Mindshift - Svenja Hofert - E-Book

Mindshift E-Book

Svenja Hofert

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Beschreibung

In 20 Jahren werden 50 Prozent aller Jobs von Robotern erledigt, so eine aufrüttelnde Oxford-Studie. In Zukunft werden daher genau die Fähigkeiten gefragt sein, die in der heutigen Arbeitswelt oft zu kurz kommen: Kreativität, Intuition und Empathie. Die renommierte Karriereexpertin Svenja Hofert sagt: Dafür braucht es einen Mindshift - eine Neubelegung der Tasten in unserem Kopf. Ihr neues Buch stiftet zum Querdenken, Umdenken, Neudenken an. Gehirnyoga gewissermaßen. Jeder der 22 Mindshifts zielt auf einen Aspekt, der in der Zukunft des Lernens, Arbeitens und Lebens wichtig ist. Es geht um neue Blickwinkel, um Veränderung, um Erweiterung der eigenen Möglichkeiten. Und das Tolle dabei: Gerade durch die Belebung unserer menschlichen Fähigkeiten werden wir up to date bleiben!

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Seitenzahl: 386

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Svenja Hofert

MINDSHIFT

Mach dich fit für dieArbeitswelt von morgen

Campus Verlag

Frankfurt/New York

Über das Buch

In 20 Jahren werden 50 Prozent aller Jobs von Robotern erledigt, so eine aufrüttelnde Oxford-Studie. In Zukunft werden daher genau die Fähigkeiten gefragt sein, die in der heutigen Arbeitswelt oft zu kurz kommen: Kreativität, Intuition und Empathie.

Die renommierte Karriereexpertin Svenja Hofert sagt: Dafür braucht es einen Mindshift - eine Neubelegung der Tasten in unserem Kopf. Ihr neues Buch stiftet zum Querdenken, Umdenken, Neudenken an. Gehirnyoga gewissermaßen. Jeder der 22 Mindshifts zielt auf einen Aspekt, der in der Zukunft des Lernens, Arbeitens und Lebens wichtig ist. Es geht um neue Blickwinkel, um Veränderung, um Erweiterung der eigenen Möglichkeiten. Und das Tolle dabei: Gerade durch die Belebung unserer menschlichen Fähigkeiten werden wir up to date bleiben!

Vita

Svenja Hofert ist Management- und Karriereberaterin. In den letzten 20 Jahren hat sie 35 Bücher geschrieben in bis zu acht Auflagen. Seit einigen Jahren widmet sie sich vor allem der Persönlichkeitsentwicklung und der Digitalisierung.

Inhalt

Vorwort

Wozu Mindshifting?

Erstens: Die Lebens- und Arbeitsbedingungen verändern sich

Zweitens: Die Anforderungen an Kompetenzen werden andere

Drittens: Eine Anpassung erfordert eine Persönlichkeitsentwicklung

Wie Sie dieses Buch für sich nutzen

Gehirngerecht lernen

Ein Rahmen für eigenes Denken

Übersicht für Ihre Orientierung

1. Tellerrandspringer: Verlassen Sie Ihren engsten Kreis

Was bestimmt Ihr Leben?

Neue Begegnungen, neue Chancen

Veränderung ist keine Altersfrage

Weg mit den Beschränkungen!

Überwinden Sie den Tellerrand!

Was Sie in weniger als fünf Minuten am Tag tun können

Was Sie innerhalb der nächsten sechs Wochen tun können

Was Sie im Team tun können

2. Weiterdenker: Erschließen Sie die andere Seite

So und nicht anders – dabei hätten wir die Wahl

Entweder-oder ist auch eine Entscheidung

Lernen Sie, in Gegensätzen zu denken

Nehmen Sie die kleine und die große Schwester an

Flexibles Verhalten ohne Beliebigkeit

Was Sie in weniger als fünf Minuten am Tag tun können

Was Sie innerhalb von sechs Wochen können

Wie Sie die Übung ausbauen können

Was Sie im Team tun können

3. Querdenker: Gedanken gegen den Strich bürsten

Nonlinear denken

Ein fruchtbares Umfeld suchen

Mehr Ideen produzieren

Vom Mainstream abweichen

Eine kindliche Haltung einnehmen

Was Sie innerhalb von fünf Minuten tun können

Was Sie innerhalb von sechs Wochen tun können

Was Sie im Team tun können

4. Anpacker: Keine Angst vor heißen Herdplatten

Schluss mit »Nie wieder«

Befreien Sie sich von Zuschreibungen

Entwickeln Sie Ihr eigenes System

Nehmen Sie Lernen weniger ernst

Lernen Sie iterativ

Einfach machen und lernen

Was Sie in weniger als fünf Minuten tun können

Was Sie innerhalb von sechs Wochen tun können

Was Sie im Team tun können

5. Differenzierer: Verändern Sie Ihren Blick, und sehen Sie mehr Details

Gedanken bekommen Kinder

Denkrahmen

Bessere Kommunikation

Fächer im Gehirnschrank

Scharfe Beobachter

Mehr Möglichkeiten

Mehr gegenseitiges Verständnis

Lernschema

Was Sie in weniger als fünf Minuten tun können

Was Sie innerhalb von sechs Wochen tun können

Was Sie im Team tun können

6. Perspektivenwürfler: Mehr sehen, besser verstehen

Sehen, was andere sehen

Erweitern Sie Ihre Sicht schrittweise

Was Sie innerhalb von fünf Minuten tun können

Was Sie innerhalb von sechs Wochen tun können

Was Sie im Team tun können

7. Freiräumer: Neue Zimmer im Kopf entdecken

Finden Sie im Schlaf Lösungen

Botschaften der Seele

Erkennen Sie die neuen Räume

Sehen Sie die Möglichkeiten für Entwicklung

Träume zeigen Spielräume

Sehen Sie Begrenzendes

Gehen Sie über Grenzen

Was Sie in weniger als fünf Minuten tun können

Was Sie innerhalb von sechs Wochen tun können

Was Sie im Team tun können

8. Rasterfahnder: Eigene Muster auflösen

Welchen Mustern folgen Sie?

Wie Sie Muster festzurren

Blicken Sie von oben auf Ihre Muster

Sehen Sie auf Ihr Verhalten als Objekt

Trauen Sie sich zu fühlen

Sehen Sie das Strickmuster für Verhalten

Folgen Sie der Freude

Was Sie in weniger als fünf Minuten tun können

Was Sie in weniger als sechs Wochen tun können

Was Sie im Team tun können

9. Gedankentänzer: Wie Sie Ihre Veränderungsresistenz überwinden

Wenn das Alte mit dem Neuen tanzen will

Wie Veränderung funktioniert

Warum winzige Schritte Anpassung ermöglichen

Warum Bedürfnisse Veränderung ermöglichen

Was Sie innerhalb von fünf Minuten tun können

Was Sie innerhalb von sechs Wochen tun können

Rechnen Sie mit Widerstand

Was Sie im Team tun können

10. Updater: Veraltetes Denken einer geänderten Wirklichkeit anpassen

Wie unnütze Grundannahmen sabotieren

Wie Sie Grundannahmen transformieren

Veraltetes updaten

Lernen, sich mit neuen Gedanken zu bewegen

Was Sie in weniger als fünf Minuten tun können

Was Sie innerhalb von sechs Wochen tun können

Wie Sie die Übung ausbauen können

11. Kopf-Yogi: Wahrnehmen, was Sie wirklich steuert

Wir trennen, was zusammengehört

Die Illusion vom Verstandesmenschen

Entdecken Sie emotionale Markierungen

Emotionen in irrationalem Verhalten

Verringern Sie das Tempo und erhöhen Sie Empathie

Was Sie innerhalb von fünf Minuten tun können

Was Sie innerhalb von sechs Monaten tun können

Was Sie im Team tun können

12. Intuitionsschärfer: Ihr Bauchgefühl auf den neuesten Stand bringen

Wie Intuitionen entstehen

Wie Intuition Zeitebenen zeigt

Weshalb veraltetes Erfahrungswissen keine Intuition ist

Wie Intuition und Komplexität zusammenhängen

Was Sie innerhalb von fünf Minuten tun können

Was Sie innerhalb von sechs Wochen tun können

Wie Sie die Übung ausbauen können

Was Sie im Team tun können

13. Vereinfacher: Weg mit den Details

Haben Sie auch Angst, Fehler zu machen?

