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Die Menschenfrau verliert ihre Stimme. Über den Schmerz tritt sie in einen inneren Dialog mit der Sprachmelodie imaginärer Tierwesen. Ihre Klause befindet sich ein Stockwerk über der Galerie Zottel mit Gemälden aus allen Zeitepochen, die zu Traumgeistern geworden sind. Eine alte Hyäne, Wächterin der unterweltlichen Geschicke, verbindet sie gleichzeitig mit der astralen Welt. Für die Menschenfrau ist dieser Ort das Tor zur Anderswelt, ein Übergangsort zu Seelenräumen, dem Grauen der Nächte, der Lamentation, die sich dann mit einer vagabundierenden Phantasie zu einem tagträumerischen Spiel lichten. Sie ist eine Tochter der Tiermutter und eine Schwester der Windsbraut. Es geht um Schmerz, Verloren sein, das Unheimliche, und die Entdeckung des Geheimnisses von den Klangfarben der Kunst und der Kraft der Verwandlung. Da ist nicht zuletzt die sympathetische Verbundenheit und unbändige Liebe zu der Schönheit aller Tiergeschöpfe. Die miniaturlyrische Geschichte beinhaltet drei Kapitel einer Gedanken und Bilderwelt. Nachtgesang der Tiere Orakel ins Blaue hinein Nacht und Nebel Wandel
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Seitenzahl: 391
Veröffentlichungsjahr: 2022
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Nachtgesang der Tiere
1. Auflage, erschienen 7-2022
Umschlaggestaltung und Illustrationen: Marie-Luise Weber
Text: Marie-Luise Weber
Layout: Romeon Verlag
ISBN: 978-3-96229-694-0
www.romeon-verlag.de
Copyright © Romeon Verlag, Jüchen
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Marie-Luise Weber
Nachtgesang der Tiere
Texte aus den Jahren 2018–2020 mit 16 Bildmedaillons
»In jener Kammer, wo sich matt
der Fenster tiefes Grau schattiert,
Hörst Du ein Rieseln, wie die Luft
der Steppe zarten Staub entführet?
Und ein Gesäusel, wie im Glas
gefangner Bremse Flügel wispelt?
Vielleicht ’ne Sanduhr, die verrinnt?
ein Mäuschen, das im Kalke rispelt?
So scharf es geht, so bohrend ein,
Wie Sensen wetzen am Gestein.«
(Annette von Droste-Hülshoff aus
»Spiritus Familiaris«, Balladen)
ich stehe in einer leeren landschaft und habe meine stimme verloren. die windsbraut lacht geisternd über mir. du hast es gewollt, immer schon. jetzt hat sie sie eingefangen. meine tränen sind nicht traurig. das salz sickert in den kahlen grund. salzwüste und eine hyäne. das licht blendet mich. ich bin meiner spur gefolgt, denn mein wille geschehe. eine wilde ansammlung von tonlosen gedanken. von ungeahnten knochenbrecherischen kräften. die alte hyäne. das lachen der gläsernen braut. der blick nach hinten wo nichts mehr ist, keine stimme, kein genius. du hast es gewollt, immer schon. jetzt.
mein wille geschehe. atmen.
die terrasse an diesem ort ist das zentrum von natur und kosmos. die geister mit ihren gesängen tanzen am nn punkt entlang. da ist der ort wo ich es mit mir selbst aushalte. die nächste decade ist für den hüttenzauber gedacht.
ich bin auf dem weg zu den hyänen, den wölfen, den kojoten, zu all den canidischen und felidischen wesenheiten. ich sitze auf der terrasse und bin mir nicht geheuer unter dem mond. mähnenwolf, timberwolf, die weißen wölfe der nanette kaula. ich höre ihr heulen, den jahrtausende alten schmerz, ein schmerz, der über die jungsteinzeit fegt. die windsbraut und ihr wehendes lachen. ach ach o weh!
die weißhäutigen schattenwesen staunen über meinen übermut. graffti im kopf und verlorenheit in der seele. in meeteetse wird mein kleiner zottelgeist überleben. da ist die sonne feuerrot und die krähen schillernd schwarz. alles steht über kopf. es gibt kein zurück. der zahn hat sein bett verlassen. ich höre ein klopfen und öffne die türe. die melodie tritt ein und ist wunderschön. einst und jetzt. du hast deine nachtblaue kappe verloren, sage ich ihr, ja, und ich meine stimme. seit zehn jahren. in plutos bann.
der höllenhund hat rote pfoten und heult vor glück. er wedelt seinen schwanz mit verve. seltsame tiere im silbernen glanz. ich kann dir ein lied davon singen, aber du wirst es nicht hören. ich tanze mit meinen lippen so rot wie die pfoten. kein wind, kein laut, keine braut. mein haar ist zobelbraun und soll nicht mehr geschnitten werden. rote punkte spielen im dünnen gewebe. als die sonne sich verabschiedet, kommen die büffel von charles marion russell auf mich zu. ihr werdet auf beton gemalt, das verspreche ich dir. und halte das wort.
ich schnaube mich durch meine eigene lautlosigkeit. kein laut dringt aus der kehligen tiefe. der wolfgeist und die alte hyäne haben sich dort eingerichtet. sie warten auf ihre stunde, in aller munde. die blaue stunde ist nun schwarz. ich schließe die blauen augen und sehe schwarz. herrje-mi-ne. ich liege im strom der zeit. im leeren raum. du weißt es, die nachtmahre sind nicht freundlich. berührt mich nicht (noli me tangere). dann bleibe ich still.
jeden morgen möchte ich die träume vergessen. der schwarze handschuh liegt über dem waschbecken. meine hand hat die schwinge eines paradiesvogels, der aus den wolken stürzt. all das gibt keinen sinn ohne sinnlos zu sein. der pflanzengeist huscht durch das nervennetz, kichert heimtückisch über meinen schmerz. ich bin unendlich müde von dem meinigen, könnte es doch ein anderer sein. das male ich mir aus, doch meine hand steckt im schuh. du zwitscherst so wunderlich (whimsical). dein schnabel pickt in das bild. ich bin schon weit weg. keine spur. es ist nichts gewesen. das ist der ort, wo der wind und anderes getier heult. wer seid ihr? die einsamkeit. ich werde euch nie verraten. du nickst mit dem kopf und bist d’accord. kopf und herz.
so oft höre ich den ruf aus dem stübchen hinter der stirn. manchmal möchte ich dir davon erzählen. aber wie? ich nehme die geige in die hand und streiche über die gereizten saiten. gleichzeitig schließen sich die ohrmuscheln, durch die teiche gleiten die anmutigen koi’s. kurzum, ich nehme mein glück in die pelzhände (meret oppenheim) und lasse es durch die pfoten rinnen wie die fische in ihrem element. das instrument ist trägerin einer botschaft, einer frohen botschaft. die töne schwirren in richtung sirius, dem hundsstern (canicula, canis majoris). die tonfolgen haben lange schnauzen. du findest das lustig, und ich lache mit dir über das göttliche event.
