Märchen aus Österreich -  - E-Book

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Beschreibung

*** Auf dem FLIEGENDEN TEPPICH um die Welt: die schönsten Märchen endlich wieder lieferbar! *** Märchen aus den unterschiedlichsten Regionen Österreichs werden hier zu einem bunten Teppich volkstümlicher Erzählkunst vereint. Sie vermitteln ein Bild der traditionellen Volkskultur von Hirten und Königen, bäuerlicher Arbeit und Mühe, von Armut und Reichtum und den geheimen Wünschen der Erzähler und Zuhörer.

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Seitenzahl: 200

Veröffentlichungsjahr: 2014

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Märchen aus Österreich

Märchen der Welt

Herausgegeben von Leander Petzoldt

FISCHER E-Books

Inhalt

Der furchtlose BubDie sieben RabenDer kluge Schneider und die RiesenDie KatzenmühleDer Tod als GevatterDer RotkopfDer König und seine drei SöhneCistl im KörblDas Märchen von der silbernen TaubeDer WundervogelDer BärDie zwei KönigskinderDer wünschende KnabeDie singende RoseDer Gang zur ApothekeOhne Sorg und KummerVom verwunschenen PrinzenDie verborgene PrinzessinDie rätselhaften AntwortenDas KatzenschloßDer SchimmelDer KropfigeMühle, Mühle, mahle mir!Der Soldat und der BöseDas Märchen von der dummen UrschelPfefferkornDumm und noch dümmerDie verwunschene BrautBei der schwarzen FrauGriseldeleNachwortQuellenhinweiseWeiterführende Literatur und Abkürzungen

Der furchtlose Bub

Da ist einmal ein König gewesen, der hat vor seiner Residenzstadt ein wunderbares Schloß gehabt. Mit dem Schloß hat aber der König gar keine Freude gehabt, denn es hat drin niemand bleiben mögen vor lauter Spuk. Nicht weit weg von der Stadt hat ein armer Bauer gehaust, der hat einen Buben gehabt, der sich vor nichts gefürchtet hat und allemal, wenn der Vater gefragt hat: Fürchtest du dich nicht? Da hat der Bub allemal darauf gesagt: Was ist denn das Fürchten? Wie der Bub dann größer geworden ist, da hat ihm der Vater sein Bündel geschnürt und hat gesagt, er muß in die Welt hinaus gehn, daß er das Fürchten lernt. Wie der Bub eine Weile gegangen war, da ist er zu dem Schloß gekommen und da hat er gerade den König davor getroffen. Der König hat den Buben gleich aufgehalten und hat gefragt, wo er denn hinginge ganz allein. Der Vater hat mich fortgeschickt von daheim, daß ich das Fürchten lerne, hat darauf der Bub gesagt. Der König hat ihn darauf eine gute Weile angeschaut und hat dann zu ihm gesagt: Da könnte ich dir wohl helfen, hat er gesagt, da oben mein Schloß wäre wohl der richtige Ort dafür, daß du das Fürchten lernen könntest. Wenn du magst, dann kannst du oben bleiben. Dem Buben war es recht, und so hat ihn der König ins Schloß hinaufgebracht. Er ist auch eine Weile bei ihm geblieben, hat ihm alles gezeigt und alles anschauen lassen, wie es aber finster geworden ist, so hat er zu ihm gesagt: So, Büabl, hat er gesagt, jetzt muß ich heimgehn und dich allein zurücklassen. Morgen in der Früh komm ich dann wieder nachschauen, wie es dir ergangen ist. Dann hat er sich verabschiedet beim Buben und ist mit seiner Kutsche fortgefahren.

