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Erleben Sie die Märchen und Sagen aus aller Welt in dieser Serie "Märchen der Welt". Von den Ländern Europas über die Kontinente bis zu vergangenen Kulturen und noch heute existierenden Völkern: "Märchen der Welt" bietet Ihnen stundenlange Abwechslung. Inhalt: Von dem Menschen und dem Fuchs. Eine gute That wird immer mit bösem vergolten. Vom Igel, der die Königstochter zur Frau bekam. Vom Dümmling und seinem Schimmelchen. Vom Nachschrapselchen. Vom Dummbart und dem Wolf, der sein Freund war. Von dem Dummbart und dem Wolf, der sein Freund war. Von den drei Königssöhnen. Von dem Prinzen, der bei dem Satan in Diensten stand und den König aus der Hölle befreite. Von den zwei Fischerssöhnen. Von den drei Brüdern und ihren Thieren. Vom Königssohn und seinen Thieren. Von den zwei Waisenkindern. Von dem Jungen, der die drei Königstöchter von den Drachen erlöste. Von den drei Brüdern und der alten Hexe. Von dem alten Soldaten, der die drei Königstöchter befreite. Vom ausgedienten Soldaten und den Teufeln. Vom klugen Hans, der es bis zum König brachte. 1 Von der Edelmannstochter, die Soldat wurde. Von dem Königssohn, der auszog, um seine drei Schwestern zu suchen. Vom verzauberten Schloss. Von dem Fischerssohn, den ein Teufel davontrug. Vom weissen Wolf. Von der Ratte, die den Königssohn zum Mann bekam. Von dem Mädchen, das eine Hexe zur Stiefmutter hatte. Von dem Oheim, der ein Zauberer war. Wie sich der Mond vor einem Stern verneigte. Von der Hexe, die dem Mädchen den Kopf abbiss. Von einem Knecht und seinem Hund, Kater und Zaubersteinchen. Von dem Armen, dem ein altes Männchen ein Tischlein, ein Hämmelchen und einen Knüppel schenkte. Von dem alten Mann, der Herrgott werden wollte. Vom dummen Hans. Von dem Dummbart, der gegen die Königstochter das letzte Wort behielt.
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Seitenzahl: 321
Veröffentlichungsjahr: 2012
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Märchen aus Litauen
Inhalt:
Von dem Menschen und dem Fuchs.
Eine gute That wird immer mit bösem vergolten.
Vom Igel, der die Königstochter zur Frau bekam.
Vom Dümmling und seinem Schimmelchen.
Vom Nachschrapselchen.
Vom Dummbart und dem Wolf, der sein Freund war.
Von dem Dummbart und dem Wolf, der sein Freund war.
Von den drei Königssöhnen.
Von dem Prinzen, der bei dem Satan in Diensten stand und den König aus der Hölle befreite.
Von den zwei Fischerssöhnen.
Von den drei Brüdern und ihren Thieren.
Vom Königssohn und seinen Thieren.
Von den zwei Waisenkindern.
Von dem Jungen, der die drei Königstöchter von den Drachen erlöste.
Von den drei Brüdern und der alten Hexe.
Von dem alten Soldaten, der die drei Königstöchter befreite.
Vom ausgedienten Soldaten und den Teufeln.
Vom klugen Hans, der es bis zum König brachte. 1
Von der Edelmannstochter, die Soldat wurde.
Von dem Königssohn, der auszog, um seine drei Schwestern zu suchen.
Vom verzauberten Schloss.
Von dem Fischerssohn, den ein Teufel davontrug.
Vom weissen Wolf.
Von der Ratte, die den Königssohn zum Mann bekam.
Von dem Mädchen, das eine Hexe zur Stiefmutter hatte.
Von dem Oheim, der ein Zauberer war.
Wie sich der Mond vor einem Stern verneigte.
Von der Hexe, die dem Mädchen den Kopf abbiss.
Von einem Knecht und seinem Hund, Kater und Zaubersteinchen.
Von dem Armen, dem ein altes Männchen ein Tischlein, ein Hämmelchen und einen Knüppel schenkte.
Von dem alten Mann, der Herrgott werden wollte.
Vom dummen Hans.
Von dem Dummbart, der gegen die Königstochter das letzte Wort behielt.
Wie ein Mädchen gegen den König das Spiel gewann.
Von dem Tagedieb und Lügner und seinem Kamerad.
Von dem jungen Burschen, der keine Furcht hatte.
Von einem Dieb.
Von dem Dummbart, der seine klugen Brüder im Njemen ertränkte.
Vom Juden und Petrus.
Von dem reichen und dem armen Bruder.
Vom Herzen des Einsiedlers.
Von dem Burschen, der seine todte Braut heiratete.
Von des Flachses Qual.
Von Mariechen und der heiligen Jungfrau.
Vom armen Mann, der seinen Sohn, noch eh er zur Welt kam, dem Teufel verschrieb.
Von der heiligen Margareta.
