Malia und Theo - Carmen Rossow - E-Book

Malia und Theo E-Book

Carmen Rossow

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Beschreibung

Malia ist ein kleines Mädchen, das auf unerwartete Weise nicht nur den Teddy Theo sondern auch dem Weihnachtsmann begegnet. Diese Begegnung verändert alles und für Malia und Theo beginnt ein komplett neues Leben.

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Seitenzahl: 406

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Für meine Blume

Ohne dich und deine wunderbaren Freunde wäre dieses Buch niemals entstanden

Danksagung

Ein riesengroßes Dankeschön geht an meinen ehemaligen Deutschlehrer Herr Rautenberg.

Ihre Worte bei meiner Abschlussfeier, dass man noch viel von mir hören wird, habe ich nie vergessen. Sie haben mich immer begleitet und mir geholfen, an meinen Träumen festzuhalten und nicht aufzugeben.

Mein Dank gilt auch meiner kleinen Schwester. Danke, dass du mich unterstützt und mir geholfen hast, wo du nur konntest. Ich liebe dich.

Inhaltsverzeichnis

Erstes Kapitel Der Weihnachtsbesuch

Zweites Kapitel Wie alles begann

Drittes Kapitel Santa

Viertes Kapitel Im Weihnachtsdorf

Fünftes Kapitel Auf der Suche nach einem Zuhause

Sechstes Kapitel Der Abschiedsbrief

Siebtes Kapitel Schoko

Achtes Kapitel Eine große Überraschung

Neuntes Kapitel Der Stammbaum

Zehntes Kapitel Eine unerwartete Reise

Elftes Kapitel Mayas Geheimnis

Zwölftes Kapitel Jowna

Dreizehntes Kapitel Die Suche geht weiter

Vierzehntes Kapitel Im Archiv

Fünfzehntes Kapitel Eine neue Aufgabe

Sechzehntes Kapitel Zeit auf Wiedersehen zu sagen

Siebzehntes Kapitel Alte Erinnerungen

Achtzehntes Kapitel Neue Erkenntnisse

Neunzehntes Kapitel Zu Besuch bei alten Freunden

Zwanzigstes Kapitel Das Wunder der Weihnachtsmagie

Einundzwanzigstes Kapitel Eine unerwartete Überraschung

Zweiundzwanzigstes Kapitel Jolie und Claus

Dreiundzwanzigstes Kapitel Das Tagebuch

Vierundzwanzigstes Kapitel Eine späte Weihnachtsüberraschung

Was kurz danach geschah

Erstes Kapitel Der Weihnachtsbesuch

Der Schnee knirschte unter ihren Füßen, als Malia langsam den Berg hinabstieg. Um sie herum war es tiefste Nacht. Alles war dunkel. Auf ihrem Weg hinab ins Tal gab es keine Straßenlaternen, die ihr den Weg hätten erhellen können. Aber Malia reichten der Mond und die Sterne, die ihr in dieser Nacht den Weg leuchteten. In dieser Nacht strahlten sie wieder besonders hell. Deshalb hatte Malia auch keine Mühe, durch den frisch gefallenen Schnee zu spazieren. Außerdem hatte sie noch die Lichter, die vom Tal zu ihr hinauf strahlten.

Denn dort gab es ein kleines Dorf. Es schien beinahe verborgen vom Rest der Welt zu sein. Nur wenige kleine Straßen führten dorthin. Der nächste Ort war Kilometer entfernt und verbarg sich hinter den Bergen. Man konnte diesen Ort weder vom Dorf noch von Malias aktuellem Platz aus erkennen. Die nächste Stadt war noch viel weiter entfernt.

Malia spazierte auf einem der kleinen Wanderwege entlang, der sie zwischen Feldern und Wiesen entlang zum Dorf führte. Der Weg dorthin war nicht weit und trotz des Schnees nicht beschwerlich. Malia wusste aus Erzählungen, dass hier in den warmen Monaten des Jahres Mais, Hafer und anderes Getreide angebaut wurden.

Auf den grünen Wiesen waren dann überall Schafe und Kühe zu sehen, die das saftige Gras futterten oder die Sonne genossen. Doch im Winter war alles kahl und leer. Bis der Schnee alles mit seinem magischen Weiß bedeckte und eine angenehme Ruhe mit sich gebracht. Die Natur erholte sich, damit sie im kommenden Frühling wieder in all ihrer Pracht erstrahlen konnte.

Schon nach kurzer Zeit erreichte sie das Dorf. Nur wenige Schritte vorher hielt sie kurz inne. Für einen kurzen Moment schloss sie die Augen und zog die kühle Luft durch die Nase ein. Malia liebte diese Zeit des Jahres. Wenn der erste Schnee vom Himmel fiel, konnte sie sich nicht zurückhalten und musste hinausgehen und tanzen. Das war ihre Art den ersten Schnee des Jahres willkommen zu heißen. Sie liebte es, wenn langsam alles mit einer dicken Schneeschicht bedeckt wurde. Alles schien auf einmal so viel ruhiger und entspannter zu werden. Es wirkte auf einmal alles magischer, als es vorher erschien. Deshalb liebte sie auch die kleinen Spaziergänge im Schnee. Sie ließen sie entspannen und gaben ihr neue Kraft.

Malia lächelte. Noch einmal atmete sie tief ein und ging dann voller Vorfreude weiter. Sie war nun fast an ihrem Ziel angekommen. Nur noch einige hundert Meter trennten sie davon. Wie jedes Jahr hüpfte ihr kleines Herz vor Freude schneller. Denn ihr Weg führte sie jedes Jahr an diesem Tag in dieses kleine Dorf.

An diesem einem besonderen Tag.

Dem Tag der Weihnacht.

Hier im Dorf war es deutlich heller, als draußen zwischen den Wiesen und Feldern. Aber auch hier war niemand auf den Straßen unterwegs. Einige der Dorfbewohner waren Zuhause bei ihren Lieben und verbrachten ihre gemeinsame Zeit unter dem Tannenbaum. Sie packten gemeinsam die Weihnachtsgeschenke aus oder saßen noch beim gemeinsamen Abendessen. Andere waren in der Kirche. Die Messe musste jeden Augenblick losgehen.

Die Menschen, die hier lebten, hatten allesamt nicht viel. Doch sie hatten sich und waren glücklich. Ganz besonders zu dieser Zeit des Jahres waren sie glücklich und dankbar. Eine ganz besondere Aura erfüllte die Luft. Es schien, als wäre alles in diesem Dorf mit Liebe und Herzlichkeit erfüllt. Als würde dieses Dorf jedem Bewohner und Besucher eine Umarmung schenken, wenn man es betrat.

Malia hielt abermals kurz inne und genoss diesen besonderen Moment, als sie die Grenze des Dorfes überquert hatte. Sie freute sich wieder hier zu sein und genoss das wunderbare Gefühl, das ihr dieser Moment und dieses Dorf gab. Für sie war es tatsächlich wie die herzliche Umarmung eines alten Freundes, den man lange Zeit nicht gesehen hatte, der einen aber immer wieder herzlich willkommen hieß.

Malia atmete tief durch und ging dann weiter die Hauptstraße entlang. Wie jedes Jahr folgte sie ihrem Weg und sog dabei jede Kleinigkeit des Dorfes in sich ein. Wie es gewachsen war und sich verändert hatte. Hier hatte sich die Farbe eines Hauses geändert oder es war ein Springbrunnen im Vorgarten gebaut worden, den es im Vorjahr dort noch nicht gegeben hatte. Manchmal fragte sie sich, wie es hier wohl im Frühling oder im Sommer aussehen würde. Doch zu diesen Jahreszeiten war es ihr unmöglich hierher zu Besuch zu kommen.

