Nach Rügen über Gibraltar... - Christian Pfeiffer - E-Book

Nach Rügen über Gibraltar... E-Book

Christian Pfeiffer

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Beschreibung

Nach Rügen über Gibraltar… beschreibt eine 5-jährige Segelreise, die in den Sommermonaten 2017 bis 2021 von Kröslin am Greifswalder Bodden über die Nordsee, die Atlantikküste, in das Mittelmeer und schließlich über Flüsse und Kanäle nach Rügen führt. Das war spannend. Wie lernten erstmals Tidengewässer kennen und fuhren über die Staande Mastroute durch Holland. Dann die Biskaya. Wir hatten das Gefühl, mitten auf dem Atlantik zu sein, frei zu sein. Ein tolles Segelerlebnis, vielleicht das schönste der Reise. Vom Atlantik ins Mittelmeer. Oft Flaute, manchmal Sturm, aber Ankerbuchten vom Feinsten, glasklares Wasser und Badefreuden pur. Die Fahrt über Flüsse und Kanäle quer durch Europa war ein Abenteuer für sich. Als Segelboot mit gelegtem Mast und 1,6m Tiefgang durch teils flache Kanäle und fast 200 Schleusen zu fahren war oft eine Herausforderung. Zurück bleiben viele unvergessliche Eindrücke und Erlebnisse. Europas Meere und Küsten sind schön. Eine solche Reise lohnt sich und ist auch für Ostsee-Fahrtensegler machbar. Man muss nur Zeit haben und sich einfach trauen. Unser Beispiel soll das zeigen.

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Seitenzahl: 366

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Der Plan

Es geht los

Die Nordsee

Die Staande Mastroute

Amsterdam

Wieder auf der Nordsee

Willkommen bei den Sch´tis

Cherbourg

Guernsey

Die Biskaya

La Coruña

Die Costa da Morte

In Portugal

Porto

Lissabon

Die Ria Formosa

Und wieder in Spanien

Rota

2018 - wir sind wieder da

Die Straße von Gibraltar

Die Costa del Sol

Die Costa Blanca

Die Costa Azahar

Valencia

Die Costa Dorada

Barcelona

Die Costa Brava

Wieder in Frankreich

Die Camargue

An der Côte

Die Île de Porqueolles

Bei den Schönen und Reichen

Nizza

Bonifacio

Sardinien

2019 - endlich wieder an Bord

Sardinien von oben

Um die Insel

San Pietro

Die Balearen

Zurück an Spaniens Ostküste

2020 - wieder zurück

2021 - weiter trotz CORONA

Auf der Rhône unterwegs

Der Vogesenkanal

Die Mosel

Der Rhein

Über Kanäle nach Hause

Endlich Ostsee

DANKE

Impressum

Vorwort

Ruhestand.

Ein Unwort.

Das Gegenteil von Ruhe ist richtig.

Zumindest dann, wenn man die gewonnene Freiheit zu nutzen weiß. Seien wir doch mal ehrlich, wann konnte man jemals über seine Zeit selbst bestimmen? Als Kind haben die Eltern den Zeitplan vorgegeben. Später die Lehrer, dann die Ausbilder oder Profs und anschließend die Chefs oder die Kunden. Jetzt erstmals und endlich hat man sie, die Zeit. Kein spärlicher Urlaub, sondern einfach Zeit.

Ein Geschenk. Aber was damit anfangen? Ich kenne Leute, die danach in ein tiefes Loch fielen. Um überhaupt etwas zu tun, haben sie jedes Jahr ihre Wohnung renoviert. Nichts gegen neue Tapeten, aber es geht doch auch sinnvoller, oder?

Mit einem Hobby zum Beispiel. Für gewöhnlich eine Beschäftigung, die Spaß macht, für die aber nie genug Zeit bleibt. In meinem Fall ist es das Segeln. Eine tolle Sache, wenn man am Wochenende oder im Urlaub auf der Ostsee herumschippern kann. Wenn die Sonne scheint und der Wind einigermaßen ok ist, gibt es nichts Schöneres. Leider ist der Aktionsradius überschaubar. Das Wochenende reicht nur für den Greifswalder Bodden und der Urlaub? Die erreichbaren Häfen in Dänemark / Bornholm und Südschweden kennt man nach ein paar Jahren.

Dann ein Charterurlaub in Kroatien. Das Wasser, die Sonne, die Inseln, das Klima, die Leute, das veränderte alles. Von da an gab es nur den einen Wunsch:

Ich muss ins Mittelmeer.

Der Plan

„Du bist völlig verrückt.“

Meine Frau hat das Talent, Dinge schnell auf den Punkt zu bringen. Dabei hatte ich nur darüber gesprochen, was ich nach dem Ende meines Berufslebens so anstellen wollte. Die Idee, mal wieder am bzw. auf dem Mittelmeer zu sein, fand sie ja gut, immerhin hatten wir schon zweimal traumhafte Urlaubswochen auf einem Charterboot in Kroatien erlebt. Aber mit unserem eigenen Boot dorthin segeln?? Schnapsidee!!

Na ja, ich hatte noch Zeit. Der Berufsausstieg war erst in zwei Jahren geplant. Zeit für die Vorbereitung und Zeit, sie für diesen Plan zu erwärmen. Schließlich ist eine solche Reise ohne Smutje und Steuerfrau nicht denkbar. Von Ehefrau ganz zu schweigen. Intuitiv habe ich das geschickt angestellt. Zuerst habe ich von der Binnenroute über die Mosel, die Kanäle und die Rhone geschwärmt und von Reiseberichten, die ich darüber gelesen hatte. Einmal haben wir uns sogar mit dem Bekannten eines Bekannten getroffen, der die Tour schon mal gemacht hat. Erfahrungen aus erster Hand sozusagen. Die Neugier war geweckt. „Das machen wir dann auf der Rücktour,“ sagte ich.

„Und hin??“

„Na außen rum... in kleinen Etappen natürlich.“ Die Begeisterung meiner Crew hielt sich in sehr engen Grenzen.

Erst mal abwarten, es sind ja noch zwei Jahre. Schützenhilfe bekam ich von einem Freund, der im Segelboot und an der Ostsee groß geworden ist, also enorme Segelerfahrungen hat.

„Frank kommt mit, wenn es gröber werden könnte. Auf der Biskaya-Etappe z.B.“

Die Angst meiner Crew legte sich etwas.

Irgendwann sagte sie dann:

„Ok, ich komme mit, dann sterben wir wenigstens gemeinsam.“

Das hat was….

Es geht los

Und nun ist es so weit.

Wir starten am 12. Mai 2017 von Kröslin aus in unser großes Abenteuer und eigentlich hatte ich mir diesen Start spektakulärer vorgestellt.

Keine Blasmusik oder weinende Freunde am Steg, das nicht. Ich dachte nur, dass der Beginn dieser Reise mich selbst mehr bewegen würde. Diesmal sollte es ja, nicht wie sonst mal eben über den Bodden nach Seedorf, sondern ganz unbescheiden ins Mittelmeer gehen. Die Marina Kröslin entlässt uns bei Sonnenschein und leidlich warmem Wetter. Es ist immerhin noch Mitte Mai, da freut man sich schon, wenn es nicht hagelt. Also machen wir gegen 6:00 Uhr die Leinen los und motoren aus der Marina.

Wir, das ist die Besatzung der TimpeTe, bestehend aus dem Smutje (gibt es eigentlich auch die Smutje??), der Hilfsfunkerin in Ausbildung, Co-Navigatorin, Leinenakrobatin beim Anlegen: kurz, meiner Frau Kriemhild und mir Christian, Skipper und manchmal auch Kapitän. Der Abschied von der Marina fiel uns schwer. Wir waren dort sieben Jahre und die Bootsheimat war uns lieb und teuer geworden. Letzteres zunehmend….

Bald frischte der Wind auf und drehte auf Ost. Super! Durch die Knaakrinne ging es auf den Greifswalder Bodden, Kurs West. Unter Gennaker ein Traum. Wir kamen wie geplant zur mittäglichen Brückenöffnung an der Ziegelgrabenbrücke in Stralsund an und waren pünktlich zum Kaffee in Barhöft, unserem ersten Etappenziel. Um diese Jahreszeit mussten wir uns über einen Liegeplatz keine Sorgen machen, im Sommer ist es hier rappelvoll. Am nächsten Tag dann weiter nach Warnemünde. Das heißt, erst einmal aus dem Hafen raus. Und das war schon das Problem. Ich hatte mich irgendwie verpeilt und rauschte in den Schlick. Toll, wir wollen Westeuropa umrunden und kommen nicht einmal aus dem ersten Hafen.

Den Kommentar meiner Crew lasse ich jetzt besser weg. Schließlich hatten wir Glück und konnten mit voller Fahrt zurück und Bugstrahlruder rechts/links langsam wieder aus dem Modder in die Fahrrinne zurückrutschen. Ich musste danach zwar den Seewasserfilter reinigen, aber es war weiter nichts passiert.

Warnemünde ist wie immer ein Highlight. Eine Super-Marina und der Ort? Vielleicht der schönste an der Ostsee. Zumindest in Deutschland. Er hat Flair. Leider merken das auch andere. Menschen über Menschen am Alten Strom. Wie oft waren wir früher als Studenten hier und haben den Fähren nach Gedser nachgeschaut. Undenkbar damals, dass wir mal mit unserem eigenen Boot hier sein würden und es keine Grenzkontrollen mehr gibt. Ich musste an die erste Fahrt mit unserer TimpeTe denken, die von Rostock nach Warnemünde führte.

