Märchen aus Albanien -  - E-Book

Märchen aus Albanien E-Book

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Beschreibung

Erleben Sie die Märchen und Sagen aus aller Welt in dieser Serie "Märchen der Welt". Von den Ländern Europas über die Kontinente bis zu vergangenen Kulturen und noch heute existierenden Völkern: "Märchen der Welt" bietet Ihnen stundenlange Abwechslung. Ein Auszug aus dem Inhaltsverzeichnis dieses Buches: Augenhündin. Ljelje Kurwe. Das Haar der Schönen der Erde. Perseus. Der Räuber Nuß. Das Schlangenkind. Silberzahn. Taubenliebe. Schneewittchen. Entstehung des Kuckucks. Erschaffung des Wolfes. Der gefesselte Teufel. Der Fall der Engel. Der Bär und der Derwisch Das Mädchen, das der Sonne gelobt war Die Lubi und die Schöne der Erde Die Geschichte von dem verkauften Kinde Die Nachtigall Gisar Die drei Gesellen Die Schöne der Erde Neid zwischen zwei Schwestern Das Mädchen im Kasten Die neidischen Schwestern Das goldne Gürtelschloß Die Geschichte von den drei Brüdern, den drei Schwestern und dem halbeisernen Mann Der Gerechte und der Ungerechte. Der Mann, welcher sich statt eines Esels einfand. Das Glück des Narren. Der Onkel und der Neffe, während sie stehlen. Ein verschmitzter Räuber. Zwei Reisende. Der Sultan und der Alte. Was du thust, thut man dir und noch mehr. Der Sohn verzieh dem Vater. Der Dieb und der Schuster. Ein Prozess. Mohammed und St. Nikolaus. Der Priester und der Diakon. Glücklich, der auf den Teufel hofft. Der Nutzen des Trinkens. Der Wolf und das Pferd. Eine Heiratsvermittlung. Der Sohn des Zigeuners. Paschal Fetagadz. Ein Herr, welcher sehr viel log. Der Bergbewohner und der Zinngiesser. Der Türke und der Christ. Das dumme Weib. Der Arzt und der Tod. Der Richter sieht das heilige Buch an. Drei Wünsche. Drei Diebe. Der Teufel mit Halftern am Arm. Das Mädchen mit der Ziege. Die Frau und der Gevatter. Die drei Gesellen. Der zerschnittene Fisch.

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Märchen aus Albanien

Inhaltsverzeichnis:

Geschichte des Märchens

Märchen aus Albanien

Augenhündin.

Ljelje Kurwe.

Das Haar der Schönen der Erde.

Perseus.

Der Räuber Nuß.

Das Schlangenkind.

Silberzahn.

Taubenliebe.

Schneewittchen.

Entstehung des Kuckucks.

Erschaffung des Wolfes.

Der gefesselte Teufel.

Der Fall der Engel.

Der Bär und der Derwisch

Das Mädchen, das der Sonne gelobt war

Die Lubi und die Schöne der Erde

Die Geschichte von dem verkauften Kinde

Die Nachtigall Gisar

Die drei Gesellen

Die Schöne der Erde

Neid zwischen zwei Schwestern

Das Mädchen im Kasten

Die neidischen Schwestern

Das goldne Gürtelschloß

Die Geschichte von den drei Brüdern, den drei Schwestern und dem halbeisernen Mann

Der Gerechte und der Ungerechte.

Der Mann, welcher sich statt eines Esels einfand.

Das Glück des Narren.

Der Onkel und der Neffe, während sie stehlen.

Ein verschmitzter Räuber.

Zwei Reisende.

Der Sultan und der Alte.

Was du thust, thut man dir und noch mehr.

Der Sohn verzieh dem Vater.

Der Dieb und der Schuster.

Ein Prozess.

Mohammed und St. Nikolaus.

Der Priester und der Diakon.

Glücklich, der auf den Teufel hofft.

Der Nutzen des Trinkens.

Der Wolf und das Pferd.

Eine Heiratsvermittlung.

Der Sohn des Zigeuners.

Paschal Fetagadz.

Ein Herr, welcher sehr viel log.

Der Bergbewohner und der Zinngiesser.

Der Türke und der Christ.

Das dumme Weib.

Der Arzt und der Tod.

Der Richter sieht das heilige Buch an.

Drei Wünsche.

Drei Diebe.

Der Teufel mit Halftern am Arm.

Das Mädchen mit der Ziege.

Die Frau und der Gevatter.

Die drei Gesellen.

Der zerschnittene Fisch.

Der Zauberer und sein Schüler.

Die listige Faule.

Die schöne der Erde.

Die sieben Brüder mit den Wundergaben.

Die närrische Frau des Holzhauers.

Das Mädchen im Kasten.

Der Pope und seine Frau.

Der Jüngling und der Bartlose.

Die dankbaren Thiere.

