ihn an, doch er verschloss seine königliche Miene und nickte - fast - ein. Müde war er, sehr, sehr müde! Denn die große Verantwortung lastete schwer auf seinem Gemüt. „Kraul Mir Meine Mähne, Chiahhchitah, lass’ Mich Deine Wärme spür’n“, murmelte Rrruoarrr schläfrig. Und Chiahhchah eilte eifrig herbei, schmiegte sich an den warmen Körper des Herrschers der Tiere, kraulte schnurrend seine weiße wallende Mähne und wiegte sanft ihren Körper an den seinen, bis auch er leise und sanft hin und her schwang, hin und her, her und hin, hin und her, her und hin, sanft, zart, beständig; und als die ersten Tiere eintrafen, fanden sie ihren König in tiefem Schlummer vor.

„Na so was“, näselte der hochnäsige Herbert Hyähähää, „das ist völlig ungeheuer, da durchrennen wir aufs königliche Kommando hin die Savannen, durchstreifen hechelnd Dschungel und Wüsten, verzichten auf Jagd und Abenteuer, um hier einen alten, dicken sogenannten „König“ vorzufinden, der uns nichts weiter als seines königlichen Schnarchens würdigt. Empörend, empörend“, rümpfte er seine gekräuselte Nase, „was man sich alles gefallen lassen muss, wenn der Hohe Herr mal seine Launen kriegt.“

„Empörend, empörend“, schnorchelte der schlanke Hänschen Hering, und dicke Luftblasen, die aus seinem grauen, vorlauten Maul aufstiegen, transportierten seine Botschaft ans Tageslicht. „da schwimmt man herbei, eins zwei vier und drei, durch Meer, Strom und Fluss, und muss nun zum Schluss dies unflätige Schnarcheln hören. Da muss man sich doch empören…“

„Sí, sí, empörend, empörend“, stichelte simmend der schwirrende Sigiberto Stechmück. „Da durchfliegen wir aufs königliche Kommando hin alle die Luftwelten, durchsirren die Stürme und die hohen Wolkentürme, rappeln uns wieder auf aus Staub und Dreck und fliegen wieder weg, kommen so schnell wir können – und nun schnarcht unser Herr Herrscher so, dass man fürchten muss, in sein großes Maul eingestichelt zu werden. Am Besten schwirre ich – sirr – klirr – wieder davon. Aber zuerst will ich ihn mal unter seinen dicken alten Schwanz sticheli sicheli sticheln stichirr – denn so behandelt man seine Untertanen nie nicht nichirr nichirr…“

Da entstand ein großer Tumult unter den Tieren, die inzwischen in großer Zahl versammelt waren. „Empörend, empörend, empörend…“ – der Lärmpegel stieg weiter an, und bald stampften es die Vierbeiner mit ihren Hufen, Pfoten und Tatzen, die Zweiflügler schlugen es kräftig in die Winde, die Vielflügler schwirrten es in die Lüfte, und die vielfältigen Fische wirbelten den schmalen Wüstenfluss auf, an dem das königliche Lager lag. „Empörung!“

Der Lärm schwoll derartig an, dass der alte Rrruoarrr davon erwachte. „Wo bin ich, was ist das für ein Lärm?“ Den jetzt entstandenen, ohrenbedröhnenden Tumult überlasse ich Eurer Fantasie. Nur soviel: vor diesen höchsten und tiefsten Tönen bebte geradezu die Erde – es war absolut atemberaubend! Was würde nun werden aus dem Königreich der Tiere – konnte irgendjemand mit diesem Aufruhr wieder fertig werden?

Doch erfahren wie er war, atmete Rrruoarrr erst einmal tief ein. Einen Teil des Atems behielt er in sich zurück und plusterte sich auf damit; so erschien er gleich um das Doppelte gewachsen. Ehrfurchtgebietend blinzelte er erst mit dem einen, dann mit dem anderen Auge und reckte sich und streckte sich; und als er alle vier Beine bis aufs Äußerste gedehnt, sein großes Maul ausgiebig begähnt hatte, röhrte er ein einziges Mal mit seiner Donnerstimme ganz fürchterlich auf. Sofort war es mucksmauschenstill um ihn. Wie in Erz gegossen erstarrten sämtliche Tiere in ihrer Bewegung.

