Eine alleinerziehende Mutter - Eva-Maria Horn - E-Book

Eine alleinerziehende Mutter E-Book

Eva Maria Horn

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Beschreibung

Die Familie ist ein Hort der Liebe, Geborgenheit und Zärtlichkeit. Wir alle sehnen uns nach diesem Flucht- und Orientierungspunkt, der unsere persönliche Welt zusammenhält und schön macht. Das wichtigste Bindeglied der Familie ist Mami. In diesen herzenswarmen Romanen wird davon mit meisterhafter Einfühlung erzählt. Die Romanreihe Mami setzt einen unerschütterlichen Wert der Liebe, begeistert die Menschen und lässt sie in unruhigen Zeiten Mut und Hoffnung schöpfen. Kinderglück und Elternfreuden sind durch nichts auf der Welt zu ersetzen. Genau davon kündet Mami. Isa war nicht gerade erfreut, als sie das Auto ihrer Schwägerin sah. Einen Moment überlegte sie sogar, wieder in ihren Wagen zu steigen und in die Stadt zurückzufahren. Hedwig konnte sie noch nicht gehört oder gesehen haben. Hedwig wich nie von dem Gewohnten ab. Sie würde im Wohnzimmer sitzen, selbst bei dieser Hitze hatte sie ganz sicher die Terrassentür geschlossen, vermutlich sogar die Gardinen zugezogen. Isas hübsches Gesicht verkrampfte sich. Nur zögernd öffnete sie die Gartentür, für den gepflegten Vorgarten hatte sie heute nicht einen Blick. Nur langsam ging sie die breit geschwungene Treppe hinauf und kramte in ihrer Handtasche nach dem Schlüssel. Von allen Menschen, die sie kannte, war es Hedwig, der sie heute nicht begegnen wollte. Gerade heute nicht. Isas Ehe war in ihren Augen beinahe vollkommen. Beinahe! Ein Wermutstropfen war Hedwig, Manfreds Schwester. Sie war acht Jahre älter als er. Und nach dem Tod der Mutter war sie für Manfred neben dem Vater die wichtigste Person gewesen. Isa stieß einen Seufzer aus, der wie ein Knurren klang. Bevor sie den Schlüssel ins Schloß steckte, zerriß ein ohrenbetäubendes Bellen die vornehme Stille. Da hatte Terry sie also doch gehört. Für gewöhnlich flüchtete sie in den Garten, wenn Hedwig kam. »Ruhe.

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Mami – 1999 –

Eine alleinerziehende Mutter

Barbara muss eine Entscheidung treffen

Eva-Maria Horn

Isa war nicht gerade erfreut, als sie das Auto ihrer Schwägerin sah. Einen Moment überlegte sie sogar, wieder in ihren Wagen zu steigen und in die Stadt zurückzufahren.

Hedwig konnte sie noch nicht gehört oder gesehen haben. Hedwig wich nie von dem Gewohnten ab. Sie würde im Wohnzimmer sitzen, selbst bei dieser Hitze hatte sie ganz sicher die Terrassentür geschlossen, vermutlich sogar die Gardinen zugezogen.

Isas hübsches Gesicht verkrampfte sich. Nur zögernd öffnete sie die Gartentür, für den gepflegten Vorgarten hatte sie heute nicht einen Blick. Nur langsam ging sie die breit geschwungene Treppe hinauf und kramte in ihrer Handtasche nach dem Schlüssel. Von allen Menschen, die sie kannte, war es Hedwig, der sie heute nicht begegnen wollte. Gerade heute nicht. Isas Ehe war in ihren Augen beinahe vollkommen. Beinahe! Ein Wermutstropfen war Hedwig, Manfreds Schwester. Sie war acht Jahre älter als er. Und nach dem Tod der Mutter war sie für Manfred neben dem Vater die wichtigste Person gewesen.

Isa stieß einen Seufzer aus, der wie ein Knurren klang. Bevor sie den Schlüssel ins Schloß steckte, zerriß ein ohrenbetäubendes Bellen die vornehme Stille. Da hatte Terry sie also doch gehört. Für gewöhnlich flüchtete sie in den Garten, wenn Hedwig kam.