Märchen aus Albanien

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

Loschberg 9

86450 Altenmünster

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

Frontcover: © Sweet Angel - Fotolia.com

Geschichte des Märchens

Ein Märchenist diejenige Art der erzählenden Dichtung, in der sich die Überlebnisse des mythologischen Denkens in einer der Bewußtseinsstufe des Kindes angepaßten Form erhalten haben. Wenn die primitiven Vorstellungen des Dämonenglaubens und des Naturmythus einer gereiftern Anschauung haben weichen müssen, kann sich doch das menschliche Gemüt noch nicht ganz von ihnen trennen; der alte Glaube ist erloschen, aber er übt doch noch eine starke ästhetische Gefühlswirkung aus. Sie wird ausgekostet von dem erwachsenen Erzähler, der sich mit Bewußtsein in das Dunkel phantastischer Vorstellungen zurückversetzt und sich, vielfach anknüpfend an altüberlieferte Mythen, an launenhafter Übertreibung des Wunderbaren ergötzt. So ist das Volksmärchen (und dieses ist das echte und eigentliche M.) das Produkt einer bestimmten Bewußtseinsstufe, das sich anlehnt an den Mythus und von Erwachsenen für das Kindergemüt mit übertreibender Betonung des Wunderbaren gepflegt und fortgebildet wird. Es ist dabei, wie in seinem Ursprung, so in seiner Weiterbildung durchaus ein Erzeugnis des Gesamtbewußtseins und ist nicht auf einzelne Schöpfer zurückzuführen: das M. gehört dem großen Kreis einer Volksgemeinschaft an, pflanzt sich von Mund zu Munde fort, wandert auch von Volk zu Volk und erfährt dabei mannigfache Veränderungen; aber es entspringt niemals der individuellen Erfindungskraft eines Einzelnen. Dies ist dagegen der Fall bei dem Kunstmärchen, das sich aber auch zumeist eben wegen dieses Ursprungs sowohl in den konkreten Zügen der Darstellung als auch durch allerlei abstrakte Nebengedanken nicht vorteilhaft von dem Volksmärchen unterscheidet. Das Wort M. stammt von dem altdeutschen maere, das zuerst die gewöhnlichste Benennung für erzählende Poesien überhaupt war, während der Begriff unsers Märchens im Mittelalter gewöhnlich mit dem Ausdruck spel bezeichnet wurde. Als die Heimat der M. kann man den Orient ansehen; Volkscharakter und Lebensweise der Völker im Osten bringen es mit sich, daß das M. bei ihnen noch heute besonders gepflegt wird. Irrtümlich hat man lange gemeint, ins Abendland sei das M. erst durch die Kreuzzüge gelangt; vielmehr treffen wir Spuren von ihm im Okzident in weit früherer Zeit. Das klassische Altertum besaß, was sich bei dem mythologischen Ursprung des Märchens von selbst versteht, Anklänge an das M. in Hülle und Fülle, aber noch nicht das M. selbst als Kunstgattung. Dagegen taucht in der Zeit des Neuplatonismus, der als ein Übergang des antiken Bewußtseins zur Romantik bezeichnet werden kann, eine Dichtung des Altertums auf, die technisch ein M. genannt werden kann, die reizvolle Episode von »Amor und Psyche« in Apulejus' »Goldenem Esel«. Gleicherweise hat sich auch an die deutsche Heldensage frühzeitig das M. angeschlossen. Gesammelt begegnen uns M. am frühesten in den »Tredeci piacevoli notti« des Straparola (Vened. 1550), im »Pentamerone« des Giambattista Basile (gest. um 1637 in Neapel), in den »Gesta Romanorum« (Mitte des 14. Jahrh.) etc. In Frankreich beginnen die eigentlichen Märchensammlungen erst zu Ende des 17. Jahrh.; Perrault eröffnete sie mit den als echte Volksmärchen zu betrachtenden »Contes de ma mère l'Oye«; 1704 folgte Gallands gute Übersetzung von »Tausendundeiner Nacht« (s. d.), jener berühmten, in der Mitte des 16. Jahrh. im Orient zusammengestellten Sammlung arabischer M. Besondern Märchenreichtum haben England, Schottland und Irland aufzuweisen, vorzüglich die dortigen Nachkommen der keltischen Urbewohner. Die M. der skandinavischen Reiche zeigen nahe Verwandtschaft mit den deutschen. Reiche Fülle von M. findet sich bei den Slawen. In Deutschland treten Sammlungen von M. seit der Mitte des 18. Jahrh. auf. Die »Volksmärchen« von Musäus (1782) und Benedikte Naubert sind allerdings nur novellistisch und romantisch verarbeitete Volkssagen. Die erste wahrhaft bedeutende, in Darstellung und Fassung vollkommen echte Sammlung deutscher M. sind die »Kinder- und Hausmärchen« der Brüder Grimm (zuerst 1812–13, 2 Bde.; ein 3. Band, 1822, enthält literarische Nachweise bezüglich der M.). Unter den sonstigen deutschen Sammlungen steht der Grimmschen am nächsten die von L. Bechstein (zuerst 1845); außerdem sind als die bessern zu nennen: die von E. M. Arndt (1818), Löhr (1818), J. W. Wolf (1845 u. 1851), Zingerle (1852–54), E. Meier (1852), H. Pröhle (1853) u. a. Mit M. des Auslandes machten uns durch Übertragungen bekannt: die Brüder Grimm (Irland, 1826), Graf Mailath (Ungarn, 1825), Vogl (Slawonien, 1837), Schott (Walachei, 1845), Asbjörnson (Norwegen), Bade (Bretagne, 1847), Iken (Persien, 1847), Gaal (Ungarn, 1858), Schleicher (Litauen, 1857), Waldau (Böhmen, 1860), Hahn (Griechenland u. Albanien, 1863), Schneller (Welschtirol, 1867), Kreutzwald (Esthland, 1869), Wenzig (Westslawen, 1869), Knortz (Indianermärchen, 1870, 1879, 1887), Gonzenbach (Sizilien, 1870), Österley (Orient, 1873), Carmen Sylva (Rumänien, 1882), Leskien und Brugman (Litauen, 1882), Goldschmidt (Rußland, 1882), Veckenstedt (Litauen, 1883), Krauß (Südslawen, 1883–84), Brauns (Japan, 1884), Poestion (Island, 1884; Lappland, 1885), Schreck (Finnland, 1887), Chalatanz (Armenien, 1887), Jannsen (Esthen, 1888), Mitsotakis (Griechenland, 1889), Kallas (Esthen, 1900) u. a. Unter den Kunstpoeten haben sich im M. mit dem meisten Glück versucht: Goethe, L. Tieck, Chamisso, E. T. A. Hoffmann, Fouqué, Kl. Brentano, der Däne Andersen, R. Leander (Volkmann) u. a. Vgl. Maaß, Das deutsche M. (Hamb. 1887); Pauls »Grundriß der germanischen Philologie«, 2. Bd., 1. Abt. (2. Aufl., Straßb. 1901); Benfey, Kleinere Schriften zu Märchen-forschung (Berl. 1890); Reinh. Köhler, Aufsätze über M. und Volkslieder (das. 1894) und Kleine Schriften, Bd. 1: Zur Märchenforschung (hrsg. von Bolte, das. 1898); R. Petsch, Formelhafte Schlüsse im Volksmärchen (das. 1900).

Märchen aus Albanien

Augenhündin.

Es war und war nicht. – Es war einmal eine junge Frau, die war an einem fremden Orte verheiratet und fünf Jahre nicht zu ihren Verwandten gekommen.