Malia bewunderte die vielen Häuser. Sie alle waren auf ihre besondere Art geschmückt worden. Bei einigen Häusern waren nur die Fenster bunt dekoriert und beleuchtet. Einige hatten künstliche Rentiere und mit Luft gefüllte Schneemänner vor ihrer Tür stehen. Bei anderen waren auch Figuren im Vorgarten oder Lichter an den Dachrinnen der Häuser zu sehen. Malia sah sogar einige wenige Häuser, die vollständig vom Dach bis zum Vorgarten mit bunten Lichtern versehen worden waren. Nur der Weg durch den Vorgarten zur Haustür und die Garageneinfahrt schienen bei diesen Häusern nicht mit Lichtern und Figuren geschmückt worden zu sein.

Fast in jedem der Häuser war aus einem der Fenster ein strahlender Tannenbaum zu erkennen. Selbst, wenn sonst alle Lichter im Haus erloschen waren, weil die Hausbewohner in der Kirche waren, leuchtete der Tannenbaum in den unterschiedlichsten Farben. Er würde die Familie willkommen heißen, wenn sie in dieser besonderen Nacht nach Hause kommen würden.

Aus manchen Häusern drang der Duft von Plätzchen oder Weihnachtsbraten bis zu ihr hinaus auf die Straße. Doch Malia war nicht hungrig und folgte ihrem Weg weiter in das kleine Dorf hinein. Sie sah die strahlenden Gesichter von glücklichen Menschen durch die Fenster. Ab und an konnte sie das Lachen eines Kindes hören. Bis sie ein ganz bestimmtes Haus erreichte.

Es war sehr klein. Doch der Weg zum Haus war säuberlich vom Schnee befreit und im Fenster leuchteten künstliche Kerzen und man konnte den bunt geschmückten Weihnachtsbaum sehen. Wie in jedem Jahr erstrahlte er in allen Farben des Regenbogens und es hingen nicht nur Weihnachtskugeln an diesem Baum, sondern auch viele wunderschöne Figuren. Es waren Weihnachtsmänner und Elfen, Lokomotiven und Lebkuchenmänner. Es waren einfach alle Weihnachtsmotive vorhanden, die man sich vorstellen konnte.

Malia nähert sich langsam diesem Fenster. Wie immer sah sie sich verstohlen um, obwohl sie eigentlich wusste, dass sie keine Spuren mehr im Schnee hinterließ und kein menschliches Wesen sie sehen konnte. Doch diese Eigenart konnte sie in all den Jahren, in denen sie nun eine Weihnachtselfe war, einfach nicht ablegen.

Wie jedes Jahr stellte sie sich vor das kleine Fenster und blickte in das winzige Wohnzimmer, das dahinter lag. Der Weihnachtsbaum nahm den größten Teil des Raumes ein. Hinter dem Weihnachtsbaum, vor Malias Blicken verborgen, gab es eine große Schrankwand. Ansonsten gab es in diesem Raum nur noch einen kleinen Tisch und passende Stühle dazu.

Unter dem Weihnachtsbaum lagen kleine Geschenke. Sie waren noch verpackt und ungeöffnet. Die Familie, die hier lebte, war noch bei der Weihnachtsandacht und würde erst später nach Hause kommen. Wie in jedem Jahr öffneten sie erst dann ihre Geschenke.

Direkt neben den Geschenken saß ein kleiner, brauner Teddybär. Er war schon etwas älter und sein Fell etwas zottelig. Außerdem hatte er eine kleine Wunde am Arm, die vor langer Zeit einmal hatte genäht werden müssen. Doch sein Herz war voller Liebe und Wärme und er schenkte Malia sein bezauberndes Lächeln, als er sie hinter dem Fenster entdeckte.

Langsam erhob er sich und bewegte sich in Malias Richtung. Er war zu klein, um allein oben an das Fenster zu gelangen, deshalb ließ Malia ihn mit Hilfe ihrer Weihnachtselfen-Magie schweben. So konnten sie sich, getrennt von der Fensterscheibe, direkt gegenüberstehen.

Malia legte ihre kleine Hand gegen die Fensterscheibe und der Teddybär machte das gleiche mit seinem Pfötchen. Beide lächelten und wie durch Zauberhand stand die Weihnachtselfe Malia plötzlich direkt neben dem kleinen Teddybären im Wohnzimmer.

„Wie geht es dir?“, fragte sie ihn nach einer langen Umarmung. „Bist du immer noch glücklich?“ Für einen Moment sah sie den Teddybären besorgt an, doch als dieser über das ganze Gesicht zu strahlen begann, lösten sich ihre Sorgen in Luft auf.

„Ich könnte nicht glücklicher sein. Annie ist jetzt zwar schon achtzig Jahre alt, aber sie liebt mich noch immer so wie seit dem Tag unserer ersten Begegnung. Auch ihre Kinder und Enkelkinder sind herzensgut zu mir. Die kleine Elise hat gerade angefangen, das Lesen zu lernen und versucht mir Geschichten vorzulesen. Wenn sie dann etwas nicht lesen kann, denkt sie sich einfach selbst ein Ende für die Geschichte aus.“

Beide lachten, setzten sich neben den wunderschönen Tannenbaum und erzählten sich, was in dem vergangenen Jahr alles passiert war.

„Du hättest kein besseres Zuhause für mich finden können. Ich danke dir so sehr“, sagte der Teddy nach einer Weile und rührte die Weihnachtselfe zu Tränen.

„Das macht mich sehr glücklich“, sagte sie und wischte sich eine kleine Träne aus dem Augenwinkel. „Aber du selbst hast angefangen zu leuchten und dich für diese Familie entschieden.“ Malia grinste den kleinen Teddybären verschwörerisch an.

Wie aus weiter Ferne ertönten die Glocken. Die Familie würde bald wieder nach Hause kommen und diesen Ort mit Leben, Liebe und Freude erfüllen.

Die Zeit des Abschieds war gekommen und in Begleitung vom kleinen Teddybären ging Malia zurück zum Fenster. Sie nahm ihn in den Arm und drückte ihn ganz fest an sich.

„Ich wünsche dir ein weiteres, wundervolles Jahr“; flüsterte Malia dem kleinen Teddybären ins Ohr. „Wir sehen uns bald wieder.“

„Es wird sich bis dahin nichts verändert haben“, versprach der kleine Teddybär. „Aber ich freue mich schon darauf, dich dann wiederzusehen.“

Mit diesen Worten zauberte sich Malia zurück in den Schnee, an ihren alten Platz vor dem Wohnzimmerfenster und der kleine Teddybär stand wieder oben auf dem Fensterbrett.

In diesem Moment kam die Familie am Ende der Straße um die Ecke gebogen. Sie waren zu Fuß unterwegs. Annie war langsam und wählte jeden Schritt mit Bedacht, da sie Angst hatte, auf dem Schnee auszurutschen. Ihre Schwiegertochter hatte sich bei ihr eingehackt, um ihr besseren Halt zu geben. Auf der anderen Seite neben Annie war ihr Sohn.

Die beiden Kinder liefen bereits zur Haustür und warteten. Ungeduldig trampelten sie im Schnee hin und her. Sie konnten es mittlerweile kaum noch erwarten, ihre Geschenke auszupacken. Es dauerte den Kindern einfach zu lange, bis die anderen nachkamen. Endlich öffnete der Vater ihnen die Tür. Sie alle lachten und waren glücklich.