Märchen aus Litauen
Jazzybee Verlag Jürgen Beck
Loschberg 9
86450 Altenmünster
www.jazzybee-verlag.de
Frontcover: © Sweet Angel - Fotolia.com
Ein Märchenist diejenige Art der erzählenden Dichtung, in der sich die Überlebnisse des mythologischen Denkens in einer der Bewußtseinsstufe des Kindes angepaßten Form erhalten haben. Wenn die primitiven Vorstellungen des Dämonenglaubens und des Naturmythus einer gereiftern Anschauung haben weichen müssen, kann sich doch das menschliche Gemüt noch nicht ganz von ihnen trennen; der alte Glaube ist erloschen, aber er übt doch noch eine starke ästhetische Gefühlswirkung aus. Sie wird ausgekostet von dem erwachsenen Erzähler, der sich mit Bewußtsein in das Dunkel phantastischer Vorstellungen zurückversetzt und sich, vielfach anknüpfend an altüberlieferte Mythen, an launenhafter Übertreibung des Wunderbaren ergötzt. So ist das Volksmärchen (und dieses ist das echte und eigentliche M.) das Produkt einer bestimmten Bewußtseinsstufe, das sich anlehnt an den Mythus und von Erwachsenen für das Kindergemüt mit übertreibender Betonung des Wunderbaren gepflegt und fortgebildet wird. Es ist dabei, wie in seinem Ursprung, so in seiner Weiterbildung durchaus ein Erzeugnis des Gesamtbewußtseins und ist nicht auf einzelne Schöpfer zurückzuführen: das M. gehört dem großen Kreis einer Volksgemeinschaft an, pflanzt sich von Mund zu Munde fort, wandert auch von Volk zu Volk und erfährt dabei mannigfache Veränderungen; aber es entspringt niemals der individuellen Erfindungskraft eines Einzelnen. Dies ist dagegen der Fall bei dem Kunstmärchen, das sich aber auch zumeist eben wegen dieses Ursprungs sowohl in den konkreten Zügen der Darstellung als auch durch allerlei abstrakte Nebengedanken nicht vorteilhaft von dem Volksmärchen unterscheidet. Das Wort M. stammt von dem altdeutschen maere, das zuerst die gewöhnlichste Benennung für erzählende Poesien überhaupt war, während der Begriff unsers Märchens im Mittelalter gewöhnlich mit dem Ausdruck spel bezeichnet wurde. Als die Heimat der M. kann man den Orient ansehen; Volkscharakter und Lebensweise der Völker im Osten bringen es mit sich, daß das M. bei ihnen noch heute besonders gepflegt wird. Irrtümlich hat man lange gemeint, ins Abendland sei das M. erst durch die Kreuzzüge gelangt; vielmehr treffen wir Spuren von ihm im Okzident in weit früherer Zeit. Das klassische Altertum besaß, was sich bei dem mythologischen Ursprung des Märchens von selbst versteht, Anklänge an das M. in Hülle und Fülle, aber noch nicht das M. selbst als Kunstgattung. Dagegen taucht in der Zeit des Neuplatonismus, der als ein Übergang des antiken Bewußtseins zur Romantik bezeichnet werden kann, eine Dichtung des Altertums auf, die technisch ein M. genannt werden kann, die reizvolle Episode von »Amor und Psyche« in Apulejus' »Goldenem Esel«. Gleicherweise hat sich auch an die deutsche Heldensage frühzeitig das M. angeschlossen. Gesammelt begegnen uns M. am frühesten in den »Tredeci piacevoli notti« des Straparola (Vened. 1550), im »Pentamerone« des Giambattista Basile (gest. um 1637 in Neapel), in den »Gesta Romanorum« (Mitte des 14. Jahrh.) etc. In Frankreich beginnen die eigentlichen Märchensammlungen erst zu Ende des 17. Jahrh.; Perrault eröffnete sie mit den als echte Volksmärchen zu betrachtenden »Contes de ma mère l'Oye«; 1704 folgte Gallands gute Übersetzung von »Tausendundeiner Nacht« (s. d.), jener berühmten, in der Mitte des 16. Jahrh. im Orient zusammengestellten Sammlung arabischer M. Besondern Märchenreichtum haben England, Schottland und Irland aufzuweisen, vorzüglich die dortigen Nachkommen der keltischen Urbewohner. Die M. der skandinavischen Reiche zeigen nahe Verwandtschaft mit den deutschen. Reiche Fülle von M. findet sich bei den Slawen. In Deutschland treten Sammlungen von M. seit der Mitte des 18. Jahrh. auf. Die »Volksmärchen« von Musäus (1782) und Benedikte Naubert sind allerdings nur novellistisch und romantisch verarbeitete Volkssagen. Die erste wahrhaft bedeutende, in Darstellung und Fassung vollkommen echte Sammlung deutscher M. sind die »Kinder- und Hausmärchen« der Brüder Grimm (zuerst 1812–13, 2 Bde.; ein 3. Band, 1822, enthält literarische Nachweise bezüglich der M.). Unter den sonstigen deutschen Sammlungen steht der Grimmschen am nächsten die von L. Bechstein (zuerst 1845); außerdem sind als die bessern zu nennen: die von E. M. Arndt (1818), Löhr (1818), J. W. Wolf (1845 u. 1851), Zingerle (1852–54), E. Meier (1852), H. Pröhle (1853) u. a. Mit M. des Auslandes machten uns durch Übertragungen bekannt: die Brüder Grimm (Irland, 1826), Graf Mailath (Ungarn, 1825), Vogl (Slawonien, 1837), Schott (Walachei, 1845), Asbjörnson (Norwegen), Bade (Bretagne, 1847), Iken (Persien, 1847), Gaal (Ungarn, 1858), Schleicher (Litauen, 1857), Waldau (Böhmen, 1860), Hahn (Griechenland u. Albanien, 1863), Schneller (Welschtirol, 1867), Kreutzwald (Esthland, 1869), Wenzig (Westslawen, 1869), Knortz (Indianermärchen, 1870, 1879, 1887), Gonzenbach (Sizilien, 1870), Österley (Orient, 1873), Carmen Sylva (Rumänien, 1882), Leskien und Brugman (Litauen, 1882), Goldschmidt (Rußland, 1882), Veckenstedt (Litauen, 1883), Krauß (Südslawen, 1883–84), Brauns (Japan, 1884), Poestion (Island, 1884; Lappland, 1885), Schreck (Finnland, 1887), Chalatanz (Armenien, 1887), Jannsen (Esthen, 1888), Mitsotakis (Griechenland, 1889), Kallas (Esthen, 1900) u. a. Unter den Kunstpoeten haben sich im M. mit dem meisten Glück versucht: Goethe, L. Tieck, Chamisso, E. T. A. Hoffmann, Fouqué, Kl. Brentano, der Däne Andersen, R. Leander (Volkmann) u. a. Vgl. Maaß, Das deutsche M. (Hamb. 1887); Pauls »Grundriß der germanischen Philologie«, 2. Bd., 1. Abt. (2. Aufl., Straßb. 1901); Benfey, Kleinere Schriften zu Märchen-forschung (Berl. 1890); Reinh. Köhler, Aufsätze über M. und Volkslieder (das. 1894) und Kleine Schriften, Bd. 1: Zur Märchenforschung (hrsg. von Bolte, das. 1898); R. Petsch, Formelhafte Schlüsse im Volksmärchen (das. 1900).
