Mood Food - Drew Ramsey - E-Book

Mood Food E-Book

Drew Ramsey

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Beschreibung

 Warum das richtige Essen für unser mentales Wohlempfinden so wichtig ist   Dieser revolutionäre  Bestseller  des  renommierten Psychiaters Drew Ramsey  erklärt , wie wir mit der richtigen Ern ä hrung  unsere Psyche und unser Gehirn maßgeblich stärken können .    Unsere g eistige Gesundheit häng t  weitaus mehr mit unserer Ernährung zusammen als bislang bekannt. Dass psychische Krankheiten in der westlichen Gesellschaft geradezu epidemisch um sich greifen, hängt auch mit der Art und Weise zusammen, wie wir uns ernähren. Oft glauben wir, uns gesund zu ernähren, vergessen dabei aber für das Gehirn wichtige Nährstoffe. Welche zwölf das sind, in welchen Lebensmitteln sie zu finden sind und wie wir unsere  Stimmung  von heute auf Morgen  verbessern  können und zu einer neuen inneren Balance finden, erklärt der Vorreiter der "Nutri-Psychatrie", Drew Ramsey, anhand leicht verständlicher Beispiele, Rezepte und einem einmaligen Einblick in die Funktionsweise unseres Gehirns. 

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Seitenzahl: 325

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Dr. Drew Ramsey

Mood Food

Wie du mit dem richtigen Essen zu innerer Balance findest

Aus dem amerikanischen Englisch von Rita Gravert und Cornelia Stoll

Hoffmann und Campe

Für meine Kolleginnen und Kollegen im mentalen Gesundheitswesen

Kämpft weiter für das Gute!

Einleitung

Die psychiatrische Medizin und die mentale Gesundheitsversorgung stehen vor einem Riesenproblem. Experten aus aller Welt, von der Weltgesundheitsorganisation bis hin zum Pew Research Center, sind sich einig: Wir befinden uns inmitten einer mentalen Pandemie. Die Diagnosen Depression und Angststörung haben sich im letzten Jahrzehnt vervielfacht und werden vermehrt bei Kindern und Jugendlichen festgestellt. In dieser Zeit ist auch die Zahl der Selbstmorde in den USA sprunghaft angestiegen und liegt in einem Bereich, den man mehr als tragisch nennen muss. Jeder, der die Nachrichten verfolgt, weiß, dass sich der Suchtmittelmissbrauch ebenfalls auf einem Dauerhoch eingependelt hat. Rund einer von vier Menschen wird im Laufe seines Lebens an einer psychischen Erkrankung wie Depressionen oder Angststörungen leiden. Die Chance, dass du oder jemand, der dir nahesteht, bereits mit einem psychischen Problem zu kämpfen hatte, ist hoch.

In gewisser Weise dürften diese Statistiken nicht weiter überraschen. Unsere Gesundheit wird in einer Härte auf die Probe gestellt, wie wir sie uns vor ein paar Jahren noch gar nicht vorstellen konnten. Heutzutage ist unsere Gesellschaft überarbeitet, gestresst und von den vielen Anforderungen des Alltags überreizt. Wir essen zu viel, schlafen zu wenig, sitzen zu lange und sparen an dem, was unser Körper wirklich zum Leben braucht. Der moderne westliche Lebenswandel hat unsere physische Gesundheit verwüstet und zu einem Anstieg von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Krebs geführt. Aber nicht nur: Dieser Lebenswandel hat auch große Auswirkungen auf unsere mentale Gesundheit. Immer mehr Menschen schleppen sich mit aufgebrauchten Energiereserven durch den Tag, leiden unter Hoffnungslosigkeit und sind von Sorgen geplagt, die alles andere überschatten. Es scheint, als wären wir abhängig von der Gnade unserer Smartphones und sonstiger Geräte und verbrächten viel zu viel Zeit damit, uns von Fremden zerstreuen zu lassen, statt enge Verbindungen mit den Menschen in unserer Nähe einzugehen. Mit der Zeit summieren sich all diese Faktoren zu einer seelischen Krise – und vielleicht sogar zu einer klinischen Diagnose.

Angesichts des andauernden Kampfes um Amerikas mentale Gesundheit müssen Patienten, Familien und Ärzte zu allen Mitteln greifen. In den vergangenen Jahrzehnten hat das Forschungsfeld der Psychiatrie erstaunliche Einblicke in biologische Faktoren erhalten, die Stimmungsschwankungen und gesteigerter Angst möglicherweise zugrunde liegen. Nun sind wissenschaftliche Studien aufgetaucht, die nahelegen, dass sich eines der mächtigsten – und am wenigsten eingesetzten – Instrumente im Kampf gegen Depressionen und Angststörungen am Ende deiner Gabel befindet.

Das fehlende Puzzlestück

Heute kennt man mich als Ernährungspsychiater. Doch mir war nicht immer bewusst, welch wichtige Rolle unsere Ernährung für ein gesundes Gehirn spielt.

Als praktizierender Psychiater, der sich auf Affekt- und Angststörungen spezialisiert hat, ist es mein Job, mir die vollständige Krankheitsgeschichte meiner Patienten genau anzusehen, um psychischen Problemen auf den Grund zu gehen. Meine Berufserfahrung hat mir gezeigt, dass die physische und die mentale Gesundheit eng miteinander verbunden sind. Beispielsweise kann ein körperliches Problem wie eine Störung der Schilddrüsenfunktion große Auswirkungen auf die Stimmung haben oder übersteigerte Ängste hervorrufen. Um diese Faktoren aufzuarbeiten, wird der Psychiater dem Patienten im Erstgespräch viele Fragen stellen, von denen einige sicher unerwartet kommen. Auf diese Weise sammelt er die nötigen Informationen, um zu verstehen, was die Ursache eines Stimmungstiefs oder gesteigerter Ängste sein könnte. Als ich neu in meinem Beruf war, lernte ich viele Fragen über die Krankheitsgeschichte, den familiären Hintergrund und mögliche Schlüsselerlebnisse im Arbeitsumfeld oder zu Hause zu stellen.

Doch niemand brachte mir bei, die Patienten zu fragen, was sie aßen.

Schon damals kam mir dieser Umstand etwas seltsam vor. Das liegt wahrscheinlich an meinem persönlichen Hintergrund. In den späten Siebzigern zog meine Familie von Long Island in New York auf eine Farm in Crawford County, Indiana. Damals war ich fünf Jahre alt. Meine Eltern begannen dort rund fünfzig Hektar Farmland zu bewirtschaften. Sie pflanzten, pflegten und ernteten eine große Vielfalt an Obst, Gemüse, Blattgemüse, Bohnen und Kräutern. Bis heute lebe ich auf derselben Farm mit meiner Frau, meinen Kindern und meinen Eltern und pendle jede Woche zu meiner Klinik in New York City. An den Wochenenden kämpfe ich mit dem schweren Lehmboden, dem Wetter und dem Ungeziefer – und bestaune mit meinen Kindern das Wunder, wenn die Samen sprießen und zu nahrhaften Lebensmitteln heranwachsen. Vielleicht war es mir damals noch nicht bewusst, doch schon als Kind verstand ich offenbar, dass mir frische, vollwertige Lebensmittel einfach besser taten – meinem Körper, meinem Geist und meiner Seele.

