Meine Wahrheit 10 -  - E-Book

Meine Wahrheit 10 E-Book

4,9

Beschreibung

Alle 14 Tage neu! Hier sind die dramatischen Geschichten aus dem wahren Leben, authentisch und voller Emotionen! Jede Menge ergreifende Schicksale und aufregende Bekenntnisse – aktuell, ehrlich und persönlich. Jetzt wird endlich mal deutlich Klartext geredet! Geschichte 1: Ohne Skrupel "Meine beste Freundin hat mir den Mann ausgespannt." Karen und ich waren seit über fünfzig Jahren befreundet. Wir waren quasi wie Schwestern aufgewachsen, zusammen zur Schule gegangen und hatten dann gemeinsam eine kaufmännische Ausbildung absolviert. Wir hatten uns damals geschworen, einander nie aus den Augen zu verlieren. Mit Anfang zwanzig hatte Karen ihren Olaf geheiratet. Kurz darauf ich meinen Norbert. Die Männer waren ebenfalls schon länger befreundet. So sahen wir uns auch als junge Ehepaare regelmäßig. Wir kochten zusammen, gingen tanzen oder ins Kino. Dann kamen die Kinder. Fast zur gleichen Zeit brachten Karen und ich unsere Söhne Jan und Ben zur Welt. Und wir beschlossen, gemeinsam ein Doppelhaus zu bauen. Die Kinder sollten im Grünen aufwachsen. Außerdem konnten die Männer dann viel besser ihr gemeinsames Hobby pflegen, während wir Frauen uns gegenseitig in allen möglichen Dingen unterstützten. All die Jahre waren Karen und ich ein Herz und eine Seele gewesen. Es hatte nie Streit zwischen uns gegeben. Wir fühlten uns wie eine Familie, die immer füreinander da war. Bis zum vergangenen Sommer.

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Inhalt

Geschichte 1

Geschichte 2

Geschichte 3

Geschichte 4

Geschichte 5

Geschichte 6

Geschichte 7

Geschichte 8

Geschichte 9

Geschichte 10

Geschichte 11

Geschichte 12

Meine Wahrheit –10–

50 Seiten Private Bekenntnisse

Diverse Autoren

Geschichte 1

Ohne Skrupel

Roman von Sabine N. (58)

»Meine beste Freundin hat mir den Mann ausgespannt.«

Karen und ich waren seit über fünfzig Jahren befreundet. Wir waren quasi wie Schwestern aufgewachsen, zusammen zur Schule gegangen und hatten dann gemeinsam eine kaufmännische Ausbildung absolviert. Wir hatten uns damals geschworen, einander nie aus den Augen zu verlieren.

Mit Anfang zwanzig hatte Karen ihren Olaf geheiratet. Kurz darauf ich meinen Norbert. Die Männer waren ebenfalls schon länger befreundet. So sahen wir uns auch als junge Ehepaare regelmäßig. Wir kochten zusammen, gingen tanzen oder ins Kino. Dann kamen die Kinder. Fast zur gleichen Zeit brachten Karen und ich unsere Söhne Jan und Ben zur Welt. Und wir beschlossen, gemeinsam ein Doppelhaus zu bauen. Die Kinder sollten im Grünen aufwachsen. Außerdem konnten die Männer dann viel besser ihr gemeinsames Hobby pflegen, während wir Frauen uns gegenseitig in allen möglichen Dingen unterstützten.

All die Jahre waren Karen und ich ein Herz und eine Seele gewesen. Es hatte nie Streit zwischen uns gegeben. Wir fühlten uns wie eine Familie, die immer füreinander da war. Bis zum vergangenen Sommer.

*

Olaf und Jan waren im Jahr vorher, kurz vor Weihnachten, bei einem schrecklichen Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Gleichzeitig ihren Mann und den einzigen Sohn, auch wenn er schon erwachsen war, zu verlieren, hatte Karen ins Bodenlose stürzen lassen.

