Märchen und Sagen aus dem Kirchspiel Handewitt -  - E-Book

Märchen und Sagen aus dem Kirchspiel Handewitt E-Book

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Beschreibung

Jens Madsen war von 1858 bis 1864 Lehrer in Ellund, Kirchspiel Handewitt bei Flensburg. Während dieser Zeit sammelte er im Kirchspiel, das damals erheblich größer war als heute, Volksüberlieferungen, also Sagen. Märchen, Lieder und Reime. Nach der Annexion Schleswig-Holsteins durch Preußen wurde er als Däne aus dem Schuldienst entlassen. Die Ergebnisse seiner Sammlertätigkeit veröffentlichte er 1870 in Kopenhagen in dänischer und zu einem großen Teil in südjütischer Sprache (Sønderjysk), der damaligen Volkssprache der Region. Die Märchen und Sagen aus Madsens kleinem Buch werden hier erstmals in deutscher Sprache vorgelegt. Eine Übersetzung auch der Lieder und Reime wäre wenig sinnvoll gewesen, da bei diesen Sprache und Form eine Einheit bilden, die durch eine Übersetzung doch nur zerstört würde.

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Seitenzahl: 130

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Klaus-Peter Asmussen wurde 1946 in Handewittfeld (heute zum Ortsteil Langberg gehörig) geboren. Nach Abitur am Alten Gymnasium, Flensburg, und sechssemestrigem Studium an der Pädagogischen Hochschule Flensburg (heute: Europa-Universität) trat er in den Schuldienst ein und war zunächst sechs Jahre als Grund- und Hauptschullehrer in Dithmarschen tätig. Ab 1976 arbeitete er als Realschullehrer für Englisch und Dänisch in Tarp, Kreis Schleswig-Flensburg, bis er 2010 in den Ruhestand trat. 2007 veröffentlichte er bei BoD – Books on Demand „Planten un Blomen“, ein „Wörterbuch schleswig-holsteinischer Pflanzennamen“ (ISBN 978-3-8334-8589-3). Ab 2005 befasste er sich mit der Übertragung von Märchen unterschiedlichster Provenienz ins Plattdeutsche, die er ab 2016 unter dem Reihentitel „Märkens up Platt“ in 20 Bänden ebenfalls bei BoD herausbrachte. Weiterhin übersetzte er die zweibändige Sammlung „Plattdeutsche Volksmärchen“ von Wilhelm Wisser ins Hochdeutsche. Außerdem veröffentlichte er – wieder bei BoD – Neu- bzw. großenteils Erstübersetzungen zweier Sammlungen bedeutender schwedischer Märchensammler in deutscher Sprache. Klaus-Peter Asmussen wohnt heute in seinem Geburtshaus in Langberg, Gemeinde Handewitt.

Inhalt

Vorwort des Übersetzers

Das Kirchspiel Handewitt 1870

Der goldene Vogel

Das schwarze Schwein

Der Wachtmeister

Der Grüne Ritter

Der Wolf

Der arme Jonas

Ein magerer Vergleich ist besser als ein fetter Prozess

Die zwei Geschwister

Ritter Rot

Die Prinzessin in Hundegestalt

Kasper Aschpups

Die Handmühle

Die hochmütige Prinzessin

Der Spuk und die Räuber

Der Topf

Bruchstücke

Der Gärtnerbursche

Der Graf auf dem Eflingberg

Die alte Handewitter Kirche, bevor sie 1882 nach einem Blitzschlag abbrannte und bis auf den Turm abgerissen wurde.

Vorwort des Übersetzers

1870 erschien in Kopenhagen ein Buch, in dem Jens Madsen (1833–1907) „Folkeminder“, das sind Märchen, Sagen, Lieder und Reime, zusammengestellt hatte, die er während seiner Zeit als Lehrer in Ellund (1858–1864) im Kirchspiel Handewitt gesammelt und aufgeschrieben hatte.1 Da das Buch kurz nach der Annexion durch Preußen erschien, kann es nicht verwundern, dass das Dänische besonders hervorgehoben wird. Schließlich war Madsen Däne. Aber dass ein bedeutender Teil der Bevölkerung damals noch Dänisch – oder richtiger: Sønderjysk – sprach, lässt sich auch wohl kaum bestreiten. So hat Madsen seine Texte denn auf Dänisch niedergeschrieben, doch ein Großteil davon ist auch auf Sønderjysk geblieben. Dieser sprachliche Unterschied ist natürlich bei der Übersetzung verloren gegangen.

