Muttererde - U. B. Bourbon - E-Book

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U. B. Bourbon

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Beschreibung

Ein Richter ohne Kopf, ein Gerichtspräsident, der in Borniertheit badet, eine ländliche Polizeidienststelle mit einer fragwürdigen Belegschaft als auch involvierte Rotlichtgrößen liefern dem ermittelnden Hauptkommissar Sokolov und seinem Team eine Vielzahl von Motiven für einen barbarischen Mord. Die Ermittlungen führen zu weiteren Leichen und der Erkenntnis, dass hinter den Morden nicht nur ein hemmungsloser Mörder, sondern auch eine Tragödie steckt.

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Seitenzahl: 367

Veröffentlichungsjahr: 2016

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Der Autor

Der Autor, 1964 in Hamburg geboren, hat nach einer kaufmännischen Lehre, vier Jahren Marine und dem Studium der Betriebswirtschaft über 10 Jahre in leitender Funktion in der freien Wirtschaft gearbeitet. 2002 ging er nach Südostasien, wo er sich als Farmer auf einer eigenen Palmölplantage versuchte. 2009 kehrte er in seinen Geburtsort zurück und jobbte zunächst u. a. bei Abbruch- und Umzugsunternehmen.

Zurzeit arbeitet er für einen Bildungsträger an einer Stadtteilschule in einem sozialen Brennpunkt und berät dort Jugendliche zu ihrer beruflichen Perspektive.

U.B.Bourbon

Kriminalroman

www.tredition.de

© 2014 U. B. Bourbon

Umschlag: Elapress, Manuela Lilienthal

Verlag: tredition GmbH, Hamburg

ISBN

978-3-7345-0117-3(Paperback)

978-3-7345-0118-0(Hardcover)

978-3-7345-0132-6 (e-Book)

Das Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Prolog

Der letzte Freitag im Monat war immer ein ganz besonderer Tag. Zumindest im Sommer und wenn die Wettervorhersage viel Sonne voraussagte. Schon am Donnerstag wurde er mehrmals ermahnt, seine Sachen zusammenzupacken, da am Freitag die Zeit fehlte. Seine Mutter war da sehr genau und konnte auch schon mal laut werden, wenn er am Freitagmittag Punkt 15 Uhr nicht fertig zur Abreise bereitstand. Sie hatte immer um 14 Uhr Feierabend oder besser „Schichtende“. Sie arbeitete als Packerin in einem Logistikzentrum. 40 Stunden in der Woche Kommissionierwagen ziehen und Holzkisten versandfertig verpacken. Während der Arbeit trug sie einen Stützgürtel, damit ihre Bandscheibe das durchhielt. Lederhandschuhe, um sich keine Splitter von den Holzkisten einzufangen, und halb hohe Sicherheitsschuhe, um ihre Ferse zu schützen. Es konnte leicht passieren, dass man sich den mit schweren Holzkisten beladenen Kommissionierwagen in die eigene Ferse zog. Die Schuhe musste sie aus eigener Tasche bezahlen, da die vom Betrieb zur Verfügung gestellten Sicherheitsschuhe eben nur dem vorgeschriebenen Standard entsprachen und das bedeutete, Blutblasen an den Füßen und eben kaputte Fersen. Krankwerden hätte das Aus bedeuten können. Der befristete Vertrag lief über sechs Monate und konnte innerhalb von zwei Jahren mehrmals verlängert werden. Dann stand die Entfristung an, doch von ihren Kolleginnen hatte bisher keine einen entfristeten Vertrag bekommen. So wechselte das Personal am laufenden Band, und jeder hangelte sich zwischen Hoffen und Bangen durch die Monate. Die Frauen, bei denen die Verlängerung anstand, erkannte man sofort. Im Gesicht die Angst vor dem sozialen Abstieg und als einzige Alternative die Zeitarbeit, was noch schlechtere Konditionen zur Folge gehabt hätte. Der Betriebsleitung gefiel das gut. Die Belegschaft konnte sich aus Angst und aufgrund der Fluktuation nicht organisieren, und nicht wenige dienten sich der Leitung mit leichtsinnigen Zugeständnissen oder gar mit Denunziantentum an. Eine Arbeitnehmervertretung gab es auch, angeblich, sie hatte diese aber noch nie zu Gesicht bekommen. Der gewerbliche Arbeitnehmervertreter fiel nur durch seine exorbitante Krankenquote auf. Er hatte einen Festvertrag und war durch die besonderen Kündigungsfristen für Betriebsräte geschützt. Ansonsten zeugte nur ein Plakat im Aufenthaltsraum mit einer Telefonnummer von einem Betriebsrat. Doch das blieb nie lange hängen. Betriebskonforme Kollegen rissen es immer wieder runter.

Intern nannten sie es die „Hölle der Vernunft“. Denn das war es, was sie jeden Morgen um 4 Uhr in der Früh zum Schichtbeginn trieb. Die Vernunft. Die Einsicht, dass sie keine Alternative hatten. Sie, das waren hauptsächlich ältere Frauen, die ihre Ausbildungszeit gegen Kindererziehung getauscht hatten, oder eben alleinerziehende Mütter, die diese Arbeitszeiten nutzten, um wenigstens nachmittags für ihre Kinder da zu sein. So war es bei ihr auch. Ihr Sohn war ihr ein und alles, was zählte da schon eine Bandscheibe oder eine angerissene Ferse.

Doch am letzten Freitag im Monat war das alles vergessen. 14 Uhr Schichtende. Schnell nach Hause, Sachen einpacken und ab ins Grüne. Raus aus der Zweizimmerwohnung. Weit weg von der Siedlung und ihrem bescheidenen Leben. Die Reise ging an den Gartower See. Ein Stillgewässer in der Gemeinde Gartow im Landkreis Lüchow-Dannenberg in Niedersachsen. Ein etwa 3 Kilometer langer und 650 Meter breiter angelegter See. Sie teilten sich dort einen kleinen Campingwagen mit Bekannten aus der Hamburger Nachbarschaft. Am letzten Wochenende im Monat gehörte er ihnen. Das kleine Glück im Grünen.

Die Fahrt dorthin war schon ein Erlebnis für sich, denn er konnte mit ihr reden. Wo sollte sie auch hin, sie saß am Steuer und musste fahren. Sie waren ganz dicht beieinander, und die Stimmung war super. Zwei Stunden lang ein Zuhörer an seiner Seite, der sonst kaum Zeit für ihn hatte. Bei der Ankunft musste erst mal alles nach Plan laufen: die Anmeldung, den Schlüssel für die Schranke beim Campingwart abholen, Sachen aus dem Auto ausräumen und in den Campingwagen einräumen. Vorzelt aufbauen, Kühlschrank anwerfen und vollpacken, Betten beziehen, Freizeitklamotten an, und das Werk war vollbracht. Er durfte los. Rumtreiben, spielen und Kind sein.

