Märchen von Gärten -  - E-Book

Märchen von Gärten E-Book

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Beschreibung

Die Märchen, die die bekannte Märchensammlerin und -erzählerin Sigrid Früh für diese Sammlung zusammengetragen hat, sind in drei Hauptkapitel eingeteilt: "Zauberhafte Gärten und Zauberpflanzen", "Zauberwälder und Wunderbäume" und "Mythische Gärten und Geschichten". Von Rose, Rettich, Linde und Birke ist da die Rede, vom Basilikummädchen, von Großmütterchen Immergrün und König Laurins Rosengarten. Die Texte aus allen Teilen Europas sind mal witzig, mal spannend oder bewegend.

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Seitenzahl: 260

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Über dieses Buch

Schon von Anbeginn der Geschichte haben unsere Vorfahren Naturphänomene beobachtet und sich zu erklären versucht. Wie kommt der Wechsel der Jahreszeiten zustande? Tod und Wiedergeburt manifestieren sich im Pflanzenzyklus. Welche Mächte wirken da? So entstanden Mythen, Märchen und Sagen rund um die Pflanzenwelt. Einige davon sind in diesem Band versammelt.

Das Buch ist in drei Kapitel unterteilt: »Zauberhafte Gärten und Zauberpflanzen«, »Zauberwälder und Wunderbäume« sowie »Mythische Gärten und Geschichten«. Nicht alle Texte ließen sich dabei eindeutig zuordnen. In allen spielen Pflanzen eine wesentliche Rolle.

Über die Herausgeberin

Sigrid Früh (geb.1935, gest.2016) studierte Germanistik und Volkskunde und war eine der bekanntesten Märchenerzählerinnen und Märchenforscherinnen Deutschlands. In zahlreichen Seminaren und Vorträgen brachte sie die Märchen einem breiten Publikum nahe.

Weitere Informationen: www.sigrid-frueh.de.

ZauberhafteGärten

Herausgegebenvon Sigrid Früh

Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

E-Book-Ausgabe

2018 Krummwisch bei Kiel

© 2018 by Königsfurt-Urania Verlag GmbH

D-24796 Krummwisch

www.koenigsfurt-urania.com

Umschlaggestaltung: Jessica Quistorff, Rendsburg,unter Verwendung der folgenden Motive

»Rosengarten mit großem Buchsbaum« © Marina Lohrbach - Fotolia.com und »basket with fresh radishes« © Diana Taliun - Fotolia.com

Satz: Stefan Hose, Götheby-Holm

Lektorat: Claudia Lazar, Kiel

eISBN 978-3-86826-346-6

Inhalt

ZAUBERHAFTE GÄRTEN UND ZAUBERPFLANZEN

Drei Rosen auf einem Stiel

Das Rosenmädchen

Das Dornröschen

Die Rosenkönigin

Der Löwe und der Frosch

Der verfluchte Garten

Die verwünschte Blumenbraut

Das Pfefferkorn

Fiorindo und Chiara Stella.

Der Kräuterdieb

Das Basilikummädchen

Die Blumen von Lagorài

Der Waldkater

ZAUBERWÄLDER UND WUNDERBÄUME

Der Graf, der seine Seele verkaufte

Der Eisenhans

Hühnchen und Kätzchen

Der Schäfer und die Prinzessin

Die Hennenkrippe

Von den Burschen, die im Hedalswald die Trolle trafen

Das Waldhaus

Das Rotkäppchen

Der Granatbaum des Affen

Der wunderbare Birnbaum

Der verzauberte Lindenbaum

Der Dummkopf und die Birke

Der klingende Baum

Der Wanderbursche auf der Tanne

Wie Blinde sehend werden

MYTHISCHE GÄRTEN UND GESCHICHTEN

König Laurins Rosengarten

Der fremde Garten

Großmütterchen Immergrün

Von den zwölf Monaten

Odysseus und Laertes

Die goldenen Äpfel der Hesperiden

Die Zarentochter im unterirdischen Reich

Frau Holles Apfelgarten

Die Holundermutter

Der Goldvogel

Nachwort

Quellen

ZAUBERHAFTE GÄRTEN UND ZAUBERPFLANZEN

Drei Rosen auf einem Stiel

Es war einmal ein Mann, der hatte zwei Töchter, die konnten sich nicht gut miteinander vertragen; daran war aber besonders die eine schuld. Eines Tages wollte der Vater auf den Markt gehen und fragte die Töchter: »Was soll ich euch mitbringen?« Da wünschte sich die eine ein schönes Kleid, die andere, welche die bravste war, drei Rosen auf einem Stiel. »Wenn ich die nur bekommen kann«, sagte der Vater und ging fort und kaufte auf dem Markte ein neues Kleid, aber so viel er sich auch unterwegs und nachher auf dem Markte nach Rosen umsah, so konnte er doch keine solche gewahr werden.

