Maddrax 404 - Lucy Guth - E-Book

Maddrax 404 E-Book

Lucy Guth

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Beschreibung

Durch eine hinterhältige Falle geraten Matt und Aruula in die Pflicht, für einen Vielfraß und Feinschmecker Spezialitäten in diesem Teil von Toxx aufzuspüren und ihm zu überbringen. Eine Verzögerung, die sie nicht gebrauchen können. Doch dann bietet ihnen jemand an, den Dienst drastisch zu verkürzen, indem sie den Vielfraß vergiften. Ein riskantes Vorhaben, das sie normalerweise ablehnen würden - aber ist es nicht noch gefährlicher, das Angebot auszuschlagen?

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Seitenzahl: 151

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Inhalt

Cover

Impressum

Hilfreiche Links

Fette Tage in Toxx

Leserseite

Cartoon

Zeittafel

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Lektorat: Michael Schönenbröcher

Titelbild: Néstor Taylor/Bassols

Autor: Lucy Guth

E-Book-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-1540-0

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

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Serie

Covermaler/in

Autor/in

Am 8. Februar 2012 trifft der Komet „Christopher-Floyd“ die Erde – in Wahrheit eine Arche Außerirdischer. Die Erdachse verschiebt sich und ein Leichentuch aus Staub legt sich für Jahrhunderte um den Planeten. Nach der Eiszeit bevölkern Mutationen die Länder und die Menschheit ist degeneriert. In dieses Szenario verschlägt es den Piloten Matthew Drax, dessen Staffel beim Einschlag durch ein Zeitphänomen ins Jahr 2516 versetzt wird. Nach dem Absturz retten ihn Barbaren, die ihn „Maddrax“ nennen. Zusammen mit der telepathisch begabten Kriegerin Aruula erkundet er diese für ihn so fremde Erde. Bis sie durch ein Wurmloch, das sich im Forschungszentrum CERN auftut, in eine fremde Welt versetzt werden: auf einen von zwanzig Monden um einen Ringplaneten.

Sie finden sich auf dem Mond Terminus wieder. Doch wer hat sie hierher gebracht, zu welchem Zweck? Und sind auch Xaana und Jacob Smythe hier gelandet, die vor ihnen durch das Wurmloch gingen? Kaum überqueren sie die Stadtgrenze, können sie die Einwohner verstehen: Über Toxx liegt ein Strahlungsfeld, das alle Sprachen übersetzt – und gleichzeitig dafür sorgt, dass man sein früheres Leben vergisst! Dass die Schutzanzüge gegen das Wurmloch auch vor dieser Strahlung schützen, erfahren die beiden, als sie Kra’rarr treffen, die Xaanas Anzug besitzt. Die Tochter von Matts Freundin Xij war also tatsächlich hier.

Rebellen, die den technisch hochstehenden Herren möglichst viele Neuzugänge entziehen, entfernen die Peilsender, mit denen die „Friedenswahrer“ alle Neuankömmlinge überwachen. Obwohl in Toxx Frieden herrscht, sind deren Methoden unmenschlich: Immer wieder werden Leute abgeholt und kehren mit gelöschten Persönlichkeiten zurück.

