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Natur und Mountainbiken E-Book

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Beschreibung

Eine Trendsportart naturverträglich entwickeln Mountainbiken ist Breitensport. Jahr für Jahr sind Millionen von Menschen auf Bergen und in Wäldern mit dem Rad unterwegs. Die Auswirkungen auf Natur und Landschaft sind nicht vollständig erforscht. Erst allmählich setzen sich Standards für Infrastrukturen und Angebotsplanung im Mountainbiken durch. Das Buch zeigt mithilfe von Fallbeispielen, wie naturverträgliches Mountainbiken gestaltet, Nutzungskonflikte vermieden und die Akzeptanz für Lenkungsmaßnahmen erhöht werden können. Dabei greift der Band auf Ergebnisse aktueller Studien aus Raumplanung, Ökologie, Qualitäts- und Besuchermanagement zurück. Das Buch richtet sich an Destinantionsmanager:innen, Naturschutzorganisationen, Mountainbikeanbieter:innen und touristische Dienstleister:innen sowie die Forstwirtschaft, Tourismusstudierende und -forscher:innen Der Band ist Teil der Reihe "Natur und Outdoorsport". Er befasst sich mit der naturverträglichen Ausgestaltung von Outdoorsportarten.

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Manuel Steinbauer / Monika Bachinger / Manuel Sand / Felix Wölfle (Hrsg.)

Natur und Mountainbiken

Umweltwirkung, Angebotsplanung und Besuchermanagement

unter Mitarbeit von Volker Audorff, Julian Beigang, Karoline Donnerstag, Nikolas Einhaus, Thomas K. Gottschalk, Hanne Hermann, Simone Johansson, Anna Koch, Jana Krieger, Veronika Mitterwallner, Lilli Schmitt, Cornelius Schreck, Patrick Schuster, Lukas Spießl, Benjamin Trotter

Natur und Outdoorsport

 

Band 1 | Natur und MountainbikenManuel Steinbauer, Monika Bachinger, Manuel Sand, Felix Wölfle (Hrsg.)

 

Manuel Steinbauer ist Professor für Sportökologie an der Universität Bayreuth.

 

Monika Bachinger ist Professorin für Tourismus an der Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg.

 

Manuel Sand ist Professor für Outdoorsport und Adventuremanagement an der Hochschule für angewandtes Management.

 

Felix Wölfle ist Professor für Tourismusmanagement an der IU Internationale Hochschule.

 

Umschlagabbildung: © AscentXmedia ∙ iStockphoto

 

Autorinnenbilder: Steinbauer/© privat, Bachinger/©Faiß, Sand/© privat, Wölfle/© IU Internationale Hochschule

 

Gefördert durch den Open Access-Monografienfonds der Universität Bayreuth.

 

DOI: https://doi.org/10.24053/9783739882192

 

© Manuel Steinbauer, Monika Bachinger, Manuel Sand, Felix Wölfle 2023

 

Das Werk ist eine Open Access-Publikation. Es wird unter der Creative Commons Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen | CC BY-SA 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/) veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, solange Sie die/den ursprünglichen Autor/innen und die Quelle ordentlich nennen, einen Link zur Creative Commons-Lizenz anfügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden. Die in diesem Werk enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der am Material vermerkten Legende nichts anderes ergibt. In diesen Fällen ist für die oben genannten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen.

 

UVK Verlag — ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KGDischingerweg 5 • D-72070 Tübingen

 

Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autor:innen oder Herausgeber:innen übernehmen deshalb eine Gewährleistung für die Korrektheit des Inhaltes und haften nicht für fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Diese Publikation enthält gegebenenfalls Links zu externen Inhalten Dritter, auf die weder Verlag noch Autor:innen oder Herausgeber:innen Einfluss haben. Für die Inhalte der verlinkten Seiten sind stets die jeweiligen Anbieter oder Betreibenden der Seiten verantwortlich.