Endlich, als er schon wieder auf dem Heimwege war, sah er in einem Garten einen blühenden Rosenstrauch und da waren auch gerade drei Rosen auf einem Stiel beisammen, wie es die Tochter sich gewünscht hatte. Da stieg er in den Garten und brach sich die Rosen ab. Aber mit einem Male stand da ein schwarzes, haariges Ungeheuer und sagte: »Was machst du da in meinem Garten?« Der Mann erzählte nun, dass er eine Tochter habe, die sich drei Rosen auf einem Stiel gewünscht habe, und bat, dass er diese Rosen, die er schon so lange gesucht, mitnehmen dürfe. Da sagte das Tier: »Ja, du darfst sie mitnehmen, musst aber dafür morgen um die und die Stunde mit deiner Tochter hierherkommen, sonst wirst du sterben.« Da versprach der Mann, dass er wiederkommen wollte, und ging mit seiner Rose heim und führte am andern Tage die Tochter her, verspätete sich aber ein wenig. Indessen war es eben noch Zeit. Da fand er in dem Garten einen Tisch schön gedeckt und mit Speisen reichlich besetzt, er setzte sich mit seiner Tochter hin und aß, als sie fertig waren, erschien auch das Tier und fragte: Ob das die Tochter sei, welche sich die drei Rosen gewünscht? Und als der Vater ja sagte, sagte das Ungeheuer: »Nun, so kannst du nur wieder nach Haus gehen, deine Tochter aber muss hier bleiben.« Da ging der Vater allein heim und ließ seine Tochter voll Sorge zurück. Das Ungeheuer aber führte sie alsbald in ein schönes Gartenhaus und zeigte ihr die herrlichsten Schmucksachen von Gold und Silber und Edelsteinen, von denen sie sich auswählen durfte, was ihr gefiel, und als sie das getan hatte, sagte das Ungeheuer: »Jetzt kannst du auch wieder heimgehen, musst aber morgen um die und die Zeit wieder hier sein!« Ja, das wollte das Mädchen auch gern und kehrte vergnügt zu ihren Eltern zurück.

Da ärgerte sich aber die andere Schwester über den kostbaren Schmuck und hielt ihre Schwester am folgenden Tag, als sie wieder in den Garten wollte, aus Neid so lange auf, dass sie zu spät kam. Wie sie nun in den Garten trat, war niemand da zu sehen und zu hören. Da rief sie ganz ängstlich: »Liebes Tierlein, wo bist?« Da hörte es zur Seite in dem Graben etwas wimmern und winseln und ging darauf zu und sah das Tier darin liegen. »Ach«, seufzte das Untier, »wärst du nicht bald gekommen, so hätte ich sterben müssen.« – Dann kroch es aber heraus, streifte sich mit einem Male den haarigen Pelz herunter und stand da als ein schöner junger Mann. Da waren beide seelenvergnügt, hielten Hochzeit und lebten glücklich miteinander bis an ihr Ende.

Märchen aus Süddeutschland

Das Rosenmädchen

Eine Waldfrau hatte einen armen Waisenjungen, der sich verirrt hatte, mitleidig in ihr Haus genommen und pflegte ihn wie eine rechte Mutter. Als er groß war, sagte er eines Tages:

»Mutter, ich muss fort, ich will das Rosenmädchen suchen!«

»Das ist weit, mein Sohn, und wenn du auch dahin gelangen solltest, so wirst du es dennoch schwer erwerben, denn es wird von einem Drachen bewacht!«

Der Knabe ließ sich aber nicht länger halten, da gab ihm seine Mutter eine Glocke und sprach:

»Wenn du etwas wünschest, so läute damit!«

Darauf verabschiedete sich der Knabe und machte sich auf den Weg. Lange, lange ging er so dahin. Eines Tages begegnete er einem großen Bienenschwarm und er fragte die Bienenkönigin, ob sie nicht wisse, wo das Rosenmädchen wohne. Das wisse sie nicht, gab sie zur Antwort, aber sie könne es bald erfahren. Sie sandte nun alle Bienen aus, um Kunde einzuziehen. Alle kamen sie zurück und wussten keine Nachricht. Die Bienenkönigin zählte und siehe, es fehlte eine. Endlich kam auch diese zurück und brachte erwünschte Botschaft, denn sie war gerade bei dem Rosenmädchen gewesen. Diese Biene zeigte nun dem Knaben den Weg. Sie führte ihn über eine große, große Wiese in einen Wald. Am Ende des Waldes wohnte das Rosenmädchen in einem großen Schloss. Der Knabe verdingte sich dort als Gänsehirt und weidete immer in der Nähe des Schlossgartens. Jeden Tag konnte er hier das Rosenmädchen sehen, wie es unter den Blumen wandelte, und es war sehr schön. Da erfuhr er eines Tages, dass das Rosenmädchen jeden Abend in die Stadt zum Ball fahre. Als es nun Abend wurde, nahm er seine Glocke und läutete. Da stand vor ihm ein kupferrotes Ross bereit und daneben lag ein kupferner Mantel. Sogleich legte er den Mantel um, schwang sich auf das Ross und ritt in die Stadt. Auf dem Ball tanzte er die ganze Zeit mit dem Rosenmädchen und das hatte seine helle Freude an dem schönen Jüngling. Noch ehe der Ball vorüber war, machte er sich heimlich fort.

