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Beschreibung

*** Auf dem FLIEGENDEN TEPPICH um die Welt: die schönsten Märchen endlich wieder lieferbar! *** In vielen Volksmärchen wird gespielt und getanzt. Turniere und Bälle gehören zur höfischen Lebensart. Dabei verbreiten Musik und Rhythmus nicht selten einen magischen Zwang, der die Seele beschwingt und zugleich in Gefahr bringt. Allzu leichtfertig wird das Seelenheil verwirkt, wenn der Teufel aufspielt.

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Seitenzahl: 238

Veröffentlichungsjahr: 2014

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Märchen von Spiel und Tanz

Märchen der Welt

Herausgegeben von Helga Volkmann

FISCHER E-Books

Inhalt

SpielDer Sohn der ersten Frau und der Sohn der zweiten FrauDer TeufelkönigDer schwarze SchloßherrDie hilfreichen TiereDer Mann, der das Fürchten lernen wollteDer TotenarmDer Knabe, der mit dem Riesen wetteteDas Rätsel des SchäfersDer kleine SchweinehirtDer goldene BallDer Junge, der von den Feen zurückkamDer Prinz mit den goldenen HaarenTanzDie Elfen von KnockgraftonDie kleinen Leute von der SandbankVon drei Jünglingen, die drei Feen begegneten, und was die Gaben der Feen ihnen brachtenDer Kapitän und die NereidenEine Samodiva versorgt weder Haus noch KindDie Elfin als HausfrauDie Prinzessin von ÖsterreichDer VampirDer Teufel in der MühleDie ZwerchpfeifeDie Gaben des UnholdsDie HexenDas tanzende LammDer Musikant in der HölleDie Geburtsmale der PrinzessinAschengrübelHolzmariaNachwortQuellenverzeichnis

Spiel

Der Sohn der ersten Frau und der Sohn der zweiten Frau

Es war einmal – und wenn es nicht gewesen wäre, so könnte ich es nicht erzählen – ein reicher Schafzüchter, der besaß viele Herden. Dazu hatte er eine Frau und einen Sohn. Als sein Sohn noch ein kleines Kind war, starb seine Frau.

Nach einer Weile hat er sich eine zweite Frau gesucht und hat wieder geheiratet. Und es dauerte nicht lange, da hat er auch von der zweiten Frau einen Sohn gehabt.

Als der ältere Sohn, der Sohn der ersten Frau, alt genug war, gab er ihm einen Teil seiner Herde und schickte ihn damit fort zum Weiden. Der Sohn der ersten Frau war ein schlechter Mensch, denn man hatte ihm bei der Taufe keinen guten Paten gegeben, sondern einen schlechten, einen fremden Kaufmann, der von Gott-weiß-woher stammt und seine Geschäfte treibt. Der Bursche zog mit seiner Herde am Haus des Kaufmanns vorbei. Der schaut aus dem Fenster heraus: »He, Patensohn!«

»He, Onkelchen!«

»Willst du nicht hereinkommen?«

Statt auf die Weide zu gehen, treibt der Bursche die Schafe in den Stall des Onkels, geht ins Haus und beginnt, mit seinem Paten zu trinken.

Trinken macht hungrig: Man geht und schlachtet ein Schaf. Und wenn das Schaf aufgegessen ist, schlachtet man wieder eins und dann noch eins. Nach sieben Wochen hatten sie die Herde aufgegessen und den Wein ausgetrunken. Nun bekam es der Bursche mit der Angst. »Wenn ich ohne Schafe heimkomme, wie wird mich mein Vater prügeln!«

»Mach dir keine Sorgen«, sagt der Kaufmann, »wenn du den Fluß aufwärts durch den Wald gehst, kommst du zu einem Hirten, der hat eine so große Herde, daß einer sie eigentlich nicht hüten kann. Wenn du es geschickt anstellst, kannst du ihm viele seiner Schafe stehlen, ohne daß er es überhaupt merkt.« Und er rät ihm, wie er das anstellen soll.