Als ich Jahre später Medizin an der Indiana University studierte, ließ sich das wenige, was ich über Ernährung lernte, mit »Fleisch und Milchprodukte sind schlecht, Gemüse ist gut« zusammenfassen. Das unterscheidet sich wahrscheinlich nicht sehr von dem, was du über die Jahre rund um das Thema gesunde Ernährung gelesen hast. Und da ich glücklicher und gesünder leben wollte, entschied ich mich für eine fettarme, vegetarische Ernährung. Tatsächlich verzichtete ich zwölf Jahre lang auf jegliche Fleischprodukte einschließlich Seafood (Fisch und Meeresfrüchte).

Während aus den Daten klar hervorgeht, dass eine Ernährung aus überwiegend pflanzlichen Produkten wichtig für unseren allgemeinen Gesundheitszustand ist, war ich so darauf konzentriert, meinem Vorsatz, kein bisschen Steak oder Lachs zu essen, treu zu bleiben, dass ich nicht innehielt, um zu überlegen, ob mein Körper – und damit auch mein Gehirn – wirklich die Nährstoffe erhielt, die er benötigte. Meine Ernährung bestand unter anderem aus Veggie-Burgern, Makkaroni mit Käse und jeder Menge Pizza. Erst als neue Studien aufkamen, die den Anteil von Omega-3-Fettsäuren – speziellen mehrfach ungesättigten Fettsäuren, die vor allem in Seafood zu finden sind – mit der Gesundheit des Gehirns in Verbindung brachten, kamen mir erste Zweifel, ob meine Ernährung wirklich so gesund war, wie ich angenommen hatte.

Ich fragte mich: Gibt es Lebensmittel, die die Gesundheit des Gehirns und damit unsere mentale Gesundheit besser unterstützen als andere? Und wenn ja, warum reden wir nicht über sie und darüber, welche Auswirkungen sie auf unsere Stimmung haben?

Ein neues Rezept – zum Essen

Das klassische Behandlungsprotokoll für Depressionen und Angststörungen sieht Gesprächstherapie und Medikamentengaben vor. Diese beiden Instrumente, sei es einzeln oder in Kombination, können, sofern sie zur Verfügung stehen, vielen Menschen helfen. Anderen verschaffen diese beiden beliebten Interventionen hingegen nicht die erhoffte Erleichterung. Oder aber die Medikamente gehen mit einer Vielzahl schlimmer Nebenwirkungen einher, darunter Gewichtszunahme, Benommenheit, sexuelle Probleme und Verstopfungen. Für Patienten, die ohnehin damit kämpfen, sich auch nur ein klein wenig besser zu fühlen, kann das entmutigend sein.

Als Arzt, der einen Eid schwor, kein Leid zuzufügen, ist es mir wichtig, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um meinen Patienten zu helfen. Und als Teil dieses Schwurs will ich auch sichergehen, dass nichts, was ich verschreibe, ein gesundheitliches Problem durch ein anderes ersetzt. Während Antidepressiva und Neuroleptika die Psychiatrie grundlegend verändert und vielen Menschen das Leben gerettet haben, können und dürfen sie nicht die einzigen Instrumente sein, die dem Psychiater zur Verfügung stehen. Jede sichere und effektive Erweiterung unseres Repertoires, um psychischen Erkrankungen vorzubeugen, sie zu behandeln oder zu verkürzen, sollte mehr als willkommen sein.

Bei einer gesunden Ernährung handelt es sich um ein solches Instrument. Dennoch wurden gute, nahrhafte Lebensmittel, die die Grundlage einer ausreichenden Nährstoffversorgung unseres Gehirns bieten und für seine optimale Funktion sorgen, im mentalen Gesundheitswesen weitestgehend übersehen. Warum, ist zu diesem Zeitpunkt kaum noch nachvollziehbar; die Wissenschaft spricht jedenfalls eine deutliche Sprache. Wir wissen seit mehr als einem Jahrzehnt, dass unsere Ernährungsweise, also die Menge und Vielfalt an Lebensmitteln, die wir regelmäßig zu uns nehmen, direkt mit der Gehirnfunktion zusammenhängt und im weiteren Sinne auch mit unserem Risiko, eine psychische Erkrankung zu entwickeln. Eine gesunde Psyche hängt ebenso wie ein gesunder Körper von einer guten Ernährung ab. Wenn uns einige grundlegende Vitamine oder Mineralstoffe ausgehen, laufen wir eher Gefahr, in Stimmungsschwankungen oder übermäßige Sorgen zu verfallen. Warum also konzentrieren wir uns nicht darauf, wie wir diese lebenswichtigen Nährstoffe erhöhen können?

Als ich schließlich anfing, mit meinen Patienten darüber zu sprechen, was sie aßen, war das Ergebnis, gelinde gesagt, überraschend. Nicht nur mangelte es der Mehrheit von ihnen in ihren täglichen Mahlzeiten an gesunden Nährstoffen, sie nahmen auch aktiv Nahrungsmittel zu sich, von denen wir wissen, dass sie unserer Gesundheit schaden. Mir wurde klar, dass wir Ärzte es hier mit einem Feld zu tun haben, auf dem wir unsere Patienten im Zuge ihrer Behandlung besser unterstützen und ihnen zugleich die Möglichkeit geben können, eigenständig etwas zum Positiven zu verändern und ihre mentale Gesundheit zu verbessern.

Obwohl eine ganze Flut an jüngst veröffentlichten Studien belegt, dass gute, nährstoffreiche Lebensmittel sowohl für die körperliche als auch für die mentale Gesundheit tatsächlich eine Form von Medizin sind, gehen viele meiner Kollegen Depressionen und Angststörungen nach wie vor auf traditionelle Weise an. Das muss sich ändern. Doch zum Glück sind wir nicht auf einen Psychiater angewiesen, um die nötigen Umstellungen in unserer Ernährung vorzunehmen. Wir können eigenständig lernen, wie wir unser Gehirn – und uns selbst – am besten ernähren und auf diese Weise Depressionen und Angststörungen mit Hilfe unserer Ernährung den Kampf ansagen.

