Mann Sein -  - E-Book

Mann Sein E-Book

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Beschreibung

Geschichten von Männern machen immer wieder betroffen. Ihre Tränen sind über viele Generationen hinweg versiegt. Viele Männer sind verstummt. Sie schwiegen und schweigen zum Teil immer noch. Oder handeln, begehen oft unverständliche Taten. Die Zeiten haben sich geändert. Trotzdem hallt vieles nach. Einer Vision folgend rief Barbara-Elisa Brantschen im Oktober 2019 das Projekt "Blickwechsel" ins Leben. Während eineinhalb Jahren erkundeten 12 Männer in Gesprächen und körperbasiert-systemischen Aufstellungen ihre Lebensgeschichte, tasteten sich an ihre Wunden heran, lauschten der inneren heilenden Bewegung und ihrem tiefen Wissen über ihr Mann Sein. In diesem Buch offenbaren 4 Männer ihr Wesen und lassen teilhaben an ihren Weg.

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Seitenzahl: 171

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Die Vision

wie eine Blüte lag sie in meiner Hand

in sich vollendet

gewachsen aus meiner tiefen Betroffenheit

so viel Verdrängtes

Verstricktes

Verzerrtes

so viel Verstummen

Verhärten

Vereinsamen

über Generationen

Und es kam mir vor, als drängte es dazu

all dem Ungehörten, Unbetrauerten

und dem leuchtend Lichtvollen

einen neuen, offenen oder sogar öffentlichen Raum zu öffnen

als drängte es

zu einem gesellschaftlichen Blickwechsel

auf «den Mann»

und zum Hinterfragen

der Spirale von gegenseiteiger

Verletzung zwischen Mann und Frau...

Zu diesem Buch

Es ist Zeit…

Es ist Zeit, dem über Generationen unerhörten Schmerz Raum und Sprache zu geben. Es ist Zeit für eine Rückverbindung in das ursprüngliche Heilige.

Kein Drängen in eine bestimmte Richtung. Der Weg zum Erkennen zeigt sich, wenn wir neugierig, mutig, urteilslos hinhören. Der Weg geht in die Tiefe. Dorthin, wo etwas leuchten will.

In diesem Buch offenbaren 4 Männer ihr Wesen, lassen teilhaben an ihrem Weg. Wir folgen ihrem Drang nach Antworten, nach Wissen, folgen ihrem mutigen Weg auf der Suche nach ihrem Platz in der Welt. Einem Platz voller Schönheit, die nicht auf der Oberfläche schimmert, sondern aus der Tiefe leuchtet. Einem Platz voller Stärke, die sich nicht behaupten will, sondern vertrauensvoll eine ehrliche Feinheit zulässt. Einem Platz voller Mut und Bereitschaft, die sich nichts holen will, nichts verteidigen muss, sondern geschehen lassen kann.

Lauschen wir gemeinsam hin, folgen der Spur. Behutsam. In eine Transformation, die berührt und inspiriert. Eine, die ganz anders ist als gedacht.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Jedd

Zu Gott zurückkommen

Thomas

Der berührte Mann

Michael

Von der Angst, (nicht) geliebt zu werden

Christian

Lebenswege

Epilog

Vorwort von Stefan Christoph Stalder

Kinder der Kräfte

Sich Geschichten erzählen. So wie früher. Also ganz früher. Als die Menschen um das Feuer der Nacht sich versammelten und einer Stimme lauschten, die sich aus der Stille erhob.

Ob damals, in den schwarzen Nächten unter dem weiten Sternenhimmel, jemand die Frage stellte: Was bedeutet es, ein Mann zu sein?

Die Frage rückt zurück in unsere Mitte. An die Stelle des Feuers. Warum jetzt? Auf eine Weise könnte es Ausdruck dessen sein, dass auf dem Streben nach Vorne, dass darin, seinen Platz in dieser Welt vorwiegend durch Leistung und Anerkennung verdient haben zu meinen, etwas vergessen ging. Ein Teil der zentralen Wahrheit - sowohl vom Mann als auch von der Frau - dessen Ergründung erforderlich ist, um radikal wachsen zu können. Wer in sich ein Vertrauen in die Entfaltung des Lebens vernimmt, darf dem Glauben schenken.