„Frohe Weihnachten“, sagten Malia und der kleine Teddybär gleichzeitig und mit Hilfe ihrer Weihnachtselfen-Magie setzte Malia den Teddybären wieder an seinen Platz unter dem Weihnachtsbaum, damit er die Geschenke bewachen und die bunten Lichter besser bestaunen konnte.

Gerade rechtzeitig. Denn schon stürmte Elise, noch in Stiefeln und Jacke, ins Zimmer. Sie drückte den Teddy an sich und flüsterte: „Wir sind wieder zurück, Theo-Bär. Wir müssen nur noch auf Tante Karla und Onkel Fred warten. Dann können wir die Geschenke vom Weihnachtsmann auspacken. Deines ist das kleine rote, hat Oma Annie gesagt.“

Dann setzte sie ihn wieder ab und musste, nachdem ihr Vater sie ermahnt hatte, zurück in den Flur, und die Winterkleidung ausziehen.

Theo warf noch einen Blick zu Malia und lächelte sie an. Ja, er hatte seinen Platz gefunden. Sein Zuhause. Nirgendwo auf der Welt könnte er glücklicher sein. Ohne dies auszusprechen, verstand Malia. Obwohl sie es tief in ihrem Herzen vom ersten Tag an immer gewusst hatte, dass dies das beste Zuhause für Theo sein würde.

Zum Abschied winkte Malia ihm noch einmal zu, wohl wissend, dass sie auch in der kommenden Weihnacht nach ihm sehen würde. Nicht, weil sie dachte, dass sich seine Meinung würde ändern können und er sich hier nicht mehr zuhause fühlen würde. Sondern weil der kleine Teddybär ihr Freund war und sie ihn liebte und ihn einfach gern besuchte. Auch, wenn dies nur einmal im Jahr möglich war.

Die zwei Freunde sahen sich tief an und mit einem Augenzwinkern blieben an der Stelle, an der Malia gestanden hatte, nur noch tanzende Schneeflocken zurück. Und ein weiteres Geschenk, das vorher nicht unter dem wunderschönen Tannenbaum gestanden hatte, befand sich nun neben Theo.

Nachdem Malia sich vom Fenster aus von Theo verabschiedet hatte, kehrte sie mit Hilfe ihrer Weihnachtselfen-Magie nach Hause zurück. Sie wohnte am Nordpol in einer kleinen Hütte, von der aus sie manchmal die Nordlichter beobachten konnte. Diese Nacht war eben solch eine Nacht.

Mit einer Tasse heißen Kakao setzte sie sich in den großen Ohrensessel, der neben dem Fenster stand und betrachtete das Schauspiel: Die tanzenden Farben am Himmel.

Jedes Mal, wenn Malia die Nordlichter tanzen sah, berührte das ihr Herz. Sie musste dann daran denken, wie sie diesen Zauber das allererste Mal zusammen mit Theo gesehen hatte. Keiner von beiden hatte bis dahin schon einmal die Nordlichter gesehen. Außer auf Bildern oder im Fernsehen vielleicht. Aber das war nicht dasselbe. Aber sie hatten Glück und so kam es, dass sie nach einem langen, aufregenden Tag hier in dieser Hütte, in genau diesem Zimmer gestanden hatten. Malia vor dem Fenster und Theo auf dem Fensterbrett, und gemeinsam hatten sie dieses Wunder bestaunten dürfen.

Der kleine Theo.

Malia war so glücklich, dass der kleine Teddybär ein schönes Zuhause hatte und endlich glücklich war. Ihr Blick fiel auf die Nordlichter. Während sie über den noch heißen Kakao pustete, um ihn etwas abzukühlen, schweiften ihre Gedanken ab.

Weit weg.

Zurück in die Vergangenheit.

Zu dem Tag, an dem sie Theo begegnet war.

Der Tag, der ihrer beiden Leben für immer verändern sollte.

Zweites Kapitel Wie alles begann

Es war der Tag der Weihnacht. Draußen war es bitterkalt und laut Wetterbericht sollte in der Nacht noch ein Sturm aufziehen. Wie so oft hatte Malia sich wegen einer Kleinigkeit mit ihrer Stiefmutter gestritten. Es waren immer Kleinigkeiten. Denn Malia war ihrer Stiefmutter ein Dorn im Auge und ihre Stiefmutter nutzte jeden noch so kleinen Moment, um Malia das Leben schwer zu machen. Das machte sie natürlich aber auch nur, wenn Malias Vater nicht zu Hause war. Leider war er sehr oft nicht zu Hause.

Seit dem Tod seiner Frau, Malias Mutter, hatte er sein Leben der Krebsforschung gewidmet und engagierte sich für diverse Freiwilligen-Projekte rund um die Welt. Eigentlich hatte er gar keine Zeit mehr für eine Familie. Malia sah ihn immer seltener und deshalb kümmerte sich hauptsächlich ein Kindermädchen um sie.

Irgendwann begegnete er dann Malias jetziger Stiefmutter. Tief in seinem Herzen war er einsam und daran konnte all die Arbeit und Ablenkung, die er sich geschaffen hatte, nichts ändern. Außerdem dachte er, dass es auch gut für Malia wäre. Es würde dann eine neue Frau in seinem Leben geben. Eine Frau, die sich um Malia kümmert konnte, wie eine Mutter es tun würde. Er war dem Kindermädchen sehr dankbar, dass es sich Tag und Nacht um Malia kümmerte. Doch so sehr wie er seine Frau vermisste, so sehr musste auch Malia ihre Mutter vermissen. Es war nur richtig, dass sie eine neue Bezugsperson erhielt, die sich liebevoll um sie kümmern konnte. So dachte er zumindest.

Sie, die Stiefmutter, war fasziniert von seinem Geld und kam gut und gerne damit aus, dass er selten nach Hause kam. So konnte sie über ihre Zeit und sein Geld verfügen. Wenn da nicht noch Malia gewesen wäre. Die Stiefmutter wollte keine Zeit mit einem Kind verbringen und störte sich einfach an ihr. Dabei ließ sie die meisten Dinge durch das Kindermädchen erledigen.

Die Stiefmutter holte sie nie von der Schule ab oder brachte sie zu Freunden. Selbst an den Elternabenden nahm das Kindermädchen stellvertretend für sie teil. Eigentlich sah sie Malia nur zu den Mahlzeiten. Doch selbst in dieser Zeit, an der sie gemeinsam am Essentisch saßen, spürte man die Kälte, mit der die Stiefmutter dem kleinen Mädchen begegnete. So wurde auch das gemeinsame Essen zu einer Qual, so dass es langsam zur Gewohnheit wurde, dass Malia zu dieser Zeit auf ihrem Zimmer blieb. Sie aß dann später mit dem Kindermädchen etwas zusammen. Die Stiefmutter sprach sie niemals darauf an. Sie fragte Malia nie, warum sie nicht mehr zum Essen kam und ob sie überhaupt etwas zu Abend essen würde. Es war der Stiefmutter schlichtweg egal, was Malia tat oder auch nicht. Desto weniger sie das Mädchen sah, desto besser ging es der Stiefmutter. Sie lebte, als würde es das kleine Mädchen nicht geben.

In der Weihnacht hatte das Kindermädchen allerdings frei und war bei seiner eigenen Familie. Ganz im Gegensatz zu Malias Vater. In diesem Jahr hatte er nicht nach Hause kommen können und Malia und ihre Stiefmutter waren zu Weihnachten allein zu Hause. Ihr Vater wollte sich kurz über einen Videoanruf melden, wenn die beiden unten beim Weihnachtsessen saßen. Daher hatte Malia auch keine Ausrede gehabt, warum sie nicht zum Essen hätte kommen können. Außerdem wollte sie natürlich auch ihren Vater sehen, wenn sie ihn an diesem Tag schon nicht in die Arme schließen konnte.