Sieben Jahre ist das nun her. Den Törn werde ich nie vergessen. Es stimmte einfach alles. Das Wetter zum Beispiel. Es gibt manchmal Tage, die an der Ostsee nicht besser sein können. Es herrschen subtropische Temperaturen, die Sonne scheint, es weht ein moderater Wind und das Wasser lädt zum Baden ein. Der 7.7.2010 war so ein Tag. Ein besonderer Urlaub lag vor uns.

Wir fuhren zur Übergabe unseres neuen Schiffes, einer Bavaria 38cruiser, nach Rostock. Aufgeriggt lag unser Boot am Kai der Ausrüstungsfirma: unsere TimpeTe. Segelfertig mit Mast und allem Zubehör sah sie noch schöner aus als in der Halle in Werder. Und größer. Viel größer. Kaum zu glauben, dass das Boot nun unser Boot ist. Es sollte noch eine ganze Weile dauern, bis ich das begriffen hatte.

Nach dem Probesegeln vor Warnemünde machten wir in der Marina Hohe Düne fest. Stolz und noch etwas unsicher. Jetzt waren wir also wieder hier. Mit neuen Plänen und viel mehr Zeit. Bis Warnemünde kannten wir die Ostsee. Von nun an ging es weiter gen Westen in unbekannte Gefilde.

Das nächste Ziel war Fehmarn. Wir freuten uns auf die kleine Insel vor Dänemark. Aber wir wurden schon bei der Ansteuerung enttäuscht. Drei hässliche Hoteltürme begrüßten uns, die besser nach Berlin Marzahn als hierher gepasst hätten. Schlimm, was die aus der so schönen Insel gemacht haben. Die Inselhauptstadt Burg war dagegen mit den alten Häusern, den gepflasterten Straßen und den vielen Restaurants einladend und gemütlich. Von Fehmarn aus wollten wir geradewegs nach Kiel segeln, hatten aber die Rechnung ohne die Bundeswehr gemacht. Hinter der Fehmarnbelt-Brücke lag ein Sicherungsboot mit Blitzfeuer. Seegebiet gesperrt. Man wollte also Feindbekämpfung üben und so mussten wir das Gebiet umfahren, d.h. bis an die dänische Grenze und dann im Bogen in die Kieler Förde. Auch kein Problem, es kostete nur Zeit. Glücklicherweise fanden wir schnell einen Liegeplatz in einer Marina unweit der Einfahrt zum Nord-Ostsee-Kanal. Duschen, Wasser bunkern, Fisch essen, ausruhen. Ja, und natürlich ein Anlegebier. Am nächsten Morgen, es war der 19.5.2017, hatten wir Nebel. Was heißt Nebel, richtig dicke Suppe. An Weiterfahrt war nicht zu denken. Also erst einmal ausschlafen. Gegen 10 Uhr wurde es besser. Wir fuhren um die Ecke zum Wartebereich für die Schleuse Holtenau. Die Karte versprach einen Wartekai für Sportboote, den gab es aber nicht. Nach zwei Stunden Dümpeln in respektvollem Abstand zur Schleuse hatte das Warten ein Ende. Endlich weißes Licht. Wir konnten in die Schleusenkammer hineinfahren. Dass wir für die Passage nichts bezahlen mussten, entschädigte für die Warterei.

Die Aufstiegsleitern aus der Schleuse auf den Kai waren wegen neuer Vorschriften gesperrt. Kein Weg zum Schleusenwart heißt keine Bezahlung. Man will wohl eine App kreieren, über die die Gebühr mit dem Smartphone beglichen werden kann, aber gut Ding braucht eben Weile. Kriemhild musste von Bord, um uns am Schwimmponton in der Schleusenkammer festzumachen. Runterspringen ging ja, aber zurück? Die Bordwand war zu hoch. Sie jammerte und ich dachte noch: Stell Dich doch nicht so an. Glücklicherweise habe ich das nur gedacht und nicht gesagt, denn der Ponton war wirklich fast auf Höhe des Wasserspiegels. Aber die Panik verleiht Flügel und mein Weib kam schließlich mit einem beherzten Sprung Po zuerst an Bord. Tipp für NOK-Fahrer: Kauft euch einen Leiterfender. Zehn Stunden Motorfahrt sind öde, aber es ging ja nicht anders. Bei günstigem Wind könnte man sogar auf dem NOK segeln, muss aber den Motor aus Sicherheitsgründen mitlaufen lassen. Wir hatten natürlich Südwind, also gegenan. Segeln keine Chance. Endlich in Brunsbüttel angekommen, übernachteten wir im Päckchen neben einem netten Hamburger Segler. Kein Sightseeing, keine Kneipe nur essen und in die Koje. Am nächsten Morgen hatten wir Glück. Nach Rücksprache mit dem Schleusenmeister konnten wir sofort in eine offene Schleuse fahren.

Man schleuste uns als einziges Boot aus dem NOK in die Elbe. Geht doch, dachte ich, und danke noch mal. Dann weiter nach Cuxhaven unter Motor. Wir hatten wieder Gegenwind und wollten schnell ankommen. Durch das Fahrwasser zwischen den großen Töppen aufkreuzen, wie das die Auskenner machten, war nicht so mein Ding.

Die Nordsee

Im SVC (Segler Vereinigung Cuxhaven) fanden wir einen Liegeplatz. Beim Anlegen der Schreck. Die Schlegel, viel kürzer als gewohnt, meine Leinenakrobatin kam nur mit Mühe an Land. Und dann statt Klampen Bügel (wer macht denn so was?), an denen man die Leinen nicht schnell belegen konnte. Das Anlegemanöver sorgte also für Hafenkino…. Cuxhaven bleibt uns aus zwei Gründen in Erinnerung. 1. Wir hatten die Ostsee hinter uns. Ab jetzt war Nordsee. 2. Wir hatten es zum ersten Mal mit Ebbe und Flut zu tun. Gemerkt habe ich das, als wir in Cuxhaven getankt hatten. Von der Tankstelle aus wollte ich in einem nahen Liegeplatz am Hafeneingang festmachen. Der Wind kam aus Ost, also an die Ostseite des Schlegels in die Box. Hätte auf der Ostsee auch prima funktioniert. Hätte. Ich habe mich schon über die interessierten Gesichter der Nachbarlieger gewundert. Denn plötzlich versetzte das Boot nach Luv statt nach Lee. Mit der Tidenströmung hatte ich nicht gerechnet. Die war viel stärker als der Wind und natürlich nicht zu sehen. Also wieder mal Panik. Kriemhild stand an Land mit beiden Vorleinen in der Hand und konnte das Schiff nicht halten. Schnell eine Leine um die Klampe am Steg ging wie gesagt nicht. Dann hätte ich das Boot mit etwas Fahrt voraus an den Steg ziehen können. So aber drohte unsere TimpeTe gegen einen stahlbewehrten Dalben zu treiben. Also volle Kanne zurück. In letzter Sekunde ließ meine verängstigte Crew die Leinen los und ich fuhr rückwärts in den hinteren Teil des Hafens. In der Marina waren langsam alle auf uns aufmerksam geworden. Einer rief, dass ich die Bugleinen hinterher schleppe. Wusste ich. Andere liefen zu einer freien Box und winkten mir zu hereinzufahren. Das gelang dann auch mithilfe des halben Hafens. Nette Leute. Ich glaube, die hatten alle nur Angst um ihr eigenes Schiff…  

Wir blieben zwei Tage und segelten dann auf die Nordsee Richtung Norderney. Die Sonne schien, wir hatten Rückenwind, aber leider nur 2-3Bft. War für uns Nordsee-Anfänger wohl auch besser. Den Tidenkalender vor Augen und das Echolot fest im Blick, passierten wir das Dovetief bei Flut und erreichten die Marina Norderney. Recht nett, aber mit 30,00€/Tag schweineteuer, verglichen mit den Marinas vorher. Wir kannten ja die Preise der französischen und spanischen Häfen noch nicht. Stressig war auch, dass der Strom nur in homöopathischen Dosen abgegeben wurde. In die Säule am Steg mussten laufend 50-Cent-Münzen hineingesteckt werden. Immer nur eine und nur 50 Cent. Ich hatte für die Reise größere Verbraucherbatterien mit insgesamt 420Ah einbauen lassen. Wenn die Hunger haben….

Die Ansteuerung war ähnlich ernüchternd wie die von Fehmarn. Von Inselflair keine Spur. Die Urlauber müssen irgendwo untergebracht werden, ja, aber warum in so hässlichen Betonburgen? Wer die Bäderarchitektur von Usedom oder Rügen vor Augen hat, der ist erst einmal geschockt. Wahrscheinlich müssen wir uns daran gewöhnen, in Spanien wird es nicht besser werden. Dafür war das Anlegen in der Marina einfach. Zumindest für mich.

Anmerkung der Crew:

Der Wind brist auf.

Der Kapitän steht lässig am Ruder.

Die Segel sind schon eingeholt. Wir nähern uns der Marina.

„Mach mal die Fender und Leinen klar.“

Ich stürze in die Achterkabine, schleppe die 6 schweren Fender nach oben, klettere bei inzwischen stark wackelndem Boot nach vorne, mache sie fest. Dann die Festmacher vorne.

Der Kapitän steht immer noch lässig am Ruder.

„Jetzt die Achterleinen.“

Wegen der anderen Leinen und der Relingsverkleidung etwas kompliziert.

„Mach mal den Ausstieg auf.“

„Beide?“

„Ja, beide.“

Wir nähern uns bedenklich der Marina.

Der Kapitän steht lässig am Ruder.

„Die Spring anmachen.“

„Welche Seite?“

„Backbord… ach nee, doch Steuerbord.“

Ich rase von einer Seite zur anderen.

