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Seit Generationen werden Kindern Märchen vorgelesen. Dabei ist die Welt selbst voller Geschichten. Um Kindern aktuelle Themen aus dem modernen Leben näherzubringen, hat Chris Potomac jetzt leicht vorlesbare, unterhaltsam-humorvolle und verträumt-zarte Märchengeschichten verfasst und sie in diesem Buch veröffentlicht. Kinder lieben Märchen. Sie machen ihnen Mut, geben Kraft und nehmen Angst. Warum also nicht einmal moderne Märchen erzählen, die Kindern spielerisch aktuelle Themen des Lebens näherbringen. Im ersten Band der Reihe Moderne Märchen finden Märchenfans Geschichten, die moderne Themen wie Bullying, Schönheitswahn, Klimawandel, Gleichberechtigung oder die Flüchtlingsthematik aufgreifen. Auch erfahren die Kinder, wie sie ihre Ängste überwinden können. Märchen können viel in Kindern bewegen. Unsere Kinder werden immer früher mit Themen unseres Alltags konfrontiert. Sie erfahren es aus dem Fernsehen oder dem Internet. Mit diesen Märchen können selbst brisante Themen frühzeitig kindgerecht erklärt werden. Ängste werden reduziert und Sicherheit vermittelt. Neben modernen Märchen sind auch klassische Heldengeschichten wie Homers Odyssee, ein Märchen, welches an Rumpelstilzchen und eines, das an Frau Holle angelehnt ist. Denn Klassiker müssen sein! Märchenliebhaber wollen auch in bekannte Geschichten eintauchen. In diesem Buch ist für jeden etwas dabei. Alle Geschichten sind leicht vorzulesen und so konstruiert, dass die Aufmerksamkeit der Kinder erhalten wird.
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Seitenzahl: 179
Veröffentlichungsjahr: 2016
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In Stuttgart geboren und aufgewachsen, begann Chris Potomac nach dem BWL-Studium seine Karriere als Unternehmensberater und ist zurzeit als IT-Spezialist tätig. Neben dem Schreiben sind Reisen und Sport weitere, große Leidenschaften.
Deshalb hegt er eine gesunde, fitte Lebensweise und erkundet gerne Städte und Länder, in denen er bisher noch nicht war. Chris Potomac ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt mit seiner Familie in der Nähe von Stuttgart. Er besitzt die deutsche Staatsbürgerschaft, hat aber einen Migrationshintergrund.
Neben den Märchenbüchern der Reihe "Moderne Märchen", schreibt er auch Kurzgeschichten, die ebenfalls in Kürze in einer Reihe erscheinen werden.
Für
Lara, Luka und Mara
Der kleine Bär
Die dicke Hummel Mathilda
Die Heuschrecke
Der sammelwütige Krake
Der Wunsch der Bauersfrau
Der eingeklemmte Arm
Der Fingerfresser
Fauletzia und Fleissi
Dr. Wo
Der mutige Akul
Die Schlange Smoregard
Der Fischer
Herr Karma
Prinzessin Emma Gleicher
Frau Smilla heilt die Menschen
Die dritte Seite
Franz und Hans
Zwei Städte
Die hässlichen hübschen Frauen
Die zwei Inseln
Es trug sich einmal zu, dass in einem weit entfernten Wald eine Bärenmutter mit ihrem kleinen Bärenjungen lebte. Sie hatten eine tolle Bärenhöhle, genug zu essen, viel Platz zum Toben und auch die anderen Tiere mochten die beiden Bären sehr gerne. Der Bärenjunge war erst vor kurzem geboren und gerade noch dabei die Welt zu entdecken. Er tapste durch das hohe Gras, kletterte auf kleine Bäume und spielte am Fluss im flachen Wasser. Stets war jedoch seine Mutter bei ihm und gab auf ihn Acht. Sie passte auf, dass er im hohen Gras nicht auf eine Schlange trat, denn sie könnte ihn beißen. Dass er nicht vom Baum fiel, denn er könnte sich verletzen oder im Fluss ins tiefe Wasser ging, denn er könnte ja ertrinken.