„Herzlichen Dank, alle Meine lieben, lieben Untertanen“, begann er seine Rede, und das tosende Dröhnen seiner Stimme stand in krassem Gegensatz zu seinen lieblichen Worten, „ihr habt euch mit teils erheblichen Mühen hierher begeben, deshalb will Ich eure Zeit nicht weiter bemühen. (Ein leises, erstes „Das ist gut“ ist aus der immer noch wie versteinerten Tiereschar zu hören.) Und mit der Zeit hat auch Unser Problem zu tun. Erst einmal die Frage an euch: Sind hundert Jahre eine kurze oder lange Zeitspanne? Hildo Schildkröt, antworte du zuerst.“

„Hundert mal die Wiederkehr des Frühlingspunkts? O Meister, ich habe 180 Jährchen auf dem Buckel. Ich schwamm auf das Meer hinaus, fraß mich groß und stark, begattete mehrere Weibchen, schwamm wieder in die weite kühle Ferne, begattete…“ „Nun, nun, dass du hoffentlich viele, viele Kinderchen in die Welt gesetzt hast, das wollen Wir mal hoffen (Hildo Schildkröt seufzt.). Also fasse dich bitte auch kurz. Sind hundert Jahre eine lange Zeitspanne?“ „Nun“, Hildo Schildkröt schwenkte besonnen sein faltiges Haupt. „Nein, ich würde sagen, 100 Jahre sind eine extrem kurze Zeit. Ich allein bin jetzt schon fast doppelt so alt. Zählt man alle meine Frauen und Kinderchen dazu…“

„Danke, Hildo Schildkröt, Wir versuchen, Uns das vorzustellen. Nein, bitte bleibe noch“ bat der König der Tiere, als der bedächtige Schildkrötenmann geruhsam zur Seite treten wollte. „Komme hier an Unsere Seite. Und du“, er wandte sich Lolo, dem kleinsten der Leuchtkäfer zu, „wie lange sind 100 Jahre für Dich? Bitte erhelle uns.“ Verlegen hob Lolo seine Lampe, die an seinem Hinterteil angebracht war. Doch die Sonne schien, niemand sah sein Licht, auch er selber nicht. „Hundert Jahre? Das weiß ich nicht. Ich bin gestern aus meiner Larvenhülle geschlüpft und habe gleich Deinen Ruf vernommen, bin sofort zur Versammlung gekommen, aber das Wort Jahr ist mir noch nicht vorgekommen. Was ist das?“

Erregtes Gemurmel entstand. Die aufgestaute Energie hatte ein Opfer gefunden. Viele von den Großen wollten sich auf den Kleinen stürzen und ihm den Kopf abreißen. Sie drängelten sich derart, dass sie sich gegenseitig in die Quere kamen und umeinander fielen. Die Gefahr von Verletzung war groß! „Wie kann man nur so dusselig sein!“ „Dumm geboren und nichts dazu gelernt!“ „Und so was will die Welt erleuchten – kann nicht mal sein Sein in die Zeit einordnen…“

Zwar konnten die Insekten sich untereinander oft selbst nicht leiden. Ja, die häufigsten Beutetiere der größeren waren oft selbst kleinere Insekten! Doch nun rotteten sie sich gegen die drohende Gefahr zusammen, bildeten eine lebende, bewegliche, fantasmagisierende Mauer und suchten, ihren kleinen Schützling zu schützen. Er war doch noch so klein und hatte sich trotzdem so mutig hierher gewagt! Laut und gefährlich begannen sie zu summen und zu brummen, und drohend zeigten sie ihre Stachel und Beißwerkzeuge.

„Auch wenn ihr größere Mäuler habt mit grimmigeren Zähnen, so habt ihr doch nicht unsere gefährlichen Gifte, unsere großartige Fähigkeit, in ganz kleine Zwischenräume zu dringen, unseren Mut, uns beherzt an große Tiere zu wagen,…“ Weiter kamen sie nicht.

