Mensch, Oma! - Bärbel Kempf-Luley - E-Book

Mensch, Oma! E-Book

Bärbel Kempf-Luley

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Beschreibung

Wenn Nora will, dann will sie! Da ist nichts zu machen. Doch sie hat eine Oma, die mindestens genauso eigensinnig ist – und neugierig und einfallsreich dazu. So finden die beiden immer eine gute Lösung und haben Riesenspaß miteinander – vom Leser ganz zu schweigen! Ein herrliches Vorlesebuch für Großmütter, Eltern und Kinder! Nora fordert, Nora jammert, Nora jubelt, Nora befiehlt. Das kann auch eine Oma nerven: Sie seufzt oft, sie mault manchmal, aber sie verhakt sich niemals in Diskussionen. Sie handelt! Und was sie tut, führt Nora zur Einsicht. Mit Respekt und Verständnis findet sie Lösungen, bei denen sich beide entgegenkommen: Nora lernt, und Oma lernt. Und beide haben einen Riesenspaß – vom Leser ganz zu schweigen, der von den köstlichen Oma-Tricks profitieren wird.

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Ähnliche


Bärbel Kempf-Luley

MENSCH, OMA!

Mit Illustrationen von Sanne Dufft

INHALT

ELEFANT IM FLUR

FAULE OMA

FAHRRAD FAHREN

FERNSEHEN

SAUBER MACHEN

SPIELPLATZ

MALEN

BLÖDE OMA

HAARE

WANDERN

KAKAO

WIE HEISST DU?

ES IST SO HEISS

ÜBERNACHTEN

VERSTECKEN

SPIELREGELN

ZEIT HABEN

SCHLÜSSEL WEG

FESTGEWACHSEN

LATERNE

KASPERLETHEATER

OMA WOHNT JETZT WOANDERS

NIKOLAUS

SCHNEE

IHR KINDERLEIN KOMMET

DIE AUTORIN

ELEFANT IM FLUR

»Mensch, Oma! Komm! Ich muss Pipi.«

Oma wurschtelt in der Küche.

»Geh schon. Ich komm gleich.«

Nora bleibt an der Küchentüre stehen. Sie blickt in den Flur, dann zur Oma.

»Nein, du sollst mit!«

»Ich komme sofort. Geh ruhig schon.«

»Nein. Du sollst mit! Jetzt!« Noras Stimme klingt weinerlich. Und schrill.

Die Oma seufzt. Sie wischt sich die Hände trocken, ergreift Noras Hand, und gemeinsam marschieren sie durch den Flur zum Klo.

Während Nora in die Kloschüssel plätschert, denkt die Oma nach. Sie hockt auf dem Badewannenrand und erforscht Noras Gesicht.

»Du magst nicht alleine durch den Flur, stimmt’s?«

Nora schüttelt den Kopf.

»Hast du Angst?«, fragt Oma.

Nora nickt.

»Und wovor?«

»Vor dem Elefanten!«

Nun ist Oma überrascht. Vor dem Elefanten? Hm.

»Ich wusste gar nicht, dass ein Elefant in meinem Flur wohnt. Bist du dir da sicher?«

Wieder nickt Nora. Offenbar ist sie ganz sicher.

»So, so. Also ein Elefant. Bei mir im Flur. Was machen wir denn da?«

Nora zuckt mit den Schultern. Während sie die Hände wäscht, überlegt Oma, was zu tun ist.

»Ein Elefant in meinem Flur! Na warte! Der zahlt hier keine Miete, also muss er gehen. Das wäre ja noch schöner. Und dann einfach heimlich hier wohnen! Unsichtbar. Und ich merke das nicht! Weißt du was? Ich find zwar Elefanten nett, aber nicht in meiner Wohnung. Wenn er mal muss? Was dann? Dann stolpere ich womöglich über Elefantenkacke im Flur. Nein, das geht nicht.«

Elefantenkacke im Flur findet Nora beinahe lustig. Lustiger jedenfalls als Elefanten im Flur.

Oma nimmt Nora an die Hand und öffnet energisch die Tür.

»Hallo? Elefant? Wo bist du? Ich weiß jetzt, dass du da bist. Du brauchst dich gar nicht zu verstecken.«

Aber der Elefant gibt keine Antwort. Im Flur ist es still. Sehr, sehr still. Unheimlich still. Dann knackt es. Nora blickt entsetzt zur Oma auf. Auch die ist erschrocken. Huch! Dann fällt ihr ein, dass es oft so knackt. Es ist ein altes Haus, mit viel Holz gebaut. Manchmal knackt es in der Treppe, manchmal in den Holzdecken, ab und zu knackt es vom Speicher herunter.

