Milliardärsküsse schmecken besser - 5 luxuriöse Romances - Andrea Laurence - E-Book

Milliardärsküsse schmecken besser - 5 luxuriöse Romances E-Book

Andrea Laurence

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Beschreibung

SINNLICHE BEGEGNUNG MIT DEM MILLIARDÄR von ANDREA LAURENCE

Während eines Maskenballs gibt Lauren sich in einem stillen Hinterzimmer einem sexy Fremden hin. Erst am nächsten Tag erfährt sie, dass ihr Lover einer der berühmt-berüchtigten Wingates ist. Sie will ihn wiedersehen! Doch bei ihrer zweiten Begegnung ist er erschreckend kühl. Hat sie sich in ihm getäuscht – oder ist hier ein falsches Spiel um Lust und Verlangen im Gang?

HEISS UMSCHWÄRMT von MEAGAN MCKINNEY

Als sich Kirsten Meadows auf seiner neuen Farm in Montana bewirbt, stellt Seth Morgan sie sofort ein. Denn Kirsten fasziniert den Milliardär auf Anhieb: Sie ist schön, schüchtern und dabei umwerfend sexy. Seth muss sie unbedingt erobern. Und bis jetzt hat noch keine Nein zu ihm gesagt ...

EIN MILLIARDÄR FÜR HEISSE STUNDEN von KAREN BOOTH

Ausgerechnet ihr neuer Businesspartner Jack Bowden eilt Lexi zu Hilfe, als sie einem aufdringlichen Mann entkommen will. Dabei braucht sie keinen Beschützer – auch nicht, wenn es ein gut aussehender Milliardär mit breiten Schultern und einem umwerfenden Lächeln ist. Denn sosehr ihr Jack auch gefällt – Lexi hat Angst davor, ihr Herz an jemanden zu verlieren …

DIAMANTEN UND HEISSE KÜSSE von PAULA ROE

Warum muss sie sich ausgerechnet in ihn verlieben? Eigentlich sollte Holly ein Auge auf Jake Vance haben. Denn seit der verschollen geglaubte Erbe überraschend aufgetaucht ist, erhebt er Anspruch auf die Milliarden seiner Familie– Hollys Arbeitgeber. Trotzdem lässt sie sich auf eine Affäre mit Jake ein. Aber was, wenn er sie als Spionin entlarvt?

HEISSE NACHT IN NEW YORK von BARBARA DUNLOP

Hunters zarte Berührungen prickeln noch immer auf Sarahs Haut, und sie brennt vor Verlangen nach einer weiteren sinnlichen Nacht. Leider ist das ausgeschlossen – der Milliardär und sie leben zwar beide in New York, aber in ganz verschiedenen Welten. Doch kurz darauf wird der Kosmetikkonzern, für den Sarah als PR-Managerin arbeitet, aufgekauft. Und ihr neuer Boss ist niemand anders als Hunter!

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Seitenzahl: 994

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Andrea Laurence Meagan Mckinney Karen Booth Paula Roe Barbara Dunlop
Milliardärsküsse schmecken besser - 5 luxuriöse Romances

Milliardärsküsse schmecken besser - 5 luxuriöse Romances

Cover

Titel

Inhalt

Sinnliche Begegnung mit dem Milliardär

Cover

Titel

Impressum

1. KAPITEL

2. KAPITEL

3. KAPITEL

4. KAPITEL

5. KAPITEL

6. KAPITEL

7. KAPITEL

8. KAPITEL

9. KAPITEL

10. KAPITEL

11. KAPITEL

12. KAPITEL

EPILOG

Heiß umschwärmt

Cover

Titel

Impressum

1. KAPITEL

2. KAPITEL

3. KAPITEL

4. KAPITEL

5. KAPITEL

6. KAPITEL

7. KAPITEL

8. KAPITEL

9. KAPITEL

10. KAPITEL

11. KAPITEL

12. KAPITEL

13. KAPITEL

EPILOG

Ein Milliardär für heiße Stunden

Cover

Titel

Impressum

1. KAPITEL

2. KAPITEL

3. KAPITEL

4. KAPITEL

5. KAPITEL

6. KAPITEL

7. KAPITEL

8. KAPITEL

9. KAPITEL

10. KAPITEL

11. KAPITEL

12. KAPITEL

Diamanten und heiße Küsse

Cover

Titel

Impressum

1. KAPITEL

2. KAPITEL

3. KAPITEL

4. KAPITEL

5. KAPITEL

6. KAPITEL

7. KAPITEL

8. KAPITEL

9. KAPITEL

10. KAPITEL

Heiße Nacht in New York

Cover

Titel

Impressum

PROLOG

1. KAPITEL

2. KAPITEL

3. KAPITEL

4. KAPITEL

5. KAPITEL

6. KAPITEL

7. KAPITEL

8. KAPITEL

9. KAPITEL

10. KAPITEL

11. KAPITEL

12. KAPITEL

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Contents

IMPRESSUM

BACCARA erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung: Katja Berger, Jürgen Welte Leitung: Miran Bilic (v. i. S. d. P.) Produktion: Christina Seeger Grafik: Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2020 by Harlequin S.A. Originaltitel: „Billionaire Behind the Mask“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto in der Reihe: DESIRE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BACCARA , Band 2198 08/2021 Übersetzung: Katja Wagner

Abbildungen: Harlequin Books S. A., alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 08/2021 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH , Pößneck

ISBN 9783751503792

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag: BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

Alles über Roman-Neuheiten, Spar-Aktionen, Lesetipps und Gutscheine erhalten Sie in unserem CORA-Shop www.cora.de

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1. KAPITEL

Es war einfach eine blöde Idee, aber niemandem außer Lauren schien das bewusst zu sein.

Jeder, den sie kannte, war begeistert, dass sie den örtlichen Radiowettbewerb gewonnen hatte und damit ein glamouröses Makeover, zwei Tickets für den Wohltätigkeitsmaskenball im Texas Cattleman’s Club und den Transport per Limousine dorthin. Doch Lauren Roberts war nicht der Mensch, der an einem Wettbewerb teilnahm, und schon gar nicht an einem, der sich „Aschenputtel-Gewinnspiel“ nannte. Wie übertrieben war das denn? Als ob sie auf der Tanzfläche ihren Märchenprinzen finden würde. Das letzte Mal, als sie den Club betreten hatte, war es kein Traum, sondern ein Albtraum gewesen.

Nein, sie hatte keine Lust, zu dieser Party zu gehen oder mit diesen Leuten abzuhängen. Doch leider war sie von ihrer wohlmeinenden Freundin und Mitarbeiterin Amy ohne ihr Wissen angemeldet worden. Und bevor sie wusste, wie ihr geschah, verbrachte sie einen normalerweise lukrativen Samstag in einem Schönheitssalon. Dabei hätte sie in einem ihrer Imbisswagen in der City stehen sollen, wo sie eigentlich immer anzutreffen war. Aber genau das war wohl Amys Motivation gewesen.

Okay, sie hatte kein Sozialleben, doch das störte sie nicht. Sie hatte zwei gut laufende Imbisswagen und legte gerade eine steile Karriere als Köchin hin, was ihr viel mehr bedeutete. Den Tag mit Gesichtsbedampfung, Maniküre und Haare färben zu verbringen, empfand Lauren als Zeit- und Geldverschwendung. Nichts davon spielte in ihrem Leben eine Rolle. Ihr dunkelbraunes Haar trug sie immer zu einem Knoten hochgebunden, in dem niemand die neuen karamellfarbenen Highlights bemerken würde. Sie bekam reichlich Gesichtsbedampfung von den Heißwasserbehältern in den Wagen, und niemand würde ihre hübschen Nägel sehen, wenn sie Servierhandschuhe trug.

Die ganze Sache war absurd, aber letztlich hatte sie eingewilligt. Denn ob es ihr gefiel oder nicht: Wenn sie hier in Royal, im Herzen von Texas, ein Restaurant für hochrangige Gäste etablieren wollte, musste sie mit Menschen wie denen, die den Cattleman’s Club besuchten, Zeit verbringen. Mit diesem Entschluss im Hinterkopf hatte sie das von ihrer persönlichen Einkäuferin für den Wettbewerb ausgewählte leuchtend rote Kleid angezogen, ihre Maske aufgesetzt und hoffte nun das Beste.

Alle hatten ihr geraten, sich zu amüsieren. Spaß zu haben. Ohne sich zu sorgen, ob einem der Wagen die Vorräte ausgingen oder ob ihr Koch Javier die Abendeinnahmen einzahlen würde. Amy hatte alles im Griff, doch loszulassen fiel ihr schwer. Es würde etwas Alkohol erfordern, aber sie konnte es schaffen. Und tief in ihrem Inneren wusste Lauren auch, dass sie es musste.

Das hier war nicht mehr die Highschool. Sie konnte auf diese Party gehen und Spaß haben. Mit der Maske, die sie trug, konnte sie sogar vorgeben, jemand anderes zu sein. Es würde ohnehin niemand die unscheinbare, arbeitswütige Köchin Lauren Roberts in diesem Club erwarten. Aber die mysteriöse Frau in Rot, die konnte sie sein … und einen tollen Abend erleben.

Jetzt musste sie es nur noch aus der verdammten Limousine schaffen.

Der Fahrer hatte schon eine ganze Weile geduldig darauf gewartet, dass Lauren ausstieg. Wahrscheinlich bildete sich hinter ihnen gerade ein Verkehrsstau.

„Ma’am?“, fragte er schließlich besorgt.