ich glaube nicht, dass es wichtig ist, die wünsche und sehnsüchte zu kennen. sie zeigen immer dann ihre fratzen, wenn sie unsichtbar sein wollen. und das wollen sie. vielleicht hocken sie im hinterhalt und kommen aus der hinterhand. auf jeden fall wollen sie, wie gespenster, die das leben umklammern. ich sei begehrenswert, flüstern sie mir zu mit ihrer windstimme. ja, windig ist das begehren, vergänglich wie kein anderes ding. aha, mag sein, vielleicht ja, denken die herzen der verlorenen. und dazu die wilden bilder, die irrwitzigen ideen. ich befinde mich mitten unter ihnen, mit krallen, die ich in mein gesicht grabe. ich sitze auf einem armenischen wolfsstuhl made in usa, lösche die kerze und sehe die schwarzen hündin im räudigen fell. ich nehme sie zu mir, glätte ihr fell.
dackelblicke lassen sich nicht klären. sie sind klar verklärt. denn dahinter öffnet sich der kristallpalast. ich scheue den prunk und schaue in die augen. schokoladenbraun. traurig und ein bißchen frech. so mag ich es. wir gehen des weges. manchmal kann ich ein wunder riechen, da ist der duft des wunderlichen, der keine hoffnung braucht. ich fiepe freudig, leihe mir deine stimme. du läufst schon weit voraus, dem jagdfieber folgend. das licht flackert grün am horizont. gib nicht auf, du wirst dein glück schon finden. und kein wort darüber verlieren. verlieren und fiepen sind eins. ich lasse dich laufen. denn dackelaugen sind unerklärlich. ich muss die dinge wieder in die hand nehmen, auch wenn sie (die momente) nicht zu packen sind.
auf dem weg zum canis latrans begegne ich den gewesenheiten, trophäen, staub, implodierte sterne, ghostriders in the sky, reiten durch die weise der zeit, in knochen gehauen. irgendwann fangen sie an zu singen. das hast du mir prophezeit. meine kleine evolution landet irgendwann im ruhmlosen dreck. den gedanken habe ich, als du schon längst durch mich durchgeweht bist, und der kojote sein winterfell bekommen hat. dick und grauweiß, darunter ein gelblicher schimmer wie das licht der prärie. präriewolf. er fängt und frißt den präriehund, klein und lustig von gestalt. am anderen ende der welt zündest du dir eine zigarette an. dein name ist geronimo, und du bist meine letzte trophäe gewesen. traurigkeit hat keine stimme. das habe ich immer schon gespürt. dafür braucht es keine zeit. ich lege den roman beiseite und blicke ins leere. eine leere legende auf einem alten planeten. ab und zu gestatte ich mir einen rückblick. auf die völker der urzeit.
es ist nicht zu verhuschen. ein tierspuk spielt mit meinen stimmbändern. husch husch. ein kichern von zeit zu zeit. klägliches kichern der alten hyäne, immer die gleiche frage... und dann? so schnell kann es gehen mit dem aussterben. fern der grenze des lebens soll es viel wasser geben, aus dem die traumbilder steigen, stumm, nicht schweigend. der schwarze wollpullover hängt müde über dem stuhl aus der serie »chicago«, glatt und kalt. eine kralle, vogelkralle, liegt achtlos auf dem glastisch. ich kann mich immer wieder für stillleben begeistern, vanitas und dergleichen. ein buch (djuna barnes), eine kerze, eine zitrone, ein käfer mit überlangen zangen, ein schädel, im verwesenden dämmerlicht. vorbei mit den eitelkeiten. wild bewegt umarme ich meinen brennenden körper, mater dolorosa hat die zauberfinger im spiel. langsam löse ich das vierblättrige kleeblat von meinem hals, das silbergraue fetzenröckchen sinkt zu boden. die krähenfeder fällt auf meinen linken fuss. die welt dreht sich weg. bei allem, das atelier bleibt hell erleuchtet.
ein mahagonifarbenes ahornblatt zittert und fällt, bedeckt das tote rotkehlchen und meinen morbiden zahn. du hast dich heute aus dem staub gemacht. nun bin ich manche stunde in den glanz der einsamkeit gesunken. im reich der sinne den nahenden november erträumt. da und dort in den träumen ertönt die grabesstimme, unverändert das gleiche spiel. erstarrt mit der virtuosität einer zymbalspielerin. der sprung von e-moll zu d-moll. unter dem dunklen kaschmirmantel schlafwandeln franz schubert und bruno schulz in ton und wort, von stern zu stern. obdachlos. wir schauen uns in die glänzenden hungrigen augen, die pfoten, die schwänze, das fell. alles glänzt in erhabener einsamkeit. wir verlieren uns in den wilden augen des augenblicks. eine sage aus plutos nächtlicher sphäre (der rabe). krächzen, lachen, heulen, die sprache der entgrenzten erschütterten nachtgestalten. im rausch der sprachlosigkeit höre ich zuletzt das zischen durch die verbliebenen zähne. die sandfarbenen leinenvorhänge hängen wieder da wo sie hingehören. ich ziehe sie zu und die marien flüstern in ihrem unsichtbaren reich. invisibale, nonverbal. ein flackern fährt durch den leuchter, ein letztes dunkles raunen.
die windsbraut mit ihren langen schwarzen zöpfen, dem weißen gesicht, den glühenden augen ist sie die erinnerung? die kalte schlaflose erinnerung, die die zellen bestürmt. die tollheit, die verrücktheit? davon hast du oft gsprochen. als ich das hyänenfell ausgezogen habe, habe ich mein lachen geopfert, das lächerliche ist geblieben. die klagelaute hast du mir fort gewindet und dir zu eigen gemacht. nachts höre ich sie ab und zu. das klägliche ist geblieben, vom sonnenstrahl beleuchtet, viel lärm um nichts. ich brauche keine stimme. ich brauche das summen der steine, das rauschen der bäume, den ruf der eule, das keckern der füchsin, das heulen der wölfe, das lachen der hyänen. die geschichten, die den weißen schleier lüften. süß und schwer lockend. ich habe dir einen brief geschrieben, mit schwarzer tinte, so schwarz wie deine zöpfe. vielleicht kommt die antwort bevor ich in das untergeschoss, in die galerie gehe, um mich zu verstecken und wiederzufinden. im hyänenfell werde ich zu einem gemälde, abgestellt und vergessen. ab und zu ist dann wieder das klagende kichern zu hören, die seelenmelodie aus alter zeit, so nennst du sie. ich bin meine eigene geschichte geworden, erinnere mich des vergessens. eine tierische einsicht ist geblieben.