Olaf und Jan waren ihr Ein und Alles gewesen. So niedergeschmettert und hilflos hatte ich sie noch nie erlebt. Aber ich war ja selbst wie gelähmt. Mit so einem harten Schicksalsschlag hatte doch niemand gerechnet.

In den ersten Wochen nach dem Unfall verließ Karen nicht mal das Bett. Sie wollte nichts essen, sich nicht waschen. Es hatte Monate gedauert, bis sie wieder einigermaßen auf den Füßen stand.

In dieser schlimmen Zeit war ich jeden Tag für sie da. Ich hatte ihren Haushalt geschmissen und für sie gekocht. Schließlich musste sie wieder zu Kräften kommen. Manchmal hatte ich sogar bei ihr geschlafen, weil nachts ihr Kummer am größten gewesen war. Auch Norbert hatte seinen Teil dazu beigetragen, um Karen zu helfen, wo er nur konnte. Irgendwann war sie dann fast wieder die Alte gewesen.

Mein Mann und ich atmeten auf. Natürlich unterstützten wir sie weiterhin. Vor allem Norbert verbrachte oft Zeit bei Karen, weil ständig irgendetwas zu reparieren war. Einmal hatte der Wasserhahn getropft. Ein anderes Mal war die Waschmaschine kaputt gegangen. Und das Kaminholz musste ja auch gespalten werden. Es gab immer etwas für ihn zu tun. Nach getaner Arbeit kredenzte Karen ihm dann meistens noch ein Bier oder ein Schnäpschen.

Ich hatte mir nichts dabei gedacht, als sie so oft seine Hilfe beanspruchte. Schließlich war sie meine Freundin. Dass es meistens nur ein Vorwand war, um Norbert in ihrer Nähe zu haben, erfuhr ich von meinem Mann nicht. Er verschwieg mir diese Kleinigkeit geflissentlich. Warum, ist mir heute klar. Das Luder hatte ihm damals schon schöne Augen gemacht.

*

Ende August saßen wir vorm PC und studierten die unzähligen Last-Minute-Reiseangebote. »Keine Ahnung, wohin wir in diesem Jahr fahren sollen«, stöhnte Norbert.

»Ich auch nicht«, erwiderte ich.

Wir hatten schon ziemlich viele Länder bereist, da wurde es immer schwieriger, etwas zu finden, das uns noch reizte.

»Was hältst du von Bali? Eine Trauminsel. Da wollten wir doch schon immer mal hin«, warf Norbert schließlich ein.

»Ja, ich weiß. Aber Bali ist so weit weg. Wenn man diesen langen Flug auf sich nimmt, sollte man wenigstens auch drei Wochen da bleiben«, gab ich zurück.

»Was hindert uns daran?«, wollte er wissen.

Norbert war im Frühjahr in den Vorruhestand getreten. Und ich arbeitete seit Kurzem auch nur noch fünfzehn Stunden pro Woche. Mein Chef war äußerst kulant. Bis auf wenige Ausnahmen, wenn er mich dringend brauchte, konnte ich mir meine Arbeitszeit so einteilen, wie ich wollte. Wenn ich also vorarbeiten würde, könnte ich bestimmt kurzfristig drei Wochen Urlaub nehmen. Ich war aber trotzdem noch unentschlossen.

»Was ist mit Karen? Meinst du, wir können sie so lange allein lassen?«

»Karen?« Norberts Augen blitzten auf.

»Ich mache mir immer noch Sorgen um sie«, sagte ich.

»Sie könnte uns begleiten. Allein macht sie garantiert keine Ferien. Auf jeden Fall wäre es gut, wenn sie mal etwas anderes sieht, aber trotzdem vertraute Menschen um sich hätte«, schlug er eifrig vor.

Norbert war wirklich ein Schatz. Das dachte ich zumindest. Denn ich hatte ja keine Ahnung, weshalb er Karen wirklich dabeihaben wollte.

