MUH! - David Safier - E-Book
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MUH! E-Book

Safier David

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Beschreibung

Eine tierisch komische Geschichte «Kuh sera, sera. Was sein soll, soll sein, soll sein. Die Zukunft, die kennt kein Schwein ...» Dieses Lied singt die ostfriesische Kuh Lolle, deren Traum vom glücklichen Leben wie eine Blase auf der heißen Milch zerplatzt: Nicht nur, dass ihr geliebter Stier Champion sie mit einer anderen betrügt, nein, der Bauer auf ihrem Hof beschließt auch noch, alle Kühe schlachten zu lassen. Die Rettung kommt in Gestalt eines charmanten italienischen Katers. Er verrät Lolle, dass es ein Land auf dieser Welt gibt, in dem Kühe nicht zu Bolognese verarbeitet werden: Indien. Gemeinsam mit ihren besten Freundinnen, der harten Hilde und dem lieben Radieschen, flieht Lolle von dem Bauernhof. Begleitet werden sie dabei nicht nur von Kater Giacomo, sondern auch von Susi, ausgerechnet jener blöden Kuh, die Lolle den Stier ausgespannt hat. Und auf der Suche nach dem ganz großen Glück erlebt die kleine chaotische Herde jede Menge gefährliche Abenteuer.

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Seitenzahl: 408

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David Safier

MUH!

Roman

Illustrationen Oliver Kurth

Ihr Verlagsname

Über dieses Buch

Eine tierisch komische Geschichte

Über David Safier

David Safier, 1966 geboren, zählt zu den erfolgreichsten Autoren der letzten Jahre. Seine Romane «Mieses Karma», «Jesus liebt mich», «Plötzlich Shakespeare» und «Happy Family» erreichten Millionenauflagen. Auch im Ausland sind seine Bücher Bestseller. Als Drehbuchautor wurde David Safier für seine TV-Serie «Berlin, Berlin» mit dem Grimme-Preis sowie dem International Emmy (dem amerikanischen Fernseh-Oscar) ausgezeichnet. David Safier lebt und arbeitet in Bremen, ist verheiratet, hat zwei Kinder und einen Hund.

 

Weitere Informationen zum Autor

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Inhaltsübersicht

WidmungAbbildungKapitel 1Kapitel 2Kapitel 3Kapitel 4Kapitel 5Wie Naia den Mond erschufKapitel 6Kapitel 7Kapitel 8Kapitel 9Kapitel 10Kapitel 11Kapitel 12Kapitel 13Kapitel 14Warum Naia die Kühe in die Welt setzteKapitel 15Kapitel 16Kapitel 17Kapitel 18Kapitel 19Kapitel 20Kapitel 21Kapitel 22Kapitel 23Naia und die LiebeKapitel 24Kapitel 25Kapitel 26Kapitel 27Kapitel 28Kapitel 29Kapitel 30Wie Hurlo Naia retteteKapitel 31Kapitel 32Kapitel 33Kapitel 34Kapitel 35Kapitel 36Kapitel 37Kapitel 38Kapitel 39Kapitel 40Kapitel 41Kapitel 42Kapitel 43Wie Naia das Himmelreich erfandKapitel 44Weshalb Naia die Menschen erschufKapitel 45Kapitel 46Kapitel 47Kapitel 48Kapitel 49Kapitel 50Kapitel 51Kapitel 52Kapitel 53Kapitel 54Kapitel 55Kapitel 56Kapitel 57Warum Naia die Wehen erfandKapitel 58Kapitel 59Kapitel 60Kapitel 61Kapitel 62Kapitel 63Kapitel 64Kapitel 65Das weiße KalbKapitel 66AbbildungDankGutes Karma Stiftung

Für Marion, Ben und Daniel – Muh!

Und auch für Max – Wau!

Kapitel 1

«MUH» kann so vieles bedeuten. Wenn eine stinknormale Kuh wie ich zum Beispiel panisch muht, kann das heißen: «Der Bauer hat mal wieder kalte Hände» oder «Hilfe, der Bauer fährt betrunken Mähdrescher» oder gar «Oh nein, sie wollen unseren Stier kastrieren!»

Wir Kühe können wütend muhen: «Blöder Elektrozaun!» oder schimpfend «Kinder, hört auf, euch über die Ochsen lustig zu machen» oder einfach nur aus vollstem Herzen glücklich «Gras, Sonnenschein und keinen Bandwurm im Leib – was will man mehr?»

Selbstverständlich sind wir auch in der Lage, traurig zu muhen: «Meine Mama ist gestorben», auch fragend «Was die Menschen wohl mit Mamas Körper machen?» und durchaus skeptisch «Ich finde dieser Big Mac, von dem der Bauer geredet hat, klingt irgendwie nicht gut.»

Wir sind sogar imstande, wenn wir auf der Weide stehen und wiederkäuen, philosophisch zu muhen: «Was hat sich unsere Schöpferin, die Gotteskuh Naia, nur dabei gedacht, als sie den Menschen erfand? Oder die blöden Fliegen? Es wäre doch viel schöner, wenn anstatt der Fliegen bunte Schmetterlinge um uns herumschwirrten. Oder wenn die Fliegen wenigstens schmecken würden. Am besten wären natürlich Schmetterlinge, die auch noch schmecken.»

Und manchmal, ja manchmal muhen wir Kühe zutiefst geschockt.

So wie ich, als ich das fürchterlichste Muhen meines bisherigen Lebens muhte. Es war an jenem Frühlingsnachmittag: Ich stand auf der Weide, sah die dunklen heranziehenden Regenwolken bereits und wollte nicht warten, bis der Bauer die Herde in den Stall trieb. In der letzten Zeit hatte der blöde Kerl uns nämlich öfter mal vergessen. Er war einfach nicht mehr der Alte: Er trank immer mehr von der Flüssigkeit, die die Bäuerin – wir hatten sie schon lange nicht mehr gesehen – Scheißkorn nannte, und er fluchte dabei über Dinge mit merkwürdigen Namen wie Milchquoten, Agrarsubventionen und Prostatitis.

Jedenfalls hatte ich keine große Lust, schon wieder nass zu werden, trottete zurück in den Stall und entdeckte dort, dass die große Liebe meines Lebens, der stattliche schwarze Stier Champion, überraschenderweise bereits in seiner Box stand. Bei seinem Anblick muhte ich den Satz, den wohl keine Kuh gerne über ihren Geliebten muht: «Sag mal, besteigst du da gerade Susi?»

Champion drehte hastig seinen Kopf zu mir, schaute für einen kurzen Moment erschrocken drein und stammelte dann: «Das … das ist nicht das, wonach es aussieht, Lolle!»

Ja, wir Kühe konnten auch bekloppte Ausflüchte muhen.

«Du stehst aufrecht an ihrem Hinterteil und hast deine Vorderhufe auf ihren Rücken gelegt», erwiderte ich mit zittriger Stimme. «Was soll es denn sonst sein?»

Bei diesem fürchterlichen Anblick hatte ich das Gefühl, dass mein Herz in tausend Stücke gerissen wurde. Gleichzeitig zogen sich meine drei Mägen zusammen, von meinem Pansen ganz zu schweigen.