„Äh, ja, tut mir leid.“ Lauren griff nach ihrem perlenbestickten Abendtäschchen und zwang sich auszusteigen. Auf den Stufen vor dem Eingang zögerte sie erneut. Alles sah so anders als damals vor elf Jahren aus. Und obwohl das Gebäude und sie sich äußerlich verändert hatten, kamen dieselben Gefühle in ihr hoch: Aufregung, gefolgt von Beklemmung und einem Hauch Furcht.

Sie drehte sich um und hielt nach ihrer Limo Ausschau, doch die befand sich schon wieder auf der Straße. Das nächste Auto war vorgefahren und spuckte gerade eine Gruppe aus, die sie verschlucken würde, wenn sie sich nicht vorwärts bewegte und ihren Ängsten ins Gesicht sah.

Entschlossen raffte Lauren den Saum ihres aufreizenden roten Kleides und stieg die Treppe hinauf. Neben der Tür stand ein Tisch, an dem die Tickets eingesammelt wurden.

„Tickets, Ma’am?“ Der Mann am Tisch trug einen Smoking und eine Guy-Fawkes-Maske.

„Mein Name sollte auf der Liste stehen“, erwiderte sie. „Lauren Roberts?“

Er überprüfte die Papiere vor sich. „Sie haben Tickets für zwei Personen. Erwarten Sie noch einen Gast?“

„Nein, ich bin allein hier.“ Ihr Sozialleben ging so gegen null, dass sie einfach keine Begleitung gefunden hatte. Natürlich hätte sie Amy mitnehmen können, aber dann würde sie sich den ganzen Abend nur an ihre beste Freundin hängen. Lauren seufzte. Wenn sie das meiste aus den folgenden Stunden herausholen wollte, musste sie ihre Komfortzone verlassen und mit Fremden reden.

„Umso besser für die alleinstehenden Herren heute Abend“, sagte Guy Fawkes.

Lauren konnte wegen seiner Maske nicht erkennen, ob er scherzte, doch er klang absolut aufrichtig. Das Makeover musste Wunder bewirkt haben. Normalerweise wurde sie von den meisten Männern der Stadt überhaupt nicht wahrgenommen. Konnten Highlights und ein glamouröses Kleid solch einen Unterschied ausmachen?

„Ich sehe Sie dann später drinnen, Miss Roberts.“

Lauren wünschte sich, die Maske würde ihr ganzes Gesicht bedecken, damit er nicht sah, wie ihr unter dem Make-up die Schamesröte ins Gesicht stieg. „Vielen Dank“, stammelte sie und eilte an ihm vorbei in den Club, da ihr keine passende Antwort einfiel.

Als sie entrat, wurde sie von einer Geräuschkulisse aus Musik, Gelächter und Stimmengewirr empfangen. Sie ging den Flur entlang, vorbei an den Büros und einer Kita, die es vor elf Jahren noch nicht gegeben hatte, und blieb abrupt vor dem Hauptraum stehen.

Alles erinnerte sie an das letzte Mal, als sie hier gewesen war. Schummerige Beleuchtung, laute Musik, ein Meer von Menschen auf der Tanzfläche und in den Ecken. Nur waren das keine Teenager, sondern Erwachsene. Reiche Erwachsene. Solche, die in ihr Restaurant investieren oder zumindest eines Tages ihre Gäste werden könnten. Sie würden ihr keine fiesen Streiche spielen oder sie auslachen. Sie wollten sich hier nur amüsieren und Geld für wohltätige Zwecke spenden. Also musste sie einfach dasselbe tun.

Der letzte Gedanke trieb sie weiter.

„Darf ich Ihnen Ihre Jacke abnehmen“, fragte die junge Frau an der Garderobe.

Lauren schlüpfte aus ihrer Lederjacke und reichte sie ihr. Sie passte nicht wirklich zu dem roten, mit Perlen bestickten Kleid, aber der Oktober war unerwartet kühl für Texas. Lauren gefiel das. Der Herbst war ihre liebste Jahreszeit. Dann konnte sie mit neuen, saisonalen Aromen experimentieren, Kürbisfelder erkunden und an Halloween Süßigkeiten verteilen. Außerdem musste sie in ihren Wagen nicht mehr jeden Tag vor Hitze fast sterben. Sie wollte endlich ein richtiges Restaurant, und wenn nur wegen der Klimaanlage. Zwar hatte sie einen Generator, der die Geräte im Wagen betrieb, aber nicht für Kühlung sorgte. Bei dem ganzen heißen Essen konnte sie der Hitze im Sommer einfach nicht entkommen. Manchmal hätte sie ihren Kopf am liebsten in den Kühlschrank gesteckt.

Sie nahm die Garderobenmarke und steckte sie in ihre Handtasche. Als sie den Raum überblickte, bemerkte sie die große Bar in der Mitte. Die wäre ihr erster Anlaufpunkt. Ein Drink würde ihren Händen etwas zu tun geben und sie lockerer machen.

Nervös richtete Lauren ihre Mardi-Gras-Maske, atmete tief ein und ging zur Bar. Sie bestellte einen Dirty Martini mit extra Oliven und begab sich in eine dunkle Ecke, von der aus sie die Leute beobachten konnte, bis sie sich sicherer fühlte.

Sie hatte noch nie eine der Wohltätigkeitsveranstaltungen im Club besucht. Solche Partys waren für reiche Rancher-Familien, die damit ihre Steuerlast senken konnten. Eine Imbisswagen-Köchin hatte normalerweise weder die Zeit noch die Kraft oder das Geld für so etwas. Schon ihr Drink hatte quasi ein Vermögen gekostet. Eine offene Bar hatte wohl nicht mehr ins Budget gepasst.

Den meisten anderen Leuten schien das egal zu sein. Viele von ihnen hatten ihre Drinks an der Bar auf ihr Mitgliedskonto setzen lassen. Der Raum war fast zum Bersten mit Gästen in festlicher Garderobe gefüllt. Die Männer trugen Smokings und schwarze Stetsons, die Frauen glitzernde Ballkleider und verzierte Masken. Alle hatten einen Cocktail in der Hand und ein Lächeln im Gesicht … soweit man das unter ihren Masken sehen konnte.

Masken waren an diesem Abend Pflicht. Bei manchen Gästen bedeckten sie nur die Augenpartie, sodass man immer noch wusste, mit wem man sprach. Lauren erkannte einige von ihnen. Andere hatten sich für eine komplette Gesichtsbedeckung entschieden, wie der Mann am Einlass. Sie selbst trug weder das eine noch das andere, sondern eine schwarze Metallmaske mit verzierten Ausschnitten, die ihr halbes Gesicht bedeckte. Das Modell bot ihr ein wenig Anonymität und behinderte sie nicht beim Essen oder Trinken. Und, wie Amy, die unverbesserliche Optimistin, anmerkte, sie musste das Teil auch zum Küssen nicht abnehmen.

Als ob ein neues Kleid und eine Maske reichen würden, um Lauren in die Arme eines dunkelhaarigen anonymen Fremden fallen zu lassen.

In diesem Moment erregte eine Bewegung ihre Aufmerksamkeit. Aus den Augenwinkeln erspähte sie einen großen Adonis, der auf ihre Ecke zusteuerte. Er trug einen wunderschön maßgeschneiderten Smoking und eine schiefergraue Wolfsmaske, die den platinfarbenen Glanz seines kurzen blonden Haars betonte. Von seinem Gesicht waren nur das kantige, mit Bartstoppeln bedeckte Kinn und die verdrießlich zusammengepressten Lippen zu erkennen. Der Wolf amüsierte sich offensichtlich nicht.

Er sah sie nicht an. Mit der einen Hand presste er sich sein Handy an ein Ohr und mit der anderen hielt er sich das andere zu. Tja, wenn er auf der Suche nach Ruhe und Privatsphäre war, hatte er hier kein Glück. Er warf ihr nur einen kurzen Blick zu und machte es sich dann in einem Sessel in der Nähe bequem.

Lauren war nicht bereit, dem großen, bösen Wolf ihren Platz zu überlassen. Sie war zuerst hier gewesen. Vielleicht würde sie sich gleich unters Volk mischen, doch nach gerade einmal drei Schlucken von ihrem Zwölf-Dollar-Martini fühlte sie sich dafür noch nicht mutig genug.

Aber bald. Sie spürte, dass die Wärme des Alkohols sich langsam in ihren Adern ausbreitete. Ja, bald.

Sutton Wingate hatte versucht, seine Sorgen zu verdrängen und sich zu amüsieren. Doch leider war ihm das nicht gelungen. Und wieso überraschte ihn das nach den vergangenen Wochen?

Als die Anschuldigungen gegen seine Familie begonnen hatten, war er noch optimistisch gewesen. Sollte nicht gerade er als Finanzchef von Wingate Enterprises über Veruntreuung und Drogenschmuggel hinter den Kulissen informiert sein? Das waren doch alles nur böse Gerüchte, die sich irgendwann in Luft auflösen würden. Genau das hatte er geglaubt. Bis zu dem Moment, als das FBI ihr Vermögen einfror, die Ranch beschlagnahmte und die gesamte Familie vor die Tür setzte.

Jetzt war er nicht mehr so optimistisch.

Bisher waren alle irgendwie auf den Füßen gelandet. Sein Zwilling Sebastian und er hatten sich gemeinsam ein Haus gemietet. Luke und Ezekiel hatten ebenfalls eine Unterkunft gefunden. Ihre Mutter Ava wohnte bei Keith Cooper, was „Onkel“ Keith zweifellos freute. Es war nicht ideal, aber so würden sie ausharren, bis sie herausgefunden hatten, wer ihnen etwas anzuhängen versuchte, und sie wieder zur Normalität zurückkehren konnten.