Der Bursche geht zu dem Hirten. »He, Alter«, spricht er zu ihm, »soll ich dir helfen, deine Schafe zu hüten?«

»Eigentlich brauche ich niemanden«, sagt der alte Hirte, »denn ich komme mit meinen Schafen ganz gut zurecht. Aber weil du nun schon einmal da bist und weil man in Gesellschaft besser lebt: Wenn du willst, so bleib hier!«

Der Sohn der Ersten blieb also da. Einige Zeit ging es ganz gut. Aber dann dachte der Bursche daran, was ihm der Böse eingegeben hatte. Und eines Abends zieht er aus seinem Sack eine Flasche Wein heraus und sagt: »He, Alter, wollen wir ein Gläschen trinken?«

Sie setzen sich zusammen und trinken, und der Alte, der den Wein nicht gewöhnt ist, bekommt einen Rausch und schläft ein. Das ist die Zeit für den Bösen. Der Sohn der Ersten zieht sein Messer und sticht dem Alten beide Augen aus. Dann nimmt er von den Schafen so viele, wie er treiben kann, und zieht mit ihnen davon. Er treibt die Schafe heim, und als ihn der Vater sieht, sagt er: »Richtig stolz bin ich auf dich, weil du aus einer kleinen Herde eine so große gemacht hast.«

Im nächsten Jahr sondert der Vater wieder eine kleine Herde ab und sprach zum Sohn der zweiten Frau: »So, nun ist es an dir, es so gut zu machen wie dein Bruder. Treib die Herde auf die Weide und sieh zu, daß du mit einer größeren heimkommst!«

Der Sohn der zweiten Frau nahm die Herde und zog fort. Als er am Hause seines Paten vorbeikam, schaute dieser gerade zum Fenster heraus. »Gesundheit, Söhnchen!«

»Gesundheit, Pate!«

»Willst du nicht hereinkommen, Bursche?«

»Ich habe leider keine Zeit, Pate, ich muß mit den Schafen zur Weide.«

»Mach dir keine Sorgen, komm herein, Guter! Mein Knecht wird die Schafe zusammen mit meiner Herde austreiben.«

Der Sohn der Zweiten geht ins Haus des Paten, der ein Schmied ist. Am Abend fragt ihn der Pate: »Wie geht es deinem Bruder?«

»Der Vater lobt ihn sehr, weil er seine Herde verdoppelt hat.«

»Und wie hat er das gemacht?«

»Das weiß ich auch nicht.«

»Dann will ich es dir sagen.« Und der Pate erzählt ihm die Missetat seines Bruders. Der Bursche ist traurig.

»Warum bist du traurig, mein Guter?« fragt ihn der Schmied.

»Ich bin traurig, wenn ich an den Diebstahl denke, und ich bin traurig, wenn ich an den blinden Hirten denke. Wenn ich ihm wenigstens helfen könnte!«

»So versuch es doch, mein Söhnchen«, sagte der Pate.

Am anderen Tag gab er dem Burschen ein Kartenspiel, versprach ihm, auf die Schafe aufzupassen, und ließ ihn davonziehen.

Der Bursche ging und ging, bis er zu dem blinden Hirten mit dem Rest seiner Herde kam.

»Wer ist da?« fragte der Blinde.

»Ich bin es«, sagte der Sohn der Zweiten.

»Und was willst du hier?« fragte der Blinde.

»Mein Pate hat mir erzählt, welches Schicksal euch getroffen hat, Väterchen, und ich bin gekommen, um euch die Herde hüten zu helfen.«

»Der Herrgott segne dich«, sagte der Alte, »es gibt doch noch gute Menschen und nicht nur Mörder und Betrüger.« Und er nahm ihn mit in seine Hütte.

Am nächsten Morgen sagte der Alte: »Sei vorsichtig und zieh nicht auf den roten Berg, denn dort lebt ein roter Dämon mit seinen Schafen, und der würde dich töten.«

»Hab keine Sorge, Väterchen«, sagte der Bursche, »ich will es schon richtig machen.« Und er trieb die Schafe gerade auf den roten Berg zu.

Da kommt auch schon der rote Hirte mit vielen roten Hunden.

»Bursche«, schreit er, »was willst du hier auf meinem Berg? Zur Strafe werde ich dich fressen!«

»Aber wer wird denn gleich so böse sein?« sagt der Sohn der Zweiten, »ich möchte dir ja nur etwas Gesellschaft leisten, weil du so allein bist. Hier, siehst du die Karten? Wollen wir Karten spielen?«

Der rote Hirte sieht die Karten und kann nicht widerstehen.