Eines Tages brach auf einer Lichtung ein Feuer aus und es breitete sich sehr schnell im Wald aus. Tiere flüchteten vor dem Feuer und auch die Bärenmutter und der Bärenjunge mussten vor den Flammen fliehen.
Sie rannten erst in östlicher Richtung tiefer in den Wald, doch dort trafen sie bald auf eine Gruppe Jäger, die manche Tiere, die in ihre Richtung gerannt kamen, erschossen. Sie hatten leichtes Spiel mit den Tieren, denn sie rannten ihnen – mit dem Feuer im Rücken – praktisch direkt in die Arme. Der kleine Bär wusste nicht was ein Jäger ist und wollte schon zu einem der Männer rennen um mit ihm zu spielen. Doch die Mutter wusste genau wozu diese Menschen im Stande waren.
Sie hielt den kleinen Bärenjungen im letzten Moment davon ab zum Jäger zu rennen und versteckte sich an einem Hang unter einem großen Baumstamm. Als die Jäger damit beschäftigt waren ein Reh in einer anderen Richtung zu umzingeln, packte die Bärenmutter das Kleine, setzte es auf ihren Rücken und rannte so schnell sie konnte in die entgegen gesetzte Richtung am Feuer entlang, aber weit weg von den Jägern.
So kamen die Bärenmutter und der Bärenjunge an einen steilen, felsigen Hang. Hier konnten sie nun etwas langsamer weitergehen, denn die Jäger hatten sie weit hinter sich gelassen. Der kleine Bär versuchte über die großen Steine zu klettern und sich zwischen den Felsen hindurch zu quetschen. Er rutschte jedoch ständig aus oder kam nicht zwischen den Felsen durch, da er nicht wusste, wie er am geschicktesten drüber steigen sollte oder an welcher Stelle er am Besten durch passen würde. Die Mutter sah wie er sich abmühte und setzte ihn deshalb wieder auf ihren Rücken. Sie kletterte ohne Mühe über die großen Felsen auf der anderen Seite des Waldes, während sich der kleine Bär ganz fest an ihrem Fell festhielt. Der Wind drehte und das Feuer nahm nun eine andere Richtung. Es bewegte sich langsam wieder in ihre Richtung und sie mussten jetzt in Richtung Fluss gehen. Sie wollten über den Fluss drüber schwimmen und so dem Feuer endgültig entkommen. Am Fluss angelangt warf sich die Bärenmutter in die reißende Flut und schwamm zum anderen Ufer. Der kleine Bär ist aber noch nie geschwommen, seine Mutter ließ ihn ja nie ins tiefe Wasser. Er durfte immer nur im flachen Wasser spielen. So lernte er nie schwimmen. Deshalb mühte er sich auch sehr im Wasser ab. Die Bärenmutter sah das und schwamm, in der Angst er könnte ertrinken, zu ihm. Sie hievte ihn auf ihren Rücken und so schwammen sie beide ans andere Ufer. Sie half dem Bärenjungen an Land, doch als sie aus dem Wasser steigen wollte, rutschte sie vom glatten Stein zurück ins Wasser die Strömung wurde immer heftiger und sie trieb zunächst ein Stück weiter flussabwärts. Dort waren einige heftige Stromschnellen im Wasser, die Bärenmutter konnte sich kaum über Wasser halten und dann geriet sie in einen Strudel. Der Bärenjunge rannte das Ufer entlang, immer auf Höhe seiner Mutter, konnte ihr jedoch nicht helfen. Die Bärenmutter kämpfte gegen den Strudel an, doch sie blieb immer länger unter Wasser. Dann schaffte sie es plötzlich irgendwie aus dem Strudel heraus, doch sie war zu sehr geschwächt. Sie trieb im Wasser immer näher zum Rand des Wasserfalls hin, bis sie die tosenden Wassermassen hinabstürzte. Der Bärenjunge schaute ihr traurig hinterher und weinte dann bitterlich, als er begriff, dass er seine geliebte Mutter wahrscheinlich nie mehr wieder sehen würde.
