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Erleben Sie die Märchen und Sagen aus aller Welt in dieser Serie "Märchen der Welt". Von den Ländern Europas über die Kontinente bis zu vergangenen Kulturen und noch heute existierenden Völkern: "Märchen der Welt" bietet Ihnen stundenlange Abwechslung. Ein Auszug aus dem Inhaltsverzeichnis dieses Buches: Kein Wort Wahrheit. Der Dumme kann das Glück nicht nützen. Wie ward ein Zigeuner schnell reich? Schwer ist es, sich selbst zu kennen. Eine gute Lehre. Wahrheit findet keine Ohren. Der Kater. Das Elend. Aus der Schöpfungsgeschichte. Die drei Brüder. Der Esel und sein Herr. Mein Freund! dreh hin, dreh her (Gevatter Tod). Die Mutter und der tote Sohn Die drei Brüder Die Taube Das fliegende Schiff Die Zarentochter Frosch Och Ivas' und die Hexe Der dumme Ivan Vaters Tochter und Mutters Tochter Das Glücksmädchen Vom Drachen Die einundvierzig Brüder Quellennachweise und Anmerkungen Wie das Feuer in den Stein gekommen ist.
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Seitenzahl: 144
Veröffentlichungsjahr: 2012
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Märchen aus der Ukraine
Inhaltsverzeichnis:
Geschichte des Märchens
Kein Wort Wahrheit.
Der Dumme kann das Glück nicht nützen.
Wie ward ein Zigeuner schnell reich?
Schwer ist es, sich selbst zu kennen.
Eine gute Lehre.
Wahrheit findet keine Ohren.
Der Kater.
Das Elend.
Aus der Schöpfungsgeschichte.
Die drei Brüder.
Der Esel und sein Herr.
Mein Freund! dreh hin, dreh her (Gevatter Tod).
Die Mutter und der tote Sohn
Die drei Brüder
Die Taube
Das fliegende Schiff
Die Zarentochter Frosch
Och
Ivas' und die Hexe
Der dumme Ivan
Vaters Tochter und Mutters Tochter
Das Glücksmädchen
Vom Drachen
Die einundvierzig Brüder
Wie das Feuer in den Stein gekommen ist.
Märchen aus Ukraine
Jazzybee Verlag Jürgen Beck
86450 Altenmünster, Loschberg 9
Deutschland
ISBN: 9783849602734
www.jazzybee-verlag.de
www.facebook.com/jazzybeeverlag
Ein Märchenist diejenige Art der erzählenden Dichtung, in der sich die Überlebnisse des mythologischen Denkens in einer der Bewußtseinsstufe des Kindes angepaßten Form erhalten haben. Wenn die primitiven Vorstellungen des Dämonenglaubens und des Naturmythus einer gereiftern Anschauung haben weichen müssen, kann sich doch das menschliche Gemüt noch nicht ganz von ihnen trennen; der alte Glaube ist erloschen, aber er übt doch noch eine starke ästhetische Gefühlswirkung aus. Sie wird ausgekostet von dem erwachsenen Erzähler, der sich mit Bewußtsein in das Dunkel phantastischer Vorstellungen zurückversetzt und sich, vielfach anknüpfend an altüberlieferte Mythen, an launenhafter Übertreibung des Wunderbaren ergötzt. So ist das Volksmärchen (und dieses ist das echte und eigentliche M.) das Produkt einer bestimmten Bewußtseinsstufe, das sich anlehnt an den Mythus und von Erwachsenen für das Kindergemüt mit übertreibender Betonung des Wunderbaren gepflegt und fortgebildet wird. Es ist dabei, wie in seinem Ursprung, so in seiner Weiterbildung durchaus ein Erzeugnis des Gesamtbewußtseins und ist nicht auf einzelne Schöpfer zurückzuführen: das M. gehört dem großen Kreis einer Volksgemeinschaft an, pflanzt sich von Mund zu Munde fort, wandert auch von Volk zu Volk und erfährt dabei mannigfache Veränderungen; aber es entspringt niemals der individuellen Erfindungskraft eines Einzelnen. Dies ist dagegen der Fall bei dem Kunstmärchen, das sich aber auch zumeist eben wegen dieses Ursprungs sowohl in den konkreten Zügen der Darstellung als auch durch allerlei abstrakte Nebengedanken nicht vorteilhaft von dem Volksmärchen unterscheidet. Das Wort M. stammt von dem altdeutschen maere, das zuerst die gewöhnlichste Benennung für erzählende Poesien überhaupt war, während der Begriff unsers Märchens im Mittelalter gewöhnlich mit dem Ausdruck spel bezeichnet wurde. Als die Heimat der M. kann man den Orient ansehen; Volkscharakter