»Ich werde gleich zu ihr gehen und sie fragen. Wenn sie einverstanden ist, rede ich morgen mit meinem Chef und die Sache ist geritzt«, beschloss ich.

*

Was? Ihr wollt nach Bali und ich… soll euch begleiten? Aber… das geht doch nicht«, stammelte Karen.

»Natürlich geht das. Wir würden uns darüber sehr freuen!«, beruhigte ich sie, doch sie schüttelte immer wieder den Kopf.

Wie scheinheilig und gerissen sie doch gewesen war! Fast eine Stunde hatte sie mich reden lassen wie ein Wasserfall, bis sie sich endlich herabließ, Ja zu sagen. Natürlich sollte mir nicht auffallen, wie viel es ihr bedeutete, Norbert in ihrer Nähe zu haben. Im Urlaub wären wir von früh bis spät zusammen. Etwas Besseres konnte ihr doch gar nicht passieren, um ihn mir endgültig auszuspannen.

»Ach, Sabine! Ich bin euch ja so dankbar. Du glaubst gar nicht, wie gut es mir tut, solche treuen Freunde zu haben. Auf euch ist immer Verlass. Und nun wollt ihr mich auch noch mit in den Urlaub nehmen«, sagte sie und schniefte theatralisch in ihr Taschentuch.

»Dafür sind Freunde doch da, dass man sich auf sie verlassen kann. Du würdest umgekehrt nicht anders handeln«, erklärte ich mit einem Lächeln.

Daraufhin zog Karen mich in die Arme und drückte mich ganz fest. Es war übrigens das letzte Mal, dass dies in so einer innigen Form geschah.

Unser Hotel war wunderschön gelegen. Wir bewohnten zwei Bungalows, direkt nebeneinander gelegen. Die ersten beiden Tage verbrachten wir nur damit, am Strand auszuspannen. Wir bummelten sozusagen in den Tag hinein.

Ein süßlicher Blütenduft aus Zimt und Vanille, gemischt mit tropischer Wärme, lag in der Luft. Die Palmenblätter bewegten sich ganz sanft zu dem melodischen Kling-Klong der typischen Bambusinstrumente, die speziell am Nachmittag überall angestimmt wurden. Das kristallklare Meer vor uns glitzerte wie eine Schatztruhe voller Juwelen. Wir lagen auf einer bequemen Liege und schlürften genüsslich an einem kühlen Longdrink.

»Wer kann schon von sich behaupten, im Paradies auf Erden zu leben? Die Balinesen können es. Ein Glück, dass es Reiseveranstalter gibt, die einem dieses Wunder der Natur zugänglich machen. Hier möchte man bleiben. Am liebsten für immer. Ich bin wirklich froh, dass ich euch begleitet habe«, schwärmte Karen und berührte dabei wie zufällig Norberts Hand.

Wieder einmal dachte ich mir nichts dabei. Warum auch? Norbert schien es gar nicht bemerkt zu haben, so angestrengt sah er aufs Meer hinaus.

»Da draußen gibt es atemberaubende Korallenriffe. Ich brenne schon darauf, dort zu tauchen«, sagte er.

»Tja, das wirst du dann allein tun müssen. Du weißt ja, dass ich unter Wasser Angstzustände bekomme«, warf ich ein.

»Ich könnte Norbert doch begleiten«, meldete sich Karen.

»Aber du kannst doch gar nicht tauchen«, erwiderte ich überrascht.

»Na und? Das kann doch so schwer nicht sein. Ich habe erst heute Morgen gelesen, dass die Tauchschulen auch Crashkurse anbieten«, kam es prompt von ihr zurück.

»Na dann, viel Spaß«, sagte ich ein wenig pikiert.

