Magic Maila (Band 3) - Marliese Arold - E-Book

Magic Maila (Band 3) E-Book

Marliese Arold

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Beschreibung

Alarmstufe Rot! Nachdem Maila den bösen Hexer Luzian in einem Zauberduell besiegt hat, gerät sie ins Visier des Magischen Kontrolldienstes. Droht ihre geheime Mission nun aufzufliegen? Doch dann bekommen Maila und Oma Luna unerwartet Hilfe. Mailas Bruder Robin, sein rätselhafter Freund Ny und andere junge Hexer sollen sie bei der Suche nach den verschwundenen Maglings unterstützen. Leider nutzen die Jungs die Reise in die Menschenwelt, um jede Menge zauberischen Unfug anzustellen. Durch ihren Leichtsinn geraten Maila und ihre Freunde in höchste Gefahr. Zahlt es sich jetzt aus, dass Mailas Menschenfreundin Emily so eifrig Bücher gelesen hat? Ist die Magie der Worte tatsächlich auf sie übergegangen? Um Maila zu retten, wächst Emily über sich hinaus.

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Seitenzahl: 217

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Magic Maila

Verwünscht & zugenäht!

Band 3

eISBN: 978-3-96129-204-2

Edel Kids Books

Ein Verlag der Edel Germany GmbH

Copyright © Edel Germany GmbH, Neumühlen 17, 22763 Hamburg

www.edel.com

Text: Marliese Arold

Covergestaltung: formlabor

Projektkoordination: Rebecca Hirsch

ePub-Konvertierung: Datagrafix GmbH, Berlin

Alle Rechte vorbehalten. All rights reserved. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Inhalt 

So ein Chaos!

Pegasus-Express und Wieselpost

Emily und die verzauberten Bücher

Die Tortenplatte des Grauens

Vor dem Magischen Kontrolldienst

Emilys erster Erfolg

Zauberhafte Schuhe erwünscht?

Magie aus dem Hinterhalt

Aufbruch in die Menschenwelt

Da steht ein Pferd vor der Tür

Fiona sorgt für Ärger

Von Hexen umzingelt!

Zauberhafte Freundschaft

Einsatz im Zoo

So ein Affentheater!

Zauberei mit Blaubeermuffins

Ein Einhornfohlen will nach Hause

Maila ließ ihren Kopf auf den Küchentisch sinken. Sie fühlte sich völlig erschöpft. Was hatte sie jetzt schon wieder angestellt? Zwar hatte ihre Hexenfreundin Ophelia Mondfink ihre Mädchengestalt zurück und musste nicht mehr in Onkel Justus’ fettem Körper herumlaufen. Doch gleichzeitig hatte Maila den mächtigen Zauberer Luzian Morchelstiel in eine kleine Plastikfigur verwandelt! Und das war eine Katastrophe …

»Jetzt komm, Maila«, versuchte Ophelia Maila zu trösten. »Es war doch nur ein Versehen! Und es lässt sich bestimmt wieder rückgängig machen.«

Maila hob müde den Kopf. Durch das Küchenfenster schien die Morgensonne. Maila sah, wie draußen im Garten der Pegasus graste. Ein friedliches Bild. Mailas Menschenfreundin Emily Steigerwald hatte ihm eine alte Decke umgelegt, die seine Flügel verbarg. So sah der Pegasus wie ein normales weißes Pferd aus.

»Alles, was ich anfasse, geht schief«, klagte Maila mit dünner Stimme. Ihre Nase war verstopft.

»Unsinn!« Emily reichte ihr ein Papiertaschentuch, und Maila schnäuzte sich. »Du bist eine wundervolle Hexe, Maila!«

»Ja, du hast mich gerettet!«, betonte Ophelia. »Ich weiß gar nicht, wie ich dir danken kann, Maila! Ich bin an dem ganzen Mist schuld! Wenn ich nicht so erpicht gewesen wäre, diese Ohrenschwinger auszuprobieren, dann wäre das Ganze nicht passiert.«

»Genau genommen ist Robin schuld«, murmelte Maila dumpf. »Er hat dich als Versuchskaninchen benutzt, obwohl er genau wusste, dass seine Erfindung noch nicht ausgereift ist.«

Die Grenze zwischen der Hexen- und der Menschenwelt ließ sich normalerweise nur überwinden, wenn man mit den Ohren wackeln konnte. Das vermochten nur wenige. Maila zum Beispiel und ihre Oma Luna. Mailas 16-jähriger Bruder Robin besaß dieses Talent nicht, und das wurmte ihn gewaltig. Deswegen hatte er nach einer Lösung gesucht und eine Art Kopfhörer erfunden. Mittels zweier Klammern, die an den Ohren befestigt wurden, war das Gerät in der Lage, auch bewegungsarme Lauscher zum Wackeln zu bringen. Ophelia hatte den Ohrenschwinger testen sollen. Aber anstatt in die Menschenwelt zu reisen, war sie in eine düstere Zwischenwelt geraten, in der es vor Gefahren nur so wimmelte.