Der Kapitän steht...

Ich springe über die Klampe und werfe gleichzeitig die Fender raus, hatte vorher keine Zeit dafür. Spring festgemacht, andere Fender ausgeworfen, der Kapitän steht lässig am Ruder.

„Geh mal nach vorne.“

Ich springe von Bord und laufe nach vorne. Dort sind schon zwei Helfer mit den Bugleinen beschäftigt. Also wieder aufs Boot geklettert und die Leinen festgemacht.

Und der Kapitän steht lässig am Ruder…

Die Insel entpuppte sich hinter den Hotels als recht nett. Kneipen, Geschäfte ohne Ende, kleine Häuser. Am besten gefiel uns die Ostseite. Strand, soweit das Auge reicht. Breit, naturbelassen, unbebaut, leer. Ein Traum. Leider um diese Jahreszeit noch zu kalt. Am 25.5. war Himmelfahrt bzw. Vatertag. Ein Tag, an dem traditionell gegrillt und ein Bier mehr getrunken wird. Zumindest von den Vätern. Tradition ist Tradition, auch an der Nordsee. Also kramte ich den zusammenklappbaren Holzkohlegrill aus der Backskiste (den hatte ich tatsächlich mit) und los ging‘s. Neben der Marina gab es einen Grillplatz. Sogar ein leerer Strandkorb war da, an dem wir ein windstilles Plätzchen fanden, um unsere im Ort erstandenen Bratwürste zu grillen. Es schien die Sonne, wir saßen im Strandkorb, schauten über den Grill aufs Meer und genossen ein Stück heimatliche Normalität in Form von Thüringer Rostbratwürsten mit einem Flensburger dazu. So kann man es aushalten. Am 26.5.17 ging es weiter über das Schluchtertief (wieder bei Flut) nach Borkum. Auf Norderney hatte sich der Nebel verzogen, also nichts wie raus. Doch denkste! Der Wind schlief ein und wir fuhren in eine so dicke Watte, dass man die Tonnen kaum erkennen konnte. Die Kälte kroch langsam durch unser Ölzeug, es wurde ungemütlich. Endlich, in Höhe der Emsmündung riss der Himmel auf, der Wind wehte mit 15kn und wir konnten wieder segeln. Der Hafen von Borkum war eine einzige Katastrophe. Anlegen überall verboten, keine Orientierungshilfe für Sportboote. Zum Glück sahen wir schon bei der Einfahrt Segelboote längs an einem Steg liegen. Da war sogar eine Lücke, in die wir mit etwas Glück passen könnten. Na super, dann los. Wir zwängten uns hinein und waren stolz auf das gelungene Manöver. Jetzt wollten wir einen Anleger trinken und dann die Insel erkunden. Da fiel mir ein Schild auf, dass darauf hinwies, dass das Anlegen von Sportbooten verboten sei und man sich beim Hafenmeister melden sollte. Preußisch korrekt wie man so ist, rief ich an und fragte, ob wir für eine Nacht hierbleiben könnten.

„AUF GAR KEINEN FALL!!“ war die laute und energische Antwort. Wir sollten in ein anderes Hafenbecken, das extra für Sportboote reserviert wäre. Mein Hinweis auf die anderen Boote verhallte ungehört. Also wieder Leinen los. Die Kumpels auf den anderen Schiffen lächelten mitleidig. Von denen hatte sicherlich keiner angerufen und um Erlaubnis gefragt. Das eigentlich für Sportboote reservierte Hafenbecken war zur Hälfte mit Bugsierbooten einer Offshore-Firma belegt. Entsprechend eng war auch der verbliebene Platz. Man lag bereits im Dreier-Päckchen. Die für dieses Hafenbecken zuständige Hafenmitarbeiterin war zufällig am Steg und meinte nach dem Bezahlen, wir könnten uns dort ebenfalls längs anlegen. Gesagt, getan. Wir hatten gerade die Festmacherleinen am Schiff eines netten Nachbarn belegt und ich dachte, jetzt bekomme ich endlich mein verdientes Bier, da hörte ich Geschimpfe vom Steg. Ein Holländer, er kam gerade vom Einkauf zurück, lag mit einem kleineren Segelboot als erster am Steg und hatte Angst, falls der Wind auffrischt, von den anderen Booten zerdrückt zu werden. Er hatte ja recht. Also wieder Leinen los und auf die gegenüberliegende Seite des Beckens ins Päckchen. Dann war aber endlich Ruhe. Ich bekam mein Anlegebier (es hätten eigentlich drei sein müssen) und wir rührten uns nicht mehr vom Fleck. Die Lust zur Erkundung der Insel war uns vergangen. Morgens dann nichts wie weg aus dieser unfreundlichen Marina.

Holland und die Staande Mastroute lockten. Als wir aus dem Hafen fuhren, sahen wir die Boote von gestern friedlich an dem Steg liegen, den wir auf Anweisung des Hafenmeisters sofort verlassen mussten. Sogar unsere Lücke war noch frei. Welch ein Gegensatz war da Delfzijl, das wir nach drei Stunden kabbeliger Fahrt die Ems hoch erreichten. Die Leute sind hier viel lockerer drauf. Wir machten in einer freien Box fest und fragten den Hafenmeister, ob wir dortbleiben könnten.

„Ja warum denn nicht?“

Ich mag Holland.

Ein naher Supermarkt, Strom und Wasser inklusive, Duschen ok, sogar mit dem WLAN konnte man was anfangen. In den deutschen Marinas wurde zwar auch free WiFi versprochen, aber eben nur versprochen. Benutzen konnte man es nie.

Die Staande Mastroute

Motoren mit einem Segelboot macht ja eigentlich keinen Spaß, aber die Staande Mastroute ist der Hammer und Holland, in dem Fall Friesland, toll.

Die Leute entspannt und freundlich, Liegeplätze sind kein Problem. AUF GAR KEINEN FALL... die Worte kennt man hier nicht. Und dann die Fahrt auf Kanälen durch Wiesen (Kühe rechts, Kühe links) und durch kleine verträumte Städtchen mit Windmühlen. Wollen wir wirklich noch ins Mittelmeer? Nach der Schleusung in Delfzijl und etlichen Kilometern Kanalfahrt erreichten wir Groningen und dort gleich hinter einer großen Brücke (die wievielte eigentlich?) den Stadthafen. Ein guter und trotz der Stadtnähe ruhiger Liegeplatz. Ideal, um uns abends die Stadt anzusehen, einzukaufen, die Seele baumeln zu lassen. Am nächsten Morgen ging es durch die Stadt. Unglaublich. Mit einem Segelboot und immerhin fast 16m Masthöhe durch enge Kanäle zwischen Straßen und Häusern hindurch zu fahren, das passte ungefähr so, als ob ein Panzer durch eine Fußgängerzone rollt. Wie von Geisterhand wurden Brücken vor uns aufgeklappt, angehoben, weggedreht und der Verkehr musste warten. Die Holländer nahmen es mit Gleichmut. Immerhin gab es ja auch was zu sehen und die Wartezeit? Wie gesagt, hier war man tiefenentspannt. Eigentlich sollten die Brücken über Funk auf Kanal 10 vor der Passage angerufen werden. Haben wir auch einige Male versucht, aber man wollte partout nicht mit uns reden. Wir haben das Problem elegant umgangen, indem wir holländischen Booten hinterherfuhren. Die kümmerten sich dann um die Abstimmung mit den Brückenwarten und das klappte bestens. Nach 28 Brücken und drei Schleusen (eine davon war allerdings offen, da konnte man einfach durchfahren) erreichten wir Zoutkamp. Ein hübsches kleines Städtchen, das wie aus der Zeit gefallen schien. Wir machten für die Mittagspause am Stadtkai fest. Nach einem Eis als Nachtisch ging es weiter. Weiter zu einem Wachtplaats in der Dokkumer Ee, mitten im Nirgendwo. Nur besagte Kühe und ein paar Fahrradfahrer, sonst Wiese. Ruhe, Vogelgezwitscher, Abendsonne. Hier bleiben wir.

Die Fahrt durch Dokkum am nächsten Tag war malerisch. Endlich gab es die typischen Windmühlen zu sehen. Goldig war auch die Kassierung des Brückengeldes. An einer Angel wird ein kleiner bemalter Holzschuh ins Boot gehalten, in den man dann das Geld (Der Betrag steht auf einem Schild an der Brücke) hineinlegt. Für den Fall sollte man ausreichend Kleingeld bereithalten. Wechseln geht nicht. Am nächsten Tag durch Leeuwarden nach Starteiland. Die Marina dort ist Natur pur, fast leer, hatte genug Tiefgang, war aber nicht in unserer Staande-Mast-Broschüre beschrieben. Warum eigentlich nicht? So hatten wir zuerst versucht, in einem kleinen Hafen davor unterzukommen, wären aber beinahe im Schlick stecken geblieben. Es war flacher als in der Karte angegeben. Die Leute schauten auch etwas verwundert bzw. amüsiert, als wir einen Platz suchen wollten. Nur mit Glück und Vollgas kamen wir wieder frei. Starteiland heißt deshalb so, weil von hier aus einmal im Jahr eine große Binnenregatta im Sneekermeer startet. Wie der Hafenmeister erzählte, ist das ein Ereignis, das Zehntausende Zuschauer anlockt. Dann ist auf der Insel Party angesagt. Da geht richtig was ab, wir haben die Bilder im Hafenmeisterbüro gesehen…