«Lolle, ich kann dir das alles erklären», versprach Champion mit seiner wunderbar tiefen Stimme und sah mich aus seinen noch wunderbareren tiefen schwarzen Augen an. Ich wäre sicherlich von seinem Augenaufschlag wie immer hin und weg gewesen, wenn er nun mal nicht gerade so bei Susi gestanden hätte. Diese fiese Kuh hatte viele schlechte Eigenschaften: Sie war durchtrieben, eitel, und – das war das Schlimmste von allem – sie sah unglaublich gut aus. Um so vieles besser als ich. Susi war eine richtig dralle Kuh mit glänzendem Fell, und beim Anblick ihres Euters war schon mancher Stier aus Versehen in den Elektrozaun gelaufen. Mein schwarz-weißes Fell hingegen war matt, nichts an meinem Körper veranlasste mich dazu, mich stundenlang beglückt in einer Pfütze zu betrachten. Und kein Stier war jemals wegen meines Euters vom rechten Wege abgekommen.

Susi hatte schon lange ein Auge auf Champion geworfen, aber ich hatte gehofft, seine Liebe zu mir wäre stärker als ihre Verführungskünste. Tief im Innern wusste ich natürlich, dass dies naiv war, wobei naiv noch eine nette Untertreibung ist und selbst schweinedämlich es nicht ganz trifft. (Und Schweine sind ganz schön dämlich, die denken doch tatsächlich, die Welt bestünde nur aus unserem Bauernhof, während wir Kühe von unserer Weide aus bis zu den Bäumen am Ende der Welt sehen können. Jene Bäume, die man nicht passieren darf, weil man dahinter in einen Abgrund stürzt und tagelang fällt, um schließlich in der unendlichen Milch der Verdammnis zu landen.)

Auch wenn Susis Euter so viel verführerischer als der meine war und die Szene vor meinen Augen eindeutig zu sein schien, hoffte ich inständig, Champion würde die Wahrheit sagen. Dass es wirklich nicht das war, wonach es aussah, und dass er mir eine plausible Erklärung für alles liefern konnte. Falls er dies nicht tun könnte, wäre mein Lebenstraum zerstört. Jener Traum, den ich seit dem letzten Sommer träumte: Damals war ich noch eine junge Kuh von gerade mal zwei Sommern gewesen, und in meinem Herzen herrschte eine große Unruhe. Ich war begierig zu erfahren, was der Sinn des Lebens war, doch wenn ich die alten Kühe auf der Weide danach befragte, hörte ich nur: «Grasen ist doch eine ziemlich feine Sache.»

Diese Antwort reichte mir ganz und gar nicht. Das Leben, so dachte ich, musste doch aus mehr bestehen als nur Grasen, Wiederkäuen und den anderen Kühen zu erzählen, was man für einen gigantischen Fladen produziert hatte.

An einem besonders heißen Tag zeigten mir ausgerechnet zwei Eintagsfliegen, was dieses «mehr» sein könnte. Am frühen Morgen wurde ich Zeuge, wie sie aus einer kleinen Gewitterwasserpfütze vor mir schlüpften. Ganz zerbrechlich wirkten die beiden kleinen Geschöpfe in ihren ersten Minuten auf dieser Welt. Schon in diesem jungen Alter fühlten sich die beiden Fliegen zueinander hingezogen. Ich beschloss, sie zu beobachten, und gab ihnen die Namen «Summ» und «Herum». Die beiden niedlichen Wesen verbrachten ihre gesamte Kindheit zusammen mit gemeinsamem Fliegen und Umhertollen, also ungefähr eine halbe Stunde.

Mittags wurden sie zu Mann und Frau. Summ befruchtete seine Herum, ein Vorgang, bei dem ich selbstverständlich dezent wegsah. Die beiden bekamen Kinder. Eintausend Stück. Und ich verzichtete lieber darauf, ihren Babys ebenfalls Namen zu geben.

Liebevoll zogen die beiden Eintagsfliegen ihre Kleinen auf, auch wenn das ziemlich anstrengend war, besonders am Nachmittag, als alle tausend Kinder wilde Heranwachsende waren – anscheinend war dies ein Lebensabschnitt, in dem man nur bedingt zurechnungsfähig war.

Am Nachmittag wurden die Kinder endlich erwachsen. Summ und Herum genossen fortan ihr Leben zu zweit und machten immer wieder Ausflüge zu anderen Pfützen. Gegen Sonnenuntergang wurde ihr Leben noch mal richtig anstrengend, aber auf eine schöne, befriedigende Art und Weise, denn sie halfen ihren Kindern dabei, sich um die eine Million Enkelkinder zu kümmern. Als der Mond schon aufgegangen war, flogen die Liebenden schließlich, vom Alter erschöpft, aber glücklich, Flügel an Flügel umher, bis sie zu Boden sanken. Dort schliefen sie, vom Sternenlicht beschienen, sanft ein, die Flügel liebevoll ineinandergelegt.

Nachdem ich das gesehen hatte, wusste ich: So ein Leben wollte ich auch haben.

Natürlich etwas länger.

Und mit etwas weniger Kindern.

Und darauf, dass auf meinem toten Körper, wie bei den beiden geschehen, noch ein Kuhfladen landet, konnte ich auch gut verzichten. Ansonsten aber sollte mein Leben genauso sein wie ihres. Und ich hatte immer gedacht, Champion würde mein Summ sein.

Jetzt aber war mein Traum dabei zu zerplatzen, es sei denn, Champion hatte wirklich eine plausible Erklärung dafür, warum er so bei Susi stand.

«Lolle, es war so», hob er an, «Susi hat der Rücken gejuckt, und da hat sie mich gefragt, ob ich mal kratzen kann.»

Das war nicht gerade die plausible Erklärung, auf die ich gehofft hatte.

«Für wie blöd hältst du mich eigentlich?», fragte ich, während mir die ersten Tränen in die Augen schossen.

Champion wusste nicht, was er darauf antworten sollte, dafür grinste Susi: «Nun, für wahnsinnig schlau hält er dich offensichtlich nicht.»

Sie hatte sichtlich Spaß daran, mich zu reizen. Aber ich wollte ihr nicht die Genugtuung geben, vor ihr auszurasten oder – noch schlimmer – gar zu weinen. So atmete ich tief durch, hielt meine Tränen mit geradezu überkuhlicher Kraft zurück und erwiderte ganz gefasst: «Dich hingegen schätzt Champion sicherlich für deinen Geist.»

«Genau.»

«Und für deine große Persönlichkeit.»

«So ist es.»

«Deswegen beugt er sich ja auch gerade über dein Hinterteil.»

Susi schnappte sauer nach Luft. Champion wandte sich an mich und erklärte zerknirscht: «Lolle, das hier bedeutet mir nichts …»

«Na, vielen Dank!», motzte Susi beleidigt.

Für mich war es leider in diesem Moment nur ein geringer Trost, dass ihm das Fremdgehen nichts bedeutete.

Champion versuchte weiter, mich zu beschwichtigen: «Du weißt doch, wir Männer nehmen das nicht so ernst, wenn wir mit einer Frau Liebe machen …»

Diesmal sagte ich getroffen: «Na, vielen Dank!»