Maila spürte, wie sich etwas Schweres auf ihren linken Oberschenkel legte. Sie sah nach unten. Beppos dicker Kopf ruhte auf ihrem Bein. Der große Hund blickte sie treuherzig an.

»Sei nicht traurig, Maila«, brummte er mit seiner tiefen Stimme. »Alles wird gut! Ich hab dich lieb!«

»Ich hab dich auch lieb!« Unwillkürlich musste Maila lächeln. Durch ihren Zauber konnte Beppo sprechen, aber nur Hexen konnten ihn verstehen. Und natürlich Emily, seine Besitzerin!

Emily kraulte Beppos dichtes Fell. »Ich wünschte, du hättest recht, Beppo! Und ich wünschte, wir hätten schon eine Lösung für unsere Probleme.« Sie seufzte tief. »Maila und Ophelia, ich muss euch leider allein lassen. Es ist höchste Zeit für mich. Meine Mutter wird verrückt, wenn sie mich wecken will und ein leeres Bett vorfindet.«

Maila hatte sofort wieder ein schlechtes Gewissen. Sie war schuld, dass Emily nicht friedlich im Bett schlummern konnte. Die beiden Mädchen hatten aufregende Stunden hinter sich. Nur mit Emilys Hilfe war es Maila gelungen, die verzauberte Ophelia aufzuspüren und aus dem schrecklichen Körper zu befreien.

»Soll ich dich mit dem Pegasus schnell nach Hause bringen?«, bot Maila Emily an.

Emily schüttelte den Kopf. »Ich nehme den Bus, das fällt weniger auf. Es ist schon zu hell. Ein fliegendes Pferd erregt zu viel Aufsehen!« Sie umarmte Maila, dann nach kurzem Zögern auch Ophelia. »Auf geht’s, Beppo! Wenn wir uns beeilen, kommen wir gerade noch rechtzeitig heim!«

Gleich darauf hörte Maila, wie die Haustür ins Schloss fiel. Ein merkwürdiges, leeres Gefühl breitete sich in ihr aus. Sie fühlte sich allein und im Stich gelassen. Dabei saß ihr doch Ophelia gegenüber, ihre zweitbeste Hexenfreundin. Aber vielleicht war das Gefühl normal nach einem so aufregenden Abenteuer.

»Ich glaube, ich mache uns beiden mal eine heiße Schokolade«, sagte Ophelia. »Die brauchen wir jetzt ganz dringend!«

Maila nickte seufzend.

Wenig später erfüllte köstlicher Kakaogeruch die Küche. Maila sah Ophelia gedankenverloren zu, wie diese in der Küche umherwirbelte. Geschirr schwebte in der Luft, Kakaopulver füllte sich wie von selbst in die Tassen, ein Krug mit Milch erwärmte sich per Zauberkraft, während er auf dem Tisch stand. Zufrieden schnippte Ophelia mit den Fingern, und die Milch floss in die Tassen und bildete einen herrlichen Schaum.

»Danke«, murmelte Maila und führte die Tasse an die Lippen. Der erste Schluck schmeckte sehr merkwürdig. Der Duft der Schokolade mischte sich mit dem von Pfingstrosen. Angewidert setzte Maila die Tasse ab.

»An dir haftet immer noch schwarze Magie«, sagte sie.

»Tut mir leid.« Ophelia machte ein zerknirschtes Gesicht und setzte sich. »Ich kann nichts dafür. Das liegt vermutlich daran, dass ich zu lange im Körper deines Onkels gesteckt habe.«

»Wie ist das eigentlich passiert?«, wollte Maila wissen.

Ophelia seufzte. »Robin hat mich so lange bequatscht, bis ich seinen verflixten Ohrenschwinger aufgesetzt habe. Du weißt doch, ich bin so schrecklich verknallt in seinen Freund Gaston – und irgendwie habe ich mir eingebildet, dass es Eindruck auf Gaston macht, wenn ich so mutig bin.«

Maila verdrehte die Augen. Aus vermeintlicher Liebe taten Leute oft die verrücktesten Dinge. Doch Ophelia hatte riesige Gewissensbisse, das konnte Maila ihr ansehen.

