Nach berühmten Mustern - Fritz Mauthner - E-Book

Nach berühmten Mustern E-Book

Fritz Mauthner

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Beschreibung

Dieses eBook: "Nach berühmten Mustern" ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Aus dem Buch: "Aus seinem jugendfrischen Antlitz, hinter welchem sich ein entsetzlicher, zehrender Gram verbarg, ragte eine Nase hervor. Die längste, krummste, beleidigendste Nase, die jemals den geistvollen Ausdruck eines semitischen Angesichtes verunstaltet hat. Man hätte ihn ohne diese Nase für einen Apollo halten können." Fritz Mauthner (1849-1923) war ein deutschsprachiger Philosoph, Schriftsteller (Belletrist, Essayist) und Publizist.

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Seitenzahl: 63

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Fritz Mauthner

Nach berühmten Mustern

Parodische Studien

e-artnow, 2017
ISBN 978-80-268-7042-5

Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Leopold Ritter von Sacher-Masoch.
Walpurga, die thaufrische Amme.
Blaubeeren-Isis.
Der blonde Jainkef.
Die Vorfahren. I. Wlf.
Die Philosophie des unbewußten Hühnerauges.
Der Peter von Säkkingen.
Faßt das Gewehr an!
Der unbewußte Ahasverus oder Das Ding an sich als Wille und Vorstellung.
Europäische Züge und Gegenzüge oder Eine Schale Melange.

Vorwort

Inhaltsverzeichnis

Die folgenden Skizzen verdanken einer vielleicht allzu gründlichen Vertiefung in die Meisterwerke unserer großen Dichter ihr Entstehen. Es war Neckerei aus Liebe. Es ist ein häufiger Fluch, der auch Männer zwingt, wie in den Kinderjahren das Spielzeug auseinander zu nehmen, damit sie erfahren, wie es inwendig aussieht. Mit welcher Begeisterung hat der Verfasser z. B. Gustav Freytag’s herrliche »Ahnen« gelesen. Aber je weiter ich im Texte gelangte, desto deutlicher lugte zwischen den Zeilen ein kleiner Kobold hervor. Erst bannte er mich bei Stellen von hervorragender Schönheit und erklärte mir ernsthaft die Griffe und Kniffe der Technik, durch welche der Meister mich hier erschüttert, dort erheitert hatte, dann führte er mich mit heuchlerischer Andacht in des Dichters Arbeitszimmer, ließ mich dort das Handwerkszeug desselben betrachten und versuchen, und als ich mich von dem Muthwillen des Kindes endlich hatte verleiten lassen, auf dem Sorgenstuhl Platz zu nehmen und die ehrwürdige Autographenfeder zu ergreifen, da setzte sich der Kobold auf’s Tintenfaß, schnitt mir Gesichter und machte sich über den Hausherrn lustig.

Die ersten Nummern dieser kleinen Sammlung wurden im »Deutschen Montagsblatt« unter der freundlichen Pathenschaft von Arthur Levysohn gedruckt. Vom Redakteur und von den Lesern ermuntert, fortzufahren, ließ ich mich verleiten, auch Art und Weise von Schriftstellern nachzuahmen, die trotz einiger Berühmtheit nur den Anspruch erheben konnten, abschreckende Muster zu sein. So kam es, daß einzelne Autoren in dieser Sammlung Aufnahme fanden, deren Berühmtheit selbst zur Zeit ihrer Blüthe stark angezweifelt werden kann und nach wenigen Jahren sicherlich vergessen sein wird. So konnte neben dem tiefen Berthold Auerbach, dessen Name nicht nur der alphabetischen Ordnung zu Liebe an erster Stelle steht, mancher Unwürdige Platz finden.

Es wäre mir eine besondere Ehre, wenn sich auch die Kritik mit meinem Büchlein beschäftigen wollte, das ja selbst wieder eine Art exemplarischer Kritik ist. Solchen Richtern, die keine überraschenden Federwendungen lieben, erlaube ich mir folgende Sätze zum Anfang ihrer Besprechungen zu empfehlen. »Wenn die Könige bau’n, haben die Kärrner zu thun.« – »Die Periode der literarischen Rücksichtslosigkeiten hat schon wieder einmal u. s. w.« –

Soll ich meine berühmten Muster wegen der Freiheit, die ich genommen, um Entschuldigung bitten? Oder soll ich mir für die Anerkennung ihres Ruhmes ihren Dank votiren lassen? Hätte ich sie vor der Veröffentlichung um ihre Meinung fragen sollen? Nach meinen bisherigen Erfahrungen wäre die Publikation jeder einzelnen dieser zehn Parodien mit neun Stimmen gegen eine gebilligt worden.

Ein berühmter Schriftsteller, den ich darüber befragte, ob die Empfindlichkeit seiner Collegen nicht zu schonen wäre, antwortete mit warm hervorbrechender Herzlichkeit. »Liebster Freund, ich bin nicht empfindlich!« –

Und somit sei dies Schriftchen den bisherigen und den neuen Lesern auf’s Herzlichste empfohlen. Wenn einige Freunde sich unter ihnen finden sollten, welche meinen Scherz ernsthafter nehmen und hinter dem harmlosen Spott Spuren eines Kampfes gegen dunkle Schatten unserer literarischen Republik vermuthen, so haben sie es sich allein zuzuschreiben.

Berlin, im November 1878.

F. M. Berthold Auerbach.

Der Meister wird es gern verschmerzen, Aefft ihn der Lehrling unter Scherzen.