Leider mussten wir am nächsten Tag wieder weiter. Weiter nach Lemmer. Unsere Vorräte gingen zur Neige und außerdem war ausgiebig duschen, klar Schiff machen und große Wäsche angesagt. Lemmer war ein netter Zwischenstopp auf dem Weg nach Amsterdam. Der Hafen sauber und gut ausgerüstet, wie bisher immer in Holland. Die Innenstadt war überschaubar klein und die Einkaufsmöglichkeiten super. Also die Fahrräder klarmachen und die Stadt erkunden. Besonders toll fand ich einen Werkzeug- und Bootsladen, in dem wir einen speziellen

2-Komponentenkleber erstehen konnten, den ich für die Reparatur der Sonnenbrille meiner Crew brauchte. Wir hatten auf Norderney zwar eine neue Brille bestellt, aber die wurde nicht rechtzeitig fertig. Also musste erst einmal ein Provisorium helfen. Ging prima und hält heute noch. Nachdem wir wieder genug Wasser, Diesel und Vorräte an Bord hatten, ging es am 4.6. hinaus auf das Ijsselmeer. Endlich mal wieder segeln. Die Windprognose war ok und es ging früh aus der Marina Lemmer in Richtung Lelystad. Wie sich dann herausstellte, war diesmal die Windvorhersage eher untertrieben. Aus den versprochenen 12- 14kn wurden schnell 16-20kn. Gegenan kein reines Vergnügen trotz gereffter Segel. Die Crew war not amused. Wenigstens waren die Wellen auf dem flachen IJsselmeer kein Problem. Der Vorteil, wir kamen sehr flott voran und legten gegen Mittag in Lelystad an. Am nächsten Tag dann weiter nach....

Amsterdam

Der Tag versprach, schön zu werden. Wir hatten Rückenwind und segelten gemütlich der Großstadt entgegen. Langsam verschlechterte sich das Wetter, der Wind drehte, die Sonne verschwand und bedrohlich dunkle Wolken zogen auf. Wir sahen zu, möglichst schnell anzukommen. Unser Ziel war die Stadtmarina Sixhaven gegenüber dem Hauptbahnhof. Die Marina hatte man uns empfohlen, aber mit dem Hinweis, dass es eng werden könnte. Das war dann auch so, aber wir hatten wieder einmal Glück. Eine Box wartete geradezu direkt hinter der Einfahrt auf uns. Abends schien wieder die Sonne, wir lagen im Hafen mit Blick über das Wasser auf Amsterdam, einfach schön. In der Nacht wurde ich von einem Geräusch wach, als wenn jemand mit einem Riesen-Kärcher das Deck abspritzt. Regen wie ein Wasserfall und natürlich Sturm. Also nicht nur Wind, sondern richtig Sturm. In Böen Windstärke 10! Ich habe es gemessen. Das Boot schaukelte trotz der vier Festmacher so sehr, dass man sich im Salon festhalten musste. Dazu Dauerregen vom Feinsten. Kein gutes Wetter für eine Stadtbesichtigung. Erst recht kein Wetter für eine nächtliche Brückentour durch Amsterdam. Aber wir liegen ja sicher in Sixhaven. Vorsichtshalber habe ich die Luvleinen verdoppelt, es sah nach Weltuntergang aus.

Am nächsten Tag war der Spuk vorbei, die Sonne schien wieder und wir konnten uns endlich Amsterdam ansehen. Ich habe nachgerechnet. Das letzte Mal waren wir mit unseren beiden Jungs vor 24 Jahren hier. Wie die Zeit vergeht…. Von der Marina aus fährt eine kostenlose Fähre hinüber zum Hauptbahnhof. Besser gehts nicht. Vorbei an einem mehrstöckigen Parkhaus für Fahrräder(!) ist man schnell in der Innenstadt, inmitten der Grachten, der hübschen Häuser, der vielen Kneipen und inmitten militanter Fahrradfahrer. Unglaublich, wie der Verkehr hier funktioniert und dass er überhaupt funktioniert! Scheinbar haben hier die Fahrradfahrer Vorfahrt, denn sie radeln unbekümmert und nicht eben langsam drauflos. Autos werden kaum beachtet, Fußgänger gar nicht. Ich hatte kurz erwogen, zur Beruhigung meiner Crew für die Biskaya-Etappe Haschischkekse zu kaufen, die gibt es hier an jeder Ecke. Aber ich kannte mich mit der Wirkung dieser Dinger nicht aus. Es könnte ja auch nach hinten losgehen. Also ließ ich es bleiben. Aber das war ein Fehler, wie sich noch herausstellen sollte. Nach drei schönen Tagen in Amsterdam ging es weiter in Richtung Süden. Nur: Durch Amsterdam kann man nicht einfach so mal hindurchfahren wie durch die anderen Städte. Das Chaos wäre zu groß. Es geht nur nachts, wenn sich der Verkehr etwas beruhigt hat. Wir hatten vorher den Platz erkundet, an dem man auf die Passage warten muss und uns vom Brückenpersonal das Prozedere erklären lassen. Also: Gegen 22:00 Uhr am Wartekai der Wersterkeersluis festmachen und mit den anderen Booten, die auch durchgeschleust werden wollen, auf das Abfahrtsignal über Funk warten. Alles klar. Wann das Signal kommt, hängt davon ab, ob die Züge pünktlich angekommen sind, die wir sonst wegen der Brückenöffnung blockieren würden. Von der DB ist man ja auch einiges gewöhnt, also abwarten. Um 24:00 Uhr kam aber pünktlich der Funkanruf. Es ging los. Die erste Brücke schwenkte nach oben und wir legten ab.

Wir, das sind zwar nur vier Segelboote, aber im Sommer können es auch mal 20 sein. Es war windstill und warm, also bestes Wetter. Dunkel war es natürlich auch und das sorgte trotz der Straßenbeleuchtung für eine besondere Atmosphäre. Es lag Dunst über dem Wasser. Die Straßenlaternen leuchteten goldgelb und machten daraus einen Nebelschleier, der etwas Geisterhaftes hatte. Der Eindruck wurde noch verstärkt durch den fehlenden Straßenlärm und die sich lautlos öffnenden Brücken vor uns.

Selbst zu dieser späten Stunde gingen Leute am Ufer der Grachten spazieren oder saßen auf den Bänken und schauten unserer unwirklichen Prozession zu. Ich fand's toll, meine Crew weniger. Ich glaube, es war ihr doch etwas unheimlich, zu gespenstisch.

Dann die letzte Schleuse und dahinter nur rabenschwarze Nacht. Ich geb‘s zu, ich war trotz der Navi-Instrumente zuerst etwas orientierungslos. Kurz hinter der Schleuse sollte eine Anlegemöglichkeit sein, aber wo? Glücklicherweise hatten wir ja drei Boote vor uns. Holländer. Revierkenner. Also einfach hinterher. Vor der Autobahnbrücke des Flughafens Schiphol war dann aber auch für sie Schluss. Ein Wartekai? Fehlanzeige! Wie soll das hier im Sommer mit 20 Booten gehen? Aber ein Segler winkte uns zu sich ins Päckchen (sag ich doch, alles nette Leute) und meinte, wir sollten noch ein paar Stunden schlafen. Das war zwar gut gemeint, aber schlichtweg unmöglich. Die besagte Brücke war, wie könnte es anders sein, eine Stahlbrücke. Die Autos? LKWs? Panzer?? donnerten darüber und erzeugten durchgehend einen infernalischen Radau. Aber auch diese kurze Nacht war einmal zu Ende und pünktlich um 5:00 Uhr wurde die Brücke wieder geöffnet. Wir konnten weiter. In Oude Wetering waren dann die Akkus leer.

Also nicht die vom Boot, sondern unsere. Hundemüde verholten wir uns an einen Kai, der eigentlich zur Hälfte reserviert war (wen stört′s, wir sind ja nicht in Deutschland) und holten den Schlaf nach. Die nächste Station war eine Besondere. Alphen. Dort will uns mein „kleiner“ Sohn Christoph mit Familie besuchen. Da er in Köln wohnt, ist die Anreise nicht sehr weit. Wir freuten uns riesig auf Christoph und Inga und besonders auf unseren kleinen Enkel Emil, der mal sehen will, wie es so auf einem Boot zugeht. Wir fanden einen passenden Liegeplatz am Bollwerk in der Stadt und nach einigen Telefonaten fanden uns auch die Kinder. Der Lütte war sofort begeistert und untersuchte erst einmal das Boot. Schließlich will er im nächsten Jahr vor der Einschulung mit Oma und Opa das Mittelmeer erobern. Wir freuen uns schon jetzt darauf. Am nächsten Tag ging es weiter nach Dordrecht. Ein hübscher Ort. Als wir vor der Stadt an einer kleinen Brücke auf die Einfahrt warteten, kam ein netter Herr an unser Boot, der seinen Hund ausführte. Nach dem ersten Guten Tag, dem Woher und Wohin stellte sich heraus, es war der Hafenmeister des Stadthafens von Dordrecht. Er hatte uns über Funk gehört und kam, um uns zu begrüßen und uns einen Liegeplatz zuzuweisen.

Was für ein Service! Dordrecht hat uns sehr gefallen. Die gepflegte Marina wirklich mitten in der Stadt, alten Häuser, schmalen Straßen, Brücken, Einkaufs-möglichkeiten, nicht so hektisch und durch militante Fahrradfahrer kreuzgefährlich wie Amsterdam. Wir blieben zwei Tage. In einem Antiquitätenladen erstanden wir unser erstes Andenken der Reise, eine Lampe. Genauer gesagt eine alte Schiffslaterne. Was Maritimes sollte es schon sein. Langsam kamen wir der Westernschelde näher.

