Die beste Mutter für mein Kind - Eva-Maria Horn - E-Book

Die beste Mutter für mein Kind E-Book

Eva Maria Horn

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Beschreibung

Die Familie ist ein Hort der Liebe, Geborgenheit und Zärtlichkeit. Wir alle sehnen uns nach diesem Flucht- und Orientierungspunkt, der unsere persönliche Welt zusammenhält und schön macht. Das wichtigste Bindeglied der Familie ist Mami. In diesen herzenswarmen Romanen wird davon mit meisterhafter Einfühlung erzählt. Die Romanreihe Mami setzt einen unerschütterlichen Wert der Liebe, begeistert die Menschen und lässt sie in unruhigen Zeiten Mut und Hoffnung schöpfen. Kinderglück und Elternfreuden sind durch nichts auf der Welt zu ersetzen. Genau davon kündet Mami. »Wie sieht es denn hier aus?« Verblüfft sah Alex Peters auf seine Frau. Im Schneidersitz saß sie auf dem Teppich. »Du bist ja eingerahmt von Fotos.« Marie war erschrocken zusammengezuckt, so sehr war sie in die Vergangenheit getaucht. »Du bist aber zeitig heute, Alex.« Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr, sie war ein Geschenk von Marie zu ihrem zehnten Hochzeitstag. Er verzog ein wenig den Mund, und über sein gut geschnittenes Gesicht glitt ein Anflug von Ärger. »Ich habe mich sogar verspätet, Marie. Was machst du denn da? Warum liegen die Bilder auf dem Teppich?« »Jetzt bist du ärgerlich.« Sie sah zu ihm auf. In ihre blauen Augen hatte er sich zuerst verliebt, und auch jetzt schmolz er dahin. »Frau Johanna hat die Schachtel fallen lassen.« Er furchte die Stirn. »Frau Johanna?« »Meine Putzfrau. Ich wollte die Bilder selbst wieder einräumen, aber dann habe ich sie angesehen. Ich habe die Zeit vergessen, die Vergangenheit hat mich eingeholt.«

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Mami – 2078 –

Die beste Mutter für mein Kind

Unveröffentlichter Roman

Eva-Maria Horn

»Wie sieht es denn hier aus?« Verblüfft sah Alex Peters auf seine Frau. Im Schneidersitz saß sie auf dem Teppich. »Du bist ja eingerahmt von Fotos.«

Marie war erschrocken zusammengezuckt, so sehr war sie in die Vergangenheit getaucht.

»Du bist aber zeitig heute, Alex.«

Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr, sie war ein Geschenk von Marie zu ihrem zehnten Hochzeitstag.

Er verzog ein wenig den Mund, und über sein gut geschnittenes Gesicht glitt ein Anflug von Ärger.

»Ich habe mich sogar verspätet, Marie. Was machst du denn da? Warum liegen die Bilder auf dem Teppich?«

»Jetzt bist du ärgerlich.« Sie sah zu ihm auf. In ihre blauen Augen hatte er sich zuerst verliebt, und auch jetzt schmolz er dahin.

»Frau Johanna hat die Schachtel fallen lassen.«

Er furchte die Stirn.

»Frau Johanna?«

»Meine Putzfrau. Ich wollte die Bilder selbst wieder einräumen, aber dann habe ich sie angesehen. Ich habe die Zeit vergessen, die Vergangenheit hat mich eingeholt.«

Auf ihrem blonden Haar lag ein Streifen Sonne; ungehindert fiel das Licht durch die geöffnete Terrassentür und nistete in ihren Augen. Sie hielt ein Foto in der Hand und reichte es ihm.

»Sieh nur, Alex, da war Vera zwölf Jahre. Schon damals war sie wunderschön. Und das wusste sie auch. Ich erinnere mich genau da-ran, wie das Bild gemacht wurde.«

Er nahm es nur zögernd, starrte darauf, aber erkennen konnte er nichts. Ein Schleier lag vor seinen Augen.