»Ich war so aufgeregt, denn Robin hatte mir versichert, das Ding würde funktionieren«, fuhr Ophelia fort. »Und ich wollte dich doch so gern in der Menschenwelt besuchen! Plötzlich merkte ich, wie mir der Boden unter den Füßen weggezogen wurde. Gerade noch befand ich mich in Robins Zimmer – und dann hatte ich das Gefühl, zu fallen, und zwar durch alle Stockwerke bis in euren Keller. Ich hatte solche Angst! Ich glaube, ich habe ganz laut geschrien.« Sie machte eine kurze Pause. »Dann konnte ich spüren, dass ich irgendwo angekommen war. Es war stockfinster um mich herum. Ich zitterte am ganzen Körper. In diesem Moment hatte ich ganz vergessen, dass ich eine Hexe bin und zaubern kann. Das fiel mir erst nach einer Weile wieder ein, und ich zauberte mir eine Leuchtkugel.«

Maila hörte aufmerksam zu.

»Ich hatte keine Ahnung, wo ich war«, berichtete Ophelia weiter. »In eurem Keller jedenfalls nicht. Denn den kenne ich ja vom letzten Jahr, als wir diese Beerenbowle gehext haben, erinnerst du dich?«

Maila nickte. Die Bowle hatte eine Geburtstagsüberraschung für ihre Mutter Alma werden sollen. Maila, Ophelia und Ninive, die Freundin der beiden Mädchen, hatten jede Menge Beeren gesammelt, und Oma Luna hatte ihnen geholfen, daraus ein leckeres Getränk zu hexen. Nach einem uralten Gute-Wünsche-Rezept, das Alma ein ganzes Jahr mit Glück und schönen Erlebnissen versorgen sollte. Leider hatte ihnen die wichtigste Zutat gefehlt, denn ausgerechnet in diesem Sommer gab es im ganzen Hexenland keinen einzigen gelben Schnorchelröhrling. Die gestreiften Waldnacktschnecken hatten leider jeden dieser Pilze abgenagt oder gleich ganz aufgefressen. Nur die Kappen des Schnorchelröhrlings garantierten anhaltendes Glück, außerdem mussten die Pilze frisch verwendet werden. Oma Luna hatte in einem Glas zwar noch etwas Pulver aus getrockneten und gemahlenen Röhrlingen, das die Mädchen ersatzweise in die Bowle gekippt hatten. Trotz mächtiger Zaubersprüche hatte das Getränk aber dann nicht die erhoffte Wirkung entfaltet. Im Gegenteil: Ein paar Monate nach Almas Geburtstag eröffnete in Großhexenfurt eine neue Filiale der Zauber-Kaufhauskette MacMagic und brachte den kleinen Zauberladen der Espenlaubs in ernste Schwierigkeiten.

Maila seufzte unwillkürlich. Nein, der Zaubertrank hatte ihrer Familie kein Glück beschert. Sonst würde sie jetzt nicht bis über beide Ohren in Schwierigkeiten stecken!

»Ich war in einem finsteren Gang gelandet«, erzählte Ophelia weiter. »Ein unterirdischer Weg. Wurzeln ragten von oben herab und an den Seiten heraus. Ich kannte diesen Ort nicht, und ich war mutterseelenallein. Ich fürchtete mich sehr, und mir war klar, dass ich einen schrecklichen Fehler gemacht hatte.«

Sie war sehr blass. Die schlimmen Erlebnisse hatten Spuren auf ihrem Gesicht hinterlassen.

»Ich ging den Weg entlang, ohne zu wissen, wohin er mich führte. Würde ich geradewegs in die Hölle laufen? Oder war ich in der Unterwelt gelandet? Ich bereute es, dass ich den Ohrenschwinger aufgesetzt hatte. Der war übrigens verschwunden. Ich muss ihn unterwegs verloren haben. Vielleicht ist er auch in Robins Zimmer geblieben, keine Ahnung.« Ophelia strich sich eine blonde Haarsträhne aus der Stirn. Trotz der überstandenen Strapazen glänzten ihre Haare wie Gold.

»Robin hat Oma Luna den Ohrenschwinger gegeben«, ergänzte Maila. »Mit dem Ding sind wir in die Zwischenwelt gereist und haben Onkel Justus gefunden, der deinen Körper gestohlen hat. Das haben wir allerdings erst eine Weile später herausgefunden.«

Ophelia stöhnte. Nach einer kurzen Pause fuhr sie mit ihrem Bericht fort.

