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Beschreibung

*** Auf dem FLIEGENDEN TEPPICH um die Welt: die schönsten Märchen endlich wieder lieferbar! *** Auf vielerlei Weise sind in den Märchen Krankheiten und ihre Heilung mit dem Übernatürlichen verbunden. In früheren Zeiten konnte man sich die Ursache für eine Krankheit oft nicht anders erklären als durch einen störenden Einfluss von außen: einen Wurm, ein Gift, einen Fluch oder als die Strafe Gottes. Auch bei der Heilung ging es meist nicht ohne Zauberei, Beschwörung, besonderes Heilwissen oder Wunder wirkende Substanzen.

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Seitenzahl: 194

Veröffentlichungsjahr: 2014

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Märchen von Krankheit und Heilung

Märchen der Welt

Herausgegeben von Stephan Marks

FISCHER E-Books

Inhalt

Vom übernatürlichen Ursprung von Krankheit und HeilungDie drei SchwesternEine probate KurDie Geschenke der SchönenMaria und die Mutter GottesDas Mädchen ohne HändeWie die Leute von Engano zu ihren Ärzten kamenDie HeilungWie ist der erste Soldat ins Himmelreich gelangt?Heilende weise FrauenDas singende klingende BäumchenDas kranke Nivaschi-WeibDer Prinz und das BauernmädchenWie sich die Tochter eines Kaisers in ein Lamm verwandelteDer Adlerkönig und die drei BrüderDie Frau, die den kranken König heilteÄrzte und WundärzteDer Weber und der TodMaroula und die Mutter des ÉrotasDoktor Paracelsus und der TeufelDie drei Soldaten und der DoktorWunder-heilende SubstanzenDie kranke PrinzessinDie beiden BrüderDie Königin von den drei goldenen BergenVon der wunderschönen Prinzeß, verwünscht im wilden Meer in der SteinklippeDie Tochter des SchweinehirtenVom König und seinen drei SöhnenNachwortQuellenhinweise

Vom übernatürlichen Ursprung von Krankheit und Heilung

Sowohl Krankheit als auch Heilung sind in den Mythen und Märchen verschiedenster Völker mit dem Übernatürlichen verbunden: Sie sind verursacht von Göttern oder Gott, Tod, Teufel oder anderen dämonischen Wesen.

Die drei Schwestern

Ein Vater hatte drei Töchter, die wohnten in einem schönen Haus nahe am Palast eines Königs. Einmal traf es sich, daß der Vater wichtiger Geschäfte halber verreisen mußte. Der König hatte einen Sohn, der war ein junger schöner Prinz, welcher, nachdem der Vater verreist war, den drei Mädchen melden ließ, er werde zu ihnen auf Besuch kommen. Bevor die Stunde schlug, zu welcher er kommen sollte, kleideten sich alle drei prächtig, und die beiden älteren richteten es so ein, daß die jüngste sich in die Mitte setzen mußte; denn auf diese Weise, dachten sie, muß der Prinz neben einer von uns sitzen. Als aber der Prinz kam, setzte er sich dennoch in die Mitte neben die jüngste, weil sie die schönste und liebenswürdigste war, und sie redeten lange von allerlei Dingen.

Der Prinz versprach am folgenden Tag wiederzukommen, und die beiden älteren Schwestern richteten es so ein, daß Marie – so hieß nämlich die jüngste – sich auf die Seite setzen mußte; doch auch diesmal setzte sich der Prinz neben sie und tat so bei jedem Besuch. Einmal versteckten die beiden älteren alle schönen Kleider von Marie, und sie mußte im einfachen Hauskleid vor dem Prinzen erscheinen; aber zum Ärger der beiden sprach er gerade diesmal viel mehr und viel freundlicher mit Marien als sonst, und es war unzweifelhaft, daß seine Besuche hauptsächlich nur ihr galten.

»Wie, soll die jüngste von uns noch einmal Königin werden und nicht ich oder du?« sagten die beiden älteren Schwestern öfters eine zur andern, und ergrimmt sannen sie auf böse Anschläge gegen Marien.

