Märchen aus Russland -  - E-Book

Märchen aus Russland E-Book

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Beschreibung

Erleben Sie die Märchen und Sagen aus aller Welt in dieser Serie "Märchen der Welt". Von den Ländern Europas über die Kontinente bis zu vergangenen Kulturen und noch heute existierenden Völkern: "Märchen der Welt" bietet Ihnen stundenlange Abwechslung. Ein Auszug aus dem Inhaltsverzeichnis dieses Buches: Der beinlose und der blinde Held Das Märchen von der Tiermilch Sturmheld Iwan Kuhsohn Oletschka Der Zarensohn und sein Diener Bruder und Schwester Das Mädchen ohne Hände Foma Berennikow Der Ungewaschene Der unsterbliche Koschtschej Vom bösen Weibe Das Mädchen als Soldat Die Entenjungfrau Die Schnepfe Vanjuschka und Annuschka Marko, der Reiche Das Säckchen füll dich Ivanko, der Bärensohn Der verzauberte Lindenbaum Baldak Borisjevitsch Der Soldat und sein Ranzen Die Jungfrau Zar Der hölzerne Adler Der Schwarzkünstler-Zar Die Pantoffel von Lausleder Ivan-Pechvogel Siebenjahr Die Teufelsflöte Nikolaus, der Wundertäter Peter der Erste als Dieb Der Bauer und die goldne Sonne Marjuschka Der Vampir Die Erzählung von Ivan, dem Meßnerssohne, wie er im Kampfe lag wider den türkischen Sultan Die Erzählung vom Urteil des Schemjaka Das Märchen von Ssila Zarewitsch und Iwaschka, Weißes Hemd Der Traum. Der Ritter ohne Beine und der Ritter ohne Augen. Geh hin - ich weiß nicht wohin - bring das - ich weiß nicht was. Der Zauberspiegel. Das Federchen vom hellen Falken Finist. Zar-Bär. Elena die Weise. Die Zarewna löst Rätsel. Schwesterchen Alenuschka und Brüderchen Iwanuschka. Die weiße Ente. Zarewna Frosch. Elend. Wassili Zarewitsch und Elena die Wunderschöne. Schemjaks Richtsprüche1. Der Töpfer. Das kluge Mädchen. Die versprochenen Kinder. Blendwerk. I. II. Vom heiligen Nikolaus. Der Geizhals. Wie der April den März besuchte.

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Seitenzahl: 541

Veröffentlichungsjahr: 2012

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Märchen aus Rußland

Inhalt:

Geschichte des Märchens

Märchen aus Rußland

Der beinlose und der blinde Held

Das Märchen von der Tiermilch

Sturmheld Iwan Kuhsohn

Oletschka

Der Zarensohn und sein Diener

Bruder und Schwester

Das Mädchen ohne Hände

Foma Berennikow

Der Ungewaschene

Der unsterbliche Koschtschej

Vom bösen Weibe

Das Mädchen als Soldat

Die Entenjungfrau

Die Schnepfe

Vanjuschka und Annuschka

Marko, der Reiche

Das Säckchen füll dich

Ivanko, der Bärensohn

Der verzauberte Lindenbaum

Baldak Borisjevitsch

Der Soldat und sein Ranzen

Die Jungfrau Zar

Der hölzerne Adler

Der Schwarzkünstler-Zar

Die Pantoffel von Lausleder

Ivan-Pechvogel

Siebenjahr

Die Teufelsflöte

Nikolaus, der Wundertäter

Peter der Erste als Dieb

Der Bauer und die goldne Sonne

Marjuschka

Der Vampir

Die Erzählung von Ivan, dem Meßnerssohne, wie er im Kampfe lag wider den türkischen Sultan

Die Erzählung vom Urteil des Schemjaka

Das Märchen von Ssila Zarewitsch und Iwaschka, Weißes Hemd

Der Traum.

Der Ritter ohne Beine und der Ritter ohne Augen.

Geh hin – ich weiß nicht wohin – bring das – ich weiß nicht was.

Der Zauberspiegel.

Das Federchen vom hellen Falken Finist.

Zar-Bär.

Elena die Weise.

Die Zarewna löst Rätsel.

Schwesterchen Alenuschka und Brüderchen Iwanuschka.

Die weiße Ente.

Zarewna Frosch.

Elend.

Wassili Zarewitsch und Elena die Wunderschöne.

Schemjaks Richtsprüche1.

Der Töpfer.

Das kluge Mädchen.

Die versprochenen Kinder.

Blendwerk.

I.

II.

Vom heiligen Nikolaus.

Der Geizhals.

Wie der April den März besuchte.

Märchen aus Rußland

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

Loschberg 9

86450 Altenmünster

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

Frontcover: © Sweet Angel - Fotolia.com

Geschichte des Märchens

Ein Märchenist diejenige Art der erzählenden Dichtung, in der sich die Überlebnisse des mythologischen Denkens in einer der Bewußtseinsstufe des Kindes angepaßten Form erhalten haben. Wenn die primitiven Vorstellungen des Dämonenglaubens und des Naturmythus einer gereiftern Anschauung haben weichen müssen, kann sich doch das menschliche Gemüt noch nicht ganz von ihnen trennen; der alte Glaube ist erloschen, aber er übt doch noch eine starke ästhetische Gefühlswirkung aus. Sie wird ausgekostet von dem erwachsenen Erzähler, der sich mit Bewußtsein in das Dunkel phantastischer Vorstellungen zurückversetzt und sich, vielfach anknüpfend an altüberlieferte Mythen, an launenhafter Übertreibung des Wunderbaren ergötzt. So ist das Volksmärchen (und dieses ist das echte und eigentliche M.) das Produkt einer bestimmten Bewußtseinsstufe, das sich anlehnt an den Mythus und von Erwachsenen für das Kindergemüt mit übertreibender Betonung des Wunderbaren gepflegt und fortgebildet wird. Es ist dabei, wie in seinem Ursprung, so in seiner Weiterbildung durchaus ein Erzeugnis des Gesamtbewußtseins und ist nicht auf einzelne Schöpfer zurückzuführen: das M. gehört dem großen Kreis einer Volksgemeinschaft an, pflanzt sich von Mund zu Munde fort, wandert auch von Volk zu Volk und erfährt dabei mannigfache Veränderungen; aber es entspringt niemals der individuellen Erfindungskraft eines Einzelnen. Dies ist dagegen der Fall bei dem Kunstmärchen, das sich aber auch zumeist eben wegen dieses Ursprungs sowohl in den konkreten Zügen der Darstellung als auch durch allerlei abstrakte Nebengedanken nicht vorteilhaft von dem Volksmärchen unterscheidet. Das Wort M. stammt von dem altdeutschen maere, das zuerst die gewöhnlichste Benennung für erzählende Poesien überhaupt war, während der Begriff unsers Märchens im Mittelalter gewöhnlich mit dem Ausdruck spel bezeichnet wurde. Als die Heimat der M. kann man den Orient ansehen; Volkscharakter und Lebensweise der Völker im Osten bringen es mit sich, daß das M. bei ihnen noch heute besonders gepflegt wird. Irrtümlich hat man lange gemeint, ins Abendland sei das M. erst durch die Kreuzzüge gelangt; vielmehr treffen wir Spuren von ihm im Okzident in weit früherer Zeit. Das klassische Altertum besaß, was sich bei dem mythologischen Ursprung des Märchens von selbst versteht, Anklänge an das M. in Hülle und Fülle, aber noch nicht das M. selbst als Kunstgattung. Dagegen taucht in der Zeit des Neuplatonismus, der als ein Übergang des antiken Bewußtseins zur Romantik bezeichnet werden kann, eine Dichtung des Altertums auf, die technisch ein M. genannt werden kann, die reizvolle Episode von »Amor und Psyche« in Apulejus' »Goldenem Esel«. Gleicherweise hat sich auch an die deutsche Heldensage frühzeitig das M. angeschlossen. Gesammelt begegnen uns M. am frühesten in den »Tredeci piacevoli notti« des Straparola (Vened. 1550), im »Pentamerone« des Giambattista Basile (gest. um 1637 in Neapel), in den »Gesta Romanorum« (Mitte des 14. Jahrh.) etc. In Frankreich beginnen die eigentlichen Märchensammlungen erst zu Ende des 17. Jahrh.; Perrault eröffnete sie mit den als echte Volksmärchen zu betrachtenden »Contes de ma mère l'Oye«; 1704 folgte Gallands gute Übersetzung von »Tausendundeiner Nacht« (s. d.), jener berühmten, in der Mitte des 16. Jahrh. im Orient zusammengestellten Sammlung arabischer M. Besondern Märchenreichtum haben England, Schottland und Irland aufzuweisen, vorzüglich die dortigen Nachkommen der keltischen Urbewohner. Die M. der skandinavischen Reiche zeigen nahe Verwandtschaft mit den deutschen. Reiche Fülle von M. findet sich bei den Slawen. In Deutschland treten Sammlungen von M. seit der Mitte des 18. Jahrh. auf. Die »Volksmärchen« von Musäus (1782) und Benedikte Naubert sind allerdings nur novellistisch und romantisch verarbeitete Volkssagen. Die erste wahrhaft bedeutende, in Darstellung und Fassung vollkommen echte Sammlung deutscher M. sind die »Kinder- und Hausmärchen« der Brüder Grimm (zuerst 1812–13, 2 Bde.; ein 3. Band, 1822, enthält literarische Nachweise bezüglich der M.). Unter den sonstigen deutschen Sammlungen steht der Grimmschen am nächsten die von L. Bechstein (zuerst 1845); außerdem sind als die bessern zu nennen: die von E. M. Arndt (1818), Löhr (1818), J. W. Wolf (1845 u. 1851), Zingerle (1852–54), E. Meier (1852), H. Pröhle (1853) u. a. Mit M. des Auslandes machten uns durch Übertragungen bekannt: die Brüder Grimm (Irland, 1826), Graf Mailath (Ungarn, 1825), Vogl (Slawonien, 1837), Schott (Walachei, 1845), Asbjörnson (Norwegen), Bade (Bretagne, 1847), Iken (Persien, 1847), Gaal (Ungarn, 1858), Schleicher (Litauen, 1857), Waldau (Böhmen, 1860), Hahn (Griechenland u. Albanien, 1863), Schneller (Welschtirol, 1867), Kreutzwald (Esthland, 1869), Wenzig (Westslawen, 1869), Knortz (Indianermärchen, 1870, 1879, 1887), Gonzenbach (Sizilien, 1870), Österley (Orient, 1873), Carmen Sylva (Rumänien, 1882), Leskien und Brugman (Litauen, 1882), Goldschmidt (Rußland, 1882), Veckenstedt (Litauen, 1883), Krauß (Südslawen, 1883–84), Brauns (Japan, 1884), Poestion (Island, 1884; Lappland, 1885), Schreck (Finnland, 1887), Chalatanz (Armenien, 1887), Jannsen (Esthen, 1888), Mitsotakis (Griechenland, 1889), Kallas (Esthen, 1900) u. a. Unter den Kunstpoeten haben sich im M. mit dem meisten Glück versucht: Goethe, L. Tieck, Chamisso, E. T. A. Hoffmann, Fouqué, Kl. Brentano, der Däne Andersen, R. Leander (Volkmann) u. a. Vgl. Maaß, Das deutsche M. (Hamb. 1887); Pauls »Grundriß der germanischen Philologie«, 2. Bd., 1. Abt. (2. Aufl., Straßb. 1901); Benfey, Kleinere Schriften zu Märchen-forschung (Berl. 1890); Reinh. Köhler, Aufsätze über M. und Volkslieder (das. 1894) und Kleine Schriften, Bd. 1: Zur Märchenforschung (hrsg. von Bolte, das. 1898); R. Petsch, Formelhafte Schlüsse im Volksmärchen (das. 1900).