und Lebensweise der Völker im Osten bringen es mit sich, daß das M. bei ihnen noch heute besonders gepflegt wird. Irrtümlich hat man lange gemeint, ins Abendland sei das M. erst durch die Kreuzzüge gelangt; vielmehr treffen wir Spuren von ihm im Okzident in weit früherer Zeit. Das klassische Altertum besaß, was sich bei dem mythologischen Ursprung des Märchens von selbst versteht, Anklänge an das M. in Hülle und Fülle, aber noch nicht das M. selbst als Kunstgattung. Dagegen taucht in der Zeit des Neuplatonismus, der als ein Übergang des antiken Bewußtseins zur Romantik bezeichnet werden kann, eine Dichtung des Altertums auf, die technisch ein M. genannt werden kann, die reizvolle Episode von »Amor und Psyche« in Apulejus' »Goldenem Esel«. Gleicherweise hat sich auch an die deutsche Heldensage frühzeitig das M. angeschlossen. Gesammelt begegnen uns M. am frühesten in den »Tredeci piacevoli notti« des Straparola (Vened. 1550), im »Pentamerone« des Giambattista Basile (gest. um 1637 in Neapel), in den »Gesta Romanorum« (Mitte des 14. Jahrh.) etc. In Frankreich beginnen die eigentlichen Märchensammlungen erst zu Ende des 17. Jahrh.; Perrault eröffnete sie mit den als echte Volksmärchen zu betrachtenden »Contes de ma mère l'Oye«; 1704 folgte Gallands gute Übersetzung von »Tausendundeiner Nacht« (s. d.), jener berühmten, in der Mitte des 16. Jahrh. im Orient zusammengestellten Sammlung arabischer M. Besondern Märchenreichtum haben England, Schottland und Irland aufzuweisen, vorzüglich die dortigen Nachkommen der keltischen Urbewohner. Die M. der skandinavischen Reiche zeigen nahe Verwandtschaft mit den deutschen. Reiche Fülle von M. findet sich bei den Slawen. In Deutschland treten Sammlungen von M. seit der Mitte des 18. Jahrh. auf. Die »Volksmärchen« von Musäus (1782) und Benedikte Naubert sind allerdings nur novellistisch und romantisch verarbeitete Volkssagen. Die erste wahrhaft bedeutende, in Darstellung und Fassung vollkommen echte Sammlung deutscher M. sind die »Kinder- und Hausmärchen« der Brüder Grimm (zuerst 1812–13, 2 Bde.; ein 3. Band, 1822, enthält literarische Nachweise bezüglich der M.). Unter den sonstigen deutschen Sammlungen steht der Grimmschen am nächsten die von L. Bechstein (zuerst 1845); außerdem sind als die bessern zu nennen: die von E. M. Arndt (1818), Löhr (1818), J. W. Wolf (1845 u. 1851), Zingerle (1852–54), E. Meier (1852), H. Pröhle (1853) u. a. Mit M. des Auslandes machten uns durch Übertragungen bekannt: die Brüder Grimm (Irland, 1826), Graf Mailath (Ungarn, 1825), Vogl (Slawonien, 1837), Schott (Walachei, 1845), Asbjörnson (Norwegen), Bade (Bretagne, 1847), Iken (Persien, 1847), Gaal (Ungarn, 1858), Schleicher (Litauen, 1857), Waldau (Böhmen, 1860), Hahn (Griechenland u. Albanien, 1863), Schneller (Welschtirol, 1867), Kreutzwald (Esthland, 1869), Wenzig (Westslawen, 1869), Knortz (Indianermärchen, 1870, 1879, 1887), Gonzenbach (Sizilien, 1870), Österley (Orient, 1873), Carmen Sylva (Rumänien, 1882), Leskien und Brugman (Litauen, 1882), Goldschmidt (Rußland, 1882), Veckenstedt (Litauen, 1883), Krauß (Südslawen, 1883–84), Brauns (Japan, 1884), Poestion (Island, 1884; Lappland, 1885), Schreck (Finnland, 1887), Chalatanz (Armenien, 1887), Jannsen (Esthen, 1888), Mitsotakis (Griechenland, 1889), Kallas (Esthen, 1900) u. a. Unter den Kunstpoeten haben sich im M. mit dem meisten Glück versucht: Goethe, L. Tieck, Chamisso, E. T. A. Hoffmann, Fouqué, Kl. Brentano, der Däne Andersen, R. Leander (Volkmann) u. a. Vgl. Maaß, Das deutsche M. (Hamb. 1887); Pauls »Grundriß der germanischen Philologie«, 2. Bd., 1. Abt. (2. Aufl., Straßb. 1901); Benfey, Kleinere Schriften zu Märchen-forschung (Berl. 1890); Reinh. Köhler, Aufsätze über M. und Volkslieder (das. 1894) und Kleine Schriften, Bd. 1: Zur Märchenforschung (hrsg. von Bolte, das. 1898); R. Petsch, Formelhafte Schlüsse im Volksmärchen (das. 1900).