»Worum wollen wir spielen?« fragt er.

»Um Schafe natürlich«, sagt der Bursche.

Sie setzten sich hin und spielten. Zuerst verlor der Sohn der Zweiten, aber dann gewann er, und am Ende gehörte ihm die ganze Herde des roten Hirten. Er sprach: »Nimm du meine kleine Herde und laß mir die große. Hier auf dem Berg werden die Schafe sich gut vermehren, und du wirst bald wieder so viele Schafe besitzen wie früher. Ich hätte dir auch deine Herde nicht abgenommen, aber die Schafe sind nicht für mich, sondern für einen blinden Hirten, dem ich helfen will.«

Der rote Hirte besann sich und sagte: »Du bist ein guter Mensch, und so gebe ich dir folgenden Rat: Geh morgen mit deinen Schafen auf den blauen Berg! Dort ist mein Bruder, der blaue Hirte. Zeig ihm die Karten, dann wird auch er spielen wollen. Und mach alles so, wie du es heute gemacht hast!«

Der Sohn der Zweiten verabschiedete sich und trieb seine Herde zu dem blinden Hirten, der sich freute, daß der Bursche es verstanden hatte, die Herde zu vergrößern. Am nächsten Morgen sagte er: »Söhnchen, treibe die Herde nicht auf den blauen Berg, denn dort wohnt ein blauer Dämon, der frißt dich, sobald er dich sieht, und behält die Herde für sich.«

Gerade auf den blauen Berg hinauf aber trieb der Sohn der Zweiten seine Herde.

Der blaue Hirte kommt gleich auf ihn zu gerannt und schreit: »Wer wagt es, seine Herde auf meinen Berg zu treiben? Gleich werde ich dich fressen!«

»Halt, nicht so schnell!« schreit der Bursche, »dein Bruder, der rote Hirte, schickt mich. Er sagt, daß du gern Karten spielst. Hier: schau!« Und er zeigt ihm die Karten.

»Wenn du Karten spielst«, sprach der blaue Hirte, »so ist das etwas anderes. Aber worum wollen wir spielen?«

»Um Schafe«, sagte der Bursche.

»Aber du wirst mich nicht hereinlegen wie meinen Bruder«, sagte der blaue Hirte, »nimm dich in acht!«

Sie spielten, und der Sohn der Zweiten verlor und verlor, aber als er nur noch ein einziges Schaf hatte, da begann er zu gewinnen. Und er gewinnt und gewinnt, bis der blaue Hirte seine ganze Herde verspielt hat. Doch der Bursche läßt auch ihm die kleinere Herde und sagt, daß er die größere nicht für sich, sondern für einen blinden Hirten haben will.

»Wenn das so ist«, sprach der blaue Hirt, »dann bist du ein guter Mensch, und ich will dir helfen. Geh morgen mit deiner Herde auf den weißen Berg! Dort wohnt unser ältester Bruder, der weiße Hirt. Grüß ihn von mir und zeig ihm die Karten! Dann wird er spielen wollen, und du kannst alles so machen wie hier.«

Der Sohn der Zweiten verabschiedete sich und trieb seine Herde zu dem blinden Hirten. Der sprach am nächsten Morgen: »Söhnchen, treib die Herde nicht auf den weißen Berg! Dort haust ein weißer Dämon, der ist noch schlimmer als seine Brüder, der frißt alles, was zwei oder vier Beine hat.«

Gerade auf den weißen Berg jedoch trieb der Bursche seine Herde.

Wütend kommt der weiße Hirte gerannt. »Kerl, wer wagt es, meinen weißen Berg zu beschmutzen und seine Schafe hier heraufzutreiben? Auf der Stelle werde ich dich fressen!«

»Halt, das wirst du nicht«, schreit der Bursche, »denn dein Bruder, der blaue Hirte, schickt mich. Er sagt, dir ist so langweilig, und ich soll mit dir Karten spielen.«

Der weiße Hirte ist besänftigt, auch mit ihm spielt der Bursche um die Schafe. Sie spielen und spielen, der Sohn der Zweiten verliert und verliert. Da ist noch ein Schaf – und dann ist auch das noch verspielt.