Er hatte gedacht, dass der Verlust ihres Vermögens und ihres Heims am schwersten zu verkraften sei. Zumindest bis er heute Abend durch die Tür getreten war. Die Wolfsmaske verbarg seine Identität gut. Obwohl einige Gäste vielleicht vermuteten, dass ein Wingate dahintersteckte, konnten sie doch nicht sicher sagen, ob es sich um Sutton oder Sebastian handelte. Aber da die Menschen in seiner Nähe sich so offen über den Skandal, in den seine Familie verwickelt war, das Maul zerrissen, nahm er an, dass niemand ihn erkannte. Wahrscheinlich hielt niemand die Wingates für kühn genug, nach alledem, was passiert war, hier aufzutauchen. Aber da kannten sie die Familie schlecht.

Sie waren unschuldig, und so würden sie sich auch präsentieren. Egal, was andere dachten. Ihre engsten Freunde schienen zu ihnen zu halten, doch Sutton war erstaunt, wie viele andere „Freunde“ sich von ihnen abgewandt hatten. Er hatte seinen Job verloren, seinen Sitz im Vorstand und sein Zuhause. Er war sogar bereit, seine Sportwagen-Sammlung zu verkaufen, um Geld zum Leben zu haben, solange der Rechtsstreit lief. Er brauchte seine Freunde mehr denn je. Nur wurden sie immer weniger.

Sutton hatte auf gute Nachrichten gehofft, als sein Handy klingelte, kurz nachdem er auf der Party eintraf. Es war sein Anwalt. Leider teilte dieser ihm mit, dass er bisher keinen Käufer für eines seiner Autos hatte finden können und es deshalb vielleicht versteigert werden müsste. Doch auf diese Weise würde er Geld verlieren. Also musste er sich entscheiden, ob er mit dem auskam, was er hatte, oder einen Verlust in Kauf nehmen, um die finanzielle Durstrecke zu überstehen.

Er würde sich nicht als arm bezeichnen. Niemand brauchte ihn zu beweinen, weil er nur noch einen Sportwagen besaß, aber der sonstige gewohnte Luxus war verschwunden. Seine Familie und er hatten viele Investments in der Hinterhand, doch Barmittel waren ein Problem. Ihr Anwaltsteam verschlang das Geld so schnell, wie sie es aufbringen konnten. Und ihre Unschuld zu beweisen, war nicht gerade billig.

„Warten Sie noch ein paar Tage. Vielleicht finden wir einen Käufer. Ich muss auflegen“, sagte Sutton. Seinen langatmigen Anwalt loszuwerden, war nicht immer leicht. Als sie schließlich das Gespräch beendeten, steckte er das Handy in seine Brusttasche und seufzte frustriert.

Er dachte daran, dass er noch mehr böses Geschwätz über seine Familie hören würde, wenn er sich wieder unter die Gäste mischte. Da fiel sein Blick auf die kurvige Brünette, die in seiner Nähe stand. Ihr rotes, perlenbesticktes Kleid schmiegte sich um jedes Tal und jeden Hügel ihres Körpers. Sutton war mehr als dankbar für die Ablenkung.

Wenn es etwas gab, das er noch mehr als das schnurrende Motorengeräusch eines italienischen Sportwagens schätzte, dann waren es Frauen. Groß, klein, schlank, kurvig … Er mochte sie alle. Durch das Familiendrama hatte er zuletzt keine Zeit mehr gehabt, sich mit dem weiblichen Geschlecht zu beschäftigen. Die sinnliche Brünette erinnerte ihn daran, dass er ein Mann war, keine Maschine. Er konnte sich ja nicht ewig selbst bestrafen.

Wenigstens heute Abend musste er nicht Sutton Wingate sein, skandalgeplagter Playboy und mutmaßlicher Drogenschleuser. Er würde nicht mitansehen müssen, wie eine Frau das Interesse verlor, wenn ihr bewusst wurde, dass dem attraktiven Mann, mit dem sie gerade redete, vielleicht ein One-Way-Ticket ins Bundesgefängnis drohte. Heute war er nur ein hungriger Wolf auf der Jagd nach einem schmackhaften Leckerbissen … Wie Rotkäppchen hier.

Mit so viel Selbstvertrauen wie schon seit Wochen nicht mehr stand er auf. Als er auf sie zuging, bemerkte er, dass ihr Glas fast leer war.

„Bist du auf dem Weg zum Haus deiner Großmutter, Rotkäppchen?“, fragte er über ihre Schulter. Sie drehte sich zu ihm um und musterte ihn mit ihren dunkelbraunen Augen von oben bis unten. Die goldenen Ringe um ihre Pupillen herum betonten die Bewegung, auch wenn ihm der Rest ihres Gesichts verborgen blieb. Sutton wartete mit angehaltenem Atem auf ihre Antwort. Hoffentlich bestand er die Musterung.

Schließlich verzogen sich ihre vollen, rubinroten Lippen zu einem Lächeln. „Was für große Augen du hast“, erwiderte sie.

„Um besser sehen zu können, wie durstig du bist, Liebes.“

„Ich sehe durstig aus?“ Sie blickte auf ihr Glas. „Tatsächlich.“

„Darf ich dir einen Drink spendieren?“

„Du darfst. Einen Dirty Martini, bitte.“

Sie nahm den Olivenspieß aus dem Glas, und er beobachtete gespannt, wie sie die letzte Olive in den Mund sog. Sie hielt seinen Blick fest, während sie langsam kaute und schließlich schluckte. Sie hatte die sinnlichsten Lippen, die er je gesehen hatte. Vielleicht weil sie alles waren, was die Maske nicht verdeckte. Aber schon jetzt konnte er die Vorstellung, wie er seinen Mund auf ihren presste, nicht mehr abschütteln.

„Extra dirty“, fügte sie hinzu.

Sutton fühlte, wie sein Herzschlag ins Stocken geriet. Extra dirty, Donnerwetter. Er hatte keine Ahnung, wer diese Göttin in Rot war, doch sie hatte schon jetzt seine ungeteilte Aufmerksamkeit. Sie würde alles von ihm haben können, aber erst einmal bekam sie einen leckeren Cocktail. „Kommt sofort.“

Lächelnd drehte er sich um und schlenderte zur Bar. Er musste sich zwingen, nicht zurückzublicken, aus Sorge, dass sie weg wäre, wenn er es täte. Eine Frau wie sie konnte nicht echt sein. Diese Kurven, diese Lippen, diese freche Art … Die Maske ließ sie sicher mysteriöser wirken, aber da war noch mehr. Zwischen ihnen funkte es so stark, dass er fast aus dem Gleichgewicht geraten wäre, als sie ihn mit ihren großen braunen Augen angesehen hatte. Er fühlte sich völlig in ihren Bann gezogen.

An der Bar bestellte er einen Dirty Martini. „Schreiben Sie es auf meinen Deckel“, sagte er dem Barkeeper.

„Gern. Aber wer sind Sie?“ Der Barkeeper deutete auf seine Augen. „Wegen der Maske.“

„Oh, verstehe. Wingate. Sutton.“

„Alles klar. Einen Moment lang dachte ich, Sie wären Sebastian. Ich glaube, Sie beide tragen die gleiche Maske.“

Sutton lachte. „Ja, wir haben sie beide in letzter Minute auf Amazon bestellt. Die meisten können uns schon ohne Maske nicht auseinanderhalten, warum es ihnen also heute Abend leicht machen? Aber lassen Sie ihn keine Drinks auf meinen Deckel schreiben.“

Der Barkeeper lachte und reichte ihm den Dirty Martini. Sutton wollte ihn gerade an sich nehmen, als er eine Stimme hörte, die die Menge übertönte.

„Dürfte ich für einen Moment um Ruhe bitten? Ich möchte etwas verkünden, bevor die Party weitergeht.“

Sutton sah zur Bühne hinüber, auf der eine Frau in einem schwarzen Spitzenkleid hinter dem Mikrofon stand – wahrscheinlich seine Schwester Beth. Sie hatte den Ball organisiert.

Die Frau nahm ihre schwarze, mit Federn geschmückte Maske ab, und seine Vermutung bestätigte sich. „Ratet mal, wer ich bin?“, sagte sie lachend, und die Menge fiel mit ein.

„Im Namen von Wingate Charities und denen, die von unseren Bemühungen profitieren, möchte ich Ihnen zunächst einmal dafür danken, dass Sie eine Karte gekauft haben. Trotz allem fühlen wir uns weiter verpflichtet, unsere Wohltätigkeitsarbeit fortzusetzen, so lange wir können. Dieser Firmenzweig ist mein Baby, und ich lege großen Wert darauf, Ihnen persönlich für Ihre Unterstützung zu danken. Ich war mir nicht sicher, wie viel wir dieses Jahr zusammenbekommen würden, aber ich hätte nie an der Großzügigkeit der Einwohner von Royal zweifeln dürfen. Tatsächlich haben wir sogar mehr Karten als jemals zuvor verkauft.“

Wahrscheinlich war die gestiegene Teilnahme in diesem Jahr eher der Hoffnung der Leute geschuldet, ihre gute Tat mit etwas Drama würzen zu können. Doch das würde er Beth nicht sagen. Sie hatte hart gearbeitet, damit dieser Abend zu einem Erfolg wurde, und verdiente die Unterstützung der Allgemeinheit – aus welchem Grund auch immer.