Dies ist ein Buch für Esser

Du hast dieses Buch aus gutem Grund in die Hand genommen. Vielleicht wurde bei dir oder einem deiner Lieben eine Depression oder Angststörung diagnostiziert. Vielleicht merkst du, dass deine Motivation schwindet oder du dich mehr sorgst, als dir lieb ist. Im vergangenen Jahrzehnt haben wir gelernt, dass sowohl Depressionen als auch Angststörungen ganz unterschiedliche Ausgangspunkte haben können. In meiner Klinik haben wir jedoch beobachtet, dass Ernährung eine Schlüsselrolle dabei spielen kann, die Symptome dieser beiden verbreiteten klinischen Störungen zusammen mit Medikamenten, Psychotherapie und anderen Behandlungsmethoden in den Griff zu bekommen. Wenn du Müdigkeit, Bewusstseinstrübung, Stimmungsschwankungen und grundlose Sorgen bei dir beobachtest, kann es helfen, mehr hochqualitative Lebensmittel, die deinem Gehirn viele Nährstoffe liefern, in deine Ernährung aufzunehmen. Jeder, der ein Gehirn hat, sollte auch wissen, wie man es optimal versorgt. Mit diesem Buch möchte ich dir genau dieses Wissen an die Hand geben.

Ob du nun dein Energielevel steigern oder einfach nur deine Familie gesünder ernähren möchtest: Der erste Schritt auf deiner Reise zur »Selbsternährung« besteht darin, besser zu verstehen, warum Essen für unsere mentale Gesundheit eine so zentrale Rolle spielt. Wahrscheinlich hast du über die Jahre jede Menge widersprüchliche Informationen über Ernährung und ihre Auswirkungen auf die Gesundheit gehört. Alle paar Monate scheint eine neue Modediät die Runde zu machen. Diese Ernährungspläne tun oft so, als gäbe es einen einzigen »richtigen« Weg. Vielleicht fordern sie dich auch auf, dein Essen niemals auf diese oder jene Weise zuzubereiten – und, wo du schon mal dabei bist, diese oder jene Lebensmittel doch bitte vollständig von deiner Liste zu streichen. Vielleicht tragen sie dir auf, ein bestimmtes Nahrungsmittel ausnahmslos jeder einzelnen Mahlzeit beizugeben. Oder manche Lebensmittel nur in einer ganz bestimmten Kombination zu essen. Diese Ernährungspläne kommen oft mit komplizierten Rezepten daher, die du bis aufs i-Tüpfelchen zu befolgen hast. Vielleicht enthalten sie sogar eine Extraspalte mit Nahrungsergänzungsmitteln, die man dir verkaufen will.

Wie ein Uhrwerk kommt kurz darauf schon der nächste Ernährungstrend auf, und alles, von dem du dachtest, es wäre gut und gesund, wird wieder infrage gestellt. Die einzige Sache, die dieser Trend mit dem letzten gemein haben wird, ist die Botschaft, dass du dich vollkommen falsch ernährst. Angesichts so vieler widersprüchlicher Informationen – ist es da verwunderlich, dass viele von uns an einer Art Ernährungsmüdigkeit leiden? Während wir versuchen, uns einen Reim auf die vielen miteinander in Konflikt stehenden Studien und Ernährungspläne zu machen, lässt sich kaum noch herauslesen, was tatsächlich faktenbasiert und wissenschaftlich fundiert ist – und uns bei unseren Bemühungen um eine optimale Gehirngesundheit wirklich helfen kann.

Leider sind die Ratschläge, die man von anderen bezüglich der besten Behandlung von Depressionen und Angststörungen erhält, oft ähnlich verwirrend. Wenn du oder jemand, der dir nahesteht, an einer klinischen Depression oder Angststörung leidet, dann hast du sicherlich bereits deinen Anteil an Ratschlägen darüber, wie du am besten damit umzugehen hast, erhalten. Vielleicht hat dir jemand geraten, die Dinge positiver zu sehen – oder dich einfach zu beruhigen und aufzuhören, dir so viele Sorgen zu machen! Vielleicht wurdest du gefragt, ob du es schon mal mit Yoga oder Transzendentaler Meditation probiert hast. Möglicherweise hat dir jemand vorgeschlagen, dich mal an Ausmalbüchern oder ätherischen Ölen zu versuchen. Ein paar haben vielleicht sogar gewagt, dir ein bestimmtes Antidepressivum zu empfehlen. Immerhin hat es bei einem Bekannten Wunder gewirkt …

Deshalb möchte ich von vornherein darauf hinweisen, dass es sich bei diesem Buch weder um einen Ernährungsratgeber handelt noch um eines, das behauptet, Essen sei ein Allheilmittel für psychische Erkrankungen. Vielmehr habe ich ein Buch für Esser geschrieben, nicht mehr und nicht weniger. Da ich ein Psychiater bin, der sich für Lebensmittel interessiert, haben die Menschen oft Angst, ich würde über ihre Ernährung urteilen. Aber ich sage meinen Patienten immer wieder, dass es mir nicht darum geht, über sie zu urteilen. Keiner will, dass du dich schämst oder dir die Schuld an deiner Erkrankung gibst. Meine Arbeit mit Patienten hat mich gelehrt anzuerkennen, dass jeder Mensch hinsichtlich des Essens seinen eigenen Geschmack und eigene Vorstellungen hat, die ebenso individuell sind wie Erfahrungen mit Depressionen und Angststörungen. Ich verstehe gut, dass es schwer ist, tief sitzende Essgewohnheiten aufzugeben, noch dazu, wenn du dich nicht gut fühlst. Aus diesem Grund gibt es auf den folgenden Seiten kein einziges »Du musst«.

Die ersten Schritte wagen

Ich will ehrlich zu dir sein. Es gibt nicht den einen richtigen Weg, um das, was du hier lernst, in die Tat umzusetzen. Du wirst auf diesen Seiten weder ein striktes Prozedere noch unnachgiebige Ernährungspläne finden. Ich werde noch nicht einmal anordnen, bestimmte Lebensmittel zu essen. Stattdessen werde ich, basierend auf neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen, verschiedene Lebensmittelkategorien beleuchten, in denen essenzielle Nährstoffe enthalten sind, die dein Gehirn zur Prävention oder Überwindung von Depressionen und Angststörungen benötigt.

In den folgenden Kapiteln wirst du wissenschaftlich fundierte Informationen darüber finden, wie Essen sich auf die Gesundheit deines Gehirns auswirken kann. Indem ich dir dieses Wissen mit auf den Weg gebe, hoffe ich, dass du genügend Zuversicht und Know-how gewinnst, um einige kleine Veränderungen oder Umstellungen vorzunehmen, die zu dir, deiner Familie und deinem Lebenswandel passen. Ob du es glaubst oder nicht: Wenn es um Stimmungsschwankungen und Angst geht, haben die kleinen Änderungen oft die größte Wirkung. In Mood Food geht es darum, den Zusammenhang zwischen deiner Ernährung und deinem Gehirn zu verstehen, zu lernen, wie du dein Gehirn mit einer großen Nährstoffdichte versorgen und einen eigenen Weg finden kannst, ein Meister der »Selbsternährung« zu werden.