«Ups», erkannte Champion seinen Fehler und versuchte, ihn gleich wieder wettzumachen. «Bei dir ist es was anderes, Lolle. Du weißt, was ich für dich empfinde!» Seine Stimme vibrierte dabei. Womöglich empfand er wirklich noch etwas für mich. Bestimmt sogar. Dummerweise war es nicht so viel, dass er Susis Hinterteil widerstehen konnte.

«Lolle, was kann ich tun, um das alles wiedergutzumachen?», fragte er zerknirscht.

«Zwei Dinge», antwortete ich.

«Was?», wollte Champion eifrig wissen.

«Erst mal eine Kleinigkeit.»

«Welche?»

«STEIG VERDAMMT NOCH MAL VON SUSI AB, WENN DU MIT MIR SPRICHST!»

«Der Meinung bin ich allerdings auch», fand Susi, die sichtlich genervt war, dass Champion sich so sehr um mich bemühte.

Hastig kletterte Champion von Susi herunter, und die trottete total beleidigt in ihre eigene Stallbox. Dabei rief sie ihm noch zu: «Es mit dir zu treiben, macht so viel Spaß wie eine Pansen-Verstimmung.»

Er blickte ihr kurz nach, aber sie war ihm anscheinend nicht so wichtig, dass er ihr auch nur eine Antwort auf ihre Beleidigung geben wollte. Stattdessen wandte er sich erneut zu mir und fragte: «Und was ist das Zweite, was ich tun soll?»

«Mir nie wieder zu nahe kommen!» Ich zitterte am ganzen Leib, während ich diese harschen Worte aussprach. Dann drehte ich mich um und lief aus dem Stall heraus, in den Regen, der gerade richtig lospladderte. Die anderen Kühe der Herde trabten mir entgegen, aber ich beachtete sie gar nicht. Mein Traum war zerstört. Champion war nicht meine Eintagsfliege. Mit ihm würde ich nie ein so glückliches Leben haben, wie Summ und Herum es geführt hatten.

Kaum hatte ich dies endgültig realisiert, konnte ich nicht mehr an mich halten: Ich heulte los und galoppierte, so schnell ich konnte, raus auf die Weide in der Hoffnung, dass mich niemand sehen würde. Die Tränen vermischten sich auf meiner Schnauze mit den Regentropfen, und ich wusste: Ich würde an gebrochenem Herzen eingehen, wenn ich nicht bald einen neuen Traum vom Glück fände.

Kapitel 2

Wir Kühe haben unfassbar große Tränendrüsen: Ich hatte keine Ahnung, wie lange ich schon schluchzend am kleinen Bach am Rand unserer Weide lag. Die Regenwolken hatten sich wieder fast verzogen, und es nieselte lediglich, doch ich heulte immer noch. Da trat Hilde hinzu, eine meiner beiden besten Freundinnen, und fragte: «Gibt es einen speziellen Grund, warum du dir hier eine Erkältung holst, Lolle?»

«Ssssammmpionnn», heulte ich.

«Kannst du vielleicht etwas deutlicher heulen?»

«Sssampion … Sssusi … Bessstieg’n.»

Hilde verstand nun und seufzte: «Männer, bei ihnen hast du nur zwei Möglichkeiten: Hasse sie, oder hasse sie.»

Meine Freundin besaß eine raue Schale, und unter der steckte ein … nun ja … harter Kern. Doch tief drin in diesem harten Kern war etwas Weiches, eine Sehnsucht nach Liebe und Nähe. Aber Hilde hätte lieber ihre Zunge in einen Häcksler gesteckt, als anderen – und vor allen Dingen sich selbst – diese Sehnsucht einzugestehen.

Sie war die einzige Kuh auf unserer Weide, die braune Flecken besaß. Von klein auf wurde sie daher von den anderen Kühen gemieden. Die Einzigen, die sich nicht für ihre Fleckenfarbe interessierten, waren meine andere beste Freundin Radieschen und ich. Mir war die Farbe einerlei, weil mich alles faszinierte, was irgendwie anders war, und Radieschen machte sie nichts aus, weil sie die liebste Kuh überhaupt war und ihr die Welt gar nicht bunt genug sein konnte.

Während meine Tränendrüsen und der Nieselregen allmählich versiegten, kam Radieschen angelaufen und plapperte aufgeregt: «Habt ihr gehört? Der Bauer ist vorhin nicht gekommen, weil er im Haus eingeschlafen ist. Wieder mal vor diesem flimmernden Fernsehkasten, in dem die kleinen Menschen wohnen, die immer mit ihm reden, ohne dass er ihnen antwortet, was nebenbei gesagt ganz schön unhöflich ist, und … Sag mal, Lolle, du weinst ja …»

«Sssampion … Ssusii …», erklärte ich.

«Oh nein, haben die es etwa miteinander gemacht?», fragte Radieschen erstaunt.

«Nein», antwortete Hilde spitz, «sie haben miteinander ‹Fang den Fladen› gespielt.»

«Echt?», fragte Radieschen. «Und warum ist Lolle dann so traurig?»

Obwohl Radieschens Fell nur wenige Flecken aufwies und daher fast ganz weiß war, zählte sie nicht zu den hellsten Kühen auf der Weide.

Hilde verdrehte die Augen: «Natürlich haben die beiden es miteinander gemacht.»

«Und warum sagst du dann, sie haben ‹Fang den Fladen› gespielt?» Radieschen war nun sehr irritiert.

Hilde schnaubte als Antwort leicht genervt durch.

Radieschen wandte sich mir zu und sagte lieb: «Es tut mir so leid für dich», dabei schlabberte sie mir tröstend mit ihrer Zunge über die Schnauze, was mich etwas beruhigte.

Hilde versuchte mich indessen auf ihre Weise zu trösten: «Wir haben doch immer gewusst, dass Champion ein Idiot ist.»

«Ja, aber er war mein Idiot», schnäuzte ich.

«Ach, Lolle», säuselte Radieschen sanft, «es gibt doch auch noch so viele andere Idioten.»

Radieschen konnte immer was Gutes an einer Situation finden. Sie sah halt stets den Trog halb voll, während Hilde ihn halb leer sah. Und Champion ihn ganz leer futterte.

Doch ich war nicht wie Radieschen. Um genau zu sein: Niemand war so wie sie. Und Hilde vertrat die feste Überzeugung, dass Radieschens positive Weltsicht im engen Zusammenhang stand mit der Tatsache, dass sie bei ihrer Geburt mit dem Kopf voran auf den Stallboden geplumpst war.

Doch hatte Radieschen vielleicht recht? Vielleicht musste ich gar nicht vor Trauer eingehen? Sollte dies mein neuer Traum von einem glücklichen Leben werden: Einen anderen Stier zu finden? Sollte ich mich einfach neu verlieben? Doch wie konnte das gehen? Wo mein Herz doch so sehr schmerzte? Und ich eigentlich nur Champion haben wollte? Ihn aber nie wieder unbefangen berühren könnte, geschweige denn, mich von ihm anfassen lassen konnte, nachdem ich ihn so mit Susi gesehen hatte.