Einst pflügte ein Mensch am Rand eines Waldes, im Gebüsch aber lag ein Bär. Der Bär rief ›Mensch, Mensch, ich werde deine Ochsen zerreissen!‹ Da kam ein Fuchs zu dem Menschen gelaufen und sprach ›Was gibst du mir? so will ich deine Ochsen retten.‹ ›Ich will dir einen Sack voll Hühner bringen‹, antwortete der Mensch. Der Fuchs wars zufrieden und lief in den Wald hinein.
Drauf kam er von einem andern Ende wieder herbeigelaufen und rief ›Mensch, Mensch, hast du hier keine Bären, Rehe, Wölfe und Eber gesehn? Der Herr macht eben im Wald ein Treiben.‹ Der Mensch sagte ›Nein‹, und da sprach der Fuchs ›Ei was liegt denn dorten im Strauch?‹ ›Das ist ein gerodeter Baumstumpf‹, antwortete der Mensch. Drauf der Fuchs ›Wenn das ein gerodeter Baumstumpf wäre, so wären doch die Äste abgeschnitten!‹ Damit lief er wieder in den Wald, der Bär aber sprach ›Mensch, hack mir die Füsse ab!‹
Jetzt kommt der Fuchs zum zweiten Mal aus dem Wald gelaufen und spricht ›Mensch, Mensch, hast du keine Bären, Rehe und Wölfe gesehn? Der Herr macht eben im Wald ein Treiben.‹ Der Mensch sagte ›Nein‹, und da sprach der Fuchs ›Ei was liegt denn dorten im Strauch?‹ ›Da liegt ein Stück Bauholz‹, erwiederte der Mensch. ›Wenn das‹, sagte darauf der Fuchs, ›ein Bauholz wäre, so wäre doch in das Ende eine Axt eingehauen!‹ Damit lief er wiederum in den Wald, der Bär aber rief ›Mensch, hau mir die Axt in den Kopf!‹
Abermals kam jetzt der Fuchs zum Menschen gelaufen und sprach ›Du siehst, ich habe deine Ochsen vom Tod errettet, da bring mir also morgen die Hühner, die du mir versprochen hast.‹ Am andern Morgen steckte der Mensch zwei Hunde in einen Sack und trug sie hin. Der Fuchs aber kam heran und sagte ›Lass nur die Hühner heraus, Mensch, ich werde sie mir schon fangen.‹ ›So komm dicht heran‹, sagte der Mensch, der Fuchs aber sprach ›Lass sie nur los, ich werde sie schon packen.‹ Da1 schüttelte der Mensch seinen Sack aus, und wie die Hunde jetzt dem Fuchs nachsetzten, da lief der Fuchs stracks auf sein Loch los. Als er glücklich drin war, sprach er ›Ihr Äuglein, ihr Äuglein, woran dachtet ihr mir unterwegs?‹ ›Wir guckten geschwind, um nur den stracksten Weg ins Loch zu nehmen.‹ Und er fragte die Beine ›Ei und ihr Beinchen, woran habt ihr mir gedacht?‹ ›Ei wir liefen geschwind, um nur so flink als möglich ins Loch zu kommen.‹ Und wieder zum Schwanz sprach er ›Ei und du Schwänzlein, was dachtest denn du?‹ Das Schwänzlein aber antwortete und sprach ›Ei ich wedelte und pinselte nach allen Seiten, auf dass Braunchen und Scheckchen (die Hunde) dich hurtiger fingen.‹ Da steckte der Fuchs den Schwanz zum Loch hinaus und sagte ›Zimzili bimbili, da hast du den Schwanz!‹2 Und da bekamen die Hunde den Fuchs zu fassen und zerrissen ihn.
Fußnoten
1Der letzte Passus der Erzählung kommt ebenso in einer weitverbreiteten beliebten Pasaka des preuss. Lit. vor, von der ich mehrere – übereinstimmende – Aufzeichnungen habe. H. Wb. – Vgl. auch Schleicher Leseb. S. 122.
2Die Worte ›Da hast du den Schwanz‹ lauten im Original ›nàtibe vòst‹, corrumpiert aus russ. ›na tebě chvost‹.