Um dir den Anfang zu erleichtern, entwickle ich in diesem Buch einen Sechs-Wochen-Plan, der vorsieht, deinen Zugang zu deiner Ernährung zu vertiefen. Ich beginne, indem ich dich bitte, der Gesundheit deines Gehirns absolute Priorität einzuräumen. Schließlich ist das Gehirn das wichtigste Organ deines Körpers und sollte daher deinen Speiseplan am stärksten beeinflussen. Für viele Menschen beinhaltet eine gehirnbewusste Ernährung ein paar Änderungen, wie sie generell über Essen denken. Labels wie »gut« und »schlecht«, die du bestimmten Lebensmittelkategorien über die Jahre zugeordnet hast, müssen weichen. Vielleicht bedeutet es auch, einige Urteile zu revidieren, die du hinsichtlich verschiedener Lebensmittel pflegst. Und schließlich kann es bedeuten, dass du ein paar Lebensmittel probieren solltest, die du zuvor links liegen gelassen hast. Meine Frau hat beispielsweise vor kurzem sehr unerwartet ihre Liebe zu Rogen, also zu Fischeiern, entdeckt, nachdem sie zum ersten Mal welchen probiert hat. Das war eine große Überraschung. Doch am Ende liegt es ganz bei dir, was du isst.

Dieses Buch soll dir dabei helfen, dir den mächtigsten der Menschheit bekannten Akt der Selbstliebe zu erschließen: sich selbst zu ernähren. Auch wenn viele Schlagzeilen in Bezug auf Ernährungspsychiatrie einzelne Nährstoffe oder Lebensmittel hervorheben, geht es mir nicht darum, deine Ernährung um mehr Kohl oder Zinksupplemente zu erweitern. Sicherlich ist es fesselnd zu lernen, dass der regelmäßige Konsum von Blattgemüse die Entzündungswerte senkt, eine Immunreaktion, die eng mit Depressionen verbunden ist. Doch mir geht es auch darum, dass du dich und deinen Speiseplan genauer unter die Lupe nimmst und dir überlegst, welche Schritte du selbst einleiten kannst, um mehr Lebensmittel zu verzehren, die dein Gehirn unterstützen und mit mehr Nährstoffen versorgen. Erkrankungen wie Depressionen und Angststörungen können einen großen Einfluss darauf haben, wie wir uns und unsere Umwelt wahrnehmen – nicht weiter verwunderlich also, dass sie oft auch unsere Essgewohnheiten verändern. Indem wir die Nahrung jedoch gemeinsam mit anderen Instrumenten nutzen, um uns gegen Depressionen und Angststörungen besser zu rüsten und zu stärken, können wir den Heilungsprozess entscheidend beeinflussen.

In einer Ära, in der sensationslüsterne, oft verwirrende Ernährungstipps Hochkonjunktur feiern, möchte ich dir einen ausgewogenen und fundierten Einblick in Ernährungsfragen und ihre Auswirkungen auf das Gehirn geben. Von den Vor- und Nachteilen des Fleischverzehrs bis hin zu den besten gehirngesunden Fischgerichten ist es letztlich mein Ziel, dich mit der Zuversicht auszustatten, deiner mentalen Gesundheit mit jedem einzelnen Bissen etwas Gutes zu tun. Du isst, um dein Gehirn mit den Nährstoffen zu versorgen, die es benötigt, um optimal zu arbeiten. Du isst, um Depressionen und Angststörungen mit Hilfe von Mood Food etwas entgegenzusetzen und zu innerer Balance zu finden.

Teil INahrung für eine optimale mentale Gesundheit

Kapitel 1Die neue Wissenschaft für eine gesündere Psyche – durch Ernährung

Was sollten Pete und Susan essen?

Im Laufe des vergangenen Jahrzehnts hat die »Essen ist Medizin«-Bewegung enorm an Zulauf gewonnen. Vor allem Pflegeärzte, Kardiologen und Onkologen haben inzwischen verstanden, dass alles, was wir bei jeder einzelnen Mahlzeit in den Mund nehmen, einen großen Einfluss auf unseren allgemeinen Gesundheitszustand hat. Es ist sogar relativ wahrscheinlich, dass dir bei deiner letzten Routineuntersuchung allgemeine Fragen zu deinen Essgewohnheiten gestellt wurden – oder du zumindest ein Merkblatt zu Ernährungsformen, die dein Herz gesund halten, bekommen hast. Doch trotz dieser Fortschritte in anderen Bereichen der Medizin ziehen die meisten Mediziner im mentalen Gesundheitswesen nicht nach. Obwohl wir wissen, dass alles, was unserem Körper guttut, auch gut für unser Gehirn ist, bilden Diskussionen rund um das Thema Ernährung bei der Einschätzung und Behandlung verbreiteter Erkrankungen wie Depressionen und Angststörungen die Ausnahme, nicht die Regel.

Bei dem aufstrebenden Feld der Ernährungspsychiatrie handelt es sich um eine neue, ständig wachsende Bewegung, die sich unsere Ernährung zunutze macht, um die Gehirngesundheit zu optimieren und zugleich psychischen Erkrankungen vorzubeugen und sie zu behandeln. Inzwischen legt eine Flut neuer aufregender wissenschaftlicher Studien nahe, dass unser Speiseplan nicht nur unsere körperliche, sondern auch unsere mentale Gesundheit beeinflusst. Sie zeigen auf, welche Rolle bestimmte Nährstoffe, darunter Omega-3-Fettsäuren, Zink und verschiedene pflanzliche Moleküle, für ein gesundes Gehirn spielen und lenken den Blick auf die komplexe Beziehung zwischen Entzündungsprozessen und der Hirnfunktion. Sie erklären, wie die Darmflora – die Billionen von Bakterien, die unser Verdauungssystem bevölkern – Einfluss auf unsere Stimmung, Kognition und das Risiko eines jeden Individuums nimmt, eine psychische Störung zu entwickeln. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass sich darunter inzwischen auch mehrere sogenannte randomisierte klinische Studien befinden, die illustrieren, dass kleine zielgenaue Ernährungsumstellungen, die das Gehirn mit mehr Nährstoffen versorgen, helfen können, die Stimmung zu heben und Angstgefühle zu mindern.

Alles in allem wissen wir, dass die von uns gewählten Lebensmittel einen direkten Einfluss auf unser Risiko haben, eine Depression oder Angststörung zu entwickeln. Dieselben Lebensmittel können außerdem dabei helfen, verbreitete Symptome, die mit diesen Erkrankungen einhergehen, in Schach zu halten. Vor dem Hintergrund, dass Essen der grundlegendste Akt der Selbstfürsorge ist – und ein Feld, das uns dazu ermächtigt, unsere mentale Gesundheit eigenständig zu verbessern –, sind diese neuen Erkenntnisse der Ernährungspsychiatrie ein echter Gamechanger.