Was sollte er nun alleine machen? Er war noch nie auf sich alleine gestellt und er war doch noch so klein? Bisher hatte immer seine Mutter auf ihn Acht gegeben. Doch er konnte nicht lange überlegen und trauern, denn er drehte sich um und sah plötzlich, dass der Wald auch hinter ihm brannte. Es muss ein weiteres Feuer in dem trockenen Gebiet ausgebrochen sein. Er konnte nicht in die Richtung des Wasserfalles laufen, da war es zu steil, also rannte er das Ufer entlang zurück bis zu der Stelle, an der seine Mutter und er über den Fluss gekommen waren. Der kleine Bär sah, dass das Feuer auf der anderen Seite wegen dem Wind eine andere Richtung eingeschlagen hatte. Das war der einzige Weg wie er sich retten konnte, denn auf dieser Seite kam das Feuer hinter seinem Rücken immer näher. Er musste wieder zurück über den Fluss! An dieser Stelle war das Wasser nicht ganz so wild wie weiter unten, aber er konnte doch nicht schwimmen? Er hatte keine Wahl, wenn er überleben wollte, musste er es versuchen und in die Fluten springen. Der Bärenjunge nahm allen Mut zusammen, zählte bis drei und sprang in den Fluss. Er strampelte und mühte sich ab. Die Strömung war stark, doch er kämpfte und wie jeder Bär wusste er instinktiv wie er seine Beine bewegen musste, damit er nicht im Wasser versinkt und sich nach vorne bewegt. Er konnte schwimmen! Er hätte es nur versuchen müssen bzw. hätte ihn seine Mutter nur mal ins tiefere Wasser gelassen, dann hätte er es schon früher gelernt. Er freute sich sehr, doch zum Freuen blieb ihm nicht viel Zeit. Er kämpfte sich durchs tosende Wasser auf die andere Seite und kletterte erschöpft ans Ufer. Auf der anderen Seite war das Feuer schon bis zu der Stelle vorgedrungen, an der er vorhin gestanden hatte. Gut, dass er es gewagt hatte und auf die andere Seite geschwommen ist.
Doch nicht genug damit, er musste von hier weg, denn der Wind könnte jederzeit drehen und das Feuer auf seiner Seite des Flusses könnte wieder in seine Richtung kommen. Er musste sich in Sicherheit bringen. Also lief er wieder zurück in die Richtung aus der er und seine Mutter gekommen waren. So kam er auch wieder zu dem steilen, felsigen Hang. Vorhin, als er mit seiner Mutter diesen Weg entlang lief, hatte der kleine Bär große Schwierigkeiten voran zu kommen, bis ihn seine Mutter auf den Rücken nahm und ihn über die Steine trug. Jetzt war seine Mutter aber nicht da, sie konnte ihm nicht mehr helfen und er musste alleine zu recht kommen. Er mühte sich sehr über die Steine zu klettern, rutschte immer wieder ab aber je öfter er es versuchte, desto besser klappte es. Es dauerte zwar eine Weile, bis er es richtig drauf hatte aber dann flog er mit seinen Pfoten schon fast über die Steine wie eine Gazelle über die Steppe. Als er nach der Steinwüste am Waldrand ankam blickte er noch mal auf das große Steinfeld zurück und war glücklich und sehr stolz auf sich selbst, dass er diesen schwierigen Weg ganz alleine gemeistert hatte. Der kleine Bär lief weiter in den Wald hinein, in die Richtung seiner Höhle, aus der seine Mutter und er wegen dem Feuer fliehen mussten.