Das Rosenmädchen erzählte seiner Mutter von dem schönen Jüngling im kupfernen Mantel, dieser aber hütete schon wieder als armer Hirt die Gänse und blickte nur verstohlen in den Blumengarten.

Den folgenden Abend ging das Rosenmädchen wiederum zum Ball. Der Gänsehirt läutete abermals und ein silbernes Ross stand sogleich bereit und ein silberner Mantel lag daneben. Er warf den Mantel um, schwang sich auf das Ross und ritt in die Stadt. Auf dem Ball tanzte er wiederum die ganze Zeit mit dem Rosenmädchen und das hatte seine helle Freude an ihm. Noch ehe der Ball vorüber war, machte er sich heimlich fort.

Am folgenden Morgen erzählte das Rosenmädchen abermals seiner Mutter von dem schönen Jüngling, der diesmal mit einem silbernen Mantel gekleidet gewesen sei. Dieser aber hütete wieder die Gänse und blickte nur verstohlen in den Blumengarten. Die Mutter aber war begierig, den schönen Jüngling kennenzulernen, und sprach zu ihrer Tochter, ob sie ihn nicht gezeichnet hätte.

Das Rosenmädchen sage: »Nein!« – »So nimm denn nun zum nächsten Mal ein wenig Pech mit und wenn er mit dir tanzt, so streiche es ihm ins Haar.«

Am Abend ging das Rosenmädchen wieder auf den Ball und diesmal nahm es Pech mit. Der Gänsehirt aber holte seine Glocke hervor und läutete. Da stand ein goldenes Pferd bereit und ein goldener Mantel lag daneben. Er hüllte sich schnell in den Mantel, schwang sich aufs Ross und war bald in der Stadt. Auf dem Ball tanzte er wieder mit dem Rosenmädchen. Da strich es ihm ein wenig Pech ins Haar. Als der Ball zu Ende ging, eilte er hinaus, schwang sich auf sein Ross und ritt davon.

Am Morgen erzählte das Rosenmädchen wieder seiner Mutter von dem schönen Jüngling, wie er jetzt in einen goldenen Mantel gehüllt gewesen und wie sie ihm Pech ins Haar gestrichen hätte. Der Gänsehirt aber sah wieder verstohlen durch die Hecke in den Blumengarten. Wie er aber gegen Mittag nach Hause kam, sah das Rosenmädchen ihn lange an und merkte, dass das Haar verklebt war.

Da rief sie voll Freude: »Du bist unser Retter!«

»Das will ich gerne sein!«, antwortete der Jüngling. Die Mutter aber sprach: »Auf denn, dass wir entfliehen, noch schläft der Drache, wenn er aber erwacht, so sind wir verloren!«

Da ging der Gänsehirt hinaus und läutete dreimal mit seiner Glocke. Sogleich standen das kupferne, das silberne und das goldene Pferd bereit. Das Rosenmädchen setzte er auf das goldene und legte ihr den goldenen Mantel um, die Mutter auf das silberne und gab ihr den silbernen Mantel, er selbst schwang sich auf das kupferne und hüllte sich in den kupfernen Mantel. So sprengten sie zusammen hinweg. Im Schloss aber lag ein mächtiges Fass mit drei eisernen Ringen. Darin schlief der Drache seinen Jahresschlaf. Das Jahr war aber gerade zu Ende gegangen. Da sprang der erste Reif, bald der zweite und schon auch der dritte und jedes Mal krachte es so gewaltig wie ein Donnerschlag. Der Drache rieb sich die Augen und blickte um sich.

»Wo ist mein Rosenmädchen?«, brüllte er. Niemand aber antwortete ihm. Da sprang er auf und sah in allen Zimmern nach und im Garten, es war aber niemand da. Zornig eilte er in den Stall, schwang sich auf seinen Fohlenhengst und sprach: »Nun trage mich flugs zum Räuber hin!«

Es dauerte nicht lange, so hatte er die Fliehenden erreicht. Sie konnten nicht weiter, denn sie waren auf die Stelle gebannt.