Die deutsche Gründlichkeit hemmt

Wenn etwas nie gut genug ist

Details verhindern abstraktes Denken

Warum Heuristiken sehr hilfreich sind

Nutzen Sie Faustregeln als Chance

Gestalten Sie Wirklichkeit

Handeln Sie nach dem Weniger-ist-mehr-Prinzip

Schulen Sie das Zuhören, nicht das Reden

Was Sie innerhalb von fünf Minuten tun können

Was Sie innerhalb von sechs Wochen tun können

Was Sie im Team tun können

14. Glücksbringer: Den Grund finden, aus dem Sie morgens aufstehen

Wie Sinnbewusstsein Pflichtbewusstsein ersetzt

Wie Ihnen das Ikigai Orientierung gibt

Warum das Ikigai Ihr Sowohl-als-auch aktiviert

Mit Ikigai Selbstführung lernen

Was Sie innerhalb von fünf Minuten tun können

Was Sie innerhalb von sechs Wochen tun können

Was Sie im Team tun können

15. Kernfinder: Grenzen erkennen und ziehen

Eigene Werte befreien von Altlasten

Wie Sie Werte wandeln können

Einen eigenen Wertmaßstab setzen

Wie aus dem Kern Ihre Haltung entsteht

Warum Persönlichkeit mit moralischen Werten wächst

Lernen Sie, Grenzen zu ziehen

Was Sie innerhalb von fünf Minuten tun können

Was Sie innerhalb von sechs Wochen tun können

Was Sie im Team tun können

16. Stärkennavigator: Finden Sie heraus, was in Ihnen steckt

Warum wir drei Stärkenarten brauchen

Charakterstärken

Talentstärken

Zukunftsstärken

Was Sie innerhalb von fünf Minuten tun können

Was Sie innerhalb von sechs Wochen tun können

Was Sie im Team tun können

17. Mindsetter: Andere Einstellungen entwickeln

Wie das Mindset alles bestimmt

Das Experten-Mindset hat ausgedient

Das flexible Mindset gewinnt an Boden

Wie das Mindset die Kommunikation bestimmt

Warum Selbstentwicklung das Mindset fördert

Was Sie innerhalb von fünf Minuten tun können

Was Sie innerhalb von sechs Wochen tun können

Was Sie im Team tun können

Ausbaustufe

18. Flexibilisierer: Bewegen Sie Ihre Gedanken im Dreieck

Das Satte-Löwen-Phänomen

Warum wir verharren und erstarren

Triadisches Denken hält in Bewegung

Was flexible Menschen anders machen

Wie wir uns durch Lernen flexibilisieren

Was Sie innerhalb von fünf Minuten tun können

Was Sie innerhalb von sechs Wochen tun können

Wie Sie die Übung ausbauen können

Was Sie im Team tun können

19. Moralentwickler: Das höhere Prinzip finden

Wie Moral gegen Fake News hilft

Wie Sie sich moralische Fragen selbst beantworten

Das Alfred-Dilemma

Was Sie innerhalb von fünf Minuten tun können

Was Sie innerhalb von sechs Monaten tun können

Was Sie im Team tun können

20. Fokussierer: Ihren inneren Dialog entschlüsseln und mehr leisten

Wir haben alle ein angepasstes und ein freies Selbst

Das angepasste Selbst dominiert oft

Nur das freie Selbst kann Sie führen

Warum Sie den inneren Dialog als Spiel betrachten sollten

Was Sie innerhalb von fünf Minuten tun können

Was Sie innerhalb von sechs Monaten tun können

Wie Sie die Übung ausbauen können

Was Sie im Team tun können

21. Regelbrecher: Machen Sie es anders

Wenn Sicherheit Freiheit einschränkt

Wann Regeln sinnvoll sind

Regel-Typen

Wie Regeln in Gruppen wirken

Geben Sie sich die Erlaubnis für den Regelbruch

Was Sie innerhalb von fünf Minuten tun können

Was Sie innerhalb von sechs Monaten tun können

Was Sie im Team tun können

22. Erforscher: Erweitern Sie Ihren Horizont

Testen Sie Ihre Neugier

Warum die Neugier verstärken?

Was uns hindert: Anti-Neugier-Erziehung

Selbstverständnis von »Alltagsforschung«

Was Sie innerhalb von fünf Minuten tun können

Was Sie innerhalb von sechs Wochen tun können

Was Sie im Team tun können

Schlusswort: Öffnung der Denk-Grenzen

Empfohlene Literatur für Weiterleser

Weitere Informationsquelle

Vorwort

Kleine Kinder sind neugierig. Sie haben keine Angst vor Veränderung. Sie lernen spielend – intuitiv. Fast alle sind kreativ. Kreativitätswerte wie die ihren erzielen später nur noch 4 Prozent der Erwachsenen. Kleine Kinder sind außerdem empathisch. Sie spüren, wenn andere traurig sind, und helfen ihnen dann ganz ohne Vorbehalte.

So neugierig, kreativ und empathisch wie ein Kind zu sein, ist uns während der Industrialisierung abtrainiert worden. Das geschah in drei Phasen:

In der ersten Phase waren wir selbst Werkzeuge, lebendige Tools. Wir schafften hart und körperlich. Wir brauchten kein Mindset, keine besondere Einstellung außer der, sich fleißig abzurackern.

In der zweiten Phase wurden Maschinen die Tools. Wir begannen, sie zu steuern, und bildeten unsere technischen Fähigkeiten und Fertigkeiten aus.

In der dritten Phase kam Software hinzu, die wir zur Auswertung und Optimierung von Prozessen und schließlich zur Automatisierung von Routinen nutzten.

Das alles erforderte vor allem analytisches Prozessdenken, Regeleinhaltung und Konformität. Wir haben dabei versucht, ein bisschen wie Computer zu werden.

Nun befinden wir uns mitten in der Digitalisierung, in Phase 4, und stellen fest, dass ein anderes Zeitalter angebrochen ist. Kreativität, Intuition und Empathie sind jetzt die Kompetenzen der Zukunft. Woran wir uns in drei Phasen gewöhnt haben, wird plötzlich zum Hindernis. Denn künstliche Intelligenz kann einen Großteil unserer Aufgaben übernehmen – bis auf jene, die Kreativität, Intuition und Empathie erfordern. Eine friedliche Koexistenz von Mensch und künstlicher Intelligenz erfordert Rückbesinnung und die Rückgewinnung verlorener Menschenkräfte. Kein Computer kann so empathisch, intuitiv und kreativ sein wie wir.

Was ermöglicht es Ihnen, als Mensch in einer digitalisierten Arbeitswelt zu existieren? Glauben Sie, es ist Ihr Fachwissen? Denken Sie, es ist Ihre Erfahrung? Ja, eine Weile wird das wohl noch so sein, aber Wissen – vor allem Fachwissen – verliert zunehmend an Bedeutung. Es geht in Zukunft darum, kreative Verbindungen herzustellen und Wissen durch Können fruchtbar zu machen.

Was ist mit handwerklichen Fähigkeiten? Sie sind kaum noch relevant. Schauen Sie sich mal an, was der Automechaniker heute tut, wenn Ihr Wagen kaputt ist. Er nutzt eine App. Bald wird er nicht mehr Ihr Auto reparieren, sondern die App weiterentwickeln, die autonom fahrende Wagen steuert, die Sie von zu Hause abholen werden, um Sie überall hin zu bringen. Vielleicht aber übernimmt selbst das Programmieren bald ein Roboter.