Der Bub hat ihm noch eine Weile nachgeschaut, und wie er dann nichts mehr gesehen hat vom König, ist er wieder ins Schloß zurückgegangen. Dort hat er sich gemütlich hingesetzt und hat ein wenig gedöst. Mit der Zeit hat er aber einen Hunger bekommen und hat geschaut, daß er etwas zum Essen findet. Und richtig hat er was gefunden und wie er sich gerade zum Tisch setzen will und zu essen beginnt, da ist auf einmal die Tür aufgegangen und vor ihm standen drei kohlschwarze Geißböcke und haben ihn angeglotzt. Geht’s her da, wenn ihr einen Hunger habt, hat ihnen der Bub zugerufen, aber keiner von den Geißböcken hat sich vom Fleck gerührt. Der Bub hat zu essen angefangen, aber weil die drei Geißböcke noch immer nicht geredet und gedeutet haben, ist ihm dies zu dumm geworden, und er ist hingegangen, hat den ersten bei den Hörnern gepackt, hat sich draufgesetzt und ist mit ihm einmal um die Stube geritten. Mit dem zweiten Geißbock hat er es geradeso gemacht und mit dem dritten auch. Wie er aber den dritten Geißbock wieder auf seinen Platz gestellt hat, da hat es gerade zwölfe geschlagen, und die drei Geißböcke sind verschwunden, so wie sie gekommen waren.

Der Bub aber hat den Kopf gebeutelt, weil ihm das zu dumm gewesen ist, und hat sich darauf niedergelegt.

Am nächsten Tag in der Früh ist schon zeitig der König zu ihm aufs Schloß gekommen und hat ihn gleich gefragt, wie es ihm ergangen ist. Gut ist mirs ergangen, sagte der Bub. Ja, fragte der König weiter, und hast nicht das Fürchten gelernt? Das Fürchten? Na, das hab’ ich nicht gelernt. Dann hat er dem König die ganze Geschichte erzählt. Als er fertig gewesen ist, hat ihn der König gefragt, ob er denn nicht noch eine Nacht bleiben möchte. O ja, freilich, hat darauf der Bub gesagt, denn es hat ihm recht gut gefallen im Königsschloß und gut ergangen ist es ihm auch. Der König ist wieder über den Tag bei ihm draußen geblieben und wie es dann Nacht geworden ist, da hat er ihn wieder allein gelassen. Wie es wieder zwölf gewesen ist und der Bub gerade beim Essen war, ist wieder die Tür aufgegangen und drei kohlschwarze Teufel sind bei der Tür hereingekommen. Der Bub schaut auf und fragt dann, was sie denn da wollen. Aber die drei sind nicht vom Fleck gegangen und haben nichts geredet. Jetzt hat er sie gefragt, ob sie nicht etwas zum Essen wollen. Aber wie sie dann auch keine Antwort gegeben haben, da ist er fuchsteufelswild geworden und hat dem ersten Teufel einen Knödel, den er gerade auf der Gabel gehabt hat, in die Fratze geworfen. Da hat es auf einmal einen fürchterlichen Krach gemacht, und die drei Teufel waren verschwunden. Der Bub aber hat ruhig weitergegessen und hat sich hernach niedergelegt.

Am nächsten Tag ist wieder der König gekommen und hat ihn gefragt, wie es ihm ergangen ist und der Bub hat ihm alles erzählt. Der König ist wieder bei ihm geblieben und hat mit ihm geredet und wie es wieder Nacht geworden ist, da ist er wieder heimgegangen. Um zwölfe in der Nacht, der Bub hat gerade sein Nachtmahl gegessen, da hat er auf einmal einen entsetzlichen Krawall gehört und wie er aufschaut, da sind bei der Tür drei weiße Jungfrauen hereingekommen. Was wollt ihr von mir? hat der Bub gefragt und jetzt hat die erste Jungfrau zu reden angefangen. Hans, hat sie gesagt, du hast uns einen großen Gefallen getan, weil du dich nicht gefürchtet hast in dem Schloß, und drum wollen wir dir auch einen Gefallen tun. Komm mit uns. Der Bub hat darauf sein Nachtmahl stehn gelassen und ist mit den drei Jungfrauen mitgegangen. Die sind mit ihm durchs ganze Schloß gegangen, bis sie zuletzt in den Keller hinunter gekommen sind. Dort sind drei große Bottiche mit Geld gestanden, und die erste Jungfrau hat wieder zu reden begonnen: Weil du uns erlöst hast, hat sie gesagt, so soll ein Bottich Geld von den dreien dir gehören. Den kannst mitnehmen und tun damit, was du willst. Die andern zwei aber gehören dem König und die gibst ihm. Darauf sind die drei Jungfrauen verschwunden und haben den Buben ganz allein im Keller gelassen.