»Nein, das ist kein Elefantenknacken. Das ist nur ein Holzknacken.«

Nora ist nicht überzeugt. Oma stampft mit dem Fuß auf und ruft laut:

»He, du Elefant! Komm raus!«

Nichts.

Nun versucht es Nora. Aufstampfen und:

»He, du Elefant! Komm raus!«

Wieder nichts.

Zusammen: »He, du Elefant. Komm raus!«

Doch der Elefant mag nicht. Oma überlegt.

»Weißt du was, Nora? Ich glaub, der Elefant hat Angst!«

Nora staunt. Ein Elefant hat Angst? »Obwohl der sooo groß ist?«

Oma nickt. »Ja. Was glaubst denn du? Ganz Große haben manchmal ganz große Angst vor ganz Kleinem.«

Nora lässt sich das durch den Kopf gehen. Könnte was dran sein. Ihre kleine Schwester hat manchmal sogar Angst vor winzigen Käfern. Und überhaupt. Ihre Oma muss das wissen. Ist ja schon groß. Plötzlich tut der Elefant ihr leid.

»Elefant? Komm doch raus! Du musst keine Angst haben!«

Und Oma fügt hinzu: »Ja. Du musst keine Angst haben. Wir laden dich zum Apfelpfannkuchenessen ein.«

Nora schüttelt heftig den Kopf. Auch wenn ihr der Elefant nicht mehr gar so unheimlich ist, am Küchentisch möchte sie ihn doch nicht haben.

»Mensch, Oma. Ich mag aber nicht mit dem Elefanten essen. Nur mit dir.«

Oma eigentlich auch. Und überhaupt. So viele Pfannkuchen kann sie gar nicht backen.

»Ja, du hast recht. Ich eigentlich auch nicht. Also, lieber Elefant. Das geht jetzt leider doch nicht. Wir haben gar nicht mehr so viele Eier. Und auch nur zwei Äpfel. Vielleicht ein anderes Mal. Nicht traurig sein.«

Sie horcht. Nora ebenfalls.

»Hast du gehört?«

Nora schüttelt den Kopf.

»Du hast es nicht gehört?«, fragt Oma nochmals erstaunt.

»Nein, Oma. Was denn?«

»Na, das Stampfen. Er ist weggestampft!«

»Wirklich?«

»Ja, ganz wirklich.«

»Für immer?«

»Ja. Für immer.«

»Schade«, sagt Nora, obwohl sie erleichtert ist.

»Ja, schade«, stimmt Oma zu. War doch eigentlich ein Netter, der Elefant. »Na, wie auch immer. Was vorbei ist, ist vorbei. Wir machen jetzt Apfelpfannkuchen.« Und das machen sie.

Nach dem Essen endet Oma wie immer mit dem Spiel, das sie beide so mögen: »Ei, wer kommt denn da daher? Ist das wohl ein brauner Bär?« Beide klatschen mit den Händen auf den Tisch. »Oder gar ein Elefant aus dem fernen Morgenland?« Vier Fäuste donnern auf den Tisch. Einen Moment hält die Oma inne und denkt: »Oder gar ein Elefant …?« Und da begreift sie.

Dann trippeln zwanzig Finger in Windeseile über den Tisch und kitzeln den anderen am Hals. »Nein, es ist ein kleines Mäuschen, und es kommt aus seinem Häuschen, und es macht bei Nora/Oma Kille Kille Käuschen.«

»So.« Oma steht auf. Sie geht Richtung Flur. Dann bleibt sie stehen.

»Ich muss mal. Und du musst mit!«

Nora blickt zur Oma auf. »Was ist, Oma?«

»Ich trau mich nicht.«

»Wieso?«

»Ich … ich glaub, im Flur sind Mäuse!«

Nora lacht. »Mensch, Oma! Im Flur sind doch keine Mäuse.«

»Nicht? Und du bist ganz sicher?«

Nora nickt. Und dann gehen sie zusammen durch den Flur, in dem keine Elefanten wohnen und keine Mäuse und sicher auch keine braunen Bären.

FAULE OMA

»Mensch, Oma!«, schimpft Nora. »Du bist eine faule Oma!« Sie zieht die Stirn kraus und blickt die Oma streng an.

Die Oma lümmelt auf dem Sofa und seufzt. Sie hat heute keine Lust. Zu gar nichts. Sie will nicht auf den Spielplatz. Sie will nichts malen. Sie will nicht mal was zu essen machen. Das ist doch unerhört! So hatte sich Nora das aber nicht vorgestellt.

