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Hast du schon mal bemerkt, wie gut Erde riecht? Schwere warme dunkelbraune Erde, auf der das Laub der Baeume liegt? Hast du schon mal Waldboden gerochen, auf den Regen gefallen ist und der in der Sonne trocknet? Dieser Duft macht mich gluecklich, so gluecklich dass ich nichts anderes brauche zum Gluecklichsein. Die Katze Tati verlaesst ihr Zuhause und geraet in den Wald MasabiEll. Dort trifft sie auf das Drachenmaedchen Antula und drei weitere Waldbewohner, die ihre gemeinsame Freundin vermissen. Tati begibt sich mit ihnen auf die Suche nach ihr. Und so beginnt eine Reise, bei der die Katze Wissenswertes ueber den Wald erfaehrt und ihr bewusst wird, dass alles was da waechst und blueht tatsaechlich am Leben ist. MASABIELL EINE WALDGESCHICHTE ist eine maerchenhafte, lehrreiche Begegnung mit der Natur und eine Geschichte ueber Freundschaft und Zusammenhalt. Es ist die Geschichte von Tati, fünf Waldbewohnern, einer Schnecke und den Nachtlichtmoffen. Zum Vorlesen und Selberlesen, für Kinder ab 8 Jahren.
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Seitenzahl: 105
Veröffentlichungsjahr: 2016
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Danke, geliebter Harz1, dass ich meine Kindheit in deinen Wäldern und Wiesen, zwischen deinen Felsen, Bergen und Tälern verbringen durfte.
1Der Harz ist ein Mittelgebirge. Sein höchster Berg ist der Brocken. Er ist 1141 Meter hoch.
Dunkelgrün
Ein neuer Tag
In der Weidenlaube
Fräulein Niesenmoos
Das Geheimnis in der Erde
Im Vormittagswind
Ein steiniger Weg
Träume
Vergissunsnicht
Nachtgeschichten
Träume
Heimweh
Keine Spur
Moosweg 15
Die richtige Antwort
Du bist es
Ein großes Erlebnis
Das Schönste für mich
Von Flügeln und Wurzeln
Waldrausch
Es war einmal Winter.
Und es war einmal Sommer.
Der Wind wehte manchmal.
Und manchmal wehte er nicht.
Am Ende des Sommers, als die Tage wieder kürzer und die Nächte kühler wurden, begann die Geschichte der Katze Tati, die aufstand und ihren Schlafkorb im Moosweg 15 verließ, um in den Wald zu gehen.
Es hatte sich herausgestellt, dass Katzen von Zeit zu Zeit verschwinden.
Warum sie das tun, weiß niemand genau.
Vielleicht liegt es aber daran, dass sie mit ihren feinen Ohren das Flüstern weit entfernter Orte hören können.
Dieses Flüstern muss so verlockend und so voll von Geheimnissen sein, dass ihm keine Katze widerstehen kann.
Ob sie von diesen Orten zurückkehren, ist eine andere Frage.
Tati bog an diesem Abend im September um die linke Ecke des Hauses, quetschte sich zwischen zwei Zaunlatten hindurch und nahm den Weg in nördlicher Richtung, durch einen jungen Tannenwald.
Tati hinterließ dabei kaum Spuren, grad so, wie nur eine Katze es kann.
Der Wald verbreitete einen schweren süßen Duft.
Es roch nach feuchtem Holz und nach den letzten Sonnenstrahlen des frühen Abends. Warm lag das Laub der vorigen Jahre auf dem Waldboden, so dass es ein Vergnügen war, darüber zu laufen.
Die Nadeln der jungen Tannen streiften Tatis Nase und golden wie Honig tropfte klebriges Harz die Baumstämme herab.
Die Katze, die vom Geruch des Waldes verzaubert war, lief immer weiter.
Langsam wurde es dunkel.
Die Bäume, die ihre Äste schwarz in den Himmel reckten, verwandelten den Wald in ein Reich voller Schatten.
Träge zog eine Hummel durch die Abendluft.
Dicht vor der Nase der Katze flog sie ein paar Kurven und verschwand in der Dämmerung.
Als bald der Mond am Himmel stand, dachte Tati daran, dass es einen Schlafkorb gab, der jetzt irgendwo, schon sehr weit weg, auf sie wartete.