 

Internet: www.narr.deeMail: [email protected]

 

ISSN 2942-1454

ISBN 978-3-7398-3219-7 (Print)

ISBN 978-3-7398-0616-7 (ePub)

Inhalt

VorwortMountainbiken – ein Breitensport in Natur und LandschaftLiteraturAuswirkungen des Mountainbike-Sports auf Boden, Vegetation und Tierwelt1 Einleitung2 Boden2.1 Stand des Wissens2.2 Mögliche Erfassungsmethoden2.3 Rückschlüsse für das Trailmanagement3 Vegetation3.1 Stand des Wissens3.2 Mögliche Erfassungsmethoden3.3 Rückschlüsse für das Trailmanagement4 Tiere4.1 Stand des Wissens4.2 Mögliche Erfassungsmethoden4.3 Rückschlüsse für das Trailmanagement5 Forschungsbedarf und Methodendiskussion5.1 Forschungsbedarf5.2 Methodendiskussion6 AusblickLiteraturDie Bedeutung der Haftungsfrage im Konflikt zwischen Mountainbikenden und Grundeigentümer:innenZusammenfassungSpannungsfeld Mountainbiken1 Rahmenbedingungen des Betretungsrechts in Bayern2 Haftung und RechtsfolgenDeliktische HaftungVerkehrssicherungspflicht3 Fälle und Gerichtsverfahren4 Lösungsansätze5 Methoden6 Ergebnisse6.1 Konfliktursachen6.2 Rechtliche Rahmenbedingungen6.3 Lösungsansätze6.4 Lösungsansatz einer landesweiten Versicherungsoption7 Diskussion7.1 Konfliktursachen7.2 Rechtliche Rahmenbedingungen und Haftung7.3 Evaluation der Lösungsansätze8 Fazit und HandlungsempfehlungenGrundeigentümer:innenMountainbiker:innenGemeinden & TourismusverbändeFreistaat Bayern, Ministerien und zuständige BehördenLiteraturUntersuchung des räumlichen Verhaltens von Mountainbikern1 Einführung2 Konzeptionelle Grundlagen2.1 MTB als wegegebundene Sportart2.2 Räumliche Erfassung von MTB-Nutzung3 Untersuchungsgebiet4 Methodische Herangehensweise4.1 Beschreibung der Stichprobe4.2 GPS-Tracking und GIS-Analyse4.3 Fragebogenkonzeption5 Ergebnisse5.1 Ergebnisse der Befragung5.2 Ergebnisse des GPS-Tracking und der GIS Analysen6 Diskussion6.1 Methodische Bewertung6.2 Inhaltliche Diskussion7 FazitLiteraturMountainbiken und Wildtiere1 Einleitung2 Methoden3 Ergebnisse3.1 Nutzungsintensität des Trails3.2 Nutzendenprofile3.3 Störung von Wildtieren4 Diskussion5 FazitLiteraturDie Wegeigenschaften eines für das Mountainbiken genutzten Wegenetzes am Beispiel der Friesener WarteZusammenfassung1 Einleitung2 Methoden2.1 Untersuchungsgebiet Friesener Warte2.2 Datenaufnahme und -analyse3 Ergebnisse4 DiskussionLiteraturAktuelle Herausforderungen in der Umsetzung von Mountainbike-Infrastrukturen1 Einleitung2 Beschreibung der aktuellen Handlungsfelder im Bereich Natursport-Infrastruktur2.1 Handlungsfeld Waldnutzung2.2 Handlungsfeld Waldgesetze2.3 Handlunsgfeld „Konflikte“2.4 Handlungsfeld Infrastruktur3 Forschungsfrage und methodisches Vorgehen4 ErgebnisseHandlungsfeld WaldnutzungHandlungsfeld WaldgesetzeHandlungsfeld KonflikteHandlungsfeld Infrastruktur5 Diskussion der ErgebnisseHandlungsempfehlung WaldnutzungHandlungsempfehlung WaldrechtHandlungsempfehlung KonflikteHandlungsempfehlung Infrastruktur6 FazitLiteraturRäumliche Effekte durch Infrastruktur, Wetter und zeitliche FaktorenZusammenfassung1 Einleitung2 Methoden2.1 Untersuchungsgebiet und Datenerhebung2.2 Datenanalyse3 Ergebnisse3.1 Nutzung der Seilbahn und Einfluss von Wochentagen, Ferienzeiten und Wetter3.2 Wegefrequentierung und Einfluss von Wochentagen, Ferienzeiten und Wetter3.3 Zusammenhänge zwischen Seilbahnnutzung und Wegefrequentierung4 Diskussion4.1 Wetter-Abhängigkeit von Fahrradfahren stärker als beim Wandern4.2 Konzentration oder Streuung der Aktivitäten durch Seilbahn und MTB-Downhill-Strecke?4.3 Konsequenzen für die Besucherlenkung4.4 Bedeutung für die touristische EntwicklungLiteraturQualitätsanforderungen an Mountainbike-Touren. Entwicklung eines Kriterienkatalogs für Mittelgebirgsregionen1 Einleitung2 Qualität im Mountainbiken2.1 Subjektive Qualitätswahrnehmung2.2 Zusammengesetzte Qualität2.3 Unterschiedliche Erwartungen3 Methodisches Vorgehen3.1 Experteninterviews und Literaturanalyse3.2 Bewertung eines Beispielfalls (Nordschwarzwald)4 Ergebnisse4.1 Ergebnisse aus Experteninterviews und der Literaturanalyse4.2 Ergebnisse aus der Bewertung eines Beispielfalls5 Diskussion6 FazitLiteraturAnhangRegister