Nächsten Tag in der Frühe, wie wieder der König gekommen ist und den Buben gefragt hat, wie es ihm ergangen ist, da hat ihm der Bub wieder alles erzählt, hat ihn in den Keller hinabgeführt, und der König hat so eine Freude gehabt, daß er gleich ein Paar Rosse hat einspannen lassen und den Buben heimführen zu seinem Vater. Wie der Vater daheim das viele Geld gesehen hat, da hat er seinen Buben recht gelobt, aber daß er das Fürchten gar nicht erlernen hat mögen, das ist ihm nicht recht gewesen.

[Märchen aus der Steiermark]

Die sieben Raben

Es war einmal eine Frau, die hatte sieben Söhne und eine Tochter. Die Söhne machten der Mutter durch ihre Naschhaftigkeit vielen Verdruß. Als sie einst Krapfen buk, nahmen ihr die sieben heimlich einen nach dem andern aus der Schüssel.

Da geriet die Frau in Zorn und sagte: »Ihr Malefizbuben, ihr stehlt ja wie die Raben, soll euch doch der Böse in solche verwandeln und euch mir vom Hals schaffen.« Kaum hatte sie aber diese Worte gesprochen, so sah sie mit Entsetzen, wie sich ihre Söhne wirklich in Raben verwandelten und zum Fenster hinausflogen.

Viele Jahre verflossen nach dieser Begebenheit. Inzwischen wuchs das Mädchen heran und fragte seine Mutter täglich, was denn mit ihren Brüdern geschehen sei. Die Frau erzählte es endlich der Tochter. Die machte sich nun sogleich auf, um ungeachtet der Bitten und Tränen ihrer Mutter die Brüder zu erlösen. Als sie schon mehrere Tage gegangen war, kam sie in einen großen Wald, in dem sie sich verirrte. Bei hereinbrechender Nacht sah sie plötzlich nach langem Umherlaufen ein Licht schimmern, ging darauf zu und kam zu einer Hütte.

Ein Weib trat heraus und sprach: »Mein Kind, geh nur geschwind wieder fort, denn mein Mann ist der Wind, der alle Menschen frißt, die ihm nahe kommen.«

Aber das Mädchen ließ sich nicht abweisen, sondern sagte: »Laßt mich nur hinein, ich will mich im Hausgang unter den Bottichen verstecken, die dort stehen.«

Die Frau widersetzte sich noch einige Zeit, gab aber endlich doch nach und sagte: »Gut, setz dich dort unter die Bottiche, derweil will ich meinem Mann, um seinen Zorn zu besänftigen, eine fette Henne braten.«

In diesem Augenblick verkündigte ein Brausen die Heimkunft des Herrn der Winde. Er trat herein und sprach nach einer Weile: »Weib, ich rieche Menschenblut; du hast jemanden versteckt, den ich sogleich zum Abendbrot verzehren werde.«

Der Mann, der so groß wie ein Riese war, begann nun sogleich zu suchen, fand aber das Mädchen nicht. Inzwischen kam die Frau, die keinen Widerspruch gewagt hatte, mit einer gebratenen Henne aus der Küche und sagte: »Geh, laß das Suchen und iß lieber diese fette Henne.«

Als der Riese sein Leibgericht erblickte, verschwand sein Zorn und er sagte: »Nun, ich will dem verborgenen Menschen nichts zuleide tun; er soll nur hervorkommen.« Jetzt verließ, auf Zureden der Frau, das Mädchen sein Versteck und setzte sich an den Tisch. Der Herr der Winde verzehrte indessen die Henne, und anstatt die Knochen, wie er gewöhnlich tat, auf die Erde zu werfen, legte er sie in die Schüssel. Das Mädchen mußte ihm nun erzählen, wie es in die Hütte gekommen sei und was es suche.