Aber Akademiker, denken Sie jetzt vielleicht, die sind doch sicher! Irrtum: Noch halten Chirurgen das Operationsmesser und führen die Schnitte durch, doch bis ein Computer präziser sein wird und seinen Operationsschnitt sicherer setzt als der berühmteste Chirurg der Welt, ist nur noch eine Frage der Zeit.

Im Übergang von der ersten zur zweiten Phase der Industrialisierung mussten die Menschen völlig umdenken. So machte beispielsweise die »Spinning Jenny« ab 1764 einen Großteil der Spinner arbeitslos. Statt handwerklichen Geschicks war fortan Maschinenbedienung gefragt. Immer mehr planerische Aufgaben kamen dazu. Ganz neue Kompetenzen standen hoch im Kurs, so wie jetzt auch. Das forderte einen adaptiven Wandel, also eine schrittweise Anpassung an die neuen Bedingungen. Gewinner waren die, die diese Anpassung leisten wollten und konnten.

Was danach bis zu Digitalisierung passierte, war vor allem eine Optimierung und Weiterentwicklung der bisherigen, an Maschinen oder Service und Dienstleistung orientierten Fähigkeiten und Fertigkeiten. Ein Update folgte dem nächsten. Geschäftsprozessoptimierung: In dieser Ära mussten Menschen immer effizienter werden, sich an Best Practice und Vorgaben orientieren. Und nun ist es wieder anders. Effizienz ist zwar weiter wichtig, aber einen immer größeren Teil davon kann der Computer leisten. Was er jedoch nicht kann, ist kreativ und empathisch wie Menschen sein.

Da stellt sich die Frage, ob wir jetzt auch nur ein Update brauchen.

Nein, das wird nicht reichen. Die Digitalisierung geht nämlich noch einen Schritt weiter. Sie verlangt nicht mehr nur ein Update, sondern einen »Shift«. Das ist eine Verlagerung, eine Verschiebung. Auf der Computertastatur stellt die Taste »Shift« die Schrift groß und erzeugt die alternative Belegung der Tasten. Während ein Update einfach etwas Neues auf das Alte aufsetzt und es weiterentwickelt, geht es beim Shift um etwas grundlegend Anderes – nicht mehr einfach um ein Mehr und ein Besser.

Die Folgen sind weitreichend: Betroffen sind nicht mehr nur Arbeitsplätze, sondern der Platz, die Position der Menschen auf dieser Welt und vielleicht sogar im Kosmos – den Computer wohl noch eher besiedeln werden als Menschen.

Wenn der Shift nicht auf ein Update, sondern auf etwas »Anderes« hinausläuft, dann gehört dazu, mit dem Wettstreit um noch mehr menschliche Expertise, Analysefähigkeit und technisch-mathematische Intelligenz aufzuhören. Wir sollten daran arbeiten, eine sinnvolle Koexistenz mit den Roboterfreunden zu gestalten. Das bedeutet, dass sich jeder auf seine Stärken besinnt: Mensch und Roboter, Hand in Hand. Wir sind keine Feinde. Die Digitalisierung ist keine Bedrohung, wenn wir uns dafür entscheiden. Sie ist eine Chance, uns von mühsamer und langweiligen Lohnarbeit zu befreien. Wenn wir den Raum der daraus entstehenden Möglichkeiten nutzen, kann sie die Welt retten, weil sie uns die Chance gibt, uns auf wesentliche Herausforderungen wie die Bildung, Überbevölkerung, das Arm-Reich-Gefälle und die Folgen des Klimawandels zu konzentrieren.

Worauf bezieht sich der Shift? Was muss umgestellt, auf eine andere Ebene gehoben werden? Schauen wir auf den zweiten Bestandteil des Begriffs »Mindshift«.

»Mind« umfasst viel mehr als nur den Verstand. Es ist auch der Geist, der Bewusstsein voraussetzt. Es ist die Psyche, das Gefühl; es ist die Seele. Mindset ist die Einstellung des »Geistes«, die gefühlsgesteuerte und nicht roboterhafte Logik des Denkens, ohne die kein freies und eigenständiges Handeln möglich ist. Roboter haben kein Mindset, sie haben Fähigkeiten. Sie nutzen Tools, und sie sind selbst welche – so wie wir Menschen früher, als wir noch Arbeitsmaschinen waren.

Wenn sich »Mind« und »Shift« verbinden, dann entsteht ein Hebel, um das Denken, Fühlen und Handeln für die Zukunft zu verändern. Denken, Fühlen und Handeln wurden lange Zeit getrennt. Die Folge war eine künstliche Entkopplung, die der bisherigen Arbeitswelt geschuldet war. Hier stand das Handeln im Zentrum, Maßstab war ein Jobprofil, an das sich der Mensch anpassen musste. Wenn der Maßstab jedoch immer öfter Selbstverantwortung, ein kreatives Ergebnis und fruchtbare Kollaboration ist, wird individuelles Denken und Fühlen zum Dreh- und Angelpunkt.

Meine Mindshifts bauen auf entwicklungspsychologischen und neurobiologischen Erkenntnissen auf und sind in meiner langjährigen Praxis immer wieder erprobt worden. Sie regen zur Reflexion an, welche die Basis jeder persönlichen und kollektiven Entwicklung ist. Sie fördern das Entstehen von neuen Verbindungen im Gehirn, was dem Lernen auf die Sprünge hilft. Letztendlich dehnen Sie Ihre Gedanken wie Yoga für den Kopf und erhöhen so Ihre geistige Flexibilität. Sie eröffnen sich einen neuen Zugang zu Veränderung sowie zu den Zukunftskompetenzen Kreativität, Empathie und Intuition.

Jedes Kapitel dieses Buches widmet sich einem Mindshift. Nach einem einführenden Text mit Coachingfragen und Tipps folgen stets drei verschiedene Übungsarten:

Was Sie in weniger als fünf Minuten tun können.

Was Sie innerhalb von sechs Wochen tun können.

Was Sie im Team tun können.

Jeder der 22 Mindshifts zielt auf einen anderen Aspekt, der für die Zukunft des Lernens, Arbeitens und Lebens wichtig ist. Mal geht es um neue Blickwinkel, mal um Veränderung, mal um die Erweiterung der eigenen Möglichkeiten. Immer jedoch steht Reflexion allein und mit anderen im Vordergrund. Sie schulen bei all dem Ihre humane Intelligenz, ein Denken, Fühlen und Handeln fernab von künstlicher Intelligenz.

Viel Spaß dabei wünscht

Svenja Hofert

Wozu Mindshifting?

Wir Menschen verändern uns nicht gern. Mit Zwang geht gar nichts, doch freiwillig und mit Lust dafür umso mehr! Wenn wir einmal frische Luft geschnuppert und das Schöne am Neuen entdeckt haben, werden wir uns fragen: Warum nicht schon früher?

Mindshifting führt Sie zu Neuem. Dafür wird es Sie so einige Male aus der Komfortzone locken. Der Gewinn dabei: Sie werden flexibler, freier und entdecken vielleicht etwas wieder, das Sie verloren hatten – Spiel- und Experimentierfreude.

Wer allerdings gern kluge Ratschläge und detaillierte Schritt-für-Schritt-Anleitungen konsumiert, wird enttäuscht sein. Darum geht es mir nicht, im Gegenteil. Ich will das tun, was sich auch im agilen Kontext bewährt hat: einen Rahmen schaffen, eine Struktur geben, damit sich das Eigene entwickeln und Neues entstehen kann.

Lernen verstehe ich dabei nicht als das »Downloaden« von Inhalten, sondern als eine Flexibilisierung, Erweiterung und Veränderung der Strukturen, mit denen Sie Neues an- und aufnehmen. Das muss man wollen, denn es erfordert Disziplin, Momente der Selbstüberwindung und des Grenzgangs. Aber es lohnt sich. Sie werden besser mithalten können und innerlich freier werden. Wenn Sie sich jetzt immer noch fragen: »Wozu der Aufwand, weshalb sollte ich Neues lernen?«, liefere ich Ihnen im Folgenden die wichtigsten Gründe.