du fliehst mit mir in das fade land, das niemand kennen möchte, eine reise ohne das entzücken des neuen. wir sind dem märchen auf der spur, das den zauber ertränkt. da ist der tiefe dunkle see, erfüllt von mörderischer stille. ich gebe mich der leere hin, aus mir nicht bekannten gründen bin ich hier. die spur hat sich längst verloren. bisse. die schönen blutigen lippen, der nackte brennende rücken, die hühnerfüße mit zerbrochenen krallen, im faden land. das braun getupfte kleid hast du mir geschenkt. in liebe, deine alte hyäne. ich möchte weinen und kann es nicht. was hat uns hierher geführt? mit blutigen brennenden füßen kann sich kein freudentanz entfalten, aber vielleicht, vielleicht noch ein streich gespielt werden. was sagst du zu all dem? ich lese mich zusammen, krieche aus der zernichtung, fange wieder feuer. feuer für dieses eine leben. ein kosmodrama der faden existenz. wie jeder tag zu einer zauberformel erstarrt. du lächelst über meine verspielten streiche, legst deine pfote in mein haar, natürlich spielerisch. wir treffen uns in der galerie, dem bestiarium. es hat die ganze nacht geöffnet. das sind deine letzten worte. und ich werde kommen und lautlos heulen. vor schmerz.
du hast dir heute morgen spiegeleier kredenzen lassen und weißt nicht, dass da drin die ungeborenen küken blubbern. mein autoschlüssel rutscht aus der mit kunstpelz besetzten jacke und fällt dir zu füßen, kurz bevor das erste ei in deinem maul verschwindet. »denn schon im anbeginn verlockte der teufel das weib, dieses aber den mann«. verwirrte zobelaugen schauen mich an, kurz, flüchtig. ich überwinde dich mit der kraft des windsbrautherzens und purzel vergnügt aus dem kurzen bann des abenteuers. am anderen ende der wolke beginnt mein ekstatischer ausflug zum »frauenbildnis nach cranach«, mit bleistift und feder zwischen den spitzigen zähnen fliege ich davon. in deinem geist. eine antwort aus der sehr alten welt ohne je eine frage gestellt zu haben, nur bestimmt für hyänenohren, für die geschlossenen augen der weißen wölfin. ihr name ist shaggy, und sie heult jede nacht. sie träumt von ungeborenen küken. es schnarrt so sonderlich. wie immer habe ich meine hand im spiel, mit der ich das bildnis heute fertig stelle. eine schnabelspitze von den hungrigen schnauzen entfernt. ich habe nichts erfahren können. der hunger hat ihnen die sprache verschlagen.
die melodie »hyaena hyaena« ruft die hexen, die auf hyänen reiten und die unmoral verbreiten. ha! ich tanze nackt im roten regen und begehre das leben. die winde sind verstummt. bin ich katze oder hund? ich drehe mich im feuchten trommelfeuer, und am horizont kreisen die geier. die ruhe selbst ist die beute. das und nur das ist die aufgabe für heute.
eine mantelhülle wellt sich über den nackten boden. die herrin der tiere, das bin ich, bellt die nebelschwade beiseite und faucht mit den alten seelen. ashy und dusty kennen ihre melodien. ich höre sie des nachts aus den chinoiserien. sie werfen jadeschatten auf mein kissen. du trägst heute deinen blauen kimono. und wie schön sind die getrockneten hagebutten in den seidenstoff gezaubert. noc-turne. bleib einfach nur liegen. der vogelgeist trägt mir die kühlen flüchtigen geschichten unter meine fittiche. erzählen kann ich sie dir nicht. deine blutenden beeren hören sie trotzdem. ich belle und der schwarze vogel fliegt in den morgen. wir sind die, die im frohen schatten bleiben. ich stehe auf, werfe mir den mantel über, und meine jagd beginnt.
warum braucht eine alternde frau noch tränen? um was schluchzen? juhu schreien und können vor lachen. mit fächer und laternen die vielheit feiern. die nebelhaften visionen in bunte kunst trällern. einen tag feldlerche am himmel sein. jede stunde einen schokopresso trinken und mohrin spielen. spiel mir das lied vom tod. charles bronson lieben, eine nacht lang. eros und thanatos. davon kann die alte hyäne ein lied singen. die braune schüttelt ihr zuseliges rattenfell, die tüpflige schüttelt sich vor lachen, nach sonnenuntergang. in der black mesa lege ich die einsamkeit ab und folge deinem tross. du hast mir dein kostbares fell umgelegt, und ich bin eine von euch. sunka wakan die unbegreifliche hündin, im land der legenden. das haus habe ich schon längst verlassen. und heute lebe ich mit big foot. und fange die schatten ein. künstlerin des schatteneinfangens.
der heiratslustige schutzgeist erwartet jetzt eine klare antwort. willst du oder willst du nicht? ich ziehe die lefzen hoch, fletsche die zähne und stelle die rute auf. du hast mich gewarnt. die geister, die du rufst, wirst du nicht mehr los. die hausen doch schon eine halbe ewigkeit im traumorgan. du nennst es die brautkammer, aus der die obszönen schreie kommen. ich wache auf von deinem moschusduft, der sich auf meine winzigen schweißperlen legt. die windsbraut stürmt in die kammer und trocknet meine haut. sie singt frohlockend und weiss, dass es nicht das letzte mal sein wird. diese nächtliche begegnung mit dem tiergeist, der wie ein schwarzer gott vor mein auge tritt. ein auge reicht, um dich wieder zu erkennen. die hochzeit verschieben wir erst mal. bis ich dir eine hündische mänade oder eine todesbleiche schönheit bin.
heute nacht erzählst du mir deine leidensgeschichte mit den big monkeys von horst janssen. wie sie dich zum spielball machen, zum narren halten. du sitzt in deinem gartenhaus und rauchst eine dicke zigarre. das atelier befindet sich im dschungelwäldchen gegenüber der affenversammlung. du sagst, sie richten über deine kunst. die traurigsten sind adelard und heloise. schmerzvergessen im lied ohne worte. adagio. der dir ähnlichste ist der pithecantropus alalus. das willst du nicht wissen und sendest mir einen letzten gruß. nachdem ich das affentheater verlassen habe, mit dem kleinen schwarzen paly auf der schulter, falle ich in einen weiß gepuderten schlaf. der erdgeist unter der liege schnalzt mit der zunge. wer hält hier wen zum narren? die alte hyäne kommt aus der dunkelheit und leckt den kleinen paly. wie die mutter das kind. von hunger keine spur. langsam wird sie blind. im einklang mit der noch stummen weißen wölfin.