«Kein Stier macht glücklich», widersprach Hilde. «Stiere sind ein Beweis dafür, dass unsere Gotteskuh Naia gar nicht existiert. Aber falls doch und sie die Stiere wirklich erschaffen hat, dann ist Naia recht merkwürdig. Und mit merkwürdig meine ich total bekloppt.»

Damit hatte Hilde durchaus recht, die anderen Stiere auf unserem Hof schienen noch weniger eine göttliche Schöpfung zu sein als Champion. Die Stiere in unserem Alter waren der Ansicht, dass man für das Liebemachen nicht unbedingt Gefühle benötigte, was sie in meinen Augen nicht wirklich attraktiv machte. Außer ihnen gab es noch den greisen Kuno, den der Bauer immer nur «die zukünftige Ochsenschwanzsuppe» nannte, ohne dass ich genau wusste, was das bedeutete. Es klang aber ähnlich unerfreulich wie «Big Mac», «T-Bone Steak» oder «Ledersandale». Und zu guter Letzt hatten wir auf der Weide noch den Stier Onkel, dessen Verdauung nicht die beste war. Wenn Pups-Onkel blähte, verendete schon mal ein Fliegenschwarm. Oder ein Eichhörnchen.

Radieschen schlug aufmunternd vor: «Du könntest ja warten, bis ein neuer, richtig guter Stier geboren wird.»

«Klar», konterte Hilde, «und wenn der dann ausgewachsen ist, verliebt er sich ausgerechnet in eine ältere Kuh.»

«Ja, warum denn nicht?», wollte Radieschen wissen.

«Weil Jungstiere nicht soooo sehr darauf stehen, wenn eine Kuh faltig ist, sie anfängt zu müffeln und der Euter so hängt, dass er beim Gehen über den Boden schleift.»

Bei dieser Vorstellung vom Alter wollte ich am liebsten gleich wieder losheulen.

Und ganz bestimmt nicht alt werden.

Radieschen erkannte, dass ich den Tränen nah war, und schlabberte mir erneut mit der Zunge über die Schnauze: «Dir wird es schon bald besser gehen, das verspreche ich dir, Lolle.»

«Ja», bestätigte Hilde, «wenn sie endlich begreift, dass sie keinen Stier zum Glück braucht.»

War das der Weg? Alleine ein glückliches Leben zu leben? Ohne von einem Mann geliebt zu werden?

Radieschen fragte sie: «Bist du denn glücklich alleine?»

«Klar», antwortete Hilde in einem etwas zu bestimmten Tonfall, der verriet, dass das «klar» nicht ganz der Wahrheit entsprach.

Wenn selbst die starke Hilde es nicht schaffte, alleine glücklich zu sein, wie sollte ich dann ohne einen Stier mein Glück finden? Bevor ich mit Champion zusammenkam, war mir dieses Leben, das nur aus Grasen und Verdauen bestand, doch schon viel zu wenig.

Ich betete in Gedanken zu Naia, dass sie mir ein Zeichen geben solle. Kaum hatte ich mit dem Gebet angefangen, schrie jemand «Attenzione!».

Ich sah, wie ein brauner Kater auf uns zulief, nein zuhumpelte, geradezu zustürzte. Sein Bein blutete, Panik lag in seinen Augen. Er war ein gehetztes Tier. Auf der Flucht vor irgendwas. Oder vor irgendjemand. In jedem Fall vor etwas ganz, ganz Schrecklichem.

Wenn dies das Zeichen der Gotteskuh war, dann war sie nicht nur merkwürdig oder gar bekloppt, sondern auch noch wenig zimperlich.

Kapitel 3

Der Kater stürzte vor uns in den Bach. Er tauchte auf, gurgelte und versuchte, sich über Wasser zu halten, aber mit seinem zerfetzten Bein war dies schier unmöglich.

Als Erste fand Hilde die Worte wieder: «Ich hab den noch nie hier gesehen. Woher kommt der?»

«Vielleicht», mutmaßte Radieschen, «von den Bäumen am Ende der Welt, wo die Kuh des Wahnsinns wohnt?»

«Es gibt keine Kuh des Wahnsinns», widersprach Hilde, «das sind nur Märchen, die Mütter ihren Kälbern erzählen.»

«Sind es nicht!»

«Radieschen, du bist naiver als die Hühner, die nicht begreifen, dass die Eier, die ihnen weggenommen werden, ihre Kinder sind.»

«Vielleicht begreifen sie das doch», entgegnete Radieschen, «und die Hühner sind einfach nur nicht so kinderlieb.»

«Die Hühner sind doch im Augenblick völlig egal», erklärte ich, «wir müssen den Kater da rausholen!»

Entschlossen stapfte ich in das kalte Wasser des Bachs, das mir bis zu den Knien ging. Bevor ich den Kater jedoch mit meiner Schnauze packen konnte, ging der wieder gurgelnd unter, mit Todesangst in seinen Augen. Schnell steckte ich meinen Kopf ins Wasser und sah, wie der Kater mit seinen drei gesunden Beinen wild um sein Leben strampelte, während die Luftblasen nur so aus seinem Mund blubberten. Doch all sein Strampeln war vergeblich: Er sank zu Boden, auf die Steine.

Ich tauchte meine Schnauze tiefer unter und erkannte, dass die Augen des Katers sich bereits schlossen und die allerletzten feinen kleinen Luftblasen seinen Mund verließen. Hastig biss ich in sein nasses Fell und hob ihn aus dem Wasser. Während ich aus dem Bach stapfte und der Kater an meiner Schnauze baumelte, spuckte er Wasser und japste nach Luft. Als er endlich wieder atmen konnte, stammelte er: «Signorina, ich danke Ihne von die ganze Herze.»

«Irgendwie redet der komisch», murmelte Radieschen.

Hilde vermutete: «Vielleicht hat sein Hirn zu wenig Luft bekommen.»

«Ich komme aus bella Italia», erklärte der Kater.

«Was soll das denn sein?», fragte Hilde.

«Meine Großtante hieß Bella», meinte Radieschen, «aber der kommt bestimmt nicht aus der.»

Der Kater ignorierte die beiden und wandte sich wieder an mich: «Ich normalerweise nicht stehe auf massige Fraue, aber Sie … Sie könnte ich küsse, Signorina!»

Ich wollte dem Kater antworten, dass ich zum einen nicht wusste, was «Signorina» bedeuten sollte, und dass ich zum anderen auf einen Kuss durchaus verzichten konnte – ich glaubte nun mal nicht an Liebkosungen zwischen den Tierarten –, da warnte mich Radieschen, weil ich den Kater noch im Maul hatte: «Wenn du ihm antwortest, plumpst er auf den Boden.»

Damit hatte sie natürlich recht, ich legte den Verletzten vorsichtig ins Gras, wo er sich hastig in alle Richtungen umschaute und schließlich erleichtert feststellte: «Ich habe ihn abgehängte.»

«Wen?», fragte ich.

«Glaube Sie mir, das Sie wolle nicht wisse.»

Ich sah auf sein zerfetztes Bein und antwortete mulmig: «Ja, das glaub ich dir gerne.»

Radieschen betrachtete sich die Wunde genauer und schluckte: «Die ist ganz schön übel.»