Doch da waren noch die Jäger und so wie sich seine Mutter zuvor ängstlich vor ihnen versteckt hatte wusste er, dass die Männer böse waren, etwas Schlechtes im Schilde führten und er auf der Hut sein musste. Doch was sollte er als ein kleiner Bär schon gegen die Jäger mit ihren Gewehren ausrichten? Nun, er war zwar klein aber schlau. Er ging zu einem hohlen Baumstamm, der in der Nähe der Jäger auf dem Boden lag und brüllte so stark er konnte in den Baumstamm hinein. Der Baumstamm wirkte wie ein Trichter und ließ das Gebrüll des kleinen Bären gar schrecklich klingen, fast wie das Donnergrollen eines Gewitters. Die Jäger zuckten vor Angst zusammen. Sie dachten, dass da ein unglaublich großer und gefährlicher Bär im Walde war und auf sie zukam. Deshalb nahmen sie ihre Beine in die Hand und rannten so schnell sie konnten in die Richtung ihres Dorfes zurück.
Der kleine Bär konnte es fast nicht glauben und musste sich sogar ein lautes Lachen verkneifen, als er sah, wie die Jäger voller Angst davon rannten. Auch diese Schwierigkeit hatte er ohne seine Mutter ausgezeichnet gemeistert.
So langsam kehrten die Tiere wieder in den Wald zurück, denn das Feuer wurde durch einen Regenschauer gelöscht. Auch der kleine Bär kehrte in seine Höhle zurück und war traurig, denn er war ja nun alleine ohne seine Mutter zu Hause. Die Tiere, die zurückkehrten und den kleinen Bär kannten, hatten von seiner Heldentat mit den Jägern gehört und beglückwünschten ihn und sagten ihm, dass er nicht traurig sein müsse, denn er wäre nicht alleine. Alle Tiere wären seine Freunde. Plötzlich kam ein großer Hirsch mit einem riesigen Geweih zur Bärenhöhle. Er fragte den kleinen Bären, ob er der Bär sei, der die Jäger verjagt hat und seine Mutter vermissen würde.
Der kleine Bär bejahte das. Der große Hirsch sagte, dass er gute Neuigkeiten für ihn habe. Er kommt von flussabwärts und hätte jenseits des Wasserfalls einen Bären völlig erschöpft am Ufer liegen gefunden. Er hat den Bär hierher mitgebracht, in der Hoffnung es sei seine Mutter.
Der kleine Bär lief um den riesigen Hirsch herum und schaute hinter ein Gebüsch. Dort auf dem Boden lag ein großer Bär und als der kleine Bär näher heran ging sah er, dass das seine Mutter war und sie lebte noch, hatte aber nur wenig Kraft. Sie erkannte den kleinen Bären aber gleich und flüsterte ihm mit dünner Stimme zu: „mein kleiner Held!“. Der kleine Bär war außer sich vor Freude und konnte sein Glück gar nicht fassen.
Die folgenden Tage und Wochen fing er für seine Mutter und sich Fische zum Essen, den sie konnte so geschwächt noch nicht jagen gehen. Er pflegte sie langsam gesund und konnte endlich mal auf sie Acht geben, satt anders herum. Von da an kreiste die Bärenmutter nicht mehr schützend über ihrem kleinen Jungen und nahm ihm gleich jegliche Schwierigkeit ab, sondern ließ ihn seine eigenen Erfahrungen machen. Sie gab ihm höchstens mal hier und da einen Tipp wie er zum Beispiel am besten eine Schlange im hohen Gras entdecken oder am einfachsten auf einen hohen Baum klettern konnte. Machen musste und durfte er es dann letztendlich aber alles immer selber.
So hat es sich zugetragen, denn so steht es geschrieben.