In der Siedlung war das anders. Es gab wenig Platz und Grünflächen sowieso nicht. Dort ging es im Wesentlichen darum, den Älteren nicht in die Arme zu laufen und abgezogen zu werden. Hier am See hatten er und seine Spielkameraden alles, was ein Kinderherz höherschlagen ließ: Schilf, Dickicht, ausladende Grünflächen und einen See mit kinderfreundlichem Zugang. Natürlich durfte seine Mutter nicht wissen, dass er und die anderen Kinder heimlich zur Brücke schwammen, um sich im Arschbombenwettbewerb von jener zu stürzen.

Wie sonst auch, gab es an diesem Freitagabend um 19 Uhr Abendbrot und sie gestattete ihm, sich auszusuchen, ob er Frikadellen oder lieber Wurst, Pommes und Eis vom „Gartower Grill“ haben wollte. Nach dem Essen durfte er noch ein wenig bei den Erwachsenen sitzen und zuhören. Jedoch hielt er nicht lange durch und schlief, wie so oft, nach wenigen Minuten auf der Hollywoodschaukel ein. Sie brachte ihn liebevoll ins Bett, und er schlief wie ein Stein weiter. Geborgen und in Sicherheit, ohne eine Ahnung davon, dass er sie nie wieder sehen würde.

Kapitel I

Kriminalhauptkommissar Juri Sokolow wusste, dass nichts mehr zu holen war. Der Abend war komplett im Eimer, und es war nicht der erste gemeinsame Sonntag mit seiner Frau Svetlana, der in einem Streit endete. Er hatte noch versucht, die Stimmung zu retten, indem er sie zum Essen bei ihrem Lieblingsgriechen überredete, doch das ganze Unterfangen war kläglich gescheitert.

Sie hatten sich fünf Tage Urlaub mit der ganzen Familie gegönnt. Er, seine Frau Svetlana und seine beiden kleinen Töchter Natascha und Leoni. Fünf Tage Dorum an der Nordsee. Er liebte, wie er immer betonte, „seine Stadt“, doch das Großstadtleben forderte eben auch seinen Tribut. Dorum hingegen war ganz anders, im Winter sowieso. Unter der Woche und außerhalb der Ferien waren dort kaum Touristen, nur wenige Ältere, die sich der Ruhe hingaben. Das Wesentliche jedoch, was die Sokolovs mit Dorum verband, war neben der Ruhe und Abgeschiedenheit des Ortes ein knapp 150 Jahre alter und 40 Meter hoher Leuchtturm.

Juri hatte Svetlana erzählt: „Ich kenne einen Ort, an dem ein circa 150 Jahre alter Leuchtturm steht, der aber in Wirklichkeit 40 Kilometer entfernt erbaut wurde. Die Bewohner zerlegten ihn in seine Einzelteile und bauten ihn dann 40 Kilometer weiter an der Küste wieder auf: Das haben sie gemacht, damit Touristen den Turm besser besuchen können und damit dort Pärchen heiraten können“. Einen so alten Leuchtturm 40 Kilometer weiterzuschieben, bloß damit dort geheiratet werden kann, hielt Svetlana für eines von Juris Weihnachtsmärchen, die er gerne einmal erzählte, um seinen Kopf durchzusetzen. Sie vermutete, dass er sie nur dort hinschleppen wollte, weil es in dem Ort wohl wieder eine dieser Aus-Stellungen mit dem Thema „Massenmörder des zwanzigsten Jahrhunderts“ gab. Das hatte er schon einmal gemacht: Er hatte ihr von dem lieblichen, romantischen Ort Rothenburg ob der Tauber vorgeschwärmt. Von den niedlichen Fachwerkhäusern und den netten kleinen Cafés, doch das berühmte mittelalterliche Kriminalmuseum hatte er natürlich nicht erwähnt. So verbrachten sie reichlich Zeit damit, Folterwerkzeuge des Mittelalters, deren Anwendungsmechanismen sowie Auswirkungen auf Knochen und Haut zu analysieren. Selbstverständlich musste sie dabei sein, sonst hätte Juri keinen gehabt, mit dem er hätte diskutieren können. Nach diesem Abenteuer hatte Svetlana entschieden, sich die Urlaubsorte und Wochenendausflugsziele genauer anzuschauen. Sie gab ihm zu verstehen, dass, wenn dieser Leuchtturm und seine Geschichte nicht existieren würden, er zur Strafe die nächsten fünf Urlaube alles machen müsste, was sie ihm vorschlagen würde. Egal, ob Kaffeefahrt mit ihren Eltern oder Shoppingurlaub auf Sylt: Alles, ohne rumzunörgeln. Juri willigte ein, ohne zu zögern, forderte aber eine Gegenleistung, wenn die Geschichte wahr sei. Svetlana antwortete spontan: „Weißt du, Juri, wenn diese Story stimmt, heirate ich dich auf dem Leuchtturm.“

Juri wollte Svetlana schon länger heiraten, sie war für ihn die absolute Traumfrau. Doch Svetlana wollte den Einen für immer. Sie hatte Juri bereits zweimal vertröstet. Sie waren inzwischen acht Jahre fest zusammen und, genau genommen, war das mit der Heirat nicht eine Frage der Zeit, sondern eine Frage des richtigen Moments. Als sich herausstellte, dass die Geschichte, abgesehen von einigen Details, nicht erfunden war, machten sie Nägel mit Köpfen. Sie regelten einige organisatorische Dinge und ließen sich von dem Leuchtturmwärter trauen. Die Trauung war einzigartig. Eine kleine Gruppe in 40 Metern Höhe: der Leuchtturmwärter, der die Trauung vollzog, die Eltern des Brautpaares und die beiden Trauzeugen. Die Bude war rappelvoll. Damit die Trauung rechtskräftig wurde, mussten sie eine Nacht auf dem Leuchtturm verbringen. Die kleine Kajüte beinhaltete Tisch, zwei Stühle und eine 150 Jahre alte Koje. Nach der Trauung und einem kleinen Imbiss verließen alle Beteiligten den Leuchtturm, nur Juri und Svetlana blieben in der Kajüte zurück. Es wurde eine der schönsten Nächte, die sie bis dahin gemeinsam erlebt hatten. Der eisige Nordseewind pfiff um den Turm und sang die Melodie der rauen See. Die Wellen schlugen unermüdlich und mit lautem Getöse gegen das Fundament. Sie hatten sich geliebt und dann gemeinsam durch das kleine Bullauge in die tanzenden Sterne geschaut. In diesem Moment verband sie die Gewissheit, dass sie sich für immer lieben würden, und Svetlana wusste, nun hatte sie den Einen für immer.

Die Sokolovs hatten sich wieder das etwas außerhalb stehende Häuschen gemietet, in dem sie damals den Rest ihrer Flitterwochen verbracht hatten. Seit der Hochzeit auf dem Leuchtturm kamen sie immer wieder hierher und mieteten dasselbe Haus, direkt hinter dem Deich. Vom Balkon aus konnten sie aufs Meer blicken. Das Wetter passte gut, es hatte kaum geregnet, und der ständige Wind half dabei, den Kopf durchzupusten. Die Kinder spielten die meiste Zeit draußen, und spätestens nach dem Abendbrot hatten sie sich fast ohne Murren ins Lummerland verabschiedet und bis morgens durchgeschlafen. Die Vermieterin betonte immer, dass es für Stadtkinder nichts Besseres geben würde als Nordseeluft. „Dasselbe gilt im Übrigen auch für das Liebesleben von Ehepaaren“, flüsterte sie dann mit einem Spitzbubenlächeln.