Als sie eines Tages an der Quelle Wasser schöpfte, seufzte sie nach ihren Verwandten, und als sie so seufzte, kam eine Alte zu ihr – und das war die Augenhündin, welche vier Augen hatte, zwei vorne, zwei hinten, aber die junge Frau erkannte sie nicht, denn die zwei hinteren hatte sie mit dem Kopftuche verbunden – und fragte sie: »Warum klagst du, Töchterchen?«

Sie sagte darauf: »Ach, Frau, ich klage, weil es nun fünf Jahre sind, daß ich meinen Vater und meine Mutter nicht gesehen habe; der Weg ist weit, und ich habe niemand, mit dem ich gehen könnte.«

Da sagte die Alte: »Ich führe dich hin, Töchterchen, denn ich habe in der Gegend ein Geschäft; gehe also, schmücke dich, ich warte hier auf dich.«

Da ging die junge Frau in ihr Haus, schmückte sich und eilte zu der Alten, die an der Quelle auf sie wartete.

Sie gingen ein oder zwei Stunden Weges und kamen an einen entlegenen Ort, und dort war das Haus der Augenhündin, und ihre Tochter, die Maro hieß, saß darin.

Da merkte das Mädchen, daß die Alte die Augenhündin sei, aber sie konnte ihr nicht entwischen.

Als nun die Augenhündin ins Haus trat, befahl sie ihrer Tochter Maro, den Backofen anzuzünden, und sie selbst ging hinaus, um Holz zu sammeln.

Als nun die Augenhündin fort war, da fragte das Mädchen die Maro: »Was willst du mit dem Ofen?«

Und diese sagte ihr: »Wir wollen dich braten und dann auffressen.«

»Das ist mir ganz recht, daß ihr mich auffreßt, aber gib acht, daß das Feuer nicht ausgehe.«

»Ich will schon blasen, und da brennt es.«

Und wie nun die Maro hinging, um das Feuer anzublasen, da stieß sie die junge Frau mit den beiden Händen von hinten und steckte sie in den Ofen hinein und machte die Ofentüre zu.

Bevor aber die Augenhündin zurückkam, floh die junge Frau und kehrte in Eile und großem Schrecken in ihr Dorf zurück und erzählte ihrer Mutter alles, was sie erlebt hatte; und jeder, der es hörte, der wunderte sich über den Mut, den sie gezeigt hatte, daß sie die Tochter der Augenhündin in den Ofen stieß. – Dort war ich, fand aber nichts – von dem, was ich erzählte –.

Ljelje Kurwe.

Es war und war nicht. – Es war einmal eine Mutter, die hatte sieben Söhne in der Fremde und eine kleine Tochter zu Hause.

Als nun das Mädchen heranwuchs, da sagten die Leute zu ihm: »Wie glücklich bist du, daß du sieben Brüder hast!«

Da ging es eines Tages zu seiner Mutter und sagte ihr: »Mutter, hab' ich Brüder?«

»Wie solltest du keine haben, Töchterchen? Du hast sieben Brüder, aber du hast sie nicht hier, sie sind weit in der Fremde.«

»Wenn ich wirklich Brüder habe, so gib mir die Ljelje Kurwe, deine Magd, damit ich ausgehe, um sie zu finden.«

»So geh' denn, Töchterchen, wenn du solche Sehnsucht hast.«

Da machte sich diese auf den Weg, zusammen mit der Ljelje Kurwe, die zu Fuß war, und sie selbst saß auf einer Stute.

Als sie den halben Weg gemacht hatten, fanden sie eine Quelle, und da große Hitze war, kam ihr Durst an. Sie sprang von der Stute, um Wasser zu trinken und gab die Stute der Magd zu halten.

Während sie nun Wasser trank, siehe, da sprang Ljelje Kurwe auf die Stute und ritt voraus, und das Mädchen lief ihr nach.

Als sie zu dem Orte kamen, wo die Brüder waren, da nahmen diese Ljelje Kurwe wie ihre Schwester auf und ließen ihre Schwester Hühner und Gänse hüten.

Und Ljelje Kurwe saß auf dem goldenen Stuhl und spielte mit dem goldenen Apfel.

Und jene weinte, während sie die Hühner und die Gänse hütete, und schickte ihrer Mutter Grüße mit der Sonne des Mittags.

Nach mehreren Tagen erfuhren die Brüder, daß sie ihre Schwester sei, und sie setzten sie auf den goldenen Stuhl und sie spielte mit dem goldenen Apfel, und die Ljelje Kurwe züchtigten sie sehr wegen des Betruges, den sie gespielt hatte, und ließen sie die Hühner und die Gänse hüten.

Das Haar der Schönen der Erde.

Es waren einmal drei Brüder, die gingen in die Fremde. Auf dem Wege, den sie kamen, fanden sie ein großes Loch, welches in die Unterwelt hinabging.

Da sagten sie zu dem kleinsten: »Wenn wir dich binden und dich hinunterlassen, damit du siehst, was da drinnen ist, tust du es?«

Mit vielen Reden brachten sie ihn dahin. Sie banden ihn mit ihren Gürteln, ließen ihn hinab und ließen ihn dann los. Er fiel auf das Haus einer alten Zauberin.

»Was suchst du?« fragte ihn die Alte. »Warum kamst du hierher?«

»Mich schickte der König der Oberwelt, um ihm ein Haar von der Schönen der Erde zu holen.«

»Wie willst du dorthin kommen, Söhnchen? Die bewacht ein Hund mit drei Köpfen, der weder bei Tag noch bei Nacht schläft.«

»Wie soll ich's nun machen, Mütterchen?«

»Da hast du dieses Wasser, und wenn du dorthin kommst, so wasch dein Gesicht damit, und du wirst so dunkel werden, daß dich der Hund nicht sieht. Dann gehe hinein, und wenn die Schöne der Erde schläft, da stecke ihr ein bißchen von dieser Erde der Toten in das Ohr, damit sie dich nicht gewahr werde. Reiß' ihr ein goldenes Haar aus dem Kopfe und komme schnell hierher zu mir.«

Jener tat, wie ihm die Alte gesagt hatte, ging hinein, ohne daß ihn der Hund sah, und fand die Schöne der Erde, während sie schlief. Er warf ein Stück Erde auf sie, nahm ihr das Haar und kam zu der Alten.