Matt will mehr über diese Herren erfahren, die in einem Turm im Zentrum der 10-Millionen-Stadt residieren sollen. Doch da wird das Rebellennest ausgehoben. Matt, Aruula und der Widerständler Barr können sich retten, doch ihre Anzüge wurden schon an die Tauchergilde verkauft. Sie leihen sich von Kra’rarr Xaanas Anzug aus – wobei Aruula einen neugeborenen Schnurrer von der Wolfsfrau adoptiert – und holen sich ihre eigenen bei einem Tauchgang zurück. Dabei werden sie von einem Spion in Diensten einer grauen Eminenz namens „Hochwürden“ beobachtet. Der Religionsgründer will die beiden unterstützen, solange sie die Friedenswahrer von seinen eigenen Aktivitäten ablenken. Sein Spion M’Nemar hat Aruulas Schnurrer einen Chip implantiert, der alles aufnimmt, was sie und Matt tun. So erfährt er auch, dass sie von einer Rasse als Vermittler gerufen werden, die in einem Bergwerk um ihren Nachwuchs bangt, weil Forscher auf der Suche nach „vergessenen Büchern“ deren Geburtskugeln zerstören. Als Dank für ihre Hilfe händigt man Matt Xaanas Tagebuch aus. Darin finden sie den Hinweis auf ein Reich inmitten einer Müllkippe, wo Vergnügungen zum Preis von Emotionen angeboten werden. Sie können einen Chip erringen, auf dem angeblich Xaanas Erinnerungen abgelegt sind, aber Matt findet darauf nur die eines Fremdwesens – während Aruula ungewollt eine eigene tiefreligiöse Erfahrung auf einem Chip abspeichert, was ihren Glauben an Wudan erschüttert.

Fette Tage in Toxx

von Lucy Guth

Das Auge glotzte vorwurfsvoll. Es trieb in einer gelben, glibberigen Masse und schien den Lollop vom silbernen Teller aus anzustarren. Er schluckte. Sein Hals war trocken. Er fühlte, wie sich sein rotes Fell zu sträuben begann. Hektisch zupfte er an der langen Rüsselnase. Allein bei dem Gedanken, sich dem Teller zu nähern, drehten sich ihm die Mägen um. Vorsichtig stupste er das Auge mit einem Finger an. Es drehte sich im Glibber. Angeekelt schüttelte der Lollop den Kopf. Nein, das konnte er unmöglich essen. Er zog den Kopf ein und schob den silbernen Teller ein Stück von sich fort.

„Hau rein!“, dröhnte die Stimme seines Herrn. Der Lollop zuckte zusammen. Hinter ihm regte sich eine kolossale Gestalt. „Mach schon, oder ich drehe dir den Hals um!“

Ängstlich duckte sich der Lollop auf den Boden. Es war nicht einfach, zu Füßen des mächtigen Caal im Staub zu kriechen – wer wusste das besser als die Lollops? Sein Volk diente dem Herrn schon, so lange er denken konnte.

Er hatte keine Wahl – er musste essen. Tat er es nicht, würde das den mächtigen Caal sehr, sehr wütend machen. Und mit dem Zorn des Herrn war nicht zu spaßen. Das hatte schon mancher Lollop am eigenen Leibe erfahren. Zwar würde ihn der mächtige Caal nicht töten. Doch er hatte andere Wege, um einen zum Zittern zu bringen.

Der Lollop schluckte und erwiderte den Blick des einsamen Auges im Glibber. Er war sich ziemlich sicher, dass ihn der Genuss dieser neuen Spezialität einen seiner beiden Mägen kosten würde. Was bedeuten würde, dass er schon in wenigen Stunden die Gunst des mächtigen Caal verwirkt hätte. Wie schon sein Vater und dessen Vater vor ihm. Mit nur einem Magen waren die Lollops wertlos für den Herrn.

Zögernd griff der Lollop nach einem Löffel, der neben dem silbernen Teller lag. Das dröhnende Lachen Caals ließ ihn erneut zusammenfahren.

„Ich kann es dem Lollop nicht mal verdenken, dass er sich weigert, das Zeug zu essen“, polterte er. „Es sieht wirklich widerlich aus. In den letzten Wochen schleppst du mir immer nur so ekelhaften Kram an, Gung Aley – was ist los mit dir?“

Der Lollop blinzelte vorsichtig zu der hageren Gestalt hinüber, die ihm den Teller vorgesetzt hatte. Gung Aley war der Oberbeschaffer des mächtigen Caal, sein wichtigster Bediensteter.

