Massimiliano Verliebt in Bella Italia - Martina Naubert - E-Book

Massimiliano Verliebt in Bella Italia E-Book

Martina Naubert

0,0

Beschreibung

Die bis über beide Ohren verliebte deutsche Lisa ist mit ihrem neuen Leben und ihrer frischen Liebe in Bologna überglücklich, als eine geheimnisvolle Nachricht sie in den Süden des Landes in das einst durch den Vulkanausbruch verschüttete Pompeji lockt. Während sich dort die Ereignisse überstürzen und Lisa und der charmante Carabiniere Marco mit kulturellen Unterschieden in ihrer deutsch-italienischen Beziehung ringen, spinnt der geistreiche Kater Massimiliano seine Fäden, um die beiden in seine ganz eigenen Pläne zu verwickeln. Eine humorvolle Liebeskomödie in Italien mit spritzigen Dialogen, in welcher ein eleganter Hausgeist als Kater in Designeranzug herumspukt.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 364

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Besonderen Dank meiner Schreibpartnerin Claudia, die Hoch und Tief des Schreibens mit mir teilt.

Über das Buch

Illustrierte Ausgabe

Die bis über beide Ohren verliebte deutsche Lisa ist mit ihrem neuen Leben und ihrer frischen Liebe in Bologna überglücklich, als eine geheimnisvolle Nachricht sie in den Süden des Landes, in das einst durch den Vulkanausbruch verschüttete Pompeji lockt. Während sich dort die Ereignisse überstürzen und Lisa und der charmante Carabiniere Marco mit kulturellen Unterschieden in ihrer deutsch-italienischen Beziehung kämpfen, spinnt der geistreiche Kater Massimiliano seine Fäden, um die beiden in seine ganz eigenen Pläne zu verwickeln. Eine humorvolle Liebeskomödie in Italien mit spritzigen Dialogen, in welcher ein eleganter Hausgeist als Kater in Designeranzug herumspukt.

Über die Autorin

Martina Naubert hat sich in dem Land niedergelassen, welches der Deutschen liebstes Reiseziel ist: Italien. Sie wurde 1960 in Kanada geboren, wuchs in Neumarkt i.d. Opf. auf, ist viel gereist und siedelte schließlich im Jahre 2007 nach Bologna über. Ihre Ausbildung in Transaktionsanalyse beeinflusst ihre Arbeit maßgeblich. Fantasie und Spielerisches sind dabei Kernthemen ihrer Bücher, in denen trotz tieferem Sinn Unterhaltung nie zu kurz kommt. Sie arbeitet heute als Beraterin für Personalentwicklung und Autorin. Sie veröffentlicht ferner Märchen zur Entwicklung der Persönlichkeit auf Basis der Transaktionsanalyse.

„Mit dem Geist ist es wie mit dem Magen:

Man kann ihm nur Dinge zumuten, die er verdauen kann.“

Winston Churchill

(Britischer Staatsmann 1874-1965)

„Das Leben und dazu eine Katze, das ergibt eine unglaubliche Summe, ich schwör's euch!

Rainer Maria Rilke

(Dichter, 1875-1926)

„Wenn man einen Politiker zu Fall bringen will, muss man nur ein Gerücht über eine saftige Sex-Orgie oder Ähnliches in Umlauf bringen. Das zieht Menschen an wie Kuhmist die Fliegen!“

Massimiliano

(Römischer Hausgeist und Kater)

Inhaltsverzeichnis

Ausbruch

Schwindel

Mafiosi

Carabinieri

Überraschung

Schichten

Sichtbare Beweise

Cappuccinogespräche

Erkenntnisse

In einem Zug

Verschachtelt

Geister, die ich rief

Karma-Ausbruch

Vernebelt

Alles Käse

Kälteeinbruch

Flugreisen

Sonnengott Silvesterknaller

1. Ausbruch

Wer an diesem Ort lebt, so habe ich mir von Marco sagen lassen, der glaubt an Gott, an Schutzheilige und notfalls an Fußballer. An Vernunft und geschriebene Regeln glaubt er nicht.

Das sieht man und das hört man. Überall herrschen lärmendes Gewusel und ein Durcheinander ohne erkennbare Linien.

Ich drehe die Postkarte mit dem kitschig roten Sonnenuntergang über einem stechend blauen Ozean in meiner Hand und werfe einen Blick hinaus auf das offene Mittelmeer vor uns. Es sieht wirklich so aus, dieses Abendrot: Wie gemalt liegt die orange Sonnenkugel auf der Wasserkante am Horizont, bevor sie untertauchen und das Zwielicht um uns in ein schummriges Blau verwandeln wird.

Wir sitzen in einem Restaurant an der Uferpromenade Neapels, den Vesuv friedlich schlummernd in unserem Rücken. Die Stadt legt sich wie eine Gamasche um den Fuß dieses Berges und die lärmenden Straßen schlängeln sich wie Schnürsenkel an ihm empor. Palmen wedeln über unseren Köpfen im leichten Wind, der von der See hereingetragen wird und zahllose Oleander betören Passanten mit einem Farbenmeer an Blüten. Ich fühle mich fast wie im Urlaub.

Ich kritzle einen Gruß an meine Familie in Deutschland auf die Postkarte, die ich im Vorbeilaufen gekauft habe, und stecke den Kuli wieder in meine Handtasche. Dann widme ich mich endlich dem Teller Spaghetti, der seit einiger Zeit dampfend vor mir steht.

Da man an allen Markständen in dieser Stadt frische Carciofi1 anbietet, hatte ich mir Pasta mit Tomatensauce und Artischocken bestellt. Dies hatte dazu geführt, dass der Koch höchst persönlich an unserem Tisch erschienen war. Auf dessen Schürze waren sämtliche Saucen des Menüs vertreten gewesen, doch mit dem Stolz der südlichen Nation hat er mir erklärt, dass diese Kombination mit seiner Tomatensauce ein absoluter Tabubruch sei. Deshalb brachte mir der Kellner kurz darauf meine Spaghetti und das gewünschte Gemüse auf einem separaten Teller.

Nun kippe eben ich das Grünfutter selbst in die Pasta. Genüsslich schiebe ich die erste Gabel in den Mund. Mein italienischer Freund lehnt dankend ab, als ich ihm anbiete, davon zu kosten.

„Ich kann einfach nicht glauben, dass du einen sprechenden Kater in Anzug und Sonnenbrille als Mitbewohner hast“, sagt Marco.

Er nimmt einen großen Zug von seinem Spritz2, als müsse er seine eigenen Worte erst noch hinunterschlucken. Er sitzt in T-Shirt, leichter Sommerhose und getönter Sonnenbrille auf der Nase vor mir. Ein Anblick, der sehr ungewohnt für mich ist. In den wenigen Wochen, die wir uns kennen, habe ich ihn meistens in seiner schwarzen Uniform der Carabinieri gesehen.