Seine Schwester machte eine kurze Pause, um den aufgebrandeten Applaus verklingen zu lassen und ihre glasigen Augen zu trocknen. „Falls Sie es noch nicht bemerkt haben, für unsere stille Auktion gibt es dort hinten an der Wand eine fantastische Auswahl an gespendeten Gegenständen. Ich möchte Sie ermutigen, hohe Angebote abzugeben“, sagte sie lächelnd. „Und natürlich nehmen wir auch gute, altmodische Schecks. Wenn Sie direkt spenden möchten, finden Sie mich mit dem Quittungsblock neben der Garderobe. Und jetzt noch eine Sache, bevor wir weitertanzen. Meine wunderschöne Schwester Harley und ihr Verlobter Grant Everett möchten etwas verkünden.“

Das Paar kam auf die Bühne, und Beth übergab Harley das Mikrofon. „Hallo alle zusammen“, sagte sie und schmiegte sich an Grant. „Ich will Ihnen nicht zu viel Zeit stehlen, aber Grant und ich haben aufregende Neuigkeiten. So viele von Ihnen sind wie eine Familie für uns, und ich finde, im Moment kann unsere Familie etwas Glück vertragen. Also werden wir nächsten Monat auf der Ranch der Everetts heiraten. Wir haben wenig Zeit, um formelle Einladungen vorzubereiten, doch wir schicken Ihnen die Einzelheiten, sobald wir es schaffen. Ich hoffe, dass Sie alle kommen, um mit uns zu feiern.“

Die Menge jubelte angemessen. Sutton nahm an, dass der Applaus nur zur Hälfte ehrlich gemeint war. Genau wie an dieser Party würden einige nur an der Hochzeit teilnehmen, weil sie auf Klatsch aus waren. Er bezweifelte allerdings, dass es welchen geben würde. Harley war daran gewöhnt, ihren Willen zu bekommen, und sie würde es nicht zulassen, dass jemand ihre Hochzeit ruinierte, nicht mal der Familienskandal. Sie musste schon bei der Ortswahl Zugeständnisse machen. Eigentlich hatte sie sich gewünscht, auf der Wingate-Ranch zu heiraten. Aber niemand wusste, wie lange es dauern würde, bis sie wieder – wenn überhaupt – einen Fuß auf das Anwesen setzen durften.

Während die Familie die Bühne verließ, fing die Band wieder an zu spielen. Zeit für Sutton, zu seiner schönen Ablenkung zurückzukehren. Als er sah, dass die mysteriöse Frau in Rot noch auf ihn wartete, stieß er einen erleichterten Seufzer aus.

„Extra dirty“, sagte er und reichte ihr das Glas.

„Du oder der Drink?“, fragte sie. Ihre Augen blitzten.

Sutton schnalzte anerkennend mit der Zunge. Ihr Flirtrepertoire war erstklassig, und dabei war er nicht leicht zu beeindrucken. Er war sich sicher, jeden in dieser Stadt zu kennen und ganz bestimmt alle Clubmitglieder hier, aber diese Frau war neu und in jeder Hinsicht aufregend. Vielleicht stammte sie nicht von hier. Umso besser. Dann würde sie nichts über die Wingates und die schwere Zeit wissen, die sie gerade durchmachten.

„Vielleicht beides“, erwiderte er gedehnt. „Schließlich bin ich der große, böse Wolf.“

„Gut.“ Lächelnd nippte sie an ihrem neuen Drink.

2. KAPITEL

Aschenputtel-Gewinnspiel – aber hallo!

Lauren war sich ziemlich sicher, in eine Art Märchen geraten zu sein. Auch wenn es kein königlicher Ball, sondern eine Wohltätigkeitsgala war und sie anstatt mit dem Prinzen mit einem großen, bösen Wolf im Armani-Smoking tanzte. Wann würde sie einen Schuh verlieren und sich wieder in ihr gewohntes Ich verwandeln? Doch auch nach Mitternacht hielt ihr sanfter, verführerischer Wolf sie noch im Arm.

Sie konnte es kaum glauben. Und schon gar nicht, wie sie sich benahm. Diese Maske schien irgendeinen magischen Effekt auf sie auszuüben. Sie ließ sie sich mutig fühlen. Schamlos. Und überaus leichtsinnig.

Die Worte strömten nur so aus ihr heraus, und davon hätte sie ohne Maske allenfalls träumen können. Ihr geheimnisvoller Verehrer war ihr nicht von der Seite gewichen. Sie hatten getanzt, die Angebote der stillen Auktion durchstöbert und an den Häppchen geknabbert, die sie sich zwischen den Tänzen gönnten. Es gab Shrimps-Cocktail, süßlich-pikante Fleischklößchen, Crostini mit Kaviar und Endivien mit Krabben und Blauschimmelkäse. Das gewisse Etwas fehlte, was ihr als Köchin zwar auffiel, sie aber nie laut sagen würde. Stattdessen aß sie, so viel sie konnte, in der Hoffnung, ihren nervösen Magen zu beruhigen.

Doch es war kein Hunger, der sie nervös machte. Es war die Aufregung. Der Abend neigte sich dem Ende zu, und angesichts der Art, wie ihr Begleiter sie beim Tanzen festhielt, lief ihre gemeinsame Zeit auf etwas Bestimmtes hinaus. Aber war sie dafür wirklich bereit? Als seine grünen Augen sie durch die Maske hindurch ansahen, rann ihr ein wohliger Schauer über den Rücken.

Ja.

Sie war für alles bereit, was der schöne maskierte Verehrer ihr zu bieten hatte. Heute Nacht würde sie tun, wozu sie Lust hatte. Nicht das, was das Beste für ihr Geschäft war, sondern das Beste für sie selbst. Und sie konnte sich keinen Grund vorstellen, wieso sie ihren Körper nicht diesem sexy, wortgewandten Mann schenken sollte. Sie hatte ihrem Unternehmen so viele Jahre geopfert, ihrem Körper die Nähe zu einer anderen Person versagt. Sie war es leid, einsam zu sein.

Das Lied, zu dem sie tanzten, endete, und anstatt sie loszulassen, zog ihr Tanzpartner sie näher an sich. Ihr Puls begann zu rasen, als sein fester, muskulöser Körper sich an sie presste. Wahrscheinlich war sie knallrot unter ihrer Maske, aber das konnte er nicht sehen. Also schlang sie die Arme um seinen Hals und schmiegte ihre Brüste an seinen muskulösen Oberkörper.

Sein Kiefer zuckte, und er rang leicht nach Atem. „Komm mit mir, Rotkäppchen“, sagte er.

Etwas an der Art, wie er sie ansah, hatte sich verändert. Er bat sie nicht, ihn zur Bar oder zur Auktionsauslage zu begleiten. Nein, sie wusste, worum er sie bat, und sie kam seinem Wunsch nur zu gern nach. Sie ergriff seine ausgestreckte Hand und ließ sich von ihm von der Tanzfläche führen.

Doch anstatt Richtung Ausgang lief er mit ihr tiefer in den Club hinein.

„Wohin gehen wir?“, flüsterte sie, als er sie einen dunklen Flur entlangführte. Ihre Nervosität nahm zu. Irgendwann befanden sie sich im hinteren Teil des Gebäudes, und Lauren musste sich selbst sagen, dass er nur nach Privatsphäre suchte und sich keinen Scherz mit ihr erlauben wollte, damit ihre Füße sich vorwärts bewegten.

„Ich dachte, du würdest vielleicht gern eine Runde Billard spielen.“ Er öffnete eine Tür, und sie betraten einen dunklen Raum.

Lauren fühlte, wie sie sich entspannte. Mondlicht schien durch das Fenster und beleuchtete einen großen Billardtisch in der Mitte des Zimmers. In den Ecken befanden sich Stehtische und Regale mit Billardqueues. Es schien genau der richtige Ort für stinkreiche Cowboys zu sein, um gemeinsam abzuhängen, Bier oder Whisky zu trinken und ein paar Runden Pool zu spielen.

Sie ging in den Raum hinein und ließ einen manikürten Finger über den schweren Eichentisch gleiten. Dann legte sie ihre Tasche ab, drehte sich zu ihm um und lehnte sich gegen den Tisch. „Wirklich?“ Ihr wissendes Lächeln verriet nichts von den aufgeregt flatternden Schmetterlingen in ihrem Bauch. „Du hast mich in diesen dunklen, entlegenen Raum gebracht, damit wir … Billard spielen können?“

Das Licht aus dem Flur beleuchtete sein amüsiertes Lächeln, bis er die Tür schloss und es von der umgebenden Dunkelheit verschluckt wurde. „Nicht ganz.“

Sie konnte gerade noch seine Silhouette ausmachen, als er jetzt sein Jackett ablegte und es über einen Barhocker warf. „Aber ich dachte schon an ein Spielchen.“

„Ich höre“, schnurrte sie in der Hoffnung, damit ihre Nervosität zu übertünchen.

„Ich hatte an etwas Intimeres als Billard gedacht. Etwas, bei dem wir beide gewinnen können.“

„Wird es bei diesem Spiel auch um etwas Hartes, Bälle und gelegentliche Kratzer gehen?“

„Das will ich schwer hoffen“, murmelte er. „Was denkst du?“

„Hört sich gut an. Bin dabei. Doch ich habe eine Bedingung.“

Er richtete sich auf und steckte die Hände in die Hosentaschen. „Und die wäre, Rotkäppchen?“

„Die Masken behalten wir an und das Licht bleibt aus.“ Sie wollte das Mysteriöse zwischen ihnen aufrechterhalten, denn sonst hätte ihr Mut sich schnell in Luft aufgelöst. Obwohl sie gewillt war, diesem Mann ihren Körper zu schenken, hatte sie nach all den Jahren immer noch das Bedürfnis, sich hier im Club zu schützen.

Er antwortete nicht. Stattdessen kam er näher. Er zögerte kurz, umfasste ihre Taille und hob sie dann ganz auf den Billardtisch. Sie gab einen überraschten Laut von sich und griff nach ihm, um nicht die Balance zu verlieren. Gierig zog er sie an sich.

„Wow“, flüsterte sie an seiner Kehle.