Doch um Umzukehren war sie zu müde.
Tati fühlte wie sich das weiche Moos des Waldbodens an ihre Pfoten schmiegte. Sie legte sich darauf und war schon bald eingeschlafen.
Als sie erwachte, war es noch immer Nacht.
Wind war aufgekommen, wehte durch die Baumspitzen und machte den Wald finster und unheimlich.
Die Katze lauschte.
Der Wind, der immer mächtiger wehte, zerrte an Büschen und Bäumen. Blätter flüsterten und summten, und manchmal war es, als griffen die Zweige der Bäume in Tatis Fell.
Wie ein Lied zu meiner Begrüßung hört es sich nicht an, dachte die Katze. Doch vorsichtig schlich sie weiter und immer weiter in das Unterholz.
Spitze Dornen bohrten sich in ihre Pfoten und sie fühlte sich plötzlich sehr klein und einsam.
Im ersten Licht des Tages wäre sie mutiger und lange konnte es nicht mehr dauern, dann würde die Sonne aufgehen.
Aber noch war der Wald dunkelgrün.
Beinahe schwarz.
Da tauchte zwischen all den Bäumen eine Lichtung auf.
Eine Lichtung auf die der Mond fiel und auf der eine Mauer stand.
Eine Mauer aus Sandstein.
Hier, mitten im Wald.
Die Mauer war so alt, dass in den Fugen zwischen den großen Steinen Blumen und Gräser wuchsen. Sie zerfiel an manchen Stellen, denn der Sand, aus dem sie gebaut war, rieselte in feinen Rinnsalen auf den Waldboden.
Tati dachte daran hinauf zu springen, um zu sehen was auf der anderen Seite war.
Aber die Mauer war hoch.
Was sollte sie tun?
Was war das für eine Mauer?
Sollte Tati an ihr entlanglaufen, nach Westen vielleicht oder nach Osten?
Oder sollte sie ganz umkehren und dorthin gehen, woher sie gekommen war?
Tati fühlte wie der Wald lebte, wie er atmete und im Wind ächzte.
Es war, als würden sich die Bäume bewegen, sobald die Katze für einen Moment die Augen schloss.
Es war so, als würden sie sich raschelnd drehen, sich an einen anderen Ort schieben und dann wieder still stehen.
Der Wald flüsterte.
„Geh durch die Tür in der Mauer… Lauf, lauf, lauf Richtung Westen…“
Tati stand still.
Was war das?
War das der Wind?
Tatis Herz begann laut zu klopfen. Sie lauschte und hielt die Nase in die Dunkelheit.
Aber da war nichts. Gar nichts.
„Wenn Du nicht weiterkommst, wenn Du nicht weißt in welche Richtung du gehen willst, dann entscheide Dich. Du musst dich entscheiden. Geh durch die Tür in der Mauer…“
Da war es wieder.
Tati täuschte sich nicht. Jemand sprach mit ihr.
„Wenn man nach einem Sturm in den Wald geht, ist die Luft voll von einem Staub.
Ein Staub der alles verzaubert.
Ist es der Staub zerbrochener Äste?
Oder sind wir es?“
„Wer spricht mit mir, wer ist da im Dunkeln? Bist du es Wald, sprichst du mit mir?“
Tatis Herz schlug ihr bis zum Hals.
„Nein, nein, nein. Nicht der Wald. Oder doch der Wald? Wir sind ein Teil des Waldes. Wir sind die Nachtlichtmoffen. Wir leben im Wald MasabiEll. Sieh doch. Sieh doch über dir, Tati.“
Die Katze drängte sich erschrocken an die kühle Mauer und sah hinauf in den Nachthimmel.
Da erkannte sie die Fremden.
Direkt über ihr schwirrten vier, fünf… ein ganzer Schwarm federleichter Wesen.
Sie sahen freundlich aus.
Sie hatten Flügel, die viel zu groß für ihre kleinen Körper waren und die blau in der Dunkelheit schimmerten. Und sie hatten Beine, so lang und fein, dass eines der Wesen im Flug damit die Nase der Katze streifte.
Tati musste niesen.