»Mir kam es so vor, als würde ich viele Stunden diesen finsteren Weg entlanggehen. Ich befürchtete schon, immer im Kreis zu laufen – in einer ewigen unterirdischen Schleife. Dann stieß ich endlich auf ein anderes Lebewesen: den Pegasus. Er sah so ausgemergelt aus, als würde er den nächsten Tag nicht mehr erleben. Ich versuchte, ihm zu helfen, aber er schien mich kaum wahrzunehmen. Es war ein so trauriges Bild, Maila! Mir sind die Tränen gekommen! Als ich ihm einen Teil meiner magischen Energie abgeben wollte, damit er wieder zu Kräften kam, stellte ich fest, dass ich kaum noch Zauberkräfte hatte. Es reichte gerade für das magische Licht! Ich war so verzweifelt, dass ich mich auf den Boden hockte und heulte. Ich kam mir vor wie die größte Versagerin der Welt!«

»So darfst du nicht denken«, sagte Maila sofort. »Die Reise in die Zwischenwelt war völlig unerwartet für dich, und wahrscheinlich hast du dabei einen Teil deiner Zauberkräfte verbraucht. Inzwischen ist doch alles wieder in Ordnung, oder?«

»Ich weiß nicht«, antwortete Ophelia zögernd. »Ich konnte vorhin zwar ohne Probleme die heiße Schokolade hexen, aber das ist ja wirklich nur eine ganz leichte Übung. Ich traue mich im Moment nicht, etwas Schwieriges auszuprobieren.« Sie wirkte verlegen und schnitt eine Grimasse.

»Das brauchst du ja auch nicht. Du musst dich erst erholen!«, meinte Maila. »Erzähl weiter! Was ist dann passiert?«

»Schweren Herzens ließ ich den Pegasus stehen und ging weiter. Nach einer Ewigkeit sah ich Tageslicht und kam auf einer wunderschönen Wiese heraus. Es war so ein zauberhafter Ort, Maila! Ich hätte für immer dortbleiben können! Ich trank kristallklares Wasser aus einem Bach und legte mich dann ins Gras, um mich auszuruhen. Ich fühlte mich auf einmal glücklich und zufrieden.« Ophelia lächelte bei dieser Erinnerung. »Dann bin ich eingeschlafen und hatte einen herrlichen Traum. Ich träumte, ich wäre Zaubermeisterin geworden! Gerade als ich über den roten Teppich schritt und die Zuschauer mir zujubelten, wurde ich heftig geschüttelt. Ich schreckte hoch – und vor mir stand ein großer, fetter Kerl!«

Mailas Mund wurde trocken. »Onkel Justus«, murmelte sie tonlos. »Ober besser Jupiter Siebenhorn, wie er richtig heißt.«

Ophelia nickte. »Ich kannte deinen Onkel nicht und hatte keine Ahnung, was er von mir wollte. Aber es roch auf einmal ganz stark nach Pfingstrosen, und das bedeutete nichts Gutes.«

»Der Duft der schwarzen Magie«, sagte Maila heiser.

»Genau«, bestätigte Ophelia. Sie holte tief Luft. Es schien ihr schwerzufallen, weiterzuerzählen. »Er fing an, mir unzählige Fragen zu stellen. Zuerst dachte ich ja, er könnte mir helfen, in die Hexenwelt zurückzukehren, deswegen habe ich ehrlich geantwortet. Was vermutlich ein großer Fehler war.« Sie biss sich auf die Unterlippe. »Ich habe ihm gesagt, dass ich deine Freundin bin, Maila.«

»Und da hat er wohl den fiesen Plan gefasst, dass er deinen Körper benutzen könnte«, sagte Maila und hatte auf einmal einen bitteren Geschmack im Mund. Sie schämte sich dafür und fühlte sich schuldig, dass sie mit dem bösen Magier verwandt war. Dabei konnte sie nun wirklich nichts dafür, denn es war schließlich Tante Juna gewesen, die ihn sich ausgesucht und geheiratet hatte. Allerdings hatte Onkel Justus Juna zuvor mit einem Liebeszauber belegt, sodass sie vor Liebe blind gewesen war …

»Er fuchtelte mit einem mächtigen Zauberstab vor meiner Nase herum«, berichtete Ophelia. »Ich konnte seine Kraft spüren. Die Luft schien regelrecht zu vibrieren. Ich wollte ihm den Stab entreißen und griff danach. Mich durchfloss auf einmal ein kräftiger Strom von Magie, und ich fühlte mich stark wie noch nie. Wir kämpften beide um den Zauberstab. Plötzlich brach das Ding auseinander, und ich wurde von der Wucht durch die Luft geschleudert. Der einzige Gedanke, den ich hatte, war, dass ich den halben Zauberstab um keinen Preis der Welt loslassen durfte. Dann wurde alles um mich herum schwarz.« Sie machte eine kurze Pause und sammelte Kraft für den nächsten Teil ihrer Erzählung. Maila nippte an ihrer Schokolade, die inzwischen kalt geworden war.