»Ach, Nora«, seufzt die Oma wieder. »Wenn ich doch so müde bin? Was soll ich denn machen? Nein, heute mag ich nicht. Heute bin ich faul.«

»Ja, eine faule Socke bist du, Oma! Immer bist du eine faule Socke!«

Jetzt zieht Oma die Stirn kraus. »Hallo? Immer bin ich nicht eine faule Socke. Nur jetzt halt mal. Ich glaube, ich brauche einen Faulsein-Doktor!«

Nora überlegt. Sie verschwindet in die Küche. Etwas scheppert. Etwas klappert. Die Oma wird unruhig.

»Nora? Was tust du da?«

»Nichts, Oma! Bleib schön liegen! Du bist doch heute faul!«

Stimmt ja.

Nach einer Weile taucht Nora wieder auf. Sie hat die Hände voller Gerätschaften. Gerade so, dass sie alles tragen kann. Gerade so, dass ihr nicht alles aus der Hand fällt. Anstrengend. Schwer. Sie stöhnt. Oma blickt besorgt.

»Soll ich dir helfen?«

»Nein. Du bist doch faul heute, Oma. Ich bin der Faulsein-Doktor. Guck mal!« Sie strahlt. Und breitet ihre Gerätschaften auf dem Boden aus. Ein roter Stift. Ein grüner Stift. Ein Schneebesen. Ein Trichter. Ein Gummiband. Tesafilm. Ein Küchentuch.

Jetzt wird Oma aber neugierig. Sie will sich aufrichten. »Liegen bleiben, Oma!«, befiehlt Frau Doktor Nora streng. »Wenn man faul ist, darf man sich nicht bewegen!«

Die Oma sinkt brav in ihre Polster zurück. Nun ist sie aber mal gespannt. Und ein bisschen ängstlich. Sieht irgendwie, hm, nun ja, abenteuerlich aus.

Nora blickt sich suchend um. Das Allerwichtigste fehlt nämlich noch! Ah, da ist sie ja. Omas Lesebrille. Nora setzt sie auf die Nase. Zwar sieht sie jetzt alles ganz verschwommen, aber die Brille muss sein. Denn ohne Brille kann Frau Doktor nicht arbeiten.

»Oma, du bleibst jetzt ganz brav liegen. Das sag ich dir.« Oma nickt.

Der Trichter landet auf Omas Bauch. Nora horcht angestrengt.

»Hundert, fünfzig«, lautet der Befund.

»Muss ich sterben, Frau Doktor?«, fragt Oma.

»Nein, nein. Alles wird gut.« Der rote Stift kommt zum Einsatz. »Gib mal deinen Arm, Oma.«

Die will aber nicht. »Neiiin. Hilfe. Aua. Das tut weh.«

»Oma! Ich hab doch noch gar nix gemacht«, ruft Nora und hält den roten Stift hoch.

»Ach so.«

»Arm her! Nicht zappeln, Oma!«, sagt das Fräulein Doktor streng. Und dann malt sie rote Striche auf Omas Arm.

»Ich blute! Hilfe! Aua!«, schreit die Oma wieder.

Nora ist genervt. »Mensch, Oma, jetzt stell dich nicht so an.«

Oma reißt sich zusammen.

Bald ist der Arm voller roter Striche. Sieht schlimm aus. Sie muss wohl doch sehr krank sein. Inzwischen hat Nora den roten Stift zur Seite gelegt und den grünen genommen. Bald verschwinden die roten Striche unter den grünen. Ein brauner Mischmasch entsteht. Schön sieht das nicht aus. Frau Doktor aber ist sicher: »Bald bist du wieder gesund, Oma!«

Na dann. Und ab jetzt schweigt Oma, ist sehr brav und lässt die Behandlung über sich ergehen. Über dem rot-grün-braunen Farbmischmasch klebt sehr schnell Tesafilm. Nun noch ein bisschen den Bauch mit dem Schneebesen behandeln. Das kitzelt. Oma kichert. Frau Doktor blickt streng durch ihre Brille, Oma hält still. Zuletzt wickelt Nora das Küchentuch um Omas bunten, verklebten Arm. Und darüber das Gummiband. Sie deckt die Oma noch gut zu. Fertig. Die Brille setzt sie ab und legt sie auf den Tisch.