Ein Bauerwirt ging auf einem Waldweg und fand da einen Drachen, der lag unter einem Stamm1 eingepresst. Da bat der Drache den Menschen, dass er ihn los mache. Der Mensch aber sprach ›Was willst du mir dafür geben?‹ ›Ich werde dir eine schöne Belohnung geben‹, antwortete der Drache, und da machte ihn der Mensch los. Der Drache aber sagte jetzt ›Ich werde dich verschlingen!‹ Drauf sprach der Mensch zu ihm ›Du wolltest mich ja dafür, dass ich dich befreite, belohnen!‹ Aber der Drache versetzte ›Eine gute That wird immer mit bösem vergolten.‹ Jetzt bat der Mensch um sein Leben und sprach ›Lass uns zusammen des Wegs gehn, die drei ersten, die uns begegnen, die mögen unsern Handel entscheiden.‹ Dem Drachen war der Vorschlag recht, sie gingen selbander, und da kam ein Hund des Wegs. Der Bauer sagte ›Lieber Hund, entscheide du einen Handel zwischen uns.‹ ›Was ist's?‹ fragte der Hund, und der Mensch erzählte ihm: ›Als ich meines Wegs ging, fand ich den Drachen unter einem Stamm eingezwängt, und da er mich bat, ich sollte ihn doch befreien, da versprach er mir eine schöne Belohnung, und ich machte ihn los. Aber da wollte er mich gleich auf der Stelle verschlingen, und da sagte ich, wir wollten doch zusammen gehn, bis wir drei träfen, die sollten unsere Sache entscheiden.‹ Darauf antwortete der Hund: ›Als ich noch jung war, da brauchte mein Herr, wenn eine Sau von der Herde einen Schaden anrichtete, sie mir nur von weitem zu zeigen, da sprang ich auch schon hin und trieb sie zurück. Als ich aber alt wurde, fielen mir die Zähne aus, und da hat mich mein Herr fortgejagt. Was soll ich jetzt anfangen? Gute Thaten werden immer mit schlechtem vergolten!‹ Und zum Drachen sprach er dann ›Verschling ihn nur! Auch ich vergelte jetzt immer gutes mit bösem.‹ Drauf gingen sie den Weg weiter und trafen ein Pferd. Der Mensch sprach zu ihm ›Liebes Pferd, entscheide du uns einen Handel.‹ ›Was ist's?‹ fragte das Pferd, und der Bauer erzählte ihm die Sache wie dem Hund, und da sprach das Pferd ›Eine gute That wird stets mit bösem vergolten. Verschling du den Menschen.‹ Alsdann gingen sie wieder weiter und begegneten einem Fuchs. Der Mensch sprach zu dem Fuchs ›Entscheide du uns einen Handel.‹ Und der Fuchs fragte den Bauer ›Was willst du mir für meine Entscheidung geben?‹ ›Eine Gans will ich dir geben‹, antwortete der Bauer, und da sagte der Fuchs ›So führ mich hin und zeig mir die Stelle, wo der Drache gelegen hatte.‹ Sie gingen alle drei zu dem Platz, und da sagte der Fuchs zum Bauer, er solle den Stamm in die Höhe richten, und zum Drachen sprach er ›Leg dich einmal dorthin, wo du gelegen hast.‹ Alsdann sagte er zum Bauer ›So, jetzt lass du den Stamm niederfallen‹, und dann zum Drachen ›Und du kannst nun so liegen bleiben, wie du da gelegen hattest.‹ Darauf machte sich der Bauer auf den Heimweg, und der Fuchs ging mit ihm. Wie sie beim Gehöfte des Bauers waren, blieb der Fuchs stehn, und der Bauer sagte ›Ich werde dir die Gans bringen.‹ Der Bauer ging hinein, erzählte seiner Frau, wie der Fuchs Schiedsrichter gewesen sei, und dass er ihm eine Gans versprochen habe. ›Dummkopf!‹, sprach seine Frau, ›nimm doch die Flinte und schiess den Fuchs todt, für seinen Pelz bekommst du Geld!‹ Da nahm der Bauer in die eine Hand die Gans, in die andre das Gewehr und ging zum Fuchs zurück. Er liess ihn aber nur die Gans sehn, und als der Fuchs nun ein Endchen näher an ihn herankam, da schoss er ihn todt. Im Umfallen konnte der Fuchs grade noch sagen ›Eine gute That wird immer mit bösem vergolten!‹
Fußnoten
1Das litauische Wort scheint genauer ›Querholz, Querbalken‹ zu bedeuten. Vgl. S. 236 Anm.
Es war einmal ein Mann, der hatte keine Kinder, und da ging er einst in den Wald und fand dort einen Igel und nahm sich den Igel mit nach Haus. Eines Tags sprach der Igel zu ihm ›Ich will doch unsere Sau in den Wald austreiben und hüten.‹ Der Alte versetzte ›Was kannst du austreiben! Du kommst ja selbst kaum von der Stelle.‹ Aber der Igel trieb die Sau doch in den Wald und hütete sie dort drei Jahre und trieb sie in der ganzen Zeit nicht ein. Die Sau aber bekam Ferkelchen, und die Ferkelchen bekamen wieder Ferkelchen, und schliesslich war es eine grosse grosse Schweineherde. Nun kam einmal ein Offizier in den Wald, um da zu jagen, und er verirrte sich. Da sah er die Schweine und wollte zusehn, wo der Hirt wäre, der die Schweine hütete. Da erblickte er an einer Fichte den Igel und fragte ihn ›Wo ist der Hirt, der diese Schweine hütet?‹ Antwortete ihm der Igel ›Der Hirt von diesen Schweinen der bin ich.‹ Da fragt' ihn der Offizier ›Wie muss ich gehn, um aus dem Wald herauszukommen?‹ Und der Igel erwiederte ›Wenn du mir deine Tochter gibst, will ich dich aus dem Wald herausführen.‹ ›Zeig mir nur den Weg, so magst du meine Tochter haben‹, sagte der Offizier, und der Igel führte ihn aus dem Wald und kehrte dann wieder zu seinen Schweinen zurück. Ein ander Mal kam ein Königssohn in den Wald und jagte, und auch der verirrte sich. Er sah die Schweine und wollte den Hirten suchen, da erblickte er den Igel, der lag wieder bei der Fichte, und der Königssohn fragte ihn ›Wo ist der Hirt, der diese Schweine hütet?‹ ›Der Hirt von diesen Schweinen der bin ich‹, antwortete der Igel. Und als nun der Königssohn fragte ›Könntest du mir nicht den Weg aus dem Wald heraus weisen?‹, da antwortete er ›Wenn du mir deine Tochter gibst, dann will ich dich herausführen.‹ ›Gut‹, sprach der Königssohn, ›ich will dir meine Tochter geben, führ mich nur aus dem Wald heraus.‹ Der Igel zeigte ihm denn den Weg und liess ihn dann allein weiter gehn. Den nächsten Tag kam der König selbst in den Wald und jagte, und der verirrte sich gradeso wie der Offizier und der Prinz. Er wurde die Schweine gewahr und wollte den Hirten aufsuchen, da sah er den Igel bei der Fichte liegen und fragte ihn ›Könntest du mir nicht den Weg aus dem Wald heraus weisen?‹ ›Wenn du mir‹, gab der Igel zur Antwort, ›deine Tochter geben willst, will ich's thun.‹ Und der König sprach ›Gut, du kannst sie haben, führ mich nur aus dem Wald heraus.‹ Der Igel führte ihn also heraus und ging dann zu seinen Schweinen zurück. Bald darnach trieb er die Schweine nach Haus, und der Alte sah, dass es eine grosse grosse Herde geworden war. Der Stall, in den er die Schweine eintreiben wollte, hatte gar nicht Platz genug, und da musste er noch in einen andern Stall eintreiben, und der Alte freute sich gar sehr, dass ihm der Igel so viel Schweine heimgebracht hatte.