Vor vielen, sehr vielen Jahren lebten drei Brüder. Von diesen waren die zwei älteren Jäger oder vielmehr Wilddiebe, während dem jüngsten keine einzige Liebhaberei nachgerühmt werden konnte, denn er galt ja als ein Blöder. Die beiden älteren Brüder hatten aber die ihren Weibern besonders unliebsame Gewohnheit, nie etwas von dem heimzubringen, was sie an Wild erlegt, sondern sie thaten sich daran immer im Walde, am lustig prasselnden Feuer für die Beschwerlichkeiten des Jägerlebens recht gütlich. Die Frauen der beiden Jäger waren aber dieser bösen Gewohnheit bereits übersatt und kamen nach vielem Herumdenken überein, ihre Männer zur Jagd ohne Feuerzeug ausgehen zu lassen.
Nach wenigen Tagen machten sich die beiden älteren Brüder wirklich jagdbereit und gingen auch aus, ohne nur zu ahnen, dass das Feuerzeug aus den Ledergurten abhanden gekommen war. Diesmal gesellte sich auch der blöde Iwan den beiden Brüdern bei, was ihnen garnicht unlieb war, zumal er ihnen viel Belustigung verschaffte.
Der Erfolg der Jagd war überaus günstig, und die drei Brüder hatten sich tief im Walde unter einer Rieseneiche niedergelassen, wo sie ein köstliches Mahl sich bereiten wollten. Wie gross war aber ihr Erstaunen, als sie in den breiten Ledergurten vergeblich nach dem Feuerzeug herumstöberten! Alle Mühe und aller Unwille half nichts. Das Feuerzeug wollte sich durch Schelten und Fluchen in die Gurte nicht zaubern lassen. Endlich aber ward der älteste Bruder Rauchwolken gewahr, woraus er mit Gewissheit auf Feuer tief, tief im Walde schloss. Erfreut beredete er seinen jüngeren Bruder dahinzugehen, was dieser auch willig that. Der älteste war in Gesellschaft des blöden Iwan zurückgeblieben, der teilnahmslos in den nahen Waldbach hinstarrte.
Der Zweitgeborene war alsbald an die Stelle gekommen, woher sie den Rauch hatten aufsteigen sehen. Hier sass auf einem riesigen Holzstamme ein greises Männchen, dessen Augen hinter den buschigen Brauen kaum zu bemerken waren.
»Grüss Euch Gott, Alter!« redete ihn der Angekommene an. »Dank, lieber Sohn!« brummte das Männlein. »Möchtet Ihr mir nicht ein bisschen Feuer geben?« fragte der Jäger bittend. »So viel Du willst, aber nur unter der Bedingung, wenn Du mir ein Märchen erzählst, darin kein Wort Wahrheit sein soll.«
Der Jäger ging den Vorschlag ein und begann ein drolliges Märchen zu erzählen. Es war aber nicht nach dem Wunsche des Männleins mit den Schirmdachbrauen und der Jäger musste statt mit Feuer mit einer Tracht Prügel abziehen. Auf der Heimkehr zu den beiden Brüdern durchdachte er sein Erlebnis und sah wohl ein, dass es nicht ratsam sei, den wahren Sachverhalt zu sagen. Er gab daher vor, lange herumgeirrt zu haben, ohne die bezeichnete Feuerstelle finden zu können.