»So, Oma. Jetzt geht’s dir wieder gut.«

Oma horcht in sich hinein. Tatsächlich. Schon viel besser. »Nur noch einen Moment ausruhen, ja?«, fragt sie. Nora nickt und quetscht sich neben Oma auf das Sofa. Es ist eng, es ist warm, es ist kuschelig. Eine Weile sind beide ganz still. Dann sagt Oma:

»Und? Was machen wir jetzt? Wollen wir auf den Spielplatz?«

Nora schüttelt den Kopf.

»Malen?« Nora schüttelt den Kopf.

»Na, was denn dann?«

»Ich weiß nicht. Ich bin müde.« Noras Stimme klingt matt.

»Mensch, Nora. Habe ich dich angesteckt?«

Nora nickt.

»Und was machen wir da? Soll ich dich auch behandeln?«

Nora schüttelt den Kopf.

»Hm. Ein schwerer Fall von Fauler Socke«, sagt Oma und denkt eine Weile nach. »Ich hab’s!«, ruft sie. »Wie wär’s mit Apfelpfannkuchen?«

Nora strahlt und nickt. Diesmal begeistert. »Au ja. Oma, ich hab sooo Hunger.«

»Ich auch«, fällt Oma auf.

Und dann stehen beide auf und gehen in die Küche und holen Schüssel, Mehl, Milch, Eier, Zucker und machen Apfelpfannkuchen. Und Apfelpfannkuchen sind noch viel besser als alle Behandlungen gegen die Faule-Socke-Krankheit. Und mit zuckrigem Mund gibt Nora zu: »Mensch, Oma. Gute Idee.«

FAHRRAD FAHREN

»Mensch, Oma! Wackel doch nicht so!«, klagt Nora. Sie sitzt im Kindersitz auf Omas Fahrrad. Das schwankt bedenklich hin und her. Nora klammert sich an Omas Rücken.

»Ich wackel ja gar nicht«, verteidigt sich Oma. »Das Fahrrad wackelt. Ich glaub, du bist allmählich zu schwer.«

»Bin gar nicht schwer!«, ruft es hinter Omas Rücken empört.

»Glaub, das wird nix«, murmelt Oma. Sie seufzt. »Nora, wir kehren um. Lass uns zu Fuß gehen.«

»Ich will aber mit dir Fahrrad fahren!«, trompetet es vom Kindersitz.

»Ich will auch mit dir Fahrrad fahren, Nora. Aber das Gewackel macht mir Angst. Dauernd denke ich, wir fallen um.«

Einen Moment sind beide still. Und ratlos. Nora blickt prüfend in Omas Gesicht und begreift, dass Oma besorgt ist.

»Ich will aber mit dir Fahrrad fahren, Oma«, schnieft sie noch einmal. Ganz leise. Und nicht mehr ganz so überzeugt. Denn eigentlich, wenn sie ehrlich ist, ist ihr das Gewackel auch nicht geheuer. Und wenn schon die Oma so ängstlich ist. Es ist plötzlich gar nicht mehr schön auf dem Fahrrad.

»Blödes Wackelfahrrad«, schimpft Nora.

Oma nickt. »Ja, blödes Wackelfahrrad«, stimmt sie zu. Sie betrachtet ihr Fahrrad, den Kindersitz, Nora. Eine Idee schleicht sich heran. Nora ist still, und sie ist sehr gespannt. Denn wenn die Oma so schaut, mit gerunzelter Stirn und krauser Nase, dann denkt sie nach.

»Ich habe eine Idee«, sagt sie schließlich.

»Eine gute Idee, Oma?«

»Glaub schon.«

»Was für eine Idee?«

»Sag ich dir noch nicht. Ich muss noch ein bisschen nachdenken.«

Nora will schon protestieren, aber etwas sagt ihr, dass es diesmal besser ist, still zu sein. Omas Gesicht sagt ihr das. Die schiebt das Fahrrad eine Weile. Ein bisschen muss sie noch mit sich ringen. Ob sie sich sicher ist, dass sie eine gute Idee hat. Aber so muss es wohl sein. Da werden ihre Schritte energisch und sie sagt: »Ja, so machen wir es.«

»Was machen wir, Oma?«

»Das wirst du schon sehen. Jetzt fahren wir noch einmal mit dem Wackelfahrrad. Ein kleines Stück.«

Nora nickt stumm. Und vielleicht liegt es daran, dass die Oma eine gute Idee hat, oder daran, dass sie plötzlich so entschlossen ist. Jedenfalls wackelt das Fahrrad dieses Mal fast kein bisschen. Fast.