Da sprach der Drache: »Ich könnte dich, du kleiner Erdenwurm, zerschmettern, allein das brächte mir wenig Ruhm!«

Er nahm dem Jüngling die Glocke, das goldene, das silberne und das kupferne Ross weg und ritt mit dem Rosenmädchen und seiner Mutter zurück. Noch einmal sah er zurück und höhnte den Knaben: »Du könntest das Rosenmädchen wohl erlösen, wenn du ein Ross hättest wie ich, das ich von meiner Mutter bekommen habe. Allein das wird nie und nimmermehr geschehen!«

Damit zog er heim und legte sich nun wieder in sein Fass zum Jahresschlaf und die eisernen Ringe legten sich von selbst um das Fass. Das Rosenmädchen pflegte am Tage die Blumen. Abends ging es nicht mehr auf den Ball, sondern dachte immerzu an seinen Retter.

Der Jüngling aber wanderte und wanderte immerfort und suchte nach der Mutter des Drachen. Er sah auf einmal einen Raben, der hatte sich in ein Netz verstrickt und bat den Jüngling, er möge ihm heraushelfen, er wolle es ihm vergelten. Der Jüngling befreite den Raben und dieser flog hinweg. Wie er weiter kam, sah er einen Fuchs, der steckte in einer Falle und konnte nicht fortkommen.

»Hilf mir«, sprach dieser, »ich will dir’s vergelten.« Der Jüngling befreite den Fuchs und dieser lief in den Wald.

Endlich gelangte der Jüngling zum Meeresufer und er sah einen Fisch dort im Trockenen zappeln und der bat: »Setze mich ins Wasser, ich will dir’s vergelten!« Der Jüngling tat es und der Fisch schwamm davon.

Als er nun weiterwanderte, sah er auf einmal ein Häuschen. Drinnen wohnte die Drachenmutter. Er ging hinein und fragte sie, ob sie ihn in ihren Dienst nehmen wollte.

»Ei, jawohl, du sollst mir meine Stute hüten. Was soll ich dir geben aufs Jahr?«, sprach die Drachenmutter.

»Nur ein Füllen!«, sagte der Jüngling.

»Es sei! Bringst du mir aber abends die Stute einmal nicht heim, so ist es mit deinem Leben vorbei.« Die Drachenmutter hatte schon viele in den Dienst genommen und alle waren ums Leben gekommen.

Am Morgen zog der Jüngling mit der Stute auf die Weide, bald aber verlor er sie aus den Augen und er suchte sie bis zum Einbruch der Dämmerung und konnte sie nicht finden.

Da sah er den Vogel über sich und rief: »Hilf mir, wenn du kannst!«

Da sprach der Rabe: »Die Stute ist in den Wolken und hat ein Füllen geboren, setze dich auf mich, ich bringe dich zu ihr!«

Als der Jüngling die Stute und das Füllen nach Hause brachte, verwunderte sich die Drachenmutter sehr.

Am folgenden Morgen, wie er sie hinaustrieb, ging es ihm genauso. Die Stute war mit dem Füllen auf einmal verschwunden und er suchte sie bis zum Einbruch der Dämmerung und konnte sie nicht finden. Da begegnete ihm der Fuchs und er klagte ihm seine Not.

Der Fuchs sprach: »Die Stute ist in der Berghöhle und hat da ein Füllen geboren, komm setze dich auf mich, ich will dich dort hinbringen.«

Der Jüngling kam durch ein Fuchsloch in die Höhle und trieb die Stute und die zwei Füllen nach Hause. Die Drachenmutter wunderte sich sehr, als sie ihn kommen sah.

Am dritten Tage, wie er die Stute und die zwei Füllen austrieb, waren sie gleich wieder vor seinen Augen verschwunden. Er suchte sie bis zum Einbruch der Dämmerung und fand sie nicht. Er kam auch ans Meer und sah betrübt ins Wasser. Da kam der Fisch herbeigeschwommen und fragte ihn, warum er so traurig sei. Der Jüngling klagte ihm seine Not.

Der Fisch sprach: »Die Stute ist auf dem Meeresgrunde und hat dort ein Füllen geboren. Ich will dich aber gleich zu ihr bringen!«

Der Fisch nahm ihn in sein Maul und schwamm mit ihm auf den Grund des Meeres. So trieb er die Stute und die drei Füllen nach Hause. Die Drachenmutter verwunderte sich sehr und wusste nicht, wie das zuginge. Sie konnte nun die Stute und die drei Füllen nirgends mehr verbergen.

Der Jüngling weidete sie, bis ein Jahr vergangen war. Da sprach die Drachenmutter: »Jetzt wähle dir ein Füllen!«

Da nahm er sich das älteste. Dieses war eine schöne Stute geworden. Er schwang sich auf sie und ritt zum Schloss des Rosenmädchens, um es vom Drachen zu befreien.