»Ich fand mich in diesem Haus wieder, und zwar im Wohnzimmer, in diesem alten Sessel«, fuhr Ophelia fort. »Den zerbrochenen Zauberstab hatte ich immer noch in der Hand. Ich war sehr benommen. Es fühlte sich an, als hätte ich tagelang geschlafen. Oder als hätte ich gerade eine schwere Grippe überstanden.«

»Wahrscheinlich warst du auch eine Zeit lang im Nichts«, murmelte Maila. Sie mochte sich das gar nicht vorstellen.

»Als ich aufstehen wollte, schien mich dieser dumme Sessel festzuhalten«, sagte Ophelia. »Erst dann merkte ich, dass ich in einem anderen Körper steckte und ungefähr fünfmal so viel wog wie sonst. Jeder Schritt fühlte sich schwerfällig an. Bleigewichte schienen an meinen Armen und Beinen zu hängen.« Ihre Augen füllten sich bei der Erinnerung mit Tränen. »O Maila, es war einfach furchtbar!«

Maila nickte mitfühlend.

»Ich wollte mich im Haus etwas umsehen, um herauszufinden, wo ich gelandet war. Aber ich schaffte es kaum, die Treppe in den ersten Stock hochzukommen. Ich schwitzte am ganzen Körper. Trotzdem gab ich nicht auf. Allmählich ahnte ich, dass ich mich im Haus deiner Tante Juna befand. Du hattest ja davon erzählt. Aber sicher war ich erst, als plötzlich dieser andere Magier auftauchte.« Ophelia schluckte. »Er zauberte sich einfach ins Haus und stand drohend vor mir. Maila, ich habe noch nie einen Hexer erlebt, der solche Kraft ausstrahlte – außer vielleicht deinen Onkel. Schwarze Magie schien ihn wie ein dunkler Hauch zu umwehen. ›Hab ich dich endlich!‹, schrie er mich an. ›Jetzt werde ich mit dir abrechnen, für alles, was du mir angetan hast!‹« Ophelias Stimme zitterte. Sie konnte fast nicht weiterreden. »›Du bist schuld am Tod meiner Frau und meiner Tochter‹, brüllte er mich an. ›Das wirst du mir büßen, du elender Feigling! Ich habe damals die Strafe auf mich nehmen müssen, weil das Gericht mir nicht glaubte!‹«

»Meine Oma hat mir so etwas erzählt«, warf Maila ein. »Luzian Morchelstiel musste in den Bergwerken von Alun schuften. Alle hielten ihn für schuldig am Tod seiner Frau und seiner Tochter.«

»Kein Wunder, dass er deinen Onkel so hasst«, meinte Ophelia. »Aber leider merkte Luzian nicht, dass er die Falsche erwischt hatte – nämlich mich!«

»Es tut mir so leid«, sagte Maila. »Du hättest nicht in diese Geschichte hineingeraten dürfen.«

»Es war mein Fehler.« Ophelia seufzte. »Luzian hörte mir gar nicht zu, als ich ihm sagte, dass ich nicht derjenige sei, den er suche. Im Gegenteil. Das schien seine Wut nur noch anzustacheln. Schließlich streckte er den Arm aus, um mich zu verhexen. Ich war überzeugt, er wollte mich töten. So versuchte ich, mich mit dem halben Zauberstab zu verteidigen. Unsere gemeinsamen Zauberkräfte wirbelten uns durch die Luft, und wir landeten schließlich in der Schulbibliothek. Den Rest kennst du.« Sie schluckte. »Ich mag mir gar nicht vorstellen, was geschehen wäre, wenn ihr nicht aufgetaucht wärt. Du hast mir das Leben gerettet, Maila. Ich stehe für immer in deiner Schuld.«

Maila schüttelte nur verlegen den Kopf. »Das war doch selbstverständlich, Ophelia. Du hättest dasselbe für mich getan.« Sie langte in ihre Tasche und zog die kleine Plastikfigur hervor, in die sie Luzian Morchelstiel verwandelt hatte. »Aber jetzt lautet die wichtigste Frage: Was sollen wir mit dem verflixten DING