Der ganze Urlaub war für alle ein wahrer Segen und für Juri und Svetlana erst recht. Über die Urlaubstage entstand so etwas wie Normalität, Routine und Sicherheit. Wie auch immer man es nennen wollte, es war etwas, was sie wieder näher zueinanderbrachte. Der Ausflug in die Einöde war ein Ausflug in eine andere Realität. Hier gab es keine Mörder und auch keine Tragödien, welche Lichtjahre vom menschlichen Verständnis entfernt waren. Hier waren sie eine ganz normale Familie, wo der Papa beim Abendbrot mit am Tisch saß und später auf dem Sofa vor dem Spielfilm in den Armen seiner Frau einschlief. Doch der Urlaub war jetzt zu Ende, und Juri hatte wieder Bereitschaft.

Die Kinder waren zu Hause versorgt, und der Abend beim Griechen sollte für seine Frau und ihn ein netter Abschluss für den gelungenen Urlaub sein. Die gereizte Stimmung kam schon am Nachmittag hoch und gipfelte beim Essen. Als Auslöser eine Peperoni, wobei es auch alles andere hätte sein können. Der Streit war unvermeidbar. Svetlana wusste, dass sie ihren Mann nun wieder teilen musste. Mit all den Verrückten da draußen, die nichts Besseres zu tun hatten, als aus diesem Planeten einen Moloch aus Boshaftigkeiten zu stricken. Dieser Gedanke machte Svetlana innerlich rasend. Auch wenn sie ihren Mann über alles liebte, wusste sie nicht, wie viele Jahre sie das noch durchstehen konnte. Juri hingegen versuchte, die Anspannung zu überspielen, vornehmlich mit guter Laune und aufgesetzter Harmonie, aber das hielt nicht lange. Juri war kein guter Schauspieler, und immer, wenn er es versuchte, brachte er seine Frau noch mehr auf die Palme. Das Schlimme daran war, dass er wusste, dass sie recht hatte. Er konnte es seiner Frau nicht einmal verübeln. Sie hatte zu Recht das Gefühl, dass sie nur an einem geringen Teil seines Lebens teilhaben durfte. Nie gab es Erklärungen, wenn er spät oder gar nicht nach Hause kam. Darüber hinaus die ständige Angst, es könnte was passieren, und das trotz seiner Beteuerungen, dass er nur ermittelnder Hauptkommissar bei der Mordkommission sei und nicht bei dem mobilen Einsatzkommando oder Ähnlichem. Er konnte aber auch nicht aus seiner Haut. Er bestand immer darauf, das Private und das Berufliche strikt voneinander zu trennen, so wollte er ein Maximum an Sicherheit für seine Familie herausholen. Das war für einen leitenden Kommissar der Hamburger Mordkommission ein schwieriges Unterfangen: Einerseits seine Familie durch Normalität schützen zu wollen und ein guter Kriminalbeamter zu sein vertrug sich einfach nicht. Allem voran diese Arbeitszeiten, die immer eine Feier, einen Kindergeburtstag oder ein gemütliches Beisammensein zerstörten. Nicht zu vergessen die schlaflosen Nächte, in denen er nicht abschalten konnte und die Fratzen der Leichen in seinem Kopf Schabernack trieben. Dennoch liebte Juri seinen Beruf: die Welt etwas besser zu machen, wenn er einen von den Gangstern, die da draußen rumliefen, dingfest machte.

Es ließ nicht lange auf sich warten, und diese Liebe zu seinem Beruf wurde mal wieder auf eine harte Probe gestellt.

Da war er wieder, der Moment, der alles Friedfertige und sämtliche mühsam aufgebaute Normalität zerstörte. Das so banale Klingeln eines Telefons, ein fast schon lieblich anmutender Klingelton, der alles hätte bedeuten können. Doch an einem Sonntagabend um 22.30 Uhr hatte es nur eine Bedeutung: Es gab eine Leiche.

Kriminalhauptkommissar Juri Sokolov nahm den Hörer vom Telefon nach mehrmaligem Klingeln mit der Gewissheit ab, dass er, selbst wenn er nicht rangehen würde, dem nicht entkommen könnte. Schließlich war es sein Beruf. Am anderen Ende der Leitung war sein langjähriger Kollege bei der Mordkommission, Hauptkommissar Peter Dudeck, der von seinen Freunden und guten Kollegen Locke genannt wurde. Er hatte eine Birne, so glatt und groß wie eine Bowlingkugel.

„Moin, Juri, hier ist Locke.“

„Moin, Locke, konntest du nicht woanders anrufen?“ „Klar! Hab ich auch versucht. Die waren nur nicht so dumm ranzugehen! Außerdem wäre es vielleicht gar nicht so schlecht, wenn du dir das hier mal selbst anschaust. Ist ne‘ echte Sauerei.“

„Okay, warte einen Moment, ich leg dich nach unten.“ Er ließ sich das Gespräch von seiner Frau Svetlana in das Arbeitszimmer legen, damit er ungestört reden konnte: „So, da bin ich wieder, dann schieß mal los.“ „Na gut, nur die prägnanten Einzelheiten. Oder besser, ich prophezeie dir die Schlagzeilen von morgen: ‘Hamburger Richter in seiner Villa geschlachtet‘.“

„Na prima, das ist doch wirklich ein fantastischer Ausklang von einem gemütlichen Wochenende. Wer ist es denn?“

„Sein Name ist Helmut Winger, kein wirklicher Promi, aber er hat es bis zum Landgericht gebracht. Ich hatte noch keine Zeit, seinen Werdegang zu untersuchen, aber wie auch immer, Verdächtige vermutlich eine Million, mindestens. Lass uns über Einzelheiten reden, wenn du hier bist.“

„Alles klar, gebt mir eine Stunde, dann bin ich da.“

Juri notierte den Tatort, legte auf und atmete tief durch. „Ein Richter! Ausgerechnet. Das bedeutet öffentliches Interesse, Medien, unzählige Verdächtige, Berge von Akten, den Polizeichef im Nacken und wenig Zeit für Erfolge.“ Eigentlich alles, was ein Ermittler nicht braucht. Juri packte seine Sachen und machte sich auf den Weg zu seiner Frau ins gemeinsame Schlafzimmer. Seine Frau fragte nicht, musste sie auch nicht. Erstens würde er ihr sowieso nichts erzählen, und zweitens sah sie es in seinen Augen: Es würde eine lange Nacht werden, und mit Sicherheit nicht nur eine. Während Juri telefonierte, machte sie ihm belegte Brote und eine Thermoskanne mit frischem Kaffee. Sie kannte diese Telefonate zur Genüge und somit auch das nachfolgende Prozedere. Eine liebevolle wortkarge Verabschiedung und das bittere Gefühl, ihren Mann mit den ganzen Verrückten da draußen teilen zu müssen.