Kaum war er in der Nähe des Schlosses, da fing seine Stute an zu wiehern. Das vernahm der Fohlenhengst des Drachen im Stall und fing auch an zu wiehern und zu stampfen, dass alles erbebte. Darüber erwachte der Drache in dem Fass, denn es war auch das Jahr gerade zu Ende. Die drei Reifen sprangen mit großem Knall nacheinander ab.

Der Drache eilte in den Stall. Aber der Fohlenhengst hatte sich schon losgerissen und wollte zur Stute laufen. Da griff der Drache an den Mähnen und schwang sich auf seinen Rücken und wollte ihn bändigen. Der aber bäumte sich gewaltig. Der Drache stürzte herunter und nun zerstampfte ihn der wilde Hengst unter seinen Füßen, dass er gleich tot war. Dann sprengte er über die Schlossmauer und lief der Stute nach. Als aber der Jüngling am Schloss angelangt war, sprang er ab und stieg über die Gartenhecke und grüßte und umarmte das Rosenmädchen. Seine Stute war gleich umgekehrt, lief zu der Drachenmutter zurück und der Fohlenhengst folgte ihr.

Der Jüngling war nun Herr des Schlosses und hatte auch seine Glocke und die drei Wunderrosse wieder. Darauf hielt er Hochzeit mit dem Rosenmädchen und sie lebten herrlich und in Freuden.

Märchen aus Siebenbürgen

Das Dornröschen

Da war in alten Zeiten, in sehr alten Zeiten, ein König und eine Königin, die hatten alles, nur keine Kinder. Endlich, nach jahrelangem Warten, ward ihre Sehnsucht gestillt, ihr höchster Wunsch erfüllt.

Die Königin gebar eine Prinzessin. Man richtete eine große Taufe her und lud dazu sämtliche sieben Feen des Landes.

Nach der Taufe begab man sich in den Saal zu einem großen Festessen. Jeder der sieben Feen legte man ein herrliches goldenes, mit Diamanten und Rubinen besetztes Besteck vor, Messer, Gabel und Löffel, in einem prächtigen Futteral. Als schon alles am Tische saß, trat plötzlich noch eine alte Fee ein, die nicht eingeladen war und die man vergessen hatte, weil man seit mehr als hundert Jahren nichts von ihr wusste und sie für tot oder verschollen hielt. Man bat sie, Platz zu nehmen, aber betreffs des goldenen Bestecks war der König in großer Verlegenheit, denn schon damals hatten die Könige nicht immer so viel Gold, wie sie brauchten. Man legte ihr also ein gewöhnliches Besteck vor und entschuldigte sich. Die alte Fee aber fühlte sich beleidigt, murmelte etwas zwischen den falschen Zähnen und machte ein böses Gesicht. Eine der jüngeren bemerkte das, und besorgt, dass die Alte der Prinzessin irgendwas Böses erfinden und anwünschen könnte, versteckte sie sich hinter einem Vorhang, um im entscheidenden Moment hervorzutreten und den bösen Zauber so viel wie möglich zu entkräften.

Gleich nach Tische gingen die Feen, die wussten, wozu sie geladen waren, an ihr Geschäft und fingen an, die Prinzessin zu beschenken, und zwar mit allen jenen Eigenschaften, die eine Mutter vor allem ihrem Töchterlein anwünscht, damit es sobald wie möglich den Leuten in die Augen falle und eine gute Partie mache. Die erste Fee sagte: »Werde die schönste Person der Welt!«

Die zweite: »Sei so geistreich wie möglich, ohne unausstehlich zu werden!«

Die dritte: »Was du tust und wie du’s tust, soll Mode werden!«

Die vierte: »Alle neuen Tänze sollst du gleich so vortrefflich tanzen, als hättest du nie etwas anderes gelernt, und niemals sollst du sitzenbleiben!«

Die fünfte: »Singe wie eine Nachtigall!«

Die sechste: »Spiele ausgezeichnet Klavier, zweihändig, vierhändig, sechshändig, achthändig, selbst einhändig!«

Jetzt war die Reihe an der alten Fee und ganz ärgerlich darüber, dass es ein so junges und perfektes Frauenzimmer geben solle, rief sie: »Die Prinzessin soll sich in ihrem fünfzehnten Jahre an einer Spindel stechen und tot hinfallen.«

Diese schreckliche Bescherung erfüllte die ganze Gesellschaft mit Entsetzen, und alles fing zu weinen und zu jammern an.