Die weiße Plastikfigur sah aus wie ein Produkt aus einem 3-D-Durcker. Wenn man eine Lupe zu Hilfe nahm, konnte man Luzians Gesichtszüge erkennen. Seine Miene war wutverzerrt. Ansonsten wirkte die Figur wie ein harmloses Kinderspielzeug. Ein zugegebenermaßen nicht sehr attraktives Männchen, das man in ein Puppenhaus oder auf ein Brettspiel setzen konnte. Einer der mächtigsten Magier war auf wenige Zentimeter Kunststoff zusammengeschrumpft.

»Luzian war zuletzt der Leiter unserer Schule«, sagte Maila. »Er nannte sich allerdings Lukas Blätterpilz. Außerdem behauptete er, für den Magischen Kontrolldienst zu arbeiten. Er kam sich deshalb ziemlich wichtig vor. Meine Oma hat ihm schließlich geglaubt.« Ihr wurde ganz heiß bei der Erinnerung. »Wenn der Magische Kontrolldienst erfährt, dass ich einen wichtigen Mitarbeiter in ein Stück Plastik verwandelt habe, dann … dann … Ich glaube, eine lebenslängliche Gefängnisstrafe reicht da gar nicht. Der MKD denkt sich sicher eine schlimmere Strafe für mich aus.« Sie begann, am ganzen Körper zu zittern.

»Jetzt mach dich mal nicht verrückt«, versuchte Ophelia sie zu beruhigen. »Du hast es ja nicht absichtlich getan. Außerdem hast du mich gerettet. Er hätte mich getötet – und selbst wenn er dann seinen Irrtum bemerkt hätte, wäre für mich jede Hilfe zu spät gekommen.«

Maila nickte langsam. Ophelia hatte in jedem Punkt recht. Aber würde der Magische Kontrolldienstdas genauso sehen? Schließlich war da ja auch noch die Sache mit den ausgebüxten Maglings, die aus Versehen in die Menschenwelt geraten waren. Familie Espenlaub hatte schwer gegen die Gesetze verstoßen, und auch Ophelia Mondfink hatte sich schuldig gemacht, indem sie Robins Ohrenschwinger ausprobiert hatte in der Absicht, in die Menschenwelt zu gelangen. Es sah nicht gut für die beiden Mädchen aus …

Maila wünschte sich zum wiederholten Mal, dass Oma Luna bei ihr wäre. Sie und Ophelia konnten den Rat einer erfahrenen Hexe wahrhaftig gebrauchen. Maila musste ihrer Großmutter unbedingt eine Nachricht zukommen lassen.

»Ich werde meiner Oma ein Wiesel schicken«, murmelte sie. »Vielleicht weiß sie einen Rat oder kommt sogar hierher.«

Ophelias Gesicht hellte sich auf. »Oh ja, tu das!«

Maila stand auf, um Papier und Stift zu suchen. In der Küchenschublade wurde sie fündig. Sie setzte sich wieder an den Tisch und begann zu schreiben.

Liebe Oma Luna,

ich habe Ophelia gefunden, ihr geht es gut. Komm bitte in Tante Junas Haus, so schnell Du kannst. Ich brauche Dich DRINGEND!!!

Liebe Grüße

deine Maila

Maila rollte den Papierbogen zu einer Röhre zusammen und wickelte ein Band darum. Dann kritzelte sie etwas mühsam die Adresse auf die Außenseite.

Luna Espenlaub

Wünschelweg 7

Großhexenfurt

Jetzt musste sie nur noch ein Wiesel herbeirufen, das die Nachricht abholte und an ihre Oma überbrachte. Wiesel konnten problemlos die Grenze zwischen der Hexen- und der Menschenwelt passieren, deswegen benutzten die Hexen sie als Postboten.

Maila malte mit dem Finger einen Stern in die Luft und sprach dabei die Worte:

»Wiesel, Wiesel,

flink wie ein Ziesel,

komm bitte, bitte schnell heran,

weil mein Brief nicht warten kann.«

»Und das soll funktionieren?«, zweifelte Ophelia.

Maila nickte. »In spätestens einer halben Stunde wird der Brief abgeholt.« So hoffte sie wenigstens.

Die Mädchen warteten. Jede Minute wirkte unendlich. Immer wieder warf Maila einen Blick auf die Küchenuhr, aber die Zeiger schienen beinahe stillzustehen. Hatte Onkel Justus ihnen ein unangenehmes Andenken hinterlassen, indem er das Haus verhext hatte?