Kriminalhauptkommissar Juri Sokolov machte sich auf den Weg zu der Adresse, die ihm sein Kollege genannt hatte. Ungefähr 30 Minuten Fahrt, vielleicht weniger. Sonntagnacht waren die Straßen einigermaßen leer. Während der Fahrt versuchte er, sich auf das, was auf ihn zukam, einzustimmen. Er hatte schon viele Leichen gesehen, aber Routine war es nie. Immer ein anderes Schicksal, immer andere Umstände, und immer, wenn einer seiner Kollegen von einer „Sauerei“ sprach, wusste er, dass er wieder eine Fratze mit nach Hause nehmen würde.

Der Tatort, der in der Straße lag, in die er einbog, glich einem Jahrmarkt. Das komplette Viertel war schon weiträumig abgesperrt, aber wie so oft hatten sich Reporter, Schaulustige und Anwohner an der Absperrung versammelt und die Zufahrt blockiert. Mehrere Übertragungsfahrzeuge von unterschiedlichen Fernsehsendern hatten sich auf beiden Seiten der Straße postiert und berichteten live.

Da er mit seinem zivilen Dienstwagen unterwegs war und die Absperrung von der Bereitschaftspolizei übernommen wurde, musste er mehrfach seinen Dienstausweis vorzeigen, bis er am Tatort ankam. Er blieb noch eine kurze Weile im Auto sitzen, um die Umgebung auf sich wirken zu lassen. „Teure Wohngegend, viele Einzelhäuser, aber keine wirkliche Villengegend. Gehobener Mittelstand oder unteres Bonzenviertel, je nachdem, wie man es haben wollte. Die Straße verkehrsberuhigt mit zahlreichen Parkbuchten und einer guten Straßenbeleuchtung. Trotzdem, durch eine Vielzahl großer Bäume, massenhaft dunkle und versteckte Ecken. Die Häuser, die das Haus des Opfers umgaben, waren durch Hecken und Zäune abgetrennt, die vorderen und hinteren Gärten schwer einsehbar. Für einen Raub oder Einbruch eigentlich gute Voraussetzungen, doch an einem Sonntag? Um diese Jahreszeit sind die meisten Menschen sonntags zu Hause. Vielleicht war ja genau das sein Verhängnis?“ Das Klopfen an seiner Autoscheibe riss ihn aus seinen Gedanken.

„Hey, Chef, nicht im Auto weiterknacken. Hier gibt es jede Menge Arbeit.“ Es war Locke, der mit seiner dicken Birne und einem Grinsen durchs Fenster glotzte. Kriminalhauptkommissar Juri Sokolow stieg aus dem Wagen und begrüßte seinen Kollegen mit einem Handschlag: „Schade, ich hatte schon gehofft, dass ihr mich nicht findet. Also, schieß los, wie sieht es aus?“

„Wir können gleich rein, die Spurensicherung braucht nur noch ein bisschen, um alles abzudecken. Die benötigen garantiert zwei Tage, um das alles einzutüten. Martin und Ich waren vorhin schon drin. Kein schöner Anblick, aber du kannst dich gleich selbst davon überzeugen.“

„Was ist die Todesursache?“

„Ich würde sagen, er ist ausgeblutet. Viele Messerstiche, dazu noch stranguliert und diverse verdrehte Knochen. Seinen Kopf haben wir in der Küche im Hausmüll gefunden. Dem Geruch nach liegt der gute Richter bereits einige Tage dort so rum. Genaueres natürlich erst nach der Obduktion, aber eins ist jetzt schon klar: Da hat sich jemand richtig ausgetobt!“

„Wer hat ihn gefunden?“

„Seine Tochter, Barbara Winger, jetzt heißt sie mit Nachnamen Kamms. Sie hat einen Schlüssel zum Haus.“

„Habt ihr mit ihr geredet?“

„Juri, bitte! Sei froh, wenn die überhaupt noch mal redet. Wir haben sie ins Krankenhaus bringen lassen. Der Arzt informiert uns umgehend, wenn es ihr wieder besser geht.“

„Und wer hat die Polizei gerufen?“

„Nachbarn. Die haben Frau Kamms völlig hysterisch schreiend auf der Straße gesehen und die Polizei alarmiert.“

„Gibt es noch andere Angehörige? Eine Frau Winger?“ „Eine verstorbene Ehefrau und noch einen Sohn. Thorsten Winger, der lebt aber irgendwo in England. Wir haben bereits alles in die Wege geleitet, damit er informiert wird.“

„Na, wenigstens bleibt uns das erspart.“

„Du sagst es.“

„Okay, dann wollen wir mal. Ich möchte vorher auf jeden Fall noch mit Claudia reden.“

„Lässt sich machen. Sie ist gerade rausgekommen und steht dort drüben und raucht.“

Juri kannte Professor Dr. Claudia Springer schon länger. Sie war die leitende Rechtsmedizinerin und seit vielen Jahren dabei. Ein absoluter Profi, und wenn sie rauchte, war das immer ein schlechtes Zeichen.

Anfänglich waren sie ziemlich aneinandergerasselt. Wobei er sich mittlerweile fast sicher war, dass seine Teamkollegen das forciert hatten, um sich mit ihm einen Spaß zu machen. Sie hatten ihn ohne Warnung zu der „Pathologin Claudia“ geschickt und sich aus sicherer Distanz das Spektakel angeschaut. Er hatte gerade frisch bei der Mordkommission angefangen und versucht, ihr gegenüber den Kommissar rauszulassen. Doch damit nicht genug, zu allem Überfluss hatte er sie auch noch geduzt und als Pathologin bezeichnet. Sie reagierte prompt, und es brach wie ein Gewitter über ihn herein. Professor Dr. Claudia Springer schaute ihn mit einem dermaßen abschätzenden und mitleidsvollen Blick an, dass er am liebsten im Boden versunken wäre, ohne genau zu wissen, was er falsch gemacht hatte. Dann startete sie ihren Vortrag: „Mein lieber Herr Kommissar. Dass Sie mich geringschätzig behandeln und duzen, kann ich ertragen, denn da halte ich es mit dem Sprichwort: ‚Was stört es die stolze Eiche, wenn sich ein garstig, borstig Vieh an ihr reibt?‘ Doch mich als Pathologin zu bezeichnen, kränkt mich in meiner Berufsehre und zeigt mir, dass Sie ein völlig inkompetenter Mensch sind. Inkompetenz ist mir zuwider! Eine Pathologin untersucht den natürlichen Tod einer Person und beschäftigt sich mit Forschung, während die Rechtsmediziner, dort tätig werden, wo geklärt werden muss, ob der Tod einer Person auf das Verschulden Dritter und/oder auf kriminelle Machenschaften zurückzuführen ist. Der Facharzt für Rechtsmedizin arbeitet im Auftrag der Staatsanwaltschaft und klärt die Todesursache, den Todeszeitpunkt und die Todesart. Dafür verwendet er die aufwendigen und teuren mikroskopischen, chemischtoxikologischen und/oder molekulargenetischen Methoden. Im Übrigen braucht man neben dem sechsjährigen Medizinstudium noch ungefähr drei weitere Jahre Fortbildung, um den Titel Fachärztin für Rechtsmedizin tragen zu dürfen. Es ist mir eigentlich egal, was ihr dort auf eurer Bullenschule lernt, aber das ‚Quincy‘ schauen, das sollten sie euch verbieten.“ Nach einer dramatischen Pause rundete sie ihren Vortrag mit den folgenden Worten ab: „Haben wir uns für die zukünftige Zusammenarbeit verstanden, Herr Kommissar?“

Er hatte sie verstanden, und der Vortrag hatte gesessen. Das war aber schon lange her, und inzwischen kamen sie hervorragend miteinander aus.