»Ruhe. Hör auf zu bellen, Terry.« Das war Heimchens Stimme. Wie gut, daß Heimchen im Haus war.

Die Tür wurde geöffnet, bevor Isa den Schlüssel drehen konnte. Ein wenig besorgt musterte Heimchen Isas Gesicht.

Waren sie allein, nannte Heimchen sie Isa oder hatte andere Kosenamen für sie. Aber war jemand in der Nähe, wurde sie Frau Vollmer genannt. Isa hatte es aufgegeben, dagegen zu protestieren.

Isa bückte sich und strich über Terrys Kopf, der sich vor Freude gar nicht einkriegen konnte, daß seine geliebte Herrin endlich zurückgekommen war.

»Ist ja gut, Terry. Hör auf zu bellen.«

»Frau Vollmer wartet im Wohnzimmer auf Sie, Frau Vollmer«, übertönte Heimchens Stimme den Lärm. Und leise, ängstlich wollte sie wissen:

»Ist alles in Ordnung?«

»Warum muß sie ausgerechnet heute hier sein?« flüsterte Isa verzweifelt. Seit Isa auf der Welt war, hatte es Heimchen gegeben. Und heimlich bezeichnete die Treue Isa als ›ihr Kind‹. Auch jetzt noch, als erwachsene Frau, saß sie oft bei Heimchen in der Küche und vertraute ihr Dinge an, die sie nicht einmal ihrem Ehemann sagen konnte. Dabei war Manfred der wunderbarste Mann der Welt, und sie liebte ihn mehr als alles auf der Welt. Und weil Hedwig nun einmal seine Schwester war und Manfred sie gern hatte, blieb ihr ja gar nichts anderes übrig, als immer freundlich zu Hedwig zu sein.

»Ich nehme den Hund mit in die Küche«, erklärte Heimchen, die ängstlich in Isas Gesicht forschte. Nein, nichts war in Ordnung, Isa brauchte nichts zu sagen, Heimchen sah es auch so.

Terry knurrte und fletschte die Zähne, als Heimchen das weiße Fellbündel am Halsband faßte.

»Kannnst du uns eine Erfrischung bringen, Heimchen? Es ist schrecklich heiß heute.«

»Ich wurde bestens von ihr versorgt«, bei Hedwigs Stimme dröhnte Isa das Blut in den Ohren. Dieser metallene Ton ging ihr heute besonders auf die Nerven.

»Terry ist der am schlechtesten erzogene Hund, den ich kenne«, erklärte sie. Ihr ohnehin schon faltiges Gesicht bekam noch mehr Falten. Die braunen Augen musterten den Hund mißbilligend und sahen dann strafend Isa an,

als trüge sie allein die Schuld daran.

Und Terry? Der eben noch verzweifelt versucht hatte, in Isas Nähe zu kommen, der zog den Schwanz ein und hastete in die Küche, so schnell, daß Heimchen ihm kaum folgen konnte.

»Ich bringe Ihnen frisch gepreßten Orangensaft, Frau Vollmer. Er steht im Kühlschrank.«

»Er schmeckt wirklich gut«, nickte Hedwig gnädig. »Und ist ja wirklich viel gesünder, als das gekaufte Zeug. Ich habe früher, als Manfred noch zur Schule ging, ihm jeden Morgen diesen Saft gegeben.«

Hedwig versäumte nie zu erwähnen, welch eine gute Mutter sie für ihren Bruder doch gewesen war.

»Wartest du schon lange, Hedwig?« Isa gab der Schwägerin die Hand.

Hedwig drückte ihre Wange einmal kurz an Isas Wange.

»Du siehst erhitzt aus. Hast du keine Klimaanlage im Auto?«

»Nein. Diesen Luxus hat mein kleiner Wagen nicht«, lächelte Isa freundlich. Isa wies auf die geöffnete Wohnzimmertür.« Gehen wir doch ins Zimmer, oder können wir auf der Terrasse sitzen?«

»Du weißt, daß ich mich bei dieser Hitze lieber im Haus aufhalte. Ich vertrage die Sonne nun einmal nicht.«

Sie blieb einen Augenblick stehen und sah Isa nach, die mit raschen, ungeduldigen Schritten über den Teppich ging.