Seit den ersten Tagen unserer taufrischen Beziehung habe ich mich mit jedem weiteren gefühlt verjüngt. Anstatt wie eine Fünfunddreißigjährige sitze ich nun wie ein verliebter Teenager da. Kauend spiele ich mit einer blonden Strähne meines Haares und himmle diesen Traummann an. Er kann einfach alles tragen! Auch in diesem Freizeit-Outfit sieht er schlicht umwerfend aus. Er würde vermutlich in schäbigsten Klamotten noch fescher wirken als mancher Dressman. Sein dichtes, schwarzes Haar würde sich wellen, wenn er es nicht stets militärisch kurz geschnitten tragen würde. Ich kenne ihn nicht anders als mit bronzefarbenem Teint und in Top-Kondition. Ich frage mich heimlich, wie tief gebräunt er wohl erst aussehen wird, wenn er seine Polizeistation in Bologna - meine neue Wahlheimat - gegen ein paar Tage am Strand hier eintauschen wird?

„Ein sprechender Kater!“, wiederholt Marco. Er schüttelt dabei immer wieder verwundert den Kopf.

„Penato3!“ korrigiert ihn der Kater. Der sitzt gemeinsam mit uns am Tisch. „Ich, Massimiliano Penati, bin ein Nachfahre der über zweitausend Jahre alten Dynastie der Penaten!“

Demonstrativ rückt er seine Sonnenbrille gerade. Ein Kellner hatte zunächst versucht, ihn zu verscheuchen, weil er ihn für eine streunende Katze gehalten hatte. Seine Empörung darüber wirkt noch sichtbar nach. Noch immer verfolgt er den Ober mit einem düsteren Blick.

Marco schweigt ihn nachdenklich an.

Ich ergreife seine Hand und drücke sie: „Auch ich habe lange gebraucht, bis ich ihn als sprechendes Wesen in Anzug und Sonnenbrille akzeptieren konnte. Ich weiß, wie es dir geht. Ich war zu Beginn selbst beinahe so weit, den Geist aufzugeben.“

„Ja. Das stelle man sich mal vor!“

Massimiliano nimmt seine Brille ab, öffnet ein wenig sein Jackett, macht sich etwas Luft und guckt Marco sehr verschwörerisch an: „Sie wollte mich rauswerfen! Auf die Straße setzen! Dabei kann sie das gar nicht. Es ist nämlich meine Wohnung, in der sie lebt. Und dennoch musste ich alle meine Künste aufwenden, um sie endlich zu überzeugen.“

Das stimmt zwar, aber ich sage nichts dazu. Ihm gehört das alte, renovierte Haus im Herzen Bolognas, in dessen Wohnung ich vor einem Jahr eingezogen bin. Als sich der Kater mir dort damals offenbart hatte, war mein erster Gedanke, sofort wieder auszuziehen. Heute bin ich jedoch froh, dass ich geblieben bin, weil ich nach einem Einbruch meinen Carabiniere kennengelernt habe.

„Ich kann dir gar nicht sagen, wie glücklich ich bin, dass Massimiliano für dich nun auch sichtbar ist!“

Ich weise mit der flachen Hand auf den Kater, als würde ich das neueste Waschmittel in einer Fernsehwerbung präsentieren. Die Einwürfe meines römischen Hausgeistes übergehe ich damit einfach.

Ich schiebe mir eine neue Ladung Pasta in den Mund.

Marco entgegnet noch immer nichts. Diesmal aber, weil aus seiner Hosentasche zum wiederholten Male ein Glucksen ertönt, das er bisher konsequent ignoriert hat. Nun überfliegt er die Nachricht mit einem schnellen Blick auf das Display seines Handys. Ein Schatten huscht über sein Gesicht.

„Un attimo4!“

Er springt auf und eilt mit einem Stirnrunzeln in eine Richtung hinter meinem Rücken davon.

Ich drehe mich neugierig um.

Er schlängelt sich, gestikulierend, mit dem Telefon am Ohr, durch die Nachbartische bis zu einem Inder, der den Arm voller langstieliger lachsfarbener Rosen plaudernden Touristen aufdrängt.

Kurz danach kommt Marco, ohne Telefon am Ohr, dafür aber mit drei Rosen in der Hand zurück an unseren Tisch. Ich kann gerade noch rechtzeitig die Nudeln in meinem Mund mit einem großen Schluck Wein hinunterspülen.

Er reicht mir eine Rose nach der anderen mit jeweils einem Satz und einem begleitenden Kuss: „Die ist für deinen Mut, dass du alleine nach Italien gezogen bist. Die hier dafür, dass du uns Carabinieri zu deinem Unfall gerufen hast und wir uns so kennengelernt haben. Und die dafür, dass du dich in mich verliebt hast!“

Er richtet sich auf und setzt gespielt kritisch hinzu: „Das hast du doch?“

„Hals über Kopf!“

Als Bestätigung springe ich auf, schlinge meine Arme um seinen Hals und küsse ihn zurück. Die Rosen piksen uns. Die Umarmung fällt deshalb kurz aus.

Während ich an den Blüten rieche, schmilzt mein Herz unter dem Nachhall dieser Worte schneller dahin als die Butter in allen Pfannen dieses stolzen Kochs.

Mein Carabiniere lässt sich wieder auf seinem Platz mir gegenüber nieder und greift unvermittelt unser Gespräch von vorhin wieder auf.

Er sieht mich dabei hoffnungsvoll an: „Vielleicht ist es ja nur so etwas wie ein kollektiver Geisteszustand, der uns verbindet, weil wir so verliebt sind? Möglicherweise sehen nur wir beide deinen Kater deshalb mit Designeranzug und Sonnenbrille, weil ...”

„Mein Zustand ist alles andere als kollektiv!“, empört sich der Kater. „Leider! Ich bin bedauerlicherweise nur ein einzelner Geist und das ist schwer genug zu ertragen. Das ist gegen meine Natur! Es ist erstaunlich genug, dass ich all die Jahre auf diese Weise überlebt habe! Normalerweise sollten wir Penaten nämlich zu zweit oder zu dritt unterwegs sein.“

Marco verschränkt die Arme vor der Brust, als müsse er sich vor einer unbestimmten Bedrohung schützen. Ich werfe Massimiliano einen ungeduldigen Augenaufschlag zu, der sagen soll, dass es hier nicht um ihn geht. Marco tut mir leid, denn ich kann mehr als gut nachempfinden, was er durchmacht.

Für ihn ist diese Entdeckung gerade mal wenige Stunden alt. Erst gestern, anlässlich unseres überraschenden Aufeinandertreffens in der Museumsstadt Pompeji, hat er zum ersten Mal die Stimme des Katers vernommen und ihn gesehen. Im Anzug! Und natürlich mit Sonnenbrille. Das muss verstören!

Ich selbst habe Wochen - nein - Monate gebraucht, um mich an diese ungewöhnliche Existenz in meinen vier Wänden zu gewöhnen. Selbst jetzt weiß ich noch immer sehr wenig über diesen antiken Geist im Körper eines Katers. Und das, obwohl er mir inzwischen so ans Herz gewachsen ist, dass ich die nächste Maschine nach Neapel genommen habe, um ihn nach seinem plötzlichen Verschwinden zu suchen.