»Was willst du nun?« fragte ihn die Alte.

»Ich will, daß du mich auf die Oberwelt steigen machest.«

Da rief die Alte mit Zauberei alle Krähen und Raben zusammen und band ihm Fleisch in den Gürtel, und es nahmen ihn die Vögel, während sie an dem Fleische zupften und hoben ihn in die Höhe.

Als ihn die Brüder sahen, wunderten sie sich, wie er heraufgekommen sei.

Er aber sagte ihnen: »Warum ließt ihr mich fallen, ihr Narren?« Und diese sagten ihm: »Du bist uns unversehens entgleitet.«

Er aber ging zum König und brachte ihm das goldene Haar der Schönen der Erde, und dies Haar hatte das Eigene, daß der, welcher es in die Hand nahm, wie die Sonne glänzte.

Der König nahm es und gab es seinem Weibe, und jenen machte er groß und gab ihm ein großes Einkommen, und seine Brüder wurden endlich seine Diener.

Perseus.

Es war einmal ein König, der herrschte über ein Land, und dem war prophezeit worden, daß er von einem Enkel getötet werden würde, der noch nicht geboren sei. Aus diesem Grunde warf er alle Knaben, die seine zwei Töchter bekamen, ins Meer und ersäufte sie.

Der dritte Knabe aber, den er ins Meer warf, ertrank nicht, denn der Wellenschlag warf ihn an das Ufer des Meeres. Dort fanden ihn ein paar Hirten und nahmen ihn mit in ihren Pferch und gaben ihn ihren Weibern, um ihn groß zu ziehen.

Es verging die Nacht, es verging der Tag, und der Knabe wuchs bis in sein zwölftes Jahr und ward sehr schön und kräftig.

Zu dieser Zeit hatte sich eine Lubia im Lande des Königs gezeigt, die alle Wasser hatte versiegen lassen; und es war prophezeit worden, daß die Lubia die Wasser nicht eher wieder fließen lassen würde, bis sie nicht die Tochter des Königs gefressen hätte.

Wollte der König, oder wollte er nicht, es blieb ihm keine Wahl, er mußte sich entschließen, das Mädchen zu geben, damit sie die Lubia fräße, und er schickte sie und ließ sie an einen Ort binden, wo die Lubia sich aufhielt.

Denselben Tag ging auch der Jüngling dort vorbei, den die Hirten erzogen hatten, und als er die Tochter des Königs sah, so fragte er sie, warum sie dort sitze und weine; und diese erzählte ihm, weswegen sie der Vater hierher geschickt habe.

»Fürchte dich nicht, « sagte er hierauf, »halte dich ruhig und habe genau Acht, wenn die Lubia herauskommt, dann rufe mich, denn ich will mich verstecken.«

Jener versteckte sich nun hinter einem Felsen und setzte eine Mütze auf, die ihn bedeckte, so daß er nicht sichtbar war.

Über ein Weilchen kam die Lubia heraus, und das Mädchen rief leise dem Jüngling, herbeizukommen, und dieser kam hinter dem Felsen hervor, und als sich die Lubia näherte, schlug er ihr mit der Keule dreimal auf den Kopf, und die Lubia fiel sterbend nieder. In demselben Augenblick fingen die Wasser wieder an zu fließen.

Er aber nahm den Kopf der Lubia und ließ die Tochter des Königs ziehen, ohne daß diese seinen Kummer erfuhr.

Als nun das Mädchen zum König kam und erzählte, wie sie von der Lubia befreit worden, da ließ der König das Gerücht verbreiten, daß der, welcher die Lubia getötet habe, zu dem Könige kommen solle, denn er wolle ihn zu seinem Sohne machen und ihm die Tochter zum Weibe geben.

Als das der Jüngling hörte, ging er zum König und zeigte ihm den Kopf der Lubia und nahm das Mädchen zum Weibe, das er von ihr befreit hatte, und es wurde große Hochzeit gefeiert.

Während sie spielten und sprangen, warf der Jüngling seine Keule und traf, ohne zu wollen, den König und tötete ihn, und die Prophezeiung wurde erfüllt, und der Jüngling selbst wurde König. – Dort war ich, fand aber nichts.

Der Räuber Nuß.

Es war einmal ein Alter und eine Alte, denen Gott keine Kinder gegeben hatte. Sie befragten sich hier und befragten sich dort; da sagte man ihnen: Wenn ihr Kinder machen wollt, so geht das nicht anders, als ihr müßt einen Schlauch nehmen und zwanzig Tage und zwanzig Nächte hineinblasen, und dann werdet ihr im Schlauche ein Kind finden.

Und jene machten es so, und nach zwanzig Tagen fanden sie im Schlauche einen Knaben, so groß wie eine Nuß.

Sie nahmen ihn heraus, kleideten ihn und ernährten ihn, aber er wuchs nicht mehr, denn er wurde fünfzehn Jahr und blieb wie eine Nuß.

Eines Tages schickten sie ihn auf den Acker, um mit den Ochsen zu pflügen; und jener ging, sprang auf die Spitze des Pfluges und lenkte die Ochsen.

Da kamen dort drei Räuber vorbei, und wie sie die Ochsen allein sahen – denn den Knaben sahen sie nicht –, so fingen sie an, die Ochsen vom Joch zu lösen. Der aber schlug sie mit der Treibstange auf die Hände, und diese fürchteten sich anfangs sehr, dann aber gaben sie Acht und sahen ihn auf der Spitze des Pfluges und nahmen ihn mit sich und gingen, um die Ochsen des Priesters zu stehlen.

Wie sie nun vor das Haus des Priesters kamen, da ließen sie den Knaben, der nur so groß wie eine Nuß war, durch die Risse der Tür hinein, und als dieser hineingeschlüpft war, machte er ihnen die Tür auf und zog die Ochsen heraus, und sie machten sich aus dem Staube.

Er aber wurde ein Räuber, der seinesgleichen nicht hatte, und sein Name blieb Räuber Nuß, und die Welt fürchtete ihn sehr. Endlich aber ertrank er in einem Fluß.

Das Schlangenkind.