Vorwort

Das Thema Outdoorsport und Natur bewegt viele Menschen und es wird oftmals hitzig und kontrovers diskutiert. Bislang gibt es immer wieder Konflikte, denn sowohl auf Seiten des Naturschutzes als auch auf Seiten der Outdoorsportvertreter:innen existieren vielzählige Argumente und Vorurteile. Jedoch liegt bis dato eine unzureichende Datenlage vor, speziell auch im europäischen Kontext, wodurch konkrete Auswirkungen auf die Belastung von Flora und Fauna durch Outdoorsportler:innen weder dokumentiert, noch widerlegt werden können. Dieses Buch möchte daher erste Erkenntnisse für eine sachliche und datenbasierte Diskussion liefern. Da bislang wenig groß angelegte Forschungsprojekte existieren, haben es sich die Autor:innen zum Ziel gesetzt, solide und valide Ergebnisse aus Abschlussarbeiten aufzuarbeiten und in diesem Band zusammenzustellen. In diesem Buch wird zunächst der Sachverhalt Mountainbiken und Natur aufgegriffen, weitere Bände zu anderen Aktivitäten in der Natur sind geplant. Das Mountainbiken polarisiert, nicht zuletzt durch actionreiche Bilder in Zeitschriften und Internetforen. Diese zeigen meist nur eine kleine Zielgruppe der mittlerweile stark angewachsenen und sehr ausdifferenzierten Mountainbike-Community, welche viele unterschiedliche Subsegmente aufweist. Obgleich die Sportart mittlerweile stark verbreitet ist und die Absatzzahlen von Mountainbikes konstant ansteigen, gibt es bislang kaum geeignete Trails und Angebote. Dies führt zu Konflikten u. a. zwischen Waldbesitzer:innen, Förtster:innen, Kommunen, Naturschutzeinrichtungen und Outdoorsportler:innen. Wir hoffen, mit diesem Buch erste Argumente für eine sachliche und zielgerichtete Diskussion zu liefern, um im Interesse aller geeignete Bewegungsräume für alle Naturnutzer zu entwickeln. Ein großer Dank gilt den Studierenden, die nicht nur hervorragende Abschlussarbeiten geschrieben haben, sondern auch bereit waren, ihre Arbeiten als Kapitelbeiträge für dieses Buch aufzubereiten und zur Verfügung zu stellen. Unter der Betreuung von Prof. Dr. Monika Bachinger engagierten sich an der Hochschule für Forstwirtschaft in Rottenburg die Studierenden Hanne Hermann, Julian Beigang, Cornelius Schreck und Anna Koch, Simone Johansson, Jana Krieger und Nikolas Einhaus. An der Universität Bayreuth begleitete der Sportökologe Prof. Dr. Manuel Steinbauer die Arbeiten von Lilli Schmitt, Patrick Schuster und Karoline Donnerstag. Ein großer Dank gilt hier auch den Mitarbeitenden Veronika Mitterwallner und Volker Audorff, die ebenfalls großen Anteil am Entstehen der Beiträge hatten. Im Rahmen des Studiengangs Outdoorsport und Adventuremanagement an der Hochschule für angewandtes Management entstand der Beitrag von Lukas Spießl, der gemeinsam mit Prof. Dr. Manuel Sand verfasst wurde. Wir bedanken uns außerdem bei all denjenigen, die mit ihrer Expertise und Unterstützung die Forschungsarbeiten der Studierenden bereichert haben, sei es durch Experteninterviews oder die Möglichkeit, Feldforschung zu betreiben. Abschließend bedanken wir uns beim UVK Verlag und Herrn Berger für die gute Zusammenarbeit und die Bereitschaft, dieses Projekt gemeinsam mit uns anzugehen.