Immer noch ist alles, was ich darüber weiß, dass mein mysteriöser Hausgeist-Kater auf einmal weg war. Er hatte mir eine Nachricht hinterlassen, ihn in Pompeji zu treffen. Die hatte ich aber erst nach Tagen entdeckt. Also hatte ich mich sofort auf den Weg hierher gemacht. Dieselbe Nachricht hatte auch Marco kurz nach meiner Abreise gelesen und daraus geschlossen, dass ein anderer Mann dahinterstecke. Deshalb sitzen nun nicht nur ich und der Kater hier, sondern auch er, weil er mir aus Sorge oder Eifersucht - vielleicht auch aus beidem – sofort nachgereist ist.

Doch die Hintergründe dieses plötzlichen Verschwindens des Katers kennen wir beide noch immer nicht. Es interessiert mich brennend, das endlich herauszufinden.

„A proposito5: unterwegs sein“, greife ich seine letzte Aussage auf und lenke das Gespräch auf diese Frage. Ich picke mit der Gabel ein Artischockenherz auf und balanciere es in der Luft. „Willst du uns nicht endlich verraten, wieso du so überhastet nach Pompeji reisen musstest?“

Mit hochgezogenen Augenbrauen warte ich auf eine Antwort.

„Was heißt hier ‚überhastet’?“, entgegnet der Kater pikiert. „Ich bin mit dem Zug gefahren! Und zwar mit mehreren lokalen Bummelverbindungen, die an jeder Milchkanne anhalten! Hast du eine Vorstellung davon, wie lange das gedauert hat?!“

„Lenk nicht ab. Wieso bist du hier?“

Er kräuselt die Lippen und zwirbelt ausführlich sein Schnurrhaar, als müsse er über eine verzwickte Problemstellung nachdenken: „Womit soll ich nur beginnen?!“

„Vielleicht damit, dass du ohne ein Wort einfach verschwunden bist?“, rege ich ein wenig bissig an. Meine Sorge hat sich inzwischen in beträchtlichen Ärger verwandelt.

„Das stimmt doch gar nicht, ich habe dir schließlich eine Nachricht hinterlassen!“, verteidigt sich der Kater. Er streicht sich gemütlich über sein graues Fell wie ein Wohlgenährter über seinen vollen Bauch. „Ich habe dir auf dem Bildschirmschoner deines Computers genau angegeben, wo du mich treffen sollst.“

„Er kann einen Computer bedienen?!“, ruft Marco aus und beugt sich nach vorne in meine Richtung, als wolle er meine Antwort auf keinen Fall missverstehen, so unbegreiflich scheint er sie schon im Voraus zu finden.

Massimiliano verdreht theatralisch die Augen wie ein Regisseur, der einer zickigen Diva bereits zum x-ten Mal erklärt, wie er sich eine bestimmte Szene vorstellt.

„Da capo!“6 Er wendet sich in meiner Muttersprache an mich, obwohl seine Worte eindeutig meinem Freund gewidmet sind: „Bitte erkläre ihm, dass ich kein ordinärer Straßenkater bin und dass ich mit zweitausend Jahren Lebenserfahrung auf einen reichen Wissensschatz zurückgreifen kann und im Zuge der technischen Entwicklung eine hohe Anpassungsfähigkeit bewiesen habe.“

„Er spricht Deutsch?!“

Marco lässt sich mit diesem Ausruf wieder in die Stuhllehne zurückfallen, ergreift sein Glas und kippt seinen Spritz in einem Zug hinunter.

„Er hat mal eine Zeit lang in Bozen gelebt“, erkläre ich beinahe wie selbstverständlich, gleichwohl ich selbst keine näheren Hintergründe zu dieser Begebenheit kenne. Und an Massimiliano gewandt, füge ich hinzu: „Wieso hast du nicht mit mir gesprochen, bevor du abgereist bist? Und wie kannst du überhaupt ein Ticket lösen, als Kater?“

„In der Reihenfolge deiner Fragen: Ich habe zwei Tage auf dich gewartet, aber du bist nicht nach Hause gekommen. Und ein Zugticket lösen? Dass ich nicht lache! Nichts ist einfacher als eine Lücke in einem Zug zu finden, in die man als Kater schlüpfen kann.“

Touchée.7

Es war in der Tat die erste Nacht, die ich bei Marco verbracht hatte. Am darauffolgenden Tag waren wir stundenlang mit seinem Motorrad durch die Apenninen gekurvt und erst spät abends zurückgekommen.

Das will ich jedoch nicht als Entschuldigung gelten lassen. Schließlich habe ich mir wirklich große Sorgen gemacht und wir haben tagelang überall nach ihm gesucht. Ganz zu schweigen davon, dass ich einen überteuerten, da sehr kurzfristigen Flug von Bologna nach Neapel gebucht habe, um den Kater zurückzuholen.

„Warum hast du es denn so eilig gehabt? Hätte das nicht noch einen Tag warten können?“

„Oh, nein. Ganz und gar nicht.“

Der Kater setzt ein wichtiges Gesicht auf und schüttelt den Kopf wie ein Professor, der damit die sträfliche Ignoranz seines Gegenübers deutlich machen will.

„Wenn in Pompeji8 eine neue Parzelle zur Ausgrabung freigegeben wird, dann muss man schnell sein. Diebe und Wissenschaftler sind das allemal! Wenn ich überhaupt die Chance haben will, jemals einen anderen penato zu finden, dann dort! Das habe ich euch doch schon erklärt. Und das ist ein bedeutendes Unterfangen, wofür ich auch deine Hilfe brauche. Denn diesmal ist es das Viertel, in welchem unser Haus stand.“

„Du hast in Pompeji gelebt?!“

Nun bin ich es, die einen erstaunten Ausruf tätigt. „Ich dachte, deine Familie kam aus Rom nach Bologna?“

„Auf dem Weg von Pompeji nach Bologna liegt Rom auf der Strecke“, belehrt mich der Kater von oben herab und fügt dann hinzu, was mich diese freche Bemerkung überhören lässt: „Nicht alle sind in Pompeji damals umgekommen.“

„Nein?“

Marco und ich drücken unsere Überraschung gleichzeitig aus. Irgendwie bin ich immer davon überzeugt gewesen, dass diesen historischen Vulkanausbruch niemand überlebt hat. Wie konnte man einer solchen Naturgewalt auch entkommen? Zumal es damals keine so schnellen Transportmittel gab wie heute!

Und selbst heute – ich sehe, meinen Gedanken folgend, ein wenig besorgt um mich – wäre ein Entkommen aus dieser Stadt bei einer Katastrophe dieser Art geradezu unmöglich!

Massimiliano hat unsere ungeteilte Aufmerksamkeit. Er genießt sie sichtlich, denn er macht einen tiefen Atemzug und richtet sich in seinem Stuhl auf, bevor er nach einer künstlichen Pause weiter spricht.