Die Stiefmutter hatte natürlich nicht selbst gekocht, sondern das Essen aus einem Restaurant liefern lassen. Trotzdem war alles perfekt auf den weißen Tellern angerichtet und duftete herrlich. Alles, was das Herz begehrte, schien von der Stiefmutter bestellt worden zu sein. Nur eine Sache, die Malias Herz begehrte, hatte man nicht bestellen können. Ihren Vater.

Er hätte bereits vor einer Viertelstunde anrufen sollen. Malia, die ihren Vater sehr gut kannte, wusste, dass er nicht mehr anrufen würde. Wieder war etwas wichtiger als seine Familie. Als Malia. Deshalb saß sie mit hängendem Kopf am Esstisch und aß lieblos und traurig die vielen Köstlichkeiten, die sie eigentlich sonst hätten zum Strahlen bringen sollen.

Die Stiefmutter empfand das als Undankbarkeit und war gekränkt. Da musste sie dieses Kind schon am Weihnachtsabend ertragen. Dabei hätte sie mit Freunden in einem schicken Restaurant sein können. Aber stattdessen musste sie hier sein und dieses Mädchen war nicht einmal ansatzweise dankbar. Sie schalt Malia und schimpfte und schon nach kurzer Zeit stritten die beiden fürchterlich.

Als Malia den Raum verlassen wolle, stieß sie versehentlich mit der Schulter gegen einen kleinen, halbhohen Schrank. Dieser wackelte hin und her und dabei stürzte eine Kristallvase zu Boden und zersprang in tausend Scherben. Das machte die Stiefmutter so wütend, dass sie Malia ohrfeigte und an den Haaren zur Haustür zog.

„Für deinen Ungehorsam kannst du die Nacht heute hier draußen verbringen!“

Mit diesen Worten knallte sie Malia die Tür sprichwörtlich vor der Nase zu.

Da stand Malia nun. Ohne Jacke und ohne Schuhe. Sie begann an die Haustür zu klopfen. Erst zaghaft. Dann immer wilder und verzweifelter. „Ich habe doch nichts zum Anziehen! Du kannst mich doch nicht hier draußen lassen!“ flehte das kleine Mädchen.

Nach einiger Zeit öffnete sich die Haustür, doch als Malia ins wohlig warme Innere schlüpfen wollte, wurde sie von der Stiefmutter zurückgestoßen und landete dabei auf dem kalten Boden.

Mit einem eisigen Blick sah die Stiefmutter auf Malia herab. Dann warf sie ihr Jacke und Stiefel zu. Ohne ein Wort drehte sie sich um, ging ins Innere des Hauses zurück und verschloss die Tür.

Schockiert blieb Malia noch eine Weile vor der Tür auf dem Boden sitzen. Wo sollte sie jetzt hin? Sie wusste nicht, wo das Kindermädchen wohnte. Ihr Vater war auf einem Projekt in Afrika. Wahrscheinlich fiel ihm erst in ein paar Tagen ein, dass er vergessen hatte sich am Weihnachtsabend zu melden. Doch dann war es schon zu spät. Ob Freunde sie heute aufnehmen würden?

Es war Weihnachten.

Ein Familienfest.

Hatten da nicht alle genug zu tun, als sich auch noch um Malia zu kümmern?

Hätte sie bloß nicht die Vase umgeworfen. Malia machte sich Vorwürfe und fragte sich, ob sie tatsächlich so ein böses Mädchen war. Lag es wirklich an ihr, dass die Stiefmutter sie nicht leiden konnte? War sie selbst schuld, dass sie nun hier draußen in der Kälte saß?

Als es anfing zu regnen, stand Malia langsam auf und zog sich die Jacke und die Stiefel an. Ihre Finger waren mittlerweile schon so kalt, dass es sie einiges an Mühe kostete. Immer wieder rieb sie die Hände aneinander, um sie etwas aufzuwärmen. Sonst waren ihre Finger zu steif, um den Reißverschluss der Jacke zu schließen oder die Schnürsenkel der Stiefel richtig binden zu können.

Nach einer gefühlten Ewigkeit hatte sie es geschafft.

Malia warf noch einen letzten Blick zur Tür. Ein Teil von ihr hoffte, dass die Stiefmutter es sich vielleicht anders überlegt hatte und die Tür wieder öffnen würde. Doch es tat sich nichts. Mit einem Gefühl unendlicher Leere im Herzen drehte Malia sich um und ging hinaus in die Nacht. Auf die leeren und dunklen Straßen. Ohne Ziel wanderte Malia durch die Stadt. Sie machte sich Vorwürfe und suchte die Schuld bei sich und war dabei so in Gedanken, dass sie weder merkte, wohin sie eigentlich ging, noch, dass der Regen und auch der Wind immer stärker wurden.

Irgendwann stand sie vor dem Fluss, der ihre Stadt in zwei Hälften teilte. Sonst lag er ruhig und fast friedlich dar und plätscherte langsam vor sich hin. Doch durch den Sturm hatte sich das Wasser verändert und an Geschwindigkeit zugenommen.

Nun endlich merkte auch Malia, wie sich das Wetter entwickelt hatte. Der Wind zerrte bereits unermüdlich an ihrer Jacke und wirbelte durch ihre langen Haare. Hier konnte sie nicht stehen bleiben. Sie sah sich verzweifelt um und beschloss, bei einem der Brückenpfeiler Schutz zu suchen.

Tatsächlich war es hier geschützter und der Wind konnte sie nicht mehr so stark angreifen. Aber es war noch immer bitterkalt. Langsam sank Malia zu Boden und in dem Moment, als sie auf der kalten Erde angekommen war, fing sie bitterlich an zu weinen. Sie fühlte sich so traurig und allein wie noch nie in ihrem Leben. Heiße Tränen kullerten über ihre Wangen und sie schniefte und weinte und schluchzte. Manchmal zitterte sogar ihr ganzer, kleiner Körper.

Lange Zeit saß sie nur da und ließ ihren Tränen freien Lauf. Doch dann, ganz unerwartet und plötzlich, erregte dort im Wasser vor ihr etwas ihre Aufmerksamkeit.

Ab und an tauchte dort, am Mittelpfeiler, der aus dem Wasser ragte, etwas auf. Es wurde immer wieder unter Wasser und auch gegen den Brückenpfeiler gedrückt. Aber irgendwie verhinderte der Brückenpfeiler, dass das Wasser dieses kleine Etwas mit sich reißen konnte.

Plötzlich war es wieder verschwunden und Malia stand auf, um etwas näher ans Wasser zu gehen, damit sie, sobald es wieder an der Oberfläche war, besser erkennen konnte, was dort gegen das Wasser ankämpfte.

Sie traute ihren Augen kaum und musste scharf Luft holen.

Es war ein kleiner Teddybär!

Ein kleiner, einsamer Teddybär.

Der allein gegen die Gewalt des Wetters und des Wassers ankämpfte.

Allein.

Wie Malia.

Malia überlegte nicht lange. Trotz der eiskalten Finger, die sie kaum noch spüren konnte, war sie blitzschnell aus der Jacke und den Stiefeln geschlüpft. Ohne weiter darüber nachzudenken, ging sie in das Wasser. Ein Schrei entfuhr ihren Lippen, als das bitterkalte Wasser sie willkommen hieß. Schon nach dem ersten Schritt stand sie knietief im Wasser.

Einen winzigen Augenblick überlegte sie, ob sie umkehren und das Wasser verlassen sollte. Doch dann sah sie wieder den kleinen Teddy und Malia biss die Zähne zusammen und ging weiter.