»Ihr wart die besten Freundinnen, nicht wahr?«

Seinen flüchtigen Ärger hatte er vergessen, es war, als schnürte ihm ein unsichtbares Etwas den Hals zusammen.

Sie strich die blonden Locken am Ohr zurück. Er liebte diese Ges­te, wie eigentlich alles an seiner Frau. Sie sah so wunderschön aus, wie ein junges Mädchen hockte sie da.

»Darüber habe ich gerade nachgedacht. Weißt du, Alex, Mama war oft krank und musste immer wieder ins Krankenhaus. Veras Mutter war Mamas beste Freundin, und für sie war es selbstverständlich, dass ich dann bei ihnen wohnte. Ich hatte immer eine panische Angst vorm Kinderheim. Vera und ich waren in derselben Klasse, sie setzte es durch, dass sie neben mir saß. Sie war furchtbar bequem, ja, faul. Und schrecklich verwöhnt.«

Sie legte das Bild zurück, ein Schatten lag in ihren Augen, und der Mund zitterte, als ob sie weinen wollte.

»Sie setzte bei ihrem Vater alles durch, er war Wachs in ihren Händen. Und wenn ihre Mutter ihr etwas verbot, warf sie nur den Kopf zurück. Und machte, was sie wollte.

An dem Tag, als das Foto gemacht wurde, habe ich sie ge-
hasst.«

»Hassen kannst du nicht, Liebes.« Er stand noch immer vor ihr. Sein Herz zog sich zusammen, so sehr liebte er sie. Dieses klare wunderschöne Gesicht, die Augen. Bis in den Grund ihrer Seele konnte man in ihnen sehen.

Das Gefühl verschwand auch rasch wieder. Sie lachte bitter auf. »Weißt du, Alex, sie wollte immer alles haben. Alles. Besonders von mir, wenn ihr etwas gefiel.«

Einen Moment vergaß er zu atmen, so traf ihn der Satz. »An dem Tag ging es um einen goldenen Drehbleistift. Natürlich sah er nur aus wie Gold. Ich hatte ihn von Mama zum Geburtstag bekommen.

Sie wollte ihn haben. Sie schmeichelte, bettelte, versprach mir alles Mögliche. Aber ich wollte nicht. Da drohte sie mir. Wenn meine Mutter wieder ins Krankenhaus musste, würde sie dafür sorgen, dass ich ins Kinderheim kam, Waisenhaus sagte sie. Aber mich packte der Trotz, ich wollte ihn ihr nicht geben. Und als ich nachmittags an meinem Schreibtisch saß und den Stift suchte, war er nicht da. Sie behauptete, sie habe ihn von mir geschenkt bekommen. So war sie. Aber du hast recht, wir sind Freundinnen, das alles ist Vergangenheit.«

Elastisch stand sie auf, warf den Kopf zurück und lächelte ihn an.

»Ich bin eine wirklich nachlässige Ehefrau. Da vergesse ich, dass mein Mann kommt und Hunger hat. Aber keine Angst, Alex, das Essen ist vorbereitet. Während du dich ein wenig frisch machst, gehe ich in die Küche. In einer Viertelstunde können wir essen.«

Sie musste sich ein wenig auf die Zehen stellen, sie war so viel kleiner als er. Sie küsste ihn, und als er sie umarmen wollte, war sie schon verschwunden.

Er starrte auf das Foto. Flüchtig hatte sie die Bilder eingeräumt, aber Veras Foto lag noch auf dem Teppich.

Schon damals wirkte sie aufreizend selbstbewusst, dachte er. Er stand da, wie festgewachsen und sah auf das Bild hinunter. So siegesbewusst war sie schon als Kind, das wusste, wie schön es war.

Am liebsten hätte er das Bild zerrissen. Schwerfällig wie ein alter Mann ging er die Treppe hinauf und verschwand im Badezimmer. Am liebsten hätte er den Spiegel verhängt, er mochte sich nicht ansehen. Und wie er bei Tisch seiner Frau gegenübersitzen und so tun sollte, als wäre alles in Ordnung, das wusste er nicht.