Nehmen wir Pete, einen jungen Mann in den Zwanzigern, der vor ein paar Jahren zu mir in Behandlung kam. Man könnte sagen, dass Pete unter Startschwierigkeiten litt, sich ein eigenständiges Leben aufzubauen. Nachdem er das College abgeschlossen hatte, fand er keine Arbeit und zog wieder bei seinen Eltern ein. Er hatte das Gefühl, dass er, während all seine Freunde im Leben vorangekommen und auf die eine oder andere Weise erfolgreich waren, »feststecke«. Bereits als Jugendlicher hatte er Depressionen entwickelt und nahm seit Jahren folgsam ein Antidepressivum ein. Als Pete in meinen Behandlungsraum kam, sagte er mir, er habe das Gefühl, dass seine Medikamente kaum noch Wirkung zeigten. Verständlicherweise machten seine Eltern sich große Sorgen.

In unserer ersten Sitzung erzählte mir Pete, er fühle sich meistens »down und ziemlich düster«. Er hatte das Gefühl, seine Eltern zu enttäuschen, sich selbst zu enttäuschen, und war ratlos, wie er es schaffen sollte, sich je wieder, wie er es ausdrückte, »normal« zu fühlen.

»Mir ist aufgefallen, dass ich nicht mehr hochgucke«, sagte Pete. »Das ist echt komisch. Ich blicke immer zu Boden.«

Im Laufe unseres Gesprächs erfuhr ich, dass Pete nur selten sein Zimmer verließ, geschweige denn das Haus. Er unternahm kaum noch etwas mit Freunden und Familie und hatte keine Energie mehr für Aktivitäten, die ihm früher Spaß gemacht hatten, beispielsweise Fußball und Quizabende. Sein Schlafrhythmus war auch so eine Sache. Meistens war er wach bis in die Puppen und stand am nächsten Tag erst um ein oder zwei Uhr mittags auf.

Als ich ihn bat, mir seine Essgewohnheiten zu schildern, wurde schnell klar, dass er von etwas lebte, das man als »Ernährung eines Zwölfjährigen« beschreiben könnte. Wenn er nachmittags aufstand, aß er einfach, was der Kühlschrank seiner Eltern so hergab, vor allem verarbeitete Lebensmittel, viel Zucker, viele Kohlenhydrate, viele Mikrowellenmahlzeiten mit viel Salz, vielen Farbstoffen und Transfetten – und natürlich einem geringen Nährwert. Während er erzählte, zeigte sich rasch, dass Ernährung ein Gebiet war, auf dem wir mit einigen kleinen Verbesserungen wahrscheinlich eine Menge bewirken konnten. Ich legte ihm ein paar einfache Ernährungsumstellungen nahe, beispielsweise sein mexikanisches Lieblings-Take-away-Gericht durch ein paar Fisch-Tacos zu ersetzen und seinem »Morgen«-Smoothie ein paar grüne Lebensmittel unterzumischen. Das würde Pete – und vor allem Petes Gehirn – helfen, die Nährstoffe zu erhalten, die es so dringend benötigte. Außerdem bat ich Pete, mit seiner Mutter zum Supermarkt zu gehen, ein bisschen mehr zu kochen und Chips und Cookies mal gegen ein paar Nüsse einzutauschen. Zunächst war Pete skeptisch, doch binnen weniger Sitzungen machte er kontinuierlich Fortschritte.

Monate später sagte er mir: »Inzwischen merke ich einfach, wenn ich nicht richtig esse, fühle ich mich nicht gut.« Heute achtet Pete darauf, dass sein Essen genug Fisch, Blattgemüse und Gemüse in allen Farben enthält, die seine Stimmung zu heben helfen. Innerhalb weniger Monate konnten wir die Dosis seiner Medikamente deutlich senken.

Vielleicht denkst du, mit ein paar einfachen Ernährungsumstellungen Petes Depression in den Griff bekommen zu haben, klingt etwas zu gut, um wahr zu sein. Aber geh die Sache doch mal von der anderen Seite an: Das Gehirn ist eine sehr teure Maschine, die in Gang gehalten werden muss. Obwohl es nur etwa 1,3 Kilogramm wiegt, verbraucht das menschliche Gehirn rund 20 Prozent der von uns täglich verzehrten Kalorien. Seine optimale Leistung hängt von Dutzenden essenziellen Nährstoffen ab: den Vitaminen, Mineralstoffen, Fetten und Proteinen (Eiweißen), die dem Gehirn die nötigen Bausteine und Moleküle liefern, um seine Zellen, Neurotransmitter und die schützende weiße Hirnsubstanz zu unterstützen. Aus diesem Grund sollte eine Einschätzung der individuellen Ernährung integrativer Bestandteil der Therapie und Prävention psychischer Störungen sein. Und aus diesem Grund hat es für Pete in Kombination mit seinen Medikamenten und therapeutischen Gesprächssitzungen so gut funktioniert.

Eine weitere Patientin, Susan, mag auf den ersten Blick wie die stereotype viel beschäftigte, nervöse Mutter mittleren Alters wirken. Mit Ende dreißig schulterte Susan bereits das Gewicht der Welt. Unaufhörlich trieb sie die Sorge um ihre Arbeit, ihre Ehe, die drei Kinder und eine kranke zweiundachtzigjährige Mutter um. Jeden Abend, wenn sie im Kabelfernsehen ihre Lieblingsnachrichtensendung schaute, spürte sie, wie ihr Herz angesichts der jüngsten politischen Scharmützel zu rasen begann. Wenn ihr Mann beim Abendessen eine Unterhaltung mit ihr aufnahm, konnte sie sich oft kaum auf das konzentrieren, was er sagte. Stattdessen grübelte sie über etwas nach, was früher am Tag geschehen war, und wälzte es in Gedanken wieder und wieder durch.

Wahrscheinlich erübrigt es sich zu erwähnen, dass Susan abends Mühe hatte, ins Bett zu gehen und die Nacht durchzuschlafen. Oft trank sie vor dem Schlafengehen ein paar Gläser Wein, um runterzukommen und, wie sie es ausdrückte, sich »ausgeglichener zu fühlen«. Doch dann fing sie an, sich Sorgen über ihren Alkoholkonsum zu machen und darüber, dass sie durch seine beruhigende Wirkung in eine Abhängigkeit rutschen könnte. »Abends liege ich einfach nur da und denke über all die Dinge nach, die ich tagsüber nicht geschafft habe«, erzählte sie mir. »Und dann mache ich mir Sorgen, was mit meinen Kindern passiert, meiner Mutter und überhaupt der ganzen Welt. Es ist ziemlich erdrückend.«

Susan kam zu mir, um Strategien zu finden, wie sie ihre Angst besser bewältigen könnte. Nachdem ich ihre medizinische Vorgeschichte abgeklärt hatte, begannen wir darüber zu sprechen, was sie in einer ganz normalen Woche so aß. Susan ist stolz auf ihre gesunde Ernährung – was für sie kalorien- und fettarm bedeutete –, doch die Planung der Mahlzeiten war in ihrem geschäftigen Familienalltag ein weiterer Punkt geworden, der ihr oft Kopfschmerzen bereitete.