Es war einmal ein König, der bekam keine Kinder, er hatte aber einen Wesir, der drei Mädchen hatte, und die Frauen der beiden hatten sich einander sehr lieb. Da geschah es eines Tages, daß sie zusammen in einen Garten gingen, um daselbst den Tag zu verbringen, und während sie dort miteinander aßen und tranken, sprach die Königin zur Wesirsfrau: »Du hast drei Mädchen, und wenn ich nur einen Sohn hätte, würden wir nicht Schwägerschaft miteinander machen, da wir uns so lieb haben?« Und jene antwortete: »Ach ja, das wäre sehr schön, wenn du nur einen Sohn hättest, aber leider hat dir unser Herrgott keinen geschenkt.« Da rief die Königin: »Ach, ich wollte, daß mir Gott einen Sohn schenkte, und wenn es auch eine Schlange wäre.«

An demselben Abend schlief die Königin bei dem König, und ihr Leib wurde gesegnet, und als ihre Zeit kam, gebar sie eine Schlange, so wie sie sich es gewünscht hatte. Diese wuchs schnell heran und sprach eines Tages zu ihrer Mutter: »Höre, Mutter, erinnerst du dich, was du mit der Wesirsfrau verabredet hast, als ihr zusammen in jenem Garten waret? Ich will eine von ihren Töchtern zur Frau, gehe also hin und werbe für mich um die älteste.«

Da machte sich die Mutter auf und ging zur Wesirsfrau und sprach: »Ich wünschte deine älteste Tochter zur Schwiegertochter für meinen Sohn.« Da erwiderte jene: »Was, ich sollte meiner Tochter eine Schlange zum Manne geben? Das wird nimmer geschehen, gehe deiner Wege und sprich nicht mehr davon.« Da kehrte die Königin ganz traurig zu ihrem Sohne zurück und sprach: »Sie will dich nicht.«

Darüber vergingen ein paar Jahre, dann aber sprach die Schlange wiederum zu ihrer Mutter: »Höre, Mutter, gehe noch einmal zur Wesirsfrau und sage ihr, daß sie mir ihre zweite Tochter zur Frau geben solle.« Da machte sich die Mutter wiederum auf, ging zu der Wesirsfrau und sprach: »Mein Sohn schickt mich und hält um deine zweite Tochter an.« Über diesen Antrag aber wurde jene sehr ungehalten und sprach: »Schere dich deiner Wege und sprich mir nicht mehr davon, daß ich meinen Töchtern eine Schlange zum Manne geben solle.« Da kehrte die Königin betrübt nach Hause zurück und sagte zu ihrem Sohne: »Sie will dich nicht.«

Als nun wieder ein paar Jahre vorüber waren, da sprach die Schlange zu ihrer Mutter: »Höre, Mutter, gehe noch einmal zur Wesirsfrau und sage ihr, sie solle mir ihre dritte Tochter geben, und wenn sie das nicht täte, so würde ich eines Nachts in ihr Haus kommen und sie alle umbringen.« Da machte sich die Mutter auf, ging zur Wesirsfrau und richtete ihr unter vielen Tränen den Auftrag ihres Sohnes aus. Als die Wesirsfrau das hörte, erschrak sie sehr und wußte nicht, was sie tun sollte, denn gibt sie das Mädchen nicht her, so kommt die Schlange und bringt sie alle ums Leben, und gibt sie es her, so fürchtet sie, dasselbe in den Tod zu schicken. Sie riefen also das Mädchen herbei und fragten sie: »Höre, mein Kind, willst du die Schlange der Königin zum Manne nehmen?« Das Mädchen aber erwiderte: »Ich will mir es überlegen.«

Darauf ging das Mädchen zu einer klugen alten Frau, erzählte ihr den Hergang und fragte sie, was sie tun solle. Die Alte aber sprach: »Sage ja, mein Töchterchen, denn das ist gar keine Schlange, sondern ein Mann, der in der ganzen Welt seinesgleichen nicht hat. In der Brautnacht mußt du aber vierzig Hemden anziehen, denn die Schlange hat vierzig Häute, und wenn ihr dann zu Bette geht und sie zu dir sagt: ›Ziehe dich aus‹, so mußt du antworten: ›Ziehe dich auch aus.‹ Da wird dein Mann eine Haut ausziehen, und du mußt es mit dem obersten Hemde ebenso machen, und so mußt du fortfahren, bis er die vierzigste Haut abgezogen hat, dann sollst du sehen, was für ein schöner Mann vor dir steht.«

Als das Mädchen von der Alten zurückkam, sagte es zu seiner Mutter: »Liebe Mutter, ich will die Schlange zum Manne nehmen.« Und diese rief: »Ei, ei! mein Töchterchen! Fürchtest du dich denn nicht, bei einer Schlange zu schlafen?« Das Mädchen aber sprach: »Laß dich das nicht kümmern.« Als die Mutter sah, daß es ihrer Tochter Ernst sei, schickte sie zur Königin und ließ ihr sagen, daß sie die Verlobungs-und Hochzeitsfeier zurichten lassen solle, und an einem Sonntage machten sie sich auf, nahmen die Ringe und die Schlange mit, die zu einem großen Ringel gerollt in einem Korbe lag, und hielten Verlobung und Hochzeit.

Als darauf die Brautleute zu Bette gingen, da sprach die Schlange zur Braut: »Entkleide dich.« Und diese erwiderte: »Entkleide dich auch.« Und so zogen sie nacheinander die vierzig Hemden und die vierzig Häute ab, und als die Schlange ganz ausgezogen, war sie ein junger Mann, von dessen Schönheit die ganze Stube erglänzte. Darauf schliefen sie miteinander und der Leib der jungen Frau wurde gesegnet.