Es begann ein derartiges Gebrülle und Gekreische, dass man hinterher nicht wusste, wie viele Trommelfelle wohl geplatzt waren. Der königliche Friede war in Gefahr! „Was sich diese Kleinen wohl herausnehmen!“ „Wie sie sich aufplustern, diese Winzlinge!“ „Wer sind denn die, dass sie meinen, sie könnten…“ Alle erinnerten sich jetzt an die schmerzhaften, juckenden Stiche und Bisse, die sie schon von diesen kleinen Plagegeistern hatten hinnehmen müssen. Was der große König alles in seinem Reich duldete!

Man verstand nicht nur sein eigenes Wort nicht mehr, man konnte auch überhaupt nicht mehr unterscheiden, wer was sagte, so laut trompeteten und quäkten, bellten, miauten, blökten (ja, auch die Schafe stimmten mit ein!) und meckerten sie! Wie zwei unversöhnliche Blöcke standen sie sich gegenüber, wobei „standen“ natürlich metaphorisch zu sehen ist, denn der Insektenblock befand sich hauptsächlich in der Luft. „Krieg Euch Vierbeinern!“ „Krieg Euch Vielflüglern!“ „Krieg! Krieg! Krieg!“ so schallte und hallte, sirrte und schwirrte, quäkte und bläkte, quiekte und piekte es nun unheilvoll über die sonst so stille Wüste. „Krieg!“

Und ohne lange zu überlegen, stürzten die beiden Parteien schon aufeinander zu – da hörten sie mit einem Rest ihres Bewusstseins den tiefen, durchdringenden Befehlston aus der königlichen Kehle. „Ruhe! Ruhe, Meine Untertanen! Wollt ihr euch wohl auf der Stelle hinlegen – aber sofort!“ Und das Wunder geschah: postwendend gehorchten die Untertanen und kauerten sich da nieder, wo sie gerade standen und flogen. Das nicht unerhebliche Kuddelmuddel, das daraus entstand, legte sich bald, denn mit einemmal erinnerten sich die Tiere, dass ihr König sie sicher nicht umsonst herbei gerufen hatte.

Plötzlich wollten sie ihn anhören, vergaßen ihren Unmut und ordneten sich. „Ach, ihr Meine Lieben“, seufzte der König, und wie ein Echo ging ein vielstimmiger Seufzer durch die ganze große Tiereschar. „Ach – ihr habt Mir eben ein gutes Beispiel dafür gegeben, wie Konflikte entstehen. Dafür danke Ich euch. Ja, Ich danke euch für dieses gute Beispiel – auch wenn Ihr gerade nicht ein gutes Beispiel wart…“ Wieder wurden die Tiere unruhig. Was sollte das Geschwafel? Offensichtlich wurde der Große König alt…

„Ich werde alt, meine Lieben…“ Nun, wo der König ihre Gedanken offen aussprach, protestierten einige der Tiere höflich. „Doch, doch, und ihr wisst das auch. Bald wäre der Regierungswechsel an Meinen Nachfolger an der Reihe gewesen, und Ich hätte auf ein langes, gutes Leben zurück geblickt. Doch damit habt ihr auch dieses Mal nichts zu tun… Nun“ – er sammelte sichtlich mühsam seine Gedanken – „nun, es ist ein Fall eingetreten, dass Ich euch zu dieser Versammlung einladen musste.“ Kräftig räusperte er sich. Als er fortfuhr, war seine Stimme heiser.

„Die Erde, unser Planet, unsere Heimat, unsere Nahrung, unser Lager und unser Nest, also diese unsere gute Erde ist in großer Gefahr.“ Jetzt hatte er die ungeteilte Aufmerksamkeit seiner Zuhörerschaft. „In hundert Jahren wird die Erde um drei Grad erwärmt sein, wenn die Menschen die Atmosphäre weiter so aufheizen wie bisher. Überlegt euch mal alle, was hundert Jahre bedeuten – wir hatten ja schon zwei Beispiele. Und vor allem: stellt euch mal vor, was drei Grad für Jede/n von euch bedeuten würden – für Mich ein Fieber, von dem wohl niemand sagen kann, ob Ich es überleben würde.“