Ich hatte angenommen, dass Karen und ich die Wellnessoase des Hotels besuchen würden, wenn Norbert seinen Ausflug zum Korallenriff unternahm. Aber meine Enttäuschung war schnell verflogen. Stattdessen freute ich mich darüber, dass meine Freundin endlich wieder Lust am Leben fand.

Den Rest des Nachmittags verbrachten wir damit, im lauen Ozean zu baden, zu lachen und darüber zu reden, wie sehr wir uns auf die Inselausflüge freuten, die wir gebucht hatten. Die beeindruckenden Vulkanriesen im Norden wollten wir uns ansehen. Außerdem gab es faszinierende Seen, Flüsse, Schluchten und Hügellandschaften, die den Rahmen für den schöpferischen Umgang mit der Natur boten. Weiterhin stand ein Ausflug zu den smaragdgrünen, stufenförmigen Reisterrassen, die zu den schönsten der Welt zählten, auf dem Programm. Die Balinesen bezeichneten sie wegen ihres Aussehens auch als Himmelstreppe. Und dann wollten wir noch eine Entdeckungsreise in die jahrhundertealte, vom Hinduismus geprägte Kultur starten.

Ganz besonders freute ich mich auf den Tanah Lot, einen Meerestempel vor der Südküste Balis. Wie es hieß, sollte es der schönste Platz für die Götter sein.

Den Abend ließen wir dann an der Cocktailbar unter freiem Himmel ausklingen. Eine Damenriege, die hinter uns saß, machte bereits spitze Bemerkungen über Norbert. Wir flankierten ihn nämlich rechts und links. Und er hatte seine Arme um uns gelegt.

»Seht euch nur diesen Hahn im Korbe an. Ob der mit beiden was hat?«, hörte ich eine der Frauen sagen.

Ich musste spontan lächeln. Na ja, Norbert schien sich nach einigen Drinks in der Rolle unseres Beschützers wirklich recht wohl zu fühlen.

»Der einen streichelt er den Busen, der anderen knetet er den Po«, feixte eine andere aus der Gruppe.

Da war mir dann schlagartig das Lächeln vergangen. Ich schob Norberts rechte Hand von meinem Hintern und stieß ihn heftig in die Seite.

»Autsch«, stöhnte er auf und ließ nun auch von Karen ab.

»Schluss für heute. Du hattest genug Cocktails. Zeit fürs Bett«, bestimmte ich.

»Och, Sabine! Jetzt, wo es am schönsten ist«, begehrte Karen sofort auf.

»… soll man aufhören«, ergänzte ich.

»Es ist noch nicht mal Mitternacht«, protestierte Norbert.

»Wenn ihr weitertrinken wollt, von mir aus. Ich geh jetzt schlafen. Morgen wird ein anstrengender Tag. Oder habt ihr etwa den Ausflug zu den Himmels-treppen vergessen?«, erinnerte ich die beiden, die mir schließlich widerwillig folgten.

»Ich freue mich, dass du so besorgt um unsere Freundin bist. Aber den Busen musst du ihr nun wirklich nicht streicheln«, fauchte ich später im Bett.

»Ich bin mir keiner Schuld bewusst«, faselte Norbert mit schwerer Zunge und schlief auf der Stelle ein.

*

Der folgende Tag stand unter keinem guten Stern. Norbert wachte mit einem Kater auf.

»Kein Wunder, bei den vielen Cocktails die du hattest«, schimpfte ich.

Das gemeinsame Frühstück mit Karen verlief dann auch ziemlich einsilbig. Denn ihr brummte der Kopf ebenfalls heftig, wie sie kleinlaut zugab. Ich verkniff mir den Spott, der mir auf der Zunge lag. Ich wollte nicht, dass wir in Streit gerieten. Die Stimmung war eh schon gedrückt. Aber das war erst der Anfang der Katastrophe.