„Manche haben die Stadt rechtzeitig verlassen, als der erste Ascheregen nachgelassen hat. Andere dachten, dass es das war und sind geblieben. Man hatte damals keine Kenntnis über pyroklastische Ströme9, die einen Vulkanhang herabrollen und alles Leben auslöschen. Die Leute wollten ihre Häuser einfach nicht den Plünderern überlassen. Eine verständliche, aber im Nachhinein tragische Entscheidung. Als sie dann doch aus der Stadt fliehen wollten, war es zu spät und alle Straßen waren verstopft.“

Er legt eine weitere Pause ein, in welcher er gedanklich zurück in die Vergangenheit zu reisen scheint: „Ich werde diesen Anblick nie vergessen! Man konnte die Wolke noch von der anderen Seite der Bucht aus sehen, so groß war sie! Wie eine Lawine ist dieser dunkle Staubnebel den Hang hinabgerast, direkt hinein in die Mauern der Stadt und dann hinaus auf das Meer, wo sogar die zur Rettung gesandten Schiffe vernichtet wurden.“

Marco und ich folgen seinen Worten mit angehaltenem Atem und offenen Mündern. Unwillkürlich greifen meine Finger an die Lippen, als wollten sie meiner Erschütterung ob der Vorstellung dieses Dramas durch Sprechverbot Ausdruck verleihen.

„Meine Familie ist vorübergehend in das Landhaus bei den Thermen am anderen Ende der Bucht von Neapel gezogen. Und als wir später hörten, dass von unserer Stadt und Herculaneum und Stabiae und Oplontis nichts übrig ist, sind wir weiter gezogen nach Rom, zu Verwandten und von dort nach Bologna.“

„Du hast den Vulkanausbruch von Pompeji miterlebt?!“, jaule ich mit Nachdruck in der Stimme. Ich höre mich an wie ein überdrehter Teenager. „Du bist ein Zeitzeuge? Ja, weißt du denn, was das bedeutet?!“

„Nein. Was?“

Diesmal sind es Marco und der Kater, die ihrer Verwunderung gleichzeitig Luft machen und mich erwartungsvoll ansehen.

Ich war schon immer fasziniert von diesem geschichtlichen Ereignis. Deshalb bin ich so gefangen von seiner Erzählung, dass sich mir die Haare in meinem Nacken aufstellen und ich mich dadurch von meinen ursprünglichen Fragen an ihn völlig ablenken lasse.

„Seit Jahrhunderten forscht man und macht Ausgrabungen ...“

„... eigentlich so richtig erst seit 1860! Das Gedächtnis der Menschheit ist kurz. Sie haben die Städte lange Zeit völlig vergessen“, fällt mir der Kater ins Wort. Und mehr zu sich selbst, als zu uns, murmelt er: „Unglaublich, wenn man es recht bedenkt!“

Sein Einwurf vermag mich nicht zu bremsen. Ich fahre fort: „... fast alles, was man über das römische Leben weiß, weiß man aus Pompeji! Und diese Sache mit der Wolke kennt man überhaupt erst seit hundert Jahren. Und du, du hast das alles erlebt und selbst gesehen! Du könntest den Archäologen und Wissenschaftlern wertvolle Dinge erzählen.“

„Das könnte ich über zweitausend Jahre menschlicher Geschichte“, erwidert der Kater entgegen seiner sonstigen Art wortkarg. Er streicht sich abermals sehr konzentriert und mit wiederholenden Bewegungen sein dunkelgraues Fell mit dem weißen Kragen glatt.

„Da hat er recht“, bestätigt Marco schlicht.

Der Kater nickt ihm daraufhin zufrieden zu.

Ich drehe nachdenklich meine Gabel in den inzwischen lauwarmen Spaghetti, sehr darauf bedacht, die langen Nudeln ohne den dazu gelieferten Löffel aufzudrehen, so wie das in diesem Land jedes Kind kann.

„Ihr Menschen macht es euch immer unnötig schwer! Der hier ....“, und der Kater deutet mit der Pfote auf meinen Freund, „... kann mich sehen und hören und dennoch glaubt er nicht an mich. Und du willst, dass ich Wissenschaftler von meiner Existenz überzeuge?!“

Er buchstabiert die akademische Berufsgruppe beinahe, so sehr betont er den Begriff.

Wie immer, wenn Massimiliano die Menschheit als Gesamtes in ihrer Unvollkommenheit als Argument heranzieht, hat er damit das letzte Wort. Was soll man darauf auch noch sagen?

Ich widme mich wieder meinem Essen.

Seine Antwort hat meine Aufmerksamkeit jedoch wieder auf die Gegenwart gelenkt: Auf Marco, der alle Mühe hat, mit den Ereignissen der letzten Stunden Schritt zu halten. Er wirkt irgendwie nervös. Ob es der Anruf war oder die Konfrontation mit einem vorlauten Kater, die seine gute Laune verdrängt hat, lässt sich schwer sagen.

Es erinnert mich jedenfalls an die Notwendigkeit, die Zeit für unseren Rückflug im Auge zu behalten. Ich werfe einen schnellen Blick auf meine Armbanduhr.

Ich habe den letzten Flug zurück nach Bologna für heute, Sonntagabend, gebucht und den halben Nachmittag damit zugebracht, einen begleitenden Katzentransport zu organisieren.

„Wenn ich hier fertig bin, sollten wir aufbrechen“, sage ich daher zu Marco. „Wann geht dein Flug eigentlich?“

In den sich überschlagenden Ereignissen der letzten Stunden hatten wir keine Gelegenheit gehabt über unsere Rückreise zu sprechen.

„Ich habe keinen Flug. Ich fahre in zwei Wochen mit dem Zug zurück. Ich habe noch etwas zu erledigen.“

Die Antwort des Carabiniere lässt meine übervolle Gabel mit einem zu großen Batzen umwickelter Spaghetti auf den Teller sinken und mich erstaunt innehalten.

Ich hatte mich geschmeichelt gefühlt, dass der neue Mann in meinem Leben mir, ohne Kosten und Aufwand zu scheuen, nachgereist ist, weil ihn Sorge oder Eifersucht oder beides getrieben hat. Ich war selbstredend davon ausgegangen, dass er mit mir zurück nach Bologna reisen würde.

Mein Ego zieht sich mit der Entdeckung, dass dem nicht so ist, ein wenig eingeschnappt zurück.

„Das trifft sich gut!“, unterbricht Massimiliano indessen meinen Rückzug.

„Was trifft sich gut?“, frage ich forschend. Ich vermeide den Augenkontakt mit Marco, weil ich nicht will, dass er die Kränkung meiner Eitelkeit bemerkt.

„Ich habe auch noch zu tun“, erklärt Massimiliano mit wichtig machender Gestik.

„Wie bitte?“

Ich war nach seiner geheimnisvollen Nachricht auf meinem Computer in aller Eile für das Wochenende gekommen, um nach ihm zu suchen und habe abermals selbstverständlich angenommen, dass natürlich auch er mit mir zurückreisen würde, sobald ich ihn gefunden haben würde. Deswegen war ich schließlich angereist! Ich wollte ihn - wie misslich auch immer seine Lage sein sollte - retten und zurück nach Hause holen.

„Ich habe bereits einen Flug für dich organisiert. Du kommst mit mir nach Bologna!“, stelle ich, ganz meinem Plan entsprechend, richtig.

„Einen Flug?“ Massimilianos Nackenhaar stellt sich auf, als stehe er einem gefährlichen Kampfhund gegenüber.