Diese Worte versetzten die Tiere in ein lähmendes Entsetzen. Der König tot – an Hitzschlag gestorben? „Nun wisst Ihr, warum Ihr hier versammelt seid. Es gilt, einen neuen König zu wählen…“ – man konnte förmlich spüren, wie bei dieser Ankündigung alle noch vorhandene Restenergie der Tiere völlig gefror – „…einen neuen König, einen König, der nicht nur zwischen Euch Recht spricht, sondern der die Menschen gut genug kennt, um sie zur Einsicht und Umkehr zu bewegen. Wir wollen also diese historische Wahl vorbereiten.“

„Wählen – was heißt das? Wir haben noch nie gewählt; immer gab es einfach einen neuen, jungen Löwenkönig, der den alten ersetzt hat. Dazu gab es doch einmal eine Vereinbarung – vor 2 Millionen Jahren haben wir beschlossen, einem starken Anführer zu gehorchen, um ewige Kämpfe zwischen uns zu vermeiden. Dieses Modell hat eine so lange Zeit funktioniert – warum sollen wir das jetzt ändern?“ so fragten sich die Tiere, ein jedes in seiner eigenen Sprache, mit seiner eigenen Stimme der Verwunderung.

Ein Augenblick der Stille trat ein. Ratlos blickten die Tiere einander an, und Rrruoarrr hatte sichtlich Mühe, seine aufgeblasene Haltung zu bewahren. Behutsam ließ er etwas Luft ab. „Wie gesagt, weil es klüger ist, und damit basta. Dies ist Mein letzter Befehl an euch – wählt euch einen neuen König. Und Ich sage euch“ – hier wurde seine Stimme wieder jung und stark – „Ich sage euch, wen ihr wählen sollt“ – liebevoll blickte er seine hübsche Lieblingsfrau an, die die ganze Zeit nicht von seiner Seite gewichen war – „Ich sage euch: die Zukunft wird weiblich! Wir Männer führen die Kriege, Wir Männer denken in Blöcken, Wir Männer denken für den Augenblick. Wir brauchen aber eine Politik, die wieder den Frieden im Vordergrund hat. Einen Frieden, der die Bedürfnisse aller achtet, der Reichtum für alle bedeutet und der nicht unsere Lebensgrundlagen zerstört.

Und Wir brauchen eine Denke, die langfristig planen kann. Ich sage euch also: wählt weiblich, wählt hier Meine kluge schöne Chiahhchah. Ich ziehe mich zurück“ – er gähnte ausgiebig nach diesen Worten – „und meine schöne kluge Lieblingsfrau…“ Der Rest seiner

Rede ging in einem unbeschreiblichen Tumult unter. Noch nie hatte man unter den Tieren einen solchen Lärmpegel erreicht! Die zarteren fielen in Ohnmacht, einige Vögel fielen tot vom Himmel – das akustische Schwert der Empörung hatte seine ersten Opfer gefunden.

„Nie – niemals – nimmer nicht!“ die hohen Vogelstimmen piepsten durchdringend. – „Auf keinen Fall, auf keinen Fall, auf keinen Fall!“ randalierten die mittleren Säugetiere renitent; und die Tiere des Meeres und der Flüsse japsten „No no nonono!“ und ihre Flossen wedelten den Takt dazu. „Kein Weib soll je uns’re Tierwelt regieren, das werden wir sofort negieren…“ Eine Kakophonie2 der Ablehnung, wie sie die Welt noch nie gehört hatte. Unmöglich selbst für die königliche Stimme, sich dort Gehör zu verschaffen, also wartete der erfahrene alte Monarch einfach ab. „Irgendwann geht selbst dem kräftigsten Krakeeler die Puste aus…“ Und wie recht er hatte – plötzlich trat wieder eine relative Ruhe ein. Die Puste der Tiere beruhigte sich nur langsam.