Doch momentan wirkte Gung Aley nicht sonderlich selbstbewusst. Sein echsenartiges Gesicht, über dessen Knochen sich gelbliche Haut spannte, drückte Anspannung aus, das kleine schwarze Spitzbärtchen zuckte nervös wie ein Kili-Wurm in einer Pfütze. Kein Wunder – die Lollops munkelten, der Oberbeschaffer habe seit Wochen eine Pechsträhne. Er habe dem mächtigen Caal fast nur unverträgliche Spezialitäten gebracht, und diejenigen, die ungefährlich waren, seien wegen ihres Geschmacks meist ungenießbar gewesen.

„Glaubt mit, Herr, dieses Mahl wird Euch munden“, versicherte Aley und buckelte vor dem Thron des mächtigen Caal. „Es ist feinster knaatischer Gitschi-Pudding, garniert mit dem Auge eines Melfaa-Fisches.“

Wütend blitzte Gung Aley den immer noch reglos vor dem Teller sitzenden Lollop an und verpasste der Kreatur, die ihm gerade bis zum Knie ging, einen Tritt mit seinen schweren Stiefeln. „Wenn Euer Vorkoster sich endlich dazu herablassen würde, zu essen, könnte ich es Euch beweisen.“

„Du hast es gehört, Lollop – iss endlich!“ Der Herr saß im Schatten, sodass der Lollop ihn nicht sehen konnte. Doch dies war auch gar nicht nötig – sein Tonfall allein verhieß Qualen, gegen die sich der Verlust eines Magens noch harmlos ausnahm. Der Lollop umfasste hastig den Löffel, tauchte ihn tief in den gelben Glibber, schloss resigniert die Augen und stopfte sich widerwillig eine große Portion in den Mund.

Der Lollop erschauerte. Das war … unvorstellbar. Er öffnete die Augen und schmatzte. Es war köstlich. Eine wahre Geschmacksexplosion entfaltete sich in seinem Mund. Die glibbrige Konsistenz zerfloss auf seiner Zunge und wurde zu cremiger Süße, gepaart mit fruchtigen Aromen und prickelnder Frische. Der Lollop stieß ein zufriedenes Grunzen aus und senkte den Löffel erneut in den Glibber. Er wollte mehr davon.

„Da, seht Ihr? Es schmeckt ihm! Ich habe es Euch gesagt“, stieß Gung Aley erleichtert hervor. „Es ist eine wahre Köstlichkeit. Ein Gericht, das sonst nur auf knaatischen Hochzeiten serviert wird.“

„Gut für mich, dass es in Toxx nur männliche Knaats gibt“, kicherte Caal. „Na bitte, Gung Aley. Ich hatte schon angefangen, mir Sorgen um dich zu machen. Einige der Beschaffer, die unter dir arbeiten, haben es in der vergangenen Zeit weitaus besser verstanden, mich zufrieden zu stellen. Ich dachte schon, ich müsste mir einen neuen Oberbeschaffer suchen.“ Er lachte dröhnend.

Gung Aley verneigte sich untertänig, doch der Lollop hörte seine spitzen Zähne knirschen. Der Stimme des Oberbeschaffers waren seine Gefühle allerdings nicht anzuhören.

„Eure Sorgen sind unbegründet, mächtiger Caal“, sagte er einschmeichelnd. „Wie Ihr seht, erfülle ich meine Aufgabe immer noch sehr gut.“

„Gut gemacht – für dieses Mal“, stimmte Caal wohlwollend zu. „Lollop, bring mir den Teller!“

Doch der Lollop reagierte nicht. Er führte einen weiteren Löffel zum Mund. Er musste unbedingt noch mehr von dieser Köstlichkeit essen.

„Lollop, hörst du nicht? Ich sagte, bring mir den Teller!“ Der mächtige Caal klang ungeduldig, aber der Lollop nahm es gar nicht wahr. Er genoss den neuerlichen Gaumenkitzel und schloss genießerisch die Augen.

Doch plötzlich war da kein Genuss mehr. Schmerz explodierte in seinem Mund. Der Lollop riss alarmiert die Augen auf. Nadelstiche schossen vom ersten Magen her in seinen Mund und weiter bis ins Hirn und trieben ihm die Tränen in die Augen. Die Kehle wurde ihm eng. Er japste nach Luft.