„Ja. Das war ganz schön aufwendig!“, maule ich. „Ein begleitender Tiertransport, so kurzfristig, ist nicht so einfach zu haben.“

„Tiertransport?!“

Die Verachtung, die mich mit diesem Wort trifft, gleicht der eines renommierten Künstlers, dessen Gemälde man für einen Trödelpreis erstehen will.

„Ich werde bestimmt nicht in so einen Käfig klettern! Niemals! Ich reise mit dem Zug zurück, so, wie ich gekommen bin. Vielleicht mit einem etwas Schnelleren diesmal, aber definitiv mit der Bahn!“

Ich schiebe den Teller Pasta von mir und verschränke die Arme vor meiner Brust. Wütend puste ich eine widerspenstige Strähne aus meiner Stirn.

„Wieso bin ich überhaupt hierher gekommen?“, frage ich provozierend beleidigt.

„Ich hoffe doch: meinetwegen!“, tönt der Kater mit der Selbstverständlichkeit des Wissenden.

„Und wieso bist du überhaupt hierher gekommen?“, fahre ich auch Marco an.

„Deinetwegen!“, antwortet Marco wie aus der Pistole geschossen.

Einen Augenblick lang schweigen wir uns gegenseitig an.

Ich bin so fassungslos, dass ich keine Worte parat habe. Da betreibe ich einen solchen Aufwand um das Wohlergehen meines Hausgeistes und weder er noch mein Freund reisen mit mir zurück!

Ich schmolle.

Marco spricht als erster wieder: „Guarda10, ich habe zufällig sowieso Urlaub. Sonst hätte ich Dir gar nicht so spontan hinterherreisen können. Und da ich schon mal hier bin, besuche ich meine Familie, ehe ich wieder zurückfahre.“

Bevor ich darauf eingehen kann – denn ich hatte keine Ahnung davon, dass Marcos Familie in dieser Gegend lebt – schwatzt der Kater auch wieder los.

„Ich brauche deine Hilfe hier auch“, erklärt er mit vieldeutigem Augenaufschlag. „Deshalb habe ich dir diese Nachricht überhaupt geschrieben. War das nicht klar? Wieso reist du also schon wieder ab?“

„Ich muss morgen wieder an meinem Arbeitsplatz in Bologna sein!“, zische ich zwischen den Zähnen.

Es ärgert mich, dass ich aus rein emotionaler Reaktion heraus überstürzt hierher geflogen bin. Mein Freund war immerhin noch so gelassen, einen Besuch bei seiner Familie einzuplanen! Und mein römischer Hausgeist, der für diesen Schlamassel verantwortlich ist, schafft es wieder einmal, sich eloquent aus der Verantwortung zu stehlen und dabei noch seinen Kopf durchzusetzen. Ich hätte gute Lust, ihn alleine zurückzulassen!

Aber meine Neugierde ist größer und deshalb frage ich, wenn auch kurz angebunden: „Wofür brauchst du meine Hilfe?“

„Es gibt gewisse Dinge, die können nur Menschen tun“, antwortet Massimiliano geheimnisvoll.

Marco ergreift das Wort, bevor der Kater weitere Gründe auflisten oder ich nachforschen kann, was genau diese mysteriösen Dinge sind.

Er beugt sich in meine Richtung, ergreift liebevoll meine Hand und strahlt mich derart verführerisch an, dass ich alleine davon beinahe in die Knie sinke.

„Du könntest heimfliegen, das Nötige regeln und auch eine Woche Urlaub nehmen. Und dann kommst du wieder zurück. Dann verbringen wir hier ein paar Tage zusammen, ich zeige dir die Gegend und wir fahren gemeinsam zurück? Klingt das nicht wunderbar?“

Damit steigert er in übertriebener Intensität sein Nicken, was mich wirklich beinahe zu überschwänglicher Zustimmung hinreißt.

Aber ich springe trotzdem nicht gleich mit Begeisterung über diese Idee in die Luft. Mein deutsches Pflichtbewusstsein nagelt meine Spontanität beharrlich fest.

Mit einem Wink des Kopfes in die Richtung des Katers fügt Marco hinzu: „Und er kann inzwischen seinen Geschäften hier nachgehen.“

Massimiliano macht ein sehr zufriedenes Gesicht.

Ich habe meine neue Arbeitsstelle in Bologna erst kürzlich angetreten und kann unmöglich bereits um Urlaub bitten. Außerdem sind meine Ersparnisse, nicht zuletzt durch diesen spontanen Ausflug in den Süden, auf einen erschreckend niedrigen Stand gesunken. Andererseits ist Marcos Angebot verlockend. Auch der Gedanke, Massimiliano bei seiner Recherche in Pompeji zu unterstützen, reizt mich sehr, obwohl ich das ihm gegenüber noch nicht offen eingestehen will.

Entweder hat Marco super feine Antennen oder er kann Gedanken lesen. Denn genau in diese hinein bietet er mir an, ein Zugticket zu bezahlen und fügt hinzu, dass wir selbstverständlich bei seiner Familie wohnen werden. Er hebelt mit einem Satz alle Gegenargumente finanzieller Art aus.

Massimiliano macht ein noch zufriedeneres Gesicht.

„Ich kann nicht bereits nach so kurzer Zeit Urlaub beantragen“, lehne ich kopfschüttelnd ab.

„Du bist in Italien! Natürlich kannst du das“, erwidert Marco lässig. Er lacht kurz auf. Die beiden kleinen Grübchen, die sich dabei auf seinen Wangen abzeichnen, ziehen mich magisch in ihren Bann. Die hatte ich bisher noch gar nicht an ihm bemerkt. Heimtückisch!

„Ich werde meinen Vater bitten, dir eine schriftliche Einladung zu schicken. Du wirst sehen, das wirkt bei deinem Vorgesetzen Wunder“, sprechen die beiden Grübchen indes zu mir.

„Wieso? Ist er der Chef der Mafia?!“

Ich lache kurz und künstlich, in den Tonfall einer lächerlich machenden Arroganz verfallend. Mein gekränktes Ego treibt mich trotz meiner Verliebtheit noch immer an.

Marco wird schlagartig ernst.

Seine blauen Augen verwandeln sich in blitzende Dolche und durchbohren mich in einer Art, wie ich es an ihm noch nie gesehen habe. Noch bevor ich bemerke, dass ich etwas falsch gemacht habe, legt er Geld für unseren Verzehr auf den Tisch.

„Un tassi, per favore!“11, ruft er dem Kellner zu.

Er greift noch einmal in die Tasche und legt einen größeren Schein daneben: „Das dürfte bis zum Flughafen genügen! Es tut mir leid, wenn ich dich mit meiner Gastfreundschaft bedrängt habe.“

Er erhebt sich: „Ich wünsche dir einen guten Flug.“

Und damit dreht er auf dem Absatz um und entfernt sich.

„Marco!“, rufe ich ihm hinterher und springe ebenfalls auf. Seine heftige Reaktion ist wie eine schallende Ohrfeige für mich. Ich eile ihm hinterher und halte ihn am Arm fest.

„Nun übertreibe nicht! Ich habe das nicht so gemeint!“

Er dreht sich noch einmal kurz um und sieht mich wieder mit röntgenartiger Fixierung in seinen klaren Augen an: „Doch. Das hast du.“

Er sagt es so ruhig und ohne Betonung, dass ich wie angewurzelt stehe. Es trifft mich ins Knochenmark. Sämtliche, mir auf den Lippen liegenden Entschuldigungen werden im Keim erstickt.