Sie hatten eine alte Magd im Hause, welche eine Hexe war, diese riefen sie eines Abends zu sich und fragten sie: »Wen liebst du mehr, uns beide oder unsere jüngste Schwester?«

»O gewiß euch beide«, antwortete die Magd.

Da befahlen sie ihr, Marien am kommenden Morgen in den Wald zu führen, um Erdbeeren zu pflücken. »Führe sie recht weit hinein«, sagten sie; »dann laß sie allein, damit sie den Rückweg nicht mehr findet. Wir wollen indessen einen Sarg machen und denselben in eine Grube versenken lassen; sobald der Vater kommt, werden wir ihm sagen, Marie sei gestorben, und wenn er es nicht glaubt, so lassen wir die Grube wieder öffnen und zeigen ihm den Sarg.«

Am folgenden Morgen ging Marie mit der Magd in den Wald, um Erdbeeren zu pflücken. Sie kamen immer tiefer in denselben hinein, und während Marie eifrig die schönen roten Beeren pflückte, entfernte sich die Magd unbemerkt und ging nach Hause. Marie weinte und rief, aber vergebens. Den ganzen Tag irrte sie hin und her und statt einen Ausweg zu finden, geriet sie nur immer tiefer hinein in den pfadlosen dunkeln Wald voll hoher Bäume, deren Äste keinen Sonnenstrahl auf den feuchten moosigen Boden dringen ließen. Ganz müde und verzweifelt setzte sie sich auf die weit auslaufende Wurzel einer hundertjährigen Tanne und ergab sich weinend in ihr bitteres Schicksal. Doch auf einmal sah sie einen ehrwürdigen Greis mit langem weißen Barte vor sich, welcher sie freundlich fragte, wie sie hierhergekommen sei.

Sie erzählte ihm alles. Da sagte er: »Mein Kind, deine Schwestern haben aus Neid diesen boshaften Anschlag gegen dich ausgesonnen, und sie würden dich nur um so sicherer verderben, wenn du auch den Rückweg fändest. Bleibe bei mir, da sollst du ein stilles und einsames, aber glückliches Leben führen!«

Marie willigte freudig ein, und der Greis führte sie in sein Häuschen, welches mitten im Wald stand. Da blieb sie nun bei ihm; der kluge Alte wußte ihr viel zu erzählen und behandelte sie liebevoll wie ein Vater und ehrerbietig, als wäre sie eine Königin. Marie blieb nur zeitweilig allein, sooft er nämlich wegging, um Holz zu sammeln oder Lebensmittel zu holen; er verbot ihr aber, in seiner Abwesenheit irgend jemandem die Tür zu öffnen.

Die beiden Schwestern aber erfuhren dennoch, daß Marie noch lebe und wo sie sei. Voll Zorn befahlen sie der Magd, verkleidet mit einem Korb voll behexter Sachen zum Häuschen in den Wald zu gehen und diese Marien zum Kauf anzubieten.

Als nun eines Tages der Alte fortgegangen und Marie allein zu Hause war, kam eine Frau mit einem Korb und rief: »Kauft Ringe, Nadeln, Zwirn, schöne und wohlfeile Ware!« Marie wollte zwar anfangs nicht aufmachen; die Frau aber wußte ihr so lange zuzureden, daß sie endlich die Tür öffnete, um sich die Sachen anzusehen. Am besten gefiel ihr ein Ring; als sie ihn aber an den Finger gesteckt hatte, fiel sie wie tot zu Boden, und die Magd – denn diese war die Frau – machte sich aus dem Staub.

Als der Alte nach Hause kam und Marien wie tot daliegen sah, erschrak er sehr, ahnte aber bald, was da vorgefallen sein müsse. Er bemerkte sogleich, daß ein Finger an einer Hand geschwollen sei und zog den Ring ab. Marie erwachte wie aus einem tiefen Schlaf und erzählte dem Alten alles, was vorgefallen war. Er warnte sie wieder und verbot ihr von neuem, in seiner Abwesenheit jemandem die Haustür zu öffnen.