Der Kater lächelte bitter: «Gut, dass Sie das sage Signorina, es wäre mir so nicht aufgefalle.»

Er versuchte, sich aufzurichten, schaffte es aber nicht. Schmerzerfüllt stöhnte er auf: «Fuck!»

«Fuck?», fragte Radieschen. «Was soll das denn jetzt wieder heißen?»

«Signorina», antwortete der Kater, «‹Fuck› iste, wenn eine Kater treffe auf eine wunderschöne Katze und er sie begehre so sehr, dass seine Zauberflöte sich aufrichte …»

«Zauberflöte?», fragte Radieschen irritiert.

«Na, die Oboe de Amore.»

«Oboe de Amore?»

«Der Bass dello Spaß.»

«Ich hab keine Ahnung, wovon du redest.»

«Die Schwanze!», rollte er nun mit den Augen.

«Die Schwanze?», fragte Radieschen irritiert.

«Hier», sagte der Kater genervt und zeigte auf sein bestes Stück.

Radieschen wurde darauf total verlegen, und wenn wir Kühe dazu in der Lage gewesen wären, uns die Augen zuzuhalten, hätte sie es bestimmt getan.

Der Kater atmete durch: «Ich nicht habe die Zeit, hier die Aufklärungsunterrichte für Kühe abzuhalte. Ich musse weiter, sonst es iste für mich finito!»

«Mit dem Bein wirst du aber nicht weit kommen», stellte Hilde fest.

«Ich nicht habe die Wahl», erwiderte der Kater, richtete sich auf und humpelte schmerzverzerrt los. Doch schon nach wenigen Humplern wurde ihm schwindelig, er begann zu wanken und brach schließlich zusammen. Im Fallen fluchte er «Fuck, Fuck, Fu…» und landete mit dem Gesicht voran im Schlamm.

«Was hab ich gesagt?», kommentierte Hilde trocken. «Nicht weit.»

«Fuckedifuckediefucke», stammelte der Kater noch als Letztes in den Schlamm, bevor er das Bewusstsein verlor.

«Dieser Kater redet versauter als die Schweine», staunte Radieschen. (Das wollte was heißen, Schweine haben eine Art, miteinander zu reden, bei der wir Kühe ganz verlegen werden und es schade finden, dass wir nicht dazu in der Lage sind, uns Karotten in die Ohren zu stopfen.)

«Ich frag mich», sagte ich, «wer oder was ihn so zugerichtet hat.»

«Das wäre dann wohl ich gewesen», grollte eine dunkle Stimme hinter uns. Eine Stimme, deren Eiseskälte durch Mark und alle vier Beine ging.

Schon bevor ich mich umdrehte, dachte ich mir: Warum muss ich dumme Kuh auch immer so blöde Fragen stellen?

Kapitel 4

Langsam drehte ich mich um und sah auf der anderen Seite des Baches einen unglaublich großen grauen Schäferhund. Er war alt, aber er wirkte kein bisschen schwach, sondern im Gegenteil, als verfüge er über eine gewaltige Kraft. Sein Gebiss war riesengroß, die Zähne reißend scharf, und wo sein linkes Auge hätte sein müssen, war alles mit vernarbter Haut zugewachsen. Das rechte Auge war blutrot unterlaufen und funkelte böse. Ich hatte noch nie einen Mörder gesehen, aber ich wusste genau: Das hier ist einer.

Mein Instinkt schrie: Ich finde, das ist ein außerordentlich guter Zeitpunkt abzuhauen!

Meine beiden Freundinnen hatten sich nun ebenfalls zu dem Hund umgedreht. Radieschen schluckte beim Anblick dieses unheimlichen Geschöpfs: «Ich glaub, ich habe mir gerade gegen das Bein gepinkelt.»

Hilde stammelte, ganz so, als ob sie den Schäferhund erkannte: «Hoffentlich ist das nicht …»

Weiter kam sie nicht, denn der Hund grinste: «Es ist schön, nach all den Jahren wieder nach Hause zu kommen.»

«Oh nein, er ist es!», schluckte Hilde. «Das ist wirklich Old Dog!»

«Schön, dass mein Name hier noch bekannt ist», grinste er noch breiter.

Jetzt drehte ich förmlich durch vor Angst. Old Dog war eine Legende auf unserem Bauernhof. Eine der unheimlichen Art. Zwar hatte keine von uns drei Kühen ihn je gesehen, doch jedes Kalb in der Herde hatte schon von ihm gehört: Old Dog hatte einst, vor vielen Sonnenwenden, unseren Hof gehütet. Damals, als junger Hund, hörte er noch auf den Namen Rex. Er war freundlich zu jedem und schützte uns vor Füchsen, Mardern und anderen wildernden Tieren. Rex liebte Tinka, eine liebreizende Pudeldame, und die beiden waren ein glückliches Paar, wie es kein anderes auf dem Bauernhof gab. Doch eines schrecklichen Tages fraß Tinka vergiftetes Fleisch, das der Bauer für Ratten ausgelegt hatte, und starb qualvoll. Der Kummer von Rex in den folgenden Wochen war unermesslich, er aß nichts mehr und kümmerte sich auch nicht mehr um seine Pflichten auf dem Hof. Schließlich wurde sein Schmerz so unerträglich, dass er nicht mehr auch nur einen Tag weiterleben wollte. So fraß er selbst von dem vergifteten Fleisch. Er schlang es runter, brach zusammen, spuckte Schaum, und nach wenigen Minuten des Todeskampfes stand sein Herz still wie zuvor bei seiner geliebten Tinka. Der Bauer wollte Rex jedoch nicht sofort begraben, sondern erst mal seinen Rausch ausschlafen, und so ließ er den Kadaver des Hundes auf dem Hof liegen. Um Mitternacht öffnete Rex mit einem Male wieder die Augen: Er war von den Toten zurückgekehrt. Aber verändert. Seine Augen waren rot und sein Fell grau wie das eines alten Hundes. Doch er war nicht schwach wie ein solcher, sondern besaß fortan eine enorme, übernatürliche Kraft. Aber vor allem war er nicht mehr lieb, sondern böse. Nicht ein bisschen böse wie Pups-Onkel, der sich gerne mal einen Spaß daraus machte, sich in unsere Mitte zu stellen und zu pupsen … Nein, Rex, der fortan nur Old Dog genannt wurde, war jetzt unfassbar böse. Er wachte nun nicht mehr über dem Bauernhof und beschützte die Tiere, sondern quälte sie bei jeder Gelegenheit. Was immer auch mit ihm geschehen war, als sein Herz nicht mehr schlug, wo immer auch sein Geist hingereist war, es hatte ihn verändert. Die Tiere auf dem Hof vermuteten, dass er im Reich der Toten nach seiner Tinka gesucht und sie nicht gefunden hatte. Andere vermuteten, dass das Reich der Toten niemanden haben mochte, der sich selbst das Leben nimmt, und er daher nun unsterblich war. Wie dem auch sei, eines besonders schrecklichen Tages tötete Old Dog bestialisch eine Sau. Nicht, um sie zu fressen oder weil die Sau ihn beleidigt hatte. Als das verwitwete Schwein den Schäferhund mit tränenerstickter Stimme fragte: «Warum hast du mein Weib getötet?», antwortete der nur kalt: «Weil sie glücklich war.»