der schreck schallt aus dem klimperkasten. die katzenpfote hat sich verirrt. du bist eine wahre traumtänzerin. auf dem tisch stehen die alten englischen dackeltassen. der tierische clan der himmlischen musikerinnen trifft sich hier jeden morgen zum austausch der nächtlichen obsessionen. wir lieben das rohe fleisch, das voller geschichten ist. in wilder trauer feiern wir jeden tag abschied. die zibetkatze bleibt aussenseiterin. sie mag nur die süßen kräuter, die ihr nachts den geist verwirren. in weher erinnerung an dich trage ich das tigerfell um meine hüften. ich sehe dich manchmal im lichtstrahl, der durch den nebel fällt. ich habe dir die friedenspfeife geschenkt und die potente kachina zu deinem schutzgeist erklärt. sodass das lied nicht stirbt und die welt nicht altert. wir sitzen bis heute am hellen warmen feuer mit knochen, flöten und hörnern.
im kassandrischen netzgewand jage ich über die leeren felder. später habe ich erfahren, dass die menschen sich erzählt haben, eine hündin mit einem labradorauge gesichtet zu haben. wisse die wege der vrou aventiure. da ist der moment unter all den vielen (momenten): der erleuchtete spürsinn tritt aus dem dunstigen wissen. mein spieltrieb führt dich immer wieder an deine grenzen. wenn es dir zu bunt wird, lässt du die glocken läuten. ich flüchte in die hinterste stubenecke und grolle. die brokatzunge hängt aus der schnauze, die augen drehen sich im kreis. deine spitzfingrigen zöpfe sind mittlerweile grau geworden. der wind legt sich, die glocken verstummen, und ich höre nur noch ein lang gezogenes puh. die einsichten ermatten. ich liege auf der couch mit dem stoffhund (couch potatoe) auf dem bauch, atme und träume mich in das bestiarium der gemäldegalerie »zottel«, untergeschoss. zwischen den dunklen stillleben mit figürchen sträubt sich das fell der alten hüterhyäne, hüterin aller bilder. heute grünweiß gestreift. die spur ist gelegt. ihr werdet sehen, und das ist keine drohung, das ist verheißung.
wenn das leben sonderbar wird, ist es zeit für den mummenschanz. ich habe meinen lebenskoffer mit all den wilden gestalten von ort zu ort geschleppt, in richtung kassiopeia weist der weg in den norden. eine art nachtleuchtende heimat ist der norden für mich geworden. ein murmelnder gesang, der die kosmische ordnung aufhorchen und erstarren lässt. louhi, die herrscherin des nordlands fliegt mit dem federkleid eines gänsegeiers über das drohend lockende bärental. der orphische gesang erstickt in meinem roten schnabel, der in den gurgelnden morast pickt. ich wundere mich über die roten vielen beeren in deinem verwunschenen garten. ein närrisch kolibrierender tanz belebt mein ungeborenes kind, das die seufzende sprache der tiere versteht. und du erzählst von dem rätselhaften beerenbeben wenn deine kleinen tatzen nachts das fenster öffnen und der polarstern anfängt zu singen. dann kommen wir zurück in die menagerie der raubtiere, nehmen die masken ab, lassen die hüllen fallen und heulen zum großen bären hinauf.
ruckweise entkomme ich dem himmelbett. das kopfkissen hinterlässt ein surren und sirren, der geträumte stoff verschwindet im groben gewebe des vergessens. die trommelschwestern taumeln wie die grünen göttinnen durch die schmerzen, die in meinem körper schnappen. sie werfen die bündel durch die luft und schnüren neue kunststückchen. ich bin außer atem, ziehe die grünen stiefel aus und lasse die pfoten sprechen. die eitlen pfauenohrringe gleiten aus den löchern und die schwestern wiehern wie die pferde. du bist so ungestüm, so närrisch seitdem du aus der galerie zottel geflüchtet bist. die trommel dröhnt wie der puls der erde. ich springe auf deinen rücken, und die weiße mähne ist mein hochzeitskleid. pfoten und hufen gehen die heilige ehe ein, hieros gamos.
mein haar gießt die tiefblauen veilchen, und ich höre ihre sanften stimmen. ich bin ein mauerblümchen, und die dunkelheit ist mein elixier. du kommst lautespielend durch das fenster in das zimmer geflogen, dahinter das geschrei der vögel, der tanz der nackten durch das nadelöhr des blauen lichts. du stierst mit zottigen brauen und einer wilden gebärde in das ungemach der mondhellen nacht. dein portrait liegt verblichen auf meinem bettüberwurf. es ist spät geworden. wir schnüren durch das taubertal mit unserem unverschämten bocksfüßigen lachen. eine marotte im kandinskykleid. der veilchenvogel feiert seine letzte stunde. bissiges knurren, verzweifeltes krächzen ist die stimme der windsbraut. die blätter fallen, sie lässt eine wimper fliegen. blutsgeschwister auf dem weg. am morgen öffnet das pfauenauge seine flügel und die tagfaltermelodie ist erlöst. sie zerstreut ihre ideen, die sich zusammenfügen zur toccata in d-moll. frau kojote überlebt.
im staubmantel kommt die alte hyäne wie ein clochard aus der silber gerahmten sternenwelt geschlichen. ich habe geahnt, dass du an deinen platz zurück kehrst. meine stimme dringt lautlos in deine gespitzten ohren. wir haben immer schon dieselbe sprache gesprochen. du sagst, dass ich nach dem flieder des letzten jahres rieche. ich nicke und weiß, dass du keine verwandten mehr hast. langsam setzt du deine im abendlicht leuchtenden pfoten auf die stufe und bewegst dich die treppe hinunter. sanfte klänge kommen aus den kubinischen gemälden, dein blick schweift flüchtig durch die stehengebliebene zeit. die farbe meiner stimme ist ausgelaufen, in einem anfall von schwimmender schwäche. wir sind untermieterinnen des schattens, ein dramatisches paar in löchrigen kostümen, das die stimmen der toten hört. wir sind bellende boten der plutonischen seelenreise. ich gehe über die brücke, nehme witterung auf und greife mit klauen in die nächtliche ballade.
der tag weckt die blume, skizziert alfred kubin, verdeckt vom pompösen schein. das lange schweigen ist wie die kristalle aus dem sumpf. die weiße wölfin räkelt sich in den leinenkissen. die knochen knacken. ich kämme meine mähne und laufe aus dem rattenhaus, dem flammenden zeichen entgegen. das traumland ist abgebrannt. die traumgestalten sind geblieben und schweben unter dem tief blauen sternbegoldeten himmel, drehen ihre runden immerfort. ich beiße in die stille, das blut der wunde ist schwarze tusche. ich bin keine heilige und werde doch silberne hochzeit feiern, als circe auf den sauen reiten. die puppe liegt auf meinem schoß. ihre augen sind im orakelfieber. ich kühle ihre stirn mit meiner feuchten zunge. das ist die stunde der geburt der irrsinnigen. auf der suche nach edgar allens raben, dem zauber des einsam schwatzenden herzens, streunend in der galerie zottel. dein fell schützt mich vor dem heiligen geist.