Erstens: Die Lebens- und Arbeitsbedingungen verändern sich

Möglicherweise spüren Sie das selbst noch gar nicht, aber es ist eine Tatsache. Trends gehen oft von Großstädten aus, von modernen Unternehmen und ein paar wenigen Menschen. Einige Trends sind keine Trends mehr, sondern bereits zum normalen, alltäglichen Lebensumstand geworden, beispielsweise die Digitalisierung. Sie krempelt die Lebens- und Arbeitsbedingungen aller um – auch von denen, die das nicht wollen.

Eine Kollegin machte neulich diese Erfahrung im Kleinen. Sie hatte sich all die Jahre dem Internet verweigert, war nie in Social Media aktiv gewesen und hatte das Handy nur zum Telefonieren genutzt. Doch dann stellte sie fest, dass sie das keineswegs von all den Datenkraken befreite, sondern dass sie dadurch abgehängt und noch viel besser analysierbar wurde. Eine Internet-App identifizierte sie als konservative Traditionalistin, eben weil sie sich nirgendwo zeigte. Das war der erste Schock. Als dann ihr Handy gestohlen wurde, merkte sie, wie vorteilhaft jetzt eine Suchfunktion und die Cloud gewesen wären. So waren jetzt all ihre Daten für immer weg.

Wenn sich die Lebens- und Arbeitsbedingungen verändern, muss es auch der Mensch tun. Er muss seine Denk- und Handlungslogik verändern, seine Grundannahmen an das Neue anpassen. Tut er das nicht, ziehen andere an ihm vorbei. Die natürliche Selektion tritt ein.

Die Halbwertzeit technologischen Wissens hat sich auf 1,5 Jahre reduziert. Alle fünf Jahre werden die Rechner zehnmal schneller. Das heißt, in zehn Jahren haben wir einen Faktor hundert, in dreißig Jahren einen Faktor eine Million. Die Zunahme der Geschwindigkeit zeigt sich besonders deutlich im Spiel Computer gegen Menschen. 1956 besiegte ein Computer den Menschen im Damespielen, 1998 im Schach, 2016 im Go und 2017 ist es einem Computer beim Pokern gelungen, den humanen Gegner zu bezwingen. Für diesen Sieg musste er zuvor Bluffen lernen.

Machen wir uns also nichts vor: Einen Teil des Denkens können wir dem Computer überlassen. Computer analysieren und strukturieren ungleich schneller und sehr viel logischer als Menschen. In Sekundenschnelle können sie Daten abgleichen, Informationen durchsuchen, Ungereimtheiten aufdecken. Menschliche Fehler können so verhindert werden, etwa im medizinischen Bereich. Bei aller Unzulänglichkeit, die es derzeit noch gibt – wie bei der Krankheitsdiagnosestellung –, ist das ein Fortschritt.

Zweitens: Die Anforderungen an Kompetenzen werden andere

Viele Menschen versuchen einen Wettstreit mit der künstlichen Intelligenz, um sich den Veränderungen anzupassen. Doch das ist Unsinn. Es geht um eine Koexistenz, und das bedeutet, dass wir unsere bislang unterdrückten menschlichen Fähigkeiten freisetzen müssen.

Laut einer Studie des Weltwirtschaftsforums werden 2020 in den Top-10 der beruflichen Fähigkeiten Kreativität auf Platz 3 und emotionale Intelligenz auf Platz 6 stehen. Kognitive Flexibilität wird dann den 10. Platz einnehmen (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1: Ranking der beruflichen Fähigkeiten 2015 und 2020

Urteil und Entscheidungsfindung setzt voraus, dass Menschen ihre Intuition nutzen können, die Computeranalysen einbezieht, aber gleichzeitig unabhängige Urteile erlaubt. Das ist aber nur einer Persönlichkeit möglich, die sich selbst, andere und den Kontext reflektieren kann. Und genau das wurde die vergangenen Jahre vernachlässigt.

Analytik, Fleiß und Anpassung waren vielmehr die Verhaltensweisen, die in der früheren Arbeitswelt gefragt waren, in der es vor allem um Optimierung, Verbesserung und Zielerreichung ging. Die eigene Welt war hier die kleine Welt des eigenen Umfelds. In ihr war das Leben manchmal kompliziert, aber doch immer noch überschaubar und beherrschbar.

Kreativität, Empathie und Intuition sind Fähigkeiten, die in einer Arbeits- und Lebenswelt gefragt sein werden, in der es um Sinn, Innovation und Teilhabe aller Menschen geht. Die eigene kleine Welt ist hier immer auch Teil der großen Welt. In ihr ist Fortschritt der entscheidende Treiber, und Komplexität dringt in alle Lebensbereiche vor und verlangt uns Demut davor ab, was aus dem Unplanbaren entsteht. In dieser Arbeits- und Lebenswelt lässt sich nichts beherrschen, schon gar nicht allein. Wir brauchen immer mehr Kooperation, Teams und Netzwerke, in denen keine Egoismen herrschen, sondern gemeinsame Interessen verbinden.

Drittens: Eine Anpassung erfordert eine Persönlichkeitsentwicklung

Für eine Persönlichkeitsentwicklung bedarf es auch einer emotionalen Entwicklung. Ich habe allerdings den Eindruck, dass wir zwar immer intelligenter werden, aber unsere Gefühlswelt nicht nachzieht. Von der Einführung des IQ-Tests 1909 bis 2012 stieg der Intelligenzquotient in jeder Dekade an, um insgesamt 30 Punkte. Ein Mensch mit einem durchschnittlichen IQ von 100 wäre demnach heute ein Genie: Ab 130 nimmt einen Mensa, das Netzwerk für Hochbegabte, auf. Würden Wissenschaftler die IQ-Tests nicht laufend anpassen, wären wir fast alle inzwischen Genies.

Der IQ misst aber etwas, was einen vielleicht befähigt, im Effizienz-Paradigma der alten Arbeitswelt logisch zu denken. Was er nicht misst, sind die Qualitäten, die einen dazu befähigen, das eigene Leben und das von anderen zukunftsgerecht zu gestalten. Die emotionale Intelligenz (EQ) lässt er gar völlig außen vor.

Würde Albert Einstein – dem man einen Höchstwert von 160 zuschreibt, obwohl er nie einen Test gemacht hat – heute mit einem Mensa-Mitglied gleichziehen, das es mit 130 gerade so geschafft hat? Einstein, der sich neben aller Theorie vor allem auch durch sehr kluge Lebenseinsichten auszeichnet, die »EQ« zeigen? Lebenseinsichten, die nur jemand haben kann, der eine reiche und lebendige Gefühlswelt hat. Der sich, andere und die Welt reflektiert – was die Basis für Erneuerung und Wertschöpfung ist?

Der IQ misst nicht das, was heute und in der morgigen Arbeitswelt gebraucht wird. Das erkennt schnell, wer das Denken von zeitgemäßen Inhalten befreit und auf seine Struktur blickt: Behandelt jemand andere Menschen als Subjekte? Ist ein Mensch in der Lage, auf sich selbst zu blicken und zu reflektieren? Oder ist er mit Inhalten so verschmolzen, dass er eins ist mit dem, was er sagt, denkt und fühlt? Sich selbst distanziert, von oben – also wie ein handelndes Objekt – betrachten zu können, ist eine entscheidende Fähigkeit emotional intelligenter Menschen.

Es ist also nicht die IQ-Klugheit, die uns befähigt, in der heutigen und künftigen Welt zu leben und diese mitzugestalten. Es sind die menschlichen Fähigkeiten, die sich aus der Besonderheit unseres Gehirns ergeben. Kein Computer beherrscht solche wundersamen Faustregeln, die intuitives Verstehen ermöglichen. Wenn wir beispielsweise die Laufbahn eines Balls verfolgen, so brauchen wir nicht nachzudenken, um zu wissen, wo er aufschlagen wird. Wir fühlen Störungen in einer Gruppe und wissen, was in der Situation richtig wäre – wenn wir darauf achten und feinsinnig wahrnehmen. Das ist mehr als emotionale Intelligenz, das ist humane Intelligenz.