„Hallo, Claudia, wie sieht es aus?“

„Hallo, Juri, frag lieber nicht. Ich hab ja schon einiges gesehen, aber da hat jemand ganze Arbeit geleistet. Selbst wenn wir mit dem ganzen Team rangehen, wird es mindestens 24 Stunden dauern, bis wir etwas sagen können.“

„Schon klar, ich wollte dich nicht hetzen. Aber gib mir doch irgendwas, auch wenn es Vermutungen sind. Ich werde dich auch nicht darauf festnageln.“

Juri wusste genau, dass Claudia ungern Vermutungen anstellte und sich sowieso nicht drängen ließ, aber aufgrund der Brutalität des Verbrechens machte sie eine Ausnahme.

„Okay, wahrscheinlich handelt es sich bei dem Täter um einen Mann oder eine sehr kräftige Frau. Wer so zusticht, muss schon ordentlich Kraft haben. Die Messerstiche sind wahllos ausgeführt worden. Könnte eine Art Blutrausch gewesen sein. Dem Gerinnungszustand zufolge kann man schon sagen, dass er dem Opfer erst die Knochen gebrochen und dann Stücke aus ihm rausgeschnitten hat. Wie er das machen konnte, ist noch völlig unklar. Vielleicht hat er das Opfer gefesselt und dann betäubt oder andersherum.

Ob das Opfer beim Zerstückeln der Gliedmaßen noch gelebt hat, kann ich nicht sagen. Die nachträgliche Strangulation und Enthauptung zeugt eindeutig von einem gestörten Verhältnis zwischen Täter und Opfer. Entschuldige, kleiner Scherz, etwas Sarkasmus hilft mitunter.

Kurzum, der Täter wollte dem Opfer möglichst viel und lange wehtun. Aber wie bereits gesagt, alles Vermutungen, die Fakten kriegst du schnellstmöglich auf den Tisch.“

„Dank dir, damit kann ich etwas anfangen. Gute Arbeit. Vielleicht einen ungefähren Todeszeitpunkt?“

„Bei dem Zustand…, von dem, was übrig geblieben ist, vielleicht vier bis sechs Tage. Genauer geht es momentan leider nicht. Übrigens haben wir alles, inklusive Kopf, eingepackt. Martin und Locke haben das abgesegnet. Und außerdem ist alles dokumentiert und fotografiert. Ich dachte mir, in der Rechtsmedizin kann ich mehr rausholen, als wenn der Richter hier rumliegt.“

„Ist doch klar, und für den Anfang reicht das. Wir sprechen uns morgen, und noch mal danke! Ich werde jetzt reingehen und versuchen, mir ein Bild zu machen. Locke, ich möchte dich und Martin dabei haben.“

„Kein Problem, Martin wartet bereits vor der Eingangstür auf dich.“

Juri ging auf den Hauseingang zu und begrüßte seinen Kollegen Martin Rogge mit einem Handschlag. Er war froh, ihn hier am Tatort zu haben. Martin hatte schon die Sitte und das Einbruchsdezernat hinter sich und war dann in sein Team bei der Mordkommission gekommen. Ein alter Hase, mit sehr guten Kontakten zu den unterschiedlichsten Dezernaten.

„Moin, Juri, wie war der Urlaub?“

„Natürlich wie immer, Martin, zu kurz, aber was nützt das Jammern, wenn keiner zuhört.“

„Wem sagst du das. Die Welt ist einfach ungerecht.“ „Also wenn ihr mit dem gegenseitigen Bemitleiden fertig seid, könnten wir endlich anfangen?“

„Locke! Du musst noch viel ruhiger werden. Aber recht hast du. Also, Martin, wie sieht es mit Einbruchsspuren

aus?“

„Nichts, rein gar nichts. Kann sein, dass der Richter seinen Schlächter reingelassen hat, aus welchem Grund auch immer. Zum Beispiel, weil er ihn kannte. Oder der Täter hat sich unter irgendeinem Vorwand Zutritt zum Haus verschafft. Eine andere Variante wäre, dass der Täter einen Schlüssel besaß. Wir haben das schon auf dem Zettel, zu prüfen, wie viele Schlüssel existieren. Das Problem ist nur, dass das Opfer Eigentümer war oder ist? Egal, somit konnte er auf jeden Fall so viele Schlüssel verteilen, wie er wollte. Aber wie gesagt, wir sind da dran.“

„Na gut, dann mal rein in die gute Stube.“ Martin und Locke nickten und folgten Juri in die Eingangshalle.

Juri protokollierte seine Eindrücke: ein zweistöckiges Haus, die untere Etage eher langweilig bis spießig eingerichtet. Das Erste, was ihm auffiel, war, dass es wenig Fotos gab. Keine Urlaubsbilder oder Bilder von Freunden, Sportereignissen oder Familienangehörigen. Eher ungewöhnlich, da ältere Menschen sich oft über Bilder ihr Leben in Erinnerung rufen. Wobei, so alt war der Richter doch noch gar nicht: „Locke, wie alt war der Richter?“

„Der wäre in 4 Monaten 57 Jahre alt geworden.“

„Gut, also noch kein Alter, um als hilfloses und leichtes Opfer durchzugehen. Hier unten ist alles weitestgehend so, wie es sein soll. Sieht eher so aus, als wäre der Richter kein häuslicher Typ gewesen. Alles so ein bisschen auf schnell und billig eingerichtet. Auf jeden Fall wohnte hier keine Frau, und wenn doch, eine mit zwei linken Händen.“

„Oder eine Blinde“, ergänzte Martin mit einem Lächeln. „Aber noch mal, es gibt hier unten keine Kampfspuren, Blutspuren oder Sonstiges. Locke, hattest du nicht gesagt, ihr hättet seinen Kopf in der Küche in der Mülltonne gefunden? Das ist doch die Küche dort hinten, oder gibt es noch eine zweite?“

„Nein, das ist die einzige. Aber das ganze Blutbad bzw. Massaker hat in der oberen Etage im Schlafzimmer stattgefunden. Wir haben natürlich auch unten alles durchsucht. Als wir in den Müll geschaut haben, lag dort sein Kopf.“

„Wer trennt einen Kopf ab, bringt ihn eine Etage tiefer und wirft ihn in den Hausmüll?“

„Keine Ahnung, ich kenne nicht so viele, die Köpfe abschneiden“, erwiderte Martin, der Sarkasmus für eine Tugend hielt. Er pflegte auch zu sagen: „Die Mordkommission ist besser als die Sitte, da hat man es nur mit totem Elend zu tun. Während bei der Sitte das Elend noch atmet.“

Juri und Locke schauten sich an, rollten mit den Augen und lauschten weiter Martins Ausführungen. „Aber viel interessanter ist doch die Frage, wie ausgekocht muss jemand sein, der nach so einer Tat mit einem Kopf unterm Arm durch das Haus läuft? Wir haben bisher auch keine Tatwaffe gefunden. Weder das Messer, mit dem er zugestochen hat, noch etwas, womit er den Kopf abtrennen konnte. Auch keine Seile, Schnüre oder Sonstiges. Das muss er jedoch benutzt haben, um das alles anrichten zu können. Leute, das macht mir richtig Sorgen: ein Irrer, der hinterher aufräumt?“

Juri und sein Kollege Locke wussten genau, was Martin meinte. Hier war ein Irrer mit System am Werk oder hoffentlich „nur“ jemand, der es nach einem Irren aussehen lassen wollte, aber dafür skrupellos war.