Sie hörte ihn leise auflachen. „Ich hoffe, dass du das heute Nacht nicht zum letzten Mal sagst.“

Dann fanden seine Lippen zum ersten Mal die ihren, und von der Intensität ihrer Küsse schwirrte ihr derart der Kopf, dass sie die nächsten Minuten nur als dunkles, lustvolles Wirrwarr wahrnahm. Seine Lippen blieben auf ihrem Mund, als er ihr das Kleid hochschob.

„Wie gefällt dir das Spiel bisher?“, keuchte er, schob sich zwischen ihre Oberschenkel und umfasste ihre Pobacken, um ihre Hüfte fest gegen die pulsierende Erektion zu pressen, die seine Hose spannte.

Lauren schnappte nach Luft und schlang ihre Beine um seine Taille, um ihn in dieser intimen Stellung zu halten. „Das ist so viel besser als Billard.“

Sie küsste ihn, und als sie zart an seiner Unterlippe saugte, kamen sie schnell an den Punkt, von dem es kein Zurück mehr gab. Das hier passierte wirklich. Sex mit einem Fremden. In der Öffentlichkeit. Der bloße Gedanke reichte, um ihren Körper freudvoll erschauern zu lassen. Vier Hände erkundeten unbekanntes Terrain, kämpften mit Knöpfen und Reißverschlüssen, schoben Baumwolle und Satin zur Seite, bis sie endlich die ersehnte nackte Haut berührten.

Lauren konnte nicht genug von ihrem maskierten Verehrer bekommen. Unter seinem bis zur Taille offenen Smokinghemd war er an all den richtigen Stellen hart. Das krause Haar auf seiner Brust kitzelte an ihren Handflächen, und der warme Duft seiner Haut reizte ihre Sinne. Sie barg ihr Gesicht an seiner Kehle und küsste sie. Ein Grollen, tief aus seiner Brust, vibrierte unter ihren Lippen und Fingerspitzen. Sie war vielleicht keine Expertin in punkto Verführung, aber das hörte sich an, als ob sie die richtigen Knöpfe bei ihm drückte.

Die Hände des Wolfs strichen über ihre Oberschenkel und schoben den schweren Stoff des Kleides höher. „Heb die Hüften an, Rotkäppchen“, sagte er, und sie gehorchte. Er schob ihr das Kleid bis zur Taille hoch und hatte nun freien Zugang zu allem darunter – was genau seine Absicht gewesen war. Dann fasste er mit beiden Händen in ihr Höschen, zog es hinunter und streifte ihr dabei auch die mit Strass besetzten High Heels ab.

Wäre das Licht an gewesen, hätte Lauren sich unglaublich entblößt gefühlt, aber durch die Dunkelheit empfand sie eine unerwartete Freizügigkeit. Ihr Partner konnte nur mit den Händen sehen, was für sie sicher von großem Vorteil war.

Er richtete sich auf und strich über ihre Beine. Seine Finger bewegten sich zwischen ihre Knie und streichelten die Innenseiten ihrer Oberschenkel, wobei er sie weiter öffnete. Lauren konnte die kühle Luft auf ihrer nackten Haut spüren … gefolgt von der feuchten Wärme seines Atems.

Auf seine Zunge war sie nicht vorbereitet gewesen.

Nach Luft schnappend wand sie sich auf der harten Kante des Billardtischs. Mit jedem Vorstoß seiner Zunge an ihrer intimsten Stelle setzte ihr Verstand etwas mehr aus, bis sie nur noch die Wellen der Lust spürte, die durch ihren Körper pulsierten. Lauren lehnte sich zurück und stützte sich auf ihre Ellbogen. Sie bog den Rücken durch und tastete auf der Filzplatte erfolglos nach Halt. Innerhalb kürzester Zeit hatte dieser Fremde ihr so berauschende Empfindungen verschafft wie kein anderer Mann zuvor. Sie war kurz vor dem Höhepunkt, und dabei hatte er sie kaum berührt.

„Leg dich hin und entspann dich“, befahl er mit rauer Stimme und hob kurz den Kopf. Lauren konnte nichts anderes tun, als zu gehorchen. Er legte sich ihre Beine über die Schultern und hob ihre Knie an, bis sie gegen ihre Brust drückten. Nachdem er sie so fixiert hatte, beugte er sich vor und stürzte sich erneut auf ihr erhitztes Zentrum.

Es war mit nichts zu vergleichen, was sie je gefühlt hatte. Sie konnte ihren Empfindungen nicht entkommen, konnte sich seinem Mund nicht entziehen. Plötzlich rollte der Orgasmus mit einer Wucht wie nie zuvor durch sie hindurch. Lauren biss sich in den Handballen, um nicht laut aufzuschreien. Die Wellen der Lust verebbten nur langsam. Doch er hörte nicht auf, sondern ließ nur kurz von ihr ab, damit sie zu Atem kommen konnte, bevor er weitermachte. Sie hatte es nicht für möglich gehalten, aber fast sofort kam sie erneut, dieses Mal noch heftiger.

„Bitte hör auf“, keuchte sie und schob seinen Kopf zurück. Lauren war sich nicht sicher, ob sie innerhalb so kurzer Zeit der Intensität eines dritten Orgasmus’ gewachsen wäre.

Er gehorchte und legte ihre Beine ab, die kraftlos über die Kante des Tischs glitten. „Hast du schon genug?“, fragte er.

„Genug davon. Jetzt will ich dich. Oder wirst du mich ewig warten lassen?“

Er stand auf und legte seine Hände auf ihre zitternden Knie. „Nicht mehr lange. Ich muss mich nur noch um ein wichtiges Detail kümmern.“

Lauren beobachtete, wie sich seine dunkle Silhouette durch den Raum zu seinem Jackett bewegte. Nachdem er kurz in den Taschen gesucht hatte, kehrte er zu ihrem bebenden Körper zurück. Er trat zwischen ihre Beine und legte ein Kondom neben ihre nackte Hüfte. Glücklicherweise war er vorbereitet. Die ganze Situation war für Lauren so untypisch, dass ihr nicht im Traum eingefallen wäre, Kondome einzustecken.

Sie hörte das Klirren seines Gürtels und das Surren eines sich öffnenden Reißverschlusses. Fühlte, wie er nach dem Kondom griff und es überzog. Dann umfasste er ihre Hüfte und drang mit einer langsamen, gleichmäßigen Bewegung in sie ein. Das Gefühl seiner harten Hitze, die in ihren ihn freudig empfangenden Körper sank, war ein Vergnügen, das sie sich viel zu lange versagt hatte. Der Aufbau ihres Unternehmens ließ kaum soziale Kontakte zu. Und wie sollte sie jemanden in einer Stadt kennenlernen, in der alle Gleichaltrigen sich über sie lustig machten? Das letzte Mal war so lange her gewesen, dass sie kaum glauben konnte, dass es wirklich passierte.

Lauren drückte sich auf dem Tisch hoch, schlang die Beine um seine Taille und die Arme um seinen Hals. Mit ihren satinverhüllten Brüsten gegen seine harte Brust gedrückt flüsterte sie: „Ich brauche dich so sehr“, bevor sie ihm zart ins Ohrläppchen biss.

Es musste ihm gefallen haben, denn er erschauerte in ihren Armen und blieb kurz bewegungslos, vielleicht, um sich wieder unter Kontrolle zu bringen. Sie war sich ziemlich sicher, dass er einen aussichtslosen Kampf ausfocht, denn seine Initiative hatte sie beide längst an den Rand gegenseitigen Verlangens getrieben. Er zog sie an sich und dann so nahe an die Tischkante, dass sie ohne seinen Halt vermutlich hinuntergefallen wäre. Und dann gab er ihr, worum sie ihn gebeten hatte. Immer wieder füllte er sie aus, stieß hart in ihren bebenden Körper hinein.

Er wusste weder ihren Namen noch sonst etwas über sie, aber er schien genau zu wissen, was Lauren von ihm brauchte. Sie hatte es nicht für möglich gehalten, dass sie so schnell auf ihn reagierte, doch schon hatte die Lust sie wieder erfasst. Atemlos klammerte sie sich an ihren großen, bösen Wolf und stöhnte an seiner Schulter.

Als sie kurz vor dem Orgasmus war, spannte ihr Körper sich an und ihr Stöhnen steigerte sich zu leisen Schreien. Daraufhin drang er noch schneller, noch tiefer in sie ein. Sie kam sofort, erreichte den Höhepunkt und biss ihm in die Schulter, um ihre Schreie zu dämpfen. Als sie schließlich still wurde, stieß er ein letztes Mal hart in sie hinein und gab ein Stöhnen tiefster Befriedigung von sich.

Gemeinsam ließen sie sich auf den Billardtisch sinken. Nach Atem ringend rollte er sich kurz darauf neben sie. Es war merkwürdig, nebeneinander in einem dunklen Raum zu liegen und gedämpft die Stimmen und die Musik aus dem nicht weit entfernten Ballsaal zu hören.

Lauren erwartete, dass ihr Wolf etwas sagen würde, aber die Stille schien ihnen beiden zu gefallen. Vielleicht zu sehr. Nach ein paar Minuten wurde seine Atmung ruhig und gleichmäßig, und er war eingeschlafen. Sie war versucht, sich an ihn zu kuscheln und ebenfalls zu schlafen. Doch sie musste gehen.

Der Morgen würde lediglich Enttäuschung für sie beide bereithalten. Davon war Lauren zutiefst überzeugt. Sie war nicht die glamouröse Verführerin, die sie heute Abend zu sein vorgegeben hatte. Noch nie in ihrem Leben hatte sie sich so untypisch verhalten. Wenn sie blieb, würde ihr Liebhaber die Wahrheit erfahren. Und das würde alles verderben.