Seit dem Erscheinen von Madsens Buch ist das Kirchspiel Handewitt deutlich geschrumpft. So ist durch die Teilung Schleswigs 1920 Fröslee (Frøslev) zu Dänemark gekommen. Harrislee ist eine eigenständige Kirchengemeinde geworden, und Duburg gehört inzwischen zur Stadt Flensburg. Die damalige Größe des Kirchspiels wird in Madsens Einleitung ausführlich geschildert. Allerdings erscheint diese Einleitung irgendwie unvollständig: Die Dörfer Fröslee, Harris-lee und Handewitt werden relativ breit dargestellt, aber über die anderen Dörfer, z. B. Haurup und Hüllerup, erfährt man nichts.

Madsens kleine Sammlung enthält neben 17 Märchen und Sagen sowie einigen Bruchstücken 47 Liedtexte und 37 Reime. Diese hängen natürlicherweise eng mit ihrer Sprache zusammen, so dass eine Übersetzung keinen Sinn hätte, da dabei die Reimstrukturen zerstört würden. Die vorliegende Ausgabe beschränkt sich daher auf die Märchen und Sagen.

Langberg 2021

Klaus-Peter Asmussen

1 Folkeminder fra Hanved Sogn ved Flensborg, samlede og udgivne af Jens Madsen. Kjøbenhavn. I Kommission hos C. G. Iversens Boghandel, 1870.

Das Kirchspiel Handewitt (1870)

Das Kirchspiel Handewitt erstreckt sich südwestlich und westlich des Flensburger Stadtfeldes und ist wahrscheinlich flächenmäßig das größte Kirchspiel in ganz Südjütland. Es wird außer von den Kirchspielen St. Marien und St. Nikolai in Flensburg begrenzt durch die Landkirchspiele Oeversee, Wanderup, Großenwiehe, Medelby und Bau (Bov) und umfasst mit einer Bevölkerung von etwa 3000 Seelen die Dörfer Weding, Haurup, Hüllerup, Handewitt, Timmersiek, Gottrupel, Ellund, Fröslee und Harrislee samt Duburg, das mit seiner Schlossruine wie ein Teil von Flensburg wirkt. Dazu kommen einige Aussiedlerstellen wie Unaften, Godmorgen, Ahnebylund, Simondys und einige Ansammlungen von Häusern wie Ober- und Unterlangberg, Musbek und Wallsbüllweg. Hanævith wird als Krongut im Erdbuch von 1231 genannt; und der größte Teil des Waldes, der fast 1000 Tonnen Land2 umfasst, ist noch Domäne. Hier verdienen viele kleine Leute ihr Brot durch allerhand Waldarbeit, durch das Sammeln von Reisig und Heidelbeeren, wobei Letzteres jährlich mehrere Hundert Tonnen3 erbringen soll. Eine ziemlich wichtige Einnahmequelle ist die Torfproduktion, besonders für Weding, Ellund und Fröslee. Dieses letztere Dorf hat sogar 20–30 Torfscheunen auf seinem Moor errichtet, wo der Torf wegen der großen Entfernung bis zum Winter eingelagert wird. Diese Scheunen, die aus der Entfernung wie ein kleines Dorf aussehen, werden oft spaßeshalber „Brotlos“, „Feuerlos“ oder „Schornsteinlos“ genannt, und man erzählt, wie die Deutschen sie im vorigen Krieg mehrmals für ein wirkliches Dorf hielten und bereits ein ganzes Stück auf die Heide vorgerückt waren, ehe sie ihren Irrtum bemerkten. Besenbinden ist ebenfalls ein Erwerbszweig, der viele Instenfamilien beschäftigt, besonders in Ellund. Der wichtigste Hauptnahrungserwerb ist aber dort wie überall in Dänemark der Ackerbau, obwohl vielerorts, besonders in Ellund, die Böden aus unfruchtbaren Sandflächen bestehen. Das Vieh läuft den ganzen Sommer frei und wird von Jungen und Mädchen gehütet, wie es sich gerade trifft. Diese Kinder können manchmal an schönen Sommerabenden der Heide ein eigenes Leben verleihen, wenn sie alle in ein gemeinsames Lallen oder Jodeln einstimmen, das weit und breit in der Umgebung zu hören ist, oftmals ganz bis auf das Gebiet eines anderen Dorfes, wo die Hirten dort dann sofort mit einstimmen.