 

Die Herausgeber:innen Monika Bachinger, Manuel Steinbauer, Felix Wölfle und Manuel Sand

Mountainbiken – ein Breitensport in Natur und Landschaft

Felix Wölfle

Keywords | Natursport, Mountainbike, Marktsegmente, Nutzer:innenzahlen, Ausübungsformen, Naturschutz, Einführung

NatursportartenNatursportarten haben in den letzten Jahren stetig zugenommen (Lamprecht et. al. 2020). Dies bringt viele positive Entwicklungen mit sich. Zum einen fördert Sport in Natur und Landschaft die körperliche Gesundheit: er setzt die Ruhefrequenz des Herzens und den Blutdruck herab, senkt die Adipositasrate, stärkt die Herzkreislauffunktion und unterstützt die Aufrechterhaltung des Vitamin D-Spiegels. Aber auch für die mentale Gesundheit bringt der Natursport viele positive Effekte mit sich, so werden ihm u. a. Verbesserungen der generellen mentalen Gesundheit und der psychischen Stabilität zugesprochen (Eigenschenk et. al. 2019; Pomfret, Sand & May 2023). Neben diesen gesundheitlichen Auswirkungen kommt hinzu, dass Natursport Spaß macht und intensive Naturerlebnisse und -erfahrungen generiert. Durch die Wahl, sportlichen Aktivitäten in naturnahen Räumen nachzugehen, tritt das enge Verhältnis zwischen Mensch und Natur augenscheinlich zu Tage. Der Erhalt der Naturräume steht dabei im Fokus der Natursportler, da es in ihrem ureigenen Interesse liegt, die Natur in ihrer Vielfalt zu erhalten, zu schonen und zu schützen. Daher ist beim Natursport der bewusste Umgang mit natürlichen Lebens- und Landschaftsräumen essenziell (Roth, o. J.).

Es existieren viele NatursportartenNatursportarten, die Ausübungsformen werden immer ausdifferenzierter. Früher dominierten Laufen, WandernWandern, Radfahren und Ski Alpin ebenso wie Ski Nordisch. Heutzutage existiert eine Vielzahl an weiteren Aktivitäten wie Nordic Walking, Trail Running, Inline Skating, Geocaching, Skitouren, Bouldern und Klettern, Wassersportarten (SUP, Kanu, Rafting, Wingen) und deutlich mehr Ausprägungen des Radfahrens (Sobek et. al 2019).