Auf dem Weg zu den Reisterrassen hatte unser Bus eine Panne. Als wir endlich am Ziel ankamen, war die Stimmung der ganzen Gruppe am Tiefpunkt angelangt. Durch die Verspätung verkürzte sich unser Aufenthalt dort enorm. Karens und Norberts Allgemeinzustand hatte sich auch nicht wesentlich gebessert. Die beiden stöhnten bei jedem Schritt. Bei dem Tempo, das der Reiseleiter vorgab, konnten sie kaum mithalten. Ich war stocksauer und hängte sie einfach ab, weil ich seinen Ausführungen lauschen wollte.

Als ich mich nach Karen und Norbert umschaute, die sich offensichtlich glänzend amüsierten, seitdem ich ihrem Dunstkreis entwichen war, stolperte ich, und verstauchte mir den Knöchel. Der Rückweg zum Bus wurde zur reinsten Qual für mich, obwohl mich Norbert und der Reiseleiter stützten.

Im Hotel musste ich dann ewig auf den Arzt warten, der mir letztendlich bestätigte, dass ich meinen Fuß in den nächsten Tagen auf keinen Fall belasten durfte.

»Aber was wird denn jetzt mit den bereits gebuchten Ausflügen?«, jammerte ich.

»Tut mir leid. Doch daran werden Sie nicht teilnehmen können«, sagte der Arzt.

Niedergeschlagen sah ich von einem zum anderen. Während sich der Doktor mit dem Versprechen verabschiedete, jeden Tag nach mir zu sehen, blickte ich in die Gesichter von Norbert und Karen, die für meinen Geschmack alles andere als Mitleid ausdrückten.

Norbert wagte es sogar, mir Vorwürfe zu machen. »Du hättest besser nach vorn sehen sollen, als dir ständig den Hals nach uns zu verdrehen. Was sollte das denn, Sabine? Wir sind doch keine Babys, die du ständig im Auge behalten musst«, knurrte er.

»Doch! Euch beide muss man im Auge behalten. Ich erinnere nur an gestern Abend«, zischte ich aufgebracht.

»Jetzt kriegt euch mal wieder ein, Kinder. Wir sind doch erwachsen. Es tut mir wirklich leid, Sabine, dass dir dieses Missgeschick passiert ist. Aber du musst dir keine Sorgen um Norbert machen. Wenn du an den Ausflügen nicht teilnehmen kannst, werde ich mich eben um deinen Mann kümmern. Schließlich bin ich euch noch etwas schuldig«, sagte Karen mit einem gewissen Unterton in der Stimme, der ein heftiges Grummeln in meinem Magen auslöste.

Ich glaube, das war der Moment, in dem ich zum ersten Mal misstrauisch wurde. Denn die Art, wie die beiden sich den ganzen Nachmittag über angelächelt hatten, gefiel mir ganz und gar nicht. Karens überschäumende Lebensfreude in Norberts Nähe, rief inzwischen einen bitteren Beigeschmack bei mir hervor.

Spielte sie die lustige Witwe, um Olaf zu vergessen? Wenn ja, dann fände ich es absolut daneben. Und erst recht, dass sie sich dafür ausgerechnet Norbert ausgesucht hatte. Wieso machte er da überhaupt mit? Nie hatte er mir auch nur den geringsten Anlass gegeben, eifersüchtig zu sein. Doch seitdem wir hier auf Bali waren, benahm er sich wie ein Gockel. Das war sogar fremden Leuten aufgefallen.

Und auch jetzt, in diesem Moment, bedachte er Karen mit einem Blick, der mir einen Stich mitten ins Herz versetzte. Er selbst schien gar nicht zu bemerken, dass er wie ein verliebter Trottel wirkte. Karen war auch schon wieder total aus dem Häuschen. Die beiden schienen tatsächlich froh darüber zu sein, dass ich die nächsten Tage im Hotel verbringen musste. Das verschaffte ihnen nämlich die Gelegenheit, ungeniert miteinander flirten zu können.

