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Kleine Mädchen lieben Märchen und sie träumen davon, selbst eine Prinzessin zu sein. Die Autorin träumt mit ihnen und nimmt sie mit in die Märchenwelt von sechs kleinen Prinzessinnen.
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Seitenzahl: 109
Veröffentlichungsjahr: 2015
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Für meine Enkeltöchter und alle anderen Prinzessinnen
Die Prinzessin mit dem verzauberten Kumpel
Die Prinzessin, die die Erbse nicht merkte
Die Prinzessin, die Kaiserin werden wollte
Die Prinzessin ohne Schloss
Die Prinzessin mit der schiefen Nase
Die Prinzessin mit den grünen Zwergen
Eine Prinzessin zum Basteln
Es war einmal eine Prinzessin, die ihre Eltern auf den wunderschönen Namen Paulina getauft hatten. Die Prinzessin wohnte in einem riesengroßen Schloss. Das war auch gut so, denn ihre Eltern, das Königspaar, waren sehr kinderlieb. Deshalb hatte die Prinzessin noch acht Brüder, vier von ihnen waren älter als sie und vier jünger. Ihr habt es natürlich sofort erraten, sie war also ganz genau in der Mitte, obwohl der Bruder, der ein Jahr jünger war als sie, schon drei Zentimeter größer gewachsen war. Die Prinzessin Paulina mochte ihre vielen Brüder gut leiden, obwohl sie manchmal ein ganz klein bisschen traurig war, dass sie keine einzige Schwester hatte. Mit ihren Brüdern zu spielen, machte ihr nämlich nicht immer Spaß, weil sie sie ziemlich oft entführten, um sie in dem winzigen Zimmer im obersten Stockwerk des allerhöchsten Schlossturms einzusperren und zu spielen, dass sie sie ins Gefängnis steckten. Dort musste sie dann warten, bis ein edler Ritter kam und sie wieder befreite. Das dauerte manchmal ziemlich lange, weil ihre Brüder sich nicht einigen konnten, wer den edlen Ritter spielen durfte. Paulina war dann immer sehr froh, dass sie nicht ganz allein in dem Gefängnis sitzen musste, sondern ihr Kumpel bei ihr war. Die Prinzessin Paulina hatte ihre Mama, die Frau Königin, und ihren Papa, den Herrn König, sehr lieb. Auch ihre Brüder hatte sie gern, sogar, obwohl sie sie aus Versehen einmal viele Stunden lang im Schlossturm vergessen hatten, weil im Schloss Besuch angekommen war, nämlich der Burgherr mit einigen seiner Ritter, die in einer großen Burg in der Nähe des Schlosses wohnten. Erst als beim großen Festmahl Paulinas Platz leer blieb, fragte die Frau Königin, wo denn ihr Töchter chen wäre. Nun mussten sich aber die kleinen Prinzen sputen, um ihre Schwester aus dem Turm zu holen. Ohne Schwert und Schild wurde sie befreit und in den Speisesaal geführt. Ja, bei aller Liebe zu ihren Familienangehörigen hatte sie doch niemanden so lieb wie ihren Kumpel, der auch ihre schweren Stunden mit ihr teilte und sie nie allein ließ. Wenn ihr nun denkt, dass der Kumpel ein großer muskulöser Mann gewesen wäre oder ein Bergarbeiter, über den es dieses wertvolle Gedicht „Rumpeldipumpel, weg war der Kumpel“ gibt, dann irrt ihr euch. Wenn es nämlich ein starker Kerl gewesen wäre, hätten ihre Brüder keine Chance gehabt, sie irgendwohin zu entführen und einzusperren. Damit ihr nun nicht so lange raten müsst, wer der Kumpel war, verrate ich es euch: Der Kumpel war ein kleiner, sogar sehr kleiner, Kuschelelefant, den Paulina von einer guten Fee zu ihrer Taufe geschenkt bekommen hatte. Er hatte schon mit ihr in der Wiege