Überall war Wasser. Es fiel von oben in Strömen auf sie herab. Es umgab sie, zerrte – wie der Wind auch – an ihr und wollte sie zu Fall bringen. Doch Malia kämpfte und gab nicht auf. Sie erreichte ihr Ziel.

Gerade als das Wasser den kleinen Teddy wieder herunterziehen wollte, griff Malia nach ihm und zog ihn an ihr Herz. Mit dem Rücken an den Brückenpfeiler gelehnt und mit dem Teddy in den Armen, stand sie da im tosenden Wasser. Sie rang nach Atem. Der Weg hierher war anstrengender gewesen, als sie erwartet hatte. Aber sie wusste, dass sie hier nicht bleiben konnte. Malia schloss kurz die Augen, atmete tief durch und kämpfte sich dann zurück in Richtung Ufer.

Mit einer Hand hielt sie den kleinen Teddy fest im Arm. Mit der anderen versuchte sie, das Gleichgewicht zu halten und nicht ins Wasser zu stürzen. Der Rückweg schien ewig zu dauern, doch Malia gab nicht auf und erreichte das rettende Ufer.

Kaum hatte sie ihr Ziel erreicht, gaben ihre Beine nach und Malia sackte zu Boden.

Ihre Zähne klapperten.

Ihr Körper war so kalt.

Malia hätte nie gedacht, dass man so frieren könnte.

Doch dann fiel ihr Blick auf den kleinen Teddybären und es erfüllte sie eine herzliche Wärme. „Wir haben es geschafft, Teddy“, flüsterte sie und drückte ihn noch ein wenig fester an sich, während sie ihn auf die Stirn küsste.

„Wir haben es geschafft!“

Auf einmal war Malia unglaublich müde. So müde, dass sie sich nicht weiterbewegen konnte. Diese Müdigkeit umgab sie, so schwer und so plötzlich, so warm und so verlockend. Malia konnte sich nicht dagegen wehren. Während sie den kleinen Teddybären weiter fest in ihren Armen hielt, fielen ihr langsam die Augen zu.

Drittes Kapitel Santa

Malia blinzelte. Es war wohlig warm und sie hatte den Duft von Schokolade und Plätzchen in der Nase. Langsam öffnete sie ihre Augen und sah sich um. Wo war sie nur?

Sie lag in einem schönen Bett. Kissen und Decke waren mit einem weihnachtlichen Bettbezug versehen, auf dem rote Rentiere abgebildet waren. Ihr gegenüber befand sich ein kleiner Kamin, in dem ein Feuer brannte und seine Wärme im ganzen Raum verteilte. Daneben stand ein schöner, großer Sessel. Direkt daneben befand sich ein kleiner Weihnachtsbaum mit bunten Kugeln und Figuren und hellen Lichtern.

Moment!

Malias Blick wanderte zurück zum Sessel und sie konnte ihren Augen kaum trauen. Da saß der kleine Teddybär, den sie aus dem kalten Wasser geholt hatte. Oder hatte sie das alles nur geträumt? Träumte sie vielleicht immer noch? Denn der kleine Teddy hüpfte von ganz allein auf dem Sessel auf und ab und rief freudestrahlend: „Sie ist wach! Sie ist endlich wach!“

Kaum hatte der kleine Teddybär das ausgerufen, öffnete sich die Zimmertür und eine junge Frau mit langen dunklen Haaren kam herein. Sie sah von Malia zum Teddybären und dann wieder zu Malia. Dann schenkte dem Mädchen ein wunderschönes, herzliches Lächeln. „Wie schön, dass du wach bist“, sagte sie an Malia gewandt. „Möchtest du etwas warmen Kakao?“

Erst jetzt fiel Malia die Tasse auf, die die junge Frau in der Hand hielt. Auch die Tasse hatte ein weihnachtliches Motiv und passte perfekt zum rotgrünen Kleid, dass die junge Frau trug.

„Ja, sehr gern“, antwortete Malia mit noch etwas kratziger Stimme. Sie hatte sofort Vertrauen zu der jungen Frau gefasst.

„Aber wo bin ich? Ich war doch gerade noch unten am Fluss.“ Verwundert fuhr Malia sich durch die Haare. Sie hatte sich mittlerweile aufgesetzt und nahm die Tasse Kakao entgegen. Die junge Frau lächelte wieder und holte den Teddy vom Sessel und gemeinsam setzten sie sich zu Malia aufs Bett.

„Du bist hier am Nordpol. Durch deinen kleinen Teddy konnte Santa euch finden. Er hat euch beide dann hierher gebraucht.“ „Santa?“ Malia zog die Augenbrauen hoch und sah beide verwundert an. In diesem Moment klopfte es laut an der Zimmertür.

„Hohoho, habe ich gerade meinen Namen gehört?“

Langsam wurde die Zimmertür geöffnet und dann stand er da: Der Weihnachtsmann! Er musste es einfach sein. Wer sonst trug einen langen roten Mantel und hatte einen dicken, weißen Vollbart?

Er betrat den Raum und setzte sich auf die freie Seite des Bettes. Kurz knarrte es laut auf, als wollte es sich über das große Gewicht beschweren. Doch danach blieb es still.

„Wie geht es dir, Malia?“ fragte er besorgt. Vielleicht war es sogar eine Spur Traurigkeit, die sich in seine tiefe Stimme geschlichen hatte.

„Mh“, fing das Mädchen an. „Ich glaube, es geht mir gut, Herr Weihnachtsmann. Ich bin gerade erst aufgewacht und weiß gar nicht mehr so genau, was passiert ist und wie ich hierhergekommen bin.“ Malia zögerte kurz, doch dann nahm sie all ihren Mut zusammen und fragte: „Woher kennst du eigentlich meinen Namen?“

„Ich bin der Weihnachtsmann“, antwortete er strahlend und sein fröhliches, tiefes Lachen erfüllte den Raum. „Aber hier am Nordpol nennen mich alle nur Santa. Ich kenne alle Kinder dieser Welt und auch ihre Namen.“ Santa machte eine kurze Pause und fragte Malia dann: „Weißt du denn gar nichts mehr? Woran erinnerst du dich denn noch?“

Malia schloss kurz die Augen und überlegte.

Der Streit mit ihrer Stiefmutter.

Wie sie allein durch die Straßen gegangen war.

Der Fluss.

Und Teddy.

Aber Einzelheiten wusste sie nicht mehr.

Alles war so verschwommen.

„Ich weiß nicht. Ich erinnere mich an das kalte Wasser und an den Teddybären.“ Ihr Blick fiel auf den Teddy und dieser verbeugte sich und sagte: „Mein Name ist Theo.“ Mit großen Augen sah sie den Teddybären an und blickte dann zu Santa und der jungen Frau und wieder zurück.

„Ja, hier ist alles ein wenig anders“, kicherte die junge Frau.

„Aber, wenn wir gerade dabei sind, uns vorzustellen: Mein Name ist Annie.“ Sie reichte Malia wie zur Begrüßung die Hand und schenkte dem Mädchen ein herzliches und aufmunterndes Lächeln.

„Malia, ich weiß, du hast viel durchgemacht“, sagte Santa mit leiser, trauriger Stimme. „Aber möchtest du vielleicht wissen, was passiert ist und was du vergessen hast? Oder sollte ich sagen, woran du dich nicht erinnern kannst, weil es einfach unmöglich ist?“

Malia schluckte.

Ein wenig schnürte es ihr die Kehle zu und eine dunkle Vorahnung kam in ihr auf. Sie war zwar jung. Aber durch den Tod ihrer Mutter war sie früh erwachsen geworden. Sie wusste viel, hatte viel erlebt. Etwas, was Anderen in ihrem Alter womöglich noch nicht passiert war.