Jetzt sprach der Igel zum Alten ›Füttre mir den Hahn da, ich will zu meinem Mädchen reiten.‹ Der Alte that's, und da ritt der Igel auf dem Hahn zu dem Offizier. Er sprach zu ihm ›Na, so gib mir jetzt deine Tochter.‹ Und der Offizier fragte ihn ›Was brauchst du zur Ausstattung?‹ ›Ein Paar Pferde, eine Kutsche, und die Kutsche voll Geld.‹ Der Offizier that das Geld in die Kutsche, die Pferde wurden eingespannt, das Mädchen setzten sie oben auf das Geld, und so fuhr der Igel mit ihr ab. Auf dem Heimweg sprach er zu seinem Mädchen ›Wenn du willst, kannst du zu deinem Vater zurückgehn, wenn du aber mit mir fahren willst, so komm mit mir.‹ Das Mädchen aber sagte ›Da will ich doch lieber wieder zu meinem Vater heimgehn‹, und sie ging zu ihm zurück. Der Igel aber fuhr mit seinem Geld nach Haus. Am nächsten Tag ritt der Igel auf seinem Hahn zum Königssohn, und mit der zweiten Braut gings gradeso wie mit der ersten. Am dritten Tag ritt er zur dritten Braut; er trat vor den König und sprach ›So gib mir jetzt deine Tochter zur Frau.‹ Der König fragte ihn ›Was willst du zur Ausstattung?‹ und der Igel antwortete ›Eine Kutsche voll Geld und ein Paar Pferde.‹ Der König gab ihm alles, was er verlangte, und der Igel fragte die Königstochter nicht wieder, ob sie zu ihrem Vater zurück wolle, sondern fuhr mit ihr nach Haus, und da wurde Hochzeit gemacht. Der Alte kaufte jetzt einen Edelhof mit vielen Feldern und mit vielen Pferden und Ochsen, mietete Mägde und Knechte und liess die Felder bestellen, und lebte von nun an wie ein Herr. Der Igel aber und die Königstochter blieben bei ihm wohnen und lebten noch viele Jahre herrlich und in Freuden zusammen, und dann sind sie gestorben.
Es war einmal ein Mann, der hatte drei Söhne, zwei waren gescheit, der jüngste aber einfältig. Und er kaufte jedem von ihnen zwei Pferde. Aber eines Tags da kam man dahinter, dass in der Nacht immer von ihrer Gerste gefressen wurde. Die erste Nacht nun schickte der Vater den ältesten Sohn hin, um auf die Gerste acht zu geben. Aber der schlief ein und sah nichts, und als er am nächsten Tag heimkam und ihn der Vater fragt ›Nun was hast du gesehn?‹, sagte er ›Nichts.‹ Die zweite Nacht sollte der zweitälteste acht geben, und der erwischte auch niemanden. Jetzt kam die Reihe an den Dümmling. Der Dümmling nahm sich eine Halskoppel mit, ging zur Gerste und setzte sich auf einen Stein. Da sass er bis Mitternacht, und grade um Mitternacht kam ein Schimmel angeflogen, der war so weiss, dass davon die ganze Erde hell stralte. Und der Dümmling fing den Schimmel ein. Der Schimmel aber sprach ›Lass mich frei, so will ich dir allzeit, wenn du in Not bist, helfen. Du brauchst nur zu rufen "Schimmelchen!", so werd ich gleich bei dir sein.‹ Da liess der Dümmling den Schimmel wieder laufen. Und als am nächsten Morgen zu Haus der Vater ihn fragte ›Nun, Dümmling, hast du was eingefangen?‹, antwortete er ›Ja, ich hab einen Schimmel gefangen, aber er bat so sehr, ich solle ihn doch wieder frei lassen, und da hab ich ihn wieder los gelassen.‹
Einstmals kam die Kunde, der König wolle seine Tochter dem zur Frau geben, der mit seinem Pferd vom Schlosshof ins dritte Stockwerk hinauf springen könne. Der Vater liess seine zwei Ältesten hinziehn, und der Dümmling sollte zu Haus bleiben. Da bat er den Vater, er möge ihn wenigstens fortlassen, um Pilze zu suchen, und das konnt er ihm nicht abschlagen. Wie der Dümmling nun draussen war, warf er sein Körbchen an einen Zaun hin, ging dann noch ein Stück weiter und rief ›Schimmelchen!‹, und das Schimmelchen kam gelaufen. Und der Dümmling kroch dem Schimmelchen ins eine Ohr hinein und zum andern wieder heraus, und da war er ein schöner stattlicher Junker. Darauf ritt er zum König. Auf dem Schlosshof gab er dem Schimmelchen mit dem Kantschuk eins in die Flanke, da sprang das Pferd auf und sprang ins dritte Stockwerk zur Königstochter. Die Königstochter schenkte ihm ihren Ring, und er ritt dann wieder davon und ritt heim. Als er nicht mehr weit von Hause war, entliess er sein Pferd, und er sah jetzt wieder wie sonst aus. Dann holte er sein Körbchen, das er an den Zaun hingeworfen hatte, las Fliegenschwämme und trug sie nach Haus und gab sie den Küchenmädchen. Die sprachen ›Dummkopf! Was hast du da heimgebracht!‹ Der Dümmling aber stieg oben auf den Ofen und wollte sich da seinen Ring betrachten. Er hatte den Finger, an dem der Ring steckte, verdeckt, und wie er jetzt den Finger aufdeckte, legte sich über die ganze Stube ein heller Schein. Und da deckte er den Finger gleich wieder zu, seine Brüder aber riefen ›Dummkopf! Was hast du da gemacht? Du willst wol noch das Haus anstecken!‹
Danach schickte der König eines Tags eine Einladung zu einem Schmaus. Der Vater liess alle seine drei Söhne, auch den Dümmling, hingehn, und auch er selbst ging hin. Alle setzten sich zu Tisch, nur der Dümmling setzte sich an den Ofen. Jetzt schenkte die Königstochter den Gästen den Schnaps ein, und sie kam auch zum Dümmling hin, und da fragte sie ihn ›Warum ist dein Finger verbunden?‹ und band ihm den Finger auf, und da kam ein heller Schein über alle, die im Zimmer waren. Die Königstochter aber, wie sie das sah, nahm den Dümmling bei der Hand und führte ihn zu ihrem Vater und sagte ›Das ist mein Gemahl.‹ Dann aber führte sie ihn in eine Stube, wusch ihn, zog ihm schöne Kleider an und führte ihn dann wieder in das Zimmer und liess ihn sich mit an den Tisch setzen. Und der Dümmling und die Königstochter wurden Mann und Frau.