die wildnis braucht keine stimme und keine tränen. ich lache und nehme den schlapphut ab, schüttele mich wie eine hündin nach dem bad. du sagst, ich sei ein freches kleines mädchen mit einem spaßvogel auf der schulter. dabei mache ich nichts lieber als dunkle zotterschokolade trinken. ich betrachte die ketten im schaufenster mit den bunten kugeln und den silbernen engelflügeln. meine freundin ist die melodie aus den bildern von caspar david friedrich. ich komme regelmäßig zu dir und schließe die brandschutztür. die alte hyäne schnurrt wenn sie meine stumme gestalt sieht. blasses antlitz mit den blutigen lippen durch den nervösen tanz der zähne. porzellan um den wilden geist, den kreischenden schmerz. ich blicke dem schicksal ins auge. die lausigen augen einer spielverderberin. du verhaspelst dich unter deinen schweren lidern. ich laufe weiterhin auf händen und füßen, auf vier pfoten und heule, wenn ich lustig bin.
seit gestern singe ich in dem chor eines berühmten schwarzweiß stummfilms aus dem vorigen jahrhundert. ein affenchor mit gewaltigem mienenspiel. wir sind eine wahrhaft halbverrückte truppe. wenn der letzte ton des tages verklingt, springen wir beherzt aus dem fenster, das immer offen steht, ins land der phantasie. manirierte kokotten sind die affenweiber. am anderen ende des lebens fliegt unbeschreibliches lachen aus den braunen filzhüten. pfefferfarbene spitzenröckchen wirbeln auf und ab. ich werde dir alles erzählen, wenn ich das staunen verloren habe, und die stimme aus den veilchen zittert. ich stehe am fenster im späten sonnenlicht als die windsbraut über dem acker weht. sie hat alle sprünge mitgenommen, in den reißenden fluss ihres unkenntlichen gewandes. die schwarzen zöpfe verschwinden in der dunkelheit. sie heult so leidenschaftlich wie die wölfin im death valley. ich bin ergriffen vom aufstand der affen, den wilden papageien in meinem kopf. die rubinrote melodie streift eine strähne meines zotteligen haars und verschwindet im kurzen grell grünen flügelschlag. endlich kommt der schlaf.
salon oder saloon? der singspatz auf dem orion wartet auf dich und auf mich. die alte hyäne ist schon auf dem weg. zeitalter sind untergegangen zum klang der mundharmonika. und wie gnädig ist der staub, der wie nebelschleier durch das land zieht. die vorhänge sind zugezogen, und ich höre meinen herzschlag zum tatzentanz der amygdalla. choral der finsternis. der griffon, auf schiefer gemalt, hat so glänzende augen. sie träumen vom freien leben. ich will nichts sein als eine schlummernde göttin auf rotem kissen. in der galerie zottel spielen die ankömmlinge die ungezähmte tierische prelude. solange das spiel dauert, bin ich deine hündin, dein fetisch, deine gefangene, aus kraut und rüben geboren, im schwarzen kleid der nacht befriedet. wir sind allein mit unseren rauen zungen, unserem feucht heißem atem, dem unerträglichen schmerz, der wie glas zerspringt. bruchstücke von blauen küssen liegen stumm auf dem kalten alten kalksteinboden.
der timberwolf, immer auf der suche nach gold und glück, auf der flucht vor glück. das gleißende glück brennt in den scharfsichtigen augen. messerscharf. und die sehnsucht fließt durch das blut der melodie. nacht für nacht. g-moll. mit ihrem lebenslied steht die ruhelose seele am tor der grauen schatten. das wolffell schimmert golden. du meinst es ernst mit der welt und deren abgründen. die befleckten augenblicke der halunkin sind lichttage der kindheit, als der wolf im pelzrock noch ein anziehendes ungeheuer gewesen ist. viele jahre später, am gleichen tor, steht die übergeschnappte pudeldame mit schwarzen pfoten, und ich sehe mich an. den jammer jaulend, winselnd vor glückseligkeit. trunken vom hoffnungslosen irren. ein hängengebliebener sonnenstrahl im timbermantel. eine wolfslegende mit januskpf. wir treffen uns in der geißblattlaube und reichen uns die abgewetzten liebenden pfoten.
ich blicke über die roten dächer in die neue wirklichkeit. kein wolf, kein wind, keine hyäne, kein hund, keine melodie. das zwischenreich von hell und dunkel zeigt sich als malerische illusion. im silberlicht der ruhe schreit kein uhu. die seele als selbstportrait. mit sepia und tusche gemalt, witterungsbeständig im inneren der natur. ich bilde mich ein wie in platons höhle. ich bin die weiße gestalt, die sich nur im lächeln versteht. die wussina entfühlt sich dem hirngarten, der dem gottesacker weicht. warum soll ich nicht fröhlich sein, wenn mich keiner mehr sieht? die schlafende, in marmor gehauen, schweigt im klang der vergessenen. wenn die namen trauer tragen, feiere ich mein tonloses gesicht. die roten dächer werden zu asche, wie glänzende traumbilder sind die gedanken an diesem tag, unausgesprochen den wesen der nacht zugewandt. ich putze die schwarzemaillierte schale, hüte und mäntel werfen sich mir über, ein trällern, ein pfeifen, ein knurren. ich komme zurück ins zottelland. über dem weiten acker weht der wind, zur selben zeit keckert die urmutter der tiere.
die alte hyäne tüpfelt sich durch die morgendämmerung. ein bisschen übellaunig schüttelt sie den kopf. dein aufgetürmtes haar flaniert durch die luft. ich liege auf dem staubigen teppich mit eingewebten vögeln aus dem orient. das war eine lange reise, sagst du mit deinem melodischen viertönigen flöten. ich schnalze und krächze in ermangelung eines wortes. tschak tschak trara. die bilder klingeln und kläffen. sie wollen gesehen werden in ihren störrischen farben. mit ihren verwundeten augen, ihren blutigen herzen. schmerzerregt verfalle ich in ihr geheul. der wald ist weit weg. der regen donnert gegen die fenster. die magere hündin schlägt namenlos ihre pfote gegen die scheibe. deine geschichte wartet vor der tür. das triefende fell trägt sie in die trostlose behausung, die über nacht zu dem palast der mauersegler geworden ist. dein name ist kluko. ich schließe die tür und wir fliegen aus der nacht. sichtbar bleiben die spuren der krallen in der mauer.