Und stimmt es, dann hat es auch etwas Beruhigendes, dass sich diese Frage aufdrängt, zeigt sie doch damit auch auf, dass der Mensch im Kern noch immer ein zutiefst wahrhaftiges Wesen ist, sein Naturell erlaubt es ihm nicht, über wichtige Entwicklungsschritte hinwegzudenken, sie beiseite zu schieben und sie über Rechtfertigungsdenken an den Rand zu stellen, sie somit sozusagen vergessen zu wollen. Dass wir nicht vor unserer Wahrheit davonlaufen können. Dass sie lauter wird, je weiter wir uns davon entfernen. Einem Lebensfluss vertrauend, könnte man am Bild vom Anfang anknüpfen und der Stimme am Feuer lauschen, wie sie zu uns sagt: Ihr habt da etwas vergessen.

Eine Frage in unserer Mitte. Was machen wir nun damit? Sie fordert zuerst eine individuelle, keine pauschale Ergründung ein, ich wage zu sagen, möchte zuerst im Herzen und vom Herzen ergründet werden. Eben anders als wie zumeist in der Öffentlichkeit in Form von hitzigen Debatten, mit dem Auferlegen von Geboten und Verboten, im krampfhaften Suchen nach einem Schein-Konsens um eines Friedens willen, der zwar auf dem Papier in Form von Gender-Sternen zu sehen ist, in den Herzen der Menschen aber noch nicht zur Ruhe gekommen ist. Eben keine Wahrheit. Es stellt sich unmittelbar auch die Frage nach dem Wagnis, sich auf dieses Ergründen einzulassen. Danach, was es dabei eben zu riskieren, aber auch was es dabei zu empfangen gibt. Durch die schiere Unmöglichkeit der objektiven Ergründung der Frage nach dem Mann-Sein, seiest du lieber Leser, hiermit herzlich eingeladen, auf den folgenden Seiten eben auf deine Innenwelt zu hören, auf Resonanzen und Dissonanzen in deinem Herzen und vordergründig diesem Klang zu lauschen, welcher deine Innenwelt erhellen, er-klären, inspirieren möge.

Aber zurück zum Anfang.

Worin liegt der Sinn, sich längst beantwortet geglaubte Fragen neu zu stellen. Bemerkenswert ist es doch, dass sich die Geschlechterfrage zumeist in einem abstrakten Raum bewegt, immer etwas ausserhalb von uns selber, aber meist mit vielen Emotionen verbunden. Ich wage zu sagen, dass sich beinahe eine Art von Dankbarkeit bemerkbar macht, dafür, dass man eben mit seiner inneren Unruhe eine Handvoll Meinungen und Floskeln in die Mitte wirft, welche dann von der Masse bewegt werden, wir können mitlaufen am Rande, sind dabei aber dann eben glücklicherweise doch nicht wirklich verantwortlich dafür. Ein Auslagern von inneren Prozessen also, um es etwas provokativ zu formulieren. Wir könnten uns einfach aus der Verantwortung stehlen. Einmal andersrum: So könnte es sein, dass die Frage nach dem Mann-Sein sich nicht von der Gesellschaftsmitte uns selber aufdrängt, sondern dass wir sie von unserem Innern her der Gesellschaft aufdrängen, mit einer gewissen Ungeduld, sie möge sie doch bitte für uns beantworten.