Unser nächstes Ziel war Willemstadt. Eine ehemalige Festung, die sich zu einem gemütlichen Städtchen gewandelt, aber den Charme des 19. Jahrhunderts bewahrt hatte. Alte stattliche Häuser, die obligatorische Windmühle, natürlich Restaurants und, man staune, ein Schiffsausrüster, der sogar recht gut sortiert war. Nur die Festmacher, die ich noch kaufen wollte, die hatte er nicht. Meine Crew hatte sich nämlich beschwert, dass nur vier Festmacherleinen an Bord waren. Da beim Anlegen die Spring als Manöverleine wichtig ist, musste sie die Leinen vorher immer wieder neu an der Klampe der Anlegeseite festmachen. Das machte besonders dann Spaß, wenn alles vorbereitet war, ich aber beim Einfahren in die Marina merkte, dass wir doch an der anderen Seite festmachen mussten. Also in Hektik Leinen an der Steuerbordseite ab und an der Backbordseite festgemacht (s.o.). Dann werde ich die eben in einem anderen Laden auf der Reise kaufen. Dachte ich.

Am nächsten Tag, es war inzwischen der 14.6.2017, ging es weiter in Richtung Vlissingen. Vor uns lagen zwei Schleusen mit festen Brücken. Das waren Doppelschleusen, jeweils mit einer großen Kammer für die Berufsschifffahrt und einer kleineren Jachtsluis. Die Durchfahrtshöhe betrug 18m. Laut Bavaria war unsere Masthöhe 15,5m angegeben, mit Antenne vielleicht 16,5m. Das sollte passen. Mulmig wurde mir allerdings in der Jachtsluis, nachdem die Boote alle festgemacht hatten, als ein Frachtschiff auf uns zusteuerte. Ich dachte noch, der wird doch wohl nicht...??? Doch! Er fuhr tatsächlich in die kleine Schleuse hinein. Mir wurde angst und bange. Zwischen unserer TimpeTe und der Schiffswand war gefühlt nur 20cm Platz. Als er schräg fuhr, um an der Schleusenwand festzumachen, hatte ich schon Fluchtpläne. Aber auch das ging gut. Die Jungs wissen, was sie tun.

Über Kortgene, wo wir noch mal tanken und unseren Proviant auffüllen konnten, erreichten wir am 16.6.2017 in Vlissingen das Ende der Staande Mastroute. Der Binnenhafen war sehr klein und deshalb voll. Wir versuchten in eine leere Box hineinzukommen, waren aber zu breit. Ein holländischer Bootsnachbar meinte im Spaß mit etwas Gas würden wir das vielleicht schaffen, aber dann drinbleiben für immer. Recht hatte er. Probieren wollten wir das nicht. Also ins Päckchen. Kein Problem. Nun war sie also zu Ende, die Staande Mastroute. Wir haben viel gesehen und erlebt. 100 Brücken (ja genau 100) und 17 Schleusen liegen hinter uns. Morgen wird uns die 18. in die Westerschelde und damit in das freie Fahrwasser entlassen.

Das Resümee?

Es war toll, mit dem Segelboot mitten durch ein Land zu fahren. Einzigartig, das gibt′s nur in den Niederlanden.

Wir haben viele nette Menschen getroffen. Alles läuft weniger hektisch und weniger bürokratisch ab als in Deutschland. In Holland kann man sich wohlfühlen.

In Sachen WLAN ist Deutschland wirklich ein Entwicklungsland. In keiner deutschen Marina, die ich kenne, klappte es damit so gut wie hier. Unseren Regierungsbürokraten sei Dank. Mit dem Tiefgang von 1,6m und einer Masthöhe von ca. 16,5m hatten wir keine Probleme. Dumm war nur, dass die Unterlagen über die Staande Mastroute in Willemstad endeten. Wir mussten noch zwei Kartensätze zusätzlich kaufen, um uns bis Vlissingen zu orientieren.

Ein Nachtrag:

Die Schleuse in Vlissingen erwies sich zum Schluss als unerwartete Hürde. Als wir ankamen, fuhren gerade Schiffe hinein. Die Schleuse stand auf Grün. Super, dachte ich. Hinterher. Leider legten aber die vorausfahrenden Boote gleich hinter der Einfahrt an und wir kamen nicht an ihnen vorbei. Ich ging davon aus, dass sich ein Boot nach vorn verholen würde, um Platz für uns zu machen, aber Fehlanzeige. Gerade wollte ich wieder hinausfahren, als das Schleusentor zu ging. Was tun? Zurück ging nicht, nach vorn auch nicht, also irgendwie schräg dazwischen. Die Aktion kostete uns zwar fast den Flaggenstock, aber alles ging dann doch noch gut. Ein Stegnachbar in Oostende erzählte mir später, dass das im Sommer noch viel schlimmer wäre. Dann herrschen auf der ganzen Route in den Schleusen bürgerkriegsartige Zustände. Also, wenn die Staande Mastroute, dann bitte nicht im Juli oder August! Als wir die letzte Schleuse hinter uns hatten, war erst einmal Durchatmen angesagt.

Wieder auf der Nordsee

Und wieder Segel setzen. Endlich! Die Sonne schien und auch der Wind spielte mit, sodass wir entspannt segeln und uns auf Oostende freuen konnten. Statt der holländischen flatterte jetzt die belgische Gastlandfahne unter unserer Saling. In der Marina Oostende (nicht irgendeiner, sondern dem Royal North See Yacht Club) wurden wir vom Hafenmeister in Empfang genommen. Der sagte immer "Sir" zu mir, ich konnte es ihm nicht abgewöhnen. Egal, Liegeplätze gab es genug und wir waren glücklich.

Abends füllte sich der Hafen. Ein Engländer hatte sich zu uns ins Päckchen gelegt. Kein Problem. Dann kamen allerdings noch 15 weitere englische Yachten von einer Regatta herein, die auch angemeldet waren. Am Ende lagen fünf Boote an unserer Seite. Regattaschiffe mit je sechs Mann Besatzung. 30 Mann also, die zur Siegerehrung und Regattaauswertung über unser Deck liefen (und wieder zurück). Die in die Kneipe gingen (und wieder zurück), zum Klo gingen, gefühlt mehrmals (und wieder zurück) und ab 5:30 Uhr morgens zur Dusche (und wieder zurück). Ab und zu blieb einer am Seezaun hängen und stolperte, es war eine ereignisreiche Nacht. Warum haben die Jungs von der Marina nicht einen Schlegel für die Regattayachten gesperrt? Wir wären auch woanders untergekommen. Zu allem Überfluss hatte man auf der Promenade vor der Marina ein Festzelt aufgebaut, in dem sich ein heimischer Schlagersänger die Seele aus dem Leib sang. Flucht war unmöglich, wir waren zwischen den Booten fest vertäut. Es war grausam. Dieser Horror kostete dann auch noch 32,00€, ich war bedient….

Am nächsten Morgen nix wie weg.

Ging aber nicht, erst mussten die Regattaschiffe ablegen. Nach einigem Hin und Her klappte das dann auch und wir waren wieder frei. Allerdings musste ich vor dem Ablegen noch das Deck schrubben. Da niemand die Schuhe ausgezogen hatte, sah es aus, als ob eine Rotte Wildschweine darüber gelaufen wäre.

Mal sehen, wie es in Dunkerque so ist, dem nächsten Ziel unserer Reise. Wir brechen erst gegen Mittag auf, um mit beginnender Flut sicher über die Untiefen vor Dünkirchen zu kommen. Wind scheint es heute nicht zu geben. Hätten wir hier einen besseren Liegeplatz gehabt, wären wir gern noch ein bis zwei Tage geblieben, aber nach den Erfahrungen der letzten Nacht? Wir hatten die Nase voll. Die Reise nach Dünkirchen bescherte uns dann doch noch ein Segelvergnügen. Der wenige Wind kam aus achterlicher Richtung, sodass wir den Gennaker setzen und uns ganz gemütlich treiben lassen konnten. Schließlich hatten wir Zeit. Wir saßen friedlich vor uns hindösend im Cockpit, als uns plötzlich ein unglaublicher Lärm aufschreckte. Ein Düsenjäger flog so tief über uns hinweg, dass wir uns die Ohren zuhielten und den Kopf einzogen. Der hat sich wahrscheinlich einen Spaß daraus gemacht, uns zu ärgern.

Ein Segler hinter uns hatte so einen Schreck bekommen, dass sein Schiff völlig aus dem Ruder lief und einen Kreis fuhr. Er wetterte mit erhobenen Fäusten dem Flugzeug nach, aber das war schon fast nicht mehr zu sehen. Als unser Etappenziel in Sicht kam, hatte ich befürchtet, neben Hochöfen und einem Brammenwalzwerk am Steg zu liegen. Die Silhouette von Dünkirchen ist von See aus wahrlich nicht einladend. Aber das täuscht. Der Hafen lag ein Stück weiter in Richtung Stadt, weit genug entfernt vom Industriegebiet.

Wir machten zwischen zwei Schlegeln in einer piekfeinen Marina fest, in der wir wieder freundlich empfangen wurden. Der Liegeplatz für eine Nacht?

„Pas de problème.“

Willkommen bei den Sch´tis

Am nächsten Tag weiter nach Boulogne. Diesig, wenig Wind und warm. Spannend wurde es, als wir Calais passierten. Die Fähren von und nach Dover sorgten für Verkehr wie auf der Autobahn. Wir mussten etwas warten, um ein Durchschlupfloch zu finden. Aber auch das gelang irgendwann und wir segelten weiter in Richtung Boulogne. Im recht vollen Hafen fanden wir einen Platz längs an einer dänischen Yacht mit dem Heck zum Steg, das passte.