Am andern Morgen schlüpfte der Mann wieder in die vierzig Schlangenhäute und sprach zu der jungen Frau: »Hüte dich wohl, irgend jemand zu erzählen, daß ich ein Mann bin, bis du geboren hast, denn dann wird es bekannt werden, doch wenn du es früher tust, so schlüpfe ich in ein Loch und gehe davon und du hast mich verloren.« Die junge Frau sprach: »Sei unbekümmert, ich verrate dich gewiß nicht.« Sie fand aber ihre Last mit ihrer Mutter, denn diese quälte sie ohne Unterlaß, sie möge ihr doch sagen, wie sie mit der Schlange lebe und wie sie schwanger geworden sei. Die junge Frau antwortete stets nur, daß es ihr gut gehe und hielt sich acht Monate lang gegen alle Angriffe; da setzte ihr aber eines Tages die Mutter so lange zu, bis sie sich nicht mehr halten konnte und herausplatzte: »Ei, Mutter, ist denn das etwa eine Schlange oder ist es ein Mann, wie es auf der Welt keinen andern gibt?« Kaum hatte sie dies gesagt, so bereute sie freilich ihre Schwatzhaftigkeit, aber es war zu spät; denn in derselben Nacht verschloß ihr die Schlange den Schoß und ging weg.

Die junge Frau wartete die ganze Nacht, den folgenden Tag, eine Woche, einen Monat, aber ihr Mann kam nicht zurück. Da verfiel sie in große Betrübnis, sie klagte, weinte und jammerte und wußte nicht, was sie anfangen sollte. Endlich faßte sie den Entschluß, ihren Mann aufzusuchen. Sie zog also Nonnenkleider an und wanderte aufs Geradewohl in die Welt hinein. Nachdem sie eine Weile gewandert war, begegnete sie einer alten Frau, und die fragte sie: »Wo willst du hin, mein Kind?« Da sagte ihr die junge Frau: »So und so ist es mir ergangen, mein Mann hat mich verlassen, und nun gehe ich, um ihn aufzusuchen.« Die Alte sprach darauf: »Steige da hinauf, auf jenen Berg, da oben ist eine Quelle mit faulem Wasser, in dem Würmer und Ungeziefer schwimmen; von diesem mußt du trinken und dabei sagen: ›Ach was ist das für gutes Wasser‹. Und während du an dem Rande der Quelle stehst, sage dreimal: ›Erde, öffne dich und verschlinge mich, wie du auch meinen Mann verschlungen hast.‹ Dann wird sich die Erde öffnen, und du mußt hinuntersteigen, und unten wirst du die Schwestern der Sonne finden, und die werden dir sagen, wo dein Mann ist.«

Da stieg die junge Frau auf den Berg, den ihr die Alte gezeigt hatte, und fand jene faule Quelle. Sie trank von dem Wasser und sagte dazu: »Ach, was für gutes Wasser ist das, wie Kristall!« Und dann rief sie dreimal: »Öffne dich, Erde, und verschlinge mich, wie du auch meinen Mann verschlungen hast.« Da öffnete sich die Erde, und sie stieg hinunter und kam zu der jüngeren Schwester der Sonne. Die stand an dem Ofen und wollte Brot backen, und um ihn auszuwischen, brauchte sie ihre Brüste, und ihre Hände dienten ihr statt der Ofenschaufel. Als die junge Frau das sah, hatte sie Mitleid mit ihr; sie suchte daher so lange, bis sie ein Wischtuch und eine Ofenschaufel fand, und brachte sie der Schwester der Sonne. Darüber freute sich diese sehr und fragte die Frau: »Was soll ich dir für das Gute geben, das du mir erwiesen hast?« – »Ich verlange weiter nichts, als daß du mir sagen sollst, wie ich meinen Mann wiederfinden kann, denn er hat mich verlassen, und so und so ist es mir mit ihm ergangen.« Darauf erwiderte die Schwester der Sonne: »Gehe ein Stückchen höher hinauf, dort wirst du meine ältere Schwester antreffen, und die wird dir sagen, wo dein Mann ist.«

Da stieg die Frau etwas weiter aufwärts und fand jene Schwester der Sonne, wie sie gleich ihrer Schwester den Backofen mit ihren Brüsten und ihrer Zunge reinigte. Da lief sie so lange herum, bis sie ein Wischtuch und eine Ofenschaufel fand, und brachte es ihr. Darüber freute sich die Schwester der Sonne und sprach: »Sage mir, mein liebes Leben, was ich dir für die Wohltat geben soll, die du mir erwiesen hast?« Und die Frau antwortete: »Ich verlange weiter nichts, als daß du mir sagen sollst, wo mein Mann ist, denn der ist mir davongegangen und ich kann ihn nicht wiederfinden.«

Da gab ihr die Schwester der Sonne eine Nuß, eine Haselnuß und eine Mandel und sprach: »Da nimm das und gehe noch etwas höher hinauf, da wirst du an ein Haus kommen; dort wohnt dein Mann und ist mit einer andern verheiratet.« Die Frau ging darauf noch eine Strecke bergauf, bis sie an jenes Haus kam. Sie ging hinein, trat vor die Hausfrau und sprach: »Höre, liebe Frau, hast du nicht irgendein kleines Häuschen, in dem ich als Nonne leben könnte?« Da ließ ihr jene eine kleine Hütte geben, in deren Nähe ein Kupferschmied wohnte.

Am folgenden Morgen zerschlug die Nonne die Nuß, welche sie von der Schwester der Sonne bekommen hatte, und daraus kam eine Gluckhenne mit goldenen Küchlein hervor, die hin und her liefen und tsiu, tsiu piepten. Als die Magd jener Frau diese Tierchen erblickte, lief sie schnell nach Hause und sprach zu ihrer Herrin: »Ach, Frau, was hat die fremde Nonne für eine schöne Gluckhenne mit goldenen Küchlein! Wie sind die lieb und niedlich! Die wollen wir kaufen; was tut jene Gottesbraut damit?« Als das die Frau hörte, wurde sie neugierig und sprach: »Gehe hin und frage sie, wieviel sie dafür haben will.«

Da ging die Magd zur Nonne und sprach: »Höre, meine Liebe, wieviel verlangst du für deine Gluckhenne?« Jene aber versetzte: »Für Geld ist sie mir nicht feil, aber ich gebe sie Euch, wenn Ihr mir eine Nacht lang den Herrn gebt.« Darauf kehrte die Magd zu ihrer Herrin zurück, erzählte ihr, was sie von der Nonne zur Antwort erhalten hatte, und sprach: »Wir wollen ihr den Herrn auf eine Nacht geben, sie wird ihn ja nicht fressen, wir geben ihm vorher einen Schlaftrunk ein.« Die Frau wollte anfangs nichts davon wissen, aber die Magd redete ihr so lange zu, bis sie es zufrieden war.