Marco wendet sich ohne weitere Worte ab und verschwindet im Menschengewühl hinter der nächsten Ecke, bevor ich realisiere, was geschehen ist.

Es verstreichen mehrere stockende Atemzüge. Erst allmählich bin ich in der Lage, mich zu bewegen.

„Warte doch!“

Mein Ruf erstickt im Lärm eines Schwarms vorbeiknatternder Motorräder und Vespas. Ich bleibe nach ein paar Schritten an der Ecke stehen, um die er verschwunden ist. Im Gewirr umhereilender Menschen ist es unmöglich, ihn überhaupt noch auszumachen. Wie unter Schock stehe ich da und schaue, unfähig einen klaren Gedanken zu fassen.

Wie ist es möglich, dass sich die Dinge von Urlaubsstimmung und Rosenhimmel innerhalb weniger Augenblicke in ein solches Drama verdreht haben?!

Meine Seele ist diesem Tempo der Veränderung nicht gewachsen! Sie sitzt noch drüben am Restauranttisch, genießt den Sonnenuntergang und schwärmt diesen Traum von Mann an, der seit kurzem in mein Leben getreten ist. Die Bedeutung seiner letzten Worte tröpfelt erst allmählich in mein Bewusstsein.

„Überlass das mir!“, befiehlt eine energische Stimme neben mir und schiebt mich zurück in Richtung des Kellners, der bereits zusammen mit dem wartenden Taxifahrer winkt. „Du fliegst jetzt nach Bologna zurück und kommst baldmöglichst wieder. Ich kümmere mich um ihn.“

Und im Wegspringen ruft mir Massimiliano über den Rücken zu: „Komm, so bald du kannst! Ich werde jeden Tag um zwölf Uhr im Haus des Fauns12 sein!“

Und schon sehe ich nur noch seine weiße Schwanzspitze, wie sie als letztes Teil von ihm ebenfalls um eine Ecke verschwindet.

„Aber ...“

Der Kellner kommt mit der Rechnung wedelnd herbeigelaufen.

„Signora! Non basta13!“

Gedanklich renne ich noch immer hinter Marco und dem Kater her. Der Mann muss mich am Arm zupfen, damit ich mich endlich seinem Anliegen zuwende.

„Was?“

„Das reicht nicht!“, wiederholt er und zieht mich zurück an den Tisch. Dort zählt er mir die von Marco hinterlassenen Scheine ab und weist dann mit dem Finger auf die Summe der Rechnung.

„Wie bitte?!“

Mit Entsetzen reiße ich dem Mann den Zettel aus der Hand, aber der Betrag wird deshalb nicht kleiner.

„Das kann nicht stimmen!“, schüttle ich dann den Kopf. „Ich hatte nur einen Teller Spaghetti!“

Der Ober besteht mit zuckenden Schultern auf den ausgewiesenen Preis.

Ein Taxifahrer lässt seinen Wagen mit aktiviertem Warnblinken in der zweiten Reihe auf der Straße stehen und kommt gestikulierend zu uns an den Tisch gelaufen: „Was ist nun mit dem Taxi?“

Ein vehementes Hupkonzert hebt kurz hinter ihm an, doch dann schlängelt sich der Verkehr einfach an dem Hindernis vorbei.

„Die Rechnung weist nicht die Positionen einzeln auf“, meckere ich. „Meine Spaghetti kosten laut Karte vierfünfzig! Wie kommt der Rest der Rechnung zustande?“

Ich kann mich des Preises deshalb so genau entsinnen, weil ich überrascht über das im Vergleich zu Bologna günstige Angebot gewesen war.

Der Taxifahrer schielt über meine Schulter auf den Beleg: „Nur Spaghetti und Getränke, eh? Das ist zu viel! Madonna!14 Diese Artischocken sind ja teurer als Gold! Auf dem Markt kosten Carciofi nur ein paar Cent.“

Der Kellner, der sich nun von der unerwarteten Unterstützung durch den Taxichauffeur vermutlich in der Minderheit empfindet, ruft etwas über seinen Rücken in das Lokal. Kurz darauf eilt der Koch in Mütze und mit schwingendem Kochlöffel herbei, als wäre er soeben einem Cartoon entsprungen. Bevor ich mich versehe, schreien sich Taxifahrer, Kellner und Koch in breitestem Napolitano15 an und fuchteln dabei mit den Armen.

Zu Passivität verdammt, denn ich verstehe kein Wort mehr, schaue ich nur noch von einem zum anderen. Eine Einheimische erhebt sich vom Nachbartisch und wirft sich ebenfalls lautstark in das Streitgetümmel. Es erschließt sich mir weder ihre Motivation, noch auf welcher Seite sie kämpft.

Schließlich schlussfolgere ich, auf Seite des Gastes. Denn der Kellner steckt das Geld nach einer Weile in seine Börse und der Koch wedelt die Frau und den Taxichauffeur wie lästige Schmeißfliegen in Richtung der Straße fort.

„Ich habe Ihnen doch gesagt, dass man das so nicht essen kann!“, mault er mich dann in deutlichem Italienisch an. Er wirft einen missbilligenden Blick auf den halb vollen Teller Pasta mit den darin vermischten Artischocken. „Erst freveln und dann nicht bezahlen!“

Ich schnappe nach Luft, um endlich auch etwas zu meiner Verteidigung loszuwerden. Aber der Taxifahrer zieht mich bereits am Arm in Richtung des Wagens: „Es ist eine Schande für die ganze Stadt! Solche Leute ruinieren den Ruf Neapels! Und wir ehrlichen Menschen haben dann unsere liebe Mühe, das wieder gut zu machen. Wie stehen wir denn vor der Welt da?! Eine Schande ist das!“ Dann dreht er sich nochmal um und schwingt die Faust: „Che vergogna! Vergognatevi!16“

Er öffnet mir den Wagenschlag, läuft um das Auto in den dichten Verkehr, blafft unterwegs kurz einen ihn anhupenden Fahrer an und klettert schließlich hinter das Steuer.

„Wie kann man eine schöne Frau so mies behandeln!?“, lächelt er mir zu. Er bügelt mit dieser Freundlichkeit tatsächlich ein wenig die Falten aus meiner emotionalen Apokalypse.

„Zum Flughafen“, bestätigt er mir dann in völliger Ruhe, stellt die Warnblinkanlage ab, den Zähler ein und drängt sich sofort mit der Schnauze des Wagens zwischen die dicht an dicht stehenden Fahrzeuge.

1 Artischocken

2 Beliebter Aperitif, Aperol oder Campari mit Mineralwasser

3 Römischer Hausgeist

4 einen Moment!

5 Bei der Gelegenheit; à propos

6 von vorne, von neuem

7 Franz.: Treffer

8 Pompeji war eine antike Stadt in Kampanien, am Golf von Neapel gelegen, die wie Herculaneum, Stabiae und Oplontis beim Ausbruch des Vesuvs im Jahr 79 n. Chr. untergegangen ist. Bei dem Ausbruch des Vesuvs wurde die Stadt verschüttet, dabei weitgehend konserviert. Heute ist Pompeji zu einem zentralen Objekt der Archäologie und der Erforschung der antiken Welt geworden.