Märchen aus Rußland

Der beinlose und der blinde Held

Irgendwo in einem Zarenreich, in einem fernen Reich, lebte einst ein grimmer Zar, berühmt in allen Ländern, gefürchtet von allen Königen und Königssöhnen. Der Zar gedachte zu heiraten und ließ diese Kundmachung in alle Städte und Dörfer ergehn: Wer ihm eine Braut fände, strahlender als die Sonne, leuchtender als der Mond und weißer denn Schnee, den wolle er belohnen mit unermeßlichem Reichtum.

Das Gerücht davon drang durch das ganze Reich; vom Geringsten bis zum Höchsten besprachen und beredeten sie's alle, aber nicht einer erbot sich, solch eine Schönheit aufzufinden. Nicht weit vom Zarenpalast stand eine große Bierbrauerei. Einmal geschah es, daß sich Arbeitervolk zusammenfand und darüber sprach, wieviel Geld man da wohl vom Zaren erhalten könnte, aber wo solch eine Braut hernehmen! "Ja, Brüder!" sagte einer der Bauern, mit Namen Nikita Koltoma, "ohne mich wird niemand dem Zaren die Braut verschaffen; nehm ich's aber auf mich, find ich sie gewiß!" – "Was prahlst du, Dummkopf! Wie willst du in Teufels Namen diese Tat vollbringen? Es gibt vornehme und reiche Leute genug, für uns ist das nichts, und selbst jene kneifen den Schwanz zwischen die Beine! Nicht einmal im Traum wird dir's gelingen, geschweige denn in Wirklichkeit." – "Denkt, was ihr wollt, ich verlaß mich auf mich selbst; hab ich gesagt, ich bringe sie, so bring ich sie auch!" – "Ach, Nikita, prahle nicht! Weißt selbst, unser Zar ist mächtig; für leeres Gewäsch läßt er dich hängen." – "Glaub nicht, daß er mich hängt, sondern mich reich beschenkt!" Sofort hinterbrachte man dieses Gerede dem Zaren; er ward froh und befahl, Nikita vor sein Angesicht zu führen. Soldaten eilten hin, ergriffen Nikita Koltoma und schleppten ihn in den Palast; die Kameraden aber schrien hinter ihm her: "Nun, Bruder, hast du's erreicht? Glaubst du, du kannst mit dem Zaren spaßen? Jetzt geh und verantworte dich."

Nikita wurde in die hohen Gemächer geführt, und der grimme Zar sprach zu ihm: "Du rühmst dich, Nikita, daß du mir eine Braut, strahlender als die Sonne, leuchtender als der Mond und weißer denn Schnee erlangen kannst?" – "Ich kann's, Eure Majestät!" – "Gut, Bruder! führst du's aus, so belohn ich dich mit unermeßlichen Schätzen und mache dich zum ersten Minister; hast du aber gelogen, so laß ich dich's büßen, leg dir den Kopf zu deinen Füßen." – "Zu Befehl, Eure Majestät! Erlaubt mir aber, vorher einen Monat lang in Saus und Braus zu leben." Der Zar war's zufrieden und gab Nikita ein offenes Schreiben mit seiner Unterschrift, damit man ihn in allen Kneipen und Garküchen unentgeltlich mit Speise und Trank bewirte. Nikita Koltoma ging in die Hauptstadt zechen: in welche Kneipe er auch kam, er zeigte nur das Schreiben vor, und sofort brachte man ihm alles, was die Seele begehrt. Er feierte einen Tag, den zweiten und den dritten, er feierte eine Woche, die zweite und die dritte; bald war die Zeit herum, er mußte zum Zaren. Nikita nahm Abschied von seinen Freunden, kam in den Palast und bat den Zaren, ihm zwölf kühne Burschen zusammenzusuchen, von gleichem Wuchs, mit gleichem Haar, mit gleicher Stimme, und ferner dreizehn weißleinene, goldverzierte Zelte anfertigen zu lassen. Beim Zaren ist alles rasch bereit: im Augenblick waren die Burschen beisammen und die Zelte angefertigt. "So, Eure Majestät!" sagte Nikita, "jetzt macht Euch auf und laßt uns auf die Brautsuche reiten." Sie sattelten ihre stattlichen Rosse und luden die Zelte auf; dann wurde das Gebet um glückhafte Reise gesprochen, den Bewohnern der Stadt Lebewohl gesagt, aufgesessen und fortgesprengt, daß der Staub in Säulen aufwirbelte!

Sie ritten einen Tag und zwei und drei, da stand auf freiem Felde eine Schmiede. Nikita sagte: "Reitet ihr mit Gott geradeaus, ich aber laufe derweil in die Schmiede und rauch ein Pfeifchen an." Er trat in die Schmiede ein; dort schmiedeten fünfzehn Gesellen das Eisen und ließen die Hämmer sausen. "Gott helf euch, Brüder!" – "Dank dir, guter Gesell!" – "Macht mir einen Stab von fünfzehn Pud." – "Wir wollen ihn gern machen, aber wer wird das Eisen umdrehen? Fünfzehn Pud sind keine Kleinigkeit!" – "Macht nichts, Brüder! Schlagt ihr nur mit den Hämmern zu, ich werde es schon umdrehen." Die Schmiede machten sich an die Arbeit und hämmerten einen Stab von fünfzehn Pud zurecht. Nikita ergriff ihn und ging auf das Feld hinaus, warf ihn fünfzehn Faden in die Höh und hielt den Arm unter. Der eiserne Stab fiel ihm auf die Hand, aber der Heldenkraft war er nicht gewachsen und brach in zwei Stücke. Nikita Koltoma bezahlte die Schmiede für ihre Mühe, warf ihnen den Stab zu, ritt davon und holte seine Gefährten ein.

Dann ritten sie noch drei Tage, und wieder stand auf freiem Felde eine Schmiede. "Reitet voran, ich gehe noch in die Schmiede", sagte Nikita. Er trat ein, dort schmiedeten aber fünfundzwanzig Gesellen das Eisen und ließen die Hämmer sausen. "Gott helf euch, Kinder!" – "Dank dir, guter Gesell!" – "Schmiedet mir einen Stab von fünfundzwanzig Pud." – "Schmieden ist nicht schwer, aber wo ist der starke Mann, der so viel Eisen umdrehen kann?" – "Ich selbst werd es umdrehen." Er nahm fünfundzwanzig Pud Eisen, machte es rotglühend und wendete es auf dem Amboß um, die Schmiede aber schlugen mit den Hämmern zu. Sie machten einen Stab von fünfundzwanzig Pud. Nikita ergriff ihn, ging hinaus auf das Feld, warf ihn fünfundzwanzig Faden in die Höhe und hielt seinen Arm unter. Der Stab schlug auf die Heldenhand auf und brach entzwei. "Nein, er taugt nichts!" sagte Nikita, bezahlte die Arbeit, setzte sich auf sein Roß und ritt davon. Er holte seine Gefährten ein.