Als es geendet hatte, sprach der Wind: »Nimm die Knochen, die da in der Schüssel liegen und bewahre sie wohl, denn du wirst sie noch brauchen. Morgen in der Früh, wenn ich fortgehe, kommst du mit mir und gehst in jener Richtung fort, nach der ich die Bäume wehe.«

Des anderen Tages in der Früh ging sie mit dem Wind fort und hielt jene Richtung ein, nach welcher er die Bäume wehte. Nach einigen Tagen kam sie zu einem gläsernen Schlosse, das weder Tür noch Tor hatte. Sie glaubte schon, es werde vergebens sein, hier einzudringen, als ihr plötzlich die Hühnerbeine einfielen. Sie steckte nun die Knochen stiegenähnlich übereinander in die Glaswand und gelangte so zum Fenster, durch das sie hineinstieg. Die Jungfrau befand sich jetzt in einem großen Saal, in dem sieben Betten und sieben Tische waren, auf deren jedem ein Topf mit Speise stand. Sie kostete aus einem Hafen, warf dann ihren Ring hinein und versteckte sich unter dem Bett. Kaum hatte sie sich in ihren Schlupfwinkel zurückgezogen, so flogen zwölf Raben zum Fenster herein. Die setzten sich auf die Erde und verwandelten sich in Menschen. In den ersten sieben erkannte sie sogleich ihre Brüder, die andern fünf, die ganz grün waren, bedienten sie beim Essen und flogen dann wieder fort. Da fand der älteste in seinem Topf einen Ring. Sie suchten gleich im ganzen Saal herum, fanden das Mädchen und erkannten in ihr die Schwester.

»Ich bin gekommen, euch zu erlösen«, sprach sie.

Die Brüder aber sagten traurig: »Liebe Schwester, tu das nicht, denn du würdest sieben Jahre stumm sein müssen.«

Das Mädchen aber bestand darauf und sprach von Stund an keine Silbe mehr. Sie blieb nun bei ihren Brüdern und besorgte ihnen ihr Hauswesen. Als einst die Brüder, die bei Tage Raben waren, einen weiten Flug unternahmen, ging sie in den Wald, um Tannenzapfen zu suchen. Da hörte sie plötzlich die Jäger des Königs, der das Land beherrschte, in dem sich das kristallene Schloß befand. Eilig flüchtete sie sich in einen hohlen Baum, um nicht im letzten Jahr das Schweigen brechen zu müssen. Als die Jagdhunde herankamen, beschnupperten sie den Baum unaufhörlich, so daß der König aufmerksam wurde. Er ließ den Baum untersuchen, und man fand das Mädchen. Da es auf alle Fragen keine Antwort gab, so befahl der König, sie ins Gefängnis zu werfen. Allein, auch im Gefängnis waren alle Martern, die man anwandte, um sie zum Sprechen zu bringen, vergebens. Sie sollte deshalb hingerichtet werden. Es waren aber die sieben Jahre des Schweigens vorüber, und als sie gerade den Galgen besteigen sollte, kamen plötzlich ihre Brüder dahergeflogen und retteten die Schwester vom Tode.

Der Herrscher vernahm den Heldenmut des Mädchens und nahm sie zur Frau. Dann holten die Brüder auch ihre alte Mutter an den Hof, und alle lebten nun glücklich und zufrieden.

[Märchen aus Niederösterreich]

Der kluge Schneider und die Riesen

Es war einmal ein Schneider, klein und verwachsen; der ging, als er ausgelernt hatte, auf die Walz und kam in ein Gasthaus. Dort quälten ihn die Fliegen beim Essen und so schlug er mit der flachen Hand nach einem Rudel hin und erschlug neun Fliegen. Ei, dachte er sich, ein Witzvogel, da will ich manche aufsitzen lassen; alle sollen wissen, daß ich ihrer neun erschlagen habe. Daß es Fliegen waren, sag ich nicht. Und so schrieb er auf einen Zettel auf: »Neun ohne Zorn erschlagen auf einen Streich.«

Nachdem er gezahlt, ging er weiter und steckte den Zettel auf seinen Hut. Die Sonne stach heiß herab; er war müde, legte sich ins Gras und schlief ein.

Da kam des Königs Leibdiener gemächlich des Weges daher, sah den schlafenden Schneider, las den Zettel und brachte dem König Nachricht von dem tapferen Mann.