„Gesundheit.“ sagten die Nachtlichtmoffen.
„Danke.“ sagte Tati. Und „Wer seid ihr denn?“, fragte sie noch.
„Wir sind die, die dich bemerkt haben. Wir sind gekommen um dich abzuholen. Du musst Dich beeilen. Bald kommt der Morgen. Bald kommt die Sonne, von Osten wird sie kommen. Dann musst du durch die Tür gehen.“
„Ich muss durch die Tür gehen. Durch welche Tür denn? Und warum habt ihr mich bemerkt?
Es ist dunkel. Alles ist dunkel, hier im Wald in der Nacht.“
„Wir sind Geschöpfe der Dunkelheit, am Tag schlafen wir. Wir sind leise und freundlich, und wir sind immer da. Wir sehen zu, was der Wald macht, in der Nacht. Wir haben gesehen dass du alleine gegangen bist. Alleine, den ganzen Weg.“
„Ja.“, sagte Tati. „Manchmal gehe ich einen Weg alleine. Einfach nur deshalb, weil ich alleine einen Weg gehen will.“
„Deshalb musst du noch weiter gehen.“, sagten die Nachtlichtmoffen. „Du musst durch die Tür in der Mauer gehen. Hinter allen Türen liegt Verborgenes. Hinter vielen Türen liegt Neues. Hinter manchen Türen liegt Geheimes. Hinter einigen Türen findet man Freunde. Nicht durch alle Türen darf man eintreten. Doch die Tür in der Mauer erwartet dich. Was dahinter ist, erwartet dich.
Geh nur, geh nur Tati. Irgendwo warten auch wir auf dich…“
Dann waren sie verschwunden.
Und die Katze war wieder alleine.
Der Himmel war heller geworden. Es dämmerte, zum Morgen hin.
Was hatten sie gesagt, diese Nachtlichtmoffen?
Tati sollte sich beeilen. Wenn die Sonne aufging sollte sie an der Tür sein um durch die Mauer zu gehen.
Sollte sie einfach gehen?
Etwas hatte ihre Neugier geweckt. Irgendetwas flüsterte da tief im Wald.
Tati konnte es hören.
Sie brach auf und folgte in westlicher Richtung der Mauer.
Erst behutsam und zögernd.
Doch bald begann sie schneller zu laufen und endlich, als die schweren Steine der Mauer hoch aufgetürmt waren, stand sie vor einer Tür.
Das musste sie sein, die Tür, von der die Nachtlichtmoffen gesprochen hatten.
Auf einem Schild, das im Gras lag, stand „MasabiEll“.
Tati steckte den Kopf durch den Türbogen.
Da ging im Osten die Sonne auf.
Im gleichen Moment, indem die Katze durch die Tür in der alten Mauer den Weg betrat, geschah auf der gegenüberliegenden Seite des Waldes etwas ganz Anderes.
Am Bach, der den oberen Wald durchquerte, standen fünf riesige Tannen.
Alt waren sie.
So alt, dass sich niemand mehr erinnern konnte, ob sie jemals jung gewesen waren.
Wenn der Wind kam und über die großen Blumenwiesen im Norden wehte, bogen sich die Wipfel der Tannen weit hinüber auf die andere Seite des Baches.
Sie rauschten dabei so laut, dass jeder der es hörte staunend stehen blieb und lauschte.
In einer dieser Tannen hatten sich ein paar Geschöpfe, die den Wald MasabiEll bewohnten, einen Aussichtspunkt gebaut.
Der Bach, unermüdlich plätschernd und gurgelnd, trieb über ein Schaufelrad einen Aufzug ganz nach oben in die Äste der Tanne.
Karlott war es, der an diesem Morgen hinauffuhr zum Ausblick, um zu sehen was es Neues im Waldgab.
Karlott konnte sehen wie weit drüben im Osten am Himmel die Sonne aufging und den Wald in ein blasses Lichttauchte.
Jetzt im September hatte die Sonne nicht mehr soviel Kraft wie im Sommer. Sie schien kühler und sie brauchte länger, um den Tag zu erwärmen.
Im Frühjahr hatte Karlott von dort oben sehen können, wie die jungen Blätter des grünen Farns ihre Spitzen im Morgenlicht ausrollten. Jetzt war der Farn erwachsen und seine Blätter schaukelten dunkelgrün über dem Waldboden.