Die Stadt selbst war nicht so prall. Es war Montag. Wie üblich in Frankreich, waren die Geschäfte alle geschlossen. Aber das Abendessen (Muscheln und Fritten), einfach super. Am nächsten Morgen, inzwischen war es der 20.6.17, ging es nach Dieppe. Ich freute mich darauf, ein paar Tage dort zu sein, weil die Stadt als sehr schön beschrieben wurde und sich außerdem ein Tief mit Starkwind aus West ankündigt hatte. Das wollten wir abwarten. Bei der Einfahrt in den Hafen wurden wir mit Sirenenlärm begrüßt. Ich dachte noch, haben die hier eine Feuerwehrübung?

Danach noch einmal Sirenengeheul. Langsam wurde es spannend. Dann plötzlich per Funk: TimpiTi...TimpiTi...TimpiTi... Das Geheul galt uns!! Wie mir dann per Funk mitgeteilt wurde, wäre der Hafen für Yachten gesperrt, wir hätten uns vorher auf Kanal 9 anmelden und fragen sollen. Ok, man lernt…. Aber da wir nun mal da waren, könnten wir an den Steg fahren, der Hafenmeister würde uns erwarten. In Deutschland hätten wir wahrscheinlich erst mal eine Standpauke und einen Strafzettel bekommen und wären dann weggeschickt worden. Gesperrt ist schließlich gesperrt. Aber wir waren ja in Frankreich. Der Hafenmeister winkte uns an einen Schlegel (der Hafen war durch die Sperrung fast leer), half beim Festmachen und begrüßte uns per Handschlag.

Als ich ihm eröffnete, dass wir gern vier Tage bleiben wollen, allerdings ein bedauerndes Kopfschütteln. Nur eine Nacht. Es fand die La Solitaire URGO le Figaro statt. Eine bedeutende Einhandregatta. Morgen wurden die Yachten erwartet und deshalb war der Hafen auch gesperrt. Die Regatta schien ein seglerisches Großereignis zu sein. Es waren zahlreiche Info- und Verkaufsstände aufgebaut. Die Hafenmauer zierten Bilder der teilnehmenden Yachten und ein Lebenslauf der Skipper mit großen Fotos. Ein Herr vom Organisationskomitee beschallte uns unentwegt mit den neuesten Informationen über die Rangfolge bei der Regatta. Wir verstanden sowieso nichts, aber ich hatte den Eindruck, dass sich auch sonst niemand dafür interessierte. Schade, wir hätten uns gern die Stadt näher angesehen und vor allem noch eingekauft. Der Proviant musste aufgefüllt werden. Aber wir lagen erst einmal sicher am Steg und das war die Hauptsache. Allerdings nicht sehr ruhig. Unser Boot bewegte sich ständig. Es zog und zerrte an den Leinen, als ob Wellen in den Hafen liefen oder gerade die Flut oder Ebbe eingesetzt hätte. Keine Ahnung, wo das herkam. Es war Ebbe und das Wasser ringsherum schien ruhig. Wie sich später in anderen Häfen herausstellte, war die Ruhe trügerisch. Die tidenbedingten Strömungen sorgten wohl ständig im Hafen für Verwirbelungen, die man nicht sah, aber durch die Ruckelei an den Leinen deutlich merkte. Dummerweise hatte ich die Gummi-Ruckdämpfer zu Hause gelassen, jetzt hätte ich sie gebraucht. Am nächsten Morgen dann Hafengeld bezahlen in der Capitainerie. Die junge Frau dort meinte auf unsere nochmalige Bitte um Verlängerung hin, dass wir doch noch eine weitere Nacht bleiben könnten. Durch eine Flaute (also kein Starkwind, wie vorhergesagt) kamen die Jungs und eine Dame mit ihren Regattaschiffen nicht so schnell voran und da wurden die Pläne geändert. Na super, also doch die Stadt ansehen und einkaufen.

Die Pasteten, die Würste, der Käse, die Meerestiere, das frische Gemüse, all das sah so lecker aus und duftete so toll, da musste man einfach in einen Kaufrausch verfallen.

„Wir werden die Pfunde auf der Reise schon wieder loswerden“, beruhigte ich meine Crew.

Die ganze Stadt war auf den Beinen, Himmel und Menschen. Man tanzte, trank Wein, genoss die Gaben des Meeres und freute sich des Lebens. Wir freuten uns mit. Aber es wurde noch besser. Zu Ehren der erwarteten Seehelden feierte man am Hafen. Ein richtiges Volksfest. An jeder Ecke spielten Bands. Manche sogar gegeneinander, weil der Abstand zwischen den Bühnen zu gering war. Das störte aber niemanden, alles, was laufen konnte, war unterwegs. Und das bei 35°C und Sonne. Wir mittendrin, es war ein Erlebnis. Uns gegenüber hatte ein richtiges französisches Kriegsschiff festgemacht, die Etoile du Roy. Der Nachbau einer Fregatte aus dem 18. Jahrhundert. Was uns so geboten wurde…. Es waren eine Menge Leute auf dem Schiff, wahrscheinlich VIP′s, denn an Bord kamen nur geladene Gäste (Gästeliste, Gesichtskontrolle), also nichts für Otto Normalverbraucher. Für Unterhaltung sorgte dort ein Dreimann-Orchester, das sich im Achterschiff in Stellung gebracht hatte. Besser sollte sorgen, denn ohne Verstärker kamen die gegen den Lärm von der Pier nicht an. Nach einer Stunde gaben sie entnervt auf und packte die Instrumente wieder ein. Am Abend dann verwandelte sich die Fußgängerzone in der Altstadt in eine Partymeile. Dort, wo wir am Nachmittag noch eingekauft hatten, standen jetzt Tische und Stühle auf der Straße. Verhungern oder (schlimmer) verdursten konnte man nicht. Wir gingen quasi auf der Straße von einer Disco oder Band und von einer Kneipe zur nächsten. Irgendwann war dann auch das letzte Spektakel zu Ende und die Ruhe der Erschöpfung legte sich über die Altstadt. Wir fielen todmüde in die Koje. Früher Schlafengehen hätte eh nichts gebracht. Am nächsten Morgen legten wir mit etwas Wehmut ab und es ging weiter nach Fècamp. Der Törn war vom Wetter her das Kontrastprogramm vom Tag davor. Diesig, bedeckt und, man soll es nicht glauben, kalt. Saukalt. Gestern war ein T-Shirt zu viel, heute im Ölzeug mit zwei Jacken darunter und Stiefel an! Verrückt.

Wir verließen Dieppe schon um 5:30 Uhr (war nach dem langen Tag nicht so einfach) und fuhren im Zickzack-Kurs um die Reusen herum in Richtung Westen. Wind war da, aber natürlich aus: Westen. Dazu hatten wir mehr Gegenstrom durch die Tide als erwartet bzw. in unserem Tides Planner angegeben. Es war zäh. Um überhaupt vorwärtszukommen, mussten wir oft unseren Motor bemühen. Aber das kannten wir schon. Die Alabasterküste jedenfalls ist eine Attraktion. Was wir auf Rügen im Miniformat haben, gibt es hier kilometerweit. Eine riesig hohe weiße Steilküste.

In Fécamp angekommen (eine Stunde später als geplant) war wieder alles paletti. Leerer Hafen, nette Hafenmeisterin, keine Probleme. Obwohl, ein kleines Problem hatte ich doch. Wir hatten Springtide. D.h. die Flut war besonders hoch, aber damit leider auch die Ebbe besonders niedrig. Die Tiefenangaben für diesen Hafen waren in unseren Unterlagen grenzwertig. 1,70m bei Niedrigwasser. Unser Tiefgang war 1,60m. Mit voller Ladung vielleicht 1,65m. Die Dame in der Capitainerie, die allen Vorurteilen zum Trotz gut englisch sprach, beruhigte mich über Funk. Ich könne unbesorgt in den Hafen fahren, es wäre wirklich tief genug. Und falls nicht, der Boden ist Schlick! (??) Also in den Schlick? Nein, alles gut. Am Schlegel hatten wir genug Wasser unter dem Kiel. Sogar mehr als die berühmte Handbreit…

Da es wieder heiß geworden war, gingen wir nach dem Anlegen erst einmal baden. Der Strand von Fecamp ist erfreulich breit, aber steinig. Über die Steine ins Wasser zu gehen, war deshalb etwas schmerzhaft. Ich denke noch an zwei ältere Damen, die auf allen vieren aus dem Wasser krabbelten, um den Schmerz erträglicher zu machen. Das sah zum Schießen aus. Zu allem Unglück hatten wir Ebbe, das Wasser war während des Badens zurückgegangen und damit ihr Weg zurück länger geworden.

Nachmittags wurden wir von der Capitainerie zu einem Cocktail in die Hafenlounge eingeladen. Das hatten wir noch nie.  Einen Tidenhub von 6 bis 7m aber auch noch nicht. Du schaust abends noch mal über den Hafen, sieht die Straßen, die Läden, das Hafengebäude und findest Dich morgens auf dem Grund eines riesigen Beckens wieder. Hohe Mauern ringsum und der Steg, der gestern noch ebenerdig zum Boot führte, ist jetzt eine steile Rampe geworden. Krass. In Fécamp haben wir es ruhig angehen lassen. Die Fahrräder raus und erst einmal die Lage peilen. Wo ist der Supermarkt? Gibt es einen Yachtausrüster? Gibt es einen Markt und wann ist der?