Sie ritten einen Tag, zwei und drei, und wieder stand auf freiem Felde eine Schmiede. Nikita sagte zu seinen Gefährten: "Reitet voraus; ich geh in die Schmiede, rauch ein Pfeifchen an." Er tritt hinein; dort aber martern fünfzig Schmiede einen alten Mann: auf dem Amboß liegt ein grauhaariger Alter, zehn Gesellen halten ihn mit Zangen am Bart, vierzig aber dreschen mit Hämmern auf ihn ein. "Brüder, erbarmt euch!" schrie der Alte aus vollem Hals, "laßt mir mein Leben!" – "Gott helf euch!" sagte Nikita. "Dank dir, guter Gesell!" antworteten die Schmiede. "Wofür martert ihr den Alten?" – "Dafür, weil er uns allen je einen Rubel schuldig ist und ihn nicht hergibt; wie sollten wir ihn da nicht schlagen?" – "Der Arme!" dachte Nikita, "wegen fünfzig Rubel muß er solch eine Strafe leiden." Und er sprach zu den Schmieden: "Hört, Brüder, ich werde für ihn zahlen, laßt den Alten frei!" – "Wie du willst, guter Gesell! Uns ist es gleich, von wem wir's erhalten, wenn das Geld nur bezahlt wird." Nikita Koltoma zog fünfzig Rubel hervor; die Schmiede nahmen das Geld, und kaum hatten sie den Alten aus den eisernen Zangen gelassen, als er im selben Augenblick aus den Augen verschwunden war. Nikita schaute sich um: "Wo mag er geblieben sein?" – "Ja, such du ihn jetzt nur!" sagten die Schmiede, "er ist doch ein Zauberer!" Nikita hieß sie einen eisernen Stab von fünfzig Pud schmieden; dann nahm er ihn, warf ihn fünfzig Faden in die Höhe und hielt seinen Arm unter: der Stab hielt es aus, brach nicht. "Dieser da taugt mir!" sagte Nikita und ritt davon, seine Gefährten einzuholen. Plötzlich hörte er hinter sich eine Stimme: "Nikita Koltoma, halt an!" Er wandte sich um und sah, der Alte, den er von der Strafe freigekauft hatte, lief ihm nach. "Dank dir, guter Gesell, daß du mich aus böser Qual befreit hast", sagte der Alte; "wisse, daß ich genau dreißig Jahre dieses Leid erdulden mußte. Da hast du zum Andenken ein Geschenk: nimm es an, es wird dir von Nutzen sein." Und er gab ihm eine Tarnkappe. "Setzt du sie auf – kann keiner dich sehen!" Nikita nahm die Tarnkappe, bedankte sich beim Alten und sprengte davon. Er holte seine Gefährten ein, und sie ritten gemeinsam weiter.

War es lang nachher oder kurz, nah oder fern? – sie ritten an einen Palast heran. Rundherum war dieser Palast von einer hohen eisernen Umzäunung umgeben: weder gab's eine Möglichkeit, in den Hof zu gelangen, noch für wackere Burschen hineinzureiten. Sprach der grimme Zar: "Na, Bruder Nikita! hier kommen wir ja nicht weiter." Antwortete Nikita Koltoma: "Wie sollte da kein Eingang sein, Eure Majestät! Das ganze Weltall will ich durchwandern, um Euch die Braut zu finden. Diese Umzäunung ist für uns kein Hindernis. Heran, Kinder! Zerbrecht die Gitter, macht ein Tor in den weiten Hof." Die kühnen Burschen stiegen von den Rossen und machten sich an die Arbeit, aber wie sie's auch versuchten, sie konnten die Einfriedigung nicht durchbrechen: sie stand und rührte sich nicht. "He, Brüder", sagte Nikita, "ihr schwimmt alle nur im Flachen, auf euch ist für mich kein Verlaß, ich werde selbst drangehen müssen." Nikita sprang von seinem Roß, trat an die Umzäunung heran, packte mit den Heldenarmen das Gitter, rüttelte einmal – und schleuderte den ganzen Zaun zu Boden. Der grimme Zar und die wackeren Burschen ritten hinein in den weiten Hof, und dort auf grüner Wiese richteten sie ihre weißleinenen, goldverzierten Zelte auf. Sie aßen, was Gott ihnen beschert hatte, legten sich zur Ruhe und fielen ermüdet in tiefen Schlaf. Alle hatten ihre Zelte, nur für Nikita Koltoma war keines da. Er suchte sich drei durchlöcherte Matten aus Bast, machte sich ein Hüttchen daraus, legte sich auf die nackte Erde und wachte, erwartete, was kommen würde.

Als die Morgenröte emporstieg, erwachte in ihrem Frauengemach die Zarentochter Helene, die Wunderschöne, sah zum Fensterchen hinaus und erblickte auf der grünen Wiese dreizehn weißleinene Zelte, mit goldenen Blumen bestickt, aber vor ihnen allen stand ein Hüttchen aus Bastmatten errichtet. "Was ist denn das?" dachte die Zarentochter, "von wo sind diese Gäste hergeritten? Schau, auch das eiserne Gitter ist zerbrochen!" In großen Zorn geriet Helene, die Wunderschöne, rief einen riesenstarken Helden zu sich und befahl: "Setz dich sogleich auf ein Roß, reit zu diesen Zelten und gib allen jenen Ungehorsamen den bitteren Tod; die Leichen wirf über die Umzäunung, die Zelte aber bring mir her." Der riesenstarke Held sattelte sein treues Roß, wappnete sich mit der Kriegerrüstung und sprengte auf die ungerufenen Gäste zu. Nikita Koltoma erspähte ihn und rief ihn an: "Wer kommt da geritten?" – "Wer bist denn du, Flegel, daß du mich anrufst?" Diese Worte behagten Nikita nicht wohl, er sprang aus seinem Hüttchen hervor, packte den Helden am Bein und zerrte ihn vom Pferd auf die feuchte Erde; schwang den eisernen Stab von fünfzig Pud, gab ihm einen derben Schlag und sagte: "Jetzt geh zu deiner Zarentochter zurück und melde ihr, sie möge nicht lange den Hochmut herauskehren und ihre Kriegsscharen nicht unnütz verschwenden, sondern die Gattin unseres grimmen Zaren werden." Der Held sprengte zurück, froh, daß Nikita ihn lebend hatte laufen lassen! Er ritt zum Palast und berichtete der Zarentochter: "Auf Euren Hof sind ungeheuer starke Leute gekommen, sie werben um Euch für ihren grimmen Zaren und befahlen mir zu melden, Ihr möget Euch nicht hochmütig zeigen und Eure Kriegsheere nicht unnütz verschwenden, sondern jenem Zaren als Gattin folgen." Als Helene, die Wunderschöne, so kecke Rede hörte, war sie empört darüber, rief alle ihre riesenstarken Helden zusammen und befahl ihnen: "Ihr getreuen Diener! sammelt ein unermeßliches Heer, zerstört die weißleinenen Zelte und schlagt die ungerufenen Gäste zusammen, daß nicht ein Stäubchen von ihnen übrigbleibt." Die riesenstarken Helden bedachten sich nicht lange; sie riefen ein zahlloses Heer auf den Plan, setzten sich auf ihre Heldenrosse und sprengten wider die weißleinenen Zelte mit goldenem Zierat an. Kaum aber waren sie bis zum Hüttchen aus Bastmatten gelangt, so sprang Nikita Koltoma hervor, packte seinen eisernen Stab von fünfzig Pud und fing an, nach allen Seiten einzuhauen; in kurzer Zeit erschlug er das ganze Heer und alle riesenstarken Helden, nur einen einzigen ließ er am Leben. "Reit hin zu der Zarewna Helene, der Wunderschönen, und sag ihr, daß sie ihre Krieger nicht länger verschwenden solle; mit Heerscharen sind wir nicht zu schrecken! Bisher hab ich allein wider euch gekämpft; was aber wird aus eurem Zarenreich werden, wenn meine Gefährten erwachen? Keinen Stein werden wir auf dem anderen lassen und alles dem Erdboden gleichmachen!" Der Held kehrte zur Zarentochter zurück und berichtete, daß das Heer erschlagen sei und keine Macht genüge, um solche Recken zu überwinden. Helene, die Wunderschöne, schickte aus und ließ den grimmen Zaren in den Palast bitten, befahl aber gleich, einen wohlgehärteten Pfeil anzufertigen; selbst ging sie hinaus, die Gäste freundlich und ehrenvoll zu empfangen. Die Zarentochter ging ihnen entgegen, hinter ihr aber trugen fünfzig Mann den Bogen und den Pfeil. Nikita Koltoma erblickte den Heldenbogen und erriet sofort, daß sie mit diesem Pfeile bewirtet werden sollten. Er setzte die Tarnkappe auf, sprang hinzu, spannte den Bogen und zielte auf die Gemächer der Zarentochter – im Augenblick schoß er das ganze obere Stockwerk herunter!

Es blieb nichts anderes übrig: Helene, die Wunderschöne, nahm den grimmen Zaren bei der Hand, führte ihn in die weißsteinernen Gemächer und setzte ihn an die eichenen Tische vor die gemusterten Tücher; sie tranken und aßen und waren froh. Im Palast war alles herrlich eingerichtet: die ganze Welt kannst du durchwandern, einen so schönen findest du nicht wieder! Nach dem Essen fragte Nikita den grimmen Zar: "Gefällt Eurer Majestät die Braut, oder sollen wir eine andere suchen?" – "Nein, Nikita, wir wollen nicht ins Blaue hinein weiterreiten; eine schönere als diese gibt es auf der ganzen Welt nicht!" – "Nun, so heiratet, jetzt ist sie in unseren Händen. Aber seht Euch vor, Euer Majestät, und seid auf Eurer Hut: die ersten drei Nächte wird sie Eure Stärke erproben, wird ihre Hand auf Euch legen und mit Riesenkraft drücken, Ihr werdet es ganz gewiß nicht ertragen können! Darum geht danach sogleich aus der Kammer, ich aber werd an Eurer Stelle zurückkommen und sie rasch bändigen."