Es trug sich einmal zu, dass auf der wunderschönen, bunten Blumenwiese einer großen Lichtung, umgeben von dichtem Wald, die kleine und allzeit fröhliche Hummel Mathilda lebte. Sie flog von Blume zu Blume, spielte mit ihren Freunden oder genoss von der großen Eiche am Rande der Lichtung den atemberaubenden Blick über die schöne Wiese. Mathilda liebte vor allem die roten Rosen, die am Rand der Lichtung wuchsen. Sie rochen so schön und Mathilda war der Meinung, dass der Nektar dieser Rosen der Leckerste aller Blumen ist. Die schönste Blume dieser Wiese wuchs aber in der Mitte der Lichtung. Sie hatte blaue Blütenblätter, die zur Mitte hin weiß wurden und in der Mitte war die Blume gelb. Es war die einzige Blume auf der ganzen Wiese, die blaue Blütenblätter hatte, deshalb fanden alle Tiere, dass diese Blume die Schönste von allen war. Genau diese blaue Blume war auch der tägliche Treffpunkt für Mathilda und ihre Freunde. Zu den Freunden von Mathilda gehörte die feine Schmetterlingsdame Luisa, die quirlige Libelle Linus und die freche Stechmücke Finn. Jeden Tag trafen sie sich an der blauen Blume und spielten mit einander. Sie flogen umher, dachten sich Streiche für die anderen Tiere aus oder erlebten die wildesten Abenteuer am kleinen Bach. Da sie gestern schon Fange gespielt hatten - und Linus schon wieder gewonnen hatte, weil er als Libelle einfach der sportlichste von allen ist und am schnellsten fliegen kann – schlug Finn vor, heute dem alten Tausendfüßler Thaddäus einen Streich zu spielen.
Thaddäus schlief jeden Nachmittag an derselben kühlen, schattigen Stelle. Er war schon sehr alt, konnte nicht mehr richtig sehen und sich nur langsam fortbewegen. Finn hatte die Idee einen Haufen Steine zu nehmen und um ihn herum aufzubauen währen er schlief. Die anderen fanden die Idee gar nicht schlecht und so schnappten sie sich einzeln oder zu zweit die Steine und stapelten sie vorsichtig und leise um Thaddäus herum. Nach einer Weile sah es so aus, als ob er in einem kleinen Vulkan aus Stein liegen würde.
Bei diesem Anblick kicherte Mathilda leise und Luisa konnte sich das Lachen nicht verkneifen und prustete laut los. Thaddäus wachte davon auf, war aber vom Schlaf noch ganz benommen.
„Was… was ist denn hier los?“ fragte er noch ganz verwirrt. Die vier Freunde flogen in sicherem Abstand über dem Steinvulkan und betrachteten das Ganze aus sicherer Entfernung.
Linus und Finn konnten sich nun auch nicht mehr zurückhalten und lachten was das Zeug hielt.
„Hey, was soll das?“ schimpfte Thaddäus und schaute zu den vier Freunden hoch. „Na wartet, wenn ich euch erwische!“ rief er zu ihnen hoch und begann mühselig die Steine in Richtung des „Kraterrandes“ hochzuklettern. Auch wenn der Steinhaufen nicht sehr hoch war, ging es seeeeehr langsam voran denn er war seeeeehr alt und er hatte ja als Tausendfüßler auch seeeeehr viele Beine, die er bewegen musste. Er setzte mühsam ein Bein nach dem anderen auf die Steine und es sah aus, als ob sich ein langer schwarzer Wurm in Zeitlupe nach oben bewegen würde. Sein letzter Fuß war noch nicht auf dem ersten Stein angelangt, da nahmen die vier Freunde lachend Reißaus. Sie landeten neben dem Bach, weil sie durstig waren und lachten immer noch über den gelungenen Scherz, den sie sich mit dem Tausendfüßler erlaubt hatten.