Hedwigs Augen entging nichts. Sie ist noch immer schlank wie ein junges Mädchen… und gut sieht sie aus, kein Wunder, daß Manfred sich in sie verliebt hat. Männer waren nun einmal so, daß das Aussehen für sie wichtig war. Da machte leider ihr geliebter Bruder auch keine Ausnahme. Sie konnte Isa nun einmal keine wärmeren Gefühle entgegenbringen, der Himmel war ihr Zeuge, daß sie sich wirklich große Mühe gab. Aber sie begriff noch immer nicht, warum Manfred, der doch sonst so klug und umsichtig war, ausgerechnet Isa heiraten mußte. Und was hatte er für Chancen gehabt!

Während sie Isa langsam folgte, dachte sie ungeduldig, ich muß ihr unbedingt noch einmal den Rat geben, das Haar anders zu frisieren. Sie ist doch kein junges Mädchen mehr, das das Haar bis zu den Schultern hängen läßt.

»Dein Haar läßt dich noch mehr schwitzen«, stellte sie fest, sie war nun einmal keine Diplomatin und sagte viel zu schnell, was sie dachte. »Warum trägst du es nicht im Knoten wie ich? Das ist wirklich eine sehr praktische Frisur und erspart dir den lästigen Friseurbesuch.«

Damit ich so alt und streng aussehe wie du, hätte Isa am liebsten gesagt. Erschöpft ließ sie sich in den Sessel fallen. Hoffentlich merkte die schreckliche Hedwig nicht, wie ihr zumute war. Es kostete sie ein Höchstmaß an Anstrengung, sich normal zu unterhalten.

»Setz dich doch, Hedwig.« Nach leisem Klopfen betrat Heimchen das Zimmer, die dicken Teppiche verschluckten ihren Schritt.

»Du sollst doch nicht so schwer tragen, Heimchen.« Isa stand auf und nahm ihr das Tablett ab.

»Wir sind froh, daß dein Rücken wieder in Ordnung ist.«

»Nun, an dem Tablett mit zwei Gläsern und einer gefüllten Karaffe wird sich niemand der Bruch heben«, behauptete Hedwig spöttisch.

Heimchen verzog nur freundlich das Gesicht.

»Hast du schon einmal einen Hexenschuß gehabt?« Isa hatte Mühe, ihren Ärger nicht zu zeigen.

»Wer kennt diesen Schmerz nicht?« Hedwig bedankte sich mit einem Kopfnicken, als Heimchen ihr das Glas füllte.

»Laß nur, Heimchen, ich bediene mich selbst. Ist Terry im Garten?«

Bevor Heimchen antworten konnte, erklärte Hedwig spöttisch: »Frau Heimchen wird froh sein, wenn ihr der unerzogene Hund nicht um die Beine läuft. Natürlich wird er im Garten sein. Hoffentlich buddelt er dort nicht die Zwiebeln aus, die Manfred so mühsam gepflanzt hat.«

»Das tut er nicht.« Isas Stimme klang nun doch heftig. »Das hat er noch nie getan. Und außerdem ist Manfred nur im Garten, wenn er im Liegestuhl liegt.«

»Soll er auch noch Gartenarbeit machen? Bei seinem anstrengenden Beruf ist das doch wirklich eine Zumutung.«

Isa hatte Mühe, nicht zu explodieren. Wäre sie weniger angeschlagen, hätte sie vermutlich eine launige Antwort gegeben, allerdings war Ironie an Hedwig verschwendet.

»Terry ist in der Küche. Draußen ist es ihm vermutlich auch zu heiß.«

Heimchens und Isas Blicke trafen sich einen Moment. Und Isa las genau die Gedanken in den Augen.

Laß dich nicht aus der Ruhe bringen… sie geht ja bald.

Isa lächelte, und Heimchen wußte, daß sie verstanden hatte.