Und so machten sie sich zur Hochzeit bereit. Bei den Zaren wird weder Met gebraut, noch Schnaps gebrannt, alles ist schon bereit. Die Hochzeit wurde gefeiert, und der grimme Zar ging mit Helenen, der Wunderschönen, zur Ruh. Er legte sich auf das weiche Bett und stellte sich, als ob er schlafen wolle. Helene, die Wunderschöne, legte ihm die Hand auf die Brust und fragte: "Ist meine Hand wohl schwer?" – "So schwer, wie eine Feder auf dem Wasser!" antwortete der grimme Zar; aber kaum konnte er dabei Atem holen, so stark drückte sie ihm die Brust zusammen. "Wart einmal, Helene, du Wunderschöne, ich habe ja vergessen, einen Befehl für morgen zu erteilen, da muß ich jetzt gehn." Er trat zur Schlafkammer hinaus, an der Tür aber stand Nikita: "Na, Bruder! du hast wahr gesprochen, fast hätte sie mich ganz erdrückt." – "Macht nichts, Eure Majestät! Bleibt hier stehn, ich werde die Sache schon richten." Nikita sprach's, ging zur Zarentochter, legte sich auf das Bett und fing an zu schnarchen. Helene, die Wunderschöne, dachte, daß der grimme Zar zurückgekommen sei, legte ihre Hand auf ihn und drückte und drückte, aber ohne Erfolg! Sie legte beide Hände auf und drückte noch stärker als vorher. Da packte sie Nikita Koltoma wie im Schlaf, und als er sie auf den Boden warf, krachten alle Gemächer! Die Zarin erhob sich, legte sich still nieder und schlief ein. Dann stand Nikita auf, ging zum Zaren hinaus und sagte: "So, jetzt geht nur dreist hinein, bis zur nächsten Nacht wird sich nichts ereignen!" Auf solche Weise überstand der Zar mit Nikita Koltomas Hilfe die ersten drei Nächte, und dann lebte er mit der Zarewna Helene, der Wunderschönen, wie es Mann und Frau ziemt.

Einige Zeit danach erfuhr Helene, die Wunderschöne, daß der grimme Zar sie durch Betrug gewonnen habe und seine Stärke nicht so groß sei, und daß die Leute über sie spotteten: "Nikita hat mit der Zarentochter drei Nächte geschlafen." Sie geriet in furchtbaren Zorn und brütete in ihrem Herzen grausame Rache. Der Zar aber gedachte, in sein Reich zu fahren, und sprach zu Helenen, der Wunderschönen: "Lange genug haben wir hier gelebt, es ist Zeit, heimzukehren; mach dich zur Reise fertig." Sie schickten sich an, übers Meer zu fahren, beluden das Schiff mit viel kostbarem Gut, gingen an Bord und fuhren ab. Sie schwammen einen Tag, den zweiten und den dritten. Der Zar war heiter und konnte sich nicht genug freuen, daß er die Zarentochter, strahlender als die Sonne, leuchtender als der Mond und weißer denn Schnee zu sich heimführte. Helene, die Wunderschöne, aber dachte nur den einen Gedanken, wie sie den Schimpf heimzahlen solle.

Und zu der Zeit befiel Nikita der Heldenschlaf, und er schlief zwölf Tage und zwölf Nächte. Als die Zarin das sah, rief sie sogleich ihre getreuen Diener und befahl ihnen, dem Helden die Beine bis zu den Knien abzuhauen, ihn dann in ein Boot zu legen und ins offene Meer treiben zu lassen. Auf der Stelle hieben jene vor ihren Augen dem schlafenden Nikita die Beine bis zu den Knien ab, legten ihn in ein Boot und ließen ihn auf das offene Meer treiben. Am dreizehnten Tage erwachte der arme Nikita, schaute um sich, sah das Wasser ringsum und sich selbst ohne Beine daliegen, das Schiff aber war spurlos verschwunden.

Unterdessen fuhr das Schiff weiter und weiter und gelangte endlich in den Hafen. Kanonenschüsse erdröhnten, die Stadtbewohner liefen zusammen, und die Kaufleute und Bojaren begrüßten den Zaren mit Salz und Brot und wünschten Glück zur rechtmäßigen Ehe. Der Zar fing an, Feste zu feiern und Gäste zu laden, aber an Nikita zu denken, hatte er vergessen. Nicht lange jedoch sollte er sein Vergnügen haben; bald nahm ihm Helene, die Wunderschöne, das Zarenreich ab, herrschte über alles selbst und zwang ihn, die Schweine zu hüten. Aber auch damit gab sich das Herz der Zarentochter nicht zufrieden: sie befahl, überall Nachforschung zu halten, ob nicht irgendwo Verwandte von Nikita Koltoma nachgeblieben seien. Wenn sich einer fände, sollte er in den Palast geschafft werden. Die Häscher sprengten davon, suchten überall und fanden den leiblichen Bruder Nikitas, Timofej Koltoma. Sie packten ihn und schleppten ihn in den Palast. Die Zarentochter Helene, die Wunderschöne, befahl, ihm die Augen auszustechen und dann zur Stadt hinauszujagen. Sofort geschah es, sie führten ihn zur Stadt hinaus und ließen ihn auf freiem Felde stehn.

Der Blinde schleppte sich tastend fort; er ging weiter und weiter, kam an das Meer, machte noch ein, zwei Schritte und fühlte das Wasser unter seinen Füßen; er blieb auf einer Stelle stehn, konnte nicht vor- und nicht rückwärts und fürchtete sich weiterzugehen! In diesem Augenblick trieb das Boot Nikitas an das Ufer. Nikita erblickte einen Menschen, ward froh und rief ihn an: "He, guter Gesell, hilf mir hinaus auf festen Boden!" Der Blinde antwortete: "Gern würd ich dir helfen, kann's aber nicht; ich bin ohne Augen, kann gar nichts sehen." – "Woher bist du denn und wie heißt du?" – "Ich bin Timofej Koltoma; die neue Zarin Helene, die Wunderschöne, hat mir die Augen ausgestochen und mich aus dem Reich hinausgejagt." – "Ach, dann bist du mein leiblicher Bruder; ich bin Nikita Koltoma. Geh, lieber Timofej, dorthin zur rechten Hand, dort wächst eine hohe Eiche; reiß sie aus, schleppe sie her und wirf sie vom Ufer ins Wasser, ich werde auf ihr hinauskriechen zu dir." Timofej Koltoma wandte sich nach rechts, machte ein paar Schritte, stieß auf eine hohe alte Eiche, umfaßte sie mit beiden Armen und riß sie mit einem Ruck samt den Wurzeln aus; er schleppte die Eiche heran und warf sie ins Wasser: sie kam mit dem einen Ende auf dem Lande zu liegen, mit dem andern aber reichte sie bis zum Boot. Nikita kroch, so gut es ging, an das Ufer, sie küßten einander, und er fragte: "Wie geht es denn jetzt unserem grimmen Zaren?" – "Ach, Bruder!" antwortete Timofej Koltoma, "unser grimmer Zar sitzt tief im Unglück; er hütet Schweine auf dem Felde, jeden Morgen bekommt er ein Pfund Brot, einen Krug Wasser und drei Hiebe auf den Rücken."

Dann fingen die Brüder an zu beraten, wie sie das Leben fristen und wovon sie sich nähren sollten. Nikita sagte: "Höre, Bruder, meinen Rat. Du wirst mich tragen, weil ich ohne Beine bin; ich aber werde auf dir sitzen und dir sagen, wohin du gehen sollst." – "Schon recht, mag es nach deinem Willen geschehen! Und wenn wir auch beide Krüppel sind, zu zweien sind wir so gut wie ein Gesunder." Nikita Koltoma setzte sich dem Bruder auf die Schultern und wies ihm den Weg; Timofej ging weiter und weiter und kam in den finsteren Wald. In diesem Walde aber stand die Hütte der Baba-Jaga. Die Brüder gingen hinein. Keine Seele war darin. "Nun, Bruder", sagte Nikita, "taste mal im Ofen nach, ob nichts zu essen da ist." Timofej kroch in den Ofen, zog mancherlei Speisen hervor und stellte sie auf den Tisch, und dann fingen sie an einzuhauen und aßen vor Hunger alles auf. Dann sah sich Nikita in der Hütte um, erblickte auf dem Fensterbrett eine kleine Pfeife, ergriff sie, steckte sie zwischen die Lippen und fing an zu pfeifen. Welch ein Wunder begab sich da! Der blinde Bruder fing an zu tanzen, die Hütte tanzte, der Tisch und die Bänke und das Geschirr, alles tanzte, und die Töpfe gingen dabei in Scherben! "Genug, Nikita! Hör auf zu pfeifen", bat der Blinde, "meine Kraft reicht nicht mehr." Nikita hörte auf zu pfeifen, und im Augenblick wurde alles still.

Plötzlich öffnete sich die Türe, die Baba-Jaga trat ein und schrie mit lauter Stimme: "Ach, ihr obdachlosen Strolche! Bisher ist kein Vogel hierher geflogen und kein Tier hier durchgerannt, ihr aber seid eingedrungen, habt alles aufgegessen und alle Töpfe zerschlagen. Schon gut, jetzt werd ich mit euch abrechnen!" Nikita antwortete: "Halt's Maul, altes Luder! Wir verstehen selber abzurechnen. He, Bruder Timofej, halt sie mal, die Hexe – aber fest!" Timofej packte die Baba-Jaga mit beiden Händen und drückte sie gewaltig zusammen, Nikita aber faßte sie bei den Haaren und zerrte sie in der Hütte herum. "Väterchen, schlagt nicht!" bat die Baba-Jaga, "ich werd euch noch Nutzen bringen: alles, was ihr wollt, will ich euch verschaffen." – "Dann sag, Alte, kannst du uns das heilende und belebende Wasser verschaffen? Kannst du's, so laß ich dich am Leben, wenn nicht, mußt du eines grausamen Todes sterben." Die Baba-Jaga war einverstanden und führte sie zu zwei Quellen. "Hier ist das heilende und dort das belebende Wasser!" Nikita Koltoma schöpfte vom heilenden Wasser und begoß sich damit: sofort wuchsen ihm die Beine; sie waren ganz gesund, aber noch bewegten sie sich nicht. Er schöpfte vom belebenden Wasser, benetzte die Beine und ward ihrer Herr. Ebenso ging es Timofej Koltoma: er bestrich seine Augenhöhlen mit dem heilenden Wasser, da kamen die Augen hervor und waren ganz unversehrt, aber sehen konnten sie noch nichts; dann bestrich er sie mit dem belebenden Wasser und konnte sehen, besser denn je zuvor. Die Brüder dankten der Alten, ließen sie heimkehren und gingen, den Zar aus dem Elend zu befreien.