Schließlich war die halbe Stunde um. Zehn weitere Minuten vergingen, ohne dass ein Wiesel auftauchte.

»Vielleicht hast du den falschen Spruch aufgesagt«, vermutete Ophelia.

Maila wusste inzwischen auch nicht mehr, ob sie die richtigen Worte benutzt hatte. Unruhig lief sie von Fenster zu Fenster, in der Hoffnung, das Wiesel zu erspähen. Doch statt des Tiers sah sie nur den Nachbarn, Ferdinand Hagedorn, der in seinem Garten herumlief. Er verbrachte dort die meiste Zeit des Tages, denn fast immer gab es Unkraut zu jäten oder die Rosen hochzubinden, Blattläuse mit Brennnesselbrühe zu bekämpfen oder was auch immer. Außerdem betreute er mehrere Bienenvölker. Doch jetzt schlich Ferdinand Hagedorn mit grimmiger Miene und leicht geduckt zwischen den Bäumen umher. Maila biss sich auf die Lippe. Warum benahm er sich so merkwürdig? Das war doch sonst nicht seine Art! Maila hatte ihn als freundlichen, hilfsbereiten Menschen kennengelernt.

Plötzlich riss Ferdinand Hagedorn ein Luftgewehr hoch und feuerte durch den Garten. Maila zuckte so erschrocken zusammen, als wäre sie selbst von der kleinen Kugel getroffen worden.

»Dieses verdammte Wiesel!«, hörte sie den Nachbarn zornig brüllen. »Es ist mir wieder entwischt!«

Maila zögerte keine Sekunde, sondern lief durch die Terrassentür nach draußen und an die Hecke, die die beiden Grundstücke voneinander trennte.

»Sie dürfen nicht schießen!«, rief sie dem Nachbarn zu.

Ferdinand Hagedorn wandte den Kopf und erkannte Maila. »Ach, hallo, Maila!« Er lächelte ihr zu.

»Sie dürfen nicht schießen!«, wiederholte Maila mit Nachdruck.

Der Nachbar kam auf sie zu. »Keine Sorge, das Wiesel ist sowieso schon weg«, antwortete er. »Hoffentlich hat es einen ordentlichen Schrecken bekommen und sucht sich ein anderes Revier! Das freche Biest hat nämlich schon zweimal die Benzinleitung meines Autos angenagt.«

»Das … das war bestimmt ein anderes Wiesel«, meinte Maila.

»Und was macht dich da so sicher?«, wollte Ferdinand Hagedorn wissen.

Maila konnte ihm schlecht sagen, dass es sich um ein Postwiesel handelte, das sie mittels ihrer magischen Kräfte herbeigerufen hatte. Deswegen zuckte sie nur mit den Schultern und sah Ferdinand Hagedorn mit einem herzzerreißenden Blick an. Dieser Blick wirkte bei ihrem Vater und ihrem Großvater immer, wenn sie einen großen Wunsch hatte.

Ferdinand Hagedorn seufzte und stellte sein Gewehr zur Seite. »Na gut. Wahrscheinlich bist du eines dieser Mädchen, die jedes Tier beschützen und am liebsten mit ihm kuscheln wollen. Das Mauswiesel hat einen großen Schaden angerichtet, deswegen ist es auch zum Abschuss freigegeben. Aber ich verspreche dir, dass ich es nicht mehr jagen werde und stattdessen mein Auto immer in die Garage stelle. Bist du jetzt zufrieden?«

Maila nickte. »Danke«, wisperte sie.

»Wem gehört übrigens dieser Klepper, der bei euch im Garten herumläuft?«, fragte Ferdinand Hagedorn. »Hast du den auch vom Schlachter gerettet?«

Er meinte den Pegasus.

»Das … das Pferd gehört meiner Freundin«, log Maila. »Sie hat es nur mal hier abgestellt.«

»Pass auf, dass es keine giftigen Pflanzen aus eurem Garten frisst«, sagte der Nachbar. »Die meisten Pferde von heute haben keine natürlichen Instinkte mehr; leider muss dann der Tierarzt kommen, und das wird teuer.«

Maila nickte wieder automatisch, während sich Panik in ihr ausbreitete. Dass sich der Pegasus an irgendwelchen Pflanzen vergiftete, fehlte gerade noch. Aber schließlich war er ein magisches Geschöpf und kein gewöhnliches Pferd. Vielleicht funktionierten seine Instinkte noch.

»Na, dann noch einen schönen Tag«, murmelte Ferdinand Hagedorn und hob die Hand. »Und grüß mir deine Oma und deine Tante.«

»Mach ich, danke«, erwiderte Maila und ging ins Haus zurück.

Ophelia wartete schon auf sie. »Hat er das Wiesel erwischt?«

»Zum Glück nicht«, sagte Maila. »Aber es kommt jetzt bestimmt nicht mehr her, selbst wenn ich den Zauberspruch wiederhole.« Sie nagte an ihrer Lippe. Es war nötig, sich einen anderen Plan auszudenken, und zwar schnell. Ihr Blick fiel auf den Pegasus, der gerade bei den Apfelbäumen stand und einen Apfel nach dem anderen vom Baum zupfte.

»Traust du es dir zu, auf dem Rücken des Pegasus in die Hexenwelt zurückzufliegen?«, fragte Maila.

Ophelia riss die Augen auf. »Meinst du, das geht? Was passiert, wenn wir an die Grenze kommen? Ich kann doch nicht mit den Ohren wackeln!«

»Auf dem Herflug habe ich keine Grenze bemerkt«, erinnerte sich Maila. Sie hoffte inständig, dass der Pegasus auch auf dem Rückflug die Grenze zwischen den Welten ohne Schwierigkeiten passieren konnte. Sie mussten es einfach versuchen, denn Maila fiel kein anderer Weg ein. Und die Zeit drängte. Wer weiß, vielleicht wuchs in der weißen Plastikfigur schon eine unheimliche Macht, und Luzian Morchelstiel würde sich in seine wirkliche Gestalt zurückverwandeln? Nicht auszudenken, wenn die beiden Mädchen dann mit ihm allein waren! Luzians Rache würde entsetzlich sein …

»Lass es uns versuchen«, bat Ophelia. »Meine Eltern sind bestimmt schon verrückt vor Sorge um mich. Echt schade, dass man nicht einfach in die Hexenwelt telefonieren kann.«

»Ich muss Emily eine Nachricht hinterlassen«, sagte Maila. »Unbedingt. Sie weiß sonst nicht, wo wir sind.«

Sie ging zum Telefon und rief Emilys Festnetznummer an. Ihre Mutter, Frau Steigerwald, nahm den Hörer ab.

»Ja, hallo?«

»Hier ist Maila.«

»Ah, hallo, Maila, du willst sicher Emily sprechen, aber die ist in der Schule. Äh … überhaupt, warum bist du denn nicht im Unterricht? Schreibt ihr heute nicht eine Englischarbeit?«

Verflixt! Frau Steigerwald hatte keine Ahnung, was gerade los war und dass die Englischarbeit im Moment Mailas geringste Sorge war.

»Ich … ich … habe eine Magen- und Darmgrippe«, schwindelte Maila schnell. »Und deswegen muss ich mit meiner Oma heute noch zum Arzt. Bitte richten Sie das Emily aus. Nicht vergessen. Mit meiner Oma. Das ist wichtig. Damit sie die Grippe nicht auch bekommt.«

»Oh, meinst du, Emily könnte sich auch angesteckt haben?«, hörte Maila Frau Steigerwald noch sagen, aber da drückte sie schon auf den roten Aus-Knopf.

»Alles klar«, sagte Maila zu Ophelia. »Wir können los.«

»Vergiss mich nicht!«, zwitscherte da ein Stimmchen. Es gehörte Wilbur, Mailas kleinem Zaubervogel. Er stürzte sich vom Küchenschrank herunter. Dorthin hatte er sich nach dem aufregenden Abenteuer in der Schulbibliothek verzogen und den Kopf unter die Flügel gesteckt.

Maila streckte den Arm aus, und Wilbur landete federleicht darauf. Er trippelte hoch zu ihrer Schulter und schmiegte sich kurz an ihre Wange. Maila hatte ein schlechtes Gewissen, weil sie gar nicht mehr an den kleinen Vogel gedacht hatte. Zu viele andere Dinge waren in ihrem Kopf herumgewirbelt. Aber zum Glück hatte sich Wilbur ja bemerkbar gemacht.

»Mein Lieber«, flüsterte Maila und strich zärtlich über sein Gefieder. »Wir fliegen mit dem Pegasus nach Hause, ist es dir recht? Deine Kuckucksuhr ist leider noch bei Emily, aber du kannst dich ja in meinen Haaren verstecken.«

»Mach ich.« Und schon kroch Wilbur in Mailas üppige Locken. Seine kleinen Krallen kitzelten ein wenig an ihrem Hals.