»Ha!« schreit der weiße Dämon. »Ich bin nicht so dumm beim Spiel wie meine Brüder! Deine Herde gehört mir!«

»Und willst du nicht mehr weiterspielen?« fragt der Bursche.

»Wollen schon«, sagt der weiße Hirt, »aber worum soll es jetzt gehen?«

»Um mich!« sagt der Sohn der Zweiten. »Wenn ich wieder verliere, gehöre ich dir!« Sie spielen, und der Bursche gewinnt. Er gewinnt seine Schafe zurück und die Schafe des weißen Hirten noch dazu.

»Nun geht es um mich!« schreit der weiße Hirte. Sie spielen, und der weiße Hirt verliert. »Gut«, sagt er, »du kannst mit mir machen, was du willst, ich gehöre dir.«

»Was soll ich mit dir anfangen?« sprach der Bursche. »Mir geht es nur um einen blinden Hirten, dem ich helfen will. Nimm du meine Herde und behalte deine Freiheit und gib mir deine Schafe für den blinden Hirten!«

»So alt ich auch bin«, sprach der weiße Hirte, »ich habe so etwas noch nie erlebt: Es gibt noch einen guten Menschen! Hier hast du ein Fläschchen mit dem Wasser des Lebens. Wenn du damit die Augen des blinden Hirten wäschst, wird er wieder sehen können. Und wenn du einmal in Not gerätst, so denk an uns drei Brüder und ruf uns! Wir werden kommen und dir helfen, denn Gutes bringt Gutes, und Böses bringt Böses.«

Der Sohn der Zweiten verabschiedete sich und trieb die Schafe zu dem blinden Hirten. Der freute sich, daß die Herde noch größer geworden war. Der Bursche aber sprach: »Väterchen, setz dich ruhig hierher und halte den Kopf hoch!« Er nahm ein Tuch, goß von dem Lebenswasser darauf und wusch dem Blinden die Augen. Und der konnte gleich wieder sehen. Das war eine große Freude, und sie schlachteten gleich ein Schaf und feierten.

Am nächsten Tag verabschiedete sich der Sohn der Zweiten und wanderte zu seinem Paten und erzählte ihm alles, was sich zugetragen hatte. Und noch einen Tag später nahm er seine Herde und trieb sie heim.

Der Vater war erzürnt. »Was?« rief er, nachdem er die Schafe gezählt hatte, »kein einziges Schaf mehr als zuvor? Du bist ein schlechter Hirt! Schau, wie es dein Bruder gemacht und welch große Herde er zurückgebracht hat! Verlaß auf der Stelle das Haus, und laß dich hier nicht mehr blicken!«

Der Sohn der Zweiten mußte mit ansehen, wie der Sohn der Ersten sich bei diesen Worten des Vaters hämisch die Hände rieb. Er packte also sein Bündel und zog davon. Er wanderte und wanderte und kam in ein anderes Land. Dort hörte er, daß es einen Kaiser gäbe, der gern Karten spielt. Und er ging in die Kaiserstadt und ließ sich in den Palast und vor den Kaiser führen.

»Bursche«, sprach der Kaiser, »weißt du auch, worum hier gespielt wird?«

»Nein, Herr Kaiser«, sprach der Sohn der Zweiten, »ich weiß es nicht.«

»Nun, so will ich es dir sagen«, sprach der Kaiser. »Wir werden um deinen Kopf oder meine Tochter spielen, und zwar einen ganzen Tag lang. Hast du gewonnen, behältst du deinen Kopf und bekommst meine Tochter zur Frau. Hast du verloren, so ist dein Kopf mein.«

Sie spielten und spielten. Der Kaiser war ein sehr guter Spieler, aber der Sohn der Zweiten hatte die besseren Karten, und am Abend hat er gewonnen. Der Kaiser war wütend, es ist das erste Mal, daß er verloren hat. Aber einem Spieler soll er seine Tochter geben? Niemals! Er ließ den Burschen ergreifen und in den Kerker werfen.

Der Sohn der Zweiten ist verzweifelt. Da fallen ihm die drei Hirten ein, und er ruft: »He, Freunde, hört ihr mich?«

Im finsteren Kerker wird es auf einmal hell: Die drei stehen vor ihm, und es leuchtet, obwohl sie keine Fackeln haben.