Wie Sie dieses Buch für sich nutzen

Mindshift ist ein Praxisbuch, das sich an Menschen jeglichen Geschlechts richtet, auch wenn manchmal – der einfacheren Lesbarkeit wegen – Personenbezeichnungen nur in einem Geschlecht auftauchen. Jedes Kapitel steht für sich. Es soll Sie über einen längeren Zeitraum begleiten. Ja, ich würde mir wünschen, dass Sie die Kapitel darin nicht nur einmal, sondern immer wieder lesen. Vor allem die, die Sie berühren. Sie müssen nicht alles durcharbeiten, das wäre ein zu umfangreiches Projekt. Sie werden dort hängenbleiben, wo Sie intuitiv andocken, weil es gerade Ihr Thema ist.

Dieses Buch bietet den Rahmen für die freie Entfaltung Ihrer Gedanken über die nächsten Jahre. Ich bin mir sicher, dass Sie ganz neue Aspekte entdecken, wenn Sie dasselbe Kapitel mit einem halben Jahr Abstand noch mal lesen. So können Sie persönlich wachsen, so wie in einen Coaching oder einer Ausbildung.

Mein persönliches Lebensthema ist schon immer Entwicklung gewesen. Ich glaube an Veränderung und fast unerschöpfliche Möglichkeiten zu werden, wer man sein will.

Gehirngerecht lernen

Jeder Mindshift hat eine Rubrik »Was Sie innerhalb von sechs Wochen tun können«. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass sich in vier bis sechs Wochen neue Verbindungen aufbauen, Veränderung im Gehirn sichtbar wird. Diese Übungen sind etwas umfangreicher. Sie sollten Sie in diesen sechs Wochen immer wieder aufgreifen.

Wir trainieren mit diesem Buch das Gehirn, aber auf eine ganz andere Weise, als es die Ratgeber tun, die auf Logik setzen – und nachgewiesenermaßen kein bisschen schlauer machen. Der Grund dafür: Sie bauen damit keine neuen Verbindungen, sondern machen die bestehenden nur fester. Genau das will ich mit diesem Buch nicht. Es soll vielmehr lösen, durcheinanderwirbeln und dann neu entstehen lassen.

Ich orientiere mich im Aufbau an neurobiologischen und entwicklungspsychologischen Erkenntnissen über Lernen und Veränderung. Wir brauchen schnelle Erfolge, positive Emotionen, damit Neuronen elektrische Signale feuern, die sich in chemische verwandeln und damit den synaptischen Spalt überbrücken können. Neue Wege im Kopf sind erstmal Trampelpfade und brauchen neues »Feuer«, damit sie zu Straßen werden. Wenn Neues entsteht, braucht es Wiederholung, sonst erlöscht es wie ein Flämmchen. Aber dass Sie etwas wiederholen, ist eben wahrscheinlicher, wenn Ihr Gehirn sich darauf freut. Ein Erfolgserlebnis sorgt für solche (Vor-)Freude. Deshalb hat jedes Kapitel die Rubrik »Was Sie in weniger als fünf Minuten tun können«. Diese Tipps sollen Ihnen helfen, schnelle Erfolge zu erleben.

Menschen lernen besonders effektiv, wenn Sie in Gruppen sind. Überhaupt ist die Kombination aus Einzel- und Gruppenarbeit optimal. Deshalb gibt es immer auch eine Teamübung. Diese können Sie mit Kollegen oder Freunden machen oder einer speziell dazu ins Leben gerufenen Mindshift-Gruppe.

Ein Rahmen für eigenes Denken

Ich führe Sie weg von der algorithmischen Richtig-falsch-Logik hin zu einem flexibleren Sowohl-als-auch. Inhalte spielen für mich eine sekundäre Rolle. Ich vermittle vielmehr Rahmen fürs Denken und Handeln, die Sie ganz unterschiedlich füllen können. Denn ich will Ihnen nichts vorgeben, ich möchte, dass Sie Ihr Bild selbst malen. Darum geht es letztendlich ja auch in der neuen Arbeitswelt.

Denken und Fühlen sind untrennbar miteinander verbunden. Herz und Verstand gehören zusammen. Deshalb empfehle ich Ihnen, die Übungen nicht einfach zu konsumieren wie eine Tüte Chips, sondern wirklich zu verinnerlichen. Gönnen Sie sich nach jedem Fünf-Minuten-Tipp fünf Minuten Meditation. Versinken Sie dazu in ein Bild, das Ihnen spontan in den Sinn kommt, und konzentrieren Sie sich darauf. Sie können auch einen kurzen Body-Scan machen. Das ist eine einfache Meditationsübung, bei der Sie sich auf den Körper konzentrieren. Bei YouTube erfahren Sie, wie es geht. Steigern Sie die fünf Minuten auf zehn oder fünfzehn, wenn Sie geübt sind. Wenn Sie Schwierigkeiten haben, sich selbst in einen meditativen Zustand zu versetzen, nutzen Sie entsprechende Apps. Schon nach drei bis vier Tagen verändert sich durch Meditation Ihr Gehirn. Sie können neue Gedanken dann besser aufnehmen.

Das eine (neue Gedanken) geht Hand in Hand mit dem anderen (Veränderung durch Meditation). Ich muss Sie deshalb warnen: Wenn Sie nach schnellen Lösungen suchen – vergessen Sie es. Das ist vielleicht das, was Sie zunächst suchen, aber nicht das, was Sie brauchen.

Bei der Entspannung hilft neben Meditation auch Musik. Sie wirkt sich positiv auf das Lernen aus. Und zwar auf zweierlei Weise: Wenn Sie mit Musik entspannen, können Sie anschließend Neues leichter aufnehmen. Wenn Sie mit leiser Musik lernen, hilft das bei der Verankerung. Alphawellen sind dazu besonders gut geeignet. Sie finden dazu bei YouTube zahlreiche Tracks.

Übung

Bei YouTube finden Sie auch den Song »Weightless« von Marconi Union. Diesen Track hat die Band mit der britischen Akademie für Soundtherapie entwickelt, um Ängste zu reduzieren. Hören Sie ihn mit einem Kopfhörer.

Ich unterscheide Single und Double Loops im Denken. Beim Single Loop habe ich ein Problem, eine Aufgabe oder ein Bedürfnis und suche eine Lösung aus meinem bisherigen Denken heraus. Beim Double Loop stelle ich das Problem, die Aufgabe oder das Bedürfnis selbst infrage.

Dieses Buch zielt auf viele Double Loops.

Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Sie möchten etwas Neues lernen. Bisher haben Sie verinnerlicht, dass Lernen bedeutet, konkrete Anleitungen zum Handeln zu bekommen. Nun gebe ich Ihnen aber keine konkreten Anleitungen, sondern Rahmen für Ihre Aktivitäten. Genau das fordert Sie, dehnt und bewegt Ihren Kopf. Es könnte die Annahme, dass Anleitungen nötig sind, infrage stellen und Sie mit der Grundangst konfrontieren, etwas loszulassen. Aber wenn Sie es dann doch tun, werden Sie autonomer werden.

Übersicht für Ihre Orientierung

Bevor ich Sie in eine praktische Erfahrungswelt mitnehme, möchte ich Ihnen noch eine Übersicht zur besseren Orientierung anbieten. Die folgende Tabelle 1 stellt Grundannahmen des Industriezeitalters vor der Digitalisierung und danach einander gegenüber. Man könnte auch sagen: Annahmen der Industrie 1.0–3.0 versus Industrie 4.0.