Nun hatte der König von einem Riesen im Walde viel zu leiden und dachte sich, dieser Mann könnte ihm große Dienste leisten, und er befahl, ihn zu holen.

So kam der Schneider zur Königsburg.

Auf die Frage, ob der Zettel die Wahrheit sage, versicherte er, es sei dieses Ereignis erst am Vortage geschehen; müsse also wahr sein. Und so nahm der König ihn in seinen Dienst; ja er versprach ihm das halbe Reich nach seinem Tode, wenn er das Königreich von der Riesenplage befreie.

»Nichts leichter als das«, brüstete sich der Schneider und ging mit gefüllter Börse gleich in den Wald.

Im Walde begegnete ihm zuerst ein Bub, der trug eine Lerche in einem Käfig. »Was willst du mit dem Vogel?« fragte der Schneider.

»Verkaufen will ich ihn«, erwiderte der Bub.

»Gut, gib her!« sagte der Schneider und kaufte den Vogel um ein paar Kreuzer.

Ein paar Schritte weiter kam er mit einem alten Weib zusammen, das in einem Tuche Topfen trug. Auch diesen kaufte er; denn, dachte er, wer weiß, wozu dies gut ist.

Dann ging er weiter und kam zum großen Riesenhaus. Ringsum lagen eine Menge Bäume, die gleich samt der Wurzel herausgerissen waren. Und vor dem Hause stand ein Riese, groß wie ein Turm.

Keck ging der winzige Schneider auf ihn zu und bat ihn um eine Herberge im Riesenhaus. Lachend gewährte der Riese ihm diese. Herrgott! ein Bett, und der Schneider – wie auf einem Leintuch ein Floh!

Als jedoch der nächste Tag anbrach, trat der Schneider wieder vor den Riesen hin, bedankte sich und fragte ihn, ob er nicht bei ihm bleiben und das Riesenhandwerk lernen könnte. Lachend hörte der Riese den Knirps an.

»Ja, ja«, meinten auch die zwei anderen Riesen, »aber du mußt ein paar Proben machen, daß wir sehen, ob es sich überhaupt auszahlt, anzufangen; denn du scheinst nicht viel Anwert darauf zu haben.«

»Nun, meine Herren, versuchen wir’s einmal!« krähte keck der Schneider.

Das mutige Gebaren des kleinen Menschen gefiel den Riesen, die zwar eine Riesenkraft, aber einen Zwergenverstand hatten. Und so begannen sie denn nach dem Frühstück gleich mit der ersten Probe. Steinwerfen war am Plan.

Da warf der erste Riese einen Stein so hoch, daß er erst lange nachher wieder zurückfiel. Dies tat auch der zweite und auch der dritte.

»Ach«, rief da der Schneider, »das ist ja gar nichts. Das tun bei uns die Buben. Da fangt erst die Kunst an, einen Stein so hoch zu werfen, daß er gar nicht mehr zurückkommt.«

Sprach’s, zog den Vogel aus dem Rocksack und warf ihn in die Luft. Und die Lerche stieg und stieg und kam nimmermehr zurück. Staunend sahens die Riesen.

Am zweiten Tag hieß es Steinreiben. Da nahmen die Riesen je zwei Steine und rieben sie, daß Mehl wegfiel.

»Ei«, sagte der Schneider, »recht anerkennenswert; aber das tun bei uns die stärkeren Buben auch. Aber einen Stein pressen, daß das Wasser herausrinnt, das ist eine Kunst, die nicht jeder kann.«

Er nahm den Topfen aus dem Sack in seine Hand und preßte diesen so zusammen, daß das Wasser herabtroff. Wieder waren die Riesen ganz verblüfft.

Am dritten Tag hieß es Baumbiegen. Da bogen die Riesen die stärksten Bäume um, daß die Wipfel auf dem Boden anstanden.

»Hm, hm, recht wacker«, meinte der Schneider, »auch Kinderspiel bei uns. Aber die größere Kunst ist, über die Bäume zu springen.«

Dabei nahm er einen niedergebeugten Wipfel und ließ ihn zurückschnellen, während der haltende Riese zurücktrat. Der Baum schnellte in die Höhe und schleuderte den Schneider weit über die Bäume ins Moos. Von dort krabbelte er sich heraus, ging zurück und traf die noch immer verdutzten Riesen an.