Gerade als sie ein wenig trinken wollten, kam der gemeine Professor Frosch des Weges. Niemand mochte ihn so Recht, weil er ein nervtötender, langweiliger, trübsinniger Möchtegern-Besserwisser war. Finn versteckte sich ängstlich hinter Luisa, da der Frosch ja gerne auch mal kleine Insekten mit seiner klebrigen Zunge fängt und isst. Luisa hingegen versteckte sich hinter Linus, da sie Professor Frosch ebenfalls nicht traute und sich ein wenig fürchtete. Linus hingegen hatte keine Angst. Er war sehr mutig und dachte, dass er für den Frosch sowieso ein zu großer Happen wäre, wenn er versuchen würde ihn zu fressen. „Was treibt ihr Gören euch denn hier rum?“ fragte der Frosch die vier Freunde unfreundlich. „Das geht Sie gar nichts an.“ antwortete Linus unbeeindruckt. „Ihr seht doch aus, als hättet ihr etwas ausgefressen.“ meinte Professor Frosch misstrauisch und rückte seine zu große Brille zurecht, während er die Augen weiter zusammenkneifte. Finn und Luisa drängten sich hinter Linus noch näher an ihn heran. „Wir haben gar nichts gemacht.“ entgegnete ihm Mathilda, die rechts hinter Linus Flügel stand und jetzt hervor trat. „Ahh, sieh an.
Die dicke Hummel Mathilda.“ sagte Professor Frosch etwas abwertend. Mathilda mochte es gar nicht, wenn man sie dick nannte. Auch wenn sie etwas fülliger war als die hübschen kleinen Bienchen, die sich alle für Topmodels hielten.
„Nennen Sie mich nicht dick! Das ist verletzend und ich mag das nicht!“ Mathildas Stimme klang etwas zittrig als sie das zu dem Frosch sagte, da sie zum einen etwas Angst hatte und zum anderen wegen seiner Bemerkung ein wenig traurig und fast den Tränen nah war. Professor Frosch mochte es aber gar nicht, wenn man ihn belehren wollte oder ihm Widerworte gab. Er machte einen Schritt in Richtung Mathilda, schob seinen Kopf etwas nach vorne und kniff seine Augen zusammen. „Weißt du, dass du eigentlich gar nicht fliegen können solltest.“ sagte er mit spitzer Stimme leise aber bestimmt zu Mathilda.
Mathilda schaute ihn etwas verwirrt an. „Was meinen Sie denn damit?“ fragte sie ihn leicht verblüfft. „Nun ja,“ fing Professor Frosch an, während er vor den Freunden von links nach rechts und wieder zurück nach links lief und mit seinem Gehstock herumwedelte, „aufgrund deines Körpergewichtes und der Flügelstruktur kannst du eigentlich nicht fliegen.“ Mathilda schaute ihn mit riesengroßen Augen und offenem Mund an. „Was?“ hauchte sie leise verblüfft. „So wie deine Flügel gebaut sind, können sie deinen dicken Körper eigentlich gar nicht tragen.“ bekräftigte der Frosch nochmals mit einem breiten Grinsen. „Was?“ flüsterte Mathilda noch mal fassungslos. Linus, Finn und Luisa schauten sowohl Mathilda, als auch den Frosch völlig entgeistert an. „Was ist denn hier los?“ durchbrach eine tiefe Stimme von oben herab die Stille. „Belästigt euch der Frosch, Kinder?“ Es war Herr Storch, der zufällig vorbei geflogen war, die Ansammlung gesehen hatte und fragen wollte, ob alles in Ordnung war. Mathilda reagierte gar nicht auf ihn, sondern starrte nur entsetzt auf den Boden. Die drei anderen Freunde schauten ihn nur an und konnten, nach dem was gerade geschehen war, gar kein Wort heraus bringen.