Grundannahmen werden später im Buch noch mal eine wichtige Rolle spielen. Auf diesen un- oder vorbewussten Annahmen basiert unser Handeln. Es sind unsere Ansichten, wie etwas zu sein hat. Für das Mindshifting sind sie deshalb absolut zentral.

Schauen Sie sich die Gegenüberstellungen an, und beobachten Sie Ihre Reaktionen. Welche Gedanken gehen Ihnen durch den Kopf? Was fühlen Sie? Nehmen Sie das ganz bewusst wahr. Suchen Sie in der dritten Spalte das Schöne, Anziehende, Attraktive – die Chance für Sie persönlich.

Die fünfte Spalte zeigt, was Sie für einen Shift brauchen und welcher der vorgestellten Hebel bei welcher Art von »Höherstellung« hilft.

Thema

Davon ging man im Industriezeitalter vor der Digitalisierung aus

So haben sich die Annahmen durch die Digitalisierung verändert

Für einen Shift brauchen wir

Dabei hilft Mindshift Nr.

Beruf

Verleiht Identität und gesellschaftlichen Status

Ist die Aufgabe, etwas Sinnvolles zu tun, oft verbunden mit der Suche nach Sinn und »Purpose«, also persönlicher Bedeutung

Emotionale Intelligenz

7, 14, 16

Bildung

Leistet Anpassung an Leistungsstandards, einmal »auftanken« reicht

Ist die Fähigkeit, Dinge zu hinterfragen

Freude am Forschen und Entdecken

6, 22

Bindung

Ist Sicherheit

Ist die Folge von freier Entscheidung und menschlich

Autonomie

20, 21

Thema

Industriezeitalter

Digitalisierung

Shift benötigt

Mindshift

Denken

Ist die Voraussetzung für Problem­lösungen

Ist ohne Emotionen nicht denkbar, »man kann nur denken, was man erkennen kann«

Kognitive Flexibilität

2, 3, 4, 5, 6, 7

Erziehung und Sozialisierung

Zielt auf Anpassung in Richtung der Werte Fleiß, Effizienz und Leistung

Ermöglicht freie Entscheidungen und zielt auf Werte wie persönliches Wachstum und Entwicklung

Persönliche Reife

4, 9, 16

Ethik/Moral

Die Kirche definierte die Werte. Moralische Instanzen gaben die Richtung vor.

Sich einem Glauben oder Nicht-Glauben anschließen

Tugend- und Moral-bewusstsein

19

Freiheit

Ist möglich

Ist eine Chance für alle Menschen, die Zusammenhalt erst ermöglicht

Selbstbewusstsein

4, 15

Veränderung

Braucht schwere Krisen

Ist auch in Babyschritten als adaptiver Wandel möglich

Veränderungsfähigkeit

8, 9

Fühlen

Ist Frauensache, braucht man für bestimmte Jobs im sozialen Bereich

Beeinflusst das Denken und Handeln, Bewusstheit ist notwendig für Kollaboration

emotionale Intelligenz

7, 8, 15

Führung

Ist der Job einer Person, die Macht hat und entscheidet

Ist Dienst am Menschen und deren Befreiung

Perspektivenwechsel

5, 7, 9

Gesellschaft

Entstehung der Arbeiterklasse

Entstehung einer digitalen Gesellschaft, die Kreativität und Menschlichkeit fördert

Gestaltungswillen

1, 3, 14, 16

Thema

Industriezeitalter

Digitalisierung

Shift benötigt

Mindshift

Karriere

Spezialisierung auf- und ausbauen

Verschiedene Erfahrungen, Kenntnisse und Fähigkeit verknüpfen und persönlichkeitsgerecht gestalten

Selbstorganisiertes Lernen, Veränderungsbereitschaft

1, 9, 17

Lernen

Dient der Anpassung an vorhandene Standards

Ist die Fähigkeit, aus Freude zu lernen und lebenslang neugierig zu sein

Neugier, Offenheit für Erfahrungen, abstraktes Denken

2, 6, 9, 13, 17

Mensch

Ist oberstes Säugetier, hat Verstand und kann rationale Entscheidungen treffen

Ist eines von vielen Säugetieren, hat Gefühl, Empathie, eine geniale Intuition und ein Bewusstsein

Emotionale Intelligenz

7, 12, 18

Technologie

Muss verbessert und ausgeschöpft werden

Dient der Befreiung von körperlicher- und Routinearbeit, ist die Chance für Weiterentwicklung

Kreativität, Querdenken

3, 21

Verhalten

Ist trainierbar

Ist durch Denken, Fühlen und Verhalten aufeinander abgestimmt

Verhaltensflexibilität, Authentizität

4, 8, 18

Wertschöpfung

Stabilität der Prozesse mit Blick auf Massenproduktion

Agilität der Prozesse mit Blick auf Kundenwünsche

Kooperation in Netzwerken, Empathie

Alle, siehe jeweils Abschnitt »Was Sie im Team tun können«

Wissen

Befähigt für die Übernahme von Aufgaben

Ist überall und jederzeit abrufbar, muss genutzt werden können

Kognitive Flexibilität, Lösung komplexer Fragestellungen

4, 6, 7, 9, 22

Tabelle 1: Grundannahmen vor und nach der Digitalisierung

1. Tellerrandspringer: Verlassen Sie Ihren engsten Kreis

Einführung

Worum es geht:

Viele Menschen bleiben ihr ganzes Leben in ihrem vertrauten Umfeld und suchen keine neuen Erfahrungen. So wird ihr Blick eng und ist auf das Bekannte fixiert. Sie lernen nicht mehr.

Der Shift:

Suchen Sie sich neue und unbekannte Gebiete – gerade auch solche, die Sie sonst nie besuchen würden. Fliegen Sie bewusst über das hinaus, was Ihnen (angeblich) in die Wiege gelegt wurde.

Das ist für Sie drin:

Wenn Sie sich mit Dingen beschäftigen, die Sie noch nicht kennen, entwickeln Sie sich weiter. Nur wenn Sie kein Ergebnis erwarten, können Sie sich einlassen und lernen wirklich.

Nun, wo ein Anfang gemacht ist,kommt immer das Beste von selber nach.

Hermann Hesse

Wo sind Sie geboren? Und wo leben Sie jetzt? Was haben Ihre Eltern gemacht? Und was tun Sie?

Wir werden zumeist dazu erzogen, den Tellerrandblick zu wahren, also in einem festen Kreis aus Verhaltens- und Denkweisen zu bleiben. Die Menschen in unserem Umfeld wollen nicht, dass wir uns zu weit hinauswagen. Denn das würden sie sich ja selbst auch nicht trauen.

Übung

Wie oft haben Sie Ihre Verhaltens- und Denkweisen grundlegend geändert?

Wenn Sie jetzt sagen: »Nie«, dann fragen Sie sich, was passieren müsste, damit Sie diese Aussage innerhalb von einem Jahr revidieren.

Sarah (40) ist ein typisches Mittelschichtkind. Ihr Vater hatte Verlagskaufmann gelernt und ein BWL-Studium aufgesattelt, ihre Mutter in Teilzeit als Sekretärin gearbeitet. Onkel, Tanten und andere Verwandte hatten überwiegend einen kaufmännischen Hintergrund. Man lebte in Reihenhäusern außerhalb der Stadt und schickte die Kinder aufs Gymnasium. Der Horizont damals in den 1990er Jahren schien weit, war aber begrenzt.

Auf dem Teller des Lebens lagen immer die gleichen Dinge. So waren alle froh, als Sarah sich für eine Ausbildung zur Bankkauffrau entschied und danach auch noch ihren Bankbetriebswirt absolvierte.

Was bestimmt Ihr Leben?

Haben Sie sich mal überlegt, welche Themen Ihr Leben bestimmen? Welche Sterne an Ihrem Horizont leuchten – und ob das Ihre eigenen sind?