Wenn dem so ist, müssten wir es riskieren, uns mit dieser Frage wieder zurück in unsere eigene Mitte zu bewegen. Und wir müssten es wieder wagen, echte, zensurfreie Individualität zu leben, ganz radikal, aus unserem Herzen heraus. Für uns selber. Egal was andere denken. Für die Welt. Das hiesse womöglich aber auch, in kein Schema mehr zu passen, herauszufallen aus allen abstrakten Strukturen, an denen wir uns entlang hangeln und damit den Blick in das verunsicherte Spiegelbild unserer Tiefe vermeiden. Es zeigt sich also bereits, welche Risiken das authentische Bewegen dieses Themas in sich mitbringt. Es wird existenziell. Damit wird vielleicht auch die Emotionalität dieser Debatten in der Öffentlichkeit besser verständlich. Da kommt etwas, das uns in unserem Wesenskern zu berühren vermochte und zu unserer Wahrheit auffordert.

Dies birgt fürwahr das Risiko, sich darin selber zu begegnen. Aber genau darin erst wäre es wieder - oder vielleicht zum ersten Mal - möglich, die ur-eigene Wahrheit zu begreifen, zu berühren, und Räume zu ergründen, in denen solche Fragen wie diejenige nach dem Mann-Sein oder Frau-Sein sich wie selbstverständlich beantworten würden. Dürfen wir das noch wagen, als Mensch uns auf etwas einzulassen, das uns bewegt? Vielleicht so, wie niemanden sonst? Das Ergründen vom Mann-Sein von dem dieses Buch hier handelt, möchte uns auf diese Ebene führen.

Vielleicht so: Die Annäherung an diese Frage und deren Bewegung kann erst dann geschehen, wenn es nicht nur darum geht, sie ein für alle Mal zu beantworten und abzuhaken, sondern sie als ein Unterwegs-Sein in unserer Tiefe zu ergründen. Dann erst vermag sie es womöglich, uns dahin zu führen, im eigenen Ich-haften Raum ganz von neuem lebendig und wahrhaftig zu werden. Etwas in uns Menschen sehnt sich danach. Nach dem Wahrhaftigen und dass ebendieses zu einem Leib-haftigen werden kann.

Es ist damit auch Individuationsprozess, der je nach Lebensphase mehr oder weniger stark aus der eigenen Mitte aufscheint, oft verbunden damit, dass es im Leben unbequemer wird, wir aufgefordert werden, unsere Haltung zu prüfen, unsere Position anzupassen. Wenn das ganz bildlich sein darf, dann zeigt es auch, wie sehr es ganz konkret unserem menschlichen Dasein unterworfen ist. Eben dadurch erst, dass wir körperlich sind, wird es überhaupt möglich, die Erfahrung des Unbequemen zu machen, um daraus heraus eine neue, freiere Haltung einnehmen zu können. Mit der Zeit wird wohl auch diese wieder unbequem und fordert uns erneut zur Bewegung auf. Also auch da: Ein stetig sich wandelnder Prozess, der - solange wir verkörpert sind - nicht zu einem Stillstand kommen können.

Damit wird die Suche nach dem Mann-Sein, das Erforschen dessen, zu einer Reise mit keinem ultimativen Ziel, sondern eben die Bewegung in eine Richtung. Darin sind dem einem Prinzip der Polarität immer ein Stück weit unterworfen, solange wir verkörpert sind. Es soll darin aber eben nicht darum gehen, zu einem diese Pole zu werden oder ihn zu imitieren, sondern eben derjenige Mensch zu sein, der sich auf seine ganz eigene Weise diesem Pol annähert. Du sein. Allein schon ein solches Ausrichten vermag mitunter ein ganzes Leben zu ändern, sich in neuem Licht zu erfahren, mit einer erneuernden Kraft der Sonne, die uns innewohnt. Es wird klar: Es lebt sich aus jedem selbst heraus. Jeder lebt sich selbst in diese Welt.

Dann erst vermögen sich die Äste von allen Wesen in dieser Welt befruchtend und sanft berühren, zusammenwachsen, aufgehen, auseinandergehen, einander inspirieren und trösten. Wirklich Neues entstehen lassen. Eine Revolution sozusagen.