Gung Aley entglitten die Gesichtszüge, als der Lollop die wertvolle Speise ausspuckte und zu röcheln begann.

Muss … meinen Magen abkapseln, dachte der Lollop. Doch es war zu spät. Sein Gehirn führte den Befehl nicht mehr aus – vielleicht sorgte die verführerische Speise dafür, dass ihm sein Körper nicht mehr gehorchte. Würgend fiel der Lollop auf den Rücken. Seine Glieder zuckten panisch und er begann sich in Todesqualen das lange rote Fell auszureißen.

„Na, hervorragend – er krepiert“, hörte der Lollop die kalte Stimme des mächtigen Caal. Er klang nicht sonderlich erfreut. Auch Gung Aley schien das zu bemerken und zog den Kopf zwischen die Schultern. In seiner Haut möchte ich jetzt nicht stecken, dachte der Lollop mit seltsamer Klarheit. Obwohl … eigentlich wäre mir jede Haut momentan lieber als meine …

„Du hast schon wieder einen meinen Lollops auf dem Gewissen!“, waren die letzten Worte des mächtigen Caal, die der Lollop hörte. Dann explodierte sein Kopf.

Der Turm der Herren war noch nicht sichtbar näher gerückt, obwohl sie sich nun schon seit einigen Tagen darauf zubewegten. Matt versuchte zum wiederholten Male vergeblich, Details des sich in die Höhe windenden und in den Wolken über Toxx verschwindenden Bauwerks zu erkennen. Deutlich sah er die wendeltreppenartige Struktur – mehr aber nicht. Der Turm blieb rätselhaft.

Matt warf einen prüfenden Blick auf die Straße vor sich. Sie war belebt: Ein in bunte Tücher gehüllter Händler hatte am Straßenrand einen Stand mit Tonwaren aufgebaut. Vor ihnen zog eine zerlumpte Gestalt einen Handkarren. Auf der anderen Straßenseite debattierten zwei kleine Wichte, die wie vertrocknete Rosinen aussahen, in einer seltsam quietschenden Sprache miteinander. Matt hatte den Helm seines Strahlenschutzanzugs geschlossen, daher konnte das Übersetzerfeld, das über Toxx lag, die fremden Sprachen nicht umwandeln.

Das Viertel, das sie durchquerten, machte einen irgendwie zwielichtigen Eindruck. Es nannte sich das „Viertel der Händler“. Die Häuser wirkten nicht so strahlend weiß wie in der übrigen Stadt, sondern gräulich verwaschen und ebenso schmuddelig wie die Wesen, die hier unterwegs waren. Vielleicht lag es auch an den vielen dunklen Gassen, die von dieser Hauptstraße abzweigten, dass Matt sich hier nicht sonderlich wohl fühlte. Sie gaben ihm ständig das Gefühl, jemand würde gleich daraus hervorstürzen.

Sie hatten vor kurzem einen Platz überquert, auf dem sich hölzerne Buden und Verkaufstische aneinander drängten wie Kieselsteine auf einem Weg – der Gewürzmarkt, wie man sogar durch die Filter der Anzüge hatte riechen können.

Das Marktvolk hatte mit seinem dichten Drängen, Rufen und Feilschen auf Matt wenig vertrauenerweckend gewirkt. Sie hatten sich beeilt, den offenen Platz hinter sich zu lassen, und waren in eine Straße abgebogen, die weiter Richtung Turm führte. Matt legte keinen Wert darauf, hier nach Anbruch der Dämmerung noch unterwegs zu sein. Sie mussten sich rechtzeitig eine Unterkunft suchen.

Aruula gab ihm mit einer Geste zu verstehen, das Visier zu öffnen, und schob ihres in die Höhe. In ihrem Helm wurde der Schnurrer sichtbar, der auf ihrem Schulteransatz eingeschlafen war. Das Pelztierchen hatte den langen Schwanz wie eine Sicherungsleine um ihren Hals geschlungen. Dazu machte es seinem Namen alle Ehre – Matt konnte das dumpfe, vibrierende Schnurren hören.