„Keine Sorge Herr Storch, ich wollte gerade gehen.“ sagte der Frosch schließlich zu ihm. „Das will ich dir auch geraten haben!“ entgegnete ihm der Storch. „Sieh zu, dass du deines Weges gehst sonst bekomme ich vielleicht noch Hunger. Ich habe nämlich noch nicht zu Abend gegessen.“ ergänzte er, während er den Frosch grimmig anschaute. Professor Frosch drehte sich mit einem Grinsen im Gesicht um und verschwand im Dickicht. „Und ihr“ fuhr der Storch fort und schaute die vier Freunde an „passt auf euch auf und geht nach Hause.“ Dann erhob er sich in die Lüfte und verschwand.
Die vier Freunde standen still da, Linus, Finn und Luisa schauten zu Mathilda rüber. Sie starrte immer noch fassungslos zu Boden. „Ich kann nicht fliegen“ flüsterte sie leise. Luisa schaute Linus fragend an und sagte dann zu Mathilda: „Wie meinst du das? Du bist doch auch bisher geflogen?“ „Das kann nicht funktionieren!“ fuhr sie Luisa mit Tränen in den Augen harsch an. „Er hat Recht, meine kleinen Flügelchen können einen so großen, schweren Körper nicht tragen und ich werde von Tag zu Tag sogar immer größer und schwerer!“ „Aber, aber…!“ stammelte Luisa, doch weiter kam sie nicht. Mathilda ging – ja sie ging, sie flog nicht – in die Richtung des hohen Grases. Die Freunde liefen ihr hinterher.
„Aber das hat doch bisher auch funktioniert.“ versuchte es Luisa noch mal. „Das kann physikalisch gar nicht funktionieren und überhaupt hat er Recht.“ erwiderte Mathilda.
„Komm, lass uns nach Hause fliegen und drüber schlafen und morgen sehen wir dann weiter.“ versuchte jetzt Finn sie zu überreden. „Nein, lasst mich in Ruhe. Ich werde nie wieder fliegen. Nie wieder. Lasst mich jetzt endlich alleine!“ schrie Mathilda ihre Freunde an und lief weinend in das hohe Gras. Finn schaute fragend zu Linus, doch der zuckte nur irritiert mit einem fragenden Gesichtsausdruck mit den Schultern. Die Drei konnten nichts weiter machen und flogen nach Hause. Mathilda lief und lief und lief. Es war ein weiter Weg vom Bach bis zu ihr nach Hause und nach einer Weile taten ihr die Füße weh, denn sie war es nicht gewohnt so lange zu laufen. Bisher ist sie ja nur geflogen. Sie setzte sich auf einen Kieselstein und ruhte sich ein wenig aus. Da kam der alte Tausendfüßler Thaddäus vorbei und meinte im Vorbeigehen nur: „Hab’ von Professor Frosch gehört, dass du nicht mehr fliegen kannst.
Tja, das geschieht dir Recht. Dann kannst du dich vielleicht in mich alten Mann mit tausend Füssen hineinversetzen und siehst wie schwer es ist, wenn man sich nicht wie im Flug fortbewegen kann. Laufen ist nun mal viel anstrengender als fliegen. Eventuell denkt ihr das nächste Mal daran, wenn ihr jemandem mit tausend Füssen wieder so einen fiesen Streich spielt.“ Es dauerte ganz schön lange bis Thaddäus mit seinen tausend Füssen an Mathilda vorbeigezogen ist und noch bevor das letzte Paar Beine an ihr vorbei war weinte sie und bereute ihren Streich von vorhin sehr.
Von dem Tag an flog Mathilda nicht mehr. Sie lief nur noch. Ihre Freunde konnten sie nicht überzeugen es zu versuchen und die kleinen Bienchen flogen an ihr vorbei und lachten sie aus. Mathilda hatte sich mit ihrem Schicksal abgefunden, wurde aber von Tag zu Tag immer trauriger und trauriger. Das fliegen fehlte ihr, aber wie sollte sie dickes, fettes Ding mit den winzigen Flügeln fliegen. Das geht einfach nicht.