*

Marie machte sich Sorgen. So bedrückt hatte sie ihren Mann schon lange nicht mehr erlebt. Um sich abzulenken, nahm sie die Rosenschere und den kleinen Korb und ging in den Vorgarten.

An der frischen Luft ging es ihr immer besser, aber heute wollte der Druck, der auf ihrem Herzen lag, nicht weichen.

Ein Auto hielt mit quietschenden Bremsen dicht vor dem Gartentor. Nur kein Besuch, dachte Marie alarmiert.

Das Auto, ein Luxussportwagen, war ihr fremd, aber die Dame die ausstieg, kannte sie.

Beide Damen musterten sich mit einem intensiven Blick. Sie sieht in den dreiviertellangen Jeans wie ein kleines Mädchen aus, dachte Vera neidisch, sie scheint nicht älter zu werden.

Und Marie dachte ohne Neid, toll sieht Vera aus, wie einem Modejournal entstiegen.

»Vera.« Marie stellte den Korb auf den Boden, legte die Schere hinein und ging der Besucherin entgegen. »Dir müssen heute Morgen die Ohren geklingelt haben. So intensiv habe ich an früher gedacht.«

Sie küssten sich auf die Wange. Das betäubende Parfüm mochte Marie nicht, und flüchtig überlegte sie, wo sie es schon einmal bemerkt hatte. »Ich dachte, du bist in Paris. Und deinen Wagen kenne ich auch nicht.«

»Sag mal, musst du die Gartenarbeit machen? Habt ihr keinen Gärtner?« Veras perfekt geschminktes Gesicht verzog sich einen Moment, aber sofort glättete sie ihre Stirn wieder.

»Der kommt im Herbst und im Frühling. Ich habe doch Zeit, Vera, und ich arbeite gern im Garten.« Marie wollte sich die Freude über den Besuch nicht verderben lassen. »Seit wann bist du wieder in der Stadt, Vera?«

»Ich bin überhaupt nicht weg gewesen. Jürgen wollte natürlich, dass ich ihn begleite, er ist wirklich manchmal ein abscheulicher Egoist. Was soll ich in Istanbul? Er ist den ganzen Tag beschäftigt und hat eine furchtbare Laune, wenn er endlich ins Hotel kommt.«

»Gehen wir ins Haus, oder möchtest du im Garten sitzen?«

Bei sich dachte Marie an die Stadt, die voller Sehenswürdigkeiten steckte. Aber Vera war und blieb ein oberflächliches Geschöpf, das sich eigentlich nur für sich selbst interessierte.

»Die Sonne ist viel zu grell. Du hast ja nicht mal einen Hut auf! Seit wann trägst du dein Haar in einem Zopf auf dem Rücken?«

»Deine Stimmung scheint nicht die beste zu sein.« Marie lächel-
te die Freundin an, während sie über den Plattenweg zur Haustür ging.

»Das hat mich schon immer an dir genervt, Marie, dass dich nichts aus der Ruhe bringt. Vermutlich hast du ein viel dickeres Fell als ich, obwohl alle dich für ein Seelchen halten.«

»Ach ja? Komm ins Haus, hier ist es herrlich kühl, die richtige Temperatur bei diesem Wetter.« Und trocken fügte sie hinzu: »Du musst also um deine Schönheit keine Angst haben. Das Jackenkleid ist toll«, stellte sie ohne Neid fest. Sie wusste doch, wie wild Vera auf Komplimente war. Und für gewöhnlich besserte sich ihre Laune auch.

Marie streifte die Gartenschuhe von den Füßen und schlüpfte in Sandalen. Geringschätzig warf Vera einen Blick darauf. Aber das Wohnzimmer fand Gnade vor ihren kritischen Augen.

»Aus dir machst du ja nichts, aber für das Haus hast du ein gutes Händchen.«

Sie ließ sich in den Sessel fallen und schlug die elegant beschuhten Beine übereinander.