So leise wie möglich glitt sie vom Tisch und suchte im Dunkeln ihre Sachen zusammen. Bei einem Blick über ihre Schulter sah sie, dass er tief und fest schlief. Sie nahm ihre Maske ab und legte sie neben ihn auf den Billardtisch. Ein kleines Andenken, das ihn an sie erinnern würde.

Dann öffnete sie die Tür und schlich hinaus in den Flur und aus seinem Leben.

„Was zum …!“

Stöhnend stützte Sutton sich auf die Ellbogen. Jeder Muskel in seinem Körper schmerzte wie nie zuvor. Und dabei waren ihm Rückenschmerzen nicht fremd. Es fühlte sich an, als hätte er auf einem Holzbrett geschlafen. Während er sich umsah, fiel ihm alles wieder ein. Er befand sich immer noch im Billardzimmer des Clubs und hatte tatsächlich auf einer harten Unterlage geschlafen, nämlich auf dem Billardtisch. Nachdem er seine Tanzpartnerin geliebt hatte. Ein Blick auf seine Rolex sagte ihm, dass es halb fünf Uhr morgens war.

Er sah zu der Stelle, wo sie gelegen hatte. Es war noch dunkel im Zimmer und er konnte keine Silhouette erkennen. Sutton streckte den Arm aus und fuhr mit der Hand lediglich über den weichen Filz des Tischs. Die Stelle war kalt. Kein Anzeichen ihres warmen, geschmeidigen Körpers neben ihm. Dann ertasteten seine Fingerspitzen doch etwas. Er glitt vom Tisch, ging zur Tür und machte das Licht an. Nachdem sich seine Augen an die Helligkeit gewöhnt hatten, konnte er sehen, was dort auf dem Filz lag. Es war ihre Maske.

Er ging hinüber, hob sie auf und hielt sie einen Moment lang in den Händen.

Sein Rotkäppchen war längst fort. Und er hatte keine Möglichkeit herauszufinden, wer sie war oder wo er sie finden konnte.

Verdammt.

Ihr Verschwinden nahm der geheimnisvollen Dunkelheit und der Anonymität ihrer Begegnung jeglichen Spaß. Jetzt empfand er nur noch Frust. Diese Frau – diese Göttin in Rot – war das Tollste, was ihm seit langer Zeit passiert war. Zwischen ihnen bestand eine Verbindung, die er noch bei keiner anderen Frau gespürt hatte. Und nun blieb ihm von ihrer Begegnung nichts als eine verzierte schwarze Maske und ein steifer Rücken.

Seufzend warf er die Maske auf den Billardtisch, sammelte seine restliche Kleidung zusammen und zog sich an. Seine eigene Maske lag neben seiner Fliege auf dem Boden. Sutton hob sie auf und warf sie in den Mülleimer. Er würde sich nicht mehr verstecken. Weder vor den kleingeistigen Menschen dieser Stadt, die das Schlimmste von ihm glauben wollten, noch vor sonst jemandem. Sein Wunsch, der Realität zu entfliehen, wenn auch nur für eine Nacht, hatte ihn die Chance auf etwas … Besonderes gekostet. Vielleicht auf die eine Beziehung, die er noch nie gehabt hatte.

So verrückt es sich anhörte: Irgendwie wusste er, dass es stimmte. Seinen Ruf als Playboy trug er zu Recht, aber vergangene Nacht war anders gewesen. Sie war anders. Er war nicht wie sonst aufgewacht, befriedigt und bereit, die nächste Herausforderung anzugehen. Eher fühlte er sich wie im Schlaf beraubt. Er hatte schon sein Zuhause und sein Vermögen verloren, doch irgendwie tat das hier noch mehr weh. Das Gefühl des Verlusts war ihm eigentlich fremd. Aber in letzter Zeit schien er nur noch zu verlieren.

Sutton hob ihre Maske wieder auf und betrachtete sie. Ein Teil von ihm wollte sie ebenfalls wegwerfen. Vermutlich war es besser, vergangene Nacht – und sie – zu vergessen. Seine Familie und er hatten auch ohne ein weiteres, unnötiges Drama genug um die Ohren. Doch er brachte es nicht über sich, die Maske wegzuwerfen. Sie war alles, was ihm von ihr blieb. Also steckte er sie in seine Jackentasche und ging zur Tür. Er sollte es Aschenputtel besser gleichtun und hier verschwinden, wenn er sich den Spießrutenlauf durch eine Lobby voller frühmorgendlicher Golfer ersparen wollte.

Im Flur stellte er fest, dass das ganze Clubhaus dunkel und still war. Die Party war schon lange vorbei. Im Ballsaal angekommen konnte er durch die schummerige Beleuchtung der Bar die Einrichtung im Raum erkennen … und eine ihm sehr vertraute Person, die zusammengesunken am Tresen hockte.

„Sebastian? Bist du das?“

Die Person wandte sich zu ihm um und schob sich die Maske auf den Kopf. Es war tatsächlich sein Zwillingsbruder. Sebastian sah erschöpft und niedergeschlagen aus. Mit einer Hand umklammerte er ein Glas.

„Sutton?“ Er runzelte verwirrt die Stirn. „Was machst du hier noch so spät?“

„Bin gerade aufgewacht. Hab im Billardzimmer geschlafen. Wieso bist du noch hier?“

Sein Zwilling schüttelte den Kopf und seufzte traurig. „Ich war mit einer Frau zusammen, einer tollen Frau. Ein Traum in Rot, den ich auf der Stelle heiraten würde, wenn sie mich wollte. Aber sie ist verschwunden, bevor ich überhaupt ihren Namen erfahren habe.“

Sutton runzelte die Stirn. Die Geschichte kam ihm nur allzu bekannt vor. Wie konnte es sein, dass sie beide eine unglaubliche Nacht mit einer Frau in Rot verbracht hatten, die bei der erstbesten Gelegenheit verschwand? „Okay, aber wieso sitzt du hier an der Bar, anstatt nach Hause zu gehen?“

Sebastian zuckte die Achseln. „Als ich allein aufgewacht bin, wollte ich mich mit einem Drink über mein Pech mit den Frauen hinwegtrösten. Also sitze ich hier und denke daran, wie hinreißend sie war. Eine Frau wie sie habe ich noch nie getroffen, Sutton.“ Er schüttelte traurig den Kopf. „Und dann musste ich wieder an unsere Firma und das FBI denken. Darüber habe ich wohl die Zeit vergessen.“

„Uns beiden geht gerade viel durch den Kopf.“

Sein Bruder nickte und sah hoch. „Wie kommt es, dass du im Billardzimmer eingeschlafen bist?“, fragte er verwundert. Plötzlich schien ihm wieder einzufallen, was sein Bruder vorhin gesagt hatte.

„Ich war mit einer Frau dort. Sie ist auch weggelaufen. Scheint, als hätten wir beide die Nacht mit Frauen verbracht, die lieber weglaufen, als sich heute von uns anrufen zu lassen.“

„Rufst du sie denn am nächsten Tag immer an?“

Sutton starrte seinen Bruder finster an. In punkto Romantik konnten sein Zwilling und er nicht unterschiedlicher sein. „Na, hör mal, es mag vielleicht viele Frauen in der Stadt geben, die mich in den vergangenen Jahren geliebt und verloren haben, lieber Bruder, aber ich habe mich dabei immer wie ein Gentleman benommen.“

Sebastian sah ihn an, als würde er Sutton nicht recht glauben, und schüttelte den Kopf. „Tja, hört sich so an, als ob dir gerade mit gleicher Münze heimgezahlt wurde. Sie ist gegangen, und du wolltest mehr, oder?“

Das war eine Untertreibung. Doch zum Philosophieren über Dating-Karma war es zu spät. „Hast du Hunger?“, fragte Sutton, um das Thema zu wechseln.

Sebastian zuckte die Schultern. „Ich könnte schon etwas vertragen.“

Sutton gab seinem Bruder einen Klaps auf den Rücken und fischte seine Schlüssel aus dem Jackett. „Dann los. Ich kutschiere uns ins Royal Diner und gebe dir ein Frühstück aus, bevor wir nach Hause fahren. Vielleicht schaffen wir es noch vor Sonnenaufgang.“

3. KAPITEL

„Sieht so aus, als hätte sich jemand gestern Abend gut amüsiert.“

Lauren blinzelte wegen des Tageslichts, das in den Imbisswagen strömte, als Amy die Tür öffnete und hineinkletterte. Sie sah ihre Freundin kurz an und wandte sich dann wieder ihrer dampfenden Kaffeetasse zu. „Scheint so.“

„Du warst lange weg“, fuhr Amy fort. „Also hast du dich gut mit Royals Elite amüsiert?“

„Ja. Ich bin spät nach Hause gekommen und hatte so einige Martinis. Deshalb entschuldige bitte, wenn ich heute Morgen nicht vor Freude platze. Ich bin erschöpft, habe Kopfschmerzen, und mir tun wegen dieser lächerlichen Schuhe immer noch die Füße weh. Ich hätte meine Converse tragen sollen. Das wäre niemandem aufgefallen.“

„Tja, auch mit einem Kater siehst du immer noch umwerfend aus. Das Makeover hat Wunder bewirkt. Ohne deine morgendliche Übellaunigkeit hätte ich dich kaum erkannt.“

Es war zu früh und Lauren zu müde, um sich geschmeichelt zu fühlen. „Sehr witzig. Ich glaube, dass ich ganz nett aussehe, aber das bringt mir als Köchin gar nichts.“

„Da bin ich mir nicht so sicher. Ich finde, dass du jetzt heiß genug aussiehst, um in einer Kochshow aufzutreten.“

„In einer Kochshow? Ich kann nicht mal das Geld für ein Restaurant aufbringen. Kein Sender wird sich dafür interessieren, mich im Fernsehen auftreten zu lassen.“

„Nicht mit dem Gesichtsausdruck. Du hättest ein paar der Partygäste um eine Investition anhauen sollen.“ Amy knallte glucksend die Sonntagszeitung auf die Edelstahlarbeitsplatte. „War wohl ein ganz schöner Rummel. Wingate Charities hat ein Vermögen an Spenden eingenommen. Diese Reichen wissen, wie man Partys schmeißt. Und Schecks ausstellt. Du hättest einfach mal die Hand aufhalten sollen.“

Lauren griff sich die Zeitung und überflog den Artikel über den Maskenball auf der Titelseite. Es ging um die Wohltätigkeitsveranstaltung und darum, was mit dem gesammelten Geld alles Gutes getan werden sollte.