gelegen, mit auf dem Töpfchen und auf jeder Kutschfahrt auf ihrem Schoß gesessen, mit ihr aus dem Fenster geschaut und jede ihrer Entführungen mit erduldet. Wenn man die Sache also genauer betrachtete, ließ die kleine Prinzessin ihren Kumpel nie los. Falls jedoch einmal unter tragischen Umständen der Kumpel tatsächlich nicht zu finden war, hob die Prinzessin Paulina ein solches Geschrei an, dass die gesamte Schlossbelegschaft in Panik geriet und beim Suchen half. Auch wenn der Schlosskoch ihr dann lila Kartoffeln oder lila Reis kochte, was ihre Leibgerichte waren, weil Lila ihre Lieblingsfarbe war, konnte sie auch das nicht trösten. Erst wenn der Kumpel sich wieder in ihren Armen befand, fand auch alles Weinen ein Ende und alle im Schloss atmeten auf, am allermeisten die Frau Königin, die nicht mal den Herrn König und gleich recht nicht den Kumpel so sehr liebte wie ihr kleines Töchterchen, ihre einzige Prinzessin. Manchmal, wenn sie abends zu Paulina an ihr Himmelbett kam, um ihr ein Gute-Nacht-Lied vorzusingen und das Abendgebet mit ihr zu sprechen, sagte sie zur Prinzessin: „Ich möchte nur mal wissen, warum du deinen Kumpel so lieb hast.“ -„Darüber muss ich nachdenken“, antwortete dann die Prinzessin jedes Mal. Und sogleich dachte sie nach, manchmal die halbe Nacht. Sie erinnerte sich aller Schrecken, die sie hatte in ihrem jungen Leben schon erfahren müssen. Und in allem war stets ihr Kumpel bei ihr gewesen und hatte sie mit seiner Gegenwart getröstet. Natürlich hatte sie ihn deshalb so lieb. Das war doch klar. Aber manchmal kamen der Prinzessin Paulina trotzdem Zweifel, ob allein das der Grund für ihre innige Liebe zu ihm sein konnte.
Eines Nachts fuhr sie aus dem Schlaf hoch, und schlagartig wurde ihr klar, warum sie ihren Kumpel so sehr liebte. Sie hatte gerade von einem wunderschönen Prinzen geträumt. Er hatte einen lila Samtanzug getragen und auf seinem Kopf eine goldene Krone mit grünen und roten Edelsteinen. Jetzt wusste sie es: Ihr Kumpel war ein verzauberter Prinz, der nur nachts aus seiner Kumpelhülle heraustrat und Prinzengestalt annahm. Nächste Nacht musste sie unbedingt munter bleiben, um ihn noch einmal zu sehen.
Am nächsten Tag hielt die Prinzessin Paulina ihren Kumpel noch fester als sonst. Bei Tisch saß sie stumm und appetitlos. Die Mutter Königin machte sich schon Sorgen, dass ihre zarte Prinzessin krank werden könnte. Am Abend nahm Paulina sich vor, die ganze Nacht munter zu bleiben. Sie sagte sich immer wieder alle Gedichte auf, die sie schon auswendig konnte. Doch als sie am nächsten Morgen erwachte, musste sie feststellen, dass sie doch eingeschlafen war.
Da gerade die Herbstzeit begann und die ersten Kastanien im Schlosspark von den Bäumen fielen, sammelte die Prinzessin einen ganzen Korb voll und legte sie mit ihren pieksenden Hüllen in ihr Himmelbett. Doch nachdem sie am Abend bei all dem Hin- und Hergewälze in ihrem Bett die ganzen Kastanien zur Seite gestrampelt hatte, war sie wieder eingeschlafen.
Ihrem Kumpel hatte sie nun schon mehrfach ins Ohr geflüstert, dass sie wüsste, dass er ein verzauberter Prinz wäre, aber wahrscheinlich konnte er, da er ja nur ein Kumpel war, nicht die Menschensprache verstehen. Die verstand nur der Prinz, weil der auch ein Mensch wie sie war. Ja, das war also wirklich eine verzwickte Angelegenheit für die kleine Prinzessin.