»Ich habe das Gefühl, die ganze Zeit irgendwohin hetzen zu müssen«, sagte sie. »Deshalb gibt es für alle viel mehr Essen zum Mitnehmen, als mir lieb ist. Zum Kochen fehlt uns oft einfach die Zeit.«

Als Susan mir aufzählte, was ihre wöchentlichen Mahlzeiten so enthielten, fiel mir auf, dass sie zwar versuchte, sich in ihren Augen gesund zu ernähren, indem sie beispielsweise nichts Frittiertes und keine gezuckerten Getränke zu sich nahm. Doch sie aß nur selten Eier, Nüsse oder Fischgerichte. Aufs Frühstück verzichtete sie ganz. Eine typische Mahlzeit bestand aus einem gewöhnlichen Eisbergsalat mit gegrilltem Hühnchen, ein paar Gurkenscheiben und einem simplen Rapsöl-Dressing. Genau wie bei Pete war es ein Leichtes für mich, ihr ein paar einfache, aber wirkungsvolle Änderungen ans Herz zu legen. Beispielsweise indem sie das Rapsöl durch Olivenöl ersetzte und ein paar nährstoffreichere Blätter unter ihren Salat mischte. Außerdem schlug ich vor, dass sie mehrmals pro Woche ein Ei zum Frühstück essen sollte und auf diese Weise sicherstellte, dass sie den Tag mit einer essenziellen Nährstoffversorgung aus Proteinen, B-Vitaminen und Cholin begann. Außerdem sprachen wir darüber, wie sie Mahlzeiten vorbereiten konnte, damit sie und ihre Familie auch in vollen Wochen eine gesunde Auswahl hatten. Innerhalb weniger Monate halfen diese leicht veränderten Essgewohnheiten zusammen mit einer Gesprächstherapie Susan, mehr Zuversicht und Ruhe in ihrem Leben zu finden. Auf diese Weise konnte sie die verschiedenen Strategien, die sie gelernt hatte, um ihre Ängste zu regulieren, besser anwenden.

Wären Pete oder Susan zu einem anderen Psychiater gegangen, dann wären sie wahrscheinlich nie gefragt worden, was sie aßen. Doch in beiden Fällen haben Fragen zu ihren Essgewohnheiten den Blick auf Bereiche eröffnet, in denen Pete und Susan eigenständig etwas für die Gesundheit ihres Gehirns tun konnten – und damit für ihre mentale Gesundheit. Das soll natürlich nicht heißen, dass Ernährung der einzige therapeutische Faktor ihrer Genesung war. Um Depressionen oder Angststörungen zu überwinden, benötigt man weitere Instrumente, etwa eine medikamentöse Einstellung und Psychotherapie. Doch bei vielen Menschen unterstützt eine gehirngesunde Ernährung die traditionellen Behandlungsmethoden und sorgt dafür, dass sie umso besser anschlagen.

Dies sind nur zwei von vielen Beispiele, wie die Grundprinzipien der Ernährungspsychiatrie meinen Patienten geholfen haben, mit ihrer Erkrankung besser umzugehen. In den Fallakten meiner Klinik finden sich unzählige mehr. Da sich die Hinweise auf eine Relation zwischen Ernährung und Affekt- und Angststörungen häufen, ist es zwingend erforderlich, den Patienten prüfende Fragen zu ihren Essgewohnheiten zu stellen. Und es ist an der Zeit, dass du als jemand, der möglicherweise mit Stimmungsschwankungen oder Ängsten zu kämpfen hat, lernst, welche Lebensmittel dein Gehirn am besten mit Nährstoffen versorgen. Wenn Essen Medizin ist, dann ist es schließlich auch Medizin fürs Gehirn.

Depression und Angststörung definieren

Begriffe wie »Depression« und »Angst« werden in unserem Alltag in ganz unterschiedlichen Kontexten verwendet. Man liest und hört davon in Büchern, Filmen und Fernsehsendungen. Da beide Begriffe so breit Anwendung finden, ist es nicht weiter verwunderlich, dass sie für verschiedene Menschen verschiedene Bedeutungen haben. Dabei ist wichtig anzumerken, dass es sich sowohl bei Depressionen als auch Angststörungen um klinisch-psychische Störungen handelt. Die fünfte Ausgabe des Diagnostic and Statistic Manual of Mental Disorders (DSM-5), des Referenzbuchs, das zur Diagnose psychischer Erkrankungen herangezogen wird, listet eine ganze Reihe von Symptomen auf, die wir im mentalen Gesundheitswesen bei der Einschätzung unserer Patienten beachten. Doch wenn wir darüber nachdenken, Depressionen und Angststörungen mit Hilfe der Ernährung zu therapieren, ist es wichtig zu verstehen, was genau mit diesen Begriffen eigentlich gemeint ist.

Im Alltag versteht man unter Depression oft ein gleichbleibendes Gefühl der Traurigkeit oder Hoffnungslosigkeit. In der Psychiatrie und Medizin versuchen die Ärzte zu differenzieren, ob diese Gefühle aus einer bestimmten Situation im Leben heraus geboren sind – zum Beispiel einer traumatischen Trennung oder dem Verlust eines Familienmitglieds – oder durch eine körperliche Erkrankung ausgelöst wurden. Das DSM-5 definiert Depression als Symptomkomplex, unter dem eine Person mehr als zwei Wochen in Folge leidet. Dazu zählen Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit, Konzentrationsmangel, Appetitveränderungen und abnehmendes Interesse oder nachlassende Freude an Aktivitäten, die der Erkrankte vorher genossen hat. Außerdem heißt es darin, dass eine Depression disruptiv ist, das heißt, es dem Erkrankten unmöglich macht, ein unbeschwertes Leben zu führen. Wer an einer Depression leidet, hat mitunter Schwierigkeiten, morgens aus dem Bett zu kommen, alltägliche Aufgaben zu erledigen und die Beziehung zu Freunden und Familie aufrechtzuerhalten. Einer meiner Patienten beschrieb Depression einmal als einen Zustand, in dem das Leben all seine Farbe verliert. Ich finde, das illustriert diese Krankheit sehr gut.