9 Ein pyroklastischer Strom entsteht, wenn Gesteinsbrocken und Magma zu besonders feiner vulkanischer Asche zerrissen werden und sie zusammen mit den austretenden Gasen mit bis zu 700 km/h den Hang hinab gleiten, wobei eine enorme Zerstörungskraft entfaltet wird. Selbst große Wasserflächen (z. B. offene Meerwasserflächen) werden mühelos überwunden. Im Inneren des Stroms können Temperaturen zwischen 300 und 800 °C herrschen, abhängig von der Größe des Stroms.

10 Schau!

11 Ein Taxi, bitte!

12 Faun: altitalischer Gott der Natur und des Waldes. Die Villa des Fauns ist ein stattliches Anwesen in Pompeji, in dem eine Statue des Fauns (antiker römischer Gott) gefunden wurde.

13 Das reicht nicht!

14 Heilige Mutter Gottes!

15 Neapolitanisch ist eine romanische Sprache, wie sie in der Stadt Neapel gesprochen wird (neapolitanisch: Napule, italienisch: Napoli).

16 Welche Schande! Schämt Euch!

2. Schwindel

Mein einsamer Rückflug nach Bologna gleicht einer Achterbahnfahrt.

Mehrmals sackt die Maschine um einige Meter ab in ein Luftloch. Es ruft allgemeines Aufschreien hervor, gefolgt von zunehmender Stille und steigender Anspannung bei den Passagieren.

Ich versuche, mich abzulenken und blättere in einer Zeitung, die mir die Flugbegleiterin bei Betreten der Maschine vorausschauend aufgedrängt hat.

Mein Blick bleibt an einer Schlagzeile hängen: Mysteriöser Diebstahl in Pompeji.

Ich überfliege die Zeilen und lese, dass drei erstaunlich gut erhaltene Tontäfelchen des römischen Kaisers Tiberius mit Schriftzeichen in einem Haus gefunden worden waren. Diese sind jedoch spurlos verschwunden, obwohl der streng abgesperrte und gesicherte Bereich weder aufgebrochen noch beschädigt ist. Die Polizei kann sich dieses Mysterium nicht erklären. In einem anderen Artikel auf der gegenüberliegenden Seite berichtet ein Journalist auf sehr humorvolle Weise über die verdrehte Welt der heutigen Zeit und lässt sich über einen aktuellen Fall aus: Zwei Deutsche haben einem Neapolitaner auf Capri die Geldbörse gestohlen17.

Ein Getränkebecher ergießt seinen Inhalt aus der Hand eines Stewards quer über die Reihe der Passagiere vor mir. Daraufhin wird nun auch der karge Bordservice, den es überraschenderweise auf diesem Flug tatsächlich noch gibt, eingestellt. Sogar das Bordpersonal schnallt sich nun auf seinen Sitzen fest. Sie üben sich in zuversichtlichem Lächeln, das aber nur verkrampft wirkt.

Das ist kein gutes Zeichen, denke ich. So etwas haben Flugbegleiter auf meinen zahlreichen Flügen bisher noch nie getan! Ich stopfe die Zeitung in die Tasche des Sitzes vor mir.

Es passt jedoch zu meiner Gefühlswelt. Der Schock über Marcos harte Reaktion sitzt mir wie eine Zecke im Genick: Je weiter Zeit verstreicht, umso mehr verlassen mich die Kräfte und umso vergifteter fühle ich mich.

Wie paralysiert klebe ich auf meinem Platz und starre aus dem kleinen ovalen Fenster, vor dem sich bedrohliche Luftverwirbelungen um eine beträchtlich schwingende Tragfläche schlingen. Wenn ich mich nicht ernsthaft um die sichere Ankunft dieser Maschine sorgen müsste, würde ich vermutlich im Morast meines Elends völlig zerfließen.

Ich hatte doch nur einen unbedachten Scherz gemacht! Eine vermeintlich witzige Einleitung, die mir die Tür öffnen sollte, durch welche ich mich dann schmollend zurückziehen hätte können. Wir hätten beide ein paar ironische Bemerkungen ausgetauscht, gelacht und ich meine Façon wieder gewonnen, ohne mein Gesicht zu verlieren.

Ich finde die ganze Sache überhaupt nicht tragisch! Wieso also, um alles in der Welt, macht Marco so ein Drama daraus?

Ein weiteres Luftloch schubst meinen Magen in Richtung meines Halses. Diesmal schreit kaum noch ein Passagier auf, dafür verkrampfen sie sich umso leidenschaftlicher in die Sitze. Der Kapitän versucht gerade ein paar beruhigende Worte über Luftwirbel und -schichten zu platzieren, als mir definitiv schlecht wird.

Ich springe auf, presse mein Taschentuch vor den Mund und schlängle eilig in Richtung der Toilette.

„Bleiben Sie bitte sitzen!“, alarmiert mich ein Flugbegleiter vom anderen Ende der Maschine. Er eilt nun ebenfalls den Gang entlang, um mir hinterher zu hechten. Beide werden wir von einer Seite zur anderen geschleudert. Aber ich bin schneller. Ich kicke die Tür zur Toilette auf und ein erneutes Absacken der Maschine stößt mich in die Kabine.

Mehrfach hatte ich versucht, Marco vor dem Abflug anzurufen.

Mehrfach sind meine Versuche nur auf der Mailbox gelandet.

Mehrfach habe ich Entschuldigungen hinterlassen.

Es ist die Summe dieser vergeblichen Wiederholungen, die mir den Magen umstülpt. Der turbulente Flug erledigt dabei nur den Rest.

Als ich die Tür aus der Kabine wieder öffne, wartet der Steward mit einem feuchten Erfrischungstuch und strenger Miene davor. Er reicht es mir wortlos zusammen mit einer gefalteten Papiertüte und weist mich an, das nächste Mal sitzen zu bleiben. Dann führt er mich zurück an meinen Platz.

Ich bete zu Gott, dass dieser Flug enden möge; gut enden, füge ich hinzu. Und da ich gerade dabei bin, hänge ich noch ein Post Skriptum an, das Marcos Läuterung erbittet.

Es müssen wohl mehrere Personen in der Maschine ein solches Stoßgebet an den Himmel geschickt haben, denn kurze Zeit darauf hat der Spuk ein jähes Ende. Das Flugzeug gleitet ruhig in den Sinkflug in Richtung Bologna. Ich frage mich, ob mir die butterweiche Landung nur wegen der zuvor erlebten Turbulenzen so göttlich vorkommt, oder ob es tatsächlich Hilfe einer höheren Macht gibt? Seit Massimiliano in mein Leben getreten ist, beginne ich allerhand für möglich zu halten, das ich zuvor kategorisch ins Reich des Unmöglichen verbannt habe.

Kaum habe ich festen Boden unter den Füßen, starte ich wieder mit meinen Versuchen, Marco telefonisch zu erreichen.

Vergebens.