Als sich die Tür hinter der alte Frau schloß, nahm Hedwig das Glas in die Hand und drehte es zwischen den Fingern. »Du hast mit der Frau einen sehr persönlichen Kontakt«, stellte sie fest und nahm einen kleinen Schluck. »Ich halte zwischen unserem Personal und mir Distanz, das haben wir auch früher in unserem Elternhaus so gehalten.«

»Für mich ist Heimchen kein Personal«, erklärte Isa kühl. »Sie hat mir schon die Nase geputzt, als ich noch Windeln trug.«

Das Lächeln in dem faltigen Gesicht sah für Isa ausgesprochen spöttisch aus. Wie konnten Hedwig und Manfred nur Geschwister sein?!

Hedwig setzte sich bequem im Sessel zurecht. Der bunte Gobelinbezug ist hübscher als der Stoff ihres Sommerkleides, dachte Isa böse. Hedwig saß da, als richtete sie sich auf einen längeren Besuch ein.

Natürlich war die Tür geschlossen. Isa warf einen sehnsüchtigen Blick in den Garten. Auf dem Rasen drehte sich der Rasensprenger. Trotz der Hitze blühten die Blumen in verschwenderischer Pracht. Es müßte wundervoll sein, auf der grünen Bank zu sitzen, die unter der Rotbuche stand. Die dichtbelaubten Zweige wiegten sich im Wind und würden köstliche Kühle spenden.

Isa hatte das Gefühl, die Nähe der Schwägerin nicht einen Moment länger ertragen zu können. Wie stickig der Raum war… sie glaubte, keine Luft zu kriegen. Lieber Gott, betete sie verzweifelt, mach doch, daß sie geht. Ich möchte mich nämlich wieder gefangen haben, bevor Manfred kommt.«

Sie spürte, daß Hedwig sie musterte, und drehte das Gesicht. »Der Rhododendron blüht in diesem Jahr besonders üppig«, zwang Isa sich zu einem freundlichen Gespräch. »Wir haben überlegt, die hinteren Sträucher auszugraben. Manfred möchte dort

Kirschlorbeer gepflanzt haben.«

»Du warst beim Frauenarzt?«

Isa starrte Hedwig an und spürte zu ihrem Ärger, daß alles Blut aus ihrem Gesicht wich.

»Ich bin nicht unter die Hellseher gegangen.« Hedwig runzelte ungeduldig die Stirn. »Ich kam bei Frau Dr. Petersen vorbei und sah deinen Wagen.«

Sie starrte auf Isas schlanke Taille. Wie hart die Stimme klang, als sie sagte. »Falls du in Umständen bist, kann es nur im ersten Monat sein.«

Von allen Menschen auf der ganzen Welt wollte sie mit dieser Frau am allerwenigsten über ihren Kummer sprechen. Ja, das war ihr zweiter großer Kummer, der natürlich viel schmerzhafter und furchtbarer war, als die Tatsache, daß Hedwig ihre Schwägerin war.

»Dein Gesichtsausdruck spricht Bände und sagt mir alles.« Diese selbstgefällige Hedwig raubte Isa beinahe den Verstand. »Du hast noch immer nicht gelernt, deine Gesichtszüge unter Kontrolle zu bringen. Auch Kummer kann man hinter einem Lächeln verbergen. Schließlich bist du kein junges Mädchen mehr, sondern eine verheiratete Frau. Also noch immer nichts. Dabei feiert ihr bald euren vierten Hochzeitstag, und der arme Manfred zerbricht sich schon den Kopf, was er dir zu dem Tag schenken soll…«

Dabei schüttelte diese schreckliche Person, die sich unverschämter benahm als die schrecklichste Schwiegermutter, tadelnd den Kopf. So deutlich wie jetzt hatte Hedwig ihre Abneigung noch nie gezeigt.

Isas Kummer war so groß, daß sie glaubte, daran ersticken zu müssen. Aber zum Glück sprang Ärger in ihr auf, eine gesunde Wut auf diese Frau, die sich Recht anmaßte. Hedwig jedoch hatte ihr Pulver noch lange nicht verschossen. Daß Isa antworten wollte, interessierte sie gar nicht.