„RRRuuhheeeuuu“ – ertönte da eine Stimme, der des alten Königs ähnlich, doch um eine ganze Oktave heller. „RRRuuhheeeuuu“ – der älteste Sohn des alten Königs hatte sich erhoben und stand nun hoch aufgerichtet auf einem kleinen Hügel ganz dicht bei dem, auf dem sein greiser Vater noch immer majestätisch thronte. „RRRuuhheeeuuu – seit Löwengedenken und damit maßgeblich für die ganze Tiereschar folgte immer der stärkste Löwensohn seinem Vater auf den Thron…

Diese Regel hat sich seit Millionen von Jahren bewährt! Tiere, was sich bewährt, ist nicht verkehrt! RRRuuhheeeuuu – ihr habt es gehört und jetzt seid ihr verstört; aber mein Vater ist alt deshalb ist ihm kalt, ein bisschen Erwärmung wär’ gut für die Gedärmung…“

„Rroarr! – schweig still und fasel nicht von Dingen, die du nicht verstehst!“, fiel ihm sein Vater schroff ins Wort. „Ich bin jederzeit bereit, Mich in einem fairen Wettkampf mit dir zu messen, und dann könntet ihr Tiere weitermachen wie früher. Aber eure Reaktion hat Mir gezeigt, dass Ich mich nicht verständlich gemacht habe. Auf die ganze Erde, Unseren Planeten, Unsere schöne grüne bunte fruchtbare Heimat, kommt ein furchtbares Unglück zu, wenn Wir so weitermachen wie bisher. Ich hab’s euch schon skizziert doch wenn ihrs nicht kapiert…

Deshalb habe Ich Mir ein Experiment ausgedacht. Und Ich bin ziemlich sicher über den Ausgang. So lasst Mich euch die Frage stellen, und dass ihr antwortet ist ein Befehl: Werdet ihr in Zukunft dem gehorchen, egal welchen Geschlechts, Alters oder Rasse, der diesen Test besteht? Antwortet!“

Und die Tiere, die sich freuten, dass sich die lange Reise nun doch gelohnt hatte und sie etwas Spannendes erleben sollten, zögerten nicht lange und schrien sofort los: „Ja ja ja, einen Test, eine Übung, ein Experiment – aber gleich, aber sofort, aber dalli, los, los, los…“

Während die Tiere ihre freudige Erwartung in drolligen Sprüngen, lustigen Hopsern, luftigen Loops, flockigen Flossenschlägen und sirrenden Schwirrs ausdrückten, erklang ganz in der Nähe ein zartes Duett leiser, klagender, fragender Stimmchen. Unbeachtet von allen anderen, erhob sich Chiahhchah und glitt auf geschmeidigen Pfoten in den schattigen Winkel, wo sie ihre zwei Kleinen verborgen hatte. Es war Zeit, sie zu säugen.

Mitten in all dem Tohuwabohu3 rüttelte sie sich in der verborgenen, warmen Kuhle zurecht und legte sich ruhig auf die Seite, damit ihre fast zwei Monate alten Löwenjungen gut an ihre vollen Zitzen kamen. Bald waren sie so weit, dass sie dem Stamm, also all’ den guten Tanten und Verwandten, vorgestellt werden konnten. Dann würden die Kleinen, wie bei Löwen üblich, auch an andern Zitzen saugen, den Geruch aller Rudeldamen in sich aufnehmen und sich von allen Großen beschützt wissen. Und sie, Chiahhchah, hatte wieder mehr Zeit für sich, um zu jagen, zu spielen und zu dösen, und, natürlich, ab und an mit ihrem Gefährten zusammen zu sein: also für ein herrliches, erfülltes Löwenfrauenleben.

Ach, wie sie das Gefühl liebte, wenn die Babys gierig nuckelten, dabei die dicken Tätzlein rhythmisch an ihr Gesäuge stemmten und laut und zärtlich ihr Behagen schnurrten. Schnurr – urr – urr – rr – rr – mm – hmm – mmm… Ja, das ist ein Gefühl – es gibt gar kein Wort dafür – es ist – so – ganz-heit-lich… Das ist das volle, pralle Leben – mmm – und dies Leben ist gut…

Und die zwei Winzlinge waren wieder einmal so gut gelungen! Ach waren sie süße Schätzchen! Kätzchen- Schätzchen eben! Jeden Tag wuchsen sie kräftig, und mit ihren großen runden Guckerchen lugten sie, täglich munterer, neugierig auf einfach Alles in ihrer Umgebung, auf diese große weite aufregende Welt.