Die beiden Schwestern aber erfuhren, daß Marie noch lebe und schickten die Magd wieder in den Wald. Eines Tages war der Alte eben ausgegangen und Marie allein zu Hause; da kam wieder eine Frau, die aber ganz anders aussah als die frühere und auch andere Sachen, nämlich nur Kleidungsstücke verkaufte. Marie ließ sie lange pochen und rufen, endlich aber blickte sie doch heraus, und als sie all die schönen Dinge sah, vergaß sie das Verbot des Alten und öffnete die Tür. Unter anderen Dingen war da ein hübsches Schnürleibchen, das mußte ihr anstehen wie angegossen, und sie legte es sogleich an. Kaum hatte sie es am Leibe, als sie wieder wie tot zu Boden fiel; die böse Verkäuferin aber entfloh, so schnell ihre Füße sie trugen. Mit Schrecken sah der Alte, als er zurückkam, Marien wie tot auf dem Boden und untersuchte sie sogleich. Er zog ihr das Schnürleibchen aus, und Marie erwachte abermals wie aus einem tiefen Schlaf. Noch eindringlicher als zuvor wiederholte der Alte seine Warnung und sein Verbot.

Indessen war auch der Vater nach Hause gekommen und vergoß bittere Tränen, als ihm die beiden Töchter sagten, seine liebe Marie sei gestorben. Es verging einige Zeit; da erfuhren sie, daß Marie doch noch lebe. Voll Zorn riefen sie die Magd und sagten: »Geh hin und verstelle dich, wie du nur kannst, damit sie dir die Tür öffne. Dann sieh, daß sie sich von dir kämmen läßt, und wenn du sie kämmst, stoß ihr diese verhexte Nadel in den Kopf, die wird der Alte gewiß nicht finden.«

Marie war eines Tages wieder allein zu Hause und blickte eben zum Fenster heraus; da sah sie ganz nahe eine Alte, die schleppte sich mühsam an einem Krückstock weiter und brach endlich kraftlos in sich zusammen. Marie lief sogleich hinaus, hob die Alte auf, führte sie in das Häuschen und erquickte sie mit Speise und Trank. Bald gewann die Alte ihre Kräfte wieder und dankte Marien herzlich. »Oh, wenn ich Euch nur auch einen Gefallen tun könnte, mein gutes Kind!« sagte sie. »Ich sehe, daß Eure schönen Haare zerzaust sind, ich will sie Euch recht schön kämmen und flechten!«

Marie widerstrebte, aber endlich ließ sie es geschehen. Die Magd – denn diese war die Alte – stieß die Nadel in den Kopf und eilte hinweg. Der Alte kam und sah Marien wie tot auf dem Boden. Er untersuchte sie am ganzen Leibe, aber er konnte nichts finden. Da wurde er sehr traurig und beschloß, das schöne Mädchenbild – denn einer Leiche sah sie nicht gleich, sondern nur einer Schlafenden – im Hause zu behalten. Er legte sie schön gekleidet auf ein Bett, kaufte in der Stadt viele große Kerzen und stellte deren vier um das Bett, wo er sie Tag und Nacht brennen ließ.

Einmal ging der Königssohn auf die Jagd und verirrte sich im Wald. Da kam er auch am Häuschen vorbei und sah darin die brennenden Kerzen. Voll Neugierde blickte er durch das Fenster und sah das schönste Mächen wie schlafend auf dem Bett ruhen. Als der Alte die Türe geöffnet hatte, ging er hinein und konnte sich an der schönen schlafenden Leiche gar nicht satt sehen. Mit tausend Bitten und Versprechungen drang er in den Alten, ihm die schöne Schläferin zu überlassen, aber da war alles vergebens, und der Königssohn ging traurig nach Hause. Doch schon am folgenden Tage kam er wieder mit seinen Dienern, welche kostbare Geschenke trugen und erneuerte seine Bitten. Endlich gab der Alte mit Tränen nach, nicht der Geschenke wegen, sondern weil er dem Sohne des Königs diese Gefälligkeit nicht länger verweigern konnte.