in einer nacht wie dieser versammeln sich alle töne der konkubinischen naturen. die scherzen hinter ihren masken. wenn ich sie höre, setzte ich mir eine auf, um mit ihnen zu singen. die unholdin und ihre wilden blüten. esprits animaux. meine augenbrauen sind voller schwarzer leidenschaften, die aus dem tierkreis gefallen sind. du hast versucht, dich von mir zu entfernen, doch bin ich dir trotzig treu geblieben. und du hast noch nie eine maske getragen, denn du bist sie selbst. ich mag deine verrückten eselsaugen und deine eingebildete verklärung, die dein bildnis ummantelt. während ich dich betrachte, gieße ich mir noch etwas tee ein. das zimmer ist kalt und meine gedanken traurig, feierlich, lustvoll schrecklich. keine maske kann sie verdecken, doch zu anmut und glanz verzaubern. eine konkubine lässt sich nicht in den staub legen. die ganze welt ist verwandelt durch unbekannte ereignisse, die von heiligen hindinnen besungen werden, bis zu einem tag wie diesem.
die weiße wölfin rüttelt und schüttelt sich mit kehligem summen durch den unendlich großen raum. die musikanten stampfen fiedelnd mit den füßen auf den dielen. der winter streckt seine fühler aus. ich sitze in dem lehnstuhl und friere. das feuer ist erloschen, und ich bin zu müde, um ein neues zu zünden. ich erinnere mich an den künstler des feuerschürens. du hast mich gewärmt mit deinen geschickten pranken. als ich noch die weiße büffelfrau gewesen bin. es heißt, dass sie zurückgekommen ist, und nun die verschreckte landschaft in liebe taucht. ich erträume mir eine reise in den ursprung, um neu mit mir zu beginnen. white virgin buffalo. ich mustere dich und bin immer noch verliebt in deine seltsamkeít. die aufgeworfen spitzen lippen, die kühlen augen, der schwarze hut mit schwarzweiß gepunkteten stofffetzen, die an ihm hängen. und gleichzeitig diese borstige aura. du lächelst und sagst, du hättest zuviel pizza im bauch. solange es keine steine sind, denke ich, immer noch müde von der reise. wie einfach ist es doch, vor glück zu springen, dass du alles überlebt hast. die abendliche dunkelheit kommt langsam verstohlen um die ecke. die leichtfüßige tiermutter wiegt die erde. ich betrachte sie im fledermausschlaf.
der pelzumhang hat sich sanft auf meine schulter gelegt. ich wundere mich zunehmend über all die beweglichen dinge. puh - das ist immer das letzte wort. so here it has come at last - the distinguished thing (henry james). ein neuer wilder großartiger tag. warum schmerzen uns immer wieder die heulenden gesänge? durch den vergangenen rauch bläst die windsbraut mit halbgeschlossenen augen die trauer aus der asche. mit vogelfeder und spiegel, ein heiteres kunststück, hüpfend, piepsend. weiß und rauschend. eine furie des distinguierten verschwindens. der totemvogel lässt sich nicht abweisen. der krähengeist, das alte kind, umfliegt einer der vielen türen der gemäldegalerie im untergeschoss. du sagst mir, dass ich mein eigenes bild verstecke aus mangel an sein. du sagst es so dringend, weil du weißt, dass ich nicht antworten kann. puh. das nichtige klopft so leise. ich nehme mir zeit, die ungewürzte suppe aus zu löffeln. ich bin und bleibe mein selbststillleben mit altem kind, alter hyäne und uralter schildkröte im umhang der weißen wölfin. puh.
heute morgen überrascht mich der lichtstrahl, der sich aus dem wolkenschleier schiebt. er ist so hell, dass die knochen in der erde singen und ihre ewigkeit feiern. die nachthaube habe ich auf den afrimosiafarbenen tisch gelegt, das zottelhaar zu einem zopf gebunden und mir ein schelmisches lächeln gegönnt. frau kojote, die lange in arizona gelebt hat, kommt aus dem nachbarort geschlichen, erzählt mir von den wundersamen blumen und tierschädeln, die die wüste schmücken, von der malerin georgia o’keeffe. sie ist uralt geworden und hat immer schwarze kleider, manchmal mit einem weißen kragen, getragen. du hast sogar in der dämmerung die ghost ranch, auf der sie gelebt hat, umschnürt, einem unsichtbaren sisalfaden gleich. du hast den schweiß der einsamkeit gerochen und erzählt, dass nur das unsichtbare spannend ist. manchmal erscheinst du mir ein bisschen hochnäsig, weil du glaubst, der heilige geist zu sein. auf jeden fall lebst du am rande der gesellschaft, so wie ich und georgia. heute gehört sie zum knochenchor. um meine fußknöchel liegt der wüstenstaub, der die sehnsucht des herzens nährt. ich umarme mich zärtlich und lösche das licht. die füsse hängen über dem bettrand.
das illuminierte frömmlige schneewittchen im zerbrechlichen glassarg träumt sich durch ihr aderngeflecht, über dem der graue tuchmantel liegt. der silbrige fluss mäandert durch seine alte heimat. die stimme klirrt dünn an den wänden. der winterliche hexenflug hat begonnen. die füchse tragen ihnen die roten äpfel vor die spitzen lackstiefel. sie wissen, dass sie die schönste im ganzen land ist. eine geschichte im wandbehang, der in der gemäldegalerie hängt. eine gestundete angelegenheit, die in so vielen bildern tanzt, um die tiermutter zu finden. ich fühle mich ausgefuchst, der bau ist dunkel und leer. ich habe mir eingestanden, nicht mehr heilig zu sein und die äpfel verrotten zu lassen. ich habe aufgehört, zu bereuen, als die füchsin mich mit gebrochenen augen ansieht. sie sehen aus wie das glas der ewigkeit. ich trage dich, mein eigenes kind, auf meinen weißen dünnen armen aus dem teppich in den wald. frei und wild ist die welt, die dich nicht beheimatet. ich höre das ferne heulen und die rauchwolke steigt in den himmel. piano fortissimo. die nacht fällt ins land, und ich lege mich unter den grauen tuchmantel.
die schwarzen zöpfe der windsbraut fegen alle gedanken vom gedecktentisch der ängste. ich höre dein seufzen, wie immer, wenn es still wird. wenn der weg wieder ins eigene leben führt. wenn die körperliche pein in den leierkasten flüchtet. wenn ratte und kröte zwiesprache halten. und wenn der affensalon zum ort des massakers wird. die kehle und das herz zwingen die stimme zu diesen geheimnisvollen obertönen. ich vergrabe mein gesicht ins vergessen. unter dem groben laken spielen die schnauzen und schwänze der erwachenden brut. die hunde auf der wildfährte. am morgen stehe ich auf den knien auf. die gelben rosen zeigen ihr wahres gesicht. sie riechen nach weihrauch. ich starre verträumt in den tag, den du für mich vorgesehen hast. vor vielen jahren hast du mir meine stimme genommen, um für mich zu heulen. du hast meinen schmerz fressen wollen, doch der war stark wie ein bär. er hat den schwarzen vorhang mit seinen zotteltatzen zerfetzt.