Zum Dorf Fröslee gehört eine große Sandheide namens „Frösleesand“, die gleich westlich des Dorfes beginnt und sich etwa ¾ Meilen4 bis ans Moor erstreckt, wo die erwähnten Torfscheunen liegen. Diese Sandheide ist ganz von heidebewachsenen Dünen bedeckt, die von einem früheren Sandtreiben zeugen, das der Sage nach auf der Grenze von Kracklundfeld5 dadurch zum Stehen gekommen ist, dass man fortgesetzt Reisigzäune errichtete, einen über dem anderen, da der Sand sich immer höher auftürmte, das soll der Grund dafür sein, dass der Dünenbereich den ganzen Weg nach Norden durch einen Sandhügel mit scharfem Kamm begrenzt wird. Ein Feldweg bildet an einer Stelle einen Durchbruch, der das Reiterloch (Ryttergabet) genannt wird, weil hier ein Reiter im Flugsand umgekommen sein soll. Die Bewohner glauben, dass diese Sandheide in alter Zeit mit Wald bewachsen war, ja, dass es in Frös-lee heute noch Häuser gibt, zu denen das Bauholz dort geholt worden ist; nun findet man nur noch hier und da ein wenig Eichenkratt („Schrupp“). Zwei größere Hügel unter diesen Dünen heißen der Rathausberg und Eflingberg. Auf dem letzteren, so wird erzählt, hat in alter Zeit ein Schloss gestanden, wo ein Graf oder Ritter mit seiner ruchlosen Gesellschaft wohnte. Er lebte hauptsächlich von Raub und scherte sich nicht um Gott oder Teufel, wie man so sagt. Aber eines Tages zog ein schweres Unwetter auf, und der Blitz fuhr nieder und entzündete das Schloss. Der Graf sprang in seinen Wagen und wollte mit seinem Geld fliehen, aber da tat sich die Erde auf und verschlang ihn. Vgl. S. 95– 96.

Im Nordosten des Kirchspiels, zum Nordende Flensburgs hin, liegt das freundliche Harrislee. Man will den Namen des Dorfes von einem König Harald herleiten, der in der Vorzeit hier gewohnt haben soll. Als einmal der Feind im Lande war, verbarg er sich in der kleinen, tiefen Waldsenke Haraldstal, die sich vom Ochsenweg an der Nordgrenze des Kirchspiels hinunterschlängelt zum tief liegenden Niehuuser See im Kirchspiel Bau. Nur bei Nacht kam er hervor, um sein Pferd an einer Quelle am See zu tränken, der so genannten Königsquelle. Man meint, dass er in der Nähe begraben liegt, im Königshügel auf Frösleefeld; es ist jedoch ebenso wahrscheinlich, dass der Hügel daher seinen Namen hat, dass er der größte ist in der großen Hügelgruppe, die sich in einem über eine Meile6 langen Gürtel über die Gemarkungen der Dörfer Fröslee, Ellund, Harrislee, Gottrupel und Handewitt erstreckt und die von allen als der sogenannten Bronzezeit zugehörig angesehen wird. Indes hat in einem dieser Hügel der Hofbesitzer Carsten Thomsen, als er Erde daraus auf sein Feld fuhr, ein Holzstück zwischen allerhand anderem verfaultem Holz gefunden, worauf einige Runen eingeritzt waren7. Eine alte, mittlerweile längst verstorbene Frau soll früher in mehreren dieser Hügel gegraben und diverse Goldsachen gefunden haben, die sie nachher in Flensburg verkaufte, aber sie hatte auch alte Beschreibungen davon, sagen die Bauern.