Doch als der Bauer den grausig zugerichteten Tierkörper sah, schlug er dem Schäferhund mit einer Schaufel ein Auge aus und vertrieb Old Dog vom Hof. Seitdem wurde er nie mehr gesehen … bis jetzt.

«Du …», stammelte Radieschen, «du bist wirklich Old Dog?»

«In Fleisch und Blut», grinste er von seiner Seite des Baches zu uns herüber, und sein blutrotes Auge funkelte unnatürlich dabei.

«Jetzt hab ich mir auch noch gegen das andere Bein gepinkelt», flüsterte Radieschen.

«Meine Blase», stimmte Hilde zu, «lässt auch gerade etwas zu wünschen übrig.»

«Euch Kühen wird nichts passieren, wenn ihr mir den Kater überlasst», erklärte Old Dog kalt lächelnd.

Mein Instinkt fand: Das klingt doch außerordentlich gut.

Ich sah zu dem blutenden, ohnmächtigen Kater. Ich konnte so ein armes hilfloses Wesen nicht einfach seinem Schicksal überlassen. Daher wies ich meinen Instinkt in die Schranken und sagte zu Old Dog, so tapfer wie möglich: «Das kommt nicht in Frage.»

Hilde fragte geschockt Radieschen: «Was hat sie da gesagt?»

«Ich glaub, sie hat gesagt: Kommt nicht in Frage», antwortete die nicht minder geschockte Radieschen.

«Au Mann, ich hätte mich so gerne verhört», seufzte Hilde.

Old Dog grinste mich an: «Was haben wir denn da? Eine mutige Kuh! Weißt du, was aus mutigen Kühen wird?»

So, wie er die Frage stellte, war es gewiss nichts Gutes.

«Kadaver. Blutige, zerrissene Kadaver», beantwortete er und lachte laut schallend auf.

«Also», hörte ich Radieschen flüstern, «sein Humor trifft nicht ganz den meinen.»

Und mein Instinkt fragte: Könnten wir vielleicht noch mal darauf zurückkommen, was ich eben über das Abhauen gesagt habe?

Ich wollte auch gerne darauf zurückkommen. So, so gerne! Aber wie könnte ich damit leben, ein wehrloses Lebewesen wie den Kater einfach dem Tod zu überlassen? Würde ich so etwas tun, wäre doch mein Gewissen für immer so beschwert, dass ich nie mehr glücklich werden könnte.

«Wenn du den Kater willst», erklärte ich daher tapfer, «musst du es mit uns dreien aufnehmen.»

Hilde schluckte: «Jetzt hätte ich mich schon wieder gerne verhört.»

«Und ich wäre jetzt gerne ein Vogel», begann Radieschen verängstigt zu plappern, «oder ein Maulwurf oder ein Regenwurm, am besten ein unsichtbarer, auch wenn es so etwas wie unsichtbare Regenwürmer gar nicht gibt, oder vielleicht gibt es die ja doch, und wir können sie nur nicht sehen, weil sie ja unsichtbar sind …»

Doch egal, wie viel Angst die beiden auch hatten, sie liefen nicht weg und blieben an meiner Seite. Weil sie meine Freundinnen waren. Oder weil ihre Beine vor Angst gelähmt waren. Höchstwahrscheinlich war es eine Mischung aus beidem.

Old Dog musste noch mehr lachen: «Du hast wirklich Mut, Mädchen!»

Während er so eisig lachte, dass ich vor Kälte zu zittern begann, meldete sich mein Instinkt wieder zu Wort: Also, wenn ich die Wahl habe zwischen dem Leben eines Katers und meinem Leben, habe ich da doch eine ganz eindeutige Vorliebe …

Doch ich ignorierte meinen blöden Instinkt tapfer weiter und blieb stehen. Und die anderen beiden mit mir.

Plötzlich hörte Old Dog auf zu lachen und sprang mit einem Satz über den breiten Bach auf unsere Seite, so mühelos, wie kein junger Hund es hätte schaffen können.

Radieschen flüsterte uns zu: «Es war schön, euch zu kennen.»

Hilde antwortete: «Euch auch, was ich vom Rest der Welt allerdings nicht gerade behaupten kann.»

Mein Instinkt jaulte in mir auf: Ich bin ja nur ungern ein Klugscheißer, aber wer hat es gleich gesagt?

Old Dog baute sich vor mir auf. Er war zwar kleiner als ich, wirkte aber gewaltig. Sein Fell roch nach Verwesung, sein Atem nach Tod. Gleich würde er zuschnappen, keine Frage. Und ich würde von ihm dahingerafft. Wie sollte ich mich gegen so ein Ungetüm wehren? Ich war doch nur eine Kuh und hatte noch nie mit einem Lebewesen gekämpft, außer mit meinem Schwanz gegen die Fliegen, und selbst die hatte ich nie richtig erwischt.

Der Schäferhund starrte mich unendlich lange Sekunden an, mein Herz raste, aber fliehen konnte ich nicht mehr, meine Beine schlotterten viel zu sehr. Jetzt würde mein Leben zu Ende gehen, ohne dass ich mein Glück gefunden hatte. Konnte man etwa noch trauriger sterben?

Doch mit einem Male erklärte Old Dog: «Ihr seid es nicht wert, dass ich meinem alten Bauern drei Kühe reiße.»

Ich konnte kaum glauben, was ich da hörte, traute mich gar nicht zu atmen.

Der Hund blickte mich mit seinem roten Auge durchdringend an und zischte leise: «Heute ist dein Glückstag, Mädchen …»

Wenn das mein Glückstag war, wollte ich meinen Pechtag nicht erleben.

«… aber wenn wir uns das nächste Mal begegnen, wirst du sterben. Langsam. Sehr, sehr langsam. Und sehr, sehr qualvoll.»

Er drehte sich um, sprang wieder mit einem Riesensatz über den Bach und lief unnatürlich schnell von dannen. Weder ich noch mein Instinkt besaßen den leisesten Zweifel daran, dass er seine Drohung wahr machen würde. Und bei diesem Gedanken pinkelte nun auch ich gegen mein Hinterbein.

Kapitel 5

Wir Kühe starrten wie gelähmt in die Richtung, in die Old Dog am Horizont verschwunden war. Eine Weile lang hörte man nur, wie unsere schlotternden Beine gegeneinanderstießen. Radieschen fand als Erste von uns die Sprache wieder und stellte fest: «Jetzt müffeln meine Beine.»

Ich fragte mich gerade, wie lange wohl so eine blöde Todesangst braucht, bis sie wieder verschwindet, da hörten wir hinter uns: «Mamma mia, es iste so dunkel!»

Der Kater lag immer noch mit dem Gesicht im Schlamm.

«Iste das die ewige Dunkelheit?», jammerte er.

«Nein, nur die falsche Blickrichtung», antwortete ich, ging zu ihm und stupste ihn mit der Schnauze so an, dass er sich umdrehte. Der Arme sah nicht gut aus, und das lag nicht nur daran, dass sein Gesicht voll Schlamm war. Ich berührte mit meiner Schnauze vorsichtig seine Stirn und stellte fest, dass sie stärker glühte als ein Vogel, der sich im Elektrozaun verheddert hatte.