»Nur ruhig, nur ruhig!«, rief die junge Fee, die plötzlich hinter dem Vorhang hervortrat, »beruhigt Euch, Herr König und Ihr, Frau Königin, ich habe auch noch etwas zu sagen, denn es ist nicht meine Art, der Alten das letzte Wort zu lassen. Zwar kann man das Übel, das alte Weiber mit bösen Worten anrichten, nicht immer ungeschehen machen, aber lindern und mindern kann es manchmal eine gute Fee. Und so soll die Königstochter nicht sterben an dem Spindelstich, sondern nur in einen tiefen, hundert Jahre dauernden Schlaf versinken. Nach diesen hundert Jahren wird sie ein wunderschöner Königssohn erlösen und aus dem Schlafe wecken.«

Der König glaubte mit Verboten und Drohungen alles durchsetzen zu können. Und um das Unglück zu verhüten, erließ er ein Verbot, welches alles Spinnen und jede Hantierung mit Spindeln im ganzen Reiche aufs strengste untersagte und Verbannung und Verbrennung sämtlicher Spindeln anordnete. Und sobald das Gesetz ergangen war, verließ sich der König auf seine Beamten und war ganz ruhig.

Als die Prinzessin fünfzehn Jahre alt war, machte der König mit seiner Königin eine Reise, und die Prinzessin, die nun von ihrer Dienerschaft weniger bewacht wurde, benützte ihre Freiheit, um sich im Schlosse näher umzusehen. Sie lief treppauf, treppab, durch Stuben und Kammern und kam zuletzt in einen alten Turm. Sie stieg die Wendeltreppe hinauf und gelangte hoch oben in ein kleines Gemach. Da saß eine gute alte Frau und spann emsig ihren Flachs.

»Gute alte Frau«, fragte die Prinzessin verwundert, »was machst du da?«

»Ich spinne meinen Flachs!«

»Und was ist das für ein Ding, das da so lustig tanzt und springt und sich dreht wie im Tanze?«, fragte die Prinzessin und griff nach der Spindel. Kaum hatte sie die Spindel berührt, so stach sie sich, fiel hin und sank in einen tiefen, tiefen Schlaf.

Und in demselben Augenblicke schlief mit ihr alles ein, was im Schlosse war, die Kammerherren, die Hofdamen, die Möpse, die Jagdhunde, die Leibkatzen, die Kammermädchen, die Hofmusik, die Pferde im Stalle, die Schwalbe im Neste, die Nachtigall im Busche, die Taube auf dem Dache, die Pagen, die Türsteher, die Hundejungen, die Läufer, die Köche und Küchenjungen, die Beschließerin, das Feuer auf dem Herde, das Wasser am Rohrbrunnen und im Springbrunnen, selbst Blumen, Büsche und Bäume und selbst der Wind, der eben über das Schloss wehte, alles in der Stellung und Lage, die es eben hatte, als die Prinzessin in Schlaf sank. Rings um das Schloss aber begann es zu sprossen, zu wachsen und zu treiben, und bald war es von einer dichten, undurchdringlichen Dornhecke umgeben. Und um die Dornhecke wiederum wuchs ein gewaltiger, so hoher Wald, dass kaum die Turmspitzen des Schlosses, und diese auch nur aus weiter Ferne, sichtbar blieben. Und Bäume, Sträucher, Dornhecken und Schlingpflanzen aller Art woben und schlangen sich so ineinander, dass in das Schloss gar nicht zu gelangen war und dass man es im Lande nach und nach ganz vergaß.

Nur die Sage erzählte noch, dass hinter der Hecke ein wunderschönes Schloss stehe und dass in dem Schlosse eine wunderschöne Prinzessin schlafe, und diese Prinzessin nannte man nach der Dornhecke, die ihren Schlaf beschützte, das Dornröschen.

Die Sage von dem wunderschönen Schloss und der wunderschönen Königstochter lockte viele tapfere Königssöhne herbei, welche den besten Willen hatten, in das Schloss zu dringen und Dornröschen zu erlösen. Aber sie blieben in der Dornhecke hängen, zappelten sich vergebens ab und starben eines jämmerlichen Todes. Der Weg zum Glücke ist immer ein dorniger und voll von Hindernissen, und noch dorniger und reicher an Hindernissen ist der Weg zur Schönheit, welche erlöst werden, die Augen aufschlagen und die Welt mit ihrem Lächeln und Blick erheitern soll. Jeder hat Lust zu einer solchen Erlösung, aber wenige haben die Kraft, und am Ende nützt alle Kraft nichts, wenn nicht die rechte Stunde gekommen und zur rechten Stunde der rechte Mann.

Der rechte Mann aber war ein Königssohn, der gerade hundert Jahre, nachdem Dornröschen eingeschlafen war, in die Gegend kam, angeblich der Jagd wegen, in der Tat aber, weil er gehört hatte, dass hier eine große Schönheit zu erlösen und ein herrliches Reich voll Schönheit zu gewinnen sei. Der Wald sah erschrecklich aus, und noch erschrecklicher war, was man ihm erzählte: von den unzähligen Königssöhnen, die in den Dornhecken wie in Schlingen hängengeblieben und sich zu Tode gezappelt; von den bösen Geistern, die in dem Schlosse umgehen und jeden Eindringling zerreißen sollten; von einem bösen Riesen, der es bewohne und Kinder und Erwachsene fresse. Aber all das konnte den tapferen Königssohn, der sich für berufen und auserwählt hielt und eine unendliche Sehnsucht nach dem Dornröschen empfand, nicht abhalten.