Angst hingegen wird oft als eine Art heftiger Anfall von Sorge beschrieben. Das trifft es im Großen und Ganzen ziemlich gut, aber die Menschen erleben Angst in verschiedenen Abstufungen. Das DSM-5 definiert eine generalisierte Angststörung, die am meisten verbreitete Angststörung, als »übermäßiges Erleben von Ängsten oder Sorgen« mit Symptomen wie Überdrehtheit, Gereiztheit, Müdigkeit und Schlafstörungen. Wenn eine Angststörung diagnostiziert wird, leidet der Erkrankte in einem Zeitraum von sechs Monaten an mehr Tagen an einigen dieser Symptome, als dass er symptomfrei ist. Wie bei Depressionen versuchen Psychiater, zwischen einer situationsbezogenen Angststörung, beispielsweise durch eine chaotische Phase bei der Arbeit oder eine herausfordernde Lebensveränderung, und einer neurobiologischen Ursache zu differenzieren.

Das möchte ich noch etwas genauer erklären: Das menschliche Gehirn hat ein wichtiges »Alarmsystem« entwickelt, das uns hilft zu überleben. Nehmen wir die grundlegendste Reaktion überhaupt, die sogenannte Kampf-oder-Flucht-Reaktion. Als Antwort auf eine Notsituation schüttet das Gehirn jede Menge Stresshormone, darunter Cortisol, aus, damit wir besser mit der Situation umgehen können. Ein bisschen Angst kann also eine gute Sache sein. Sie sorgt dafür, dass wir uns kognitiv anpassen, indem sie uns zwingt, uns auf eine wichtige Prüfung oder eine Sportveranstaltung oder auch einfach nur den Heimweg auf einer vereisten Straße vorzubereiten. Doch wenn das Alarmsystem immer wieder Fehlalarme auslöst und das Gehirn in Situationen mit Stresshormonen überschüttet, die diese heftige Antwort eigentlich gar nicht erfordern, verfestigt sich die Angst mitunter zu einer klinischen Angststörung. Dann häufen sich die Sorgen und mit den Schlafstörungen auch die Magen-Darm-Beschwerden. In einigen Fällen treten sogar körperliche Schmerzen auf. Genau wie Depressionen werden Ängste dann ein echtes Problem, wenn sie anfangen, unser alltägliches Leben zu unterwandern und unsere Arbeit und sozialen Beziehungen zu beeinträchtigen.

Diese Erkrankungen zu behandeln ist nicht so leicht, wie man mitunter annimmt. Es wurden zwar viele wirksame Antidepressiva und Neuroleptika entwickelt, doch diese schlagen nicht bei jedem Patienten in gleicher Form an. Vor mehr als zehn Jahren veröffentlichte das National Institute of Mental Health (NIMH) eine Studie, die einen Meilenstein darstellte: die »Sequenced Treatment Alternatives to Relieve Depression (STAR*D)«. In dieser Studie wurde die Wirksamkeit mehrerer verbreiteter Therapieformen, darunter selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRIs) wie Prozac und Zoloft und kognitive Verhaltenstherapie, untersucht. Sage und schreibe zwei Drittel der Probanden konnten nach der Verschreibung eines einzelnen Antidepressivums keinerlei Verbesserungen feststellen. Die meisten mussten mehrere Medikamente ausprobieren, bis ihre Symptome schließlich nachließen – doch bis sie dort angelangt waren, hatten ihre Ärzte meistens nach dem Trial-and-Error-Prinzip vorgehen müssen, also durch bloßes Ausprobieren, bis etwas wirkt. Und selbst nach diesem langen Prozedere schieden 62 Prozent der Patienten entweder aus der Studie aus oder fühlten sich trotz der Behandlung nicht besser.

Bei der Behandlung von Angststörungen zeigt sich ein ganz ähnliches Muster.[1] Zu oft führen Medikamente zu einer unvollständigen Remission der Symptome. Für mich als Arzt, der hart dafür arbeitet, dass es seinen Patienten besser geht, sind das alarmierende Zahlen. Zwar haben psychiatrische Medikamente Millionen von Menschen geholfen, doch sie sind bei weitem nicht der entscheidende Faktor, mit dem jede Behandlung steht und fällt.

Alles in allem zeigen uns diese Studien, dass wir mehr tun müssen, als lediglich ein Medikament zu verschreiben. Wir müssen einen komplementären Ansatz finden, der verschiedene Formen der Psychotherapie – besser bekannt als Gesprächstherapie – und auch eine sorgfältige Bestandsaufnahme verschiedener Lebensfaktoren wie Ernährung und körperliche Betätigung beinhaltet, um die Symptome von mehreren Seiten anzugehen.

Noch eine Bemerkung zu Angststörungen: In den folgenden Kapiteln wird dir vielleicht auffallen, dass viele der angeführten Studien untersuchen, wie sich verschiedene Nährstoffe oder Ernährungsinterventionen auf Depressionen auswirken – und zwar ausschließlich auf Depressionen. Wenn du dieses Buch aus Interesse an Angststörungen in die Hand genommen hast, verstehe ich, dass dich das womöglich enttäuschen wird. Die generalisierte Angststörung ist die am häufigsten diagnostizierte psychische Erkrankung in den USA. Als Arzt im mentalen Gesundheitswesen bin ich selbst bestürzt, dass der Zusammenhang zwischen Ernährung und Angst bisher so wenig untersucht wurde. Zum Glück ändert sich das. Dennoch möchte ich ergänzen, dass Depressionen und Angststörungen oft Hand in Hand gehen. Bei vielen Menschen werden beide Störungen diagnostiziert, und einige Symptome sind Teil beider Krankheitsbilder. Auch wenn man die Faktoren betrachtet, die diese beiden psychischen Erkrankungen verursachen und verschlimmern können, sind die Überlappungen kaum zu übersehen. Diejenigen, die wie ich in der Ernährungspsychiatrie arbeiten, haben aus erster Hand gelernt, dass Ernährungsumstellungen, die Depressionen vorbeugen oder lindern, die gleiche Wirkung auf Angststörungen haben. Wenn du weiterliest und mehr darüber erfährst, wie Entzündungen und die Darmflora mit dem Gehirn zusammenhängen, wirst du hoffentlich besser verstehen, warum das der Fall ist.

Die wichtigsten Nährstoffe im Kampf gegen Depressionen und Angststörungen

Die Wissenschaft hat eine Menge über Depressionen und Angststörungen herausgefunden. Doch leider vergehen oft mehr als fünfzehn Jahre, bis die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse Eingang in die klinische Praxis finden. So lange sollte keiner warten müssen.

Als ich Medizin studiert habe, waren sich die meisten Ärzte einig, dass sich unser Gehirn mit dem Eintritt ins Erwachsenenalter kaum noch verändert. Während sich die restlichen Zellen unseres Körpers ein Leben lang erneuern, haben wir lediglich einen Satz Gehirnzellen – rund hundert Milliarden –, und mit etwas Glück gelingt es uns, bis zum Alterungsprozess nicht zu viele von ihnen zu zerstören. So weit die frühere Annahme. Inzwischen haben Wissenschaftler jedoch erkannt, dass sich das Gehirn genau wie der Rest unseres Körpers ein Leben lang verändert und bis in unsere goldenen Jahre entwickeln und wachsen kann. Seine Fähigkeit, fortwährend neue Verbindungen zwischen den Zellen herzustellen, wird Neuroplastizität genannt. Darüber werden wir uns eingehender in Kapitel 3 unterhalten. Fürs Erste ist es lediglich wichtig zu wissen, dass Neuroplastizität ein Grund ist, warum wir essenzielle Nährstoffe für ein gesundes Gehirn aufnehmen sollten. Diese Vitamine und Mineralstoffe stellen dem Gehirn den nötigen Brennstoff für ein gesundes und dynamisches Wachstum zur Verfügung.