Sie kamen in die Hauptstadt und sahen den grimmen Zaren dicht vor dem Palast die Schweine hüten. Nikita Koltoma fing an zu pfeifen, und der Hirte und die Schweine begannen zu tanzen! Helene, die Wunderschöne, erblickte dies vom Fenster aus, geriet in Zorn und befahl, sofort ein Bündel Ruten zu bringen und den Hirten und die Musikanten durchzuprügeln. Die Wächter liefen hinzu, packten sie und führten sie in den Palast, um sie mit Hieben zu bewirten. Als aber Nikita Koltoma in den Palast zu der Zarin kam, wollte er nicht länger fackeln; er packte sie bei den weißen Armen und sprach: "Erkennst du mich wohl, Helene, du Wunderschöne? Ich bin ja Nikita Koltoma. Jetzt, grimmer Zar, ist sie in deiner Gewalt, was du willst, wird geschehen!" Der Zar befahl, sie zu erschießen, Nikita jedoch machte er zu seinem ersten Minister, ehrte ihn stets und folgte ihm in allen Stücken.

Das Märchen von der Tiermilch

Irgendwo in einem Zarenreich, nicht in unserem Reich, lebte einst ein gewaltiger Zar, ein mächtiger König, der hatte zwei Kinder: einen Sohn Iwan-Zarewitsch und eine Tochter, Helene, die Wunderschöne. Eines Tages erschien in seinem Reich der Bär Eisenfell und fing an die Untertanen zu fressen. Und während er die Leute fraß, zerbrach sich der Zar den Kopf darüber, wie er wohl seine Kinder retten könne. Er befahl, eine hohe Säule zu erbauen, setzte Iwan-Zarewitsch und Helene, die Wunderschöne, dort hinauf und ließ ihnen Vorräte auf fünf Jahre hinschaffen. Der Bär fraß alle Menschen auf, lief in den Zarenpalast und machte sich voll Ärger daran, einen Rutenbesen zu benagen. "Nage nicht an mir, du Bär Eisenfell!" sagte der Rutenbesen, "sondern geh lieber aufs Feld, dort wirst du eine Säule erblicken, und auf dieser Säule sitzen Iwan-Zarewitsch und Helene, die Wunderschöne!" Der Bär lief hin und begann sofort an der Säule zu rütteln. Iwan-Zarewitsch erschrak und warf ihm Essen hinunter, der Bär fraß sich voll und legte sich schlafen. Doch während er so in festem Schlafe lag, liefen Iwan-Zarewitsch und Helene, die Wunderschöne, fort, ohne sich umzusehen. Am Wege sahen sie ein Roß stehen und riefen: "Roß, Roß, rette uns!" Kaum aber hatten sie sich aufgesetzt, so holte sie der Bär ein. Das Roß zerriß er in Stücke, doch die Zarenkinder nahm er in den Rachen und trug sie zu der Säule zurück. Wieder gaben sie ihm Essen, und er fraß sich voll und schlief wieder ein. Während er in festem Schlafe lag, liefen Iwan-Zarewitsch und Helene, die Wunderschöne, fort, ohne sich umzusehen. Da sahen sie Gänse auf dem Wege gehn und riefen: "Gänse, Gänse, rettet uns!" Sie setzten sich auf die Gänse und flogen davon, aber der Bär erwachte, versengte die Gänse mit lodernden Flammen und brachte die Zarenkinder zu der Säule zurück. Sie gaben ihm wieder zu essen, und er fraß sich voll und schlief wieder ein. Während er in tiefem Schlafe lag, liefen Iwan-Zarewitsch und Helene, die Wunderschöne, fort, ohne sich umzusehen. Auf dem Wege aber stand ein dreijähriger Stier. "Stierchen, Stierchen, rette uns: der Bär Eisenfell jagt hinter uns her!" – "Setzt euch nur auf; du aber, Iwan-Zarewitsch, setz dich mit dem Rücken nach vorn, und wenn du den Bären erblickst, so sag es mir." Als dann der Bär sie erreichte, schiß der Stier ihn an und verkleisterte ihm die Augen. Dreimal holte der Bär sie ein, und dreimal verkleisterte ihm der Stier die Augen. Doch als sie über einen Fluß setzen mußten, rannte der Bär hinter ihnen her und ertrank.

Hernach wollten die Zarenkinder essen; sprach der Stier zu ihnen: "Schlachtet mich und eßt mich auf, aber sammelt meine Knochen und schlagt auf sie drauf, dann wird aus ihnen das Bäuerlein Faustgroß herauskommen, der Däumling mit dem ellenlangen Bart. Es wird alles tun, was ihr wollt." Die Zeit verging, den Stier hatten sie aufgegessen und wurden wieder hungrig; sie schlugen leicht auf die Knochen, und das Bäuerlein Faustgroß kam hervor. Darauf gerieten sie in einen Wald, und in diesem Wald stand ein Haus, es war aber ein Räuberhaus. Faustgroß schlug die Räuber und den Hauptmann tot und warf sie in eine Kammer; er befahl aber der Zarentochter, niemals dort hineinzugehen. Sie hielt es jedoch vor Neugierde nicht aus, schaute hinein und verliebte sich in den Kopf des Anführers. Sie bat Iwan-Zarewitsch, ihr das Wasser des Lebens und des Todes zu verschaffen. Kaum hatte er ihr diesen Wunsch erfüllt, als sie den Hauptmann lebendig machte und mit ihm verabredete, Iwan-Zarewitsch umzubringen. Zuerst beschlossen sie, ihn nach Wolfsmilch auszuschicken. Iwan-Zarewitsch ging mit dem Bäuerlein Faustgroß fort, und sie fanden endlich eine Wölfin. "Gib uns deine Milch!" sprachen sie zu ihr. Sie ließ ihnen ihre Milch und bat sie, auch ihr Junges mitzunehmen, weil es bloß scheißt und pißt, unnütz Brot nur frißt. Sie nahmen die Milch und das Wölflein mit und kehrten um; die Milch gaben sie Helenen, der Wunderschönen, das Wölflein aber behielten sie für sich. So war es also nicht gelungen, den Bruder zu verderben; da schickte ihn die Schwester nach Bärenmilch, und Iwan-Zarewitsch ging mit dem Bäuerlein Faustgroß fort, um Bärenmilch zu holen. Sie fanden eine Bärin und sprachen zu ihr: "Gib uns deine Milch!" Sie ließ ihnen ihre Milch und bat sie, auch ihr Junges mitzunehmen, weil es bloß scheißt und pißt, unnütz Brot nur frißt. Da nahmen sie die Milch und das Bärchen mit und kehrten um; die Milch gaben sie Helenen, der Wunderschönen, das Bärchen aber behielten sie für sich. Also auch auf diese Art hatten sie nicht vermocht, Iwan-Zarewitsch umzubringen; da schickten sie ihn nach Löwenmilch, und er ging mit dem Bäuerlein Faustgroß fort. Sie fanden eine Löwin und erhielten ihre Milch; sie bat, auch ihr Junges mitzunehmen, weil es bloß scheißt und pißt, unnütz Brot nur frißt. Dann kehrten sie zu Helenen, der Wunderschönen, zurück, gaben ihr die Milch, und behielten das Löwenjunge für sich.