Die Geduld des Ältesten war heute ein klein wenig mehr auf die Probe gestellt, als er sich sonst hatte gefallen lassen. Er machte sich daher selbst auf den Weg, in gerader Richtung auf die Rauchsäule losgehend. Bald kam aber auch er ohne Feuer zurück, und wenn er auch nichts von seinem Unglück verlauten liess, so wusste der jüngere Bruder sehr wohl, wie es dem Älteren ergangen. Drum kamen sie überein, dem blöden Iwan die ihm gebührenden Prügel auch zu teil werden zu lassen. Wie gross war ihre Freude, als Iwan unaufgefordert sich auf den Weg machte, um Feuer zu holen.
Nach wenigen Minuten begrüsste auch Iwan das greise Männlein nicht minder artig, wie es seine beiden Brüder kurz vorher gethan, und bat, der Greis möchte ihm gestatten, von seinem Herde Feuer nehmen zu dürfen.
»Nicht eher, als bis Du mir, mein Sohn, ein Märchen wirst erzählt haben, darin kein Wort Wahrheit ist. Wo nicht, erhältst Du statt Feuer Schläge«, erhielt Iwan zum Bescheide.
Damit war Iwan einverstanden, er stellte sich dem Männlein gegenüber und begann: »Bevor ich noch geboren war, schickte mich meine Mutter aus, damit ich ihr einige Spatzen zum Nachtmahl bringe. Ich begab mich in den Wald, erblickte bald einen hohlen Baum, wo ich Spatzen zu finden glaubte. Als ich den Baum näher betrachtete, sah ich wirklich eine ganze Brut junger Spatzen. Ich kroch mit Mühe durch das enge Loch in den Baum, nahm die Spatzen in meine Taschen und versuchte herauszukriechen; konnte aber nicht. Ich eilte daher nach Hause und brachte eine Axt mit, machte die Öffnung grösser und ging nun nach Hause. Auf dem Wege begegnete mir ein Pferd. Ich setzte mich auf dasselbe, um der Mutter schneller die Spatzen zu bringen. Während ich so ritt, hieb die Hacke, die in meinem Riemen war, das arme Pferd unter mir in zwei Stücke. Was war zu machen? ich nahm meine Hacke und ein Stück Holz, schlug die beiden Hälften zusammen und ritt weiter. Als ich mich plötzlich umschaute, sah ich, dass aus dem Stückchen Holz, mit dem ich die beiden Hälften zusammengenagelt hatte, ein hoher Baum aufwuchs, der bis zum Himmel reichte. Ich kroch den Baum hinauf und kam im Himmel an, dort besah ich mir alles und wollte heruntersteigen. Als ich aber zur Stelle kam, wo ich heraufgekommen war, sah ich zu meiner grössten Bestürzung, dass das Pferd mit dem Baume weg war. Ich besann mich nicht lange, sondern drehte ein Seil und liess mich damit herunter. Da fehlte noch ein gutes Stückchen bis zur Erde; ich riss daher ein Stück von oben ab und stückelte unten an1
; und so kam ich herab, lief schnell nach Hause und brachte der Mutter die Spatzen. Als sie sich vollgegessen hatte, gebar sie mich.« Er erhielt hierauf Feuer und wurde entlassen.