Ein zweiter Grund, warum unsere Gehirngesundheit stark mit unseren Essgewohnheiten zusammenhängt, besteht darin, dass unser Essen einen großen Einfluss auf die Entzündungswerte im Körper hat. Neueste Studien legen nahe, dass chronische Entzündungen – die Schutzreaktion unseres Immunsystems, um eine Verletzung oder Infektion abzuwehren – zu Depressionen und Ängsten führen können. Eine erstaunliche Zahl an Menschen, bei denen eine Depression oder Angststörung diagnostiziert wurde, hat erhöhte Werte entzündlicher Proteine vorliegen – und diese Moleküle können Anhedonie, also die Unfähigkeit, Freude zu empfinden, und Schlafstörungen verursachen.[2] Saisonal auftretende psychische Störungen wie Winterdepressionen wurden ebenfalls mit höheren Entzündungswerten in Verbindung gebracht.[3] Entzündungen haben einen starken Einfluss auf unsere Stimmung. Doch zum Glück ist Nahrung eines der mächtigsten Instrumente, um erhöhte Entzündungswerte zu senken. Lebensmittel mit entzündungshemmenden Eigenschaften können helfen, eine mögliche Entzündung im Gehirn abklingen zu lassen, und dementsprechend das Risiko, eine psychische Erkrankung zu entwickeln, senken.

Andere Studien verweisen zudem auf die für die Gehirngesundheit zentrale Rolle der Darmflora, also der vielfältigen Bakterien- und Mikrobenbesiedlung des menschlichen Darms. Möglicherweise hast du bisher angenommen, dass diese Bakterien lediglich dazu dienen, uns bei der Verdauung zu helfen und all die gute Energie aus unserer Nahrung zu ziehen. Doch inzwischen wissen wir, dass Gehirn und Darm beinahe ununterbrochen miteinander kommunizieren und die sogenannten guten Bakterien der Darmflora auch unsere Hirnfunktion beeinflussen. Auch hier gilt wieder: Eine nährstoffreiche Ernährung, die Probiotika aus fermentierten Lebensmitteln enthält, kann das Wachstum der guten Bakterien begünstigen – und zugleich Depressionen und Angststörungen vorbeugen.

Heutzutage empfehlen die meisten Ärzte ihren Patienten eine mediterran angehauchte Ernährungsweise. Iss wie die Griechen und Italiener! Das klingt einfach. Und sicherlich hat die mediterrane Ernährung in den letzten Jahren zu Recht viel Aufmerksamkeit erhalten, vor allem als Mittel, den Cholesterinspiegel zu senken und die Herz-Kreislauf-Gesundheit zu fördern. Im Laufe der Zeit hat die Wissenschaft uns gezeigt, dass Lebensmittel, die gut fürs Herz sind, auch dem Gehirn guttun. Wir wissen inzwischen, dass wichtige Bestandteile der mediterranen Ernährung wie Obst, Gemüse, Fisch, Vollkornprodukte und gesunde Fette uns essenzielle Nährstoffe bereitstellen, die Neuroplastizität fördern, entzündungshemmend wirken und ideale Wachstumsbedingungen für all die guten Bakterien schaffen, die unsere Darmflora besiedeln. Mit anderen Worten, sie fördern unsere mentale Gesundheit.

Doch ungeachtet der Popularität der mediterranen Küche möchte ich dir eine Ernährungsberatung an die Hand geben, die dabei hilft, Erkrankungen wie Depressionen und Angststörungen zu überwinden, ohne dass du dafür gleich deine gesamte Ernährung auf den Kopf stellen musst. Anfang 2016 starteten meine Kollegin Laura LaChance, MD, und ich ein Projekt, in dem wir konkrete gehirngesunde Nährstoffe identifizieren wollten, um Patienten, die an depressiven Störungen leiden, sozusagen mehr für ihr Geld zu geben: Wir wollten die Therapie ihrer depressiven Symptome erweitern.

Nachdem wir alle bisher veröffentlichten wissenschaftlichen Studien gesichtet hatten, erstellten Laura LaChance und ich die »Antidepressive Lebensmittelskala« (Antidepressant Food Scale, kurz AFS), in der wir die Lebensmittel mit der höchsten Konzentration an Gehirnboostern auflisteten. Unsere Analyse ergab zwölf entscheidende Nährstoffe, die entweder in die Entwicklung oder die Heilung von Depressionen involviert sind. Außerdem notierten wir die Spitzenreiter der pflanzlichen und fleischlichen Lebensmittel, die diese Nährstoffe in besonders hoher Konzentration liefern.

Im nächsten Kapitel werden wir tiefer in die AFS eintauchen, damit dein Teller während des Sechs-Wochen-Plans auch reich mit diesen zwölf wichtigsten Nährstoffen gedeckt sein wird. Doch fürs Erste stelle ich sie dir kurz vor:

Folat. Dieser Nährstoff ist nicht nur für werdende Mütter wichtig, sondern unterstützt ganz allgemein die Zellbildung. Das B-Vitamin findet sich in Lebensmitteln wie Rinderleber, Rosenkohl, Orangen und Blattgemüse.

Eisen. Um optimal zu arbeiten, benötigt das Gehirn rote Blutkörperchen. Zur Herstellung von Hämoglobin, einem wichtigen Protein dieser Blutzellen, das dabei hilft, Sauerstoff von der Lunge ins Gehirn zu transportieren, benötigt der Köper wiederum Eisen. Unseren Eisenbedarf decken wir vor allem mit Kürbiskernen, Austern und Spinat.

Langkettige Omega-3-Fettsäuren. Diese langkettigen mehrfach ungesättigten Fettsäuren, zu denen auch Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) zählen, werden in kleinen Mengen vom Körper hergestellt, müssen aber auch durch unsere Nahrung aufgenommen werden. Omega-3-Fettsäuren sind vor allem in Fisch, darunter Wildlachs, Sardellen und Austern zu finden.

Magnesium. Magnesium hilft bei der Regulierung einiger wichtiger Neurotransmitter, darunter diejenigen, die die Stimmung aufhellen. Außerdem ist es bekannt dafür, die Schlafqualität zu verbessern. Dieser Mineralstoff ist in Mandeln, Spinat und Cashewkernen enthalten.

Kalium.