Ich konnte kaum glauben, was mir da alles durch den Kopf ging. Aber anders konnte ich mir das Verhalten der beiden nicht erklären. Mit einem Mal hatte ich genug. Ich wollte allein sein. Mein Fuß schmerzte höllisch. Ich musste ihn unbedingt hochlegen. Außerdem konnte ich Karen nicht mehr ertragen. Ich hätte nie für möglich gehalten, dass ich einmal eine Abneigung gegen sie empfinden könnte. Doch so war es.

»Was haltet ihr davon, wenn ihr allein zu Abend esst? Ich brauche ein wenig Ruhe und werde mir etwas bringen lassen«, erklärte ich.

»Wie du willst«, willigte Karen sofort ein.

Sie machte nicht mal den Versuch, mich umzustimmen. Früher wäre das nicht vorgekommen. Da hätte sie garantiert vorgeschlagen, dass wir drei zusammen hier auf der Terrasse des Bungalows zu Abend speisten.

»Bist du sicher, dass du allein essen willst?«, hakte Norbert der Form halber nach.

Als ich nickte, schien er sich wie erlöst zu fühlen, und verschwand eilig im Badezimmer.

»Habt einen schönen Abend«, wünschte ich Karen.

»Danke. Und wie ich schon sagte, mach dir keine Gedanken. Ich werde Norbert nicht aus den Augen lassen«, versprach sie mit einem zuckersüßen Lächeln auf den Lippen.

»Da bin ich mir ganz sicher«, murmelte ich. Doch da war sie schon längst auf dem Weg zu ihrem Bungalow, um sich für meinen Mann schön zu machen.

Nachdem Norbert schließlich auch aus der Tür war, humpelte ich zum Fenster und blickte den beiden nach. Es schmerzte mich unsagbar, als ich mitbekam, wie vertraut sie miteinander umgingen. Norbert hatte einen Arm um Karen geschlungen und führte sie galant in Richtung Hotelrestaurant. Wann hatte er mich zum letzten Mal so fürsorglich behandelt?

*

Füchterlich gequält hatte ich jede Minute gezählt. Mein Essen nahm der Kellner nahezu unberührt wieder mit. Er warf mir einen mitleidvollen Blick zu, als er ging. Ob er Norbert und Karen im Restaurant zusammen gesehen hatte? Auf jeden Fall kam mein Mann erst spät zurück. Die Essenszeit war längst vorbei. Er entschuldigte sich mit der dummen Ausrede, dass er sich mit netten Tischnachbarn verplaudert hätte. Ausgerechnet er, der fremden Leuten gegenüber immer sehr verschlossen war!

Wahrscheinlich hatte er mit Karen noch einen Strandspaziergang gemacht. Dabei mussten sie sich ziemlich nahe gekommen sein, stellte ich erschüttert fest. Denn an seinem Hemdkragen waren zahlreiche Make-up-Spuren sichtbar. Doch ich sprach Norbert nicht darauf an. Vielleicht gab es ja eine plausible Erklärung dafür. Aber ich würde sie ihm garantiert nicht abnehmen und womöglich völlig die Fassung verlieren.

Obwohl mein Gefühl mir eindeutig sagte, dass zwischen den beiden etwas lief, wollte ich es einfach nicht wahrhaben. Ich brauchte erst noch mehr Beweise.

*

Gerade mal die erste Woche unseres Baliurlaubs war vorüber, als das Unfassbare geschah. Ich erwischte Karen und Norbert beim Sex. Ich konnte es nicht glauben. Nach Olafs Tod hatte ich mich im wahrsten Sinne des Wortes für meine beste Freundin aufgeopfert. Und was tat sie? Zum Dank dafür nahm sie mir meinen Mann weg!

Es war an dem Abend gewesen, als sie den Ausflug zum Tanah Lot im Süden der Insel gemacht hatten. Der Meerestempel gehörte zu den schönsten Heiligtümern der Insel.