Wasser und Strom hatten wir ja am Steg und die Tankstelle war gegenüber in einer Hafenecke auf einem Ponton. Wir waren also rundum versorgt. Das Angebot in den Geschäften: einfach grandios. Von dem Käse-, dem Obst- und dem Fischangebot träume ich heute noch. Glücklicherweise, das hatte ich noch nicht erwähnt, ist mein / meine Smutje eine hervorragende Köchin. Da wir genügend Kochbücher an Bord hatten, war es kein Problem für sie, aus der Boot Cuisine eine Haute Cuisine zu machen. Dazu mal ein Beispiel:

Die Vorspeise

Gänsemagen Confit auf Rucola

Der Hauptgang

Kalbsschnitzel in Calvadossauce mit Rahm- Champignons und glasierten Apfelringen.

Die Nachspeise

Chocolat Pavot

Die Franzosen würden jetzt noch Käse essen, aber da musste ich aus Platzgründen passen. Nachdem ich das Kalbsschnitzel in den höchsten Tönen gelobt hatte (es war wirklich fantastisch) und meinte, dass Kalb eben doch das beste Fleisch wäre, eröffnete mir meine Smutje, dass sie kein Kalb bekommen hätte und es Putenfleisch gewesen wäre.

So wird man verarscht….

Für den deftigen Teil der normannischen Küche empfiehlt man hier übrigens keinen Wein, sondern Cidre und Calvados. Unbedingt beides. Ein leckeres Gespann, besonders mit dem genialen Camembert der Region und frischem Baguette.

Ich habe mal gelesen, dass es in der Normandie prozentual mehr weibliche Alkoholiker gibt als in anderen Landesteilen. Vielleicht liegt es am Cidre / Calvados. Die Mädels vertragen halt nicht so viel. Bei Männern war das Verhältnis auf hohem Niveau ausgeglichen, so wie überall halt. Sympathische Gegend. Am nächsten Tag dann wieder eine Überraschung. In Fécamp fand ein Treffen von Leuten statt, die selbst gebaute Drachen am Strand steigen lassen. Sicher hat diese Sportart inzwischen auch einen englischen Namen, den kenne ich aber nicht. Man kam mit VW-Bussen oder speziellen Anhängern, in denen die Schätze transportiert wurden. Und man kannte sich augenscheinlich. Es war ein Fest. Im frischen Wind von der See schwebten Fische und Kalmare, Seepferdchen, allerlei Figuren und natürlich Drachen in verschiedenen Größen. Eine Augenweide. Was lässt man sich als Nächstes für uns einfallen? Nachdem wir etwas gefaulenzt und noch eine Museumsdestillerie (man kann es nicht lassen) besichtigt hatten, dachten wir nach vier Hafentagen wieder an Aufbruch. Wir hatten unseren Proviant aufgefüllt und einige Souvenirs gekauft. Sogar einen neuen Wasserschlauch mit Adapter hatte ich beim Yachtausrüster bekommen. Tolles Ding, unter Wasserdruck wurde er immer länger. Sehr praktisch. Allerdings war der Schlauch eine Fehlkonstruktion und hielt nur bis La Coruña, aber davon später. Am 26.6.17 weiter nach Le Havre. Der Wind wehte endlich aus östlicher Richtung und wir hatten den Ebbstrom mit uns, als wir gegen Mittag ablegten. Es wurde ein Segeltag vom Allerfeinsten. Sonne, Wind und das Beste, wir waren schneller als alle anderen Segelboote auf unserem Kurs (wenn mindestens zwei Boote auf dem Wasser sind, ist immer Regatta). Das lag wohl daran, dass ich unseren Ausbaumer für die Genua endlich mal ausprobieren konnte und wir damit Schmetterling segelten (also ein Segel backbord, ein Segel steuerbord). Mit 15 -20kn Wind von achtern und Sonne einfach fantastisch, besser geht′s nicht. Um 17:30 Uhr machten wir mit den anderen vier Regatta-Booten in der Marina Le Havre fest. Bei der Anmeldung sagte man uns, dass am folgenden Tag die Hafeneinfahrt ab 6:00 Uhr morgens gesperrt werden würde. Einmal im Jahr sucht man hier nach Minen und Blindgängern aus dem Zweiten Weltkrieg. Dieser Tag war ausgerechnet morgen. Ok, wir wollten ohnehin weiter, dann also etwas früher. Der nächste Schlag war eigentlich nach Ouistreham geplant, weil der Ort als sehr hübsch beschrieben wurde. Da wären wir aber beinahe in die Falle getappt. Die Zufahrt dorthin ist sehr flach. Man kann den Hafen deshalb nur bei Flut anlaufen. Wäre nicht das Problem, aber man kommt natürlich auch nur bei Flut wieder heraus. Da wir danach nach St. Vaast wollten und wir dort auch nur mit der Flut in den Hafen kommen, hätten wir nachts segeln müssen. Im unbekannten Revier mit Reusen allerorten nicht so prickelnd. Also der heroische Beschluss: Wir starten morgen um 4:30 Uhr direkt nach St. Vaast. Gesagt getan. Die Crew schlief noch und ich segelte mit ablaufender Flut und einer frischen Brise aus SO über die Baie de Seine. Leider hielt die Freude nicht lange, denn der Wind ließ nach und war bald nur noch ein laues Lüftchen. Also wieder den Motor an. Dafür wachte die Crew durch den Motorlärm auf und machte Frühstück. Hatte also auch was Gutes. Unterwegs, es dämmerte gerade, kam uns die bzw. eine der Aidas mit Kurs auf Le Havre entgegen. Beeindruckend, einem so großen Kreuzfahrtschiff auf offener See so nahe zu begegnen. An Bord war niemand zu sehen, die schliefen wohl noch alle. Auf ungefähr der Hälfte der Strecke dann plötzlich ein Schlag. Das Schiff vibrierte und ich war sofort in Panik. Ein Fischernetz eingefangen? Das fehlte noch. War zwar keins zu sehen, aber wer weiß denn, was da so alles rumschwimmt….

Ich hatte mich fast mit dem Gedanken abgefunden, ins Wasser zu steigen, um nachzusehen, aber das wäre bei dem Seegang wirklich kein Spaß gewesen. Der rettende Gedanke war dann, mit Vollgas zurückzufahren. Und das half. Wahrscheinlich hatte sich ein Haufen Seegras oder Algen im Klappmechanismus des Propellers verfangen, der durch das Rückwärtsdrehen geschreddert wurde. Jedenfalls war danach wieder alles in bester Ordnung. Phuuuh. Um 13:15 Uhr erreichten wir die Marina Saint Vaast wie geplant bei Flut. Geht doch.

Der Hafen wird bei Ebbe nämlich mit einem Schleusentor verschlossen. Jetzt war es offen, die Marina nicht zu voll, alles bestens. Bis auf den Regen. Nach dem Anlegen, wir waren gerade wieder in der Kabine, schüttete es wie aus Kübeln.

Jetzt bleiben wir erst einmal hier. Der Ort sah trotz des Regens nett aus. Als sich wieder die Sonne in den Pfützen spiegelte, gingen wir zum Hafenmeister das Hafengeld bezahlen und danach über die Schleusenbrücke in die Stadt. Alles überschaubar klein, fußläufig. Der Hafen selbst ist super. Ein netter Hafenmeister, sehr gute Sanitäreinrichtungen und ohne das übliche Gezerre an den Leinen durch Ebbe und Flut. Kunststück, wenn der Hafen geschlossen ist, liegen wir wie im Ententeich.

Zum Wochenende gibt es einen Markt am Kai, an dem die Fischerboote ihren Fang ausladen (Fische, Krabben, Hummer). Direkt vor der Mole dann die Austernbänke. Frischer geht's nicht. Natürlich haben wir gleich Austern gekauft. Ich esse die sehr gerne, Kriemhild weniger. Da hatte ich nun sechs frische Austern auf dem Tisch, aber wie kriege ich die auf? Mit einem normalen Messer – keine Chance. Ein Austernmesser hatte ich noch nicht. Ein Schraubenzieher vielleicht? Wenn ja, wo setzt man den an?

Glücklicherweise gibt es YouTube. Die Profis zeigen, wie es geht, aber leider auch mit Profiwerkzeug. Um es kurz zu machen, ich habe es dann mit einer Rohrzange und einem großen Schraubenzieher geschafft. Bei der Aktion waren Schalenkrümel unvermeidlich, die beim Essen etwas knirschten, aber der Genuss überwog. Als Nächstes kaufe ich ein Austernmesser. Gut, dass wir jetzt Zeit haben. Für die Biskaya-Etappe wollen Freunde zusteigen, die wir erst am 10.7. in Cherbourg erwarten. Also ausruhen, die Gegend erkunden, einkaufen und die Meerestiere genießen. Ja, einkaufen. Natürlich gab es alles Nötige in der Stadt. Frisches Baguette Artisan (handgemacht), Fisch und Schalentiere und das Maison Grosselin. Ein Laden, der schon vor 100 Jahren so eingerichtet gewesen sein musste. Harry-Potter-Land. Das Weinangebot – fantastisch. Leider aber auch fantastisch teuer. Die Woche in St. Vaast wäre allein schon die Reise wert gewesen. Morgens radelte ich bei Sonnenschein zur Boulangerie, um Baguette und Croissants zu kaufen. Dann ein gemütliches Frühstück in der Plicht, danach Wattwandern entlang der Austernbänke oder mit dem Fahrrad durch die Gegend fahren oder einfach nur faulenzen. Bei Sonnenuntergang und einem opulenten Abendessen ein Glas Rosé (wegen der Farbe des Abendhimmels), was will man mehr. Am 3.7. der Aufbruch nach Cherbourg. So jedenfalls war es geplant. Als ich vor dem Ablegen den Plotter einschaltete, die herbe Überraschung: Nix geht mehr. Keine Karte! Ich hatte am Vortag versucht, mit dem Voyage Planner von Navionics die Karte vom Plotter in den PC zu laden, um Wegpunkte einzugeben. Das funktionierte nicht und scheint wohl die Dateien durcheinandergebracht zu haben. Also die Seekarte neu laden. Mit dem Internet vom Port ging das grottenlangsam und mein eigenes Schiffs-WLAN war auch nicht wesentlich schneller. Kurz, als das Update endlich fertig war und der Plotter wieder funktionierte, war das Tor zum Hafen zu. Wir blieben also noch einen Tag mehr in St. Vaast.