»Kann ich dir etwas anbieten?« Etwas zögernd fragte sie: »Ich weiß, wie gern du Sekt trinkst, aber du bist mit dem Auto. Im übrigen ein toller Wagen.«

»Ein Geschenk von Jürgen, weil er ein schlechtes Gewissen hat.«

Marie setzte sich in ihren Lieblingssessel. Einmal hatte er in ihrem Elternhaus gestanden und hing voll Erinnerungen.

»Warum hat er ein schlechtes Gewissen? Er ist doch der rücksichtsvollste Mann, den ich kenne. Außer Alex natürlich.«

»Aber Alex kommt jeden Abend nach Hause. Jürgen glänzt ständig durch Abwesenheit.«

»Bist du nicht jetzt ein wenig ungerecht? Er ist der Direktor eines großen Konzerns, das hast du doch gewusst, als du ihn geheiratet hast.«

»O Himmel, Marie, hör auf zu predigen, das kannst du vorzüglich. Und erzähle mir jetzt nicht, dass ich mir alles leisten kann, dass ich mir jeden Wunsch erfüllen kann. So leben, wie du lebst, könnte ich nicht. Manchmal denke ich sogar, dass es Dummheit von dir ist, dass du mit allem zufrieden bist und nie die Nerven verlierst. Du könntest mir ein Glas Champagner geben.«

Wortlos stand Marie auf. »Dann muss ich dich einen Moment allein lassen.« Sie hatte die Tür schon erreicht und sah Vera an. Wie gut, dass Vera sich selbst nicht sehen konnte. Das unzufriedene Gesicht machte sie nicht hübscher, da half das beste Make up nichts. »Vielleicht wirst du dich nach einem kühlen Trunk besser fühlen.«

Sie hat Kummer, dachte Marie resigniert, als sie die Flasche aus dem Kühlschrank holte. Es sieht so aus, als ob sie mal wieder in einer Klemme steckt. Hört das denn nie auf? Sie könnte ein so herrliches Leben führen, aber sie wird immer zu den Menschen gehören, die nie zufrieden sind.

Sie öffnete die Flasche, füllte zwei Gläser und stellte sie auf ein Tablett, die Flasche ließ sie in der Küche. Mehr trinken durfte Vera nicht.

Sie fand Vera vor dem großen Blumenfenster. Als Marie ins Zimmer kam, drehte sie sich um.

»Der Garten ist schöner als unserer, dabei haben wir einen ständigen Gärtner. Bei euch blüht alles.« Sie setzte sich wieder, nahm das Glas und trank einen großen Schluck, ohne dabei auf Marie zu achten.

Besorgt musterte Marie ihren Gast. Aber sie wagte nicht zu fragen, sie wollte nicht wieder mit Veras Dummheiten konfrontiert werden. Wie oft hatte sie schon für Vera gelogen und wie oft ihr versichert: Vera, das ist das letzte Mal.

Vera hielt das Glas in der Hand, sie legte den Kopf an den Gobelinbezug, der bei Gelegenheit erneuert werden musste. Der trotzige Ausdruck in Veras grünen Augen ließ Marie das Schlimmste vermuten.

»Ich bekomme ein Kind.«

Marie stellte das Glas auf den Tisch zurück und starrte Vera an. »Und dann machst du ein Gesicht, als ob die Welt untergeht? Ich habe schon Schlimmes vermutet. Ja, freust du dich denn nicht?«

Und dabei spürte sie den Druck auf dem Herzen, der sich zu einem Schmerz verstärkte, der ihr den Atem nahm. Wie sehnsüchtig wünschten sie sich ein Kind. So oft war sie bei ihrem Arzt gewesen, aber er konnte ihr auch nicht helfen. Marie wusste nicht, ob es an ihr oder an Alex lag.

»Nein, das wäre auch zu viel verlangt«, war die spöttische Antwort.