Der Plan des vierten Tages war, so viel essen, als vorgesetzt wird. Und da aßen die Riesen ungeheure Mengen. Der Schneider aber aß nur ein wenig von den Nudeln, das übrige schob er zwischen Leib und Hemde unauffällig beim Hals hinein, so daß er von den geschnittenen Nudeln einen großen Bauch bekam.

»Aber jetzt wollen wir ein bißchen laufen«, meinte der Schneider. »Wer ist schneller?« Und schon war der Schneider draußen und lief den Waldrand entlang. Erst nach geraumer Zeit liefen die drei Riesen nach. Währenddessen kam der Schneider bei einer Keuschen an, wo gerade ein Weiblein Holz sammelte.

»Ach, die Nudeln drücken mich«, rief der Schneider, nahm ein Messer und schnitt sich das Hemd auf. Dann leerte er die Nudeln auf den Weg aus. Staunend sah das Weiblein dies an. Er aber warf das Messer weg und lief eiligst weiter. »Ah, das ist gut!«

Als nun die Riesen nachkamen und die Nudeln sahen, fragten sie das Weiblein, was der Schneider hier getan habe.

»Weil ihn die Nudeln gedrückt und beim Laufen behindert haben, hat er mit dem Messer da sich den Bauch aufgeschnitten«, sprach das Weiblein, »und wie er weiterlief, hat er gesagt: ›Ah, das ist gut!‹«

Da haben die Riesen, welche auch die vollen Mägen nicht wenig im Laufen behinderten, mit des Schneiders scharfem Messer die Bäuche aufgeschnitten, so daß die Gedärme hervortraten. »Schneid nur weiter«, munterte der eine den anderen auf, »die Nudeln kommen schon.«

Und als sie genug geschnitten hatten, daß die Gedärme heraushingen, liefen sie dem Schneider noch ein Stück Weges nach. Dann aber wurden sie immer schwächer; plötzlich fielen sie um und starben.

Langsam und vorsichtig kam der Schneider zurück, fand die Leichen der Riesen und schnitt voll Freude, so leicht sich der Kerle entledigt zu haben, ihnen die Zungen ab. Dann ging er in die Stadt und brachte die Zungen dem König.

Der König hielt sein Wort und der Schneider hatte bis zum Tode ein sorgenfreies Leben. Ob er nach des Königs Tod das halbe Reich erhielt, weiß ich nicht; ich habe nie erfahren, daß ein Schneider ein König ward.

[Märchen aus der Steiermark]

Die Katzenmühle

Es war einmal ein armes Mädchen, das hatte eine Stiefmutter. Die Stiefmutter hatte aber auch zwei rechte Töchter, die sie über alles liebte und hätschelte. Die arme Stieftochter erhielt alle Tage mehr Püffe und Schläge als zu essen, wenn von der Stiefmutter nicht, so doch von den beiden Töchtern.

Eines Tages war im Hause der Stiefmutter das Herdfeuer ausgegangen, da wurde das Mädchen in die Katzenmühle um Glut geschickt. Die Katzenmühle wurde aber von den Leuten gerne gemieden. Sie hatte ihren Namen daher, weil dort Menschen wohnten, die große Katzenköpfe besaßen. Das Mädchen hatte aber keine Angst davor, und als es an das Tor der Mühle kam, klopfte es mutig an.

»Naun, naun, raun, raun, wer ist draußen?« fragte man drinnen.

»Ach, meine lieben Frauen, ich komme aus der Nachbarschaft und bitte um Glut«, antwortete das Mädchen.

»Naun, naun, raun, raun, so komm herein!«

Das Tor wurde ihr geöffnet und sie zur Katzenmutter geführt.

»Naun, naun, raun, raun, das Mädchen will Glut«, sprachen die Katzentöchter.