die schwalben fliegen im schatten meiner glücksgefühle. ich sitze am immer gleichen tisch und vor mir liegt weißes papier. die tinte ist längst eingetrocknet. doch das eine lässt sich ohne das andere nicht füllen. ein kafkaesker liebesbrief. der geruch von vanille und chestnut dringt aus den poren der sich auflösenden seelengestalt. es lebe der spuk aus der dimension des blauen nichts. langsam wird es dunkel. die nachttischlampe brennt schon den ganzen tag. wir sind ein in grisaille getauchtes paar, nicht schwarz, nicht weiß, sprachlos und ohne zuschauer. nur der traum bricht unsere banden los. ich nehme das blatt und lasse es fliegen bis das weiß zu schwarz wird. eine lichtanekdote sollte es werden. was gibt es noch zu gewinnen als ob es so gedacht wäre. eine sprachlose schriftspur. du schaust zum fenster auf und siehst das sanfte licht. mein kleiner kapuzineraffe, ich verlasse dich nicht. du sagst, das ungeschriebene zieht immer einen schlussstrich. wenn ich tränen hätte, stündest du jetzt in der salzwüste. dein fell glitzert im aufsteigenden mond, die schwalben sind die letzten überlebenden. ich bin glücklich geworden.
mit großartiger lachgebärde kommt die alte hyäne aus ihrem quartier. langsam wird sie verrückt ob der vielen geschichten, die aus den bildern flüstern und singen. die menschenhand entpuppt sich als ein instrument des wahnsinns, anhängsel einer kleinen unbedeutenden untergetauchten existenz, aus der evolution geistiger umnachtung entstanden. das ganze ist ein versehen mit viel leid für die gepfotete, gekrallte und verzottelte welt. deine runden wachen unzivilisierten goldaugen sind die der königin der nacht. doch brauchst du keine krone. ich reiße mir die kleidung vom leib und höre schuberts g-moll-quartett d 173. die goldenen sternlein prangen und die schwarzen erlen sangen. emmeline heißt meine stimme, die aus dem weißen nebel steigt, die stimme der nebelfrau. und sie klingt wie wenn die geister trauer tragen. heute morgen lässt du die gemälde verhangen, damit sie endlich schweigen. im traum spreize ich meine finger, die beim erwachen krallen sind und in der luft kratzen. ich habe viel zeit, den morgenrock anzuziehen, die veilchen zu wässern, die alte hyäne, meine seele, zu füttern. ihre lider sind geschlossen.
»blühende fantasie« heißt mein lieblingscafe mit sesseln aus leopardenfell. ich sinke tief in einer dieser und bestelle eine heiße bitterschokolade. hier ist die frau, die schreit, schwört und verwünscht. in seidig glatte stoffe gelegt. meine lippen verschatten sich im antiken violett, einer so wunderbar violetten farbe, dem abgesang gleich. ich vergesse deine augen, die glühen vor schmerz. kein menschliches wesen kann solche augen haben. sie sind des pudels kern einer unglückseligen verhätschelten pudeldame. in klaustrophilie lebt sie versteckt in einer kleinen mansarde und wartet auf den finder. nachts hört sie die geigen und das klavier, ein hämmern, ein schluchzen und in den pausen das heulen einer streunerin. ihre pantöffelchen stehen am kopfende. ein kluger kopf mit gelockten ohren, die eng anliegen. das schnüffeln ist nicht mehr ihr ding, wohl aber die zaubersprache, die den schwanz, den eigentümlich kurz gedrehten, zum wedeln bringt. die worte sind wie singende edelsteine aus einer kleinen einsamen kehle. die pudeldame hat sich schon immer eine edelsteinkette gewünscht. im morgengrauen verlässt sie mit ihren pantöffelchen die mansarde. ich habe sie nicht mehr gesehen. blühende fantasie.
wolken erzählen die schönsten fabeln. die nebelfrau verwandelt sie dann in wind, vogelruf, bach-und meeresrauschen. die hofdame komponiert ein stück dazu über das innere gesicht. ab und zu, wenn der stern gut steht, tanzt die natur (nebelfrau) mit der kultur (hofdame). tageslicht fällt ins zimmer. ich stehe am fenster, wie so oft, und kämme das zottelhaar. in der ferne singt die windsbraut von gewesenen taifunen und tsunamis. dann ist sie besonders melancholischer stimmung. langsam öffne ich den brief, den ich gestern von dir bekommen habe und hoffe, mein herz zu beruhigen. als du noch häufiger in die galerie gekommen bist, hast du mir von dem geheimnis edler trauer erzählt. es ist das gefühl einer tief sinkenden erhabenheit, so hast du gesagt. und dann, irgendwann, war es nur noch das sinken ins versinken. ein theriomorpher kampf mit den dämonen. ich beginne zu lesen: »ich spiele wie du weißt, das spiel mit fremden stimmen und fremden sprachen. nun hat mich meine besessenheit zu jemanden gemacht, den ich nicht mehr kenne, und es gibt kein entrinnen. das haus ist verfallen, der garten verwildert. meine gestalt ist nur noch zu verspotten und geblieben ist ein wütendes knurren. du weißt wie sehr das zottelreich meine zweite welt gewesen ist. schicke mir den kojotengeist, der schlaue trickster und konkurrent, ist er meine einzige rettung.« die weiße wölfin öffnet die tür, und ich drücke den brief an mein herz.
ist der silberne faden mehr als nur ein faden? ich biege in die wolfsstrasse ab. vor mir liegt ein stück des yellowstone parks mitten in der stadt. die strasse ist grau und hinterhäusig. du bist längst ins weite brennende land geflohen, ruhelos wandernd in eis und schnee. immer noch höre ich deine stimme, die lieder und geschichten aus dem schwarzen paradies. und ich stehe in der trostlosigkeit der woflsstrasse, die augen in die ferne gerichtet, traumhaft, ernsthaft. der silberne faden - bande eines früheren daseins? der schutzgeist hockt am heiligen feuer. du hast mich in gestalt eines drachen zu deiner geliebten gemacht. ein überall aus silber führt mich wieder zurück zu dir und deiner mitternachtsseele. ich stecke immer noch im kostüm der alten hyäne wie ein verloren gegangenes kleines kind, fröhlich aus dem herzen singend. die nacht ist plündernd allzeit bereit. so finde ich mich wieder in der prärie meiner vernarbten phantasie.