Die schöne schlafende Leiche wurde in das königliche Schloß in der Stadt gebracht; dort ließ sie der Prinz prachtvoll bekleidet in einem eigens verfertigten kostbaren Glasschrank aufstellen. Stundenlang stand er oft vor dem schönen Bilde, konnte sich daran gar nicht satt sehen und wurde doch immer so traurig dabei. Er ließ auch niemanden, selbst seine eigene Mutter nicht in das Zimmer treten und behielt den Schlüssel zu demselben stets bei sich.

Einmal ging der Prinz weit fort auf die Jagd; da übergab er vor der Abreise den Schlüssel seiner Mutter mit dem Auftrag, das Zimmer nie, außer nur im dringendsten Notfalle, zu betreten. Als er fort war, konnte die Königin ihrer Neugierde nicht widerstehen und trat in das Zimmer. Mit großem Staunen sah sie das schöne Bild im Glaskasten, öffnete ihn und nahm es heraus. »Oh, was für ein schönes Mädchen!« rief sie ein über das andere Mal, »sie ist nicht tot und doch nicht lebendig, was es doch sein mag? Und was für prächtige Haare sie hat!« fügte sie bei und wühlte mit der Hand in den Haaren des Bildes. Da fühlte sie etwas Hartes und sah, daß es der Kopf einer großen Nadel sei. Sie zog dieselbe langsam heraus, und in demselben Augenblick erwachte Marie aus ihrem Zauberschlafe. Erschrocken blickte sie um sich, die Königin aber redete ihr freundlich zu, und Marie erzählte ihr alles.

Zu derselben Zeit kam auch der Prinz wieder nach Hause, und die Königin befahl Marien, sich schnell zu verbergen. Er trat ins Zimmer, und seine ersten zornigen Blicke fielen auf seine Mutter und auf den Glaskasten. »Wo ist das Bild?« rief er voll Zorn, als er den Kasten leer fand. Die Königin gebot ihm Ruhe; da unterdrückte er die Aufwallung des Zornes, brach aber in heiße Tränen des Schmerzes aus. Nun gab die Königin ein Zeichen, und Marie trat aus ihrem Versteck hervor dem Prinzen entgegen. Dieser wußte sich anfangs vor freudigem Schrecken nicht zu fassen, erkannte aber Marien bald wieder und umarmte sie als seine Braut.

Und nun hat unsere Geschichte ein trauriges und ein fröhliches Ende. Das traurige ist, daß die beiden älteren Schwestern sogleich geholt und ihnen auf Befehl des Königs die Häupter abgeschlagen wurden; die böse Magd wurde als Hexe öffentlich verbrannt. Sodann aber wurde eine fröhliche Hochzeit gehalten; »mir aber haben sie auch nicht einen Bissen vom Mahl gegeben, sondern nur ein Bein nachgeworfen, daß mir der Rücken davon noch jetzt weh tut.«

[Märchen aus Wälschtirol]

Eine probate Kur

Richard hatte den Beinamen »der Taugenichts« nicht ohne Grund erhalten; denn wenn sich sein Vater und sein Bruder auf dem Feld abquälten, hielt er sich in den Wirtshäusern auf und vertrank und verspielte alles bis auf den letzten Rock. Seine größte Freude bestand jedoch im Tanzen, worin er solche bewundernswerte Geschicklichkeit erlangt hatte, daß ihm seine Verwandten vieles hingehen ließen, wenn er ihnen abends eine Vorstellung gab, wozu er übrigens auch stets bereit war.