»Brüderchen«, sagen sie, »was können wir für dich tun?«

Und der Bursche berichtet, wie es ihm mit dem Kaiser ergangen ist. »Mach dir keine Sorgen«, sagen die drei, »komm mit uns mit!«

Sie schlugen an die Wand, da tat sich ein Gang auf. Die drei Hirten nahmen den Burschen in ihre Mitte und gingen mit ihm davon. Am anderen Tag sprach der Kaiser: »Erwürgt diesen Burschen unten im Kerker und bringt mir seinen Kopf herauf!«

Die Soldaten gingen hinunter, aber da war niemand. Indessen schaute der Kaiser aus dem Fenster, und was sah er draußen? Riesige Schafherden wurden auf die Stadt zugetrieben: rote Schafe, von roten Hunden geleitet, aus dem Osten, blaue Schafe, von blauen Hunden geleitet, aus dem Norden und weiße Schafe, von weißen Hunden geleitet, aus dem Süden. Die Herden drangen in die Stadt ein. Schafe, Schafe, wohin man nur schaute! Tausende von Schafen! Und hinter der Herde mit den weißen Schafen und den weißen Hunden kam ein weißer Hirte, und hinter ihm ritt ein Mensch auf einem weißen Pferd, gekleidet wie ein Fürst.

»Das wäre ein Mann für meine Tochter!« rief der Kaiser.

Er ließ den Fürsten heraufbitten. Es ist der Spieler.

Der Kaiser wußte vor Staunen nicht, was er sagen sollte, aber der Sohn der Zweiten grüßte freundlich: »Gesundheit, Schwiegervater! Wollen wir vergessen, was gestern war?«

»Ja«, sagte der Kaiser und umarmte und küßte ihn, »das wollen wir vergessen. Mir war wohl gestern nicht ganz wohl.«

»Das kommt vor, aber es gibt sich«, sagte der Bursche.

»Ja«, sagte der Kaiser, »das gibt sich. Heute fühle ich mich viel besser.«

Es gab eine große und schöne Hochzeit. Neun Tage und neun Nächte hat man gefeiert, und der rote, der blaue und der weiße Hirte haben ebenso mitgehalten wie jener Hirte, den der Sohn der Zweiten geheilt hat.

[Märchen aus Rumänien]

Der Teufelkönig

Es war einmal ein Schusterssohn, der pflegte regelmäßig das Trinkgeld, das er von den Kunden seines Vaters erhielt, wenn er ihnen die gepfriemten Schuhe fertig ins Haus brachte, mit Karten zu verspielen. Als er wieder einmal traurig nach Hause schlich, weil er das Spiel verloren hatte, trat vor ihn der Teufelkönig und reichte ihm ein Spiel Karten mit den Worten: »Mit diesen Karten kannst du spielen, wo es dir beliebt – du wirst immer und jedesmal gewinnen. Wenn du aber so viel Geld zusammengebracht hast, daß du nicht mehr weißt, wohin damit, so mach dich auf, mich zu suchen; gelingt es dir aber nicht, mich zu finden, so wisse, daß mir deine Seele verfallen ist.« Sprach’s und verschwand.

Der Bursche ging vergnügt nach Haus. Kurze Zeit darauf trat er in ein Gasthaus ein, wo Grafen Karten spielten. Er näherte sich ihnen und sagte: »Mit Verlaub, meine Herren, darf ich an Eurem Spiele teilnehmen?«

Man maß ihn von Kopf bis Fuß und ließ ihn dann tatsächlich mitspielen. Nach einer Weile sagte der Bursche: »Meine Herren, wenn es Euch recht ist, so spielen wir mit meinen Karten.«

Die Grafen gingen darauf ein, der Bursche gewann, und im Handumdrehen hatten sie alles Geld an ihn verloren. In einem zweiten Gasthaus machte der Bursche es ebenso. Auf diese Weise zog er von Stadt zu Stadt, von Land zu Land.