Im Kirchdorf Handewitt wird in jedem Frühling und Herbst Markt abgehalten. Der letztere, der der älteste und am weitesten bekannte ist, wird manchmal Handewittmesse oder Mikkelsmesse (Michaelimesse) genannt, weil er um Michaeli (29. September) abgehalten wird; und die Gänsepreise richten sich gewöhnlich nach diesem Tag. Es ist möglich, dass dort in alten Zeiten Hardesting abgehalten worden ist, und es wird noch erzählt, dass ehemals ein Galgen außerhalb des Dorfes auf einem kleinen Hügel gestanden hat, der heute noch der Galgenberg genannt wird. Auf einer größeren Anhöhe südlich des Dorfes liegt die Kirche etwas oberhalb des Pastorats. Es geht die Sage, dass man ursprünglich mit dem Bau auf einem weiter östlich gelegenen Hügel begonnen habe, dass aber Trolle bei Nacht niedergerissen hätten, was man tagsüber baute. Man verfiel dann auf den Rat, alles Handwerkszeug auf einen Wagen zu werfen, ein paar Ochsen davorzuspannen und sie gehen zu lassen, wohin sie wollten, um dann die Kirche dort aufzuführen, wo sie stehenblieben. So kam die Kirche dort zu stehen, wo sie jetzt steht. Der Turm, der eine Höhe von etwa 150 Fuß hat und in eine vierkantige Spitze ausläuft, ist weit umher zu sehen. Die Bauern erzählen, dass er einmal niederstürzte und sie dann um Genehmigung ersuchten, ihn etwas niedriger zu bauen, aber das sei ihnen verweigert worden, da der Turm für die Nordsee als Seezeichen diente.

Die Kirchen- und Schulsprache, ganz zu schweigen von der Rechtssprache, war, wie bekannt, ausschließlich Deutsch (vgl. Allens „Geschichte der dänischen Sprache im Herzogthum Schleswig oder Südjütland“), bis das Sprachreskript 1851 gemischte Kirchensprache und dänische Schulsprache einführte mit vierstündigem wöchentlichem Unterricht in Deutsch, von welchem Letzteren die Schüler jedoch kaum viel lernten, sintemalen deutsche Rede in den Häusern nie hat gedeihen können. Wohl gab es wie anderswo Familien, die, obwohl sie untereinander und bei Nachbarn dänisch sprachen, doch mit ihren Kindern nur deutsch sprachen; das war jedoch nur eine Art eingedeutschtes Dänisch, wovon die Kleinen keine große Weisheit erlangten, und kamen sie erst hinaus auf die Straße, hörte man natürlich kein deutsches Wort. Übrigens stammte diese Unsitte aus der Zeit, als man „æ tysk Lær”8 hatte, denn wenn die Schüler dann in die Schule kamen mit ihrem dänischen Mund, entgingen sie nicht immer der Prügelstrafe, welche, den Ergebnissen nach, ihnen leichter beizubringen war als die fremde Sprache. Die Bevölkerung ist in der Regel einigermaßen wohlhabend, dabei lebhaft und gastfreundlich, und im allgemeinen ist gut mit ihr auszukommen, aber sie hat in vielen Dingen auch eigene Meinungen und lässt sich zumeist ungern an einem fremden Gängelband führen, ein Freiheitssinn, der sich mehr oder weniger bei allen Schleswigern geltend macht, und dann hängt sie mit unüberwindlicher Zähigkeit am Alten, altem Aberglauben ebenso wie alten Märchen und Liedern und vor allem der alten Sprache. Setzten wir uns an einem Winterabend zu ihnen, würden wir sie singen und erzählen hören. Die vorliegende Sammlung ist auf diese Art und Weise zustandegekommen, und obwohl sie nur eine Auswahl9 darstellt von dem, was der Herausgeber zufällig gehört hat, gibt sie doch einen Eindruck davon, was ein einziges Kirchspiel, selbst so weit im Süden, an solchen Dingen bewahren kann, wie auch, in was für einer geistigen Verbindung mit der übrigen dänischen Gemeinschaft es immer noch gestanden haben muss.10

[Das Weitere bezieht sich auf die Schreibung der südjütischen Sprache (Sønderjysk) und ist daher hier ohne Belang. Anm. d. Übs.]

2 Ca. 400 ha

3 Altes Hohlmaß unterschiedlicher Größe; als Getreidemaß z. B. ca. 137 l.

4 Ca. 4½ km

5 Dänisch: Kragelund Mark

7 Hrsg., in dessen Besitz dieses Holzstück kam, glaubte, das Holzstück an das altnordische Museum in Kopenhagen zu schicken, hat aber später gesehen (in Thorsens „Runemindesmærkerne i Slesvig“), dass es an einen privaten Sammler abgegeben worden und erst später durch dessen Wohlwollen für das Museum in Flensburg gewonnen worden ist, wovon es natürlich mit allem anderen in preußischen Besitz kam. [Anm. Madsen]