„Na gut. Martin, ich möchte von der Spurensicherung das ganze Programm haben, und die sollen mir nicht mit Kapazitätsproblemen kommen.“

„Ist schon in Arbeit. Claudia hat unserem Fall erste Priorität eingeräumt. Aber ich werde gleich noch mal Druck machen.“

„Prima, und du, Locke, erzählst mir erst mal, wie das hier oben deiner Meinung nach abgelaufen ist.“

„Also, nach jetzigem Kenntnisstand, hat der Täter das Opfer mit Handschellen ans Bett gefesselt. Wie er das schaffen konnte, ist noch nicht raus. Auf jeden Fall weisen die Schnürspuren an den Handgelenken darauf hin, dass das Opfer über einen längeren Zeitraum gefesselt war. Der Richter wurde hier auf dem Bett gefoltert. Dabei wurden ihm erst die Arme und Beine mit einem Gegenstand, vielleicht einem Baseballschläger, gebrochen. Danach hat der Täter ihm mit einem Messer oder einem ähnlich scharfen Gegenstand Stücke aus den Muskeln geschnitten. Wie bereits gesagt, da wollte jemand dem Richter ordentlich wehtun. Weiterhin sind auf der ganzen Etage Blut und Fingerabdrücke verteilt. Trotzdem glaube ich nicht, dass die von unserem Mann dabei sind. Dafür hat er zu gründlich aufgeräumt.“

„Fehlt etwas?“

„Schwer zu sagen, wir haben niemanden, der das überprüfen könnte. So offensichtlich nichts, obwohl einige Schubladen durchwühlt wurden. Wonach der Täter auch immer gesucht hat. Vielleicht war es auch der Richter selbst, und er hat die Schubladen nur offen stehen lassen.“

Juri ließ die Eindrücke, die sein Kollege Locke geschildert hatte, auf sich wirken und studierte die Umgebung. Ihm fiel sofort auf, dass an dieser Etage etwas anders war als an der unteren. Die Einrichtung sah relativ neu aus, fast schon modern. Das Badezimmer war voll ausgestattet: durchsichtige Duschwände, Waschbecken und Wanne mit teuren Armaturen versehen, im Badezimmerschrank diverse Eaux de Toilette und Aftershaves. Noch auffälliger war das Schlafzimmer des Richters. Ein überdimensioniertes Wasserbzw. Himmelbett, dazu viele Spiegel und jede Menge Plüsch. Es erinnerte mehr an eine Pufflounge. Für einen 50-jährigen alleinstehenden Mann eher ungewöhnlich. Es sei denn, er hatte eine Geliebte.

„Ist etwas über eine Freundin bekannt?“

„Nein, leider nicht. Aber wir haben in einer der Schubladen Damenunterwäsche gefunden, wobei der Ausdruck Reizwäsche wohl treffender wäre: zwei Minislips und mehrere Strapsgürtel mit Strümpfen. Der Größe nach zu urteilen, waren die nicht für den Richter bestimmt.“ Locke konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Übrigens ist gerade der Alte vorgefahren.“

„Bitte, geht runter und setzt Frank Lehmgow ins Bild. Ich stoße gleich zu euch, gebt mir noch ein paar Minuten.“

„Geht klar, bis gleich.“

Juri versuchte, das Geschehene auf sich wirken zu lassen, und durchdachte die Möglichkeiten, die in Frage kommen konnten. Raubmord? Eher unwahrscheinlich, es sei denn, der Eindringling wollte durch die Folter an den Zugang zu einem Konto oder Safe kommen. Doch die Messerstiche in dem toten Körper und der abgetrennte Kopf? Vielleicht um abzulenken oder andere abzuschrecken? Diese Brutalität mit dem Armeund Beinebrechen war aber schon eine Milieuvisitenkarte. Eine Beziehungstat? Mord im Affekt mit Blutrausch und anschließendem Saubermachen? Sehr unwahrscheinlich. Dennoch kannte der Täter sich aus, er wusste, dass er Zeit hatte und nicht gestört werden würde. Der Täter wusste auch, dass man den Richter nicht so schnell vermisste und er mindestens einige Stunden Ruhe hatte. Also war er vertraut mit den Gewohnheiten des Richters. Das war alles genau geplant. Wobei…, Mord im Affekt? Der Richter wollte nicht so, wie er sollte, und dann wurde er massakriert. Wurden die Spuren nachträglich und absichtlich so gelegt? Wohl kaum, das hätte der Täter einfacher haben können. Ein Ritualmord? Es deutete viel darauf hin, doch meistens wären in dem Fall Informationen in Form von Blutschmierereien an den Wänden oder anderswo gefunden worden. Aber vielleicht reichte dafür die Zeit nicht? War ja auch ein ganzes Stück Arbeit, die sich der Täter mit dem Opfer gemacht hatte. Wieso eigentlich der Täter oder die Täterin, wer sagt denn, dass es einer war? Vielleicht war es auch eine Truppe von durchgeknallten Satanisten, die bei ihrem Ritual gestört wurden?

Ein lautes „Moin, Juri“ unterbrach den Hauptkommissar in seinen Gedanken. Es war Polizeirat Frank Lehmgow, sein Chef. Sie kannten sich bereits von Teilen der Polizeiausbildung und von verschiedenen Lehrgängen. Der Polizeirat war seit fast zwei Jahren sein Chef, und sie hatten eine sehr konstruktive und professionelle Zusammenarbeit. Sie schätzten einander, und seit der letzten Verabschiedungsfeier eines Kollegen duzten sie sich. Privat hatten sie wenig miteinander zu schaffen, dafür war Polizeirat Frank Lehmgow zu sehr ins öffentliche Leben eingebunden. Er hatte eine vorbildliche, kometenhafte Karriere hingelegt, und diese beruhte nicht nur auf seinen Beziehungen, sondern eben auch auf seinem Können. Als Chef konnte er für seine Leute alles in Bewegung setzen, das konnte er aber auch, wenn einer seiner Leute nicht so funktionierte, wie er es sich vorstellte.

„Hallo, Frank, schöne Scheiße hier. Hat Locke dich informiert? Wo steckt der eigentlich?“

„Ja, er und Martin haben mich auf den neuesten Stand gebracht. Nun sind sie unten und tauschen sich mit der Spurensicherung aus.“

„Gut, ich bin gleich bei dir.“ Juri ging ans Treppengeländer und rief nach unten. „Hey Martin, Locke. Habt Ihr hier irgendwo einen Safe gefunden?“

„Ja, unten im Arbeitszimmer, hinter den Büchern. Wir haben die Panzerknacker informiert. Die öffnen den morgen gegen späten Vormittag“, entgegnete Martin von unten.