Es war einmal ein Mann und ein Weib, die hatten keine Kinder. Der Mann ging einst in den Wald Holz holen, und da erblickte er auf einem Baum ein Nest. Er kletterte auf den Baum, nahm das Nest weg, da waren zwölf Eier drin, und trug sie nach Haus. Und er sprach zu seiner Frau ›Jetzt setz dich, Alte, auf die Eier und bleib drauf sitzen, bis sie ausgebrütet sind.‹ Das Weib sass vier Monate auf den Eiern und brütete elf Buben aus, der zwölfte aber kroch nicht aus. Da befahl der Alte seiner Frau, sie müsste noch vier Monate auf dem einen Ei sitzen. Die hatte aber die Lust verloren, auf Eiern zu sitzen, und wollte nicht. Da nahm er die Peitsche und bearbeitete ihr den Rücken, bis sie sich wieder hinsetzte, und da sass sie noch vier Monate und brütete auch den zwölften Buben aus. Und weil der zuletzt auf die Welt gekommen war, nannten sie ihn Nachschrapselchen1.
Wie nun die zwölf Buben zu Jahren gekommen waren, da kaufte der Alte jedem ein Pferd. Aber bald fingen die Pferde an abzumagern, und da befahl der Alte seinen Söhnen, sie sollten einmal acht geben, ob nicht jemand Nachts den Hafer stehle. Die erste Nacht ging der älteste hin, bei den Pferden zu wachen, aber er legte sich hin und schlief ein, und da sah er nichts. Wie er am andern Morgen in die Stube kam, fragte ihn der Alte ›Na was hast du gesehn?‹ und er antwortete ›Nichts.‹ In der folgenden Nacht ging ein anderer Sohn wachen, aber dem ging's ebenso wie dem ersten, er bekam nichts zu sehn. Und so ging's der Reihe nach mit den elf ältesten, keiner bekam was zu sehn. Zuletzt kam an Nachschrapselchen die Reihe, und auch er sollte wachen. Nachschrapselchen hatte aber einen Hahn und eine Katze, die nahm er sich mit in den Stall. Und der Hahn und die Katze sprachen zu ihm ›Leg dich nur nieder; wenn was kommt, sagen wir dirs schon.‹ Da legte sich denn Nachschrapselchen schlafen, und der Hahn flog auf die Raufe und der Kater kroch unter den Futtertrog. Es war Mitternacht, da kam ein Schimmel gelaufen, und der schlug alle Pferde und machte sich daran, den Hafer zu fressen. Aber der Hahn und die Katze zupften Nachschrapselchen wach, und Nachschrapselchen sprang auf und nahm das Pferd gefangen. Da bat das Pferd, er möge es doch loslassen, Nachschrapselchen aber hatte dazu keine Lust, und da sprach das Pferd ›Ich will dir auch von meinen Haaren geben; wenn du an denen zupfst und "Schimmelchen!" rufst, so werd ich stets gleich zur Stelle sein.‹ Und der Schimmel gelobte auch noch, künftig nicht mehr zu ihren Pferden zu kommen, und da liess ihn denn Nachschrapselchen laufen. Am andern Morgen, wie er in die Stube kam, fragte der Alte ›Was hast du gesehn?‹ ›Ich hab den Dieb schon gesehn, ich hab ihn aber wieder laufen lassen.‹ Fragt der Vater ›Warum hast du ihn denn laufen lassen?‹ ›Weil er mir gelobte, es nicht wieder zu thun.‹ Eines Tags ging der Alte nun wieder einmal nach den Pferden schauen, und die Pferde sahen jetzt wieder stattlich aus.