Noch einmal ganz von Vorne beginnen zu dürfen. Als Mann. Als Frau. Als Mensch. Man stelle sich vor, es wäre ganz frei, sich wieder hineinzuträumen in ein Meer aus Verheissungen, in die freien Begegnungen der uns innewohnenden Gestaltungskräfte. Gefahrlos die starren Bilder, die unser Denken besetzen, ziehen zu lassen. Erst mal nur als ein Gedankenexperiment. Fast ist es, als läge auf diesen zu ergründenden Orten ein Verbot, eine geheime Schwelle, welche uns die Sicht auf die Tiefe versperrt, verspiegelt, verwirrt.

Nun hat dieses Sich-Zurück-Verbinden, die re-ligio, das Wagnis zur Bedingung, diese Schwelle wieder zu übertreten. Der Weg zurück in die «Wahrheit» über uns, über das Mann-Sein, das Frau-Sein, das Mensch-Sein, führt dann unweigerlich auch zu unserem verwundeten, nicht gelebten, nicht gehörten, nicht geliebten Teil. Darin vermochten wir es zu sehen, wie sehr wir uns in der Vergangenheit in der Mann-Frau-Dynamik verletzt und übersehen, missverstanden haben. Aus diesem Wieder-Sehen könnte ein Bewusstsein dafür erwachen, dass es möglich ist, dass die Wunden überwachsen werden können. Mit Neugierde. Hingabe an die Inspiration. Wie die grüne Kraft, die im Frühling aus den Bäumen schäumt.

Und hier sind wir an einem Wendepunkt angelangt. In einem solchen Moment vermochten wir es womöglich wieder zu begreifen, was es heisst, Mann, Frau, Mensch zu sein: Der Verletzung in die Augen blicken und dabei unser Herz berühren zu lassen. Begegnungsfähigkeit. Bedingungslosigkeit. Da bleiben, mit dem, was so unendlich schmerzt. Die Verletzungen überlieben.

Und an diesem Ort erst erlauben wir es uns, ganz radikal zu sein und Begriffe wie «Mann» und «Frau» fallenzulassen, weil es in diesem Moment erfahrbar wird, als menschliches Wesen «in den Kräften» zu sein.

Wieder zu sein wie ein Kind, das sich selber als Individuum erfährt und auf magische Weise ein Gefühl von Ich-Haftigkeit erlebt in dem Moment, in dem es von seinen Eltern, der eine Teil links, der andere Teil rechts, an den Händen gehalten wird. Erwachsene Männer, erwachsene Frauen, werden noch einmal «Kinder der Kräfte». Wissend, dass sie sind. Da sein. Gewollt sein. Für jeden Menschen ist dieses Erleben ganz anders und dennoch wird sich jeder, der sich in dieser Mitte befindet, an die Unverwechselbarkeit dieser Kräfte erinnern. An die Feuer-Momente in den schwarzen Sternenhimmel-Nächten von damals, in unseren Körperzellen oszillierend. Und daran, wie sehr wir diese Kräfte brauchen, um unseren eigenen Weg beschreiten zu können. Der Katalysator für unser Leben. Unser Treib-Stoff.

Als Mensch steht jeder in der Verantwortung, diese Erfahrung für sich selber zu machen. Und für jeden ist sie ganz unverwechselbar einzigartig. Seine Flügel auszuspannen zwischen zwei Polen, die so verschieden sind und sich gegenseitig bedingen. Und unbedingt brauchen wir gerade jetzt Menschen, welche vorangehen, es vorzeigen, unverkennbar vorleben. Der Weg dorthin beginnt immer mit einer Geschichte. Mit einer innewohnenden Neugierde, mit einer Frage. Was hast Du erlebt? Wie geht es Dir wirklich? Wer bist Du?