Fußnoten
1 Die Ähnlichkeit mit dem Abenteuer Münchhausens ist unverkennbar; aber Münchhausens Witz wird hier noch übertroffen.
Ein steinaltes Mütterchen hatte einen Sohn, der nicht alle Sinne zu Hause haben mochte. Einmal sagte er seiner Mutter: »Mutter, ich will zur Tante gehen, damit sie mir doch etwas schenke.« »Du kannst gehen«, antwortete sie ihm, »nur musst Du das Geschenk auch heimbringen.« »Ich will es thun«, sagte er und ging zur Tante, die in demselben Dorfe wohnte. Diese schenkte ihm eine Nähnadel. Der Sohn fädelte einen Faden ein und warf die Nadel über den Rücken, als wäre es eine grosse Last. Er ging so nach Hause, und als er an einen Bach kam, über den er zu gehen hatte, schrie er einem Bauern, der eine Fuhre mit Heu führte, zu: »He! warte, dass Du meine Nadel über das Wasser führst!« Der Bauer lachte und fuhr weiter. Der Dumme achtete darauf aber nicht und warf seine Nadel auf den Heuwagen. Als sie über das Wasser gekommen waren, stieg der Dumme auf den Heuwagen, suchte und stöberte so lange nach seiner Nähnadel herum, bis ihn der Bauer hinabwarf und derb durchprügelte. Weinend kam er zur Mutter gelaufen und erzählte, was ihm begegnet. »Du Narr«, rief entrüstet das Mütterchen, »eine Nadel steckt man in den Hemdbusen und bringt sie auf diese Art nach Hause.« Nach einigen Tagen ging der Junge wieder zur Tante und bat, sie möchte ihm etwas schenken. Diese schenkte ihm nichts mehr, nichts weniger, als ein kleines Hündlein. Dieses nahm er, steckte es auf dem Wege nach Hause in den Busen und drückte es, aus Furcht vor neuem Verluste, so lange und so gewaltig, dass es notwendig krepieren musste. So brachte er es der Mutter. Diese zankte ihn tüchtig aus und sagte: »Das Hündlein hättest Du an einer Schnur Dir nachführen, nach ihm pfeifen und ihm immer rufen sollen: »So komm herein!« Der Sohn besuchte bald darauf wieder die Tante, um etwas zu erhalten. Diese schenkte ihm ein Stück Speck. Der Dumme nahm einen Strick, band den Speck an denselben und schleppte ihn auf der Gasse nach sich. Dabei vergass er nicht zu thun, wie ihm die Mutter geraten. Er rief unermüdet: »So komm herein!« und lud durch Pfeifen die Hunde des Dorfes gar artig zum Schmause ein. Diese machten sich geschäftig über den Speck her und setzten den Geschenknehmer überdies in so grossen Schrecken, dass er entfloh. Als er zur Mutter kam, hatte er kaum Atem genug, um zu erzählen, mit welcher List er den Hunden entlaufen. Das steinalte Mütterchen hatte aber nicht rechte Lust, über die Dummheit des Sohnes zu lachen, sondern belehrte ihn: »Du hättest den Speck nach Hause bringen und ihn im Rauche aufhängen sollen.« Wieder versprach der Sohn, alles zu thun, wie ihn die Mutter belehrt. Bald ging er auch wieder zur Tante. Diese, um sich des lästigen Gastes auf längere Zeit zu entledigen, schenkte ihm ein Kalb. Der Dumme führte es nach Hause, und da die Mutter in dem Augenblicke nicht zu Hause war, knüpfte er das Kalb in dem Kamin auf. Was folgte, ist kein Rätsel. Als die arme Alte nach Hause kam und das Unglück sah, lärmte, schrie, schimpfte sie und sagte dem Sohne: »Narr! Du hättest das Kalb in den Stall führen und ihm Heu geben sollen.« »Mutter, so wahr ich Gott liebe, will ich es ein anderesmal thun«, versprach er feierlich. Bald machte er aber aus langer Weile bei der Tante wieder einen Besuch und bat um ein Geschenk. Diese gab ihm ihre Tochter. Der Dumme freute sich über das Glück, denn er glaubte schon ein Weib zu haben. Er führte das Mädchen mit sich und brachte es in den Stall; hier legte er ihm Stroh und sonstiges Futter vor, wie es die Mutter gesagt, selbst aber lief er ins Haus, um der Mutter sein Glück zu berichten. Diese war über und über entrüstet und watschelte in den Stall, um an dem Mädchen gut zu thun, was die Dummheit ihres Sohnes verbrochen. Sie fand aber die Tochter nicht, denn diese hatte die Abwesenheit des Narren benutzt und war zu ihrer Mutter entlaufen. Noch einmal besuchte er die Tante und verlangte das Mädchen ausdrücklich zum Geschenke; die Tante warf ihn aber gar unsanft zur Thüre hinaus, und nun ging der Dumme, nachdem er so vieles verloren hatte, zuletzt leer aus.
Ein Zigeuner, der sich auf Gottes lieber Welt müssig herumtrieb, kam einmal zu einem Bojaren und bat diesen, er möge ihn in den Dienst nehmen. Der Bojare, der die Trägheit der Zigeuner kannte, versagte es ihm. Der Landstreicher liess aber von seinen Bitten nicht eher ab, als bis der Bojare ihn doch aufnahm. So ward der Zigeuner dem Hausgesinde angereiht, doch unter der Bedingung, die erste Nacht in dem hölzernen Stalle in Gesellschaft mit einem Bären, den der Bojare hatte, zuzubringen, wofür dieser ihm den Dienstlohn eines Jahres zahlen werde. Auf diese Weise glaubte nämlich der Herr des lästigen Patrons ledig zu werden.