Als sich der Herr am Abend zu Bette legte, gaben sie ihm einen Schlaftrunk ein, und als er eingeschlafen war, trugen sie ihn in die Hütte der Nonne und erhielten von ihr die Gluckhenne mit den Küchlein.

Die ganze Nacht hindurch, wo der Herr bei der Nonne schlief, rief diese nichts anderes als: »Gib mir den silbernen Schlüssel, damit ich das goldene Kind gebären kann.« Doch all ihr Rufen war vergeblich, der Herr wachte nicht auf, und bei Tagesanbruch schickte die Frau zur Nonne und ließ ihren Mann abholen.

Darauf zerschlug die Nonne die Haselnuß und daraus kam ein goldener Papagei hervor, und als den die Magd sah, lief sie zu ihrer Herrin: »Ach, Frau, was die fremde Nonne für einen schönen Papagei hat! Der ist ganz von Gold. Den wollen wir kaufen, was braucht die einen Papagei?« Die Frau erwiderte: »Gehe hin und frage sie, was sie dafür haben will?« Da ging die Magd hin und fragte die Nonne, und diese antwortete wie das erstemal: »Ich will den Herrn für eine Nacht.« Da gaben sie dem Herrn am Abend wieder einen Schlaftrunk ein, trugen ihn zu der Nonne und erhielten dafür den Papagei. Die Nonne aber rief abermals die ganze Nacht hindurch: »Gib mir den silbernen Schlüssel, damit ich das goldene Kind gebären kann.« Doch all ihr Rufen war abermals vergebens, der Herr wachte nicht auf, und bei Tagesanbruch schickte die Frau und ließ ihn wieder abholen.

Der Kupferschmied, welcher in der Nähe der Nonne wohnte, hatte aber vor dem Geschrei, was diese die zwei Nächte durch verführte, nicht schlafen können. Er ging also am andern Morgen zu dem Herrn und sprach: »Lieber Herr, verzeihe mir die Freiheit, ich habe dir aber etwas zu sagen. Die fremde Nonne läßt mich schon zwei Nächte lang nicht schlafen und macht mich taub mit ihrem ewigen Geschrei, denn sie ruft in einem fort: ›Gib mir den silbernen Schlüssel, damit ich das goldene Kind gebären kann! Was mag das wohl zu bedeuten haben?‹« Der Herr aber antwortete: »Wer kann wissen, was für ein Leid die Ärmste haben mag.« Doch die Worte des Kupferschmieds gingen ihm im Kopfe herum, und er begann zu ahnen, wer die Nonne sei.

An diesem Morgen zerschlug die Nonne die Mandel, welche sie von der Schwester der Sonne erhalten hatte, und daraus kam eine goldene Wiege hervor. Als die Magd die Wiege sah, lief sie zu ihrer Herrin und sprach: »Ach, Frau, was hat die fremde Nonne für eine schöne goldene Wiege, man kann sich gar nicht satt an ihr sehen. Die wollen wir für unsere Kinder kaufen. Denn was tut eine Nonne mit einer Wiege?«

»So gehe hin und frage sie, was wir ihr dafür geben sollen.« Da ging die Magd zur Nonne und sagte: »Wieviel verlangst du für deine Wiege?« Und jene erwiderte: »Ich verlange kein Geld dafür, sondern heute nacht mit deinem Herrn zu schlafen.« Da kam die Magd zurück und sprach: »Sie verlangt kein Geld dafür, sondern wieder heute nacht mit dem Herrn zu schlafen.«

Als das die Frau hörte, ward sie zornig und rief: »Sie soll zum Henker gehen, den Herrn gebe ich ihr nicht mehr.« Aber die Magd redete ihr zu und sprach: »Für die goldene Wiege könnten wir ihr ihn schon noch einmal geben, liebe Frau, sie hat ihn ja die beiden Male, wo sie bei ihm schlief, nicht gefressen.« Und sie ruhte nicht eher, bis die Herrin sprach: »Meinetwegen, sie soll ihn noch einmal haben.« Da ging die Magd hin und sagte es der Nonne und brachte dafür die Wiege zurück.

Als sie aber den Herrn am Abend zu Bett brachten und ihm den Schlaftrunk gaben, da gedachte er der Geschichte, die ihm der Kupferschmied erzählt hatte, er drehte sich auf die Seite, ließ den Trank auf einen Schwamm laufen und versteckte denselben. Darauf stellte er sich schlafend, und sie trugen ihn in die Hütte der Nonne. Als diese allein mit ihm war, fing sie wieder an und rief: »Gib mir den silbernen Schlüssel, damit ich das goldene Kind gebären kann.« Er ließ sie eine Weile rufen und sprach dann: »Schweige still und ziehe dich an, wir wollen fort.«

Darauf führte er sie in den Stall, zog zwei gute Pferde heraus, setzte sie auf das eine, stieg auf das andere und ritt mit ihr bis dahin, wo sich die Erde öffnet. Er rief dreimal: »Öffne dich, Erde, wir wollen hinaus.« Da öffnete sich die Erde und ließ sie hinaus. So wie sie auf der Oberwelt angekommen waren, öffnete er ihren Schoß und sie gebar einen Knaben, von dessen Schönheit die Erde erglänzte, und der bereits neun Jahre alt war.

Darauf ritten sie zum Palaste des Vaters der Frau. Da stellten sie eine große Hochzeit an, aßen und tranken und leben zusammen bis auf den heutigen Tag.

Es ist nicht ganz wahr, es ist aber auch nicht ganz erlogen.

Silberzahn.

Es war einmal ein Fürst, der hatte drei heiratsfähige Töchter, und um diese Zeit entspann sich ein Krieg zwischen seinem Könige und einem andern. Er hob also ein Heer in seinem Reiche aus und schickte auch zum Vater jener Mädchen und ließ ihn zum Kriege aufbieten, und als dieser die Botschaft vernahm, wurde er sehr betrübt, ging in sein Haus und blieb drei Tage in großem Kummer einsam in seinem Zimmer.