Auf dass wir es wieder wagen, diese Fragen zu stellen. Uns selber und unserem Gegenüber. Dass wir es wagen, die Antworten zu hören und uns davon berühren zu lassen. Auf dass wir es wieder wagen, unsere Geschichten zu erzählen, mitfühlende Räume zu kreieren, uns gegenseitig wirklich zu lauschen. In diesem Sinne danke ich Barbara-Elisa Brantschen für den Mut und die Bereitschaft, als wahrhaftiges Gegenüber empfänglich zu sein für ein neues Bewusstsein, welches so heilsam ist für diese Welt.

Neugierde wagen

Mit kindlichem Herzen

dem nachspüren

was mich in die Mitte nimmt.

Die Flügel ausbreiten

zwischen den Kräften.

Ankommen.

Aufbrechen.

Stefan Christoph Stalder

Kiental, Februar 2024

Jedd

Zu Gott zurückkommen

Als ich zum Probezeitgespräch im Frühjahr 2018 eingeladen wurde, war ich nervös. Mein Entschluss war klar. Der Weg zu meinem Arbeitsort fühlte sich doppelt so lang als sonst an. Hatte ich den Mut, mich gegen die Karriere in der Finanzbranche zu entscheiden und meinen eigenen Weg zu gehen? Beim Gespräch mit meiner direkten Vorgesetzten und dem Standtorleiter zog ich meinen Entschluss durch. Ich kündigte die Stelle, was zu sehr grossem Erstaunen und kurzer Entrüstung führte. Dennoch blieb ich bis im Sommer 2018 bei dieser Stelle. Nach diesem missglückten Start ins Arbeitsleben nahm ich mir eine Auszeit am Seminar- und Ausbildungszentrum Kientalerhof in Kiental. Hier konnte ich zur Ruhe kommen und lernte neue Menschen und Lebensweisen kennen, die mir zuvor nicht bekannt waren. Ich konnte verschiedene Ansätze von Körpertherapien, spirituelle Angebote und alternative Lebensweisen kennenlernen.

In Kiental angekommen wurde ich relativ bald in einem Gespräch auf Barbara-Elisa und ihre Methode der systemischen Aufstellungen hingewiesen. Dies hatte mich sehr angesprochen und ich entschloss mich dazu, einen Wochenendworkshop bei ihr im September 2018 zu besuchen. Dieser Workshop und die weitere Zusammenarbeit mit Barbara-Elisa hatten einen gewichtigen Einfluss auf mein Leben und meinen weiteren Lebensweg. Mit Barbara-Elisa öffnete sich eine Türe, die es mir erlaubte, meine Familiengeschichte aufzuarbeiten und unbewusste innere Blockaden und Verstrickungen zu lösen. Das Öffnen dieser Türe stellte sich als zutiefst herausfordernd heraus, da ich mit meiner eigenen Dunkelheit konfrontiert wurde. Meine Bereitschaft, mich meinen innersten Themen um jeden Preis zu stellen, verlangten mir in den kommenden dreieinhalb Jahre meines Lebens alles ab. Ich freue mich, nachfolgend einige zentrale Ereignisse in meinem Leben zu teilen.

Kindheit

Ich kam als Einzelkind in der Stadt Genf zur Welt. Meine Mutter arbeitete damals als Telefonistin, mein Vater erwirtschaftete sich sein Einkommen als Nachhilfelehrer im Informatikbereich. Da meine Eltern nie verheiratet waren, lebte ich gemeinsam mit meiner Mutter in einer kleinen Wohnung in finanziell bescheidenen Verhältnissen, während mein Vater mich wöchentlich besuchte. Ich würde mich als sehr neugieriges, offenes und sportliches Kind beschreiben, weshalb ich im Eishockeyclub spielte und nach der Schule immer sehr viel Sport, vor allem Fussball spielte. Obwohl wir zwei Mal umgezogen sind, fand ich immer sehr schnell wieder neue Freunde. Der menschliche Kontakt und das Zusammensein mit Menschen waren für mich schon damals sehr wichtig.