Lieber sterben, dachte er, als sein Ideal nicht erreichen. Er tat, was in solchen Fällen am zweckmäßigsten ist, er ging darauf los. Und siehe da, die fürchterlichen Hecken, die alten Bäume, das Gestrüpp, die dornigen Wände, alles öffnete sich ihm wie weite Flügeltüren, die dienstfertige Bediente vor ihm aufgestoßen hätten. Auffallend war, dass die Hecken und Gesträuche sich gleich hinter ihm schlossen und nur ihn, ihn allein, durchließen, während sie vor den Nasen seiner Leute, die ihm folgten, wieder zusammenschlugen, als ob sie sagen wollten: Da könnte jeder kommen! Neu ermutigt schritt er weiter, wohl fühlend, dass er vor den andern etwas voraushatte und dass ihn eine geheimnisvolle Macht begünstigte.

Endlich kam er an ein prächtiges Tor und durch das Tor in einen Hof, dann in einen zweiten Hof, dann an eine große Treppe. Die stieg er hinauf und gelangte in einen Vorsaal, dann in einen Prachtsaal, dann in einen zweiten, dritten, vierten Saal, einer immer schöner als der andere. Überall auf seinem Wege, vom Tor angefangen, standen, saßen, lagen oder befanden sich in den verschiedensten Stellungen des Gehens, Laufens und allerlei Handelns wie gefroren Türsteher, Wachen, Bediente, Hofleute jeglicher Art, zu Fuß, auch zu Ross, alles schlafend. Der Königssohn kümmerte sich nicht um die Menge, ebenso wenig ließ er sich durch die unheimliche Stille, die rings um ihn herrschte, anfechten, obwohl manches gar kurios und schön anzusehen gewesen wäre: wie der Page so schön an dem Türpfosten lehnte oder wie der Efeu sich um das Waldhorn des Jägerburschen geschlungen hatte, wie der Springbrunnen, als wäre er aus Kristall, steif und fest in der Luft stand und andere dergleichen Wunder.

Ihn trieb es weiter, und aus den Sälen kam er in die Gemächer, in eine lange Reihe von Gemächern, alle mit Gold, Seide, Zindel, Schnitzwerk, Bildern und allen schönen Dingen geschmückt – etwas altmodisch, aber recht malerisch und höchst interessant. Er hätte mit einiger Geduld in diesen Gemächern allerlei lernen können, aber er hatte etwas Besseres zu tun, als altes Zeug zu studieren. Er wollte die Schönheit sehen mit Augen. So wanderte er weiter, bis er in eine vergoldete Schlafkammer trat, und da bot sich ihm ein Schauspiel dar, wie er dergleichen nie gesehen.

In einem Bett, dessen Vorhänge ganz zurückgezogen waren, lag Dornröschen, frisch und gesund und schön wie Milch und Rosen. Es ging ordentlich ein Glanz von ihr aus, der das ganze Zimmer mit Licht erfüllte. Ihre Brust hob sich sanft, wie in leisem Schlummer, ihre Lippen lächelten und bewegten sich, als wollte sie etwas recht Angenehmes sagen.

Der Königssohn stand wie verzaubert und wusste nicht, was beginnen. Endlich aber, nachdem er wohl eine Viertelstunde so im Anschauen des herrlichen Bildes dagestanden, fasste er sich, beugte sich zu ihr herab und drückte auf ihre Lippen einen herzhaften Kuss.

Dornröschen war erlöst. Sie tat, als wüsste sie gar nicht, auf welche Weise sie erlöst worden, blinzelte eine Sekunde lang und schlug dann endlich die Augen ganz auf, die schönen großen blauen Augen. Dann sagte sie, indem sie die Hand vor den ein klein wenig gähnenden Mund hielt: »Sind Sie es, mein Prinz? Sie haben recht lange auf sich warten lassen, mein Prinz!«

Man konnte nicht angenehmer ausgezankt werden, und in der Tat war der Prinz ganz entzückt von dem Vorwurf, von dem vornehmen Gähnen, von ihrer schönen Hand, von ihren Augen, kurz von allem, was er sah, hörte, fühlte. Und er überlegte es sich nicht lange, sank vor ihr aufs Knie und erklärte ihr seine Liebe, was umso schöner klang, je ungeordneter, verwirrter es zum Vorschein kam.

Mittlerweile war, als Dornröschen die Augen aufgeschlagen, auch das ganze Schloss und alles, was mit ihr eingeschlafen, wieder erwacht, wie es sich für eine gute Dienerschaft ziemt. Jedermann ging an sein Amt und an seine Pflicht. Da aber die Herzen der Hofleute nicht so beschäftigt waren wie das Herz ihrer Herrschaft, machten sich ihre Magen, die hundert volle Jahre gefastet hatten, desto empfindlicher geltend.