Da ging seine älteste Tochter zu ihm und sprach: »Warum bist du so traurig, lieber Vater?« Und jener antwortete: »Was soll ich dir sagen, mein Kind! Unser König will seinen Nachbar mit Krieg überziehen, und er hat mich aufgeboten, mitzugehen.« Da rief das Mädchen: »Ziehe hin und kehre nicht mehr wieder! Ich Ärmste glaubte, du dächtest darüber nach, welchem Manne du mich zur Frau geben solltest.« Und nachdem sie das gesagt hatte, ging sie aus dem Zimmer und ließ ihren Vater allein.

Nach einer Weile kam auch die zweite Tochter zu dem Alten und sprach: »Lieber Vater, was hast du, daß du so traurig bist?« Und der Vater antwortete: »Was fragst du mich? So hat mich auch deine älteste Schwester gefragt, und als ich es ihr sagte, hat sie auf mich geschmäht, und nun kommst auch du; laß mich in Frieden, bis mich der Kummer ins Grab legt.«

»Nein, Väterchen, ich will dich gewiß nicht schmähen, sondern mit dir auf Abhilfe denken.«

»So sprach auch jene anfangs, und dann schmähte sie mich.«

»Nein, lieber Vater, ich werde gewiß nicht so lieblos gegen dich sein.«

»Also höre, was mich quält. Unser König hat Krieg und hat mich dazu aufgeboten, und nun weiß ich nicht, wo ich euch während meiner Abwesenheit lassen soll.«

Da rief das Mädchen: »Ziehe hin und kehre nicht wieder. Ich Ärmste dachte, du wärst darüber betrübt, daß du keinen Mann für mich finden könntest.« Darauf stand sie auf und ließ den Vater allein.

Endlich ging auch die Jüngste, welche Theodora hieß, zum Vater und sprach: »Lieber Vater, warum sitzest du so bekümmert da? Willst du mir es nicht sagen?«

»Geh deiner Wege, ich war dumm genug und sagte es deinen Schwestern, und die schmähten mich dafür.«

»Aber ich werde das gewiß nicht tun, Väterchen.«

»So sprachen auch die andern anfangs, und dann taten sie es doch.«

»Aber wie könnte ich dich denn schmähen? Bist du nicht mein Vater, und ich deine Tochter?«

»Also höre, was mich quält. Unser König hat Krieg mit seinem Nachbar und hat mich aufgeboten, mitzuziehen, und nun weiß ich nicht, wo ich euch unterdessen lassen soll.«

Als die Jüngste das hörte, sprach sie: »Gräme dich nicht, lieber Vater, sondern gib mir deinen Segen und drei Anzüge, und ich ziehe statt deiner in den Krieg.«

Da ließ ihr der Vater drei Mannskleider machen und gab ihr seinen Segen, und dieser Segen verwandelte sich in ein Hündchen und zog mit ihr. Theodora nahm die Kleider und den Segen und zog geradeswegs zur Königsstadt. Als sie zum Schlosse des Königs ritt, stand eine Alte vor dem Tore und sprach zu dem Königssohne: »Siehst du den jungen Mann, der da kommt und so schön von Angesicht ist? Das ist gar kein Mann, sondern ein Mädchen, und dafür setze ich meinen Kopf zum Pfande.« Als der Königssohn das hörte, staunte er über ihre Schönheit und ging vor ihr voraus zum König. Als das Mädchen vor diesem erschien, sprach es: »Ich bin ein Kriegsmann und komme infolge deines Aufgebotes aus jener Gegend und jenem Hause.« Der König sprach: »Sag' uns deinen Namen, damit wir ihn auf die Liste setzen.« Und das Mädchen erwiderte: »Ich heiße Theodor.«

Als das Mädchen hinausgegangen war, sagte der Prinz zum Könige: »Lieber Vater, der heißt nicht Theodor, sondern Theodorula, und sie hat mein Herz entflammt, denn sie ist kein Mann, sondern ein Mädchen.« Der König wollte es anfangs nicht glauben, als aber der Prinz darauf bestand, sprach er: »Ich will dir sagen, wie du es anfangen mußt, um die Wahrheit zu erfahren, und wie es sich sogleich offenbaren wird, wenn es ein Mädchen ist. Geht zusammen in jene Kaufbude, dort hängen an der einen Wand Schwerter und Pistolen, und an der andern Ringe, Halsbänder und anderes Geschmeide, und wenn es ein Mädchen ist, so wird es sogleich auf die Seite treten, wo die Ringe hängen, wenn es aber nach der Seite geht, wo die Waffen hängen, so ist es ein Mann.« Das Hündchen war aber im Gemache des Königs geblieben und hatte das Gespräch mit angehört, und nun lief es hin und erzählte alles dem Mädchen.

Am andern Morgen sprach der Prinz zu der Jungfrau: »Höre, Theodor, komme einmal mit in jene Bude, dort sind Waffen zu verkaufen.« Sie gingen also dahin, und so wie die Jungfrau eintrat, wandte sie sich sogleich nach der Seite, wo die Waffen waren, betrachtete sie und handelte um sie mit dem Kaufmanne. Und als der Prinz sagte: »Wende dich einmal um und sieh' dir die schönen Ringe und Geschmeide an, die dort hängen,« antwortete sie: »Die sind für die Weiber und nicht für uns,« und würdigte sie keines Blickes. Sie kauften also zwei silberbeschlagene Pistolen und gingen wieder heim.

Der Prinz ging nun zum König und erzählte ihm, was er gesehen hatte. Da lachte dieser und sprach: »Habe ich dir nicht gesagt, daß das kein Mädchen ist?« Doch der Prinz antwortete: »Das ist ein Mädchen, Vater, die heißt Theodorula und hat mir das Herz entflammt.« Der Vater sprach: »Ich sage dir, das ist ein Mann. Weil du es aber nicht glauben willst, so versuche es noch einmal. Nimm ihn mit dir und führe ihn in jenes Schloß, das eine Treppe von siebenhundert Staffeln hat, und steige mit ihm hinauf. Wenn es ein Mädchen ist, so werden ihr dabei drei Blutstropfen entfallen, ist es aber ein Mann, so wird das nicht geschehn.« Auch dieses Gespräch hatte das Hündchen mit angehört und lief nun zu dem Mädchen und erzählte ihm alles.