«Nun iste es heller», rief er. «Ich schon sehe die Licht! Arrivederci, Francesca!»

«Wird wohl sein Weib sein», mutmaßte Hilde.

«Arrivederci, Alessandra!»

«Noch ein Weib», stellte ich fest und musste unwillkürlich an Champion denken, was in mir einen Schmerz auslöste, als würde jemand etwas Heißes und Spitzes durch mein Herz bohren. Immerhin hatte ich durch die Begegnung mit Old Dog für ein paar Augenblicke nicht an Champion und Susi gedacht.

«Arrivederci, Karla … Véronique … Kathy … Gruscha …», setzte der Kater sein Wimmern fort.

«Umtriebig gewesen, der Herr», stellte Hilde fest.

«… Luigi …»

«Und vielseitig.»

«Wir sollten nicht rumstehen», fand ich, «sondern ihm helfen.»

«Und wie? Hast du vielleicht eine Idee?», fragte Hilde.

«Ähem … nicht wirklich …», antwortete ich, hatte ich doch keine Ahnung, wie man ein so schwer verwundetes Wesen heilen oder auch nur dessen Schmerz lindern konnte.

«Aber ich hab eine Idee!», meinte Radieschen.

«DU?», fragten Hilde und ich im Chor.

«Warum denkt alle Welt immer, ich hätte keine guten Ideen?», fragte Radieschen beleidigt.

Hilde hob zu einer Antwort an, doch bevor sie «Weil du eben nun mal du bist, Süße» antworten konnte, jammerte der Kater weiter: «Arrivederci, Bello, du schöne Dackel …»

«Er ist noch vielseitiger als gedacht», staunte Hilde.

«Und dem Tode nahe! Wir müssen was tun», insistierte ich. «Also, was ist deine Idee, Radieschen?»

«Wisst ihr, was meine Oma Hamm-Hamm immer gesagt hat?», fragte Radieschen. Oma Hamm-Hamm war der Spitzname ihrer leicht schrulligen Großmutter, bei der Radieschen aufgewachsen war, da sich ihre eigene Mutter nicht sonderlich für sie interessiert hatte.

«Nein, wissen wir nicht. Was hat Oma Hamm-Hamm gesagt?», fragte ich.

«Bei einer offenen Wunde ist es gut, wenn man draufpinkelt.»

Da riss der Kater entsetzt seine Augen wieder auf und rief: «Das iste nicht deine Ernst!»

Was Radieschen da vorschlug, klang wirklich etwas verrückt, doch es war zumindest eine Idee. Und eine Idee war besser, als den Kater einfach im Schlamm verenden zu lassen. Daher fragte ich ihn: «Hast du denn eine Alternative? Ich meine: außer zu sterben?»

Der Kater erkannte, dass er keine andere Wahl hatte, und murmelte: «Manchemal iste das Lebe nicht nur beschissene, sondern auch bepinkelte.»

Radieschen verrichtete ihr Werk, während der Kater fremdartig vor sich hin fluchte: «Stronzo, Certino, Berlusconi …»

Danach erzählte Radieschen, dass ihre Tante auch geraten hatte, eine schwere Wunde mit Ringelblumen-Brei einzureiben. Wir drei Kühe gingen daher los, mampften Ringelblumen, verarbeiteten sie in unserer Schnauze zu einem Brei und spuckten ihn dann auf das Bein des Katers. Dort verrieb ich ihn sanft auf der Wunde mit meiner Schnauze. Der Kater kommentierte dies seufzend: «Diese Brei wäre die ekeligste Sache, die ich in meine Lebe erlebte hätte, wenn es nicht hätte eben gegebe die Angepinkele.»

Radieschen betrachtete sich das gelb eingeschmierte Bein des Katers und meinte: «Entweder hilft das …»

«Oder?», wollte ich wissen.

«Es ist mal wieder ein Beispiel für den albernen Humor meiner Oma.»

Der Kater hörte das nicht mehr, er jaulte nur noch herzzerreißend: «Es tute mir leide, dass ich dich habe in Stich gelasse …»

Dann wurde er ohnmächtig.

«Wen hat er wohl im Stich gelassen?», fragte Radieschen neugierig.

«Keine Ahnung», antwortete ich. «Und das ist jetzt auch nicht wichtig. Wir können ihn hier draußen nicht liegenlassen über Nacht.»

Ich packte den Kater erneut mit meiner Schnauze am Fellkragen und trug ihn, während die Sonne hinter den Wolken unterging, in Richtung Stall. Mit jedem Schritt musste ich mehr an Champion und Susi denken, und der heiße, stechende Schmerz in meinem Herzen wurde wieder größer. Am liebsten hätte ich mich umgedreht und wäre nie wieder in den Stall gegangen, aber hier ging es um Leben und Tod. In seinem Zustand durfte er einfach nicht die Nacht im nassen Gras verbringen. Als wir vor die Tür traten, war mein Liebesschmerz so groß, dass ich mich fast schon nach Old Dog zurücksehnte, damit ich ihn verdrängen konnte.

Aus dem Stall heraus kam uns der Bauer entgegen, er nahm keine Notiz von uns, ganz offensichtlich hatte er mal wieder diesen Scheißkorn getrunken, und murmelte nur: «Bald ist hier alles vorbei, bald ist hier alles vorbei.»

Was genau vorbei sein sollte, war mir natürlich nicht klar, und es war mir in diesem Moment auch völlig einerlei, denn als wir durch die Tür traten, sah ich auch schon Champion. Beinahe hätte ich den Kater aus meinem Maul fallen lassen, weil mir richtiggehend schlecht wurde. Doch Champion ging mir aus dem Weg, fragte nicht nach dem Tier in meiner Schnauze, sondern respektierte meinen Wunsch, mir nicht mehr zu nahe zu kommen. Hilde merkte natürlich, wie es mir ging, und raunte mir zu: «Wenn du willst, mach ich ihn mit einem Tritt zum Ochsen.»

Doch das wollte ich nicht. Ich wollte gar nichts mehr. Nur mich in meine Ecke des Stalles verziehen und in Ruhe weinen. In der Box legte ich den Kater auf das Stroh vor mir und beneidete ihn: Ich wäre jetzt auch gerne bewusstlos gewesen.

Als es endgültig dunkel wurde, schliefen die anderen Kühe friedlich ein, und ihr Schnarchen wurde nur ab und an unterbrochen von Pups-Onkels Blähen. Für mich war es jedoch völlig unmöglich, ein Auge zuzumachen. Zum einem steckte mir die Begegnung mit Old Dog in den Knochen, zum anderen schwirrten mir die Bilder von Champions Susi-Besteigung durch den Kopf. Ich starrte durch das Stallfenster auf den Mond, der hoch und voll am Himmel prangte und den die Gotteskuh Naia einst, so wie es in den heiligen Liedern von uns Kühen besungen wurde, aus ihrem Käse geformt hatte:

Wie Naia den Mond erschuf

Naia sah alles an, was sie gemacht hatte, und siehe, es hätte viel besser sein können. Gewiss, sie hatte viel Schönes erschaffen: die Schmetterlinge, die Blumen und das Gras. Anderes jedoch war ihr nicht so gut gelungen: das Unkraut, die Schweine, die Zecken. Da die Gotteskuh jedoch nicht übermäßig zur Traurigkeit neigte, freute sie sich über das, was sie geschafft hatte. Was wollte man schon groß erwarten nach nur sechs Tagen Arbeit?