Das Foto darunter zeigte die Eventkoordinatorin Beth Wingate … und einen Mann in einer ihr bekannten Wolfsmaske, der laut Autor ihr Bruder und der CEO von Wingate Enterprises war – Sebastian Wingate.

Diese Information traf sie wie ein Schlag in den Magen und ließ ihr fast den Kaffee wieder hochkommen. Sie hatte geglaubt, niemals seine Identität zu erfahren. Und dass das vielleicht auch besser wäre. Schließlich war es letzte Nacht zu einer Begegnung zweier Menschen gekommen, die sich so nie wiederholen konnte. Es zu versuchen, würde nur ihrer beider Erinnerung daran verderben.

Doch als sie jetzt seinen Namen schwarz auf weiß las, konnte sie ihn auch nicht ignorieren. Der Geist war aus der Flasche und wollte nicht wieder zurück. Ihr mysteriöser Liebhaber war kein Geringerer als der Mann, der im Zentrum des jüngsten Skandals von Royal stand. Lauren wusste nicht viel über die Wingates und hätte keinen einzigen von ihnen identifizieren können, aber den Namen hatte sie in letzter Zeit einige Male gehört. Die Familie war wegen Drogenschmuggels und anderer hässlicher Dinge angeklagt worden. Die ganze Stadt sprach davon.

Das war mal wieder typisch für sie. Da hatte sie eine stürmische Romanze mit einem reichen, erfolgreichen Typen, und dann stellte sich heraus, dass er pleite und schon halb auf dem Weg ins Bundesgefängnis war. Die Wolfsmaske hätte sie misstrauisch machen sollen. In welchem Märchen hatte ein Wolf jemals etwas Gutes bedeutet?

„Also, erzähl mir alles“, drängte Amy sie.

„Ich würde lieber hören, wie es gestern Abend mit den Wagen lief.“ Lauren hatte ihren Angestellten ihre kostbaren Street-Eats-Imbisswagen am betriebsamsten Abend der Woche überlassen. Das war ein viel wichtigeres Thema.

„Tja, Javiers Wagen wurde ausgeraubt und meine halbrohen Shrimps haben zehn Leuten eine Lebensmittelvergiftung eingebracht. Aber alles in allem lief es ganz gut.“

Lauren ließ sich von Amys todernstem Gesichtsausdruck nicht täuschen. Die Freundin nahm sie ständig auf den Arm. „Ernsthaft. Komm schon.“

„Es war alles in Ordnung.“ Amy seufzte schwer. „Das größte Drama war, dass wir relativ früh keine Hähnchenspieße mehr hatten. Alles andere lief glatt. Und Javier hat die Abendeinnahmen eingezahlt. Doch jetzt erzähl mir von diesem schicken Ball. Ich sterbe vor Neugier. Wie lief es für dich?“

„Wir sind nicht zum Tratschen hier. Wollten wir nicht zum Bauernmarkt und frische Ware für das Nachmittagsmenü kaufen?“

Amy zuckte mit den Schultern. „Es gibt keine Regel, die besagt, dass du mir beim Kauf des Tagesgemüses nichts verraten darfst. Nun erzähl schon, ich habe dich schließlich zu diesem Wettbewerb angemeldet.“

„Du hättest mitkommen sollen, wenn es dich so interessiert.“ Lauren schnappte sich ihren Kaffee und die Einkaufsliste.

„Jemand musste die Wagen am Laufen halten“, wandte Amy ein. „Und außerdem ist noch nie jemand mit der Freundin am Rockzipfel in Schwierigkeiten der positiven Art geraten.“

Sie kletterten aus dem Wagen, und Lauren schloss die Tür hinter ihnen ab. „Und wenn schon“, murmelte sie und versuchte zu ignorieren, wie recht Amy mit ihrer Einschätzung hatte. Gemeinsam zogen sie los.

„Mehr hast du nicht zu bieten?“ Amy hielt mit Lauren Schritt. Ihr langer blonder Pferdeschwanz wehte im Wind. „Du weißt, dass ich nicht aufgeben werde, oder?“

„Hast du das jemals?“

„Nö.“

Es stimmte. Amy biss sich fest wie eine Bulldogge und glaubte obendrein zu wissen, was das Beste für Lauren sei. Zwar hielt sie sich aus dem Geschäftlichen heraus und überließ Lauren die gesamte Menüplanung, doch in punkto Privatleben hatte sie zahlreiche Ratschläge für ihre beste Freundin parat.

Zum Glück war der Bauernmarkt laut und voll. „Wenn wir hier fertig sind“, versprach Lauren ihr. „Besorg eine Kiste Süßkartoffeln, Zwiebeln und ein paar Tomatenrispen. Ich hole Brokkoli und Blumenkohl und sehe mir die Äpfel an.“

Eine Viertelstunde später trafen sie sich vor einem Wagen der örtlichen Rancher. Dort gab es eine gute Auswahl an geräuchertem Fleisch, das regional produziert wurde. Lauren kaufte ein Dutzend Eier, eine große Schweineschulter, Hühnerbrüste und etwas schönen, dick aufgeschnittenen Schinken.

„Was kochen wir heute?“, fragte Amy, als sie die Waren zum Imbisswagen schleppten.

„Ich weiß noch nicht“, gab Lauren zu. Sie musste überlegen, was saisonal gerade am besten passte. Dann würde sie alles miteinander kombinieren und daraus die Speisekarte kreieren. „Ich dachte an Chili-Süßkartoffel-Pommes, vielleicht zusammen mit gegrillten Hähnchenspießen, weil die gestern so gut liefen. Eventuell anders gewürzt. Carnitas-Tacos mit einer Schinkencreme und frischer Tomatensalsa. Dazu passen pikanter, frittierter Brokkoli und Blumenkohl. Apfelkuchen auf die Hand als Dessert. Ich muss schauen, was wir sonst noch haben.“

„Hört sich gut an.“

Sobald sie alles im Imbisswagen verstaut hatten, fingen sie mit den Vorbereitungen an. Lauren war erleichtert, in die gewohnte Plackerei verfallen zu können, um nicht länger an die vergangene Nacht denken zu müssen. Sie waren gerade bis zu den Ellbogen in Süßkartoffeln vergraben, als jemand ans Fenster klopfte.

Lauren öffnete die Ausgabeluke, um wem auch immer zu sagen, dass sie nicht vor halb zwölf loslegen würden. Vor ihr stand eine lächelnde Gracie Diaz mit ihrem geliebten Kürbis-Latte in der Hand. Royals neueste Millionärin zählte zu den größten Fans von Street Eats. Früher ließ sie sich wenigstens ein paarmal die Woche blicken, und zwar immer nach ihrer Arbeit bei den Wingates. Jetzt, wo sie kein Geld mehr verdienen musste, kam sie ein bisschen seltener. Lauren hatte sie vermisst und freute sich, sie zu sehen.

„Hey, Gracie“, sagte sie und schob das Fenster auf. „Hab dich lange nicht gesehen. Wie läuft das Leben als Millionärin?“

„Es ist …“, Gracie zögerte kurz und schien mit widersprüchlichen Gefühlen zu kämpfen, „... etwas anders als erwartet. Aber ich will mich nicht beschweren. Meine Probleme kann ohnehin niemand nachvollziehen.“

Lauren nickte. Das Leben hatte es Gracie nicht immer leicht gemacht. Doch jetzt konnte sie hoffentlich ihren Lotteriegewinn und die damit verbundenen Annehmlichkeiten genießen. „Mehr Geld, mehr Probleme, richtig? Tja, wenn du die Reichen mal satt hast und mit uns niederen Köchinnen abhängen willst, weißt du, wo du uns findest.“

Gracie hielt ihr Handy hoch. „Ich weiß immer, wo ihr gerade parkt, auch wenn ich nicht immer kommen kann. Und du bist nicht nur eine Köchin, Lauren, sondern eine Spitzenköchin. Irgendwann ist Schluss mit den Imbisswagen und du wirst ein eigenes Restaurant ohne Räder haben. Das weiß ich.“

„Hört, hört.“ Lauren lächelte.

„Aber ich bin überrascht, dass ihr heute aufmacht. Warst du nicht gestern auf dem Maskenball? Ich hörte, dass du diesen Wettbewerb gewonnen hast, daher dachte ich, dass du dich heute ausruhst. Das war wohl für alle eine lange Nacht.“

Ach ja? Lauren jedenfalls hatte nur vier Stunden geschlafen, nachdem sie zu Hause im Bett lange wach gelegen und darüber nachgegrübelt hatte, was gerade vorgefallen war. Es war die erotischste Erfahrung ihres Lebens gewesen. Jedes Mal, wenn sie die Augen schloss, konnte sie wieder die Hände des maskierten Fremden auf ihrem Körper spüren. Es hatte Stunden gedauert, bis das ganze Adrenalin endlich abgebaut war und sie einschlafen konnte.