Als nun die Zeit kam, wo der Alte seine Söhne unter die Soldaten geben wollte, wollte er Nachschrapselchen nicht mitlassen, sondern ihn als Diener bei sich behalten. Aber Nachschrapselchen bat so inständig, und da liess ihn der Alte auch mitziehn und gab ihm eine abgemagerte Stute. Nachschrapselchen ritt davon und ritt ans Ende eines Feldes, dort stieg er von seinem Gaul und hob ihn am Schwanz in die Höhe, schüttelte ihm die Knochen aus dem Leder, und dann nahm er das Fell auf den Rücken und trugs davon. Er war ein Endchen gegangen, da zupfte er an den Haaren, die er von dem Schimmel geschenkt bekommen hatte, und rief ›Schimmelchen!‹ Sofort war auch das Schimmelchen da. Und es sprach zu Nachschrapselchen ›Wirf mir die Haut um, die du da hast.‹ Nachschrapselchen that das, setzte sich dann aufs Schimmelchen, und nun gings hurtig davon, bis er seine Brüder eingeholt hatte, und die Brüder sagten ›Uns hat der Vater kein so schönes Pferd gegeben wie er ihm gegeben hat!‹ Sie ritten nun alle zwölf ihres Wegs und kamen, als es schon ganz dunkel geworden war, an eine Schenke. Sie traten ein, verlangten Nachtherberge und stellten ihre Pferde in den Stall. Die Wirtin in der Schenke aber war eine Hexe, und sie gab jedem von den zwölfen ein Bett, und jeder sollte für die Nacht ein Mädchen haben. Nachschrapselchen aber hörte, dass draussen im Stall was laut polterte. Da ging er nach dem Stall, um zu sehn, was los wäre, und da sprach sein Pferd zu ihm ›Die alte Hexe drin will euch umbringen. Sie wird euch vorn ins Bett legen und die Mädchen hinten an die Wand. Da schubse du nachher dein Mädchen vorn hin und mach das auch mit den Mädchen deiner Brüder so, und lege dich und deine Brüder hinten an die Wand.‹ Drauf ging Nachschrapselchen wieder in die Stube. Aber es dauerte noch lange, bis sie zu Bett gingen, und da machte ihnen die Alte in einem fort Possen vor: sie legte eine Laute auf den Tisch, die fing von selber an zu spielen, und Kätzchen tanzten mit einem Stiefel dazu. Darnach sprach die Hexe zu ihnen ›Geht jetzt schlafen,‹ und alle gingen sie jetzt schlafen, und die Hexe liess die Männer sich vorn ins Bett und die Mädchen sich an die Wand legen und löschte dann die Lampe aus. Und über eine Weile geht Nachschrapselchen an den Betten herum und legt seine Brüder alle hinten hin und die Mädchen vorn hin, und legt sich dann auch selbst hinten an die Wand. Und gleich drauf kam die Alte heran, hackte allen Mädchen den Kopf ab und sog ihnen das Blut aus. ›Ah!‹, sagte sie dann, ›wie ich mich an meiner Gäste Blut satt getrunken habe!‹ Als die Hexe aber wieder draussen war, weckte Nachschrapselchen geschwind seine Brüder, und sie ritten von dannen. Am andern Morgen kam die Hexe und wollte sehn, wie's stünde, da lagen die Mädchen mit abgeschnittnem Hals im Bett, und die Mannsleute waren fort, und da machte sich die Alte auf und verfolgte sie. Sie waren nahe bei einem See, da kam die Hexe heran, und da verkroch sich Nachschrapselchen mit allen seinen Brüdern in dem See, und die Hexe rief ›Nachschrapselchen, bist du da?‹ ›Ja, ich bin da.‹ ›Hast du meine Töchter umgebracht?‹ ›Ich nicht, aber ich bin der Anlass dazu.‹ Weiter fragte die Alte ›Nachschrapselchen, willst du bei mir wohnen bleiben?‹ Und Nachschrapselchen antwortete ›Ja, das will ich.‹ Da ging die Alte heim, die Jünglinge aber stiegen wieder aus dem Wasser und ritten weiter und kamen zum König.
Der König machte die elf ältesten Brüder zu Soldaten, Nachschrapselchen aber zu ihrem Offizier. Da wurden die Brüder böse auf Nachschrapselchen und gingen zum König und sprachen ›Wie wir auf unserm Herweg zu dir so durch die Welt ritten, haben wir eine Musik gesehn, da spielte eine Laute ganz von selbst, wenn man sie auf den Tisch legte, und Kätzchen tanzten mit einem Stiefel dazu.‹ Fragte der König ›Könntet ihr mir nicht die Laute herbeischaffen?‹ ›Wir können's nicht, aber unser Bruder Nachschrapselchen der könnt es.‹ Da sagte der König ›So ruft mir den her‹, und sie riefen Nachschrapselchen herbei, und der König sprach zu ihm ›Geh und schaff mir das Spielwerk zur Stelle, das ihr, wie ihr herrittet, gesehn habt.‹ Nachschrapselchen kamen die Thränen in die Augen, er ging zu seinem Pferd, und das fragte ihn ›Warum weinst du?‹ ›Ach der König hat mich geheissen, ich solle ihm die Musik, die wir unterwegs gesehn haben, herbeischaffen.‹ Da sprach das Pferd ›Das sollst du schon fertig bringen. Reit nur zur Hexe hin und bitt sie um gekochte Eier. Sie wird dann ins Dorf laufen, um Eier zu holen, inner der Weile nimmst du die Laute, die Kätzchen und den Stiefel und machst dich davon und bringst sie dem König her.‹ Da ritt denn Nachschrapselchen als Soldat nach der Schenke der Hexe. Die Hexe fragte ihn ›Liebes Herrchen, willst du was zu essen haben?‹ und er antwortete ›Ich bin eben erst aus dem Lazaret entlassen worden, und da haben sie mir befohlen, ich solle weiter nichts essen als gekochte Eier, gib mir die.‹ ›Da will ich ins Dorf laufen und Eier holen‹, antwortete die Alte, und wie sie fort war, nahm Nachschrapselchen die Laute und die Kätzchen und den Stiefel weg und ritt von dannen. Die Hexe kam zurückgelaufen und fand Nachschrapselchen nicht, und da sah sie, dass auch Kätzchen, Stiefel und Laute fort waren. Und sie verfolgte ihn und holte ihn nicht weit von dem See ein. Nachschrapselchen verkroch sich im Wasser, und die Alte fragte ›Bist du da, Nachschrapselchen?‹ Nachschrapselchen antwortete ›Ja.‹ ›Hast du meine Töchter umgebracht?‹ ›Ich nicht, aber ich bin der Anlass dazu.‹ ›Hast du die Laute gestohlen?‹ ›Ja.‹ ›Hast du auch die Kätzchen gestohlen?‹ ›Ja.‹ ›Hast du auch den Stiefel gestohlen?‹ ›Ja.‹ ›Willst du bei mir wohnen bleiben?‹ ›Nein.‹ Da wollte die Alte den See austrinken, um zu Nachschrapselchen zu kommen; sie trank und trank immer zu, bis sie zerplatzte. Jetzt stieg Nachschrapselchen aus dem See und ritt zum König zurück. Der König sprach zu Nachschrapselchen ›So zeig mir die Musik.‹ Und Nachschrapselchen legte die Laute und die Kätzchen und den Stiefel auf den Tisch, und die Laute fing an zu spielen, und die Kätzchen mit dem Stiefel tanzten. Als der König sich die schöne Musik betrachtet hatte, sprach er zu Nachschrapselchen ›Dafür schenk ich dir 100,000 Rubel und mache dich zum Senator.‹ Und der König ladete viele vornehme Herrn ein, die sollten sich auch die Musik besehn, und sie kamen alle angefahren, und man liess vor ihnen die Laute spielen und die Kätzchen mit dem Stiefel tanzen.