Ein grosser Einschnitt in meinem Leben kam in meinem achten Lebensjahr. Meine Mutter beschloss damals ohne mein Wissen, in die Innerschweiz zu ziehen. Dies war für mich sehr schwierig, da ich im neuen Ort ausser meiner Tante, die Schwester meiner Mutter, sowie meiner Cousine und meines Cousins niemanden kannte. Der Grund für den Umzug in die Innerschweiz war, dass meine Mutter meinen Vater beschuldigte, mich sexuell misshandelt zu haben. Dies fand ich erst in meinen Teenagerjahren heraus. Ich durfte meinen Vater drei Jahre lang nicht sehen. Mein Vater geriet dadurch in eine tiefe Depression, fand keine neue Stelle mehr und musste von der Sozialhilfe leben, obwohl er zwei Universitätsabschlüsse hat. Ich lebte ein Jahr lang bei meiner Tante als Pflegekind.

In einer Aufstellung zeigte sich, dass meine Grossmutter mütterlicherseits in ihren Jugendjahren auf der englischen Insel Jersey ein wohlhabendes Haus besuchte, um Englisch zu lernen. Dort wurde sie und andere Jugendliche auf übelste Art mehrere Male vergewaltigt, misshandelt und sexuell missbraucht. Meine Grossmutter ging dann zurück in die Schweiz und erzählte von den Vorkommnissen, aber niemand in der Familie glaubte ihr. Deshalb wurde sie wahnsinnig und konnte ihren tiefen Zugang zu Gott nicht mehr richtig wahrnehmen.

Auch fand ich in mehreren Gesprächen mit meiner Familie heraus, dass meine Mutter im Kindesalter zu ihrer Tante musste, weil meine Grossmutter Lungenprobleme hatte. Diese Trennung war für meine Mutter sehr schlimm und prägte sie ihr ganzes Leben lang. Meine Mutter hatte wenig Selbstwert und wurde in der Schule gemobbt und hatte auch eine Magersucht. Sie fühlte sich als schwarzes Schaf in der Familie und ich denke, dass sie viele Themen von meiner Grossmutter übernommen hatte. Auf der anderen Seite war meine Mutter sehr feinfühlig und naturverbunden.

All dies führte dazu, dass meine Mutter, nach Vorkommnissen in der Zeitung über sexuelle Missbräuche von Eltern in dieser Zeit sich einredete, dass ich von meinem Vater sexuell missbraucht wurde. Für meine Mutter war dies damals die absolute Wahrheit und sie wollte mich, ihren geliebten Sohn, um jeden Preis schützen. Glücklicherweise entsprach dies nicht der Wahrheit. Mein Vater hatte mir nie auch nur ein Haar gekrümmt. Nach drei Jahren trafen sich meine Eltern und ich in einem betreuten Wohnheim wieder. Nach nur einem Mal beschlossen wir, uns regelmässig im privaten Rahmen einmal im Monat zu treffen und führen dies bis heute weiter. Auch besuchte ich meinen Vater mehrere Male.

Die zuvor beschriebenen Ereignisse in der Familie meiner Mutter führten dazu, dass in meinem System die Angst vor Männern präsent war. Dies konnte ich in den Aufstellungen aufarbeiten und für mich lösen. Es ermöglichte mir, als Mann sein und leben zu können.