Sie bellten förmlich vor Hunger, und die erste Hofdame war so hungrig wie der letzte Schweizer und Hundejunge, und sie stürzte ins Gemach der Liebenden und verkündete, dass die Suppe aufgetragen sei.

Der Königssohn half Dornröschen, deren Glieder noch immer etwas eingeschlafen waren, aus dem Bette. Sie war ganz angekleidet, wobei er bemerkte, dass ihre Toilette die größte Ähnlichkeit hatte mit der seiner seligen Großmutter. Aber er hütete sich, darüber ein Wörtchen zu verlieren. Er ging sogar so weit, ihre veraltete Tracht von anno dazumal auf feine Weise zu loben, was ihm in ihren Augen gewiss nicht schadete, obwohl sie tat, als läge ihr an solchen Kleinigkeiten wie Kleider und Putz nicht das allermindeste.

Zierlich ihre Hand fassend, führte er sie in einen großen Spiegelsaal, wo bereits die ganze Hofgesellschaft versammelt und ein gutes Nachtessen aufgetragen war. Geigen und Pfeifen spielten schöne alte Weisen auf, die Dornröschen wohl kannte, die dem Prinzen aber wie eine Musik aus einer andern Welt klangen. Nach Tische wurde der Hofprälat geholt und in der Hofkapelle das junge Paar zusammengetan, dann in ein Schlafgemach geführt, das einige alte Hofdamen mit besonderem Eifer rasch und zweckmäßig hergerichtet hatten, wobei diese Alten so heiter waren, als ob sie selbst Hochzeit machen sollten.

Märchen nach Charles Perrault

Die Rosenkönigin

Es war einmal ein König, der lebte sehr glücklich mit seiner schönen, tugendsamen Gemahlin, ein einziges Söhnlein war ihnen vom Himmel geschenkt und dieses war die Lust der Eltern. Doch nicht nur in des Königs hoher Familie war es so friedsam, sondern in seinem ganzen Lande, überall, auch in dem kleinsten Dörflein war Verdienst und Wohlstand, das Volk war zufrieden und freundlich. Einer weisen, milden Regierung erblühte Ordnung, Ordnung aber bringt Wohlstand, Zufriedenheit und Freundlichkeit.

Der gute König musste jedoch ein gar herbes Schicksal erfahren, seine liebe Gemahlin starb und ließ ihn einsam zurück, mit dem nun mutterlosen Prinzen. Tief trauerte der König und das ganze Land mit ihm. Auch das kleine fromme Kindesherz des Prinzen war sehr betrübt, denn es hatte mit aller kindlichen Liebe an seiner Mutter gehangen. Auf dem Sterbebette hatte sie ihn gesegnet und ihn noch scheidend zu allem Guten ermahnt, zum treuen Glauben an Gott, zur Liebe und Milde gegen alle Menschen.

»Und wenn du ein Jüngling worden bist«, waren ihre letzten Worte, »so wähle dir nur eine junge Frau guten Herzens zu deiner Gemahlin und ehre das Andenken deiner Mutter und ihrer letzten Worte.«

Dieses hatte einen tiefen Eindruck in das weiche Herz des Knaben gemacht, immerdar gedachte der Prinz seiner sterbenden Mutter, es kam ihm oft vor, als umschwebe sie ihn und lächle ihm selig zu. So wuchs der Prinz in frommer Sitte empor und wurde ein schöner, blühender Jüngling.

Doch das königliche Vaterauge war verblendet worden von einer fürstlichen, listigen Dame, die den Herrscher gar bald mit ihren erkünstelten Reizen also schlau zu fesseln wusste, dass er ihr nachgab und sie ihn völlig beherrschte. Bald fand das glänzende Hochzeitgelage statt.

Der bejahrte König, sonst so gut und milde, war zum alten Toren geworden und hatte sein Leben an ein listiges, böses Schlangenherz gekettet. Nur zu bald musste er die bittere Frucht seiner Torheit kosten, das böse Weib stiftete allenthalben Unheil an, erregte den Vater wider den Sohn und den Sohn wider den Vater und die Herrschaft wider die Diener, übte ihre frevle Verblendungskunst immer fort, so dass sie die Herzen alter und junger Männer für sich entflammte.

Eine kurze Zeit und das reuevolle Leben des Königs hatte geendet. Der Prinz wurde König und beherrschte das Volk mit der Klugheit und Milde, die überall zum wahren Wohle des Landes dient. Aber an ihm übte die arge Stiefmutter ihre Künste vergebens, er verachtete sie im Stillen und suchte sich immer in heilsamer Entfernung von ihr zu halten.