Leiten Sie diese Themen zu Verhaltens- und Denkweisen wie »Betriebswirtschaft ist eine sichere Bank, damit kannst du nichts falsch machen«? Oder »Du musst erst mal etwas Richtiges lernen«? Was scheint erstrebenswert? Geld, Haus, Familie, welche Art von Job und Arbeitsleben? Was liegt auf Ihrem Teller? Was soll Ihnen schmecken?

Bei Sarah waren es: gute Schulnoten, eine solide Ausbildung, ordentliche Leistung durch Fleiß erbringen, berufliche Sicherheit haben, eine Familie gründen, Abwechslung durch Reisen. Aber irgendwann schmeckte ihr das nicht mehr. Sarahs Unzufriedenheit wuchs. Sie arbeitete bei einer großen Bank in Frankfurt, die durch immer neue Krisen ging. Damit einhergingen Unsicherheit, Druck und ein schlechter werdendes Arbeitsklima. Ehemals rosige Perspektiven in der Karriere wurden mit den Jahren immer schwärzer. Es gab keine Sicherheit mehr, und Fleiß wurde auch nicht mehr belohnt.

Neue Begegnungen, neue Chancen

Die digitale Welt wuchs langsam in Sarahs Leben. Sie nahm an Schulungen teil und erwarb IT-Kenntnisse. Ansonsten dachte sie nicht besonders viel über das Leben und die Veränderungen nach, die eine digitalisierte Welt bringen würde. Nur das Gefühl von »Das kann doch nicht alles gewesen sein« wurde stärker und stärker. Sie trennte sich von ihrem Ehemann, ging danach öfter aus und kam auf neue Gedanken.

Dabei traf sie Torben. Er war ein »Nerd«, ein Computerfreak und Hacker, der Viren im Auftrag von fremden Regierungen programmiert hatte und nun eine eigene Firma betrieb. Torben war zehn Jahre jünger als Sarah, was in der Familie nicht gut ankam, obwohl es keiner direkt sagte.

Torben zeigte Sarah eine neue Welt. Sie lernte, wie man sich mit dem Browser »Thor« im Darknet bewegt. Das ist der dunkle Teil des Internets, ein Ort und Hort vieler Verbrechen. Sie tauchte immer mehr in diese neue Welt ein. Das machte ihr viel Freude, gleichzeitig erlebte sie erstmals das Gefühl von Spannung als positiv und belebend. Torben eröffnete ihr neue Blickwinkel. Durch ihn kam sie auf ganz andere Gedanken.

Schließlich schickte Torben seine Freundin zu mir ins Coaching. Wir sollten besprechen, welche beruflichen Möglichkeiten sie hätte, und Ideen entwickeln, wie sie dem »Moloch Bank« entkommen könnte. Die Idee, digitale Forensik zu studieren, kam von Sarah. Das ist ein berufsbegleitendes Studium.

Das größte Thema war jedoch Sarahs eingeimpftes Sicherheitsbewusstsein. Obwohl Torben ihr anbot, ihr die Ausbildung zu finanzieren, haftete ihr die Angst an, sich dadurch abhängig zu machen. »Nehmen Sie doch einen Kredit bei ihm auf, dann zahlen Sie das Geld eben zurück«, schlug ich vor. Das war pragmatisch, aber bis Sarah das wirklich annehmen konnte, musste sie erst die nächste große Abbauwelle und damit die Aussichtslosigkeit in ihrer Branche erleben. Am Ende war es ihre Tochter, die ihr gut zuredete und Mut zusprach.

Heute, sieben Jahre später, arbeitet Sarah bei einem Landeskriminalamt und ist sehr glücklich mit ihrer Arbeit und ihrem Leben. Ihre Bankerfahrungen sind ihr heute nützlich. Sie ist spezialisiert auf Wirtschaftsdelikte. Sarah hat die Wende geschafft, und die Auswahl auf Ihrem Teller schmeckt ihr heute viel besser.

Übung

Wann waren Sie zuletzt von etwas so fasziniert, dass Sie die bisherigen Vorhaben verändert haben? Was könnte Sie so reizen, dass Sie es tun?

Veränderung ist keine Altersfrage

Oft sind wir nicht Herr oder Frau unseres Lebens. Wir übernehmen, was die anderen für uns als sinnvoll erachten und auf unseren Teller legen. Das »essen« wir dann, ohne uns weiter zu fragen, ob es uns schmeckt. Wenn da nicht dieses Gefühl wäre, dass vielleicht doch noch etwas Anderes auf uns wartet …

Als 40-Jährige mit jungen Leuten zu studieren, das sei doch nun wirklich nichts, bekam Sarah oft zu hören. Doch unser Umfeld schätzt uns oft falsch ein. Die anderen, also Partner, Familie, Lehrer, Kollegen, sehen, was sie von uns kennen, aber nicht, was sie nicht kennen. »Ich kenne mein Kind/meinen Partner/meinen Kollegen« bedeutet in der Übersetzung oft nur: »Ich kenne das, was ich selbst sehen kann«. Ich erlebe häufig, wie unglaublich befreiend es sein kann, sich vom alten Tellerranddenken zu verabschieden. Der größtmögliche Mindshift entsteht nämlich durch Luft- und Umfeldveränderung.

Das neue Umfeld war für Sarah mit einem Umzug verbunden. Es gab Streit, verletzte Eitelkeiten, Freunde, die sich abwandten. Es war eine Übergangsphase, in der nicht immer alles leicht war. Das gehört dazu. Man kann nicht einfach so von einem Zustand zum anderen wechseln. Es braucht immer einen Übergang. Wer aus den engen Begrenzungen des Tellerrandes ausbricht, landet oft zeitweise in einem Niemandsland. Hier braucht es Verbündete und Freunde. Die hatte auch Sarah mit Tochter und neuem Freund.

Übung

Wie viele immer neue Möglichkeiten, über den Tellerrand zu blicken, bietet Ihr Umfeld? Wie oft sind Sie bereits ausgebrochen? Was würde passieren, wenn Sie es tun? Spüren Sie das Gefühl, das der Gedanke auslöst? Diesen Kitzel?

Exkurs

Wie der Habitus sich festsetzt

Je homogener das Umfeld eines Menschen ist, desto ähnlicher ist der Geschmack. Man bevorzugt bestimmte Lern- und Leistungserfahrungen (»Mein Kind hat eine 1,1 im Abitur geschafft«), Berufe, Sportarten, Kleidung und Freizeitpräferenzen. Bildungsentscheidungen sind auch an diesen Geschmack gebunden. Das nennt man Habitus: Das Umfeld prägt Vorlieben und Verhalten aus.

Die statistische Wahrscheinlichkeit, dass ein Kind, das in einem Beamtenhaushalt aufwächst, ein Unternehmen gründet, ist verschwindend gering.

Der Habitus einer Schicht hat einen bestimmenden Einfluss auf die Richtung von Denken und Handeln. Sogar das Selbstbewusstsein und die Körperhaltung stehen im Zusammenhang mit dieser Prägung. Die natürliche, scheinbar angeborene Selbstsicherheit einer Bildungsbürgerschicht unterscheidet sich zum Beispiel nachweislich von der Tendenz zu Vorsicht, Schüchternheit und Gezwungenheit bei den Nachfahren von Arbeitern und Angestellten.

Das beschränkt aber auch den Blick. Arbeiterkinder wählen eher geisteswissenschaftliche oder soziale Studiengänge. Sie entscheiden sich kaum für Berufe wie Arzt oder Jurist, weil sie den damit verbundenen Status ablehnen – ein Erbe.

Angestelltenkinder wie Sarah wählen typischerweise auch etwas von der Menükarte, die durch das Umfeld bekannt ist. Man meint dann, seiner Berufung zu folgen – in Wahrheit ist das Menü auf wenige Gerichte beschränkt, die bekannt und positiv bewertet sind.

Wenn Sie sich dessen bewusst sind, werden Sie freier. Wie war es bei Ihnen? Welcher Geschmack prägte Sie? Was konnten Sie bei der Berufswahl sehen und was nicht?