Jugend

Meine Jugend hatte mir sehr gut gefallen, da ich viele gute Freunde hatte und wir sehr viel Freizeit genossen. Die Freizeit verbrachte ich vor allem mit Fussballspielen und mit meinen damaligen Freunden. Mit 13 Jahren erhielt ich das Angebot, in der Auswahlmannschaft Fussball zu spielen. Für mich war sofort klar, dass ich die Chance ergreifen möchte. Fussballprofi zu werden, war in meiner damaligen Welt plötzlich greifbar und ich war deshalb gerne bereit vier Mal wöchentlich zu trainieren und am Wochenende Spiele in der ganzen Schweiz zu absolvieren. Dem Fussball habe ich damals alles untergeordnet. Obwohl ich meine Freunde von der Schule immer noch teilweise am Wochenende treffen konnte, verlagerte sich mein Lebensmittelpunkt in die Fussballmannschaft. Wir verbrachten viel Zeit mit den Mannschaftskameraden und einige wurden auch gute Freunde. Dennoch war es ein grosser Konkurrenzkampf und als ich mir den linken Arm in einem Spiel gebrochen hatte, kam ich nach meiner Rückkehr kaum mehr zum Einsatz. Dies war sehr frustrierend, da ich mich den ganzen Tag auf ein Spiel vorbereitet habe und ich dann nur für drei Minuten zum Einsatz kam. Mein damaliger Trainer setzte auf andere Spieler und nach einem Jahr beschloss ich, aus der Mannschaft und somit dem Spitzensport auszutreten. Mein Traum Fussballprofi zu werden, war zwar getrübt, aber immer noch präsent. Zudem hatte es auch Vorteile, nur noch drei Mal wöchentlich zu trainieren und die Spiele fanden hauptsächlich in der Innerschweiz statt. Meine Kollegen aus der damaligen Mannschaft waren mit meinem Mannschaftswechsel auf einen Schlag weg. Ich fand aber sehr schnell wieder neue Freunde in der anderen Fussballmannschaft. Trotzdem war auch dies ein Einschnitt in meinem Leben und es zeigte mir auf, dass es im Leben teilweise sehr schnell gehen kann und es wichtig ist, nach Rückschlägen nicht gleich aufzugeben, sondern sich neu zu orientieren.

Neben dem Fussball begann ich in meinem 15. Lebensjahr eine Lehre als Kaufmann. In dieser Zeit zog ich mit meiner Mutter wieder um und verbrachte somit kaum noch Zeit mit meinen Freunden aus der Schulzeit. Zudem war der plötzliche Wechsel von der Schule ins Erwerbsleben für mich anfangs sehr schwierig, da ich meine Freunde aus der Schule vermisste und mich zuerst an die Arbeitswelt gewöhnen musste. Ich hatte die Möglichkeit während meiner Lehre in verschiedenen Abteilungen zu schnuppern, wobei mir insbesondere das Arbeiten in der Personalabteilung gefiel. Zum einen war ich sehr interessiert an den verschiedenen Menschen und ihren Lebensläufen, zum anderen fand ich es sehr spannend zu wissen, wie viel Gehalt auf welcher Berufsposition ausbezahlt wird. In der Berufsschule fand ich einen neuen besten Kollegen und verbrachte sehr viel Zeit mit ihm und seinen Freunden. Die Berufsschule hatte mir gut gefallen. Ich musste nicht arbeiten und konnte mit Gleichaltrigen Zeit verbringen. Generell fühlte sich die Arbeit für mich immer als eine Strafe an, da ich Fussball spielen und nicht den ganzen Tag in einem Büro sitzen und langweilige Tätigkeiten ausführen wollte. In meiner Lehrzeit bin ich deshalb am liebsten zur Schule gegangen. Mit 18 Jahren beendete ich die Lehre und konnte noch ein Jahr bleiben. Ich war sehr dankbar dafür, obwohl ich die Arbeit an sich recht eintönig und langweilig erlebte. In dieser Zeit absolvierte ich die Rekrutenschule im Tessin. Dies war eine erlebnisreiche Zeit für mich. Ich erlebte das Militär als ein Ort, wo Freiheit und Individualität keinen Platz finden und Befehle befolgt werden mussten. Das Militär war für mich ein schrecklicher Ort. Ich erlebte aber auch viele schöne Sachen, hauptsächlich aufgrund der dortigen Menschen. Nach dem Militär absolvierte ich die Berufsmaturität, welche ich mit einer Ehrenmeldung abschloss. Ich erhielt als Geschenk Fondsanteile, die ich verkaufte, um selbst in Aktien zu investieren. Da ich zu dieser Zeit sehr an der Börse aktiv war und ich nicht als Kaufmann arbeiten wollte, entschied ich mich für ein Wirtschaftsstudium.

Erwachsenenalter