Als er nun eines Abends die große Stalltür ausgehoben und in den unebenen Hof gelegt und eben angefangen hatte, darauf einige kunstreiche Sprünge zu machen, brach er plötzlich mit einem lauten Schrei zusammen und war von diesem Augenblick an so kraftlos, daß er ins Bett getragen werden mußte. Alle Quacksalber des ganzen Dorfes kamen herbei und probierten ihre Künste an ihm, ohne ihm jedoch Linderung zu verschaffen und zuletzt sagte einer: »Das ist kein gewöhnlicher Mensch; das ist ein Wechselbalg!«

Und so schien es auch; denn aus dem lebenslustigen, jungen Mann war im Laufe weniger Stunden ein unausstehlicher, griesgrämiger und verhutzelter Kerl geworden, der alles Eßbare, das vor ihn kam, mit einem wahren Heißhunger verschlang. Seine Verwandten waren rat- und trostlos; doch da kam eines Tages ein Schwarzkünstler zu ihnen, hing einen Dudelsack an das Bett des Unglücklichen und sagte ihnen heimlich, daß, wenn sie ihn auf demselben spielen hörten, es sicher wäre, daß sie einen Wechselbalg vor sich hätten und nicht den Richard, der ja nicht spielen könne.

Doch der Kranke war ebenso schlau und ließ das Instrument ruhig hängen. Aber endlich verrechnete er sich doch. Da es nämlich wunderschönes Wetter war, und er glaubte, alle seien auf dem Feld, holte er den Dudelsack herbei und musizierte nach Herzenslust. Seine Verwandten aber standen nebst einem Teufelsaustreiber und dessen Frau in der Küche und hörten dies alles mit an.

»Was sollen wir mit diesem Halunken anfangen?« fragte die Frau.

»Wir nehmen ihn am Kragen und halten ihn mit dem Kopf so lange ins Wasser, bis er das Atmen vergißt!« erwiderte der Zauberer.

»Das wäre eine zu leichte Strafe. Ich will eine große eiserne Schaufel heiß machen und ihn darauf setzen!«

»Ich will lieber die Zange ins Feuer legen und ihm, wenn sie heiß ist, die Nase damit zwicken!«

»Halt! Ich weiß etwas Besseres! Ich gebe ihm einen Schluck aus meiner Medizinflasche, und er wird bald den Winter und die Hölle abwechselnd in seinem Magen spüren!«

»Gut. Laß uns hineingehen!«

Doch als sie in die Stube traten, war der Wechselbalg verschwunden und nirgends mehr zu sehen. Dafür aber sah der Teufel zum Fenster herein, und als der Zauberer mit der glühenden Zange nach ihm schlug, verschwand auch er unter gräßlichem Lachen.

Am nächsten Morgen fand man Richard gesund und munter in seinem Bett. Aber ein Taugenichts war er nicht mehr; denn keiner arbeitete jetzt fleißiger und las eifriger im Gebetbuch als er.

[Märchen aus Irland]

Die Geschenke der Schönen

Einem Mann war die Frau gestorben und hatte ihm ein Töchterchen hinterlassen. In der Nachbarschaft lebte aber eine Witwe, die hatte auch eine kleine Tochter, die spielte immer mit jenem Mädchen. Da sagte die Witwe eines Tages zu dem Töchterchen des Mannes: »Sage deinem Vater, er solle mich zur Frau nehmen; dann will ich dir eine gute Mutter sein; ich will dir jeden Morgen ›Biegelchen‹ zum Frühstück geben.«

Das kleine Mädchen bat nun seinen Vater so lange, bis er die Nachbarin nahm; die aber hielt ihr Wort nur einige Morgen; sie gab dem kleinen Mädchen zwar auch forthin »Biegelchen« aber »birkene« zum Frühstück, d.h. sie schlug es mit Birkenruten, wenn es nicht mit einem Stückchen verschimmelten Brotes oder kalten »Palukes« vorliebnahm. Ihrer Tochter aber gab sie immer frische »Eierbiegelchen«. Da weinte das arme Mädchen, und wenn es seinem Vater klagte, so ging es ihm noch schlimmer; die Stiefmutter schlug es dann um so mehr, wenn sein Vater fortgegangen war.