Zögerlich nickte sie.

Daraufhin streckte Santa seine linke Hand, aus und sagte:

„Hab keine Angst, Malia. Ich kann dir zeigen, was passiert ist.

Nimm meine Hand.“

Malia griff ohne zu zögern danach.

Wie durch Zauberhand war Malia wieder zurück am Ufer des Flusses. Gerade hatte sie sich und den kleinen Teddybären aus dem kalten Wasser gerettet. Sie erinnerte sich an die Kälte und die plötzliche Müdigkeit. Doch diesmal spürte Malia sie nicht. Denn sie war nicht mehr in ihrem Körper. Sie schwebte direkt darüber, sah auf sich herab. Sie blickte auf ihren kleinen, kalten Körper. Den kleinen Teddybären hielt sie noch immer ganz fest in ihren Armen.

Nur noch winzige Wölkchen kamen aus ihrem Mund und lösten sich in der kalten Luft auf. Malia wusste plötzlich, dass das Mädchen dort unten am Ufer vor Kälte sterben würde. Dass sie selbst dort sterben würde.

Das spürte wohl auch der kleine Teddybär. Plötzlich fing er ganz laut an zu rufen und zu schreien: „Santa! Hilf uns! Oh bitte, Santa, rette das Mädchen!“

Anfangs war seine Stimme noch etwas leise und kratzig. Doch desto mehr der Teddy rief, desto kräftiger und stärker wurde seine Stimme. “Santa! Wir brauchen dich!“ Auf einmal fing der kleine Teddybär an zu leuchten. Kurz war der Teddy darüber verwundert. Denn er hatte noch nie zuvor angefangen zu leuchten. Aber der Teddy hörte trotzdem nicht auf, nach dem Weihnachtsmann zu rufen. Seine Hilferufe musste er doch hören und durch das Leuchten würde er sie bestimmt besser finden können. Der Teddy glaubte ganz fest an Santa und dass dieser ihn finden und das kleine Mädchen retten würde. Also hörte er nicht auf, zu rufen und zu leuchten.

(Ihr müsst wissen, es ist nicht nur für Feen wichtig, dass man an sie glaubt. Auch der Weihnachtsmann kann nur leben und helfen, wenn man ganz, ganz fest an ihn glaubt. Genau das tat der kleine Teddybär. Er glaube von ganzen Herzen an den Weihnachtsmann.)

Als erstes hörte der Teddy die kleinen Glöckchen, die am Schlitten des Weihnachtsmannes befestigt waren. Kurz darauf konnte er schon den großen Schlitten und die acht Rentiere, die davor gespannt waren, sehen. Eilig setzte Santa zur Landung an. Mit einem großen Satz sprang er vom Schlitten und war in Windeseile bei dem Mädchen und dem leuchtenden Teddybären. Langsam ließ das Leuchten nach.

Santa beugte sich über Malia. Doch es kam kein Atem, kein kleines Wölkchen mehr aus ihrem Mund.

Malia riss die Augen auf und schnappte nach Luft, als ihr Blick in die Vergangenheit endete. Tränen liefen ihr über das Gesicht. Auch, wenn ein Teil von ihr sich noch weigerte, das Gesehene zu akzeptieren, wusste sie dennoch, was mit ihr geschehen war. Schockiert und ungläubig sah sie Santa an.

„Ich kann nicht ungeschehen machen, was passiert ist. Aber ich bedaure sehr, dass ich zu spät bei euch war“, sagte Santa.

„Aber es gibt eine Möglichkeit, wie du weiterleben kannst.“

Er machte eine kurze Pause und ließ Malia Raum, um seine Worte auf sich wirken zu lassen. Dann fuhr er fort: „Ich kann dich zu einer Weihnachtselfe machen. Du trittst dann für hundert Jahre in meinen Dienst. Du hilfst mir und all den anderen Weihnachtselfen über das Jahr, alle Geschenke für die Kinder dieser Welt zu basteln und herzustellen, damit ich sie in der Weihnacht verteilen kann. In diesen hundert Jahren bist du eine richtige Weihnachtselfe. Kein Mensch wird dich sehen oder hören können. Aber du kannst zum Beispiel mit Tieren sprechen.“

„Und mit Teddybären!“ fiel Theo dem Weihnachtsmann begeistert ins Wort und alle lachten.

„Sobald dein Dienst beendet ist“, fuhr Santa fort, „kannst du frei entscheiden, ob du für immer eine Weihnachtselfe bleiben möchtest oder ob du wieder ein menschliches Leben führen möchtest.“

Malia sah Santa mit großen Augen an. Sie hatte zwar verstanden, was Santa gesagt hatte, aber begreifen konnte sie es dennoch nicht.

Sie – Malia – eine Weihnachtselfe?

Der Kampf im Wasser musste ihr mehr zugesetzt haben, als sie erwartet hatte. Bestimmt lag sie noch immer ohnmächtig am Ufer des Flusses und träumte.

Santa strich ihr väterlich über den Kopf.

„Das ist alles sehr viel für dich. Das verstehe ich. Lass dir Zeit. Annie kann dir, wenn du wieder bei Kräften bist, unsere Werkstätten, unser Dorf und die Gegend hier zeigen. Mit den Schlittenhunden könnt ihr vielleicht auch das Plüschie-Dorf besuchen. Wenn du das möchtest.“

Mit diesen Worten verabschiedete sich Santa und Malia blieb mit Theo und Annie zurück.

„Es tut mir leid, was dir passiert ist“, sagte Theo. „Bestimmt wäre alles anders gekommen, wenn du mich nicht aus dem Wasser geholt hättest.“ Noch bevor Malia darauf antworten konnte, meldete sich ihr Magen lautstark. Alle drei begannen zu lachen.

„Ja, auch Weihnachtselfen müssen etwas essen“, sagte Annie liebevoll.

„Aber ich habe mich doch noch gar nicht entschieden“, sagte Malia leise. Annie lächelte nur weise und strich Malia über die Wange.

„Ich hole dir etwas zu essen. Magst du Kartoffelsalat? Santa war bei Trudi im Plüschie-Dorf und Trudi ist eine begnadete Köchin. Santa liebt Kartoffelsalat und den von Trudi ganz besonders. Seine Frau ist zwar auch eine unglaublich gute Köchin. Aber sie mag keinen Kartoffelsalat. Deshalb gibt es im Hause Santa zwar immer viele Köstlichkeiten, aber nie Kartoffelsalat. Als Santa gestern bei Trudi war, hat er eine große Schüssel davon mitgebracht. Einen Teil davon hat er für dich vorbeigebracht, nachdem er dich hierher zum Nordpol gebracht hat.“

Malia nickte. Sie mochte Kartoffelsalat, aber sie konnte sich nicht erinnern, wann sie zuletzt welchen gegessen hatte. Die Stiefmutter hatte Kartoffelsalat nicht gemocht. Er war ihr einfach nicht exklusiv genug gewesen. Für die Stiefmutter musste es immer nur das Teuerste und Beste sein. Doch Malia wollte jetzt nicht an die Stiefmutter denken und versuchte, die Erinnerungen zu verdrängen.

„Heute bleibst du noch im Bett“, sagte Annie. „Ruh dich ordentlich aus und morgen zeige ich dir dann den Nordpol.“ Mit diesen Worten verließ Annie das Zimmer, um etwas von dem Kartoffelsalat zu holen.

Malia und Theo sahen sich schweigend, aber lächelnd an. Ganz plötzlich überkam Malia ein Gefühl so voller Liebe und Wärme, Zärtlichkeit und Geborgenheit. Das Gefühl, zu Hause zu sein.