8 die deutschen Lehre

9 Der Rest ist Prof. Svend Grundtvig zugegangen. Es wäre wünschenswert um der guten Sache willen, die er vertritt, dass alle aufzeichneten, was sie in der Art hören, und es auch dorthin schickten. [Anm. Madsen]

10 So findet sich z. B. das Märchen vom „Schwein“ in Sv. Grundvigs „Gamle danske Minder“ aus Ostjütland (III.8), „Die Handmühle“ aus Vendsyssel (II.10), „Der Wolf“ aus der Gegend von Horsens (II.322) und aus Stevns (III.42), „Der Topf“ von Fünen (III.43), „Der Spuk und die Räuber“ aus der Gegend von Apenrade (I.251). Verschiedene, z.B. „Das Schwein“ und „Die Handmühle“ gibt es auch in Norwegen (Asbjørnsen und Moes „Norske Folkeæventyr“, 1866) und ihr „Askeladden“ entspricht unserem „Aschpups“. … [Anm. Madsen]

Der goldene Vogel

Es war einmal ein König, der hatte einen Apfelbaum in seinem Garten, der jedes Jahr drei goldene Äpfel trug. Und dann hatte er einen Gärtner, der passte zusammen mit seinen drei Söhnen darauf auf, aber so sehr sie auch aufpassten, kam dennoch jede JohanniNacht ein goldener Vogel und schnappte sie weg. Deshalb wurden die beiden ältesten Söhne sich einig, sie wollten in die Welt hinausreisen, um den goldenen Vogel zu fangen; der jüngste aber blieb noch eine Johanni-Nacht sitzen um aufzupassen. Diesmal traf er den Vogel und schoss ihm eine Feder ab, und Leute, die die sahen, sagten, sie sei ebenso viel wert wie ein halbes Königreich. Da dachte er: „Ich muss hinter meinen Brüdern her, ob ich nicht den goldenen Vogel fangen kann.“ Als er in den Wald kam, begegnete er einem Fuchs und legte sogleich auf ihn an. Aber der Fuchs sprach: „Schieß nicht! Lass mich am Leben, das wird dir noch sehr nützen“; und dann wurden sie bald näher miteinander bekannt.

„Setz dich nun auf meinen Rücken“, sagte der Fuchs, „und kümmere dich um nichts; wir müssen sowohl durch dieses als auch durch jenes Königreich, bevor du deinen goldenen Vogel fängst.“

Gegen Abend kamen sie an zwei Wirtshäuser; das eine war für einfache, das andere für vornehme Leute. Da saßen die Brüder in dem feinen Wirtshaus, und als sie ihn sahen, klopften sie ans Fenster und riefen zu ihm hinaus, er solle hereinkommen. Aber der Fuchs sagte: „Scher dich nicht darum, sondern reite flugs hin zum anderen Wirtshaus, sonst bleibst du bei deinen Brüdern sitzen und kommst nie wieder heraus!“

Am nächsten Tag erreichten sie das Königreich, wo der goldene Vogel war. „Sei schlau“, sagte der Fuchs, „wenn du den Vogel in die Hand bekommst, aber nimm das richtige Bauer mit, sonst kann er nicht singen.“ Dann ging er hinauf aufs Schloss und bat, den goldenen Vogel sehen zu dürfen. Ja, sie kamen gleich damit an. „Was kostet der?“ fragte er dann. „Kostet?“ sagten sie, „der ist mehr wert als drei Königreiche; aber kannst du uns den ‚weißen Hirsch‘ beschaffen, dann sollst du ihn haben.“

„Warum bist du nicht damit fortgelaufen“, meinte der Fuchs, als er herauskam, „während du ihn in der Hand hattest? Jetzt nur wieder hinauf auf meinen Rücken.“ Dann kamen sie in ein anderes Königreich. „Sei schlau“, sagte der Fuchs, „wenn du den Hirsch zu fassen bekommst, aber pass auf, dass du den richtigen Sattel mitbekommst, dann läuft er mit deinen Gedanken um die Wette.“ Dann kam er hinauf aufs Schloss und bat, den „weißen Hirsch“ sehen zu dürfen. Ja, sie kamen auch sofort damit an. Aber er war wieder zu treuherzig und fragte nach dem Preis. „Preis?“ meinten sie, „der ist mehr wert als sechs Königreiche; aber kannst du uns die ‚weiße Jungfrau‘ verschaffen, dann sollst du ihn haben.“