Wie sie auf ihren großen wolligen Tatzen unbeholfen in dieses Unbekannte hinein tapsten - und doch meist wieder auf ihren dicken, runden, properen Bäuchlein landeten! Oder wie sie sich umarmten, sich warm in die kleinen Öhrchen hauchten, aber auch mit den kleinen, noch zahnlosen Mäulchen erste Versuche machten, an den klitzekleinen Öhrchen, Pfötchen und Schwänzchen des Schwesterchens zu nagen…

Und dann aufkreischten, sich betatzten und doch wieder zulächelten, sich schließlich wieder umeinander kugelten und auf ihren runden Hinterteilchen landeten… Und wenn sie sich ansahen, sich tief in die Seele schauten, die ganze Wärme, das tiefe und selbstverständliche Vertrauen der Zusammengehörigkeit in den großen Augen gespiegelt sahen wie in einem tiefen, fruchtbaren Wüstenwadi4, dann wusste Chiahhchah, dass sie alles getan hatte, um ihren Kids das nötige Handwerkszeug für das spätere Erwachsenenlöwenleben mitzugeben.

Rrruoarrr, der alte weise Noch-König der Löwen, sah all dies, und er lächelte dazu. Er wusste, er hatte eine gute und richtige Entscheidung gefällt.

1 Die Menschen haben allen Tieren lateinische Namen gegeben, damit sie sich international darüber verständigen können, welches Tier genau gemeint ist. Unsere Tiere als Individualisten haben natürlich ihre Eigennamen!

2 Das Wort Kakophonie kommt aus dem Griechischen und bedeutet „schlimme Töne, schrecklicher Klang“, das Gegenteil ist Harmonie: „schöner Wohlklang“

3 Ein anderes Wort für: großes Durcheinander

4 Oft wasserführende Schlucht in der Wüste

Kapitel 2: Die Versammlung

Rrruoarrr, der König der Tiere, richtete sich auf. Schüttelte seine wilde wollige Löwenmähne, rüttelte sein golden strahlendes Fell, und streckte mit einem herzhaften, ausgedehnten „Guuäääähhuaääähn“ alle Viere einzeln aus. Ganz königlich nahm er sich Zeit für seinen Auftritt, dehnte Wirbel für Wirbel seiner Rückensäule und schien vor den Augen der versammelten Tierschaft zu wachsen – wie ein Standbild aus dem Sandstein der nahen Rotsandfelsen sah er nun aus.

„Schwört es Mir, schwört bei allem, was euch heilig ist, dass ihr den Ausgang dieses Experiments akzeptieren werdet“ - donnerte seine Stimme mit der gewohnten Macht über die Tiereschar hinweg. „Denkt daran, dass es um den Fortbestand von Mutter Erde geht. Es wird einen Wettbewerb geben, und es wird nur einen Sieger geben. Dieser wird dann euer König, diesem sollt ihr fortan gehorchen. Schwört!“

Zustimmendes, aber auch fragendes Gemurmel und Gemunkel, Geschwirre und Gesirre, Gequakel und Gekräh, Geblöke, Gewieher und Gezwitscher, Gekläff und Gemaunz, Geflubber, Geblubber und Geschwubber – kurz, alles, was an Stimmen im Reich der Tiere, im Wasser-, Luft- und Erdtierreich, vorhanden war, gab sein Einverständnis. Immerhin war das eine klare Anweisung. Zugleich waren aber natürlich noch sooo viele Fragen offen… „Wir schwören, wir schwören, selbstverständlich schwören wir…“ hörte man aber immerhin heraus.

„Gut, Meine Lieben“ – die Stimme des Königs war wie weicher Samt und wie klirrend-klarer Stahl zugleich – „das Experiment kann gleich losgehen. Passt gut auf, ihr müsst jetzt eine schwierige Aufgabe lösen. Pssst, hört gut zu“ – seine Stimme bekam einen magischen Klang, und alle alle die vielen Tiere, die Elefanten und Dromedare, die Haselmäuschen und die Hausmäuschen, die Wildhunde und die Haushündchen, die Adler, die Geier und die Eulen, die Täubchen und die Spätzchen, die großen Wanderheuschrecken und die fleißigen Bienchen, die turmhohen Giraffen und die winzig-kleinen Läuschen, sie alle, alle, alle lauschten andächtig und neugierig zugleich. „Welche Probe kam wohl auf sie zu? Und wer würde sie als Sieger bestehen?“