Karlott hörte das klickernde Geräusch, dass die Kieselsteine im Bachbett machten, weil das Wasser unaufhörlich über sie hinweg strömte.
Es war wunderschön, an diesem Morgen, in diesem Wald.
Unten im Süden, an der Tür zu MasabiEll, stand eine Katze und staunte wohin sie gegangen war.
Doch das hatte Karlott nicht gesehen.
Und noch etwas geschah an diesem frühen Morgen.
Im Osten des Waldes stand eine zweite Mauer.
Sie war genau wie die Mauer, durch die Tati gekommen war, aus Sandstein gebaut.
Aber in der Mauer im Osten, gab es keine Tür durch die man gehen konnte und auch keine Brücke die darüber hinweg führte.
Wenn jemand auf die andere Seite der Mauer gelangen wollte, musste er bis an ihr Ende gehen.
Dort stand ein alter Turm, und in den Fenstern des Turmes verschwand wie jeden Morgen in der Dämmerung, ein ganzer Schwarm federleichter Wesen.
Es waren die Nachtlichtmoffen, die im ersten Sonnenlicht ihre Flügel zur Ruhe aneinander legten.
Und es waren die Nachtlichtmoffen die darauf warteten, eine Katze zurück nach Hause zu bringen.
Doch von all dem wusste Tati nichts.
Tati, die durch die Tür in der Mauer gegangen war, hatte etwas gehört.
Zwischen den Bäumen des Waldes hatte sie es gehört, zwischen den Ästen und Wurzeln.
Tati hatte etwas gehört zwischen den Sträuchern auf den Wiesen.
Tati hatte etwas gehört.
Etwas leise Knisterndes, etwas im Unterholz.
Es war etwas, das näher kam, etwas das lauter und lauter wurde.
Etwas das donnerte und rutschte, das schlitterte und bebte, bis es krachend durch die Bäume brach.
Und stehen blieb.
Dann war es plötzlich ganz still im Wald.
Ganz leise.
Tati wurde von zwei sanften, großen Augen angesehen.
Aber zu wem gehörten sie?
Es schnurrte und gurrte.
Es war grün und ein bißchen blau.
Es war warm und räkelte sich, und dann streckte es seinen langen Hals in Tatis Richtung hinab.
Die Katze stand Nase an Nase mit einem Drachen.
„Mädchen.“, sagte der Drachen.
„Wie bitte?“, fragte Tati.
„Sie denken ich bin ein Drachen. Aber ich bin ein Drachenmädchen. Guten Morgen. Darf ich mich ihnen vorstellen?“
„Ihnen vorstellen?“
„Ja natürlich.“, sagte das Drachenmädchen. „Vorstellen. Zum Freundlichsein gehört Vorstellen unbedingt dazu. Freundlichsein ist etwas sehr Schönes.“
„Danke.“ Tati nickte höflich mit dem Kopf. „Fürs Freundlichsein.“
„Ich bin Antula.“, sagte das Drachenmädchen. „Ich heiße sie herzlich willkommen in unserem Wald.“
„Und ich bin Tati.“, sagte Tati. „Ich bin eine Katze. Ich bin durch die Mauer gekommen.“
„Ich weiß. Ich habe sie bemerkt.“
„Bemerkt?
Das habe ich heute Morgen schon einmal gehört. Da war es allerdings noch dunkel und da wurde ich von oben bemerkt. Wie haben sie mich denn bemerkt, wenn ich fragen darf?“
„Mal sehen…“, sagte Antula. „Lassen sie mich kurz überlegen. Ich hab sie gefühlt, gerochen, gehört, an sie gedacht. Gesehen habe ich sie erst zum Schluss.“
„Oh, das ist außergewöhnlich. Sie sind wirklich sehr aufmerksam, Antula. Und eine feine Aussprache haben sie, das kann man wohl sagen. Aber warum haben sie keine Flügel?“
Antula hörte der Katze aufmerksam zu.
„Ich habe ja noch nie einen Drachen gesehen. Aber gehört habe ich schon von einigen, und die hatten immer Flügel.“