Wenn Besuch ins Schloss kam, erhielten die Königskinder oft eine kleine Nascherei, die die Gäste vom Markttag mitgebracht hatten. Von nun an aß die kleine Prinzessin diese nicht mehr auf, sondern legte sie abends, wenn sie zu Bett gegangen war auf ihren kleinen Nachttisch. Sie hatte ein wunderschönes Bild gemalt, auf dem ein Prinz in einem lila Samtanzug und einer glänzenden Krone zu sehen war, der fast genau so aussah wie der Prinz aus ihrem Traum. Das legte sie jedes Mal zu der Nascherei für den Prinzen. Er sollte wissen, dass sie sein trauriges Geheimnis erraten hatte und ihn so gern erlösen wollte. Und stellt euch vor, jeden Morgen war die Nascherei verschwunden! Der Prinz hatte ihr Geschenk angenommen und sich bestimmt sehr gefreut.
Immer wieder versuchte die Prinzessin Paulina abends nicht einzuschlafen, aber jedes Mal übermannte sie dann doch die Müdigkeit. Sie sann auf andere Wege, Kontakt mit dem Prinzen aufnehmen zu können. Sie musste ihm eine Botschaft senden. Aber wie nur sollte sie das tun?
Jeden Vormittag mussten ihre älteren Brüder sich im Schulzimmer versammeln. Dorthin kamen dann die verschiedensten Lehrer. Bei dem einen lernten sie das Rechnen, beim nächsten die Religion, bei einem anderen das Lesen und Schreiben. Es gab eine Französischlehrerin, einen Spanischlehrer, einen Zeichenlehrer, einen für die Länderkunde, einen für die Geschichte, einen Sport- und Rittmeister und für jeden Prinzen einen anderen Musiklehrer, denn jeder Prinz lernte ein anderes Musikinstrument. Die Prinzessin Paulina wusste schon ganz genau, welches Musikinstrument sie später lernen wollte: Harfe. Aber noch war sie dafür zu klein. Denn um eine Harfe zu halten, muss man viel Kraft haben. Leider durfte Paulina noch nicht zur Schule gehen, aber manchmal erlaubte ihre Mama ihr, wenn sie sich ganz leise und brav verhalten würde, mit im Schulzimmer zu sitzen. Dann lauschte sie andächtig allem, was die Lehrer erzählten. Und bald kannte sie die Buchstaben und versuchte, sie in ihrem Prinzessin-Zimmer nachzuschreiben.
Und eines Tages wusste sie, wie sie dem Prinzen eine Botschaft zukommen lassen konnte. Sie würde ihm schreiben. So nahm sie am Abend vor dem Zubettgehen einen großen Zettel und schrieb darauf: „Isch bin Paulina und wie heist du? Heist du vileicht Fabian? Wie kann isch disch erlösen?“
Am nächsten Morgen war der Zettel verschwunden, aber eine Antwort hatte sie vom Prinzen nicht erhalten. Vielleicht ging er noch nicht zur Schule und konnte noch nicht schreiben. Ob er auch große Geschwister hatte? Seine Eltern waren bestimmt sehr traurig, dass er in einen Kumpel verzaubert worden war. Wer hatte ihn eigentlich verzaubert? Ob es die Fee war, die ihr zu ihrer Taufe den Kumpel geschenkt hatte? Der kleine Kopf von Prinzessin Paulina war voller Fragen, so dass sie oft Kopfschmerzen bekam. Und außerdem schlief sie viel zu wenig, weil sie jeden Abend versuchte, ganz lange munter zu bleiben, um den Prinzen zu sehen. Sie wurde immer blasser und dünner und stiller und trauriger. Das bemerkten sogar ihre Brüder und wagten gar nicht mehr, sie zu entführen und im Turmgefängnis einzusperren. Auch ihren lieben Eltern, dem freundlichen Königspaar, entging nicht, dass irgendetwas mit ihrer kleinen Prinzessin nicht in Ordnung war. Und die Mama Königin machte sich große Sorgen. So nahm sie eines Morgens die kleine Prinzessin an die Hand und ging mit ihr zum Hofarzt. Der horchte sie tüchtig ab am Herzen und an der Lunge. Er stellte sie auf die Waage und meinte, dass sie mehr essen sollte. Er maß ihre Länge und ihre Schuhgröße, schaute in ihren Hals und in ihre Ohren, klopfte ein bisschen auf ihrem Bauch herum und schenkte ihr ein Bonbon. Er konnte keinerlei Krankheitszeichen an ihr finden, aber die Königin machte sich weiter Sorgen um ihre einzige Prinzessin. So vergingen die Tage und Wochen. Auf das ganze Schloss hatte sich eine Decke der Traurigkeit gelegt. Die Prinzen durften nicht mehr so laut herumschreien. Den Hofnarren schickte man für drei Wochen an die Ostsee. Die Musikanten durften nicht mehr zum Tanz aufspielen. Wenn Gäste zu Besuch ins Schloss kamen, dachten sie, es wäre jemand gestorben. Aber keiner konnte erklären, was eigentlich geschehen war.