Als sie von dort zurückkehrten, hatten die beiden jedoch kaum eine Minute übrig, um mir darüber zu berichten. Angeblich hatten sie einen Bärenhunger. Es war nicht mal Zeit zum Duschen geblieben. Sie stürmten sofort los.

Da ich nach meinem kleinen Unfall immer allein auf der Terrasse des Bungalows gegessen hatte, kam auch an diesem Abend niemand auf die Idee, mich zu fragen, ob ich mit ins Restaurant wollte. Auch interessierte es Karen und Norbert nicht, dass ich inzwischen wieder ganz gut laufen konnte. Also folgte ich ihnen in einem gewissen Abstand.

Wie befürchtet, ließen sie das Hotelrestaurant links liegen. Demnach mussten sie nach etwas ganz anderem ausgehungert sein. Als sie direkt zum Strand liefen und sich dort im Halbdunkel unter einer Palme die Kleidung förmlich vom Leib rissen, griff eine eiskalte Hand nach meinem Herzen.

Als nächstes sah ich, wie Norbert sich rücklings in den Sand fallen ließ und Karen mit sich zog. Schließlich saß sie auf ihm. Sie stieß Laute aus wie eine läufige Katze und bewegte sich so ekstatisch auf ihm, dass auch er schon bald vor Erregung nur noch keuchte und stöhnte.

Es war ein schrecklicher Anblick, meinen Mann und meine allerbeste Freundin so zu sehen. Salzige Tränen schossen mir aus den Augen. Und ich schluchzte laut auf. Uns trennten gut zehn Meter.

Aufgeschreckt blickte Norbert in meine Richtung und erstarrte. Nun schaute auch Karen zu mir herüber. Ich konnte das Entsetzen im Gesicht meines Mannes deutlich erkennen. Karens Gesicht dagegen blieb ausdruckslos wie eine Maske.

»Dass sie uns so sieht, habe ich nicht gewollt. Verdammt!«, fluchte Norbert, als ich, so schnell es ging, davon humpelte.

Ich weiß nicht, wie lange ich im Bungalow gehockt und geheult hatte, bis Norbert erschienen war.

»Es tut mir wahnsinnig leid, dass du uns gesehen hat. So solltest du es nicht erfahren. Karen und ich… wir haben uns verliebt. Wir hegen diese Gefühle füreinander schon eine… ganze Weile«, stammelte er.

»Wolltest du sie deshalb mit in den Urlaub nehmen?«, schluchzte ich.

»Ja. Nein. Ach, ich weiß es doch auch nicht. Es ist alles so kompliziert«, stieß mein Mann hervor.

»Warum, Norbert? Nach fast vierzig Ehejahren! Bis vor ein paar Tagen dachte ich noch, wir wären glücklich zusammen. Dabei warst du schon längst scharf auf Karen«, schluchzte ich wieder.

»Ich war nie scharf auf sie. Das mit uns hat sich einfach so ergeben. Ich hatte Mitleid mit ihr. Doch auf einmal war es mehr. Ich kann es nicht anders erklären«, murmelte er.

Natürlich. Über die Mitleidsmasche hatte Karen es geschafft, sich meinen Mann zu angeln. Was für ein abgefeimtes Biest! Allmählich stellte ich mir die Frage, ob sie Olaf wirklich geliebt hatte. Wer weiß, vielleicht hatte sie schon immer ein Auge auf Norbert gehabt? Und nun, wo Olaf nicht mehr lebte, hatte sie die erstbeste Gelegenheit, ihn mir wegzunehmen, beim Schopfe gepackt.

*

Tja, ob das wirklich so war, werde ich wohl nie erfahren. Denn Karen hat seit diesem Abend nicht mehr mit mir gesprochen. Sie wollte klare Verhältnisse. Also Norbert! Und damit verbunden das Ende unserer Freundschaft.