Dann halten sie an. Vor einem Haus mit zwei großen Schaufenstern. Durch die Scheiben sieht man Fahrräder. Große Fahrräder, kleine Fahrräder, Fahrräder in allen Farben. Nora staunt.

»Wir kaufen dir jetzt ein Fahrrad. Ein Laufrad. Dann kannst du selbst fahren, aber wir können trotzdem zusammen fahren.«

Nora strahlt. »Mensch, Oma, das ist eine gute Idee!«

Oma brummelt: »Ja, hoffentlich.« Ein bisschen zweifelt sie noch. Ein bisschen hat sie ein schlechtes Gewissen. Sie weiß bereits, welches Rad für Nora ist. Es ist ein kleines blaues Laufrad. Gelbe Griffe hat es. Und eine Klingel. Aber es hat auch ein kleines Schildchen umhängen. Und sosehr Oma sich wünscht, es stünde »Für Nora« darauf, ist es doch ein Preisschild. Sie schluckt. Es ist ja nicht Weihnachten. Und auch nicht Geburtstag. Nicht mal Ostern. Eigentlich gibt es keinen Grund für eine solche Ausgabe. Außer zweien, die gerne zusammen Fahrrad fahren wollen.

Da gibt sie sich einen Ruck und wird immer sicherer, dass das ein guter Grund ist.

Im Geschäft fragt eine nette ältere Dame, ob sie helfen kann. Das kann sie. Oma zeigt auf das Laufrad im Fenster.

»Das Laufrad dort möchten wir.«

»Gerne«, antwortet die nette Dame. Sie zwängt sich zwischen einigen anderen Rädern hindurch und holt das Wunschrad hervor. Sie zeigt, wie es auf die richtige Höhe einzustellen ist, erklärt die Bremsen und dies und das, dann schlägt sie vor, dass Nora es mal ausprobieren soll. Die ist ganz aufgeregt, und vor lauter Aufregung zappelt sie so, dass das Laufrad ordentlich wackelt.

»Mensch, Nora. Wackel doch nicht so«, ruft Oma.

»Ich wackel gar nicht. Guck mal, Oma, wie ich fahren kann!«, ruft Nora begeistert.

Oma nickt.

Zwar ist Nora längst Besitzerin des kleinen blauen Laufrades, bezahlt werden muss es aber trotzdem noch. Das tut die Oma jetzt.

Nora winkt der netten Dame eifrig zum Abschied, und dann steigen Nora und Oma auf ihre Räder. Sie fahren in einem weiten Bogen, auf ruhigen Nebenwegen zurück nach Hause. Und Nora saust auf ihrem Laufrad, als hätte sie nie etwas anderes getan.

»Mensch, Nora!«, ruft Oma. »Nicht so schnell!«

Doch die fährt und fährt. Und Oma hinterher. Ganz ohne zu wackeln.

FERNSEHEN

»Mensch, Oma! Du musst dir mal einen Fernseher kaufen!«

»Ph«, schnaubt Oma. »Fernseher, Fernseher. Ich mag aber keinen Fernseher.«

»Doch, Oma. Du musst aber mal einen Fernseher wollen.«

»So. Muss ich also. Ich will aber nicht.«

»Immer nie kann ich bei dir fernsehschauen!«, beschwert sich Nora.

»Stimmt«, sagt Oma und sieht dabei ganz zufrieden aus. Das findet Nora ärgerlich. Die Oma sieht überhaupt kein kleines bisschen so aus, als würde sie darüber nachdenken, wie sehr sie eigentlich einen Fernseher braucht.

»Wieso willst du nicht, Oma?«

»Weil ich halt nicht mag!«, brummt diese, und offenbar ist das Thema damit für sie erledigt. So schnell aber will Nora nicht aufgeben.

»Aber ich mag, Oma.«

»So, du magst also?«, fragt Oma.

Nora nickt heftig, damit Oma endlich begreift, wie gerne sie mag. Erwartungsvoll schaut sie die Oma an. Nun endlich muss sie doch sagen: Gut. Dann müssen wir eben einen Fernseher kaufen. Nichts. Oma sagt einfach gar nichts. Nora spürt, wie ein Zorn in ihr wächst. Ja, ist es denn der Oma völlig egal, dass sie so sehr einen Fernseher mag? So sieht es aus.

»Mensch, Oma! Mir ist soo langweilig.« Das muss sie doch jetzt verstehen.

Oma bleibt völlig ungerührt.

»Hörst du nicht? Mir ist langweilig!«

Doch Oma nickt nur. »Ich hab dich schon gehört. Du magst fernsehen und dir ist langweilig.«