Jetzt sahen der Räuberhauptmann und Helene, die Wunderschöne, daß sie auch auf diese Weise Iwan-Zarewitsch nicht verderben konnten, und schickten ihn nun aus, Eier des Feuervogels zu holen. Iwan-Zarewitsch machte sich mit dem Bäuerlein Faustgroß auf; sie fanden den Feuervogel und wollten ihm seine Eier fortnehmen, er geriet aber in Zorn und verschluckte das Bäuerlein Faustgroß; Iwan-Zarewitsch ging ohne Eier nach Hause. Er kam zur Schwester Helene, der Wunderschönen, und erzählte ihr, daß er die Eier nicht habe erlangen können, und daß der Feuervogel das Bäuerlein Faustgroß verschlungen habe. Da freuten sich Helene, die Wunderschöne, und der Hauptmann und meinten, daß Iwan-Zarewitsch ohne den Faustgroß nichts würde ausrichten können; und sie befahlen, ihn zu töten. Iwan-Zarewitsch aber hatte das mit angehört und bat sich aus, vor dem Tode noch einmal baden zu dürfen. Da ließ Helene, die Wunderschöne, die Badstube heizen, und Iwan-Zarewitsch ging hinein. Die Schwester schickte aber zu ihm und ließ ihm sagen, er solle sich beeilen. Doch Iwan-Zarewitsch gehorchte ihr nicht und wusch sich ohne jede Eile. Plötzlich kamen das Wölfchen, das Bärchen und das Löwchen zu ihm gelaufen und sagten ihm, daß das Bäuerlein Faustgroß sich vor dem Feuervogel gerettet habe und gleich hierher käme. Iwan-Zarewitsch befahl den Tieren, sich auf die Schwelle zu legen und wusch sich ruhig weiter. Helene, die Wunderschöne, schickte wieder zu ihm und ließ ihm sagen, er solle sich beeilen, und käme er nicht gleich, so würde sie ihn selbst holen. Iwan-Zarewitsch gehorchte ihr aber nicht und kam nicht aus der Badstube heraus. Helene, die Wunderschöne, wartete und wartete, konnte sich jedoch nicht länger gedulden und ging mit dem Hauptmann hin, um zu sehen, was der Bruder dort treibe. Sie kam hin und sah, daß er sich wusch und ihrem Befehl nicht gehorchte; sie ward zornig und gab ihm eine Backpfeife. Hast du nicht gesehen! war das Bäuerlein Faustgroß da und befahl dem Wölfchen, dem Bärchen und dem Löwchen, den Räuberhauptmann in Stücke zu reißen; Helene, die Wunderschöne, aber band er nackt an einen Baum, damit ihr Leib von Mücken und Fliegen zerfressen würde; dann machte er sich mit Iwan-Zarewitsch auf und wanderte über Weg und Steg. Und als sie einen großen Palast erblickten, sprach das Bäuerlein Faustgroß: "Willst du nicht heiraten, Iwan-Zarewitsch? Hier in diesem Hause wohnt eine Heldenjungfrau; sie sucht einen starken Burschen, der sie zu überwinden vermag." Sie gingen auf das Haus zu. Kurz davor setzte sich Iwan-Zarewitsch auf ein Pferd und das Bäuerlein Faustgroß hinter ihn, und sie forderten die Heldenjungfrau zum Kampf heraus. Sie schlugen und schlugen sich, und die Heldenjungfrau traf Iwan-Zarewitsch auf die Brust; fast wäre er gefallen, aber Faustgroß hielt ihn fest. Dann traf jedoch Iwan-Zarewitsch die Heldenjungfrau mit der Lanze, und die Jungfrau stürzte sogleich vom Pferde. Als Iwan-Zarewitsch sie aus dem Sattel geworfen hatte, sprach sie zu ihm: "Nun kannst du mich zur Frau nehmen, Iwan-Zarewitsch!"

Rasch wird das Märchen erzählt, langsam die Tat getan. Iwan-Zarewitsch vermählte sich mit der Heldenjungfrau. Das Bäuerlein Faustgroß sagte aber zu ihm: "Hör mich an, Iwan-Zarewitsch: wird dir in der ersten Nacht schlecht zumute, so komm zu mir heraus, ich werde dir beistehn." Iwan-Zarewitsch legte sich mit der Heldenjungfrau schlafen. Plötzlich legte sie ihm die Hand auf die Brust, und ihm ward schlecht zumute; da bat er, hinausgehen zu dürfen. Und als er hinausgegangen war, rief er das Bäuerlein Faustgroß und erzählte ihm, daß die Heldenjungfrau ihn ersticken wolle. Das Bäuerlein Faustgroß ging zur Heldenjungfrau hinein, fing an sie zu prügeln und sprach dazu: "Ehre deinen Mann!" Und von der Zeit ab lebten sie glücklich und in Frieden.

Danach bat die Heldenjungfrau Iwan-Zarewitsch, er möge Helene, die Wunderschöne, losbinden und sie bei sich wohnen lassen. Da schickte er sogleich hin und ließ sie losbinden und zu ihm führen. Lange lebte Helene, die Wunderschöne, bei ihm. Eines Tages aber sprach sie zu Iwan-Zarewitsch: "Bruder, laß mich dich lausen!" Und sie begann ihn zu lausen und steckte ihm einen Todeszahn in den Kopf, davon kam Iwan-Zarewitsch das Sterben an. Das Löwchen sah, daß Iwan-Zarewitsch im Sterben lag, und zog ihm den Todeszahn heraus; da kam Iwan-Zarewitsch wieder zu sich, aber das Löwchen lag im Sterben. Nun zog das Bärchen dem Löwchen den Zahn heraus, und das Löwchen kam zu sich, aber das Bärchen begann zu sterben. Der Fuchs sah es sterben und zog ihm den Todeszahn heraus, aber da er schlauer war als sie alle, so warf er ihn sofort auf eine Pfanne, wovon der Zahn in Stücke sprang. Dafür ließ Iwan-Zarewitsch Helene, die Wunderschöne, an den Schweif eines starken Rosses binden und auf dem freien Felde zu Tode schleifen.

Ich bin dort gewesen,

Met hab ich getrunken;

Übern Schnurrbart floß er mir,

In den Mund nicht kam er mir.

Sturmheld Iwan Kuhsohn

Irgendwo in einem Zarenreich, in einem fernen Reich, lebte einst ein König mit seiner Königin. Sie hatten keine Kinder, aber waren doch schon an die zehn Jahre verheiratet. Da sandte der König an alle Zaren, in alle Städte, zu allen Völkern, allen geringen Leuten die Botschaft: "Wer vermag die Königin zu heilen, auf daß sie schwanger werde?" Die Fürsten und Bojaren kamen zusammen, reiche Kaufleute und Bauern; der König speiste sie, bis sie satt waren, tränkte sie, bis sie trunken waren, und begann sie dann auszufragen. Niemand weiß ein Mittel, niemand wagt zu sagen, wodurch die Königin schwanger werden könne; nur ein Bauernsohn fand den Mut. Der König gab ihm eine ganze Handvoll Goldstücke und bestimmte als Frist drei Tage. Der Bauernsohn hatte sich zwar gemeldet, aber was er sagen sollte, das war ihm nicht einmal im Traum eingefallen; er ging zur Stadt hinaus und dachte gewaltig nach. Da begegnete ihm ein altes Mütterchen und fragte: "Sag an, Bauernsohn, worüber grübelst du?" Er antwortete: "Schweig, alte Hutzel, ärgere mich nicht!" Sie lief ihm aber nach, vertrat ihm den Weg und sagte: "Vertrau mir nur an, welche Sorge dich drückt: ich bin alt geworden, weiß alles." Da besann er sich: wozu hab ich sie beschimpft? vielleicht weiß sie doch etwas. "Hör einmal, Großmütterchen, ich hab dem König versprochen zu sagen, wodurch die Königin schwanger werden könne, aber weiß es selber nicht." – "So, so! ich weiß es aber. Geh zum König und sag ihm, daß man drei seidene Netze flechten solle; im Meer, unter dem Schloßfenster, da wohnt ein Hecht mit goldenen Flossen und schwimmt immer vor dem Palast herum. Wenn der König ihn fängt und zubereiten läßt, und die Königin ihn ißt, so wird sie ein Kind gebären." Der Bauernsohn fuhr selber zum Fang auf das Meer, warf drei seidene Netze aus, aber der Hecht sprang in die Höh und zerriß alle drei Netze. Ein zweites Mal warf er aus, und wieder zerrissen sie. Der Bauernsohn nahm seinen Gürtel ab und vom Hals das seidene Tuch, band die Netze zusammen, warf sie ein drittes Mal aus – und fing den Hecht mit den goldenen Flossen. Da ward er unsagbar froh und brachte ihn dem König. Der König befahl, den Hecht zu waschen, auszunehmen, zu braten und der Königin vorzusetzen. Die Köche reinigten den Hecht und wuschen ihn und gossen das Spülwasser zum Fenster hinaus; eine Kuh kam vorbei und leckte es auf. Als die Köche den Hecht gebraten hatten, eilte die Dienstmagd-Schwarzhaar hinzu, legte ihn auf eine Schüssel und trug ihn zur Königin, aber unterwegs kostete sie davon. Alle drei brachten am gleichen Tage, zu gleicher Stunde ein Kind zur Welt: die Kuh, die Dienstmagd und die Königin.

Rasch wird das Märchen erzählt, langsam die Tat getan. Nach einiger Zeit kam die Viehmagd vom Viehhof und meldete dem König, daß die Kuh einen Menschen geboren habe. Der König wunderte sich sehr darüber; kaum hatte er diese Nachricht gehört, als man gelaufen kam und ihm erzählte, daß die Dienstmagd-Schwarzhaar einen Knaben geboren habe, der genau wie der Sohn der Kuh aussähe. Und gleich darauf wurde ihm berichtet, daß auch die Königin einen Sohn geboren habe, der dem Kuhsohn auf das Haar gleiche. Wunderbare Knaben waren da geboren! Wie einer in Jahren wächst, wachsen sie in Stunden; wie einer in einem Jahr, sind sie in einer Stunde; wie einer in drei Jahren, sind sie in drei Stunden. Als sie herangewachsen waren, fühlten sie eine ungeheure Heldenkraft in sich. Sie gingen zu ihrem Vater, dem König, und baten sich aus, in der Stadt spazieren zu dürfen, die Leute zu betrachten und sich selbst zu zeigen. Er erlaubte es, befahl ihnen, sich still und ruhig zu benehmen, und gab ihnen Geld mit, soviel sie nur tragen konnten. Da gingen die kühnen Burschen fort. Der eine wurde Iwan-Zarewitsch genannt, der andere Iwan-Magdsohn, der dritte Sturmheld Iwan-Kuhsohn. Sie schlenderten hin und her, kauften aber nichts. Da erblickte Iwan-Zarewitsch kleine gläserne Kugeln und sagte zu den Brüdern: "Laßt uns, Brüder, jeder eine Kugel kaufen und sie in die Höhe werfen: wer am höchsten wirft, soll der erste unter uns sein." Die Brüder waren einverstanden; sie losten, wer zuerst werfen solle. Das Los traf Iwan-Zarewitsch. Er warf die Kugel hoch, aber Iwan-Magdsohn noch höher, Sturmheld-Kuhsohn jedoch warf sie so hoch, daß man sie aus den Augen verlor. "Jetzt bin ich der erste unter euch", sagte er. Iwan-Zarewitsch geriet darüber in Zorn: "Wie, ein Kuhsohn, und will der erste sein!" Sturmheld erwiderte darauf: "Gott gefällt es wohl, daß ihr mir gehorchen sollt."