Laut dem Deutschen Wanderverband (2019) gehört das MountainbikenMountainbiken im deutschsprachigen Raum inzwischen zu den beliebtesten Natursportarten. Im Jahr 2022 nutzen ca. 16,6 Mio. Deutsche ein Mountainbike in ihrer Freizeit. 12,4 Mio. geben an, dies ab und an zu tun, 4,2 Mio. fahren häufig Mountainbike (IfD Allensbach 2022). Somit gibt es in Deutschland inzwischen mehr aktive Mountainbiker:innen als Fußballer:innen. Die rasante Zunahme motorunterstützter Fahrräder hat mittlerweile auch den Mountainbike-Bereich erreicht und die Bedeutung des Sports nochmal angehoben. Inzwischen geben sogar 20 % der deutschsprachigen Mountainbiker:innen an, in Bike-Urlauben bevorzugt ein E-Mountainbike zu nutzen (Mountainbike Tourismusforum 2022). Zusammenfassend lässt sich konstatieren, dass das Mountainbiken als Breitensport in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist.

Wie bei anderen Sportarten, z. B. dem Surfsport, geht mit steigenden Aktivenzahlen eine Ausdifferenzierung der Sportart einher und es gibt nicht DEN einen Mountainbiker. Je nach präferierter Fahrweise lassen sich folgende SegmenteMarktsegmente des Mountainbikens voneinander unterscheiden, in etwa in Extremheit der Ausübung aufsteigend und damit verbunden den Anforderungen an die Fahrtechnik: Tour, Marathon, Cross Country, Allmountain, Enduro, Freeride und Downhill. Das Segment AMEN (Allmountain + Enduro) umfasst dabei mit 59,5 % die meisten Aktiven (→ Abbildung 1).

Abbildung 1:

Aufteilung Mountainbike-Segmente. Quelle: Mountainbike Tourismusforum (2018).

Die SegmenteMountainbiken, Segmente unterscheiden sich neben den Ansprüchen an das Fahrkönnen auch bezüglich der Hauptmotivlagen der Ausübenden. Während in den Segmenten Marathon und Cross Country vornehmlich Ausdauerfreunde unterwegs sind, empfinden in den Segmenten Allmountain und Enduro die Ausübenden das Mountainbiken als Abenteuer und Spiel und in den Segmenten Freeride und DownhillDownhill steht das Abfahrtserlebnis und die Action im Vordergrund (absolutGPS 2021).

Im Vergleich zu vielen anderen Sportarten wird für das Mountainbiken wenig InfrastrukturInfrastruktur benötigt. Unter der in Anspruch genommenen Infrastruktur sind Singletrails (Wege oder Pfade, die so schmal sind, dass man darauf nicht nebeneinander fahren kann) die beliebteste Variante. Diese werden von 74 % der Mountainbiker:innen als attraktiv bewertet, danach folgen Flowtrails (geschmeidig bzw. flüssig zu fahrende Bikerouten, 55 %) und Bikeparks (angelegte Sportgelände, die mit oder ohne Liftunterstützung Abfahrten unterschiedlicher Schwierigkeiten inkl. Sprünge bereithalten, 30 %). Innerhalb der Segmente existieren dabei entsprechend der Verschiedenheit der Aktiven auch unterschiedliche Vorlieben bezüglich der Infrastruktur. So empfinden beispielsweise im Segment Tour mit 54,5 % Singletrails als sehr attraktiv, im Segment AMEN hingegen 84,7 % (Mountainbike Tourismus Forum 2022).