Mit einem Male brach jedoch die Nacht herein. Die Gotteskuh blickte in die Schwärze des Himmels und sah, dass sie nichts sah. Sterne und Mond hatte sie noch nicht erschaffen. Die Wesen, die Naias neue Erde bevölkerten, beschwerten sich bitterlich über die Dunkelheit. Schmetterlinge so sehr wie die Schweine, Singvögel so sehr wie die Otter. Nur die Fledermäuse waren froh, konnten sie doch mit den anderen Tieren im Dunkeln fröhlich Schabernack treiben.

Um die Dunkelheit zu vertreiben, molk Naia sich selber und formte aus ihrer Milch einen unendlich großen Käse. Den schleuderte sie mit aller Macht in den Himmel und fortan prangte der Mond am Firmament und beschien leuchtend hell die Erde. Alle Wesen jubilierten, dass man nun in der Nacht sehen konnte, alle bis auf die Fledermäuse.

Um ihren Geschöpfen noch mehr Freude zu bereiten, schleuderte die Gotteskuh Tropfen ihres Pipis in den Himmel, und fortan funkelten neben dem Mond jetzt auch die schönsten Sterne.

Naia sah erwartungsvoll zu ihren Geschöpfen, gewiss würden sie sich über die Sterne genauso freuen wie über den Mond. Doch ihre Geschöpfe starrten die Gotteskuh nur an. Schließlich räusperte sich ein Regenwurm: «Das mit dem Pipi war jetzt schon ein bisschen widerlich.» Und alle Tiere stimmten ihm eifrig zu. Da ahnte Naia das erste Mal, dass sie es mit ihren Geschöpfen nicht so einfach haben würde.

Ja, so dachte ich bei mir, wenn man nicht allein auf der Welt war, konnte man von anderen verletzt werden. So wie ich von Champion. Vor die Wahl gestellt, hätte ich lieber einsam in der unendlichen Milch gebadet, als mich diesem Schmerz auszusetzen.

Ich starrte weiter auf den Mond und fragte mich, warum er nicht schimmelte, wenn er aus Käse war. Da hörte ich mit einem Mal, wie der Kater leise lachte. Ich ließ Käsemond Käsemond sein und blickte zu ihm: Er fieberte vor sich hin. Und er begann, im Schlaf zu reden, über fremdartige Dinge, von denen ich noch nie zuvor gehört hatte: «Calamari … Sushi … Ménage à trois …»

Was das wohl für Sachen waren?

Er redete immer weiter, selig lächelnd: «Ménage à quatre … Ménage à neuf …»

Das klang alles seltsam. Woher der Kater wohl stammte? Er hatte ja was von bella Italia gemurmelt. So, wie er lächelte, musste es ein sehr, sehr schöner Ort sein. Ich sehnte mich auch nach einem schönen Ort. Einem, an dem ich glücklich werden konnte, ohne Champion, ohne Susi, ohne gebrochenes Herz.

Nach langer Zeit, es dämmerte schon, hörte der Kater auf zu reden und schlief ganz ruhig. Ich fühlte wieder vorsichtig mit meiner Schnauze an seiner Stirn: Das Fieber schien zurückzugehen. Naia sei Dank!

Als unser alter Hahn im Morgengrauen krähte, riss der Kater seine Katzenaugen weit auf: «Ich habe eine schreckliche Traume gehabt! Ich habe geträumte, eine Kuh habe auf mich gepinkelte.»

Ich verriet ihm lieber nicht, dass dies kein «Traume» gewesen war. Stattdessen stellte ich mich vor: «Ich heiße Lolle.»

«Was für eine bezaubernde Name …»

Und ich dachte mir, was ich schon immer über meinen Namen gedacht habe: «Geht so.»

«Ich heiße Giacomo!», strahlte er.

Selbst sein Name klang fremdländisch, als ob er von einem aufregenden Orte stammte, einem, an dem ich womöglich glücklicher sein konnte als hier. Daher konnte ich nicht mehr an mich halten: Ich wollte nicht wissen, wie der Kater sich fühlt, ob sein Bein noch schmerzt oder ob ich ihm etwas zu trinken bringen soll. Stattdessen fragte ich das, was mich so brennend interessierte: «Erzählst du mir von bella Italia, Giacomo?»

Kapitel 6

Mit klopfendem Herzen wartete ich auf die Antwort, doch bevor der Kater etwas sagen konnte, betrat der Bauer den Stall und brüllte: «So, ihr blöden Viecher, jetzt wird gemolken!»

Dies war nicht gerade ein Vorgang, der zu den Höhepunkten des Tages zählte.

Die Kühe trotteten aus dem Stall in Richtung Melkanlage. Auch die Stiere machten sich auf den Weg, sie durften schon auf die Weide. Ja, die Männer hatten es einfach in allem besser als wir.

Champion schlich an meiner Box vorbei und sah mich mit einem «Können wir nicht vielleicht doch miteinander reden»-Blick an. Ich starrte verletzt mit einem «Nicht ohne dass ich dabei sofort losheule und daher lieber nicht»-Blick zurück. Champion respektierte meinen Wunsch erneut, so sensibel war er dann doch, und zuckelte geknickt aus dem Stall.

«Iste er deine Manne?», unterbrach Giacomo meine Gedanken.

Und ich antwortete im gleichen Tonfall: «Er iste meine Deppe.»

«Wir Männer oft seie Deppe», grinste Giacomo.

«Sieh an», lachte Hilde, die an die Box getreten war, «ein männliches Wesen mit Selbsterkenntnis. Ich dachte, die sind so häufig wie fliegende Schweine.»

Sie betrachtete sich Giacomos Wunde, die schon viel besser aussah, und staunte: «Wahnsinn, Radieschen hat tatsächlich recht gehabt.»

«Natürlich hab ich das», strahlte Radieschen, die hinzukam, «was hast du denn erwartet?»

«Ehrlich gesagt, einen Kadaver», antwortete Hilde.

Radieschen muhte auf: «Du bist so fies!», und stapfte eingeschnappt davon.

Hilde folgte ihr und sagte: «Hey, Süße, sei doch nicht gleich eingeschnappt! Immerhin habe ich nicht das gesagt, was ich wirklich gedacht habe.»

«Was war das denn?»

«Bepinkelter Kadaver!»

«Du bist fieser als fies!», motzte Radieschen und ging aus dem Stall, gefolgt von der lachenden Hilde. Als Letztes trabte Susi an mir vorbei und grinste mich dabei triumphierend an: «Ach übrigens, ich bin gleich nach dem Melken mit Champion verabredet!»

Ja, wenn jemand in einer offenen Wunde bohren konnte, dann war es Susi.

«Die Kuh iste eine Slampe, ja?», fragte Giacomo, als sie den Stall verlassen hatte.