»Diese Emanzipation, von der ihr jungen Frauen mit solch einer Begeisterung sprecht, als wären es Worte aus der Bibel, empfinde ich als abstoßend. In den meisten Fällen steckt nichts anderes als Egoismus dahinter. Ich nehme doch an, du willst überhaupt Kinder. Oh, sieh mich nicht so an, als wolltest du mir an die Kehle springen. Schließlich wird man doch sagen dürfen, was man denkt. Manfred wünscht sich Kinder, das weiß ich. Aber junge Frauen sollen ja Angst vor der Schwangerschaft haben. Sie wollen ihre Figur nicht ruinieren, wollen ihre Freiheit nicht aufgeben, verbringen lieber ihre Zeit auf dem Tennisplatz, als für ein Kind zu sorgen.«

Sie musterten sich wie zwei Feinde, und das waren sie ja auch. Hedwig holte Luft, aber temperamentvoll ergriff jetzt Isa das Wort.

»Wenn man dir zuhört, muß man glauben, daß zu Hause mindestens sechs Kinder auf dich warten.« Ob das, was sie sagte, unlogisch war, interessierte Isa in diesem Augenblick nicht. Und über ihre Worte dachte sie auch nicht nach.

»Ich denke, über die biologischen Vorgänge, die dazu führen, daß Kinder in die Welt gesetzt werden, weißt auch du Bescheid. Warum also glaubst du zu wissen, daß es nur an mir liegt, daß wir noch keine Kinder haben? Ja, ich wünsche mir Kinder, sehr sogar. Vielleicht kann Manfred keine Kinder zeugen.«

In diesem Ton hatte noch kaum jemand mit Hedwig gesprochen, und Isa noch nie. Nur dieser Entrüstung war es zu verdanken, daß Hedwigs Verstand aussetzte und sie Dinge sagte, die sie nie, nie sagen wollte. Sie hatte es ja geschworen.

»Manfred kann Kinder bekommen.«

Isa verzog spöttisch den Mund. »Was macht dich da so sicher, liebe Schwägerin? Gehen da deine mütterlichen Gefühle für Manfred nicht ein wenig zu weit?«

Später würde Hedwig sich vor sich selbst mit den Worten entschuldigen: sie hat mich bis zum Äußersten getrieben.

»Ich weiß es.« Ihre Stimme klang viel zu hoch und sehr siegesbewußt. »Manfred hat einen Sohn.«

Einen Moment glaubte Isa, sich verhört zu haben. Und dann glaubte sie an einen Bluff.

Sie starrte Hedwig an… sie sah, wie der Schrecken über diese Worte Hedwigs Gesicht verfärbte, jetzt schlug sie die Hand vor den Mund, starrte Isa mit schreckgeweiteten Augen an. Noch Jahre später würde sich Isa an diesen Augenblick erinnern. »Ich habe natürlich Unsinn geredet«, hastete Hedwigs Stimme in die Stille.

Noch vor wenigen Sekunden waren Kummer und Verzweiflung über das, was ihr die Ärztin gesagt hatte, riesengroß, Isa hatte das Gefühl gehabt, daß kein Kummer an diesen Kummer heran reichte. Aber für diesen Augenblick hatte sie ihn vergessen.

Ihr Kopf schien vollkommmen frei zu sein und ihr Herz schmerzte nicht einmal. Diese gefährliche Ruhe las Hedwig auch in ihrem Gesicht.

»Ist Manfreds Kind ein Junge?«

Wie in einem Theaterstück rang Hedwig die Hände. Sie schien völlig aufgelöst zu sein. Nicht nur ihre Augen flehten, sie rang auch die Hände, Isa sah das alles aus unbarmherzigen Augen.

»Bitte, Isa, vergiß es«, flehte sie und machte Anstalten, aufzustehen. Mit einer etwas herrischen Handbewegung brachte Isa die Frau wieder auf ihren Platz zurück.

»Du hast mir noch nicht geantwortet, Hedwig. Jetzt möchte ich natürlich Einzelheiten wissen. Wie alt ist das Kind. Warum hat er die Mutter seines Kindes nicht geheiratet? Ich nehme doch an, daß er und diese Frau vor unserer Ehe zusammen waren.«