schräges licht fällt ins untergeschoss, schlägt eine schneise durch den kubinischen totenblick. wilde nächte feiert das in federn und fell gehüllte leben. ich bin zuhause und erfreue mích am ungezügelten rauschen des roten kleides. mariä verkündigung von lorenzo lotto unter dem weißen schleier. gegenüber hängt tizians himmlische und irdische liebe. die hündin ist schläfrig, ihr kopf liegt auf den vorderpfoten, neben ihr sitzt die katze mit eingerolltem schwanz. in der hohlen luft schwingt ein summen. das fenster fällt aus den angeln als die windsbraut die utopie von leben zerfegt. der abendstern spielt auf der geige die mondscheinsonate, die hündin bellt, die katze miaut. der weiße schleier wirbelt nach draußen in die rebellische nachtstunde. ich liege nackt auf der gefederten ottomane und lausche dem vergnügten piepen eines winzigen blauen vogels. er ist noch nicht gekommen. geronimo.
die graue frau im haus der überwindung, der welt zugetan, erkennt die schlangen in meinem gehirn. ihre vogelhand ergreift die meine. die verfluchte unnatur macht uns zu sternjungfrauen. im sternbild der jungfrau werde ich zum dritten mal geboren. ein sonderbares grauen fällt von meinen wimpern. die gäste sitzen auf dem boden, während ich das klavier malträtiere, unbesungen und unendlich müde die töne langsam sterben lasse. die rosenblattzarte hindin verkriecht sich in den nachtgarten. die flamme hat genug von dem spiel und ergibt sich dem windstoß. stumm schreitet die graue frau durch mein schlangenhirn. ich sehe kein gesicht, nur die vogelhand, die uns einst verbunden hat. die gäste sind zu ahnen geworden. im zottelgewand hausen sie wie kleine grauliche sterne und schlürfen den letzten lebenssaft auf. ich erwache in einer nie gesehenen landschaft, die sich langsam aus dem weichen traumkissen erhebt. die frau im weißen federkleid mit schwarzem kragen fliegt drüber hinweg. ein langer weg aus der räuberhöhle des tiefen seelenschlafs. das tierische gesindel wartet schon auf die heultollerei.
heute gehen mir jede menge lichter auf, die an unbestimmten stellen brechen. am schwarzmondfeuer suche ich nach den verschwundenen schätzen, mit den augen der madonna in den trümmern. ich fühle die ekstatische partitur im herzen der steppe. lichtwesen hocken im inneren der trommeln und wollen bespielt werden. klangvolle seelengesänge ziehen über das gelbe gras. die luft ist kühl im abendrot. verschwörerisch taucht die braune hyäne in den einfall der nacht. auf zehenspitzen laufe ich über den knarzenden boden, der das lautlose verrät. das fenster steht offen für den untrüglichen blick in vergangenes abenteuer. die steppenleute sind entmachtet, die trommeln begraben. zu jener zeit sagtest du, dass es zu viele möglichkeiten gibt. zitternd liege ich auf den bleichen laken im fieber der nachtluft. feige mäuler schieben sich aus dem schatten der umzingelnden wälder der wirrnis. die braune hyäne küsst mich wach als ich meine stimme erheben will. doch sie flieht über die betontreppe, und es hallt durch den leeren raum. auf meinen vier pfoten schlage ich mich durch, das bin ich mir schuldig für meine weggewehte zeit.
langsam gehe ich vor die freudigen hunde. langsam wie ein nachtgewächs. die goldfarbenen brokatvorhänge sind die wächter der saturnalien in der galerie zottel, die nun ihr hundertjähriges bestehen feiert. sie gehört zu den vergessenen museen, die ihre bilder nur im unbewussten zeigen, ein melodiöser kahlschlag mit langgezogenem fauchen. der wiedehopfige hokuspokustanz mit gebogenen säbeln, die geflochtenen zöpfe der windsbraut, die das habenwollen in den abgrund ziehen. es gibt kein erwachen ohne die fessel der notgedrungen erregten aura, die das verstörte fleisch umschließt. ich halte mich an das spiel, um dein antlitz zu schauen und mich zu vollenden mit dem ungeheuer schmerz. der clownin einer verfehlten natur. mit dem mantelmopp decke ich den stammbaum zu und beschließe mein eigenes lebensgesetz. im untergeschoss singen die vögel der nacht. mit den bildern in strahlender pracht. (ein reim ist manchmal fein).
die behaarte hand wischt die dunklen gardinen zur seite, der matte tag nimmt seinen lauf. ich lege die federhaube, die mich vor den immer zuverlässig wiederkehrenden albträumen schützt, auf den nachttisch. dann haue ich zwei eier in die pfanne, toaste ein stück brot und koche die heilige schokolade, verscheucher aller bedrängnis. dann hüpft der singsang auf meinen lippen. später treffe ich auf dem korridor frida mit ihren affen und papageien. bunt gebrülltes leben im vernichtenden schmerz. daneben hängt die »madonna mit passionsblume«. trompetentöne steigen aus dem schauderschlamm. wie so oft verirre ich mich in den kunstvollen gängen der amorphen schwebenden zeitlosigkeit. der wunderschwung meines neuen schwarzgrau karierten kleides macht den fortschreitenden tag zu meinem persönlichen fest. die alte hyäne kommt gerade von ihrer kleinen himmelstour. sie erzählt mir von dem großen hund und dem großen bären, von andromeda und kapella. du hast mich gelehrt, ihre gespenstische sprache zu verstehen. es ist schon vorgekommen, dass mein zottelhaar zu berge stand, ja, dieser bittere singsang, der uns horchen lässt. ich räume das morgendliche geschirr vom tisch und richte die federhaube. das schöne kleid hängt an einem alten krallenhaken.
als ich dich das erste mal besuchte, habe ich den jesus an der weißen wand hängend, gesehen. du sagtest, dass du ihn gerettet hättest. deine augen lodern feurig, dein graues langes haar bedeckt mein gesicht. jesus ist zeuge einer ausgehungerten liebschaft. unsere schnauzen bluten vor beißender gier, die knochen knacken zwischen den dringlichen leibern, sanfter blick, innige umarmung. die welt, das leben, eingeschlossen im dämmrigen raum eines verfallenen hauses am ortsrand. am wacholderbaum hebe ich das bein und pinkel die letzte lust heraus. ein obdachloses begehren ohne wiederkehr, ein dunkles schweigen, schwer wie blei. verworrene traumbilder reißen mich aus dem dämmerschlaf, meine angebissenen sinne kreisen im käfig von gequälten kreaturen. in der ferne höre ich die windsbraut singen und die glöckchen, die an ihren langen zöpfen klingeln. ich sehe die asche eines abgebrannten hauses, höre das sich aus dem stockfleckigen traumbild erhebende wort gottes, gesungen mit der mundharmonika. die heilige hochzeit haben wir nicht mehr gefeiert. ich öffne das fenster und die windsbraut zwinkert mit ihrem hellsichtigen auge.