Märchen von Mut - Hans Christian Andersen - E-Book

Märchen von Mut E-Book

Hans Christian Andersen

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Beschreibung

Drei Märchen vom Mut und der unstillbaren Neugier ihrer kleinen Protagonisten: Blumen, die mit der kleinen Ida auf nächtlichen Bällen tanzen, ein winziges Mädchen, das aus einer Blume entspringt und einige Hürden überwinden muss, bis sie ihr Glück findet, und ein Sandmann, der den kleinen Friedrich auf nächtliche Entdeckungsfahrten mitnimmt! Andersen entführt uns in die kunterbunte, fröhliche, aber manchmal auch bedrohliche Welt der sprechenden Tiere und Blumen und lässt dabei nicht nur die mutigen Kinder in diese verborgenen Welten eintauchen.Hans Christian Andersens Märchen haben über Generationen hinweg Groß und Klein gleichermaßen auf der ganzen Welt lieben gelernt. Sei es das hässliche Entlein, die Prinzessin auf der Erbse oder der standhafte Zinnsoldat – wir alle kennen sie und haben mit ihnen gelitten, gebangt und uns gefreut. Andersens 156 Märchen sind heute in mehr als 160 Sprachen erhältlich.

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Seitenzahl: 52

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Hans Christian Andersen

Märchen von Mut

Saga

Märchen von Mut Die Blumen der kleinen Ida, Däumelinchen, Der SandmannCoverbild/Illustration: Shutterstock Copyright © 1835, 1841, 2019 Hans Christian Andersen und SAGA Egmont All rights reserved ISBN: 9788726396607

1. Ebook-Auflage, 2019

Format: EPUB 2.0

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit Zustimmung von SAGA Egmont gestattet.

SAGA Egmont www.saga-books.com und Lindhardt og Ringhof www.lrforlag.dk

– a part of Egmont www.egmont.com

Die Blumen der kleinen Ida

Meine armen Blumen sind ganz verwelkt!“ sagte die kleine Ida. „Sie waren so schön gestern abend, und nun hängen alle Blätter vertrocknet da! Warum?“ fragte sie den Studenten, der im Sofa sass, denn sie mochte ihn sehr gern leiden; er wusste die allerschönsten Geschichten und schnitt belustigende Bilder aus: Herzen mit kleinen Damen darin, welche tanzten, Blumen und grosse Schlösser, woran man Türen öffnen konnte; es war ein munterer Student! „Warum sehen die Blumen so jämmerlich aus?“ fragte sie wieder, und zeigte ihm einen Strauss, welcher ganz vertrocknet war.

„Ja, weisst du, was ihnen fehlt?“ sagte der Student. ,,Die Blumen sind diese Nacht auf dem Ball gewesen, deshalb lassen sie heute die Köpfe hängen.“

„Aber die Blumen können ja nicht tanzen!“ sagte die kleine Ida.

„Jawohl,“ sagte der Student, „wenn es dunkel wird und wir andern schlafen, dann springen sie lustig umher; fast jede Nacht halten sie Ball.“

„Können Kinder mit auf diesen Ball kommen?“

„O ja,“ sagte der Student, „ganz kleine Gänseblümchen und Maiblümchen.“

„Wo tanzen die schönen Blumen?“ fragte die kleine Ida.

„Bist du nicht oft vor dem Tore bei dem grossen Schlosse gewesen, wo der König im Sommer wohnt und der herrliche Garten mit den vielen Blumen ist? Du hast ja die Schwäne gesehen, welche zu dir hinschwimmen, wenn du ihnen Brotkrumen geben willst. Glaube mir, da draussen ist grosser Ball.“

„Ich war gestern mit meiner Mutter draussen im Garten,“ sagte Ida, „aber alle Blätter waren von den Bäumen, und da war durchaus keine Blume mehr! Wo sind sie? Im Sommer sah ich viele!“