„Wieso erst so spät, ich will, dass das gleich passiert. Ich muss wissen, was da drin ist und am besten sofort! Bitte regel das!“

„Die schaffen es nicht früher, die sind heute noch woanders im Einsatz. Wenn wir Glück haben, sind die gegen acht hier. Früher ist leider nicht drin.“

Juri wusste, wenn Martin es sagte, war da nicht mehr zu holen. Er wusste ebenfalls, dass Locke immer Martin vorschob, wenn es um Sachen wie „geht nicht oder gibt es nicht“ ging.

Juri kehrte ins Schlafzimmer zurück und gesellte sich wieder zu seinem Chef, der die Spuren analysierte.

„Was hältst du von der ganzen Sache?“

„Was ich davon halte? Ehrlich gesagt, keine Ahnung. Ich weiß nur, dass wir Gas geben müssen. Da draußen sind schon etliche Aasgeier, die eine Story wollen. Du kannst dir vorstellen, dass ein toter, massakrierter Richter ein Freudenfest für die Presse ist. Möchte wissen, wer da wieder geplaudert hat.“

„Muss keiner von uns gewesen sein. Es gibt genügend eifrige Anwohner, die einen großen Auftritt mögen.“ „Hoffentlich hast du recht. Wie auch immer: Ich werde morgen Mittag ein erstes Statement abgeben müssen. Das bedeutet, dass du gegen 11 Uhr bei mir bist. Wäre gut, wenn wir bis dahin schon einiges hätten.“

„Wir sind dran. Ich habe alle für 9.30 Uhr ins Präsidium bestellt, und ich werde gleich noch diverse Aufgaben verteilen, damit wir morgen gleich einsteigen können.“ „Das hört sich gut an. Juri, ich muss dir nicht sagen, wie der Polizeichef sich zu dem Vorfall äußern wird. Versteh mich nicht falsch, aber das Ding muss sauber laufen. Wir können uns keinen Fehler erlauben. Bitte erzähl das auch deinen Männern noch mal. Aber ich weiß, du wirst das Ding schon schaukeln, und ich bin froh, dass du an dem Fall dran bist. So, ich muss da jetzt raus und den Aasgeiern sagen, dass ich nichts zu sagen habe. Wir sehen uns dann morgen Mittag. Viel Glück!“

Juri stand in dem blutverschmierten Schlafzimmer und wusste schon jetzt, dass Glück alleine nicht reichen würde. Er verließ das Schlafzimmer und trommelte sein Team zusammen, um Aufgaben zu verteilen.

„Martin, ich möchte, dass wir umgehend erfahren, was in dem Safe drin ist, sobald der geöffnet wurde. Vielleicht finden wir so etwas wie ein Motiv. Eventuell haben die Panzerknacker auch eine Idee, wie man rausbekommt, wie viele Schlüssel es zu dem Haus gibt. Weiterhin möchte ich, dass du morgen Früh gleich einen Kollegen zur Rechtsmedizin rüberschickst, der dort etwas Dampf macht und alles an Infos einsammelt, was er kriegen kann. Einen weiteren Kollegen schickst du bitte ins Krankenhaus. Der soll die Tochter, die ihren Vater gefunden hat, umgehend vernehmen. Natürlich nur mit Einwilligung des zuständigen Arztes. Möglicherweise könntest du auch einige deiner alten Weggefährten bei der Sitte aktivieren. Die sollen sich mal umhören, ob der Richter im Milieu bekannt war, denn die Reizwäsche, die ihr gefunden habt, sah schon professionell aus. Mit etwas Glück hatte der Richter ein kleines Geheimnis und jemand anders ist dahintergekommen. Locke, du wirst dir zwei Kollegen nehmen und das ganze Umfeld des Richters durchleuchten: Familie, Freundeskreis, Nachbarn, na das volle Programm eben. Ich will alles von ihm wissen. Für die Nachbarschaftsbefragung werde ich dir noch mehr Leute schicken, das wird aber vor morgen Früh nichts. Wir treffen uns morgen um 9.30 Uhr im Präsidium zur Lagebesprechung und dann brauche ich Infos. Hierzu noch Fragen? Prima, dann los.“

Als Juri auf die Straße trat, war, abgesehen von einigen Mitarbeitern der Spurensicherung, nichts mehr von dem Trubel von vorher zu sehen. Er führte noch einige Telefonate mit der Zentrale, um die Nachtschicht auf Trab zu bringen, setzte sich in sein Auto und fuhr nach Hause. Auf dem Heimweg versuchte er, die Bilder vom Tatort erst mal beiseitezuschieben, denn nun kam er nach Hause. Leise reinschleichen, leise duschen, leise ankuscheln, und wenn Svetlana wach wurde, was meistens geschah, den „War-gar-nichts-los-Blick“ aufsetzen. Was sollte er sonst tun? Seiner Familie zum Frühstück seine Nacht schildern? Undenkbar, aber so war es eben. Er hatte sich seinen Beruf ja ausgesucht.

Auf halber Strecke summte sein Diensthandy, und er sah auf dem Display, dass es Claudia von der Rechtsmedizin war.

„Hallo, Claudia, schön, dass noch jemand wach ist. Konntest dich wohl nicht von unserem Richter trennen?“

„Hallo, Juri, wusste doch, dass du noch unterwegs bist, aber ganz so ist es nicht. Frank hatte mich gebeten, wenigstens kurz drüberzuschauen. Hab ihm dafür ein Essen aus dem Kreuz geleiert.“

„Na, dann muss es aber schon dringend sein, wenn der alte Knicker mal was springen lässt.“

„Aber ich ruf dich nicht an, um dich vom Schlaf abzuhalten. Ich habe echte Neuigkeiten. Sitzt du?“

„Komm, Claudia, mach es nicht so spannend. Es ist spät. Lass mich raten, der Richter war schwanger?“ „Schon ziemlich gut, Juri, aber leicht daneben. Es war nicht sein Kopf! “

Juri Sokolov ging prompt in die Eisen und fuhr rechts ran.