Als er so viel Geld und Schätze aufgehäuft hatte, daß er nicht mehr wußte, wohin damit, machte er sich auf den Weg, um den Teufelkönig aufzusuchen. Nach langer Irrfahrt gelangte er an einen Berg, der nur an seinem unteren Teil von Menschen bewohnt war. Er erkundigte sich, ob die Leute wüßten, wo der Teufelkönig zu finden wäre. Die Leute wußten es nicht, meinten aber, er könnte die gewünschte Auskunft wohl bei dem alten Zauberer erhalten, der auf dem Gipfel des Berges wohne. Also erklomm der Bursche den Berg, betrat die Behausung des Zauberers und erkundigte sich bei ihm nach dem Teufelkönig. Der Zauberer erwiderte, er selbst wüßte nichts über ihn, vielleicht aber seine Mutter. Er forderte den Burschen auf, bei ihm zu übernachten. Zeitig am Morgen brach der Kartenspieler auf, kam erst spät am Abend bei der Mutter des Zauberers an und trug ihr sein Anliegen vor. Auch sie konnte ihm keine Auskunft geben, meinte aber, ihre Mutter werde es wissen, und forderte ihn ebenfalls auf, bei ihr zu übernachten. In der Früh weckte sie ihn, gab ihm eine Fackel und zeigte ihm einen engen und schmalen Gang, durch den müsse er mit der Fackel gehen, aber er müsse sich sputen, um vor Anbruch der Nacht wieder ins Freie zu gelangen. Wenn ihm das nicht gelingen und die Fackel früher erlöschen sollte, so werde er das Tageslicht nicht wieder erblicken. Der Bursche nahm sich zusammen und gelangte glücklich ins Freie, ehe die Fackel erlosch, und kam zum Haus der Mutter. Er trat ein und fragte sie, ob sie ihm eine Auskunft über den Teufelkönig geben könnte. »Einstweilen weiß ich nichts«, entgegnete sie, »mag sein, daß es mir des Nachts einfällt.«

Mit Ungeduld sah der Bursche dem Tag entgegen. Gleich in der Frühe fragte er die Alte, ob ihr etwas eingefallen sei. Sie bejahte und beschrieb ihm den Weg zu einer Burg, deren Dach weithin glänzte wie die Sonne. Endlich langte er dort an. Als er vor den König trat, sagte dieser zu ihm: »Du bist ein Teufelskerl, daß du mich gefunden hast. Indessen ist deine Aufgabe hiermit noch nicht gelöst; du mußt drei Arbeiten verrichten. Glücken sie dir, so bist du frei. Zunächst mußt du einen Ring finden, den ich einst im Fischteich verloren habe.«

Der Teufelkönig hatte drei Töchter, von denen sich die jüngste gleich beim ersten Zusammentreffen in den Jüngling verliebt hatte. Als er nun weinend die Treppe herunterkam, erwartete sie ihn unten und fragte: »Was fehlt dir, daß du so bitterlich weinst?«

»Ach, wie soll ich nicht weinen«, entgegnete er, »da mir dein Vater befohlen hat, seinen Ring aus der Tiefe des Fischteiches emporzuholen.«

»So weine doch nicht«, antwortete sie, »nimm eine Wanne und ein Schlachtmesser, und wir beide gehen zusammen dorthin. Du schlachtest mich dann in der Wanne so ab, daß nicht ein einziger Tropfen Blut hinausspritzt, und wirfst mich mitsamt der Wanne in den Fischteich hinein. Wenn um die Mittagsstunde sich das Wasser am heftigsten bewegt, strecke ich dir eine Hand aus dem Wasser entgegen, und du ziehst mich an Land.«

So geschah es. Das Mädchen hatte den Ring in der Hand, als er sie aus dem Wasser zog, und er überbrachte ihn dem König. »Du bist ein Teufelskerl«, sprach dieser, »doch das wäre erst die erste Arbeit. Jetzt kommt die zweite: Bis zum Abend mußt du mir den Berg da abtragen, den du vom Fenster aus sehen kannst.«

Weinend ging der Bursche die Treppe hinab, und wiederum erwartete ihn unten seine Liebste und fragte ihn nach dem Grund seines Kummers. Er erzählte ihr, was ihr Vater ihm aufgetragen. Sie beruhigte ihn: »Weine nur nicht, mein Liebster, lege dich dort nieder und schlafe. Bis zum Abend soll alles vollbracht sein. Um Mittag bringe ich dir dein Essen, sei du nur an Ort und Stelle.«

Er legte sich aber nicht schlafen, sondern arbeitete, daß ihm der Schweiß von der Stirne rann. Als sie um Mittag mit dem Essen kam, da wies sie ihn zurecht: »Ich sagte dir doch, du kannst dich ruhig niederlegen und schlafen, und bis zum Abend wird alles vollbracht sein.«