»Aber, Vera, du freust dich ganz bestimmt! Denk doch nur an die Freude, die du deinem Mann machst. Ich weiß, dass er sich Kinder wünscht.«

»Ob er sich in diesem Fall freut, bleibt dahingestellt.« Die zynische Art stieß Marie ab, sie saß da und bemühte sich, den Schmerz nicht zu zeigen.

Marie kannte das Gesicht Veras. So hatte sie schon als Kind ausgesehen, wenn sie etwas angestellt hatte und selbstverständlich auf Hilfe wartete.

»Du bist schwer von Begriff, Marie. Das Kind ist nicht von Jürgen.«

Stille. Durch die geöffnete Tür drangen die gedämpften Laute der Straße. Das Ticken der alten Standuhr teilte geräuschvoll die Stille.

»Himmel«, fuhr Vera auf, »starr mich nicht so an, du bist schrecklich blass geworden. Hast du denn noch nie von solch einer Tatsache gehört?«

»Gelesen schon.« Marie musste sich anstrengen, ruhig zu sprechen. »Aber dass das meiner Freundin passiert, dass …«

»Du musst nicht weiter sprechen. Du bist und bleibst ein Seelchen. Mein Mann behauptete einmal, dass an dich kein Schmutz herankommt, weil du die Seele eines Kindes hast. Krieg dich ein, Marie. Ich bekomme ein Kind, das ist eine Tatsache, und Tatsache ist auch, das Jürgen nicht der Vater ist.«

Marie flocht die Hände ineinander.

»Wann wirst du es Jürgen sagen?« Sie konnte nur mühsam die Worte formen, ihr Mund war wie ausgetrocknet.

»Bist du verrückt, Marie? Natürlich werde ich es ihm nicht sagen, er würde sich sofort scheiden lassen; er hat da veraltete Wertbegriffe.«

»Aber …, ich meine, der Vater des Kindes, weiß er es?«

»Natürlich. Er soll genau wie ich Angst haben. Meinst du, ich schone ihn? Wir hatten eine herrliche Zeit, ich habe sie genossen und er bestimmt auch. Er hatte allerdings ständig ein schlechtes Gewissen. Ein Gewissen kann etwas Lästiges sein.«

»Aber du sagst doch, dass du Angst hast.«

»Hab’ ich. Vor der Geburt. Davor, dass mein Körper entstellt wird, und weiß ich denn, ob ich meine Figur zurückbekomme?«

»Und Jürgen? Jürgen kann schließlich rechnen, er ist schon eine Weile nicht mehr bei dir.«

Vera machte nur eine wegwerfende Handbewegung.

»Vergiss nicht, dass ich das Zeug zu einer großen Schauspielerin habe. Ich hatte nur nicht die Geduld, die Ausbildung hinter mich zu bringen. Ich werde zu Jürgen fahren, und dann bekomme ich die Wehen früher als vorgesehen. Männer lassen sich doch leicht hinters Licht führen, besonders, wenn sie so verliebt sind wie Jürgen.«

Marie starrte in den Garten, sehen konnte sie nichts, ihre Augen schwammen in Tränen.

»Und der Vater des Kindes?«

»Was ist mit dem? Der ist verheiratet, vermutlich hat er Angst, dass seine Frau es erfährt. Wie soll sie das?« Sie schnippte mit dem Finger. »Ich werde es ihr bestimmt nicht erzählen. Je weniger davon wissen, um so besser. Aber mein Seitensprung kann ruhig etwas schmoren. Warum soll ich allein das Unangenehme ausbaden müssen?«

Als Marie nicht antwortete, 
musterte Vera sie spöttisch.

»Es hat dir offensichtlich die Sprache verschlagen.«

Sie nickte und fühlte sich plötzlich müde, als quälte sie eine Krankheit.

Sie strich eine Strähne am Ohr zurück und nickte noch einmal.

»Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Du hast schon manches gemacht, was in meinen Augen Dummheit war. Aber dieses …«