Bald aber wollte die Stiefmutter das Mädchen ganz und gar verderben, weil es ihr zuviel aß und zuviel brauchte. Darum schickte sie dasselbe eines Morgens zu dem See, in dem die Schönen badeten. Kein Menschenkind durfte nahekommen; wagte es ja einmal ein Vorwitziger und wollte die Schönen sehen, so zogen sie ihn in die Tiefe, und er kam nicht wieder. Das arme Kind ging aber ohne Furcht hin, und die Wasserjungfern taten ihm nichts; denn sie sahen, daß ein Leid es drücke. Sie fragten es vielmehr mitleidig, wer es sei und was es so traurig mache.

Das Mädchen erzählte alles treuherzig, wie die böse Stiefmutter es quäle. Da erbarmten sich die Schönen, und als das »Armchen« sich Wasser geschöpft hatte und fortgehen wollte, zogen sie ihm ein schönes neues Kleid an, und jede gab ihm noch einen Heilsegen mit auf den Weg: »Wo du gehst, sollen Blumen sprießen«, sagte die erste. »Wenn du sprichst, soll es angenehm duften!« die zweite. »Wenn du dich wäschst, soll ein Goldstück in der Schüssel sein!« die dritte.

Als das Mädchen heimkehrte, machte die Stiefmutter große Augen, und es war ihr nicht recht. Als sie aber von den Geschenken hörte und sich auch bald überzeugte, daß alles Wahrheit sei, wurde sie ganz grün vor Neid und dachte: »Deine Tochter verdient noch viel mehr!« Am anderen Morgen kleidete sie dieselbe schön an und schickte sie auch zu dem See.

Die Schönen kamen hinzu und fragten zornig, wer sie sei und was sie suche. Jetzt tat sie ganz vornehm und stolz, log und sagte, sie sei eine Edeljungfrau, und sie wolle noch schönere Geschenke, als sie dem Bettelmädchen gegeben hätten. Da trübte sich auf einmal das Wasser, und die Schönen spritzten mit Kot auf das Mädchen, also daß es auf einmal ganz besudelt war und triefend heimlief. Jede gab ihm noch einen Fluchsegen mit: »Wo du gehst, sollen Dornen wachsen!« sprach die erste. »Wenn du sprichst, soll es stinken!« die zweite. »Wenn du dich wäschst, soll eine garstige Kröte in der Schüssel sein!« die dritte.

Als sie zu Hause ankam, und ihre Mutter sie sah in solchem Aufzug und die Tochter heulend erzählte, wie es ihr ergangen und von dem Fluchsegen, da ließ sie all ihr Gift gegen das Stiefkind aus. Von nun an hatte das keinen guten Tag mehr; fortjagen wollte sie es aber nicht des Goldstückes wegen, das sie selbst jeden Morgen aus der Schüssel nahm.

Nach einiger Zeit hörte der junge König von den Wundergaben des armen Mädchens und sagte: »Das und kein anderes soll meine Ehegemahlin werden!« Er schickte einen prächtigen Wagen und schöne Kleider hin, um es abholen zu lassen.

Die Stiefmutter aber hatte sich gleich einen boshaften Plan ausgedacht; sie setzte sich mit ihrer häßlichen Tochter auch in den Wagen, und auf dem Weg stachen sie der Königsbraut die Augen aus und warfen sie in einen Sumpf am Wege, ohne daß es der Kutscher merkte. Dann zog die häßliche Tochter der Stiefmutter die Brautkleider an, und so gelangten sie an die Burg. Der junge König kam ihnen entgegen, hob die vermeintliche Braut aus dem Wagen und rief: »Bist du es, nach der mein Herz verlangt?«

»Ja, ja!« sprach sie, sonst nichts mehr. Da verbreitete sich ein entsetzlicher Gestank, daß dem König übel wurde. Als die falsche Braut im Schloßhof so hinging, da schossen gleich zwischen den Steinen Dornen empor, daß man nur mit Not fortkommen konnte.