An einem Sonntagmorgen, als alle sich für die Kirche zurechtgemacht hatten und der Kutscher schon mit der Kutsche vorgefahren war, erklang plötzlich lautes Geschrei: „Mein Kumpel ist weg!“, schrie die Prinzessin Paulina. Und nun begann das große Suchen, denn ohne den Kumpel konnte kein Gottesdienstbesuch stattfinden. Der Kutscher fuhr die Kutsche wieder in die Kutschen-Halle, stellte die Pferde in den Stall und ging nach Hause zu seiner Frau. Der Gottesdienst war längst zu Ende, als noch immer alle Schlossinsassen nach dem Kumpel suchten, eingeschlossen der König höchstpersönlich und sogar der Schlosskoch und alle Küchenmägde. Es gab kein Mittagessen an diesem Sonntag, und alle waren mit ihren Nerven am Ende. Und das nur, weil der Kumpel nicht zu finden war. „So kann das nicht weitergehen!“, sprach der König streng. „Die Prinzessin wird morgen aufs Land gebracht. So ein bisschen frische Bauernluft wird ihr gut tun.“
Gesagt, getan, die Prinzessin konnte Zeder und Mordio schreien, am nächsten Tag war die Reisetasche gepackt, die Kutsche fuhr in den Schlosshof und die Prinzessin Paulina und die Mama Königin stiegen ein- und zwar ohne den Kumpel, denn der war nach wie vor unauffindbar. Wie traurig Paulinas Herz jetzt war, könnt ihr euch sicher vorstellen. Die Mama Königin nahm ihr geliebtes Töchterchen an ihre Seite, legte ihren Arm um sie und wischte ihre Tränen ab. Und als die Prinzessin genug geweint hatte und die Tränen alle waren, fragte die Mama Königin: „Willst du mir erzählen, warum du so traurig bist?“ -„Weil mein Kumpel weg ist“, antwortete die Prinzessin. „Aber du warst doch schon lange zuvor traurig, als er noch da war“, stellte die Königin richtig. Und damit hatte sie natürlich Recht. Die Prinzessin sah ein, dass sie keine Ausrede mehr hatte. Und da ihr Herz vor Traurigkeit zu zerspringen schien, erzählte sie ihrer Mama alles, was sie wusste über den verzauberten Kumpel und wie gern sie ihn erlösen wollte.
Die Königin hörte geduldig ihrer Tochter zu und dann erklärte sie ihr: „Vielleicht wird der Kumpel jetzt bald entzaubert und erlöst. Manchmal geht so etwas nicht so schnell wie im Märchen, wie zum Beispiel beim Froschkönig, den die Prinzessin, als er noch ein Frosch war, nur an die Wand zu werfen brauchte.“ –„Vielleicht hätte ich den Kumpel auch an die Wand schmeißen müssen“, meinte die Prinzessin. „Nein, nein“, erwiderte die Königin, „bei jedem ist es doch anders mit der Erlösung. Habe Geduld, mein liebes Kind, alles wird ein gutes Ende finden! Jetzt machen wir erst einmal Urlaub auf dem Land und von all unseren wilden Männern im Schloss. Und danach, du wirst sehen, sieht die Welt wieder freundlicher aus und vielleicht ist dann die Zeit gekommen, dass dein Kumpel erlöst wird.“