Er folgte ihr, und als er abends aufwachte, da sah er vor sich eine weite Ebene, wo früher der Berg gewesen war. Der König wunderte sich nicht wenig, als er abends zum Fenster hinausschaute, und sagte: »In meinem Stall steht ein Hengst, auf dem mußt du dreimal um meine Burg herumreiten.«

Diesmal ging der Bursche lachend die Treppe hinunter, und sein Mädchen fragte ihn verwundert nach dem Grund seiner guten Laune. Er sprach: »Wie sollte ich nicht lachen, wenn mir dein Vater befiehlt, auf seinem Hengst dreimal um die Burg herumzureiten. Darauf verstehe ich mich!«

Sie aber brach in Tränen aus und erwiderte: »Weh uns, das ist das Schlimmste! Geh in den Stall, nimm drei Keulen, und schlage mit aller Kraft dem Hengst auf den Kopf! Zerbrichst du eine Keule, so nimm die zweite, und zerbrichst du auch die, so nimm die dritte zur Hand! Das Pferd wird gegen dich ausschlagen und Feuer speien, doch hab keine Furcht, schlage unbarmherzig drauflos, und führe das Pferd dann aus dem Stall heraus. Gib aber gut acht, daß du in den linken Steigbügel steigst! Der linke Steigbügel werde ich sein, der rechte meine Schwester, der Sattel meine Mutter, der Hengst aber ist niemand anderer als mein Vater selbst.«

Der Bursche befolgte ihren Rat in allem, saß schließlich auf dem Hengst und ritt dreimal um die Burg herum, ohne den geringsten Schaden zu nehmen. Als er vor den König trat, fand er ihn schwer krank, so sehr hatte er ihm auf den Kopf geschlagen.

Da sprach der Teufelkönig: »Du hast alle meine Befehle ausgeführt. Jetzt steht es dir frei, bei mir zu bleiben oder wieder fortzuziehen. Du bist dein eigener Herr.«

Das Mädchen aber, als sie unter vier Augen waren, sprach zu dem Burschen: »Warum sollten wir hierbleiben? Unsere Seelen würden dann nach unserem Tod ihm zufallen. Laß uns fliehen in das Land, aus dem du gekommen bist! Geh in den Stall, dort findest du zwei Pferde: Das eine durchfliegt die Luft, das andere aber ist so schnell, daß es in einem Augenblick an jedem gedachten Ort anlangt. Gib acht, daß du dieses wählst!« Der Bursche begab sich in den Stall, versah sich aber und führte das Pferd heraus, das durch die Luft fliegen konnte.

Beim Mittagessen fehlten natürlich die beiden, und der König dachte sich sogleich, daß sie die Flucht ergriffen hätten. Er schickte auf der Stelle einen Diener hinab in den Stall, der nachschauen sollte, ob die beiden Pferde noch da seien. Der Diener kehrte zurück mit der Meldung, eines der Pferde sei fort.

»Besteige schnell das andere Pferd und setze ihnen nach!« befahl der König.

In Windeseile jagte der Diener den Flüchtenden nach. Als das Mädchen den Verfolger im Rücken spürte, sagte sie zu ihrem Liebsten: »Zieh mir schnell ein Haar aus und wirf es hinter uns!«

Kaum hatte er das Haar hinter sich geworfen, so verwandelte sich das Pferd in eine Kapelle, das Mädchen in einen Opfertisch, der Jüngling in einen Priester. Der Diener ritt geradewegs in die Kapelle hinein und erkundigte sich beim Priester, ob er ein Paar durch die Luft habe fliegen sehen, und bekam zur Antwort: »Habe mein Lebtag dergleichen nicht gehört, geschweige denn gesehen.«

Unverrichteterdinge kehrte der Diener zurück, während die beiden weiterritten. Bald setzte ihnen ein zweiter Diener nach. Als das Mädchen seiner ansichtig wurde, sagte sie zu ihrem Liebsten: »Reiß mir zwei Haare aus und wirf sie hinter uns!«