Sie wanderten über Weg und Steg und kamen zum Schwarzen Meer, dort zischte ein Schlangenungeheuer. Iwan-Zarewitsch sagte: "Nun, Brüder, wer dieses Ungeheuer zur Ruhe bringt, soll der erste unter uns sein!" Die Brüder waren einverstanden, und Sturmheld sagte: "Beruhige du es, Iwan-Zarewitsch! Gelingt's dir, sollst du der erste unter uns sein." Der Zarensohn begann zu schreien und wollte das Ungeheuer zur Ruhe bringen, es ward aber noch wütender. Dann fing Iwan-Magdsohn an, es zur Ruhe zu bringen, aber auch er brachte nichts zustande, Sturmheld jedoch schrie auf und warf einen Stock ins Wasser – weg war das Ungeheuer, als ob es nie dagewesen wäre! Und wieder sagte er: "Ich bin der erste unter euch!" Iwan-Zarewitsch aber geriet in Zorn: "Wir wollen dir nicht untertan sein!" – "Nun, so bleibt allein!" sagte Sturmheld und kehrte in seine Heimat zurück; die beiden Brüder aber gingen weiter, wohin die Augen schauen.

Der König erfuhr, daß Sturmheld allein zurückgekehrt war, und befahl, ihn in den Turm zu werfen. Man gab ihm nichts zu trinken und nichts zu essen drei Tage lang. Der Held schlug mit der Faust an die steinerne Wand und schrie mit gewaltiger Stimme: "Fragt einmal euren König, meinen Pflegevater, warum, weswegen er mir kein Essen geben läßt? Eure Mauern sind für mich keine Mauern und die Gitter keine Gitter; will ich, so zerschlag ich alles mit der Faust!" Sofort wurde dem König dies berichtet; der König ging selbst zu ihm und sagte: "Was prahlst du, Sturmheld?" – "Mein Pflegevater! Warum, weswegen gibst du mir kein Essen, quälst mich drei Tage mit dem Hungertode? Ich weiß keine Schuld, die auf mir liegt." – "Wo hast du meine Söhne, deine Brüder, gelassen?" Sturmheld-Kuhsohn erzählte ihm, was sich begeben hatte: "Die Brüder leben, sind heil und gesund und gingen weiter, wohin die Augen schauen." Der König fragte: "Warum bist du nicht mit ihnen gegangen?" – "Weil Iwan-Zarewitsch der erste sein wollte, obwohl es dem Lose nach mir zukam." – "Nun gut, ich werde sie zurückrufen lassen." Sturmheld erwiderte: "Niemand, außer mir, wird sie einholen; sie gingen zu jenem Ort im Drachenland, wo aus dem Schwarzen Meer drei Drachen mit sechs, mit neun und mit zwölf Köpfen emporsteigen." Der König bat ihn darauf gar sehr, und Sturmheld-Kuhsohn machte sich auf die Reise, nahm seine Kampfkeule mit und das Schwert und ging fort.

Rasch wird das Märchen erzählt, langsam die Tat getan. Er ging und ging und ereilte die Brüder nah vom Schwarzen Meer, an der Maßholderbrücke. Bei dieser Brücke stand eine Säule, und auf der Säule war geschrieben, daß hier die drei Drachen emporsteigen. "Willkommen, Brüder!" Sie freuten sich und antworteten: "Willkommen, Sturmheld, unser ältester Bruder!" – "Nun, euch ist es, scheint's, nicht nach Geschmack, was dort auf der Säule geschrieben steht?" Sturmheld schaute umher: nah bei der Brücke stand ein Hüttchen auf Hühnerfüßchen, auf einem Hahnenköpfchen, mit der Stirn zum Wald, mit dem Rücken zu ihnen gekehrt. Da schrie Sturmheld:

"Hüttchen, Hüttchen!

Stelle dich,

Lege dich

Mit dem Rücken zum Wald,

Zu uns mit der Stirn."

Das Hüttchen drehte sich um, und sie gingen hinein; da stand ein Tisch gedeckt, und auf dem Tisch gab es von allem reichlich: Speisen und Getränke aller Art. In der Ecke stand ein Holzbett, darauf lag ein Daunenpfühl. Sturmheld sagte: "Seht, Brüder, wär ich nicht dabei, hättet ihr nichts von alledem!" Sie setzten sich und aßen und legten sich dann zur Ruhe nieder. Hernach, als Sturmheld sich erhoben hatte, sprach er: "Brüder, in dieser Nacht wird der sechsköpfige Drache emporsteigen; laßt uns losen, wer die Wache halten soll." Sie warfen das Los, und es traf Iwan-Magdsohn. Sturmheld sagte zu ihm: "Gib acht, aus dem Meer wird ein Krüglein herausspringen und vor dir tanzen, schau aber nicht auf das Krüglein, sondern spuck darauf und zerschlag es." Der Magdsohn ging hin, aber schlief gleich ein. Sturmheld jedoch wußte, daß auf seine Brüder kein Verlaß war, und ging selbst ebenfalls hin; er wanderte auf der Brücke umher und klopfte hier und da mit seinem Stöckchen auf. Plötzlich sprang das Krüglein vor ihm hoch und tanzte herum. Sturmheld spuckte darauf und zerschlug es in kleine Stücke. Da schnatterte eine Ente, die Ufer erzitterten, das Meer erbrauste, das Meer wallte auf: da kroch ein seltsames Ungeheuer, der sechsköpfige Drache, heran. Er pfiff und rief mit keckem Pfiff, mit kühnem Ruf:

"Grauchen-Braunchen,

Zauberroß!

Sei zur Stell' und zeig dich mir,

Wie das Blatt vorm Grase!"

Das Roß rennt, die Erde zittert, unter den Hufen fliegen die Klumpen wie Heuschober so groß, aus Ohren und Nüstern wallt der Dampf. Der Drache saß auf und ritt auf die Maßholderbrücke, das Roß aber strauchelte unter ihm: "Was stolperst du, du Rabenaas, witterst du Freund oder Feind?" Antwortete das treue Roß: "Es gibt einen Feind für uns: Sturmheld-Kuhsohn." – "Du lügst, du Rabenaas! die Krähe hat seine Knochen im Beutel doch nicht hergetragen, wie sollte er selbst hier sein?" – "Ach, du Drache!" rief da Sturmheld-Kuhsohn, "die Krähe hat meine Knochen nicht hergetragen, sondern ich selbst gehe hier herum." Der Drache fragte: "Weshalb bist du gekommen? Willst du meine Schwestern freien oder meine Töchter?" – "Nein, Bruder! Im Feld wollen wir uns begegnen, nicht Verwandtschaft pflegen! Laß uns kämpfen!" Sturmheld trat zurück, holte mit der Kampfkeule aus und hieb drei Köpfe dem Untier ab; beim zweiten Male fielen die anderen drei. Den Rumpf zerschnitt er und warf ihn ins Meer; die Köpfe versteckte er unter der Maßholderbrücke, das Roß aber band er zu Füßen des Magdsohnes an, das Schwert aus gutem Stahl legte er ihm zu Häupten; dann ging er in das Hüttchen und legte sich schlafen, als sei nichts geschehen. Iwan-Magdsohn erwachte, erblickte das Roß und ward sehr froh, setzte sich auf, ritt zum Hüttchen und rief: "Sturmheld verbot mir zwar, auf das Krüglein zu schauen, ich aber tat es doch, und da hat mir Gott ein Pferd gegeben!" Jener antwortete: "Dir hat er's gegeben, uns aber erst versprochen!"

In der nächsten Nacht war Iwan-Zarewitsch an der Reihe zu wachen. Sturmheld sagte auch ihm das gleiche über das Krüglein. Der Zarensohn ging auf der Brücke umher, klopfte hier und da mit dem Stöckchen auf, das Krüglein sprang hervor und begann vor ihm zu tanzen; er schaute lange zu und fiel in festen Schlaf. Sturmheld aber verließ sich nicht auf den Bruder, sondern ging auch hin; er wanderte auf der Brücke umher, klopfte hier und da mit seinem Stöckchen auf, das Krüglein sprang hervor und tanzte herum. Sturmheld spuckte darauf und schlug es in Scherben. Plötzlich schnatterte die Ente, die Ufer erzitterten, das Meer erbrauste, das Meer wallte auf: da kroch ein seltsames Ungeheuer heran, pfiff und rief mit keckem Pfiff, mit kühnem Ruf:

"Grauchen-Braunchen,

Zauberroß!

Sei zur Stell' und zeig dich mir,

Wie das Blatt vorm Grase!"