»Naun, naun, raun, raun«, sagte die Katzenmutter, »sie kann Glut haben, aber sie muß mich vorerst von meinen Läuschen befreien.«

Die Katzenmutter hatte aber einen Kopf so groß wie ein Wasserschaf und wirres, krauses Haar. Schlangen, Eidechsen, Kröten und Mäuse, das waren ihre Läuslein. Als sich das Mädchen ihnen näherte, sperrten sie ihre Mäuler auf und wollten es beißen. Es griff aber rasch zu, riß ihnen die Köpfe ab und schleuderte die toten Tiere in eine Ecke.

»Naun, naun, raun, raun«, sprach die Alte, als das Mädchen fertig war, »hast du etwas gefunden, mein Kind?«

»Ja, Frau Mutter, ein paar Läuschen und ein paar Näßchen hab ich wohl gefunden«, antwortete das Mädchen.

»Naun, naun, raun, raun«, sagte die Katzenmutter, »weil du so brav warst, mein Kind, will ich dir etwas schenken.«

Sie ging dann an einen Kasten, holte einen großen Sack mit Talern und Dukaten heraus und schenkte ihr den. Dann gab sie ihr auch noch Glut, und das Geld mußten ihr die Katzentöchter bis an das Haus tragen.

Als das Mädchen mit dem vielen Gelde nach Hause kam, waren alle neidisch darum, und die Stiefmutter hätte gerne gehabt, daß ihre beiden Töchter auch soviel Geld erhalten sollten. Sie schickte darum am nächsten Tage ihre ältere Tochter in die Katzenmühle um Glut. Als sie hinkam, pochte sie heftig mit ihren Fäusten an das Tor.

»Naun, naun, wer ist denn draußen?« wurde von drinnen gefragt.

»Du verwünschtes Katzenvolk, so öffne doch schnell, ich will Glut von euch holen«, rief das Mädchen barsch.

»Naun, raun«, sagten die Katzentöchter, »wir müssen dich zu unserer Mutter führen.«

»Naun, raun«, sprachen sie dort, »die will Glut von uns haben.«

»Naun, raun«, sagte die Alte, »sie kann Glut haben, aber sie muß mich vorerst von meinen Läuschen befreien.«

»Was denkst du, du alter Katzenkopf«, rief das Mädchen stolz, »ich soll dir deine Läuse fangen?«

Als sie näher hinblickte, sah sie, wie sich Schlangen und Eidechsen aus dem wirren Haar gegen sie aufbäumten.

»Die Schlangen und Eidechsen mögen dich beißen«, rief das Mädchen entsetzt, »nicht aber mich!«

»Gmau, graun«, rief die Katzenmutter, »zerreißt sie!«

Gleich wurde das Mädchen in Stücke zerrissen.

Als die ältere Tochter zu lange ausblieb, schickte die Mutter ihre zweite Tochter in die Katzenmühle, damit sie schaue, weshalb ihre Schwester noch nicht zurückgekehrt sei. Sie sah nun, daß ihre Schwester zerrissen worden war.

Sie polterte an der Türe, bis ihr geöffnet wurde.

»Naun, raun, was willst denn du da?« wurde sie gefragt.

»Ihr verruchten Katzen, wie konntet ihr es wagen, meine Schwester zu zerreißen?« fragte das Mädchen zornig.

»Gmau, graun«, sprachen die Katzen, »du bist nicht besser als sie!« und sie fielen über sie her und zerrissen auch sie.

Als auch die zweite Tochter nicht zurückkehrte, kam die Stiefmutter selbst zur Katzenmühle. Dort sah sie, was geschehen war. Sie trommelte mit den Fäusten an das Tor.

»Gmau, graun, was willst denn du hier?« fragten sie die Katzen.

»Ihr verruchten Katzen«, schrie die Stiefmutter, »wie konntet ihr es wagen, meine Töchter zu zerreißen?«

»Gmau, graun«, sagten die Katzen, »du bist auch nicht mehr wert als sie«, und da wurde auch die Stiefmutter von ihnen zerrissen.

Die brave Stieftochter war jetzt von ihren Peinigerinnen befreit. Im Garten stand ein Kreuz, dort betete sie oft für das Seelenheil der drei Toten. Ab und zu sang sie mit schöner, liebreicher Stimme auch ein geistliches Lied.