„Wie nicht sein Kopf?“

„Na ja. Es ist nicht der Kopf des Richters, der in der Mülltonne lag.“

„Und wem gehört der Kopf?“

„Juri, ich hab wirklich versucht, mit ihm zu reden, aber ohne den Rest seines Körpers ist er etwas wortkarg.“ „Claudia, du machst mich irre!“

„Entspann dich. Es ist mir aufgefallen, als ich den Verwesungsprozess untersuchte. Die Verwesungserscheinungen an dem Kopf aus der Mülltonne sind viel weiter fortgeschritten als die beim Torso des Richters. Bei genauem Hinschauen passte das alles nicht mehr zusammen. Im wahrsten Sinne des Wortes. Juri, du hast jetzt eine zweite Leiche ohne Kopf und einen Kopf ohne Torso irgendwo rumliegen. Mehr kann ich nicht sagen. Ich versprech dir, ich gehe morgen um 7 Uhr mit der ganzen Mannschaft ran. Juri, ich bin durch, mir reicht es für heute. Ich gönn mir noch etwas Schlaf, das solltest du auch tun. Wir reden morgen, dann weiß ich mehr. Gute Nacht.“

Er bedankte sich bei Claudia und legte auf. Er wusste, dass er jetzt nicht mehr nach Hause konnte, denn seine Frau würde ihm den Schrecken sofort ansehen. Er fuhr ins Polizeipräsidium und beschloss, dort zu nächtigen. An das Übernachten am Arbeitsplatz wollte er sich nie gewöhnen, doch inzwischen war es absolute Routine. Er legte sich auf die kleine Couch in seinem Büro und schloss die Augen. Obwohl er hundemüde war, stellte sich kein richtiger Schlaf ein. Es war jener Schlaf, den er bereits kannte. Ein Gedankenwust aus Überbleibseln vom aktuellen Fall, Sequenzen von seiner Frau und seinen Kindern und natürlich die allgegenwärtigen und hartnäckigen, immer wieder auftauchenden Fratzen. Gesichter von Leichen, Mördern, Trauernden oder eben Fratzen, die seine Fantasie hervorbrachte. Glücklicherweise siegte letztendlich die Müdigkeit, und er fiel in das sichere Dunkel des Tiefschlafs. Es war Montagmorgen, 4.15 Uhr, und er hatte noch knappe drei Stunden, dann würde die Woche beginnen.

Die wenigen Stunden Schlaf im Polizeipräsidium hatten Kriminalhauptkommissar Juri Sokolov neben der kurzen Erholung leider auch einen verspannten Nacken eingebracht. Die Couch, die in seinem Büro stand und auf der er nächtigte, war so kurz, dass dort nicht einmal ein Hobbit entspannt hätte schlafen können. Er fühlte sich wie gerädert und steuerte nach dem Aufstehen und einigen Streckübungen mit routiniertem Gang die Dusche an. Im Polizeipräsidium war für alles gesorgt. Mit dem Neubau am Bruno-Georges-Platz hatten die Verantwortlichen ganze Arbeit geleistet: vernünftige Büros, eine Kantine, die lange genug offen hatte, damit man nicht verhungerte, und auf jedem Gang einen Kaffeeautomaten. Der lieferte zehn verschiedene Kaffeesorten, die irgendwie alle gleich schmeckten, aber zum Überstehen einer Nacht geeignet waren.

Nach einer kalten Dusche, einer Rasur und dem spartanischen Einsatz einer Haarbürste konnte er sich wieder im Spiegel betrachten. Er fühlte sich nicht unbedingt hervorragend, aber seine ganze Hoffnung ruhte nun auf der Unterstützung durch den Kaffeeautomaten. Ein, zwei doppelte Espresso, und der Tag konnte beginnen. Als Erstes rief er seine Frau Svetlana an. Er hatte ihr gestern nur eine SMS geschickt, damit sie sich keine Sorgen machte. Sie vertrauten einander, trotzdem fühlte er sich besser, wenn er sich noch einmal meldete.

„Hallo Schatz, ich bin es. Darf ich nun deine Peperoni haben?“

Am anderen Ende kam nur ein Lachen heraus, dieses Lachen, das er so an ihr liebte.

„Juri, du bist ein echter Spinner! Wo steckst du denn, und wie geht es dir? Lass mich raten, war wieder eine harte Nacht, aber schön, deine Stimme zu hören.“

Juri erklärte ihr, dass er im Polizeipräsidium übernachtet hatte, ließ aber Details wie immer weg. Er sprach noch mit seinen beiden Töchtern und ließ sich von seinen drei Frauen das Versprechen abringen, dass er heute Abend ganz bestimmt nach Hause kommen würde.

Er ließ sich den gestrigen Tag noch einmal durch den Kopf gehen. Er hatte zwei Leichen: eine war ein Richter am Landgericht, die zweite war noch nicht identifiziert, oder besser ausgedrückt, der Rest des Körpers war bisher nicht einmal gefunden worden. Wenn irgendwo ein Torso aufgetaucht wäre, hätte er davon etwas mitbekommen. Offensichtliche Motive oder unmittelbare Verdächtige gab es noch keine. Ganz im Gegenteil, alles war offen. Das brutale Massaker an der Leiche war ungewöhnlich, in Verbindung mit der detaillierten Planung, dem Beseitigen der Spuren, sowie dem perfiden Vertauschen der Köpfe.

Juri dachte nach und philosophierte in sich hinein: „Vielleicht ein extrem gewalttätiger Clown mit einem Putzfimmel. Der müsste doch zu kriegen sein?“ Juri sah ein, dass es noch zu früh für Schlussfolgerungen war. Er brauchte mehr Fakten. Bis zur Lagebesprechung um 9.30 Uhr hatte er noch etwa eine Stunde und er wollte die Zeit nutzen. Juri hätte sich gerne in der Rechtsmedizin umgehört, doch dafür reichte es nicht mehr, und ein Anruf hätte die Leute dort nur von der Arbeit abgehalten. Obendrein wollte er Claudia nicht nerven. Auf jeden Fall brauchte er etwas zwischen die Zähne, und auf dem Weg in die Kantine könnte er noch kurz bei der Sitte reinschauen. Juri ging zwei Etagen tiefer und fragte einen Kollegen, ob er Karsten gesehen hätte. Dieser nickte nur mit dem Kopf in Richtung Büro. Hauptkommissar Karsten Schmidt, stellvertretender Leiter des Sittendezernats, saß in seinem Büro vor einem riesigen Becher Kaffee und sah genauso durchgeholt aus wie Juri.

„Moin, Karsten. Sieht aus, als hätten die Nutten dich mal wieder auf Trapp gehalten.“

„Ach, wenn es nur die Nutten wären. Wir hatten gestern Nacht einen Großeinsatz, zusammen mit Klaus vom Rockerdezernat und Hans von der Drogenfahndung. Hat teilweise ganz schön gescheppert!“

„Hat es sich denn wenigstens gelohnt?“

„Na ja, einige werden wohl mehrere Jahre einfahren, aber der Nachwuchs steht schon bereit. Was kann ich für dich tun?“

„War Martin schon bei dir?“

„Klar, du kennst ihn doch. Übrigens verzeihen wir euch das nie, dass ihr ihn bei uns weggeholt habt. Er war vor etwa einer halben Stunde hier, vielleicht erwischst du ihn noch bei Hans.“

„Nein, ist schon Okay. Sehe ihn gleich bei der Lagebesprechung. Ich war gerade auf dem Weg in die Kantine und wollte nur mal nachhaken. Der Alte macht richtig Druck, und genau genommen haben wir bisher gar nichts.“

„Ist ja auch eine ganz schön grobe Nummer, was da abgelaufen ist. Ich sitz nachher noch mit Klaus und Hans zusammen und könnte das in die Runde geben. Vielleicht haben die was. Ein Richter, billige Pornos und abgepackte Drogen, das bleibt in der Szene nicht lange geheim!“

„Wovon redest du? Ich weiß nichts von Drogen oder Pornos.“