„Es war aufregender, als ich dachte. Ich hatte viel Spaß“, erwiderte sie, ohne unnötige Details auszuplaudern. „Wie war es für dich?“

Gracie lächelte wehmütig. Laurens Blick meidend nahm sie einen Schluck von ihrem Latte. „Ich hatte auch viel Spaß. Es fühlte sich fast wie die Art Nacht an, die dein Leben für immer verändern kann, wenn du es zulässt.“

Lauren war von Gracies akkurater Beobachtung verblüfft. Aber was meinte sie damit? Gracie konnte ihr nicht mal in die Augen schauen. Hatte sie Lauren gestern Abend mit Sebastian gesehen? War es möglich, dass Lauren die Einzige war, die den entehrten CEO nicht erkannt hatte? Vielleicht zerriss sich schon die ganze Stadt das Maul über ihr Stelldichein im Billardzimmer und Gracie wollte ihr nur etwas Vorsprung verschaffen, bevor Lauren selbst davon erfuhr.

Wenn das der Fall war, musste sie möglicherweise Sebastian kontaktieren und Schadensbegrenzung betreiben. Die Aussicht, ihn wiederzusehen, war ebenso beängstigend wie aufregend, aber es musste sein. Sie hatte zu hart gearbeitet, um ihr Unternehmen durch eine Nacht der Indiskretion zu ruinieren. Sie war zu der Party gegangen, um Kontakte zu knüpfen, und nicht, um Klatschfutter zu werden.

Doch jetzt galt es erst einmal, die heutige Speisekarte zusammenzustellen und das Personal vorzubereiten. Doch früher oder später musste Lauren sich der Situation stellen und Sebastian Wingate finden.

Der Montagmorgen zählte in der Regel zu den arbeitsreichsten Vormittagen der Woche. Doch Sebastian Wingate langweilte sich. Er war wie immer früh aufgestanden, hatte ein paar Kilometer gejoggt, geduscht und gefrühstückt. Und schon gab es nichts mehr für ihn zu tun.

Sutton hatte das Haus bereits verlassen. Er war in die Stadt zu seinem Anwalt gefahren, um mit ihm über den Verkauf eines seiner Autos zu sprechen. Sein Zwilling schien mit der vielen Freizeit besser klarzukommen. Sebastian dagegen zählte jede Minute, bis sie alle rehabilitiert waren und er seinen Vorstandsposten wieder einnehmen konnte.

Es würde irgendwann passieren. Das sagte er sich immer wieder. Aber bis dahin musste er etwas mit seiner Zeit anstellen. Vielleicht konnte er ein paar Leute für ein Golfspiel drüben in Pine Valley begeistern. Doch als er den Hörer abnahm, wurde ihm bewusst, dass jeder, den er kannte, bei der Arbeit war.

Frustriert leerte er seine zweite Tasse Kaffee und stellte sie in die Spüle. Er musste aus diesem Haus hinaus, bevor er noch verrückt wurde. Also schnappte er sich seine Jacke und die Schlüssel zu seinem BMW, lief zur Haustür und stieß sie auf … um die Frau, die davor stand und gerade klingeln wollte, zu Tode zu erschrecken.

Sebastian wäre beinahe mit ihr zusammengestoßen. „Tut mir so leid“, sagte er und trat einen Schritt zurück, während sie sich beide von dem Schreck erholten.

Er nutzte den Moment, um seine unerwartete Besucherin zu mustern, und bemerkte, dass sie ziemlich hübsch war. Die Sonne ließ die karamellfarbenen Strähnen in ihrem Haar aufblitzen. Sie hatte volle Lippen und eine kurvige Figur unter der Lederjacke und der engen Jeans. Aber bekannt kam sie ihm nicht vor.

„Das war meine Schuld“, insistierte sie. „Ich war noch dabei, meinen ganzen Mut zusammenzunehmen, um zu klingeln.“

„Ich weiß nicht, nach wem Sie suchen, doch wir haben das Haus gerade erst gemietet“, erklärte er. Sie sah ihn an, als würde sie ihn von irgendwoher kennen, aber er konnte sie nicht zuordnen.

„Ich glaube, dass Sie derjenige sind, den ich suche. Sebastian Wingate?“

Argwohn machte sich in ihm breit. Er hasste es, seit einiger Zeit allen Menschen böse Absichten zu unterstellen, aber er kam nicht dagegen an. Jemand versuchte, seine Familie ins Verderben zu stürzen, und bis sie herausfanden, wer dahintersteckte, war jeder potenziell verdächtig. „Wenn ich Ja sage, überreichen Sie mir dann eine Vorladung?“

Die dunklen Augen der Frau weiteten sich entsetzt. „Nein! Eine Vorladung? Natürlich nicht.“

Ihre Reaktion schien echt zu sein. „Na gut. Ja, ich bin Sebastian Wingate. Was kann ich für Sie tun?“

Nun schien sie noch nervöser zu werden. Sie kaute einen Moment verunsichert auf ihrer vollen Unterlippe herum und atmete tief ein, bevor sie antwortete. „Mein Name ist Lauren Roberts. Mir gehören ein paar Imbisswagen in der Stadt. Street Eats, falls Sie davon gehört haben. Ich bin auf hochwertige, lokale Zutaten und frische, leicht zu konsumierende Gerichte spezialisiert …“

Sebastian nickte, obwohl er nicht sicher war, was eine Imbisswagen-Besitzerin von ihm wollen könnte. Suchte sie etwa nach einem Investor? Wenn ja, war sie nicht auf dem Laufenden. Die Wingates waren eindeutig nicht mehr derselbe Honigtopf wie noch vor ein paar Wochen.

„Na, jedenfalls …“, sie atmete tief durch, „…bin ich eigentlich hier, weil wir uns Samstagabend auf der Party, äh, begegnet sind.“

Sebastian war vielen Leuten auf besagter Party begegnet. Aber nach dem erwartungsvollen Gesichtsausdruck der jungen Frau zu urteilen, war es kein schlichtes Kennenlernen gewesen.

„Sie und ich …“, sie zögerte erneut, „… haben miteinander geschlafen.“

Jetzt war es an Sebastian, erstaunt die Augen aufzureißen. Samstagnacht war fantastisch gewesen. Eine der unglaublichsten Nächte seines Lebens. Und dass die mysteriöse Frau auf seiner Türschwelle auftauchte, war ein Geschenk, das er nicht erwartet hatte.

„Oh, wow.“ Angestrengt fuhr er sich mit den Fingern durchs Haar. „Komm doch bitte herein.“

Lauren trat ein und ließ sich von ihm ins Wohnzimmer führen. „Du wolltest gerade gehen, also verstehe ich, wenn du jetzt keine Zeit hast.“

„Nein, nein“, erwiderte er. „Ich wollte nur ein bisschen vor die Tür. Ich habe Zeit.“ Eigentlich nichts außer Zeit und die besonders gern für die Vision in Rot, die er seit jener Nacht nicht mehr aus dem Kopf bekam. „Bitte setz dich doch.“

Sie wählte den Sessel, sodass er sich auf das Sofa ihr gegenüber setzte. „Kann ich dir etwas zu trinken anbieten?“

„Nein, danke. Ich bin nur hergekommen, um kurz allein mit dir zu reden. Ich wusste nicht, wer du bist, bis ich am nächsten Tag dein Foto in der Zeitung sah. Da dachte ich, ich sollte herkommen und erklären …“

„Was erklären?“, unterbrach er sie. Wenn er sich recht erinnerte, war die Sache zwischen ihnen quasi wie im Lehrbuch abgelaufen. Jeder Versuch, es aufzuhalten, wäre sinnlos gewesen.

„Dass alles, was ich an jenem Abend getan habe, völlig untypisch für mich war. Ich will nicht, dass du denkst, ich wäre die Art Frau, die sich normalerweise so benimmt.“ Sie schüttelte beschämt den Kopf. Ihre Wangen röteten sich.

„So benehme ich mich für gewöhnlich auch nicht“, gab er zu. „Solche Eskapaden überlasse ich meinem Bruder. Aber bei all dem, was gerade passiert, war ich nicht ganz bei mir. Ich habe mich ebenfalls völlig untypisch verhalten. Normalerweise bin ich eher ein Gentleman. Dich nicht nach deinem Namen zu fragen, nur weil wir die Masken aufbehalten haben, ist sonst nicht meine Art.“

Lauren seufzte und schien sich ein bisschen zu entspannen. „Ich wollte nur, dass du es weißt, falls die Leute, die uns gesehen haben, anfangen zu reden.“

„Die Leute reden ständig über mich, daran bin ich längst gewöhnt“, erwiderte er. Auch wenn es zurzeit schlimmer war. „Doch wie gesagt, ich bin kein Typ für einen One-Night-Stand. Hört sich an, als ob du das auch nicht wärst. Warum also gehen wir nicht miteinander aus?“ Noch einmal würde er diese bezaubernde Frau nicht einfach verschwinden lassen. „Wie wäre es mit Abendessen? Um uns besser kennenzulernen. Der vergangene Samstagabend könnte vielleicht mehr aus uns werden lassen.“

Lauren schien von seinem Vorschlag ein bisschen verblüfft zu sein, fing sich aber schnell wieder und nickte lächelnd. „Das wäre schön. Meine Wagen sind mittwochs geschlossen. Das ist einer der wenigen Abende, an denen ich frei habe.“

„Okay, dann also Mittwochabend.“ Sebastian griff nach seinem Handy und sie tauschten Nummern aus. „Ich versuche, gegen sieben einen Tisch im The Glass House zu bekommen, und schreibe dir dann. Schick mir deine Adresse, damit ich dich abholen kann.“

„Das musst du nicht.“