»Was ist das?« rief der junge König verwundert. »Sind das die Gaben meiner Braut?«

»Das ist von der Anstrengung der Reise!« sprach die böse Mutter, »es wird schon anders werden, nur muß die Braut eine Zeitlang allein bleiben!« Da schloß sich die Alte mit ihrer Tochter in ein Gemach ein, und als diese am nächsten Morgen sich wusch, goß die Alte selbst das Wasser aus, damit niemand die garstige Kröte bemerkte.

Unterdessen war das geblendete arme Mädchen aus dem Sumpf herausgekrochen und war unter einen Baum am Weg gekommen, und da es ganz müde geworden, war es sogleich eingeschlafen. Als es erwachte, wußte es nicht, ob es Tag oder Nacht war, und es fing laut an zu jammern; da kamen drei ganz weiße Schwäne herangeflogen, die hörten die Klage und setzten sich auf den Baum und sprachen: »Du armes Kind, benetze deine Augenhöhlen mit dem Morgentau, der auf den Baumblättern liegt!«

Kaum war das geschehen, so hatte es frische Augen und sah noch weit besser als zuvor. Nun sah es auch, daß es schon lichter Tag war und daß die Leute aufs Feld gingen. Es machte sich auf und wandelte auf der Landstraße fort und kam gegen Mittag zu der Königsburg. Überall aber standen die Leute still, sahen das Mädchen an und staunten; denn auf dem ganzen Weg hinter ihr wuchsen die schönsten Blumen, und wie sie so freundlich die Leute grüßte, verbreitete sich der angenehmste Duft. Als man dem jungen König meldete, es sei eine Bettlerin draußen, rief er freudig: »Das ist keine Bettlerin, daran erkenne ich meine liebe Braut. Auf, macht die Tore weit und führt sie herein zu mir!” Er eilte aber selbst hinaus ihr entgegen, herzte und küßte sie.

Die Bosheit der Stiefmutter und ihrer häßlichen Tochter kam nun an den lichten Tag. Der König ließ beide in ein Faß einschließen, das inwendig ganz mit Nadeln beschlagen war, und sie von einem Berg ins Meer hinabrollen. Dann aber feierte er eine glänzende Hochzeit, und das arme Mädchen war jetzt die liebste und glücklichste Königin.

[Märchen aus Siebenbürgen]

Maria und die Mutter Gottes

Da waren mal ein Mann und eine Frau, und die hatten schon so viele Kinder, daß sie nicht wußten, wo sie sie lassen sollten. Und mit Eins wurde wieder ein Kind geboren, und das war ein Mädchen.

Da nahm der Mann eine Lischke, steckte das Kind herein und ging damit in den Wald.

Als er wieder nach Hause gegangen war, kam die Mutter Gottes an der Lischke vorbei und sah nach, was drin wäre; und da sah sie das Kind und erbarmt’ sich und sagte: »Du sollst Maria heißen!« und nahm es mit sich in den Himmel.

Dort wuchs das Kind auf und gedieh sehr gut. Als es dreizehn Jahre alt war, mußte die Mutter Gottes verreisen und sagte vorher: »Liebes Kind, du kannst im ganzen Himmelreich umhergehen; nur in die neunte Stube darfst du nicht gehen! Versprich mir, daß du gehorsam sein willst!«

Das Mädchen versprach das wohl, aber als die Mutter Gottes kaum weg war, lief es durch den ganzen Himmel und sah in alle Stuben herein und zuletzt auch in die neunte. Da saß grad ein Engel vor einer großen Teine und wusch sich die Füße. Die Maria steckte rasch den Finger in das Wasser und lief dann fort. Aber nun kam sie in große Angst, denn der Finger war lauter Gold, und was sie auch anstecken mochte, – das Gold ging nicht ab. Sie steckte den Finger in den Sand und scheuerte und scheuerte, aber es half doch nichts.

Als nun die Mutter Gottes nach Hause kam, fragte sie: