Modeste - Johannes Richard zur Megede - E-Book

Beschreibung

Megedes Roman aus seiner ostpreußischen Heimat dreht sich um das Gutsfräulein Modeste, das gegen den Willen des Vaters einen Inspektor heiratet und so versucht dem Lebens als Gutsfrau zu entkommen ...

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Seitenzahl: 493

Veröffentlichungsjahr: 2012

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Modeste

Johannes Richard zur Megede

Inhalt:

Johannes Richard zur Megede – Biografie und Bibliografie

Modeste

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Modeste, J. R. zur Megede

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

86450 Altenmünster, Loschberg 9

Deutschland

ISBN:9783849631475

www.jazzybee-verlag.de

www.facebook.com/jazzybeeverlag

[email protected]

Johannes Richard zur Megede – Biografie und Bibliografie

Schriftsteller, geb. 8. Sept. 1864 in Sagan, gest. 21. März 1906 in Bartenstein (damals Ostpreußen); studierte Jura, Ästhetik und Orientalistik, schrieb Romane und Novellen die hauptsächlich in seiner Heimat spielen.

Wichtige Werke:

Kismet, 1897Unter Zigeunern, 1897Quitt!, 1898Von zarter Hand, 1899Félicie, 1900Das Blinkfeuer von Brüsterort, 1901Trianon und andere Novellen, 1903Der Überkater, 1904Josi, 1906Modeste, 1906

Modeste

1

Schmaleningken!

Der kleine Raddampfer bog in den Winterhafen ein. Die Pfeife heulte. Es war die erste deutsche Station am Memelstrom. Wenig zurück, wo hinter sumpfigen Wiesen Kiefernwald zum Wasser heran zog, lag schon das heilige Rußland.

Ein Spätnachmittag im September mit milder Sonne und weichen Schatten. An solchen Tagen ist die Ebene so schön.

Das Schiff hatte es eilig. Der armselige Flecken hielt es auch nicht lange. Während der graubärtige Kapitän an der Bordverkleidung gähnend lehnte, wurden ein paar leere Schnapsfässer die sandige Uferböschung hinabgerollt; ein riesiger Sack schwankte unter einem grobsträhnigen Litauer Kopfe auf Deck.

»Na, nu macht 'n bißchen schnell, Mannchen!« – Das breite Ostpreußisch des Schiffers wurde aber sofort geschmeidig, als ein Herr mit Damen jetzt auf das Landungsbrett trat. – »Guten Tag, Herr Graf – guten Tag, Frau Gräfin – guten Tag, gnädiges Fräulein... Die Herrschaften wollen schon zurück?«

»Ja, ja, ja,« erwiderte der Herr etwas nervös, mit einem leichten Griff nach dem Hut. »Warum habt ihr eigentlich immer solche Riesenverspätung hier? Wir sind schon seit zwölf Uhr in dem Nest.« Und er wies nach dem einfachen Gasthof auf der Uferhöhe, wo zwei magere Steppenpferde mit wirrer Mähne und unstetem Auge vor einem schmutzbedeckten Wagen bewegungslos standen.

Der Kapitän machte ein pfiffiges Gesicht: »Der Herr Graf wissen ja: auf der russischen Seite regulieren sie den Strom nun einmal nicht ordentlich. Stromaufwärts haben wir darum im Herbst immer zu wenig Wasser. – Man kommt beim besten Willen nicht vorwärts!... Und dann hatten wir auf der Herfahrt auch noch Schimkes an Bord. Das sind die Flößer, Frau Gräfin, die nach Rußland zurückgehen. Das Schiff gestopft voll. – Das ist eine Bande! – schlimmer als das Vieh. Die sollte die Frau Gräfin mal essen sehen. Zehn Kerls brocken sich Zucker und grobes Brot zusammen in einer Schüssel, und dann gießen sie einen Patscheimer mit Memelwasser drauf, und dann fährt alles mit Holzlöffeln rein. Und ein Geschmatz und ein Kreuzgeschlage! Und was sie sonst noch für nicht zahlende Passagiere mitgehen lassen...« Der Kapitän kraute sich in nicht mißzuverstehender Weise sein dickes Haar.

Der Graf räusperte sich darauf, die Gräfin sagte: »O Gott!« – Das gnädige Fräulein aber lachte ungeniert.

»Nun, alles glücklich an Bord? – Dann ziehen Sie die Brücke weg!«

In dem Augenblick kam ein junger Mensch rasch die Böschung herabgeschritten: »Halt, ich will noch mit!«

»Na, dann beeilen Sie sich!«

Der Ankömmling sprang auf Deck, machte eine hastige Bewegung nach der Ökonomenmütze, als wenn er grüßen wollte, tat's aber im letzten Moment doch nicht, sondern ging leichtfüßig an den andern vorüber ins Vorderschiff.

»Na, das scheint auch so ein duschackiger Kerl zu sein!... Hat die ganze Zeit über bei den russischen Pferden gestanden, als wenn er noch nie so was gesehen hätte... Und dann kommt er noch beinahe nicht mit!« sagte der Kapitän ingrimmig.

Von den gräflichen Herrschaften hatte nur das gnädige Fräulein dem halblauten Monologe zugehört. Sie sah dem »duschackigen Kerl« nach. Er stand jetzt am Schornstein und schaute wieder zurück nach den Pferden – eine schlanke, sehnige Reitergestalt, sonnenverbrannt, mit krausem, aufgedrehtem Schnurrbart. ›Wahrscheinlich Inspektor,‹ dachte sie. ›Aber hübscher Kerl...‹

Dann begann die Maschine zu arbeiten, das Schiff schwankte und bekam endlich ächzend mäßige Fahrt. Die drei Stunden Verspätung konnte es ja doch nicht mehr einholen.

»Modeste! Kaffee – willst du oder willst du nicht?« klang es vom Hinterschiff. Graf und Gräfin hatten es sich dort an einer Glaswand bequem gemacht.

Das gnädige Fräulein folgte zögernd dem Ruf. Sie war gar nicht begierig auf den Schiffskaffee und auf die Gesellschaft von Schwager und Schwester noch weniger. In monatelanger Einsamkeit auf einem russischen Gute hatte sie sich mit den beiden fast zu Tode gelangweilt. Es war nicht Mangel an verwandtschaftlichem Gefühl – es war ihre Natur so, daß sie die Legitimität langweilte... Ja die Legitimität! – Wie sie so bei den beiden saß, stumm, geistesabwesend, hatte sie darüber ihre ketzerischen Gedanken. Die Legitimität erschien ihr alt, langweilig, verbraucht – die Illegitimität jung, hübsch, von überschäumender Lebenskraft. Die Legitimität saß neben ihr, war ihre Schwester und hieß jetzt: Erika, Gräfin von Axsil, eine aus der Form gegangene ältere Blondine mit losem Korsett und unvermeidlichem Schildpattlorgnon. Der Gatte, ein mit schwerem Geld gekaufter Edelmann, schlank, brünett, sehr Aristokrat, eine angezüchtete Liebenswürdigkeit im schmalen, feingefältelten Gesicht eines routinierten Vierzigers. Die vor wenigen Jahren erst geschlossene Ehe war leidenschaftslos glücklich. Das Gefühl hatte sogar bis zu einem Sohne gereicht – legitim, temperamentlos wie die Eltern... Die Illegitimität stand noch immer neben dem Dampferschlot, trug eine Ökonomenmütze und zeigte über dem schneeweißen Stehkragen einen kräftigen braunen Nacken. – Der Zufall wollte es, daß Modeste zwischen den beiden saß, der Legitimität näher, der Illegitimität ferner, was auch ihren Gedankenkreisen im Augenblick entsprach.

Sie stand unentschlossen zwischen den beiden – sie war ja noch so jung!

Modestes Familiengeschichte war nicht übermäßig verwickelt. Sie hießen Lindt und waren eine längst anerkannte Parvenüsfamilie vom Rhein. Der Vater hatte sein Geld in Knochenmehl gemacht – viel Geld – und in gesetzlich nicht anfechtbarem Wucher. Durch beides hatte er intime Beziehungen zur Landwirtschaft gewonnen und auch ein gewisses Interesse für den Stand. Denn dieser Emporkömmling war im Grunde seines Herzens konservativ, ein Freund altadliger Traditionen, dazu von jenem Erwerbsehrgeiz, der da sagt: »In jeder Branche gibt's was zu verdienen.« Er reiste daher lange im Osten umher, zum Vergnügen scheinbar, in Wahrheit, um Güter anzusehen. Und wie alle klugen Leute fand er auch, was er wollte: ein Ordensschloß der Deutschherren, feudaler Besitz, tief drin in Litauen, zwar von Hypotheken überlastet, aber der zeitweilige Schloßherr war sein Geschäftsfreund und Schuldner. Er zog also dem Manne, der auch ohnedies nicht zu retten gewesen wäre, ohne Härte oder Hast die Krawatte zu und erwarb das Gut in der Subhastation zu einem Spottpreise. Das geschah vor zwanzig Jahren. Die Frau – aus guter Familie – und zwei Töchter brachte er mit. Die Jüngste, Modeste, wurde auf dem Schlosse geboren. Sie war also schon durch den Geburtsort die feudalste und der Liebling des Vaters. Die Gegend weigerte sich anfangs, den Mann anzuerkennen, wenigstens das blaue Blut erwiderte zwei seiner Einladungen regelmäßig durch eine einzige. Aber da der Neuling anständig verbohrte Gesinnungen zeigte und seinen Geldbeutel nur den kleinen Mann fühlen ließ, durfte er endlich passieren. Die älteste Tochter wurde zur rechten Zeit auf den Markt gebracht. Baron sollte der Schwiegersohn mindestens sein – aber kein Hungerleider. Dazu war der Alte auch jetzt noch zu sehr Kaufmann. Der Edelleute fanden sich viel – sogar ein Kürassierleutnant aus dem Westen, der aber kläglich Fiasko machte, als es ans Schuldenbeichten ging. Kurz vor Toresschluß tat es der Ältesten ein deutschrussischer Graf an – auch Habenichts, bei dem aber mildernd die Neunzinkige wirkte und ein nebelhafter Erbonkel in Warschau... Die Zweite, Frida, fand nicht einmal den Baron. Das war nicht ihre Schuld. Der Alte war durch die vielen mißlungenen Verlobungen der Ältesten in Mißkredit bei den Heiratskandidaten gekommen... Die Jüngste, der Star, empfand dabei einen häßlichen Triumph. Die Schwestern haßten sich.

Bei dieser Schwester waren Modestes Gedanken gerade jetzt. Nein, die Legitimität war doch das einzig Wahre! Schon um diese Schwester zu ärgern, mußte sie ja verständig heiraten. Ob sie den Zukünftigen nun liebte oder nicht – aber vornehm, dreimal vornehm sollte er sein. Und bald, bald! Nicht so töricht lange warten wie die älteren Schwestern, die in aussichtslosen Liaisons Jugend und Gefühle verzettelt hatten. Diese Vorstellung erhitzte sie. Und als hätte der leise Herbstwind, der über das schmutzige Deck strich, ihr Haar verwirrt, holte sie einen Taschenspiegel mit gleichgültiger Bewegung heraus. Sie schaute lange in das Glas. Sie dachte nicht an die Frisur. Sie dachte, daß es ohne Schmeichelei ein kleiner, feiner Kopf war, den sie erblickte. Schmale Lippen, blasse Augen, die runde Stirn von hellblondem, zierlichem Kraushaar überzittert. Und weiß die Haut und weich die Linien. Die Nase war freilich nicht schön – zu klein – aber pikant mit den rosigen, etwas lüsternen Flügeln. Und die paar leichten Sommersprossen – bah! Ein Reiz mehr, wie sie jetzt so wissend lachte, was eine Familieneigentümlichkeit war... Und was das kleine, trübe Glas nicht zeigte, und was ihre scharfen neunzehnjährigen Augen so gut sahen: – die schlanken, vollen Glieder, die graziöse Hüfte, die auch unter dem festesten Korsett sich so anmutig bog. Modeste stand auf, machte einige Schritte vorwärts und hatte ganz das Gefühl, als wenn ihr alle Augen auf dem Schiffe folgten und aufleuchtend sagten: Was ist die doch gut gewachsen, und wie hübsch geht sie auf schmaler Sohle!... Nein, ein solcher Körper mußte ja Karriere machen...

Und mit saugender Nüster schaute sie ins Leere, in die Zukunft, wo der Briefverkehr mit ihrer Schwester Frida ein sehr lebhafter sein sollte. Sie sah sogar sehr deutlich die Kuverts:

Ihrer Hochgeboren

Frau Gräfin von...

mit einem verschwimmenden Namenszuge.

Und dagegen wieder:

Fräulein

Frida Lindt

Wohlgeboren.

Das Wohlgeboren würde sie der Schwester nicht um die ewige Seligkeit erspart haben. – Modeste war in diesem Augenblick kalt legitim auch im Gesicht. Und doch war illegitimer als alles, daß ihr Auge niemals einem Männerblicke auswich.

Die schleppende Stimme der Schwester weckte sie aus dem ehrgeizigen Traume. »Willst du nun eigentlich deinen Kaffee austrinken oder nicht, Modeste? Alles fällt voll Fliegen. Nimm sie doch heraus!«

Modeste drehte sich herum und erwiderte spitz: »Fliegenkaffee kannst du allein trinken, Erika!« – Und wie sie das Ehepaar jetzt sah, vor der Herbstkühle hinter der Glaswand zusammengekauert – sie mit der Geizfalte um den welken Mund, er an der längst ausgegangenen Zigarre ziehend –, da fiel ihr wieder ein, was sie bei diesem ersten russischen Besuche schon am zweiten Tage trotz aller Ehrfurcht für Grafenkronen gedacht hatte: ›Wenn das die Ehe ist – um Gottes willen! – da muß man ja mit dem ersten besten Stallknecht durchgehen! Und wenn das Elternglück heißt, so eine talgige, blutarme Schlafmütze als Thronfolger zu haben, so einen, den man erst kneifen muß, bis er Leben bekommt und schreit, wie dieser Dagobert Axsil – nein, nein, lieber..‹ Und sie hatte eine ganz unerhörte Konsequenz dabei gezogen.

Darauf ging Modeste auf Deck spazieren. Dieser sinkende Herbsttag war doch zu schön, um ihn ganz zu verträumen... Die Ebene und der Strom – sie liebte beide. Lange stand sie über Bord gelehnt. Und die Ebene zog vorüber, so weit, so ruhig – Wiese und Wald und einsame Häuser und weidende Pferde. Mit purpurner Glut lag die untergehende Sonne darüber. Die Kiefernstämme glänzten, das Grün schimmerte hell. Aber das warme Licht trog – es war schon Herbst. Jedoch Modeste ließ sich gern belügen. Es lag so viel köstliche Einsamkeit, so viel schwermütige Trauer über der Flur. Wiesenduft strömte herüber und Harzgeruch und Wasserdunst. Zwischen nickenden Weidengebüschen floß der ruhige gelbe Flachlandstrom. Die Kielwelle rollte auf grauen Sand, Kähne tanzten, ein flachshaariger Junge warf flache Steine nach dem Schiff und schrie ein litauisches Wort. Und die Sonnenlichter wurden breiter und schwerer, und die Schatten zogen nach. Das Ufer erhob sich zu welligen Hügeln. In den Fenstern einer Schneidemühle blitzte die rote Sonne. Riesige Holzflöße lagen im Strom, mit wilden Gestalten am rohen Steuer; die Stämme schaukelten behaglich, ein Hund bellte. Der Kapitän schrie einem Floßführer zu, und der Mann drohte zurück.

Das Schiff legte bei. Auf lang streichendem Hügel eine Stadt in Waldgrün gebettet, mit rotschimmerndem Ordensschloß. Es war Ragnit. Ein schweres Boot schwankte heran und brachte einen kurländischen Baron mit einem Schafbock. Aus der Kajüte war jetzt ein dicker Mann heraufgekommen, eine Art Verwalter, und dienerte: »Guten Tag, Herr Baron.«

Der Baron tippte nur an seine russische Mütze. Modeste aber, die viel Sinn für das Komische hatte, fand diesen alten hochmütigen Edelmann mit seinem Schafbock äußerst pläsierlich. Sie trat darum auch näher heran, als sich die beiden, Herr und Verwalter, unterhielten. Die Unterhaltung enttäuschte sie etwas, sie galt nur landwirtschaftlichen Maschinen. Der Baron, ein kluges, scharfes Gesicht ohne Güte, paffte dazu ganz kurze russische Zigaretten mit riesigem Mundstück. Wenn er die letzte wegwarf, stand auch schon sein Verwalter mit einem Streichholz bereit. Der Baron aber dankte nie für den Dienst. Wohl eine halbe Stunde lagen sie vor dem Nest. Schmierige Säcke ohne Zahl kamen an Bord. Das war langweilig, der Schafbock eigentlich noch das Interessanteste. Darum ging Modeste auch an den Käfig heran und steckte die Spitze des Sonnenschirmes durch die Holzstäbe nach dem Tier, das in charakteristischem Stumpfsinn dalag. Bei dem Schafbock fand sie auch den »duschackigen Kerl« wieder, der inzwischen unten gewesen sein mußte. Er trat vor der Dame sofort höflich zurück.

»Fahren Sie nach Tilsit?« fragte Modeste dreist.

»Jawohl.«

»Und da bleiben Sie?«

»Nein.«

»Also Sie wollen noch weiter?«

»Jawohl.«

»Na, wir haben auch noch verschiedene Stunden Wagenfahrt vor uns.«

»Ich auch.«

Modeste sagte darauf lächelnd: »Vielleicht wollen Sie am Ende auch nach Barginnen wie wir?«

»Jawohl.«

»Nach Schloß oder Dorf?«

»Schloß.«

Modeste sah den hübschen jungen Menschen mit Interesse an. Dann lachte sie hellauf: »Jetzt will ich Ihnen auch sagen, wer Sie sind. Sie sind der neuengagierte Inspektor Romeit von uns. Ich bin das Fräulein vom Schloß.«

Inspektor Romeit zog mit eckiger Höflichkeit die Mütze: »Ich dachte mir das gleich, gnädiges Fräulein.«

Nun verstand auch Modeste das Zögern vorhin und den Griff nach dem Hut. Der gewisse bäurische Trotz, der in seiner Art lag, und die Scheu vor den Schloßherrschaften – das ärgerte sie und schmeichelte ihr zugleich. Sie war im Begriff gewesen, zu sagen: »Kommen Sie doch hinüber zu uns, wir sitzen da an der Glaswand.« Denn es schien sonst ein Mensch von Manieren zu sein. Schnell überlegte sie sich's anders. ›Inspektoren! Die muß man sich immer etwas vom Leibe halten, sonst werden sie frech. Inspektoren sind Schwefelbande, sagt Papa immer... Schade! Wenn man ihn näher besieht, hat er gar nichts Unfeines, eher das Gegenteil.‹

Und endlich sagte sie mit kurzem Kopfnicken: »Wir werden wohl in Tilsit in demselben Wagen fahren, wenn nicht Papa einen Einspänner für Sie geschickt hat. Adieu!«

»Adieu, gnädiges Fräulein!«

Und daß Herr Romeit womöglich noch steifer wiedergrüßte, tat ihr eigentlich wohl.

Indessen hatten sich die gräflichen Herrschaften mit dem Baron angefreundet. Modeste horchte auf das Gespräch, ohne nahe heranzugehen. Die gewöhnliche Herbstunterhaltung: Hühnerjagd, Landwirtschaft. Das machte eben der gleiche Stand, die gleiche Lebenssphäre der Herren. Aber während der Graf immer wieder auf die Hühnerjagd zurückkam, ohne Eifer, obgleich es seine einzige Passion war, sprach der Baron scharf und angeregt von landwirtschaftlichen Fragen: »Ich arbeite jetzt soviel wie möglich mit Maschinen. Passen Sie auf, die Leute werden uns in Rußland auch noch knapp! Der Zuzug vom Lande nach unsern baltischen Seestädten ist schon jetzt sehr bedeutend. Unsereiner muß die Augen recht groß aufmachen, sonst wachsen ihm die Verhältnisse über den Kopf. Wer garantiert uns, daß der große Weltkrach nie eintritt? Der kleine ist bei der Landwirtschaft ja schon in Permanenz erklärt – in Deutschland, bei uns, ja sogar in Amerika.« – Dagegen ihr Schwager: »Ja, ja... man schränkt sich ja auch ein, wie man kann. Übrigens, was Sie von Rübengütern in Posen vorhin sagten, ist vollkommen richtig – was es da für Hühner gibt! Ich reise im September immer der Jagd wegen zu meinem Schwiegervater nach Deutschland...« – »Ich nicht!« antwortete der Baron trocken. »Wenn zugesät wird, muß ich dabei sein. Es kann einem sonst ganz gut passieren, daß so ein Inspektor allein ganze Schläge unbestellt läßt. Ich bin nur wegen einer Drillmaschine hier, die ich mir bei Verwandten angesehen habe und die ich, weil sie vorzüglich funktioniert, gleich mit nach Kurland nehmen werde.« Von Zeit zu Zeit ging dem Baron im Eifer der Unterhaltung die Zigarette aus. Dann sprang der dicke Verwalter von der andern Seite des Decks mit den Streichhölzern herbei und erntete einen kaum bemerkbaren Dank der kühlen grauen Augen.

Zuletzt begann es dem Grafen zu frösteln: »Kalt heute abend! – Ich denke, man verfügt sich langsam in die Kajüte.«

»Ja gern,« antwortete der Baron. »Aber wir aus dem Lande der Wölfe sind doch eigentlich lächerlich empfindlich.«

Die Herrschaften erhoben sich... Als die Schwester Erika an Modeste vorüberkam, flüsterte die ihr zu: »Weißt du, wer der junge Mann da drüben ist? Unser neuer Inspektor.«

»Ach was! Wie hast du denn das rausbekommen?«

»Ich habe ihn selber gefragt.«

»So! Macht er einen gemeinen Eindruck oder nicht?«

»Ja und nein. Etwas Bauer.«

»Wenn er nur tüchtig ist! Es war doch recht gut, daß Papa den alten Biesenthal endlich hat abschieben können. So 'n alter Mann mit einer Menge Kinder!... Die Geschichte mit der Buchführung war ja eigentlich nicht der Rede wert – selbstverständlich nur ein Vorwand für Papa. Aber es ist ganz richtig! So 'n alten Krippensetzer kriegt man ja sonst immer wieder aufs Gut. Wo ist er eigentlich jetzt, Modeste?«

»Ich weiß nicht. Auf Rosen wird er vermutlich nicht gebettet sein. Aber das geht uns doch nichts an.«

Wie die Schwestern so leise miteinander flüsterten, sprang bei beiden der Lindtsche Familienzug scharf hervor: die größten Herzlosigkeiten mit gleichgültigem Lispeln zu sagen.

In die Kajüte wollte Modeste nicht mit. Sie haßte die verbrauchte Luft da unten und verstand nicht, wie man an einem Septemberabend schon frieren konnte. Ihrem jungen frischen Blut tat die Kühle wohl. Sie blieb also oben, aber sie setzte sich ein wenig abseits, weil ihr die Füße in den zu schmalen Lackschuhen vom langen Stehen brannten.

Die Sonne war gesunken. Mit lastendem Fittichschlage zog die Herbstnacht heran. Stromnebel stiegen empor, milchig weiß. Sie legten sich über das raunende Weidengebüsch längs des Ufers – über die Wiesen – über den Wald. Die Kielwelle rauschte schwer, tückisch blinkte das Wasser. Es wehte kühl und feucht. Modeste machte die Mantelknöpfe auf. Es lag so viel unerbittliche Jugend in der Nachtluft... Der Dampfer fuhr eiliger. Wieder tauchten rechts und links Flöße auf – schwarz, riesig, geheimnisvoll; der Mann am Steuer wie ein graues Gespenst. Auf einigen hatten sie Feuer angemacht. Die rote Lohe schlug durch die Nacht und malte seltsame Bilder auf den stillen, dunkeln Strom, auf die geduckten Weiden... Wenn das Schiff jetzt lautlos auf den Grund sänke? – Es war alles so tief und stumm und lastend ringsumher. Modeste wurde nicht müde, ins Wasser zu starren. Die große Poesie der Ebene ging ihr auf und der Nacht. Die Brust wurde ihr so weit, und sie atmete tief. Was wußte die Legitimität da unten in der Kajüte von Nacht und Jugend und ehrgeizigen Träumen.

Modeste hätte die ganze Nacht so weiterfahren können. Ihr tat es fast leid, als hinter dem Waldhügel des Rombinus, wo die alten Litauer ihren Heidengöttern opferten, rosiger Lichtschimmer den Nebel durchdrang. Er kam näher und näher. Türme tauchten auf – erhellte Fenster – zuletzt eine Eisenbahnbrücke, deren schlanke Umrisse in der Luft zu schweben schienen. Tilsit. – Auf der Kajütentreppe hörte sie den leicht schleppenden Tritt ihres Schwagers. Die Schwester ward sichtbar im Schal, vermummt, eine unförmige, fröstelnde Masse... Modeste schüttelte sich ordentlich vor Grauen. Nein, eine solche Legitimität würde sie töten! Lieber jung sein, genießen und hinterher meinetwegen verkommen.

Neben dem Schafbockkäfig tauchte eben eine Gestalt auf. Es war der Inspektor Romeit. Auch er hatte die ganze Zeit stumm auf Deck gesessen – und Modeste hatte an ihn gar nicht mehr gedacht.

An dem Landungsplatze hielt schon der Lindtsche Wagen – ein altes viersitziges Vehikel mit schweren Federn. Bevor die Schwestern einstiegen, tuschelten sie noch miteinander.

»Soll er mit im Wagen sitzen, Erika?«

»Ach, Unsinn, Modeste! Auf dem Bock natürlich. Man muß solche Leute erst gar nicht auf Gedanken bringen.«

Sie ratterten durch die neblige Stadt. Ein Dragoneroffizier grüßte. Dann rollte der Wagen auf weißer, endloser Chaussee landeinwärts. Der Graf auf seinem Rücksitz allein war in schlechtester Laune. »Konnte euer Vater nicht wenigstens den geschlossenen Landauer schicken? Man friert ja tot in der offenen Karrete!« Und mürrisch wickelte er sich in seinen dicken Offiziersmantel. »So?« fragte die Gräfin gleichgültig zurück. Niemand fand es natürlicher, daß man tags im eleganten Landauer, aber nachts in der ausrangierten Chaise fuhr, selbst wenn man darin fror. Sie war ihres Vaters beste Tochter. Modeste aber schlug verächtlich die Klappen ihres Sportpaletots zurück. Frierende Männer! Das war nie ihr Geschmack gewesen. Der Inspektor da oben auf dem Bock fror nicht; der saß so ruhig und gerade in seinem Lodenjackett, und der weiße Kragen leuchtete über dem schlanken, kräftigen Rücken. Sie beide froren nicht... Der gleichmäßige Trab der Tiere, das Schwanken der Federn machten die Insassen allmählich müde. Die Gräfin gähnte, der Graf sank in sich zusammen. Auch Modeste fing an zu blinzeln. Wie im Traum glitt ihr die Gegend vorüber – gelbe Stoppelfelder, schwarze Brachen, Kartoffelland mit dürrem, herbe duftendem Kraut. Ein schiefer Mond lag darüber. Zuweilen sprang der Umriß eines schlafenden Hauses scharf hervor, ein einsamer Baum schüttelte sich schlaftrunken. Oder eine weidende Kuh hob sich von dem tiefen, grauen Horizont groß und unbestimmt wie ein Schemen ab. Eine Postkutsche kam vorüber mit zwei elenden trottenden Schimmeln und einem nickenden Postillion. Modeste hatte das helle Licht schon lange vor sich herschwanken gesehen und schläfrig gegrübelt, ob es ein Stern oder ein Irrlicht sei. Jetzt, da sie es wußte, schloß sie befriedigt die Augen. Wenn sie aber durch tote Dörfer fuhren – das Rollen des Wagens klang dann hohler zwischen den Gebäuden, und der dumpfe Anschlag von Hofhunden wurde laut –, rieb sie sich das verschlafene Gesicht und suchte die Gegend zu erkennen. Dann war sie auf Augenblicke ganz wach und ihr Blick von häßlicher Nüchternheit. Der Graf war noch tiefer zusammengesunken und fröstelte im Schlaf – aber der schlanke, kräftige Rücken vor ihr auf dem Bock blieb immer gleich gerade und unbeweglich ... Sie kamen durch ein halbes Dutzend Dörfer. Und immer wieder fuhr Modeste auf, und immer wieder sah sie dasselbe Bild: immer zusammengesunkener der eine, immer gerader der andre. Sie war zu träge, um darüber bestimmte Gedanken zu haben, sie fühlte leisen Ekel und matte Bewunderung zugleich ... Warum mußte der eine Graf sein und der andre Inspektor? – Umgekehrt wäre so viel natürlicher gewesen ... Das flog ihr aber nur so vorüber wie im Traum.

Die gaukelnden Bilder wollten in einem ruhigen Schlaf verrinnen – da wurden die Pferde plötzlich unruhig und schnaubten. Ein andres Gefährt mußte dicht hinter ihnen sein. Gleich darauf auch ein kurzes Peitschenknallen, um zu avertieren. Der Lindtsche Kutscher ruckte an den Leinen und lenkte nach rechts, den Ungeduldigen vorüberzulassen. Modeste bog sich neugierig aus dem Wagen. – Es war ein ihr wohlbekanntes Gefährt. Hoher grüner Jagdwagen, zwei weitausgreifende Trakehner Rappen davor. Der Herr fuhr selbst. Hinten eine kohlschwarze Livree mit hohem Kokardenhut. Die Arme über der Brust gekreuzt. Sie jagten vorüber – es war nur ein Moment – grußlos der Herr, unbeweglich der Kutscher. Modeste wollte sich über die Unhöflichen ärgern. Ja, das war er – an jedem Bekannten vorbei, Kopf geradeaus, die Peitsche hoch, wie es eben seine Laune war! Aber gerade diese Rücksichtslosigkeit imponierte ihr heimlich.

Auch die Gräflichkeiten wurden halb wach. »Wer war das, Erika? – Wohl kein Bekannter von euch? Sonst wäre er doch nicht so unhöflich vorübergerast. Sahst du vielleicht, Modeste? ...«

Modeste schwieg, als wenn sie schliefe. Dabei sah sie auf einmal völlig frisch geworden mit leuchtenden Augen ins Weite. Was sie heute während der ganzen Fahrt über ihre Zukunft phantasiert hatte, verdichtete sich hier im Moment zu einem sehr verständigen Entschluß. Wozu in die Ferne schweifen? – Sie hatte in dem unhöflichen Herrn ihren Zukünftigen erkannt. Da war die Legitimität und auch noch Jugend – von beiden genug, um sie glücklich zu machen. Die distinguierteste Livree und die rassigsten Fahrpferde, soweit ihr Landverkehr reichte ... Daß sie an den Mann nie ernstlich gedacht hatte! Freilich, sie kannte von ihm eigentlich nur die langen Nägel und den launenhaften Hochmut. Wer aber kannte eigentlich mehr von ihm? – Niemand. Er war ihnen allen in der Gegend ein Fremder. Jetzt wollte Modeste ihn besser kennen lernen. Und sie murmelte zwischen den zusammengepreßten Zähnen seinen Namen:

»Xaver Kajetan Falkner von Öd, Freier Panierherr zu Eyselin!« Sonst hatte es ihr immer unheimlich fremd und vornehm geklungen – es lag am Mann. Jetzt klang es ihr plötzlich so vertraut, als hieße sie selbst schon so. Als das schwere Massiv des Ordensschlosses aus der uferlosen Ebene hervortauchte, winkte sie grüßend mit den Augen hinüber. Sie hatte sich in der ganzen Zeit weder nach Vater noch Mutter noch Schwester gesehnt – aber heute liebte sie die Heimat wirklich, weil die ihr ja das legitime Glück bringen sollte. Der Wagen fuhr in den Schloßhof. Dumpf und feudal dröhnten die alten Mauern den Hufschlag zurück ... Modeste wußte, was sie wollte. Der Inspektor war ihr völlig entschwunden. Sie sah ihn eigentlich erst wieder, als er behende vom Bock herabsprang, den Damen aus dem Wagen zu helfen. Der Graf war ganz steif geworden und fror noch immer. Was interessierten sie die beiden Männer? ... Gar nicht!

Sie überlegte jetzt, ob der Auserwählte Dienstag zur Hühnerjagd kommen würde – er war gar nicht Jäger. Oder dann wenigstens zum Diner – eingeladen war er sicher... Noch beim Auskleiden murmelte sie vor sich hin:

»Modeste Freifrau von Öd!« Sie tat es sehr vorsichtig. Denn die Schwester Frida beobachtete von ihrem Bett aus argwöhnisch die Jüngere, der die ermüdende Nachtfahrt so frische Wangen und so blanke Augen gemacht hatte.

2

Die Jagdgesellschaft war gleich nach Tisch vorgefahren – vorläufig nur die Jäger mit ihren Hühnerhunden, riesigen Flintenfutteralen und kleinen Koffern zur Dinertoilette. Modeste überließ den Empfang gern den Schwestern. Herr von Falkner hatte auch zugesagt für den Abend. Seiner war man jedoch nie sicher. Der reitende Bote mit der Absage im letzten Augenblick galt als seine Spezialität. Modeste, obgleich sie unerträgliche Migräne gehabt hatte und zur großen Freude ihrer Schwester Frida nicht einmal zum Festessen erwartet wurde, schlich dennoch um vier Uhr aus ihrem Turmzimmer ins Freie hinunter.

Der Nachmittag war klar, kühl, die Luft so durchsichtig, daß man den Kirchturm der fernen Kreisstadt deutlich erkennen konnte. Im Park sanken die ersten bunten Blätter leise raschelnd auf die frisch geharkten Kieswege. Von Zeit zu Zeit klangen Schüsse, aber sehr ferne – die Jäger hatten wohl ein dezimiertes Volk bis an die äußerste Gutsgrenze verfolgt. Modeste, noch im Morgenkostüm, mied die breite Lindenallee, wo auf grüner Bank die hellen Sommerblusen ihrer Schwestern leuchteten. Sie gingen hinaus aufs Feld. Was sie während jener Nachtfahrt in Herzensangelegenheiten beschlossen, kam ihr heute kindisch und übereilt vor. Ihre Vorstellung sah den Auserwählten nur unklar. Dennoch erwartete sie sein Kommen mit nervöser Spannung.

Schloß Barginnen lag stumm und mittelalterlich im scharfen Herbstlicht. Ein schwerer, alter Backsteinbau mit zwei jäh vorspringenden Flügeln, der linke von einem eckigen Burgfried gekrönt. Hohe Stockwerke, aber häßlich niedrige Fenster. Die Vorfahrt ein tiefes Mauertor, in dem die Steintreppe zur Wohnung emporführte. Ringsum der Park, nicht groß, aber uralte Föhren drin, die bis zum Burgfried emporragten. Auch Rasenplätze mit spärlichen Blumenbeeten, verschlungene Wege – die dunkle Allee mächtiger Linden führte von der nahen Chaussee bis zum Schloß. Die Wirtschaftsgebäude lagen abseits, hinter einem Wäldchen schlanker, weißer Birken versteckt. Unregelmäßige alte Gebäude aus Feldsteinen aufgemauert, mit kleinen Luken und Schindeldach. Aber in unheimlicher Länge und Mächtigkeit dehnten sich die Scheunen aus geflicktem Holz. Noch weiter drüben begannen die Insthäuser – Lehmbaracken, verwahrlost, schmutzig, wie es Litauer Art. Hühner gackerten da, und angepflöckte Schweine grunzten. Modeste kehrte um, weil der Geruch von Jauche und Vieh aufdringlich und gemein heranzog.

Am Birkenwäldchen lag auch die Inspektorwohnung – ein kleiner weiß getünchter Bau. Die niedrig gelegenen Fenster des Wohnzimmers waren weit geöffnet. Modeste schaute keck hinein. Herr Romeit war wahrscheinlich nicht zu Hause. Aber wenn auch – sie hatte die naive Herrenüberzeugung, daß Inspektoren doch eine andre Art Menschen seien, deren Negligé ihr nicht einmal peinlich sein konnte. Auf dem plumpen Schreibtisch erblickte sie ein aufgeschlagenes Buch: »Der Tierarzt fürs Land«. Daneben lag ein halb aufgerolltes Bandmaß – in der Pferdegegend ein unbedingt nötiges Requisit. Im Hintergrunde das steinharte Wachstuchsofa und fichtene Stühle – auf einem ein halb geleertes Glas Buttermilch ... Unter solch lastender Balkendecke, in einer Atmosphäre von Kalkdunst und Stiefeltran hausten diese Leute jahrelang. Der Hofmann mit dem klappernden Schlüsselbund der erste Morgengast – dann Knechte, die den Ziehschein wollten, oder klatschende Instweiber – wohl auch ein hübsches Scharwerkmädchen zuweilen, die, wenn sie in die Backen gekniffen wurde, dazu lachte. Und was für Düfte mitzogen von Stall und Schweiß und schmutzigen Körpern! Ob solche Menschen in solcher Umgebung auch einmal die Liebe überfallen konnte – die echte, die immer Verschwendung ist und von der nur die Dichter wissen?...

Modeste mußte bei diesem Gedanken lächeln. – Liebe? – Sie hatte ja selbst keine Ahnung von dem Gefühl. Und eigentlich sollte sie das mit neunzehn Jahren doch schon durchgemacht haben. ›Liebe – Liebe‹ ... Und sie dachte an die Sperlinge, die liebestoll in den Dachrinnen piepsten, an die gurrenden Tauben im Wald, an die plumpen Schäkereien in der Küche, die sie zuweilen belauscht hatte. Das verstand sie alles gar wohl. Das waren die Sinne, der Trieb. – Aber das große Gefühl? – Wer besaß es? – Besaß es überhaupt einer? ... Und dabei war sie sich darüber ganz klar, daß Naturen wie die ihre eigentlich nur des Triebes fähig waren und wohl daran taten, wenn sie den in der Konvenienz der Ehe vernünftig verrinnen ließen. Dennoch bäumte sich in ihr etwas gegen diese Konvenienz auf – selbst wenn diese Konvenienz Xaver Kajetan Falkner von Öd hieß und noch Jugend genug besaß zur Liebe... Modeste wurde nachdenklich. Vermochte sie denn überhaupt irgend etwas auf dieser Welt mit dem uneigennützigen, starken Gefühle zu lieben – oder kam das bei ihrer Sorte erst mit dem Kinde?...

Sie war weit ins Feld gegangen, während sie so träumte, und ohne es zu wollen, den Jägern nach. Die Herren sah sie wohl. Aber sie waren noch viel zu weit zum Gruß. Sie blickte ihnen nach, wie sie über die Stoppel schritten hinter den wedelnden Hunden. Die Jagd interessierte sie wenig. Dennoch blieb sie stehen... Aber es ereignete sich nichts. Und als sie so die blassen Augen über die uferlose Ebene hinschweifen ließ – nichts als gelbe Stoppel und helle Wiesenflecken und welkendes Rübenkraut, weiter hinten die dunkle Linie der Staatswaldung – da wußte sie, daß sie doch etwas liebte. Das war eben diese uferlose Ebene, wo das Auge müde wurde vom Schauen über fahle, weite Herbstflächen, oder sich ängstlich an jeden Baum klammerte, an jedes kümmerliche Gebüsch. Den Fetzen Eichenwald, der sich im Osten fast heimtückisch heranschob, bis fast ans Gut, begrüßte sie wie eine Oase... Und gerade die Ebene, wie sie jetzt war, so groß, so starr, so schwer, liebte sie. Sie liebte sie mehr als Wald und Schloß, weil sie ihr doch eigentlich Heimat war, Jugend, weil mit jedem einsamen Haus, jedem Baum, jeder Gebüschgruppe sie irgendeine Erinnerung verband, nach der sie sich auch in der Fremde sehnte, wie nach etwas Lebendigem. Das Gefühl war Modeste nicht immer da. Wo Vergnügen winkte, schwand es sofort. Im Winter haßte sie sogar diese tote, riesige Schneefläche, über welche die Raben mit lautem Flügelschlage dahinzogen. Aber heute war es stärker als je, weil sie ihre Erinnerungen in Rußland so lange und so nutzlos entbehrt.

Die Jagd kam näher. Ihr scharfes Auge unterschied den einzelnen genau. Die Herren waren wohl schon etwas müde und schritten langsam, die gespannte Flinte unter dem Arm. Den Graf-Schwager vorne sah sie am deutlichsten. Er ging auf so aristokratisch ausgemergelten Beinen, und mißvergnügt ging er auch. Ja, ein Aristokrat war er, aber ein sehr matter!... Zuweilen standen die Hunde – die Herren hielten bewegungslos. Dann ging das Rebhühnervolk in schnarrendem Fluge auf, rasche Schüsse krachten, und schwer flatternde Vögel fielen herunter...

»Such!... Apporte! ...« Die Herren waren jetzt so beschäftigt, daß sie Modeste im Eifer gar nicht bemerkten. Nur einer, der ganz hinten ging und scheinbar selten zu Schuß kam, zog die Mütze. Es war Herr Romeit. Er war der frischeste von allen, und Modeste fand seinen federnden Schritt für einen Inspektor fast zu elastisch. Wenn er auch eine andre Menschensorte repräsentierte, etwas war doch dran – der Mann.

Auf dem Rückwege begegnete sie in der Lindenallee den Schwestern – die Gräfin faul, Frida pikiert über die gesund gewordene Modeste. Auch sie war der blaßblonde Lindt-Typus, aber die zehn Jahre mehr markierten sich häßlich scharf neben Modestes Jugend. Die Schwestern wußten das beide.

»Na, du bist ja schnell wieder gesund geworden, Modeste... Wenn's Vergnügen gibt...«

»Ja, wahrscheinlich, Frida! In meinem Alter überwindet man so etwas noch schnell.«

»Dummes Ding!«

»Was hast du eigentlich, Frida? Bist du zufällig verrückt geworden?...«

»Ach, du weißt ganz genau...«

Modeste wußte allerdings ganz genau. Die leiseste Anspielung auf das Alter traf da drüben wie ein giftiger Pfeil. Die ältere Schwester zuckte stets dabei zusammen – und eine ganze, lange, traurige Geschichte lag darin, von getäuschter Hoffnung, siechem Ehrgeiz. Seit neben der welkenden die knospende Jugend emporwuchs, brannte dieser heimliche Zwist. Die Jüngere hatte längst und lächelnd begriffen. Und mit der kleinen Grausamkeit ihres Geschlechtes und ihrer Jahre schnellte sie den Pfeil oft und unnötig. Zuweilen tat's ihr leid, sie wollte begütigen, aber gerade dabei bäumte sich der andern Stolz zischend wie eine Natter auf. Modeste zuckte die Achseln. Wenn Frida den Krieg absolut wollte – um so besser... Aus weichem Holz war keine Lindt! Darum hatte sie stets ein herausforderndes Lächeln parat. Auch heut. Es war ein böses Lächeln.

So gingen die Frauen schweigend weiter durch den Lindengang bis zur Chaussee. Wo, zwischen gelber Stoppel und welkendem Kartoffelkraut, der schmale Streifen Eichenwald sich herüberreckte wie ein dunkler Arm, lag in der Ferne ein Gut. Ziegeldächer leuchteten, die weiße Front eines Herrenhauses ragte aus herbstlichem Grün. Man sah selten so klar wie heute.

Gräfin Erika hob das Stiellorgnon: »Das ist doch Eyselin?« lispelte sie.

Die Schwestern nickten.

»Wer hat es jetzt eigentlich?«

Sie waren alle stehengeblieben und schauten hinüber.

»Der Falkner ... Du weißt doch ...« antwortete Frida endlich.

Aber der älteren Schwester schien die Gräflichkeit starke Verheerungen im Gehirn angerichtet zu haben. Sie lächelte und schüttelte das schlecht frisierte Haupt... »Falkner – Herr Falkner – das könnt ihr wirklich nicht verlangen!«

»Aber Erika – er heißt doch Falkner von Öd, Freier Panierherr zu Eyselin!«

»Ach so! ... Ach so!« ... Das gräfliche Gedächtnis stärkte sich rasch. »Ja, natürlich!... Ihr habt mir ja von ihm geschrieben... Wie ist er eigentlich? Erzähle doch lieber von vorn.«

Frida berichtete, was sie wußte: früher Gardekavallerist in Potsdam – dann Weltbummler – jetzt Majoratsherr auf Eyselin. Sechsunddreißig Jahre alt, unverheiratet. Besondere Merkmale: hochmütig und unbeliebt. Das klang wie die Personalien eines Reisepasses.

Die Gräfin wurde trotzdem warm: »Aber Eyselin ist ein Riesengut, und der alte Baron muß doch viel Privatvermögen hinterlassen haben... Ich habe gar nicht geahnt, daß der noch irgendeinen Verwandten hatte.«

»Der Onkel und der Neffe sollen sich auch kindisch geliebt haben!« kommentierte Frida hämisch.

»Das ist ja nebensächlich,« fuhr die Gräfin fort... »Aber Kinder, das ist doch 'ne Partie, 'ne großartige Partie!« ... Sie lispelte ganz begeistert.

Frida kniff die blassen Augen zusammen. »Hier ist man andrer Ansicht. Er paßt der Gegend nicht!«

Modeste, die scheinbar interesselos mit dem Absatz allegorische Figuren in den Chausseestaub gezeichnet hatte, wandte sich jäh um. »Sag lieber: die Gegend paßt ihm nicht!« korrigierte sie scharf.

Darauf Schweigen.

Die Gräfin-Schwester hob noch einmal das Lorgnon, schaute lange und seufzte leicht. Dann gingen sie alle zurück und plauderten Gleichgültiges. Im Schloßportal zögerte die Gräfin einen Moment, lächelte fein und faßte Frida zärtlich um die Taille: »Komm noch einmal in den Garten! Ich habe dir etwas zu sagen.«

Modeste sah ihnen nach. Sie begriff. Und halblaut murmelte sie: »Wenn ihr mich für so dumm haltet!...« – Sie wußte, daß ein Eheprojekt im Werden, und sie hatte nicht übel Lust, den Schwestern nachzurufen: »Der Jakob wird sich für die Lea schönstens bedanken!« – Daß sie die Rahel der Familie, war ihr gewiß.

Modeste ging hinauf ins Turmzimmer, um sich anzuziehen. Dort hausten die Schwestern. Ein großer, dumpfiger Raum mit kleinen Fenstern. Es roch nach Mandelkleie und Patschuli, und ein leichter Moderhauch schwebte über allem. Modestes Toilette dauerte nie lange. Der Lackschuh – das Atlaskorsett – die paar leichten Striche mit der Brennschere – das Kostüm rasch übergestreift. Und was sie dann im hohen Stehspiegel sah, war immer hübsch. Es lag an der frischen Jugend, den schlanken Formen... Heute ging es langsam. Sie saß lange vor dem Spiegel. Das tat sie überhaupt gern, sich am eignen Reiz eitel zu sonnen. Auch Gedanken zogen mit... Warum man sie hier oben eigentlich beide zusammenpferchte – sie, die nichts verband? Natürlich der Geiz, weil man im Winter kein unnötiges Zimmer heizen wollte. Töricht! – Für ein Fuder Holz ein Leben voll Qual, Neid, Schadenfreude. Zwei Pferde zusammengespannt, die nicht zusammengehörten – ein junger, schöner Renner neben einem alten, nervösen Gaul. Modeste dachte das Oftgedachte: Warum haßten sie sich eigentlich? Aber Grübeln lag nicht in ihrer Natur. Der Haß war ja auch schon so alt!... Nur das eine fühlte sie heute stärker als sonst: Los! Heraus! Sie sehnte sich aus der dumpfen Enge in frische Weiten. Die Fenster waren geöffnet, müde Sonnenlichter spielten, die Fichtenkronen nickten, der Herbsthauch rieselte ins Gemach mit schwerer Kühle, fauligem Duft. Wie gestern auf dem Strom wollte sie diese Herbststimmung einspinnen, aber ihre Jugend hob sich dagegen. Sie wollte nicht verkommen in diesem ewigen, trostlosen Herbst des Schlosses. Sie stand auf. Frida kam noch immer nicht... Wenn der jetzt Erika das unfehlbare Rezept mitteilte zum Männerfang? ... Ob es überhaupt eins gab? ... Dann lächelte Modeste. Sie ging gerade am Spiegel vorbei. Und halb bekleidet, wie sie war, hob sie lässig die weißen, schlanken Arme, streichelte liebevoll den vollen Hals, den Nacken... Arme Frida! – Wenn ich will – wenn ich ernstlich will, wo bleibst du!...

Und die Schwester mit ihrer welken Jugend tat ihr nicht leid. Ein Windhauch zog herein. Das Blondhaar zitterte, über den Nacken rann's kühl. Da wurde sie plötzlich mutlos. Was hat's eigentlich für einen Sinn, mit all dem Reiz der Jugend, suchen zu gehen, statt gesucht zu werden? – Und warum jetzt gerade und diesen hochmütigen Falkner von Öd, den niemand kannte? Was reizte sie an ihm eigentlich? ... So dumm! – Ihr war ganz klar, daß sie nicht einen Schatten von Zuneigung für diesen Fremden empfand – nur kindische Eitelkeit, leerer Hochmut... Und dennoch – sie wollte ihn, sie wollte ihn ganz gewiß! Dabei kroch ihr ein Grauen über den Körper, ein Ahnen, daß mit diesem häßlichen Begehren sich ihr Schicksalsfaden zog – unsichtbar unzerreißbar. Es war ein eigen Gefühl.

Im Zimmer unten wurde es laut. Die Jäger zogen sich dort zum Diner um. Modeste lehnte sich neugierig aus dem Fenster, zu horchen. Halblautes Gespräch – das Glitschen der Seife – ein wiehernd belachter Witz. Sie wußte, wie Herren bei der Jagdtoilette sich unterhalten. Einer guckte jetzt heraus und hinauf zu ihr – ein häßlicher Graubart, eine stumpfe Glatze. Modeste fuhr rasch zurück. Er mußte ihre nackten Arme gesehen haben. Das war ihr eine widerliche Empfindung. Frida kam noch immer nicht. Modeste zog sich rasch an – das schwarze, hochgeschlossene Moireekleid.

War es ungewisse Scham, ein keusches Fühlen? Oder lehnte sich ihre Jugend auf gegen eine häßliche Schau ihrer Reize, einen unwürdigen Markt, dem sie dennoch entgegenging?

Modeste stieg hinunter. Auf der Treppe begegnete sie Frida. Die blieb verwundert stehen und sagte: »Ganz schwarz? Trauerst du um einen verflossenen Liebhaber?«

Modeste zuckte geringschätzig die Achsel: »Das tätest besser du, um einen nie vorhandenen.«

Und sie lachten beide hell und höhnisch auf. So verkehrten sie immer.

Auf dem riesigen Fliesenflur mit dem Kalkdunst und den Prunkschränken liefen geschäftig die Mädchen umher. Die Türen zum Speisesaal standen offen. Eine lange, weiße, nüchterne Tafel, die Stühle steif, die Herbstblumen in der Jardiniere trist. Herr Lindt klapperte mit Weinflaschen, und seine Gattin prüfte, den Kneifer auf der Nase, die Tischkarten und rückte hier und da einen Stuhl zurecht. Modeste schaute neugierig ins Zimmer. Sie hatte Feste gern, sie liebte Glanz, Fröhlichkeit, Wärme. Aber sie wandte sich sofort enttäuscht ab. Barginner Feste! – Über denen lag immer etwas von Kühle und Geschäft. Doch es paßte zu Lindts, vor allem zu den Eltern. Er: ein schlanker, steifer Sechziger, glatt rasiert, ohne Runzeln, mit kleinen stechenden Augen – am Gehrock das Ordensband. Sie: klein, zierlich, ganz grau, mit anmutigen Bewegungen, mit einem ruhigen Lächeln. Sie lebten beide sehr glücklich – zwei magere, würdige Menschen, korrekt, geizig, ohne Herz. Modeste trat zu ihnen, auch kühl, auch lächelnd. Der Vater sah von einer Weinetikette auf und nickte. Die Mutter sagte halblaut: »Leutnant von Häwel führt dich. Es ist dir doch recht, Modeste?« – Sie antwortete rasch: »Aber natürlich, Mama« – und schielte nach Fridas Platz, wo für Herrn von Falkner gedeckt war. Sie waren also auch im Komplott, die Eltern.

Dann ging sie wieder. Die Alten sahen ihr nach, wie die schlanke, schöne Gestalt lässig über den dämmerigen Flur schritt zu den Gesellschaftsgemächern hinüber. Es war eine große Flucht weiter, niedriger Räume; die Einrichtung etwas dürftig, mit dem leichten Moderparfüm eines alten Schlosses. Gewissermaßen die gute Stube des Bürgers ins Herrenhaus getragen. Ein glücklicher Einfall. Der Geiz hatte hier die Lindts vor der Protzerei bewahrt. Modeste liebte diese Zimmer nicht – so ohne Eigenart, ohne Gemütlichkeit, nur die Luft schwer und feudal. Im letzten blieb sie. Es war ein Eckgemach, hell, klein; durch die Lindenallee des Parkes schaute die weite, östliche Ebene hinein. Früher Erikas Boudoir, mit roten Plüschsesseln, einer gebrannten Truhe und einem wackligen Mahagonischreibtisch; an der Wand Photographien, auf einem Bücherbrett ungefährliche Klassiker, wie aus Zufall der Grafenkalender dazwischen. Es war die Familienbibel der Lindts. Modeste lächelte und nahm das dicke kleine zerlesene Buch. Diesmal blätterte sie nicht nach Axsils. Der gräfliche Ast der Falkner von Öd interessierte sie mehr. – Ein absterbend Geschlecht mit seltsamen Vornamen, die Töchter Klosterfrauen im Münsterland, der junge Majoratsherr der einzige Mann, aber unvermählt. Darunter die Notiz: Über den älteren Ast siehe im freiherrlichen Kalender 1893... Das freiherrliche Taschenbuch gab's bei Lindts freilich nicht. Modeste fühlte den Hohn. – Es rann ihr warm über den Rücken. Nicht etwa Scham. Von der Lindenallee klang nämlich das Rollen eines herrschaftlichen Wagens. Er! – Und eine trunkene Freude überkam sie plötzlich... Wenn sie nun gefiele ... und wenn ... und wenn ... Modeste Falkner von Öd, Freie Panierherrin zu Eyselin! –

Und hier auf demselben Fleck wollte sie stehen mit Erika und Frida und ihnen klarmachen, daß der freiherrliche Ast der Falkner von Oed älter und vornehmer als jeder gräfliche... Das Rollen klang näher.

3

Sie hatte das Gefühl: »er« müsse es sein. Sie stand auf. – Ein Mietswagen mit mageren Kleppern. Der weiße Mützenstreif der 25. Dragoner leuchtete aus dem Fond. Es war wahrlich zum Lachen! – Der dicke Major und Bezirkskommandeur, der grundsätzlich nur zum Schüsseltreiben kam, und von dem Modeste in übermütiger Laune einmal gesagt hatte: sie könne nie begreifen, daß er unverheiratet sei, denn er beanspruche doch überall den Raum einer größeren Familie. In der Tat hatte der Brave nur eine Geliebte, die Uniform seines Regiments – und der war er treu.

Modeste ging sofort zum Fauteuil zurück. Wenn Träume in der Wirklichkeit so ausschauen! – Es kamen noch andre Wagen. Sie aber schaute geflissentlich nicht mehr auf, obgleich es nur einer leichten Biegung des hübschen blonden Kopfes bedurft hätte. Sie blieb lieber gedankenlos sitzen, während sich die Gesellschaftszimmer nebenan schon füllten. Sprechen, Lachen, ein klirrender Sporn. Sie wäre am liebsten so den ganzen Abend geblieben – träge, stumm, vergessen. Es war wohl der Herbst, das dumpfe, schwere Rieseln, das sie umfing mit müder Dämmerpoesie.

Draußen stieg der Mond auf. Sein Gespensterlicht kroch durchs Zimmer. Sie hielt einen Augenblick die Hände vor die Augen. Sie taten ihr weh. – Als sie die Hände wegnahm, hing der Mondschein gerade weich blinkend auf einem Bild. Eine Photographie, eine verblaßte, alte in einer verlorenen Ecke. Das Bild starrte so tot und doch so hell, daß Modeste es ansehen mußte. Sie kannte es nur zu gut und verachtete es nur zu sehr. Aber es hatte seine Geschichte. An diese Geschichte mußte sie denken... Ein schöner, regelmäßiger Frauenkopf, die roten Lippen weich, wie geöffnet zum Kuß, aber die Augen groß und tief. Ein Bild, bei dem man nach dem Original fragt. Aber die Lindts fragten danach nie. Es war die Schwester ihres Vaters, als junge Frau dem Manne, den Kindern davongegangen, ohne Reue, ohne Scham, der Liebe folgend, die sie bei Nacht und Nebel aus dem Hause trieb – verdorben – gestorben später, man wußte nicht einmal, ob in einem Bett oder auf Stroh. Lindts war diese Frau wie der Fleck auf der Ehr'!... Aber als Modeste so hinstarrte, widerwillig, mit gefalteter Stirn und zusammengekniffenen Augen, da senkte sich der tiefe, leidenschaftliche Blick der Verfemten in den ihren und gleißte in eisiger Verachtung. Und Modeste fühlte, wie diese Augen langsam Macht über sie gewannen, sie zwangen, besiegten... Strahlte ihr da von der Sünde das große einzige Gefühl entgegen, die Liebe, die keine Moral kennt, weil sie die Moral selbst ist? Oder wollten sie diese Augen nur warnen vor einem ganzen Schicksal, das die halben Menschen niemals zu tragen vermögen? – Das Bild verblaßte. Der Mond war höher gestiegen.

Modeste stand auf. Sie lächelte hochmütig: »Schicksal? Was ist Schicksal? Man liest davon in Büchern – und es sind allemal Toren.« ... Ein Tor aber war der Stern von Barginnen wahrhaftig nicht...

Sie ging sehr ruhig in den Salon hinüber. Das künstliche Licht floß ihr entgegen – ihr Licht.

Die Gesellschaft war bereits versammelt. Bis auf die Lindtschen Damen nur Herren. Modeste trat unter sie wie immer, keck, sicher, elegant – freudig empfangen als die junge Königin dieses alten Schlosses. Sie streckte in lässiger Kameradschaft allen die Hand hin. Den alten Herrn, der diese Hand küssen wollte, zwang sie fast aufs Knie und lächelte dazu.

»Wird bald gegessen?« fragte sie kurz.

»Es wird schon gemeldet werden, liebes Kind!« verwies der alte Lindt würdevoll. Sie sah sich im Kreise um. »Ach, ihr erwartet noch jemand!«

»Allerdings, liebes Kind!«

»Na, auf den Falkner von Öd könnt ihr noch lange warten, lieber Papa!«

»Und werden auch warten, liebes Kind!«

»Ich hätte lieber nicht gewartet.« Sie zuckte gleichgültig die Achseln. Dann setzte sie sich auf einen Hocker und zupfte die Fransen der Tischdecke zurecht.

Ihr Tischherr, der Leutnant von Häwel, gesellte sich zu ihr. »Ich werde den Vorzug haben, gnädiges Fräulein.«

»Ich wünschte, den hätten Sie schon jetzt!« – Als der junge hübsche Herr, den sie noch als großen Jungen kannte und an dem ihr eigentlich nichts interessant war wie ein falscher Augenzahn, der mit zu seiner Offiziersequipierung gehört hatte – sich mit einer liebenswürdigen Eloge tiefer zu ihr beugte, sagte sie gelangweilt: »Ich habe Hunger, reellen Hunger, Herr von Häwel! Den möchte ich mir nicht mit Süßigkeiten vorher verderben.«

Herr von Häwel trat darauf steif zurück: »Bitte untertänigst um Verzeihung, gnädiges Fräulein.«

Modeste aber zupfte ihre Fransen ruhig weiter.

Die Gräfin Axsil spielte unterdessen auf ihrem Sofaplatz mit dem Stiellorgnon, die Mutter Lindt lächelte verbindlich, der alte Knochenmehlhändler aber ging mit der Uhr ungeduldig auf und ab. Frida schielte nach der Tür. Indessen standen die andern Herren im Halbkreis umher – eine lebhafte Debatte, der Graf Axsil mit höflicher Interesselosigkeit folgte.

Es waren ungefähr ein halbes Dutzend Herren: der Bezirkskommandeur, dann Herr von Roden, ein alter wackliger Edelmann mit einem töricht gutmütigen Vogelgesicht, bekannt unter dem Spitznamen: die siebenzinkige Ahnensuse. Unzählige törichte Geschichten von ihm kursierten. Vor allem ein Depeschenwechsel mit dem Kreiswundarzt: »Knecht das Bein gebrochen. Was tun?« – Der Arzt depeschierte zurück: »Wo Bein gebrochen?« – Darauf die Ahnensuse prompt: »Direkt hinter dem Schafstall.« – Modeste konnte sich seitdem keinen Schafstall mehr ohne Herrn von Roden vorstellen.

Weiter ein adeliger Gutsbesitzer aus dem Mecklenburgischen, sehr behäbig, sehr liebenswürdig, ein früher erfolgreicher Kurmacher der Gräfin Axsil... Außerdem die drei Kletteraffen – Herr von Falkner sollte sie so getauft haben. Der schwarze Barbarossa: vom jüngsten Adel, schöner Mann. – Die »Wühlmaus«, klein und rasch, mit den aufgesträubten Schnurrhaaren und den Augen eines Nagers. – Die »Ziege«, so genannt, weil sie beim Lachen meckerte. Alle drei vorzügliche Landwirte, wohlhabend, ehrgeizig, an der gesellschaftlichen Kletterstange hängend wie die Affen und fest entschlossen, die höchsten Ehren zu erringen. Bei Lindts standen gerade sie im wohlverdienten Ansehen. Der alte Ehrenmann vom Rhein war selbst viel zu sehr Parvenü, um nicht wie sie die willige Wetterfahne für jeden Wind von oben zu sein.

Dann ein bekannter Viehzüchter, krummer Riese, gutmütig, von schlechten Manieren; aber selbst durch den dichtesten Weinnebel hindurch sahen diese verschwommenen Trinkeraugen den geringsten Fehler an Kalb oder Stier. Sein Freund, ein Herr Eller, kleiner grauhaariger Gutsbesitzer mit schlauen Augen und beißendem Witz, der in dieser Gesellschaft wohl nur deswegen so wohl gelitten war, weil er so wenig zu ihr gehörte. Modeste kannte ihn von Kind auf und liebte ihn sehr.

Ein dicker Referendar und der bürgerliche Bezirksadjutant waren Modeste höchst gleichgültige Zugvögel.

»Aber Herr von Roden,« sagte der dicke Referendar eben, »warum in aller Welt sollen denn eigentlich die Reserveoffiziere bei den Leibkürassieren weniger vornehm sein als bei den Königshusaren? Vielleicht weil Bülow da steht? Bülows gibt's wie Sand am Meer!«

Der alte Edelmann lächelte. »Rangliste!«

Graf Axsil reichte höflich den etwas abgegriffenen Band herüber: »Bitte!«

Die siebenzinkige Ahnensuse setzte umständlich den Klemmer auf. »Sehen Sie, Herr Referendarius: von – von – Graf ... selbstverständlich...« Darauf legte er den Klemmer kopfschüttelnd beiseite: »Augen werden wirklich schwach.«

Der dicke Referendar bemächtigte sich des Bandes und rief sofort triumphierend: »Aselmeyer steht da, einfach Aselmeyer!«

»Ja, stimmt, Aselmeyer, einfach Aselmeyer!« ... bestätigte Herr von Roden. »Aber das ist ja auch ganz nebensächlich, nicht wahr, meine Herren?«

Die drei Kletteraffen nickten stumm, der dicke Referendar aber sagte revolutionär: »I wo nebensächlich!« –

Da klopfte ihm der alte Eiler freundlich auf die Schulter und sagte im breitesten Litauisch: »Ja, lieber Freund, da kennen Sie unsern Herrn Baron hier ganz richtig. Dem ist das gar nicht egal – im Gegenteil! Der fragt später noch mal im Himmel die sämtlichen Erzengel nach ihrem Stammbaum... Das muß auch so sein!« ... Und zu dem krummen Riesen gewendet: »Nicht wahr, Wagner, du hältst bei deinem Rindvieh doch wahrhaftig auch auf Stammbaum!«

Die Herren lachten, lächelten, schwiegen, wandten sich ab. Herr von Roden aber sah sich töricht im Kreise um und lächelte mit.

Modeste hatte am lautesten gelacht und am schnellsten aufgehört. Sie liebte die derbe litauische Art sehr. Aber wie sie so über die ganze Gesellschaft hinsah mit dem hellen, scharfen Blick, dem jede Gutmütigkeit fehlte, da zuckte sie plötzlich innerlich zusammen. Sie durfte den Adel nicht verlachen – sie nicht! – Dabei fragte sich der kluge Kopf zugleich: ist das hier nun eigentlich der Adel oder nur sein Phantom? – Nein, das war wahrhaftig der Adel nicht, der dieses Ordensschloß erbaut, der bei Tannenberg bis zum letzten Atemzug geblutet! Das war sein Zerrbild, diese Ahnensuse, ein Hohn auf seine Geschichte... Wenn der letzte Schloßkomtur von Barginnen jetzt hier eingetreten wäre, er hätte laut auflachen müssen über diese Epigonen, deren Blut sich verdünnt bis zur höflichen Gleichgültigkeit der Axsils, dem greisenhaften Dünkel der Rodens! – War alles Schatten geworden, wie diese Tradition selbst? Oder gab's noch das echte adlige Blut, das so gut und so blau war, daß es sich niemals mit dem brennendroten der Lindts mischen konnte? – Und sie schaute unwillkürlich nach der Tür – fast ängstlich. Wenn dieser heiß ersehnte Falkner von Öd jetzt hereintrat, und wenn er dieses blaue Blut besaß, was konnte er jemals ihr sein, was sie ihm?

Es waren unklare Gedanken, die ihr da vorüberzogen. Mädchensehnsucht nach dem Unbekannten, Mädchenscheu vor dem Unbekannten.

Der Panierherr von Eyselin kam übrigens nicht.

Herr Lindt klappte den Deckel der Remontoiruhr vorsichtig zu: »Luise, ich dächte –«

»Ja, gewiß, Fritz!«

Der als Diener frisierte Gärtner stand zwischen den Portieren der Tür unbeweglich wie eine Pagode. Frau Lindt blinzelte ihm mit den Augen zu, und der bäurische Bursche blinzelte naiv zurück.

Modeste lachte, daß ihr die Tränen in die Augen traten. »Strauß, es soll gegessen werden! Sie sollen melden!« rief sie. »Ach, Kinder, es geht doch nichts über wohlgeschulte Dienstboten!«

Die Paare ordneten sich. Die Mutter mit Herrn von Roden, die Gräfin mit dem schwarzen Barbarossa und so weiter. Frida sah sich verlegen um. Herr von Häwel zögerte absichtlich. Modeste, die das merkte und sich als star jede graziöse Ungezogenheit gestattete, rief der Schwester zu: »Ehre, wem Ehre gebührt – ich trete dir Herrn von Häwel feierlich ab. Ein kurzer Arm, ein langes Schwert... Du weißt ja.« Und noch ehe jemand diese kecke Diversion hindern konnte, ging sie rasch auf den alten Eller zu: »Kommen Sie, Ellerchen, ich engagiere Sie!... Aber Sie müssen mir dafür auch alle Neuigkeiten erzählen, die in den drei letzten Monaten in der Gegend passiert sind!«

Der kleine alte Herr schmunzelte und rieb seinen ruppigen Schnurrbart galant an Modestes Hand. »Alles, gnädiges Fräulein – ja noch mehr, wenn's möglich wäre ... Sie sind doch das reizende Marjellchen geblieben, das Sie immer waren!«

Das Essen exquisit, die Stimmung feierlich.

Modeste saß sehr weit unten und schien sehr lustig. Der Diener Strauß stieß ein Weintablett um und goß gleich darauf mit verhängnisvoller Sicherheit der Gräfin Axsil die Fischsauce in den Rückenausschnitt. Während die Dame entsetzt aufsprang und die Gesellschaft nicht recht wußte, ob sie lachen oder weinen sollte, klang die Stimme des Mecklenburgers markiert behäbig durch die bange Stille: »Meine gnädigste Frau, ich ziehe unter allen Umständen die Brust dem Beine vor.«

Der alte Eller, ein großer Vokativus, flüsterte darauf pfiffig dem krummen Riesen zu: »Nicht wahr, das kommt drauf an, Wagner?«

»Na, ob's drauf ankommt, alter Otter!« grinste der.

Als die Gräfin etwas leidend wieder erschien, hielt Herr Lindt das Sektglas bereits in der Hand: »Meine Herrschaften, es freut mich sehr, Sie hier alle so frisch und munter begrüßen zu dürfen! Zwar der Landwirtschaft geht's hundeschlecht, aber der Jagd ist's dafür um so besser gegangen. Und ob ich auch selbst nur ein alter Krippensetzer bin, der alles jüngeren Leuten überlassen muß, auf dem Hof wie auf dem Feld, so reichen meine schwachen Augen doch noch so weit, um aus der Schußliste erkennen zu können, daß fünfundneunzig Hühner zur Strecke gebracht sind. Gepudelt hat keiner. Wer den alten Rebhahn 'runtergeholt hat, weiß ich nicht, doch will ich zu des Herrn Referendars und des Herrn Leutnants Jägerehre annehmen, daß ihn der eine von rechts, der andre von links totgeschossen hat. Jagdkönig ist...« Herr Lindt suchte nach seinem Klemmer.

»Der Jagdkönig ist nicht da!« rief der Referendar.

»Aber er ist wirklich nicht da, Papa,« bemerkte halblaut der Graf.

Herr Lindt räusperte sich kräftig: »Jagdkönig ist – mein lieber Schwiegersohn, der Graf Dagobert von Axsil. Horrido!«

»Joho!«

Die Gläser klangen.

Aber Graf Axsil erhob sich gleich darauf und schlug leicht an den Kelch: »Herr Inspektor Romeit ist Erster mit zweiunddreißig Hühnern; erst viel später komme ich mit siebenundzwanzig. Da ich aber den Herrn leider nicht in unserm Kreise erblicke, denke ich in seinem Sinne und dem aller Jagdteilnehmer zu handeln, wenn ich mein Glas leere auf das Wohl der Damen und des Hauses Lindt!«

»Na, das sind Leute!« brummte der alte Eller und fuhr sich mit einer komischen Geste über den grauen Kopf. »Laden den Jagdkönig nicht mal ein!«...

Modeste, die ein sehr scharfes Ohr hatte, fragte darauf zum Vater herüber: »Warum ist Herr Romeit denn nicht hier, Papa?«

»Weil der Inspektor in die Wirtschaft gehört, liebes Kind! Wenn er nachgesehen hat, ob die Pferde auch gut abgefüttert sind und die Ställe abgeleuchtet, wird er schon kommen. Ich hab's ihm wenigstens freigestellt.«

»Aber an so 'nem Tag, Herr Lindt!« rief der alte Eller dazwischen. »Die Bullen werden doch nicht gleich krepieren, wenn Ihr Beamter eine halbe Stunde früher Feierabend macht... Junger, einfacher Mensch! Wann hat der denn sonst Gelegenheit zum Jagdkönig und zum Jagddiner?«

Darauf antwortete der alte Lindt gewichtig: »Alter Freund, wenn Sie sich Ihre Beamten für die Jagddiners halten, ich halte mir meine für die Wirtschaft.«

Der alte Eller schwieg. Die Kletteraffen lächelten verständnisinnig. Der Mecklenburger sagte: »Darf ich Ihnen das Kompott noch einmal reichen, Frau Gräfin?«

Der Graf aber hüstelte leicht. »Ich jage sonst nicht mit Inspektoren – aber wenn schon, denn schon!«

Darauf nickte Herr Lindt nochmals befriedigt. »Lieber Dagobert, das war alles reiflich überlegt. Zehn Schützen schießen eben mehr wie neun. Kaufmännisch stimmt die Rechnung auf den Punkt. Warum soll ich also den jungen Menschen, der gut schießt, nicht mitgehen lassen? ... Strauß, trippen Sie nicht immer beim Eingießen!«

Modeste sah und hörte und wußte nicht, wem recht geben. Daß Herr Romeit schlank und hübsch war, fiel bei ihr ins Gewicht – sonst empfand sie als echte Lindt. Doch ihr Nachbar schien verstimmt.

Nach einer Weile sagte der alte Eller wie von ungefähr: »Ich war übrigens auch Inspektor, gnädiges Fräulein, ehe ich die Pachtung vom Baron übernahm...«

»Aber, Ellerchen, das ist doch ganz was andres, und dann ist's doch schon so lange her!«

»Aber ich war doch Inspektor!« wiederholte er widerhaarig. »Wenn einer im Zuchthaus gesessen hat vor fünf oder fünfzig Jahren, das kommt doch auf eins heraus... Ich schätze Ihren Herrn Vater ungeheuer hoch, aber so was bost mich. Der Mensch kann doch nicht erst beim Baron anfangen!... Wissen Sie, ich habe gewiß was übrig für vornehme Leute. So 'n alter, echter Edelmann – Hut ab!... Aber da macht vorher schon der Roden die Dammeligkeit, kann Aselmeyer auf einmal nicht mehr lesen, weil kein ›von‹ davor steht – und jetzt kommt Ihr gutes Papachen... Äh! Äh!« Er schlug indigniert mit der Hand in die Luft. »Ich bin bei dem alten Baron in Eyselin in der Wirtschaft