„Vielleicht sollten wir erst mal hier bleiben und uns intensiv nach diesem Arth erkundigen, von dem Xaana in ihrem Tagebuch schreibt, ehe wir uns weiter dem Turm nähern“, sagte Aruula.

Sie hatten das Buch vor einigen Tagen vom Bibliothekar der „verlorenen Bücher“ erhalten und darin den Weg, den Xaana durch Toxx genommen hatte, nachverfolgen können.1) Allerdings waren sie ihr durch die Aufzeichnungen noch nicht viel näher gekommen. Xaanas Ankunft auf Terminus lag schließlich schon einige Monate zurück.

„Darüber haben wir uns doch schon unterhalten“, sagte Matt lakonisch und wies um sich. „Der Typ ist ein fahrender Händler – wie sollten wir den in einer Zehn-Millionen-Stadt finden?“

„Eben“, erwiderte Aruula. „Wir sind im Viertel der Händler, das passt doch.“

„Fahrender Händler, Aruula. Er hat keinen Marktstand und sicher auch keinen Laden in einer dieser entzückenden Gassen. Er könnte überall in Toxx sein, vielleicht sogar am anderen Ende“, sagte Matt mit Blick auf das Gewimmel um sie herum, das ihm das Gefühl gab, auf einem Basar aus 1001 Nacht gelandet zu sein – dabei waren er und Aruula wahrscheinlich weiter vom Land Sheherazades entfernt als jemals ein Mensch vor ihnen. Genau konnte er es nicht sagen – schließlich hatte er keinen blassen Schimmer, wo genau sie sich befanden.

„Wahrscheinlich hast du recht. Aber vielleicht laufen wir Arth auch zufällig über den Weg. Eine aufrecht gehende, menschengroße Heuschrecke dürfte uns auffallen“, meinte Aruula und wich einem kleinen Haufen Unrat auf der Straße aus. Plötzlich regte sich der Müllhaufen. Drei Beine kamen zum Vorschein und die Kreatur trippelte davon, verschwand in einem Hauseingang. Aruula starrte ihr hinterher. „Obwohl mich in dieser Stadt eigentlich gar nichts mehr wundern sollte.“

Matt lief der Schweiß den Rücken hinunter. Die Leinenkleidung war definitiv angenehmer zu tragen, doch wegen der Vergessens-Strahlung, die mit dem Translatorfeld einherging, hatten sie die Schutzanzüge wieder angelegt und die anderen Kleidungsstücke in eine Tragetasche gesteckt, die er sich über die Schulter gehängt hatte.

Unvermittelt blieb Aruula stehen und legte lauschend den Kopf schief. Matt dachte zuerst, dass sie ihre telepathische Gabe einsetzte, doch dann hörte er es auch: die Schreie einer Frau! Zumindest eines weiblichen Wesens. Die Stimme klang eindeutig panisch.

Wortlos deutete Aruula auf eine dunkle Seitengasse. Außer ihnen schien sich niemand an den Schreien zu stören: Der Kerl mit dem Handwagen, der schon eine Weile vor ihnen herlief, zog unbeirrt weiter, und die beiden „Rosinen“ und den Händler hatten sie während ihres Gesprächs längst hinter sich gelassen. Die restlichen Passanten hörten entweder die Schreie nicht oder ignorierten sie.

In lautloser Übereinkunft, die ihnen in all den Jahren ihres Zusammenseins selbstverständlich geworden war, rannten Matt und Aruula los – hinein ins Zwielicht. Schon nach wenigen Schritten schälten sich aus dem Dunkel am Ende der Sackgasse zwei Gestalten hervor: ein breitschultriger Riese und eine zierliche Frau.