Gehen Sie in Gedanken auch einmal durch Ihr Umfeld. Welcher Ihrer Bekannten findet Jobs über Beziehungen statt durch Bewerbungen? Wer hat ein Unternehmen gegründet? Wer gestaltet sein Arbeitsleben aktiv und selbstbestimmt? Wo zeigt sich Habitus? Und was müssen Sie tun, um einfach darauf zu pfeifen?

Weg mit den Beschränkungen!

Je nach Habitus neigen wir mehr dazu, uns Gegebenheiten anzupassen, als diese zu gestalten. Genau das aber verbaut Lebenschancen. Es sind die ganz neuen Felder, in die Menschen zufällig geraten, die sie verändern und stärken. Es sind anfängliche Schwierigkeiten, aus denen dann am meisten entsteht. Überdurchschnittliche Leistungen beginnen oft mit einem Kraftakt, und zwischenzeitlich gibt es auch pure Verzweiflung – »Das schaffe ich nie«. »Nobody said it was easy«, singt Coldplay in »The Scientiest«.

Doch einer, der sich durchbeißt, wird viel mehr erreichen als einer, der den einfachen Weg geht.

Wenn Sie das einmal reflektiert haben, fragen Sie sich, wer davon erhobenen Hauptes geht und wer leicht gebeugt. Wo würden Sie sich selbst einsortieren? Falls »leicht gebeugt« Ihre Antwort ist, dann richten Sie sich auf für das, was kommt! Ich meine das im Wortsinne und übertragen: Die Haltung entscheidet. Mit gerader Haltung kommt man weiter.

Überwinden Sie den Tellerrand!

Es gibt viele Gründe, den Tellerrand zu überwinden – und immer mehr Möglichkeiten dazu. Die sozialen Netzwerke können Verbindungen zwischen Menschen schaffen, die sonst nie miteinander bekannt geworden wären. In vielen Unternehmen gründen sich Communities of Practice zum Erfahrungslernen und »Circle« nach dem »Working out loud«-Konzept von John Stepper.

Ein Circle ist eine Unterstützergruppe aus vier bis fünf Personen, von denen jede ein anderes Ziel verfolgt, aber eben nach bestimmten Regeln. Dieser Circle kann sich virtuell treffen, es muss nicht vor Ort sein. Jedes Mitglied legt für sich Ziele fest, die sehr detailliert oder etwas offener formuliert sein können. Die Mitglieder eines Circle helfen einander, sich neue Themen, Gedanken und Kontakte zu erschließen. Es geht darum, frei und selbstorganisiert Neues zu lernen.

Exkurs

Unter www.workingoutloud.de erhalten Sie weitere Informationen zu diesem Konzept.

Wir haben gelernt, uns an etwas zu orientieren, das wir bereits kennen und mögen. Das ist eine tolle Sache, wenn Sie von Haus aus sehr offen sind. Wenn Sie aber nicht gewohnt sind, weit zu denken, Ihr Tellerrand also begrenzt ist, dann funktioniert das weniger gut. Dann brauchen Sie eine neue Liebe wie Sarah, einen Kraftakt oder irgendeinen Zufall, der Türen öffnet.

Aber auch Zufälle entstehen ja nicht zufällig. Wer öfter rausgeht, Neues sucht und kennenlernt, steigert die Chance auf Zufälle. Sie können auch ganz bewusst auf die Suche nach dem Fremden gehen – nach irgendetwas, das Sie nicht kennen und auf den ersten Blick gar nicht attraktiv finden. Stehenbleiben fällt uns schwer, oft hetzen wir vorbei und übersehen Chancen.

Übung

Wann sind Sie zuletzt irgendwo stehengeblieben und haben sich auf das eingelassen, was da war?

Das, was Sie nicht mögen, was in weiterer Ferne liegt, ja was Sie für sich vielleicht sogar ablehnen, bietet oft mehr Möglichkeiten und verspricht größere Entwicklungspotenziale.

Wenn Sie immer nur auf das hören, was Ihr Umfeld macht und Ihnen einflüstert, werden Sie bleiben, wo Sie sind. Im Zweifel sind um Sie herum Menschen, die noch ängstlicher sind als Sie. Ihre Eltern, die Freunde, die Clique. All diese Menschen, die wissen, was gut für Sie ist, die Ratschläge geben, jedoch aus ihrem eigenen Denken heraus, geprägt vom eigenen Habitus.

Einem meiner Kunden sagte sein Freundeskreis, er dürfe einen neuen Job nicht annehmen, weil er da weniger Mitarbeiter führen würde als vorher. Das sei ein Abstieg. Das ist vordigitales Denken und schlichter Blödsinn.

Übung

Suchen Sie nach Menschen, die nicht bewerten und einsortieren, sondern viel fragen und gut zuhören. Das wird Sie wirklich weiterbringen, nicht all die guten Ratschläge und Tipps.

Wenn Sie angestammte Gebiete verlassen auf der Suche nach Neuem – was es auch sei –, wird Ihr Herz schneller schlagen. Sie werden aufgeregt und angeregt sein; es passiert etwas in Ihrer Gefühlswelt und dadurch auch in Ihrem Gehirn.

Was Sie in weniger als fünf Minuten am Tag tun können

Was würden Sie sonst nie machen? Suchen Sie nach etwas, das Ihnen von Haus aus fremd ist. Das können zwölf Sonnengrüße aus dem Yoga sein oder das Nachdenken über mein Zitat am Anfang dieses Mindshifts. Wenn Sie sonst eher zum Nachdenken neigen, handeln Sie spontan, wenn Sie eher spontan sind, halten Sie inne.

Suchen Sie nach dem Fremden. Interessieren Sie sich für das, was Sie etwas nervös macht oder sogar unsicher. Sie können sich beispielsweise eine interessante Person in einem sozialen Netzwerk aussuchen und diese einfach mit einer netten Nachricht kontaktieren. Oder irgendwo hingehen, wo Sie sich sonst nicht hineintrauen würden.

Wenn Sie nie zur Ruhe kommen, setzen Sie sich auf eine Wiese und hören Sie den Vögeln oder dem Regen zu.

Wenn Sie ein ruhiges Temperament haben, hauen Sie in einen Boxring oder auf den Tisch. Springen Sie auf einem Trampolin oder spielen Sie Clown.

Wichtig ist nur eines: Dass Sie sich etwas suchen, das Ihnen persönlich völlig fremd ist.

Was Sie innerhalb der nächsten sechs Wochen tun können

Erstellen Sie eine Liste mit Themen und Aktivitäten (siehe auch Abbildung 2),

die Ihnen sehr vertraut sind (engerer Ring des Tellerrands),

die Ihnen nicht ganz fremd sind (äußerer Ring des Tellerrands),

die für Sie völlig fremd sind und mit denen Sie noch nie zu tun hatten (außerhalb des Tellerrands, je nach Entfernung zu Ihrem Kontext näher oder weiter weg).

Abbildung 2: Tellerrandspringer

Um auf Ideen zu kommen, hören Sie sich um. Fragen Sie sich und andere, was das Verrückteste ist, was Sie sich vorstellen können. Und dann nehmen Sie die entstandene Liste und setzen das um, was Sie so richtig schön unpassend finden. Das kann eine Philosophievorlesung sein, Technotanzen oder ein Nachmittag als Erntehelfer. Wenn Ihnen nichts einfällt, gehen Sie mit dem Finger über einen Eventkalender und tippen Sie mit verbundenen Augen auf irgendetwas.

Suchen Sie dabei nicht nach Zielen oder »Quick Wins«. Es geht nicht darum, irgendetwas zu ernten, nicht um Ergebnisse. Dieses Zieldenken hat uns die Industrialisierung eingebrockt. Alles muss etwas bringen, alles auf ein Ergebnis hinauslaufen. Return on Investment! Wenn Sie sich auf den Tellerrandsprung einlassen, gibt es keinen direkten Return, nichts, was sich berechnen ließe. Es gehen nur jene Türen auf, die Sie sonst niemals gesehen hätten.