Cherbourg

Wir sind angekommen. Nach einer Fahrt durch ein Reusengebiet, die ich nicht noch einmal erleben möchte (ich habe zum Schluss schon einen Bogen um Möwen im Wasser gemacht, weil ich nur noch weiße Bojen gesehen habe). Die Marina war recht voll, viele englische Schiffe lagen dort. Die Crews waren damit beschäftigt, karrenweise Weinkartons zum Schiff zu schleppen. Warum nicht das Angenehme mit dem Angenehmen verbinden? Die Jungs machen das richtig. Für mich ist Cherbourg ein magischer Ort. In meinem Arbeitszimmer zu Hause hängt eine Seekarte dieser Küste an der Wand. Wie oft habe ich mir ausgemalt, wie das wohl wäre, Cherbourg anzulaufen und dann weiter über Guernsey nach Westen zu segeln… Wir bleiben wieder ein paar Tage und warten auf unsere Mitsegler für die nächsten Etappen. Es gibt immerhin einiges zu sehen hier. Z.B ein Atom-U-Boot! In Cherbourg wurden und werden U-Boote gebaut. Wusste ich nicht. Das erste französische Atom-U-Boot, die REDOUTABLE, liegt seit 1991 in der CITÉ DE LA MER, einem sehenswerten nautischen Museum. Sehr interessant, aber auch etwas gruselig. Der Name kam nicht von ungefähr. 16 ballistische Raketen mit Atomsprengköpfen. Wenn ich mir vorstelle, was die hätten anrichten können…. Inzwischen ist es Sommer geworden. Wie lange sind wir eigentlich schon unterwegs? Die Sonne scheint, wir haben alle Luken über Mittag geschlossen und Rollos davor. Es ist heiß, man kann sich leicht das Fell verbrennen. Eine Einstimmung auf den Süden? Morgen kommen Frank und Volker. Wir freuen uns. Die Smutje hat schon ein Willkommensmenü geplant. Glücklicherweise gibt es hier auch einen Carrefour, der montags geöffnet hat, eine Ausnahme in Frankreich. Unsere Freunde kamen dank SNCF pünktlich in Cherbourg an. Ich habe sie vom Bahnhof abgeholt und die Wiedersehensfreude war groß. Nachdem wir uns alle an Bord eingerichtet und am nächsten Tag noch den restlichen Proviant gebunkert hatten, ließen wir den Abend vor unserem Start mit einem exzellenten Abendessen ausklingen. Wer mal nach Cherbourg kommt, sollte unbedingt im La Cale mit Whisky flambierte Jakobsmuscheln probieren: ein kulinarisches Feuerwerk. Ein Delfin im Hafenbecken.

Alle halten mich für verrückt, aber ich habe ihn tatsächlich gesehen. Ehrlich.

Ich war gerade dabei, Taschen mit Proviant an Bord zu bringen, als plötzlich Leute neben mir am Steg aufgeregt riefen und gestikulierten. Ein Segelboot, bei dem offensichtlich der Motor ausgefallen war, wurde vom Hafenmeister mit dessen Schlauchboot in den Hafen geschleppt und hinter dem Segelboot schwamm: ein Delfin! Er oder Sie muss das Boot wohl irgendwie toll gefunden haben. Ein so großes Tier in dem kleinen Hafenbecken, krass. Durch das Geschrei kamen meine Kumpels an Deck, aber da hatte der Delfin schon den Rückzug angetreten. Als ich erzählte, was los war, nur mitleidiges Kopfschütteln. „Wer weiß, was du da gesehen hast…“

Guernsey

Am nächsten Morgen, es war der 12.7.17, legten wir um 10:30 Uhr in Cherbourg ab. Kurs Guernsey. Das Wetter hätte besser sein können: 2-3Bf NW diesig, regnerisch, kabbelige See. Wir mussten zeitweise wieder den Motor bemühen, um rechtzeitig bei Flut in Guernsey zu sein. Am Cap de la Hague (da wo die Atomaufbereitungsanlage steht) fragte mich Kriemhild, warum die anderen Boote so weit von der Küste entfernt fahren.

Ich sagte gerade: „Die wollen bestimmt rüber nach England“, als plötzlich die See kochte. Von einem Augenblick zum anderen kurze abgehackte Wellen sicher mehr als 2m, die von allen Seiten zu kommen schienen. Unsere TimpeTe krachte in die Wellentäler und ich hatte zu tun, das Schiff auf Kurs zu halten. Gischt kam über und wusch nicht nur das Deck, sondern sorgte auch für nasse Segel. Selbst durch einen unserer Doradelüfter tropfte Wasser in die Kabine. Das hatten wir noch nie.

Die Jungs auf den anderen Booten wollten also nicht unbedingt nach England, die kannten sich aus.

Erkenntnis:

1. man sollte vom Cap de la Hague Abstand halten und

2. sich an anderen Booten orientieren.

Nach Umrundung des Caps wurde es besser. Wir hatten jetzt achterlichen Wind um 10-15kn und setzten den Gennaker. Alles war gut, entspanntes Segeln. Wir fuhren an einem Fischerboot vorbei, von dem aus man uns freundlich zuwinkte. Ich dachte noch, wie nett die Leute hier sind, als uns auffiel, dass das Winken mehr aufgeregtes Gestikulieren war. Plötzlich gab das Boot ein Signal und dann sahen wir es auch. Vor uns eine Wellenfront wie aus dem Nichts. Es erinnerte an die Brandung an einem Riff. Die Schockstarre hielt zum Glück nicht lange an. Frank rief nur noch „Ach du Sch…,“ startete den Motor und wendete. Ich kämpfte den Gennaker nieder und bekam ihn mit Mühe ins Boot. Gerettet. Wir umfuhren den Whirpool und dankten den Fischern.

Die gefürchteten Eddies und Races vor Alderney.

Wir hätten aufmerksamer sein sollen.

Die nächste Lehre.

In St. Peters Port auf Guernsey wurden wir vom Hafenmeister in Empfang genommen, der uns in einem Schlauchboot entgegenkam. Nach der Begrüßung musste erst einmal das Hafengeld bezahlt werden. Vom Schlauchboot aus mit einer Kreditkarte, das war neu.

Aber Ordnung muss schließlich sein… Witzig war die Quittung. Obwohl unser Bootsname "TimpeTe" groß auf der Relingspersenning zu lesen war, stand auf der Rechnung als Name "TIMLPETE". Na ja, plattdeutsche Märchen wie "De Fischer und sin Fru" kennt man hier natürlich nicht. Dann ging es zunächst an den Waitingpontoon. Der Wasserstand reichte noch nicht für die Einfahrt in den Hafen (rote Ampel). Der war nämlich durch ein Sill gesichert. Einfach eine Mauer, hinter der das Wasser bei Ebbe im Hafen gehalten wird, damit die Boote dort nicht trockenfallen. Und über die musste man erst einmal rüber. Wir lagen mit vielen anderen Booten im Päckchen und warteten. Franzosen neben uns nutzten die Zeit und machten Picknick. Es sah aus wie Minipizza und roch gut. Natürlich gab es dazu Wein. Ich bekam langsam Hunger. Bei all den Booten fragten wir uns, was das wohl für ein Gedränge werden soll, wenn die Ampel auf Grün springt und der Kampf um einen Liegeplatz beginnt. Aber wir hatten nicht mit der perfekten Organisation des Hafenteams gerechnet. Die Boote wurden einzeln mit Schlauchbooten abgeholt und an einen Liegeplatz gebracht. Was für ein Service. Als wir an der Reihe waren, wurden wir nach unserm Tiefgang gefragt. 1,6m? "Lovely" war die Antwort. So bekamen wir einen Platz im flacheren Hafenteil, ohne im Päckchen liegen zu müssen. Aber damit war die Prozedur noch nicht zu Ende. Man übergab uns einen Packen Papier zum Ausfüllen: die Bootsdaten, woher, wohin, warum, gefährliche Güter oder Waffen, welche Personen an Bord, Passnummer, Geburtsdatum und und und... Das ganze Programm. So ein Aufwand. Dann fiel mir ein, dass die Kanalinseln nicht zur EU, ja streng genommen nicht mal zu Großbritannien gehören. Sie sind Kronbesitz, also persönliches Eigentum der Queen. Ein Sonderstatus, der natürlich auch eine Sonderbehandlung zur Folge hat.

Abends dann endlich in einen Pub, von denen es im schönen und alten St. Peters Port einige gab.

Diesmal hatte ich beschlossen, Vorurteile über Bord zu werfen und typisch englische Küche zu probieren. Ich dachte, durch die Nähe zu Frankreich ist das vielleicht ganz spannend und besser als das, was ich bisher in anderen Landesteilen Englands gegessen hatte. Und richtig, ich wurde nicht enttäuscht. Der Black Pudding mit Roasted Pork war fantastisch, das Bier natürlich auch. Ich wäre gern noch ein, zwei Tage länger auf Guernsey geblieben, aber das Wetter war für den Schlag nach Roscoff günstig, das mussten wir nutzen. Also am nächsten Morgen raus aus dem Hafen, sobald der Wasserstand reichte und Kurs SW.