Das Roß rennt, die Erde zittert, aus Ohren und Nüstern wallt der Dampf in Säulen, aus dem Maule loht die feurige Flamme; es steht vor ihm wie angewurzelt. Das Ungeheuer, der neunköpfige Drache, saß auf, und als er auf die Maßholderbrücke hinaufritt, strauchelte das Roß unter ihm. Der Drache schlug es auf die starken Schenkel. "Was stolperst du, du Rabenaas, witterst du Freund oder Feind?" – "Es gibt einen Feind für uns: Sturmheld-Kuhsohn." – "Du lügst; seine Knochen hat die Krähe im Beutel doch nicht hergetragen, wie sollte er selbst hier sein!" – "Ach, du verfluchter Drache!" rief da Sturmheld-Kuhsohn, "ich selbst gehe hier schon das zweite Jahr herum." – "Nun, wie ist's, Sturmheld, freist du um meine Schwestern oder meine Töchter?" – "Im Feld wollen wir uns begegnen, nicht Verwandtschaft pflegen! Laß uns kämpfen!" Sturmheld trat zurück, holte mit der Kampfkeule aus, drei Häupter hieb er wie Kohlköpfe ab; zum zweiten Male holte er aus, hieb noch drei Köpfe ab, beim dritten Male fielen die übrigen. Den Rumpf zerschnitt er und warf ihn ins Schwarze Meer, die Köpfe versteckte er unter der Maßholderbrücke, das Roß band er zu Füßen des Zarensohnes an, das Schwert aber aus gutem Stahl legte er ihm zu Häupten; dann ging er in das Hüttchen und legte sich schlafen, als sei nichts geschehen. Am Morgen erwachte Iwan-Zarewitsch, erblickte das Roß, das noch besser war als das erste; er freute sich, ritt zum Hüttchen und rief: "He, Sturmheld, du verbotest mir zwar, auf das Krüglein zu schauen, Gott aber hat mir ein Roß gegeben, ein besseres als das erste." Jener antwortete: "Euch hat Gott eins gegeben, mir aber nur versprochen."

Es nahte die dritte Nacht; Sturmheld rüstete sich zur Wache. Er stellte einen Tisch hin und ein Licht darauf, stach ein Messer in die Wand, hängte ein Handtuch daran, gab den Brüdern ein Spiel Karten und sagte: "Spielt Kinder, vergeßt jedoch meiner nicht. Sobald die Kerze zu Ende gebrannt ist, von diesem Handtuch aber Blut auf den Teller tropft, lauft schnell auf die Brücke mir zu Hilfe." Sturmheld wanderte auf der Brücke umher, klopfte hier und da mit dem Stöckchen auf, das Krüglein sprang hervor und tanzte vor ihm. Sturmheld spuckte darauf und schlug es in kleine Stücke. Plötzlich schnatterte die Ente, die Ufer zitterten, das Meer erbrauste, das Meer wallte auf: da kroch ein seltsames Ungeheuer heran: der zwölfköpfige Drache. Er pfiff und rief mit keckem Pfiff, mit kühnem Ruf:

"Grauchen-Braunchen,

Zauberroß!

Sei zur Stell' und zeig dich mir,

Wie das Blatt vorm Grase!"

Das Roß rennt, die Erde zittert, aus Ohren und Nüstern wallt der Dampf in Säulen, aus dem Maule loht die feurige Flamme; es läuft herbei und steht vor ihm wie angewurzelt. Das Ungeheuer saß auf und machte sich auf den Weg; und als es auf die Brücke ritt, da strauchelte das Roß unter ihm: "Was stolperst du, du Rabenaas, witterst du gar einen Feind?" – "Es gibt einen Feind für uns: Sturmheld-Kuhsohn." – "Schweig, seine Knochen hat die Krähe im Beutel nicht hergetragen!" – "Du lügst, verfluchter Drache! Ich selbst gehe hier schon das dritte Jahr herum." – "Nun, wie ist's, Sturmheld, willst du um meine Schwestern oder meine Töchter freien?" – "Im Felde wollen wir uns begegnen, nicht Verwandtschaft pflegen! Laß uns kämpfen!" – "Aha, meine beiden Brüder hast du getötet, da glaubst du auch mich besiegen zu können?!" – "Der Ausgang steht bei Gott! Aber höre, verfluchter Drache, du bist zu Pferd, ich aber bin zu Fuß. Dieses Übereinkommen soll gelten: den Liegenden trifft kein Schlag." Sturmheld trat zurück, holte mit der Kampfkeule aus, drei Köpfe schlug er mit einem Hiebe ab; zum zweiten Male trat er zurück, der Drache warf ihn jedoch zu Boden. Der Held rief: "Halt, Ungeheuer! es war verabredet: den Liegenden trifft kein Schlag." Der Drache gab ihm Zeit, aufzustehen; jener erhob sich, und drei Häupter flogen ab wie Kohlköpfe. Sie begannen wieder zu kämpfen; viele Stunden mühten sie sich ab, beiden versagte die Kraft, der Drache verlor noch drei Köpfe, dem Helden aber zersprang die Keule. Sturmheld-Kuhsohn zog vom linken Fuß den Stiefel, warf ihn auf das Hüttchen: die Hälfte riß er ein, aber die Brüder schliefen, sie hörten nichts; vom rechten Fuß zog er den Stiefel und warf ihn, daß das Hüttchen barst, aber die Brüder wachten noch immer nicht auf. Sturmheld packte ein Stück der Keule, warf es gegen den Stall, wo die zwei Hengste standen, und brach die Tür entzwei; die Hengste rannten auf die Brücke und warfen den Drachen aus dem Sattel. Da ward der Held froh, eilte hinzu und schlug dem Drachen die letzten drei Köpfe ab; den Rumpf zerschnitt er und warf ihn ins Schwarze Meer, die Köpfe aber versteckte er unter der Maßholderbrücke. Dann führte er die drei Hengste in den Stall, versteckte sich selbst unter der Maßholderbrücke und trocknete das Blut auf der Brücke nicht auf.

Am Morgen erwachten die Brüder; sie sahen: das Hüttchen ist zusammengefallen, der Teller voll Blut. Sie gingen in den Stall hinein, drei Hengste standen darin; sie wunderten sich, wo ihr ältester Bruder geblieben sein könne, suchten ihn drei Tage lang, aber fanden ihn nicht und sprachen zueinander: "Sicherlich hat einer den andern getötet, ihre Leiber aber sind verschwunden; wir wollen nun heimreiten!" Kaum hatten sie die Pferde gesattelt und sich zum Ritt bereit gemacht, als Sturmheld erwachte und unter der Brücke hervorkam: "Warum verlaßt ihr euren Gefährten, Brüder? Ich hab euch vom Tode errettet, ihr aber habt immer nur geschlafen und seid mir nicht zu Hilfe gekommen." Da fielen sie vor ihm auf die Knie nieder: "Wir sind schuld, Sturmheld, unser großer Bruder!" – "Gott wird euch verzeihen!" Dann flüsterte er, zum Hüttchen gewendet: "Wie du früher warst, sei auch jetzt wieder!" Das Hüttchen stand da wie früher, mit Essen und mit Getränken. "Eßt, Brüder, denn ohne mich seid ihr wohl fast verhungert; dann aber laßt uns reiten!" Sie aßen und ritten über Weg und Steg.

Als sie zwei Werst entfernt waren, sagte Sturmheld-Kuhsohn: "Brüder, ich hab im Hüttchen meine Peitsche vergessen; reitet im Schritt, während ich sie schnell hole." Er kam zum Hüttchen, stieg vom Roß und ließ es auf die Bannwiesen. "Lauf, treues Roß, bis ich dich rufe!" Sich selbst verwandelte er in eine Fliege, schwirrte ins Hüttchen hinein und setzte sich auf den Ofen. Ein wenig später trat die Baba-Jaga herein und setzte sich vorn in die Ecke; zu ihr kam die junge Schwiegertochter und sprach: "Ach, Mütterchen! Euren Sohn, meinen Mann, hat Sturmheld Iwan-Kuhsohn umgebracht. Aber ich werd ihm diesen Schimpf schon heimzahlen: will vorauslaufen und ihm einen heißen Tag auf den Hals schicken, mich selbst aber zur grünen Wiese machen; auf dieser Wiese verwandle ich mich in einen Brunnen; in diesem Brunnen wird ein silberner Becher schwimmen; und auch in ein Holzbett werd ich mich verwandeln. Die Brüder werden die Rosse füttern, sich erholen und Wasser trinken wollen; da wird es sie zu Mohnkörnchen zerreißen!" Die Schwiegermutter antwortete: "So haben die Bösewichter es auch verdient!" Die zweite Schwiegertochter kam hinzu und sprach: "Ach, Mütterchen! Euren Sohn, meinen Mann, hat Sturmheld Iwan-Kuhsohn umgebracht. Aber ich werd ihm diesen Schimpf schon heimzahlen: will vorauslaufen, mich in einen wundervollen Garten verwandeln; über den Zaun werden Früchte herabhängen; saftige, duftende! Ein jeder wird pflücken wollen, was ihm behagt; doch da wird es sie zu Mohnkörnchen zerreißen." Antwortete ihr die Schwiegermutter: "Auch du hast es klug erdacht." Die dritte, jüngste Schwiegertochter kam hinzu und sprach: "Ach, Mütterchen! Sturmheld Iwan-Kuhsohn hat Euren Sohn, meinen Mann, umgebracht. Aber ich werd ihm diesen Schimpf schon heimzahlen: will mich in ein altes Hüttchen verwandeln; sie werden übernachten wollen, und sowie sie ins Hüttchen hineingehen werden, wird es sie zu Mohnkörnchen zerreißen." – "Nun, meine lieben Schwiegertöchter! und wenn ihr sie nicht vernichtet, so werd ich morgen selbst voranlaufen, mich in ein Schwein verwandeln und alle drei verschlingen." Sturmheld saß auf dem Ofen, hörte, was sie sprachen, und flog hinaus auf den Weg: er warf sich auf die Erde und ward alsbald zum Heldenjüngling; er pfiff und rief mit keckem Pfiff, mit kühnem Ruf:

"Grauchen-Braunchen,

Zauberroß!

Sei zur Stell' und zeig dich mir,

Wie das Blatt vorm Grase!"

Das Roß rennt, die Erde zittert. Sturmheld saß auf und ritt davon; er band eine Bastfaser an sein Stöckchen, eilte seinen Gefährten nach und sagte zu ihnen: "Seht, Brüder, das Peitschchen, ohne welches ich nicht leben kann!" – "He, Bruder, um welchen Quark du dich kümmerst! In der Stadt hätten wir ein neues kaufen können."