Er tat es, und alsbald verwandelte sich das Pferd in einen Garten, das Mädchen in eine Rose und der Jüngling in einen Gärtner. Wiederum kam der Diener dahergeritten und fragte den Gärtner, ob er ein Paar durch die Luft habe fliegen sehen, und er bekam die gleiche Antwort. Der Diener kehrte zurück und meldete es dem König, und der rief: »Das sind sie gewesen! Augenblicklich jagst du ihnen hinterher!«

Der Diener bestieg wiederum das Pferd und verfolgte die Fliehenden. Als ihn das Mädchen nahen fühlte, sprach sie: »Zieh mir schnell den Kamm aus dem Haar und wirf ihn hinter uns!«

Der Bursche warf den Kamm hinter sich, und im selben Augenblick verwandelte sich das Pferd in einen See, das Mädchen in ein Schiff und der Jüngling in den Schiffer. Der Diener ritt dicht an das Ufer heran und fragte den Schiffer, ob er ein Paar durch die Luft habe fliegen sehen. Der Schiffer antwortete: »Hab mein Lebtag nicht dergleichen gehört, geschweige denn gesehen.«

Der Diener kehrte erfolglos heim, die Liebenden aber gelangten glücklich dorthin, wo der Jüngling zu Hause war. Sie heirateten und lebten mit dem Geld, das er durchs Kartenspielen gewonnen hatte, glücklich bis an ihr seliges Ende.

[Märchen aus Kroatien]

Der schwarze Schloßherr

In einem Dorf lebte eine gute alte Frau, Mutter Grete genannt, sie hatte nur einen Sohn, der fleißig arbeitete und für seine Mutter sorgte. Jeden Abend, wenn ihr Hans von der Arbeit zurückkam, saß sie am Fenster und strickte, und neben ihr saß ihre weiße Katze und schnurrte gemütlich. So lebten sie still für sich hin.

Als Hans eines Abends nach Hause ging, begegnete ihm in einem Wäldchen, durch das er gehen mußte, ein großer Mann, der einen langen schwarzen Mantel umhatte. Auf dem Kopf trug er einen großen schwarzen Hut mit einer langen schwarzen Feder. Ebenso unheimlich sah sein schwarzer Hund aus, der neben ihm herlief. Hans sagte: »Guten Abend«, und wollte schnell vorbeigehen, der schwarze Mann aber sagte: »Warum so eilig, Hans? Willst du nicht mit mir würfeln? Wenn du die meisten Punkte wirfst, so bekommst du hundert Taler, wenn ich sie werfe, mußt du drei Tage für mich arbeiten.«

Hans wagte nicht, nein zu sagen, und überlegte, daß er ja nur drei Tage zu arbeiten brauchte, wenn er verlöre. Er blieb stehen, und der schwarze Mann gab ihm sofort die Würfel, die Hans schüttelte und elf Punkte warf. Er dachte schon, mehr kann der Mann wohl schwerlich bekommen, aber der Fremde warf und hatte dreizehn.

»Halt«, rief Hans, »das sind ja falsche Würfel.«

Aber der schwarze Hund verschlang sie schnell, und der schwarze Mann sagte: »Komm morgen abend wieder hierher, mein Hund wird dich erwarten und in mein Schloß führen, aber sei pünktlich, sonst geht es dir schlecht.«

Als sich Hans nach ein paar Schritten umdrehte, war der schwarze Schloßherr mit seinem Hund verschwunden.

Um seine gute Mutter nicht zu ängstigen, erzählte ihr Hans nichts von seiner Begegnung, sondern sagte nur, er müßte drei Tage auswärts arbeiten und könnte nicht nach Hause kommen. Da dies manchmal geschah, wunderte sich die Mutter nicht. Am nächsten Abend war Hans kaum in dem Wäldchen, da sah er auch schon den schwarzen Hund, der reden konnte und ihm befahl, sich die Augen zu verbinden. Dann wurde Hans einen weiten Weg geführt, und als er das Tuch von den Augen abnehmen durfte, stand er in einem großen Hof. Ein mächtiges Schloß, das aber einen düsteren Eindruck machte, sah er vor sich. Sofort wurde er zu dem schwarzen Schloßherrn geführt, der zu ihm sagte: »Es ist gut, daß du dich eingestellt hast, nun will ich dir deine Arbeit für morgen sagen. Du sollst einen Stall reinigen, bist du bis zum Abend nicht fertig, so verlierst du das Leben.«