„Sie sind drinnen im Schlosse!“ sagte der Student. „Wisse, sobald der König und alle Hofleute zur Stadt ziehen, dann laufen die Blumen gleich aus dem Garten in das Schloss und sind lustig. Das solltest du sehen. Die beiden allerschönsten Rosen setzen sich auf den Thron, und dann sind sie König und Königin, alle die roten Hahnenkämme stellen sich zu beiden Seiten auf und stehen und verbeugen sich, das sind die Kammerjunker. Dann kommen die niedlichsten Blumen, und dann ist da grosser Ball; die blauen Veilchen stellen kleine Seekadetten vor, sie tanzen mit Hyazinthen und Krokus, welche sie Fräulein nennen. Die Tulpen und die grossen Feuerlilien sind alte Damen, die sorgen dafür, dass hübsch getanzt wird und dass es ordentlich zugeht!“

„Aber,“ fragte die kleine Ida, „ist da niemand, der den Blumen etwas zuleide tut, weil sie in des Königs Schloss tanzen?“

„Es weiss eigentlich niemand davon!“ sagte der Student. ,,Zuweilen kommt freilich in der Nacht der alte Schlossverwalter, welcher dort draussen aufpassen soll, mit seinem grossen Bund Schlüssel, aber sobald die Blumen die Schlüssel rasseln hören, sind sie ganz still, verstecken sich hinter den langen Vorhängen und stecken den Kopf hervor. „Es riecht hier nach Blumen,“ sagt der alte Schlossverwalter, „aber sehen kann er sie nicht.“

„Das ist lustig!“ sagte die kleine Ida und klatschte in die Hände. „Aber würde ich die Blumen auch nicht sehen können?“

„Ja,“ sagte der Student, „denke nur daran, wenn du wieder hinauskommst, dass du an das Fenster siehst, so wirst du sie schon gewahr werden. Das tat ich heute, da lag eine lange, gelbe Lilie im Sofa und streckte sich; das war eine Hofdame!“

„Können auch die Blumen aus andern Gärten dahin kommen? Können sie den weiten Weg machen?“

„Ja gewiss!“ sagte der Student, „denn wenn sie wollen, so können sie fliegen. Du hast die schönen Schmetterlinge gesehen, die roten, gelben und weissen, die sehen fast aus wie Blumen; das sind sie auch gewesen. Sie sind vom Stengel ab hoch in die Luft geflogen, und haben da mit den Blättern geschlagen, als wenn es kleine Flügel wären, und da flogen sie. Weil sie sich gut aufführten, bekamen sie die Erlaubnis, auch bei Tage umherzufliegen, brauchten nicht zu Hause und still auf dem Stiel zu sitzen, und da wurden die Blätter am Ende zu wirklichen Flügeln. Das hast du ja selbst gesehen. Es kann übrigens sein, dass die Blumen eines Gartens noch nie im Schlosse des Königs gewesen sind, oder nicht wissen, dass es dort nachts so munter hergeht. Deshalb will ich dir etwas sagen! Dann wird er recht erstaunen, der Lehrer, welcher hier nebenan wohnt, du kennst ihn ja wohl? Wenn du in seinen Garten kommst, musst du einer der Blumen erzählen, dass draussen auf dem Schlosse grosser Ball ist, dann sagt diese es allen andern wieder, und sie fliegen fort. Kommt dann der Lehrer in den Garten hinaus, so ist nicht eine einzige Blume da, und er kann nicht begreifen, wo sie geblieben sind.“

„Aber wie kann es die Blume den andern erzählen? Die Blumen können ja nicht sprechen!“

„Nein, das können sie freilich nicht!“ erwiderte der Student, „aber dann geben sie sich Zeichen! Hast du nicht oft gesehen, dass, wenn es ein wenig weht, die Blumen sich beugen und alle die grünen Blätter bewegen? Das ist ebenso deutlich, als ob sie sprächen!“

„Kann der Lehrer denn die Zeichen verstehen?“ fragte Ida.

„Ja, sicherlich! Er kam eines Morgens in seinen Garten und sah eine grosse Brennessel stehen und mit ihren Blättern einer schönen, roten Nelke Zeichen geben. »Du bist niedlich, und ich bin dir gut,« sagte sie, aber dergleichen kann der Lehrer nicht leiden, und schlug sogleich der Brennessel auf die Blätter, denn das sind ihre Finger, aber da brannte er sich, und seit der Zeit wagt er es nicht, eine Brennessel anzurühren.“

„Das ist lustig!“ sagte die kleine Ida und lachte.