Der Kartoffelsalat hatte vorzüglich geschmeckt und kaum, dass Malia aufgegessen hatte, fielen ihr auch schon die Augen zu. Als sie Stunden später wieder erwachte, fühlte sie sich frisch und ausgeschlafen.

Es war früh am Morgen. Der Teddy Theo schlief noch neben ihr im Bett. Durch das Fenster konnte sie bunte und mit Lichtern geschmückte Häuschen sehen und überall glänzte es weiß auf den Dächern und Straßen. Draußen lag überall eine kleine Schicht Schnee. Diese Schicht bedeckte auch den großen Weihnachtsbaum, der am Ende der langen Straße zu sehen war. Seine Lichter waren zu dieser frühen Stunde aus und man konnte seine Silhouette nur durch die Schneeschicht erkennen. Malia hatte ihr Zeitgefühl verloren. War noch Weihnachten oder waren die Weihnachtsfeiertage bereits vorbei? Sie konnte es nicht mit Sicherheit sagen. Sie wusste ja nicht einmal, wie lange sie geschlafen hatte.

Unten in den Straßen waren bereits die ersten Bewegungen zu erkennen. Malia konnte nun auch Geräusche aus dem unteren Teil des Hauses hören. Irgendjemand war schon wach und klapperte mit Töpfen und Pfannen.

Langsam stieg Malia aus dem Bett und schlich zur Tür. Sie wollte den schlafenden Theo nicht wecken. Verstohlen blickte sie aus der Zimmertür und sah auf einen kleinen Flur hinaus. Links von ihr führte dieser zu einer Treppe, die ins Erdgeschoss führte. Noch im knielangen Nachthemd ging Malia in Richtung Treppe. Immerhin kamen die Geräusche auch aus dieser Richtung.

Es war auch hier im Flur so herrlich warm, dass sie gar keine andere Kleidung als ihr Nachthemd benötigte. Aber sie wusste auch gar nicht, wo ihre alte Kleidung geblieben war. Bewusst hatte sie die Sachen jedenfalls nicht im Zimmer liegen sehen. Sie wollte aber auch nicht zurück in ihr Zimmer gehen, um nach ihrer alten Kleidung zu suchen, da sie den Teddy Theo nicht wecken wollte.

Während Malia den kleinen Flur entlang ging, konnte sie sich die Bilder, die die Wände schmückten, ansehen. Auf allen war Annie zu sehen. Mal stand sie neben Santa vor einer Bäckerei. Mal streichelte sie einem Rentier die Nase oder stand mit anderen Weihnachtselfen vor dem riesigen Weihnachtsbaum. Auf vielen Bildern war der große Weihnachtsbaum zu sehen. Er erstrahlte immer in hellen Lichtern. Mal war er rot, mal blau. Es schien, als wäre er jedes Mal anders geschmückt und dekoriert worden. Auf keinem der Bilder sah der riesige Weihnachtsbaum gleich aus. Aber auf allen Bildern hatte Annie ein strahlendes Lächeln im Gesicht. Sie sah einfach immer glücklich aus. Genau wie in diesem Moment, als sie Weihnachtslieder summend die Treppe hinauf kaum und Malia erblickte.

„Du bist ja schon wach“, sagte sie. „Ich wollte dich gerade wecken kommen und dich fragen, ob du Lust auf Frühstück hast. Ich wollte Pancakes machen, weil Theo die so gerne mag. Aber, wenn du keine magst, dann mache ich dir gern etwas Anderes. Rühreier mit Speck vielleicht? Oder lieber ohne Speck?“ Annie sah Malia fragend an.

„Pancakes sind super“, antwortete Malia strahlend und Annie lächelte wieder über das ganze Gesicht.

Annie weckte nur noch Theo und schon wenige Minuten später saßen alle gemeinsam am Küchentisch. Es war, als würden sie sich schon ewig kennen. Sie waren so unglaublich vertraut miteinander.

Malia stellte Fragen zu den Bildern, die sie oben im Flur hatte sehen können und Annie erzählte kleine Geschichten, wie die Bilder entstanden waren. Annie erzählte auch schon ein wenig vom Weihnachtsdorf, das sie Theo und Malia nach dem Frühstück zeigen wollte.

„Wir müssen nachher gut auf dich aufpassen, wenn wir im Weihnachtsdorf unterwegs sind“; sagte Annie an Theo gewandt. „Weihnachten ist zwar vorbei, aber einer der Weihnachtselfen könnte dich vielleicht für ein zukünftiges Geschenk halten und dich in den großen Geschenke-Sack stecken. Die einzige Möglichkeit, dich dann aus dem Sack zu bekommen, ist, wenn Santa in der Weihnacht seine Geschenke verteilt und dann wärst du ein Geschenk für eines der Kinder.“ Malia hielt sich die Hand vor den Mund und kurz war es still im Raum.

„Ich werde auf Theo aufpassen“, sagte Malia dann im ernsten Ton. „Immer. Auch wenn ich eine Weihnachtselfe werden sollte.“

„Malia“, sagte Annie traurig. „Als Weihnachtselfe wirst du einige Aufgaben und Verpflichtungen haben. Da wirst du nicht immer auf ihn aufpassen können. Leider kann es hier in der Vorweihnachtszeit sehr hektisch werden.“

„Aber was soll denn dann aus Theo werden? Er kann doch nicht einfach so verschenkt werden. Ohne Theo möchte ich nicht hierbleiben“

„Sag so etwas nicht, Malia“, brachte sich nun auch Theo mit in das Gespräch ein. Bisher hatte er den beiden nur still zugehört. „Wenn du keine Weihnachtselfe wirst, werden wir auch nicht zusammen sein können.“ Traurig sahen sie sich an. Fast hatte Malia vergessen, was geschehen war und dass es die alte Malia eigentlich gar nicht mehr gab.

Malia presste die Lippen zusammen und holte danach tief Luft. „Aber was wird dann aus dir, Theo?“ fragte sie besorgt.

Der kleine Teddybär zuckte ratlos mit den Schultern.

„Vielleicht hat ja Santa eine Idee?“ schlug Annie vor und Malia und Theo sahen sie hoffnungsvoll an.

„Worauf warten wir dann noch?“ fragte Annie motiviert und stand vom Küchentisch auf. Rasch wurde der Abwasch erledigt und das saubere Geschirr in die Schränke geräumt.

Annie stand schon in der Haustür und wollte diese gerade öffnen, als Malia sich verlegen räusperte. „Ich habe noch mein Nachthemd an“, sagte sie leise.

„Oh nein! Oh nein!“ sagte Annie. „Wo bin ich nur wieder mit meinen Gedanken!“

Annie schnipste mit den Fingern und schon hatte Malia ein wunderschönes knielanges, rotes Kleid an. Das Kleid hatte einen schönen, schwingenden Rock und lange Ärmel. Es war angenehm dick und dazu trug Malia eine weiße Strumpfhose und hübsche, braune Stiefel.

„Werde ich nicht auch noch eine Jacke oder einen Mantel brauchen?“ fragte Malia verwundert.

„Weihnachtselfen frieren nicht“, sagte Annie entschuldigend. Ein weiteres Fingerschnippen folgte und Malia hatte eine wunderschöne Jacke an, die perfekt zu ihren Stiefeln passte und auch Theo hatte einen bunten Weihnachtspullover mit einem passenden Schal an. Zufrieden nickte Annie und öffnete die Haustür.

Eine Wolke aus Lebkuchenduft kam ihnen sofort entgegen und sprachlos blickten Malia und Theo auf die schneebedeckte, von kleinen Häusern umrahmte Straße. Überall brannten Lichter in den Fenstern, auch wenn es mittlerweile nicht mehr dunkel war und die Sonne den Himmel erleuchtete und den Schnee zum Glitzern brachte. Kleine und große Figuren erstrahlten in ihrem Licht. Weihnachts- und Schneemänner. Kleine und große Räuchermännchen. Viele unterschiedliche Schwippbögen. Sie alle blickten von den Fensterbrettern der kleinen Häuschen hinaus auf die Straße.

Selbst die weißen Straßenlaternen wirkten wie riesengroße Weihnachtskugeln. Es schien, als würden sie noch leuchten.

Doch in Wahrheit waren die Straßenlaternen nicht mehr eingeschaltet. Es spiegelte sich das Sonnenlicht darin und tauchte alles ein wenig mehr in ein angenehmes, warmes und zugleich magisches Licht.

Malias und Theos Blick fiel gleichzeitig auf das Ende der Straße. Denn dort stand er: Der riesengroße Weihnachtsbaum, den Malia bereits vom Fenster aus und auf den Bildern oben im Flur gesehen hatte. Er leuchtete in allen Farben, die man sich vorstellen konnte. Seine Lichter waren nun angeschaltet. Vor ihrem Platz vor Annies Haustür konnten sie keine einzelnen Kugeln oder Figuren, die an ihm hingen, erkennen. Doch der Weihnachtsbaum erstrahlte in einer unglaublichen Farbvielfalt. Es schien, als wären alle Farben, die es auf der Welt gab, hier versammelt. Hell und verlockend wollten sie in all ihrer Pracht bestaunt werden und die neuen Bewohner des Weihnachtsdorfes aus dem Haus locken. So folgten sie diesem Ruf und traten hinaus auf die Straße und hinein in den Zauber des Weihnachtsdorfes.

Viertes Kapitel Im Weihnachtsdorf

Die Eindrücke waren schier überwältigend. Überall gab es etwas zu sehen und zu bestaunen. Die vielen kleinen Häuschen, die Weihnachtselfen, die ihren alltäglichen Dingen nachgingen oder ihre freie Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr genossen. Denn, so hatten Malia und Theo von Annie erfahren, wenn die Weihnacht vorbei war und alle Geschenke verteilt waren, kehrte für einige Tage Ruhe im Weihnachtsdorf ein. Nur wenige Weihnachtselfen arbeiteten in dieser Zeit. Bis es dann im neuen Jahr wieder losging, das kommende Weihnachtsfest vorzubereiten.

Doch so störten sie auch niemanden, wenn sie sich die Werkstätten ansahen oder durch eine kleine Fabrik gingen.

In der Puppen-Fabrik machten gerade einige Weihnachtselfen den Jahresputz und der Weihnachtself Klaus machte extra eine Pause, um den dreien die Fabrik zu zeigen und ihnen zu erklären, wie hier die Puppen entstanden.

In der Bäckerei bekamen sie noch warme Milchbrötchen und in der Schokoladenfabrik, wie soll es auch anders sein, natürlich Schokolade. In allen Sorten und Variationen.

So verging die Zeit. Der Gedanke, Santa aufzusuchen, war erst einmal aus ihren Köpfen verschwunden. Aber dieser Ort war auch einfach magisch und zog jeden in seinen Bann.

Für eine Weile hatten sie vollkommen vergessen, warum sie nach dem Frühstück eigentlich aufgebrochen waren. Doch dann griff zum zweiten Mal an diesem Tag ein Weihnachtself nach Theo, weil er ihn für ein Spielzeug hielt. Malia konnte ihn zum Glück noch schnell genug erklären, dass Theo ihr Freund war und nicht in den magischen Weihnachtssack von Santa gehörte.

„Aber warum halten einige Weihnachtselfen Theo immer noch für ein Geschenk?“ fragte Malia Annie. „Weihnachten ist doch vorbei und alle Geschenke verteilt.“

„Manchmal“, antwortete Annie, „kommt es vor, dass uns ein Wunsch zu spät erreicht. Das kommt selten vor. Alle tausend Jahre vielleicht. Aber um darauf vorbereitet zu sein, haben wir immer noch ein paar Extra-Geschenke. Diese bewahren wir im Lager auf, das sich direkt hinter dem großen Weihnachtsbaum befindet. Manchmal kommen die Geschenke auch direkt in den großen, magischen Geschenkesack. Da passen Unmengen Geschenke hinein. Aber nicht alle unsere Geschenke können vorbereitet und im Geschenkesack aufbewahrt werden. Das ist immer ganz unterschiedlich und hängt auch vom Wunsch ab. Manchmal muss ein Weihnachtself auch einen Sonderauftrag erfüllen und Santa unterstützen. Dazu kommt, dass manche Weihnachtselfen immer noch so im Stress sind, dass sie noch gar nicht bemerkt haben, dass Weihnachten vorbei ist und Theo somit eigentlich kein fehlendes Geschenk sein kann.“

„Ist die Arbeit für den Weihnachtsmann denn wirklich so anstrengend?“ fragte Malia und Annie antwortete: „Wie die Menschen auch, so sind auch die Weihnachtselfen unterschiedlich und jeder von uns hat seine Stärken und seine Schwächen. Santa versucht dies immer zu berücksichtigen. Aber es klappt nicht immer gleich gut.“

„Sind denn eigentlich alle Weihnachtselfen hier früher einmal Menschen gewesen?“ brachte sich nun auch Theo ein.

„Nein“, sagte Annie. „Viele Weihnachtselfen wurden bereits als Weihnachtselfe geboren. Aber für sie alle macht es keinen Unterschied, ob man durch Santas Magie zur Weihnachtselfe wurde oder als eine geboren worden ist.“ Annie lächelte wieder ihr zauberhaftes Lächeln. Dann deutete sie mit der Hand auf das Haus, vor dem die Drei mittlerweile standen und sagte: „So, wir sind da. Hier ist Santas Büro.“

Kaum hatte Annie ausgesprochen, öffnete sich die Tür und eine kleine ältere Weihnachtselfe kam heraus. Während sie sich umdrehte, um die Tür abzuschließen, sagte sie kurz angebunden: „Heute sind keine Sprechzeiten. Santa ist im Plüschie-Dorf.“

Die Weihnachtselfe hatte den Schlüssel kaum umgedreht und wieder aus dem Schloss geholt. Da drehte sie sich um, ging an den Dreien vorbei und war auch schon um die nächste Ecke verschwunden. Sprachlos sahen sie ihr nach.

Plötzlich musste Malia laut niesen und es sah aus, als würden kleine Schneeflocken aus ihrer Nase tanzen. Annie runzelte die Stirn, sagte aber nichts dazu. Stattdessen schlug sie vor, nach diesem langen, aufregenden Tag nach Hause zu gehen und morgen gleich als allererstes nach dem Frühstück zu Santa zu gehen. Theo und Malia waren einverstanden, aber Annie musste ihnen hoch und heilig versprechen, dann auch wirklich direkt mit ihnen zu Santa zu gehen. Das Weihnachtsdorf war so schön und aufregend. Doch Morgen wollten sie sich von diesem Zauber nicht ablenken lassen. Erst als Annie ihr Versprechen gegeben hatte, folgten ihr Malia und Theo nach Hause.

Auf dem Weg dorthin konnten sie bereits erste kleine, bunte Veränderungen am Himmel sehen. Wissend lächelte Annie und sagte nur: „Wartet ab, bis wir zu Hause sind. Von eurem Zimmer aus könnt ihr es besonders gut sehen.“