Leopold Ritter von Sacher-Masoch.

Inhaltsverzeichnis

Hüllst in einen dichten Pelz Deine Venus – Gott vergelt’s!

Ein Vorwort.

Seitdem Mein erhabener und beinahe ebenbürtiger College aus dem klassischen Alterthum, der Vater Homer, trotz seiner abgeschabten Pikesche und mottenzerfressenen Pelzfäustlinge aus dem römischen Capitol zum größten Dichter der Christenheit gekrönt worden war, ja eigentlich noch länger, seitdem der göttliche Orpheus die Thiere des Waldes, den Zobel und den Marder, zuzuhören gezwungen hatte, – ist ein so unglaublicher Erfolg in der Buchhändlerwelt nicht erhört worden, wie derjenige der ersten Auflage dieses Buches war. Schoppenhauer’s (sic) Werke waren dreißig Jahre nach ihrem Erscheinen noch unbekannt. Mein Buch aber wird nach drei Jahren von Keinem mehr gelesen werden, und zwar aus dem einzigen Grunde, weil es bis dahin alle Menschen der Erde entweder im heiligen Original oder in einer der Tausende Uebersetzungen werden gelesen haben.

Denn wer liest Meine Werke nicht? Dort die dralle Mädchengestalt, die mit glühenden Wangen und mit wogendem Busen über dem Herd gebeugt steht, um der Herrin den Kaffee zu bereiten, die Köchin eines gräflichen Hauses, hat die halbe Nacht bei Meinen Büchern verbracht. Knaben, die zu geistesträge sind, um ihren Lehrern in die Labirrinte (sic) der Wissenschaften zu folgen, befeuern an abgelegenen Orten ihre bildsame Fantasie mit Meinen Poesien, welche ihnen eine Einsicht in die Welt des falschen Nerz gestatten, wie sie sonst nur Greise nach einem verfehlten Leben zu erlangen pflegen. Und diese Greise selbst, wie gierig greifen sie mit zitternden Händen nach Meinen Blättern – und wenn sie sich von den Scheingestalten Schiller’s auch längst blasirt abgewendet hätten – um vor den Bildern Meines Genies es zu versuchen, ihre ausgelöschten Lebensgeister wieder anzufachen. Selbst dorthin, wo die barmherzigste Samariterin nicht zu gehen wagt, weil sie die Berührung mit dem tiefsten Laster und Elend trotz ihrer Pelzhandschuhe scheut, selbst dorthin dringen meine Bücher als Tröster und Freunde. Allgemein, höchst allgemein, wie das Sonnenlicht und der Häring ist meine Popularität. Ich bin überhaupt der populärste deutsche Dichter und alle Meine Collegen sind überflüssig. Dieselben schreiben ja nur, damit auch andere Verleger als der Meinige etwas zu thun bekämen.

Die Welt ist bewohnt von Mir, Meinen Lesern und Wahnsinnigen. Zu den Letzteren gehören auch Meine Kritiker. Daß einige steife Herren die Pietät soweit treiben, den alten Herrn von Goethe über Mich zu stellen – vielleicht nur deßhalb, weil sie von der Protektion dieses langweiligen Dichterministers ein Aemtchen erhoffen – das würde ich noch verzeihen. Wenn sie aber schlechterdings unfähig sind, sich zum künstlerischen Verständniß Meines glorreichen Schaffens aufzuschwingen, so liegt es eben daran, daß sie, wie viele Heldinnen der besten Romane nichts als Pelz im Gehirne haben.

Meine Muse ist aber ein Weib von so gewaltiger Kraft, daß es nicht möglich ist, ihr auf die Dauer zu widerstehen. Wie soll ich sie nennen? Fantasie? Ehrgeiz? Eitelkeit? Wollust? Herrschsucht? Ueppigkeit? Genug daran, sie ist Meine Muse und Mein Verstand liegt in ihren Banden.

Dort liegt sie nackt ausgestreckt, Meine Muse, auf einem schwarzen Bärenfell; sie hat das rechte Bein über das linke geschlagen, ihr rothes Haar liegt wirr in den Zotten des Fells und ihre schimmernde Hand führt langsam eine duftende Cigarrette zu dem lachenden Munde. Wie das wogt! Wie das lockt! Und Mein Verstand, ein furchtsamer Geselle slavischer Abkunft mit struppigem Haar und lüsternen Augen, hockt zu ihren Füßen und wimmert um ihre Gnade und weint um ihre Gunst. Er windet sich und krümmt sich, er flüstert sinnlose Liebesworte, sie aber bläst ihm türkischen Rauch in’s Gesicht.

Da bäumt sich der Sklave empor. Er stürzt auf die Kniee nieder und bedeckt ihre kleine Zehe mit unzähligen Küssen … .

– »Du Narr, was willst Du von mir?« sagte sie, indem sie ihm die brennende Cigarrette an die Nase warf.

– »Ich weiß es selbst nicht genau, Gebieterin! Aber mir ist, als könnten wir zwei die Unsterblichkeit erringen, wenn wir uns ganz, ganz vereinigten.«

Sie lachte, daß das Bärenfell unter ihr in leises Schwanken gerieth, wie ein wogendes Aehrenfeld.

– »Du willst was Unsterbliches fertig bringen, ängstlicher Wicht? Du?! Du bist nichts ohne mich. Du kannst nichts ohne meine Befehle. Jetzt aber sei es und ich gebiete es Dir: Werde auf der Stelle unsterblich.«