Im Taxi zu meiner Wohnung tippe ich mit fiebrigen Fingern eine E-Mail-Nachricht, deren Inhalt meine verbalen Wiedergutmachungsversuche wiederholt.

Keine Reaktion.

Der liebe Gott war vermutlich mit dem Flugzeug genug beschäftigt gewesen. Er konnte sich nicht auch noch darum kümmern.

Als ich vor dem Altbau meiner Wohnung aus dem Wagen steige und meinen Rollkoffer auf den Boden setze, überrascht mich die Stimme eines meiner Freunde, der aus der Dunkelheit auf mich zu tritt.

„Da bist du ja!“, grüßt Maximilian, mein Landsmann und Arzt. „Wir wollten gerade zu dir.“

Im Grunde verdanke ich es dem penato, dass wir uns kennen. Ich hatte damals einen deutschen Arzt gesucht, weil auch ich zu Beginn meiner Begegnung mit einem sprechenden Kater in Designeranzug an Halluzinationen geglaubt hatte.

Max nimmt mir höflich den Trolley ab, um mein Bezahlen des Taxifahrers zu erleichtern.

Sein Partner Enzo tritt aus seinem Schatten ebenfalls in den Lichtkegel der Straßenlaterne, unter der das Taxi vor meiner Tür angehalten hat.

Der Wagen entfernt sich und ich schaue meine beiden, unverhofften und im Augenblick sehr ungelegenen Besucher an. Ich krame nach meinem Schlüssel.

„Wo kommst du denn her? Warst du in Deutschland?“, fragt Max.

„Nein. Neapel“, antworte ich schlicht. Mir ist nicht nach vielen Worten. Mein Herz ist zu intensiv mit dem Chaos meiner Gefühlswallung beschäftigt.

„Was machst du denn in Neapel?“, forscht mein Landsmann weiter. Beide Männer folgen mir auf das große Holztor zu, welches ich aufsperre und damit den Weg in das großzügige Treppenhaus vor dem Hinterhof freigebe.

„Das ist eine lange Geschichte!“, puste ich erschöpft. Ich hoffe, dass die Androhung einer endlosen Story genug ist, um sie von näherem Nachfragen abzuhalten.

Der Eindruck, den ich mache, muss jedoch von auffallend verzweifelter Art sein, denn Maximilian merkt sofort, dass etwas nicht stimmt.

„Ärger mit der Liebe?“, formuliert er treffsicher.

„Sieht man es mir an?“, frage ich kleinlaut, ohne die Treppe zu meiner Wohnung zu betreten.

Ich bleibe stehen, meine beiden Begleiter folgen meinem Beispiel.

Maximilian nickt. Dennoch will er mit ärztlichem Fürsorgeton wissen: „Was ist denn passiert?“

Langsam steige ich nun doch die abgetretenen Steinstufen der geschwungenen Treppe nach oben; gefolgt von den beiden, die mein Gepäck tragen.

Ich zögere, ob ich mein so frisches Beziehungsdrama bei meinen Freunden sofort ausbreiten will? Aber Maximilian ist mein Hausarzt und ist mir als solcher schon bei anderen Problemen zur Seite gestanden. Also erzähle ich in kurzen Worten die Misere, allerdings ohne meinen Hausgeist zu erwähnen. Max hat nie die volle Wahrheit über Massimiliano erfahren und hält mich für geheilt. Das soll auch so bleiben.

Oben am Ende der Treppe angekommen, entriegle ich die gefühlt tausend Schließen meiner Sicherheitstür zu meinem kleinen Ein-Zimmer-Apartment. Ich halte die Tür für meine Gäste auf und knipse das Licht an.

„Das hast du gesagt?!“, entfährt es dem kleineren Enzo mit großer Gestik, als ich die Szene mit meinem Scherz erläutere.

Ich sehe ihn erschrocken an: „Wieso?“

Max und Enzo tauschen einen vielsagenden Blick, der das Potenzial hat, mich völlig aus der Fassung zu bringen.

„Was ist daran so schlimm?!“, verteidige ich mich beinahe hysterisch, aber eher, weil mein unerwarteter Besuch nun anstatt Trost noch heftigere Schuldgefühle hervorruft. Das leitet einen Prozess ein, den ich mit großem Kraftaufwand bisher erfolgreich abgewendet habe: Panik überfällt mich.

„Ma!18 Einem Carabiniere so etwas zu unterstellen, ist schon heftig“, meint Enzo gedehnt. „Aber einem Carabiniere aus dem Süden ...“

Er überlässt es meiner amoklaufenden Fantasie, in welche Kategorie dies einzuordnen ist. Ich frage mich, ob meine Anspielung auf die Mafia deshalb ein so heikles Thema ist, weil man tatsächlich auch in der Polizeitruppe nicht selten Mitglieder krimineller Organisationen dieser Art findet, oder ob die Unterstellung an sich bereits eine unaussprechliche Beleidigung ist?

Ich kneife die Lippen zusammen.

Dem Deutschen, der schon ein paar Jahre mehr Italienerfahrung hat als ich, werfe ich einen hilfesuchenden Blick zu. Er muss mich doch verstehen!

Max lässt sich auf meinem Sofa nieder und schlägt die Beine übereinander.

„Das ist ein Thema, das man in diesem Land besser nicht offen anspricht“, meint er vorsichtig. „Das tut man einfach nicht. Jede Kultur hat so ihre Tabus, das verstehen wir Deutschen doch ganz gut, oder?“

Mit aufgerissenen Augen starre ich ihn an. Was will er mir damit sagen? Dass ich eine moralische Schranke, wie sie nur in diesem Land existiert, durchbrochen habe, oder dass mehr dahinter stecken könnte?

Ich beschließe, nichts mehr darauf zu antworten, da die Tragödie in meinem Kopf ohnehin schon ausreichend zügellos tobt. Ich will auch nichts mehr hören, weil ich spüre, dass die beiden alles nur noch schlimmer für mich machen werden.

Mit einem Tritt schubse ich meinen Rollkoffer unter das Bett, stelle drei Weingläser auf den Tisch und nehme eine Flasche trockenen Lambrusco19 aus dem Kühlschrank. Das ist genau, was ich jetzt brauche!

„Was verschafft mir eigentlich die Ehre eures Besuches?“, frage ich, zielstrebig das Thema wechselnd.

„Ach ja, genau!“

Max springt auf die Beine und schnappt sich eines der Gläser, die ich gerade halbvoll geschenkt habe.

„Enzo und ich werden zusammen ziehen!“, verkündet er und sieht mich an, als erwarte er von mir rauschenden Beifall. „Und rate mal, wo unsere neue Wohnung ist?“

Ich zucke die Achseln und nehme einen großen Schluck aus meinem Glas.

Es tut gut.

„Hier, an der kleinen Piazza San Martino!“, lacht mein Arzt und zeigt mit dem Arm in die Richtung, wo hinter meiner Hauswand vermutlich die neue Wohnung liegt. „Dort drüben, im vierten Stock, du weißt schon, im Gebäude des Restaurants.“

Sie werden also über meinem Stammlokal einziehen.

„Wir werden Nachbarn!“, lächle ich, stoße mit ihm an und schicke ein wenig überzeugendes „