Darnach sprach der König ›Wenn jemand meine Tochter erlöste, dem würde ich sie zur Frau geben.‹ Das hörte auch Nachschrapselchen, und er ging zu seinem Pferd und fragte ›Wär es möglich, die Königstochter zu erlösen?‹ Das Pferd antwortete ›Ja.‹ Und da ging Nachschrapselchen zum König und sprach ›Ich kann deine Tochter erlösen.‹ Fragte ihn der König ›Was brauchst du dazu?‹ Nachschrapselchen sagte ›Ich brauche 1000 Fässer Theer und 1000 Fässer Feuerschwamm.‹ Die verschaffte ihm der König im Augenblick, und Nachschrapselchen ritt davon, die Königstochter zu befreien. Und2 da hiess ihn das Pferd, er solle alle Fässer auf der Erde zusammenstellen. Da stellte er sie zusammen, und das Pferd warf alle Fässer um, und sie rollten hin und her3. Nachher gebot (der Schimmel?) Nachschrapselchen sich aufs Pferd zu setzen. Nachschrapselchen stellte sich eine Leiter an und stieg aufs Pferd und ritt an den Berg heran und ruft die Königstochter. Und sie öffnete die Thür und liess Nachschrapselchen ein. Und das Mädchen gebot ihre Pferde zu Schanden zu reiten. Nachschrapselchen machte alle Pferde müde und sprach zu ihr ›Jetzt wollen wir uns auf mein Pferd setzen.‹ Da setzten sie sich beide darauf und ritten zum König. Und der König sagte seiner Tochter, sie solle Nachschrapselchen zum Mann nehmen, und sie fuhren zur Trauung. Und der König schenkte Nachschrapselchen die Hälfte seines Reichs.
Fußnoten
1Lit. Pagramdùkas, von pagramdis m., das Nachschrapsel, das, was in einem Backtrog, Kochgeschirr u.s.w. kleben geblieben ist und hinterher ausgeschrapt, ausgekratzt wird.
2Von hier an kürzte der Erzähler. Ich übersetze wörtlich nach dem Original und muss es andern überlassen, das fehlende zu ergänzen.
3Im Original ìr émė voliótis, was auch heissen kann ›und er (Nachschrapselchen)‹ oder ›und es (das Pferd) wälzte sich‹.
Es war ein alter blinder König, der hatte drei Söhne, zwei davon waren gescheit, der dritte aber einfältig. Und der König hatte einen grossen Garten, darin stand ein schöner Apfelbaum mit schönen Äpfeln. Eines Tags bemerkte ein Diener, dass einer von den Äpfeln nicht mehr da war. Da schickte der König die nächste Nacht seinen ältesten Sohn in den Garten, der sollte acht geben. Aber er schlief ein und sah nichts, und wie am nächsten Morgen der Diener aufstand und zu dem Apfelbaum kam, da fehlte wieder ein Apfel. Die folgende Nacht liess der König den zweiten Sohn Wache stehn, aber auch der schlummerte ein und sah nichts, und als am andern Morgen der Diener wieder nachsah, fehlte abermals ein Apfel. Die dritte Nacht schickte der König den Dummbart hin, denn der bat inständig, man möchte doch auch ihn einmal aufpassen lassen. Er ging also in den Garten, und er schnitt sich einen wilden Dorn ab, setzte sich auf einen Stuhl und steckte den Dorn so in den Stuhl, dass er, wenn er einnickte, sich in den Dorn stechen musste. So hielt er sich bis Mitternacht wach, da kam ein Vogel angeflogen, und sein Gefieder glänzte, dass es im ganzen Garten so hell wie der Tag war. Jetzt sah der Dummbart, wie sich der Vogel auf der Spitze des Baumes niedersetzte; er nahm sein Gewehr, legte an und schoss durch die Zweige nach dem Vogel und schoss ihm eine Feder ab. Und er hob die Feder auf: die leuchtete wie eine Kerze in der Nacht leuchtet. Am andern Morgen ging der Dummbart mit der Feder zu seinem Vater, und wie er sie ihm vor die Augen hielt, fing er schon an ein bischen zu sehen. Da wollte der König seine zwei ältesten Söhne aussenden, die sollten ihm die Art Vögel suchen; den Dummbart aber wollte er nicht mitziehn lassen. Der küsste jedoch dem Vater die Hände, dass er ihn doch mitgehn lasse, und da liess der König denn alle drei ausziehn.