Das Gesicht des Mannes war ebenso mit grauen Tüchern vermummt wie der Rest seines Körpers. Die Frau hingegen war fast nackt und trug nur einen Lendenschurz aus Ketten. Sie hatte drei Brüste, über die sich quer ein roter Striemen zog – ein auffälliger Kontrast zu ihrer fast weißen Haut, ebenso wie die leuchtend roten, langen Haare, die wie ein Seidentuch über ihre Schultern fielen. Sie drückte sich angstvoll an die weiße Mauer in ihrem Rücken.

Der Vermummte hob eine Peitsche, die wohl auch für die blutigen Brüste der Frau verantwortlich war. Ohne innezuhalten, lief Matt weiter, Aruula an seiner Seite. Sie hatten das ungleiche Paar fast erreicht – da gab der Boden unter ihnen mit einem lauten Krachen nach. Morsche Bretter brachen und Matt und Aruula stürzten in die Tiefe.

Der Aufprall war nicht so hart, wie Matt erwartet hatte. Im Gegenteil – es war, als würde er in einem Luftkissen landen, das leicht nachgab und dann wieder nach oben schnellte. Doch als er sich aufrichten wollte, konnte er es nicht.

„Was zum …?“

Dicht neben sich hörte er Aruula fluchen. Er wandte den Kopf und sah sie im Halbdunkeln neben sich zappeln wie einen Fisch. Um ihre Arme und Beine wanden sich weiße Fäden, die er nun auch an sich selbst entdeckte.

Sie waren in etwas gelandet, das sich am ehesten mit einem gigantischen Spinnennetz vergleichen ließ. Etwa fünf Meter über ihnen gähnte das Loch, durch das sie gestürzt waren, und ließ trübes Licht zu ihnen herabsickern.

Während Aruula gegen die Fäden ankämpfte, sah sich Matt um. Nach wenigen Metern versank die Umgebung in diffuser Düsternis, doch so weit er blicken konnte, reichte das seltsame Netz. Im Gegensatz zu Spinnweben wies es kein komplexes Muster auf, sondern schien willkürlich „gestrickt“ zu sein; die Abstände zwischen den daumendicken Fäden waren unterschiedlich groß und variierten zwischen mehreren Zentimetern und zwei Handspannen.

„Was ist das?“, keuchte Aruula. Ihre Bemühungen, sich aus dem Netz zu befreien, blieben ohne Erfolg – die klebrigen Fäden hielten sie fest. Matt begann ebenfalls zu strampeln. Mit genauso wenig Erfolg – er kam sich vor wie ein fetter Brummer auf Fliegenpapier. Und ihre Zappelei sorgte zudem dafür, dass sie sich immer weiter verhedderten.

Unter ihnen fauchte es. Matt wandte den Kopf und sah den Schnurrer, der wohl nach dem Sturz aus Aruulas Helm durch eine der Lücken gefallen war und etwa einen Schritt unter ihnen auf lehmigem Boden hockte. Mit seinen großen Augen starrte er zu ihnen herauf und zischte. Matts Nackenhaare sträubten sich, als ihm klar wurde, dass der Schnurrer an Aruula und ihm vorbeistarrte.

Noch ehe er den Kopf gedreht hatte, hörte er das Schaben – Chitin auf Chitin. Aus dem Dunkel tauchte eine koffergroße Kreatur auf. Ein runder, grünlich-schwarz schimmernder Käfer näherte sich ihnen. An der Spitze des Kopfes saßen jedoch keine Mandibeln, sondern vier Reißzähne. Grüne Flüssigkeit troff an ihnen herab. Wo sie auftraf, zischte es leise.

Der Käfer kam langsam näher. Er hatte keine Eile, wusste er die Beute doch sicher in seiner Falle. Matt gefiel es ganz und gar nicht, diese Beute zu sein, doch er konnte sich kaum rühren und musste er den scharfen Käferzähnen tatenlos entgegen sehen.

Plötzlich erzitterte das Netz und Matt fiel unsanft zu Boden. Neben ihm ging es Aruula nicht anders. Der Käfer war einen Moment verwirrt und verharrte regungslos. Als dicht vor ihm eine Axt ins Netz einschlug, fuhr er herum und wuselte in die Dunkelheit davon.