Das Mountainbiken wird vornehmlich vereinsungebunden ausgeübt. Bei einer Umfrage der Deutschen Initiative Mountainbike (DIMB) (2010) gaben nur 27 % der Befragten an, in einem Radsportverein oder in der DIMB Mitglied zu sein. Durch die Streuung der Befragung durch DIMB-Mitglieder dürfte die tatsächliche Vereinsgebundenheit unter den 27 % liegen.

Auch vor der Ausübung des Mountainbike-Sports macht die DigitalisierungDigitalisierung nicht halt. Für die Tourenplanung werden inzwischen am häufigsten Apps genutzt. 65 % der Mountainbiker nutzen diese zum Planen der nächsten Tour (Mountainbike Tourismusforum 2022).

Alle Natursportarten haben einen NaturraumanspruchNaturraum. Dazu kommen die Raumansprüche anderer Landnutzer wie z. B. Land- und ForstwirteForstwirte, JägerJäger, Kommunen, „nicht-sportlicher“ Erholungssuchender und der Fauna und Flora. Die Befahrung der beschriebenen, für das Mountainbiken besonders attraktiven, schmalen Wege (Single- und mehrheitlich auch Flowtrails) in naturnaher Umgebung kann zu Reaktionen von Wildtieren führen, die sich in Fluchtreaktionen oder einer räumlichen oder zeitlichen Meidung der vielbefahrenen Strecken bemerkbar machen (Scholten et al. 2018). Auch wenn dieses Flucht- und Meidungsverhalten für das Individuum stressinduzierte Effekte (z. B. erhöhter Energiebedarf) auslöst, sind die Auswirkungen auf eine gesamte Populationsentwicklung in den meisten Fällen nicht nachzuvollziehen (de Boer et. al 2004). Eine Verallgemeinerung langfristiger Folgen wird dadurch erschwert, dass die Auswirkungen auf die Tierwelt artspezifisch sind und oftmals auch abhängig vom Kontakterlebnis einzelner, tierischer Individuen ist. Beeinträchtigungen der Fauna durch das Befahren von (schmalen) Wegen ist in unterschiedlichen Studien belegt. So konstatieren Martin et al. (2018), dass eine erhöhte Bodenverdichtung und Bodenerosionen resultieren können.

Da der NaturraumNaturraum auch für Erholungs- und Sportzwecke begrenzt ist, können Konflikte unter den verschiedenen Nutzergruppen auftreten. Gerade dort, wo ein und derselbe Naturraum Anziehungskraft ausübt, treten diese Konflikte auf. Beispielsweise sind die schmalen Wege mit natürlichem Belag neben den Mountainbiker:innen ebenso für Wanderer:innen attraktiv. So müssen beispielsweise „Qualitätswege Wanderbares DeutschlandWanderbares Deutschland“ ebensolche Wegabschnitte aufweisen, um als Qualitätsweg zertifiziert werden zu können (Deutscher Wanderverband Service GmbH 2019). Die geringe Wegbreite führt dann in attraktiven Regionen unweigerlich zu Begegnungsverkehr.

Die beschriebenen Entwicklungen – erhöhte Zahl an Mountainbiker:innen, Begegnungsverkehr mit anderen Erholungssuchenden und KontakterlebnisseKontakterlebnisse mit Fauna und Flora und den jeweils entsprechenden Auswirkungen – lassen vielerorts Lenkungskonzepte notwendig erscheinen. Diese sollten die Ansprüche an attraktive Wege/Streckenführungen genauso berücksichtigen wie bspw. Ruhezonen für Wildtiere, Aussparung von erosionsgefährdeten Bereichen, Minimierung von Begegnungsverkehr mit anderen Erholungssuchenden auf schmalen Wegabschnitten und Ansprüche anderer Nutzergruppen wie Land- und ForstwirtschaftForstwirtschaft und Jagd. Auch wenn dies oftmals durch orts- und regionstypische Rahmenbedingungen Einzelfallbetrachtungen sein werden, sind diese Planungs- und Lenkungskonzepte unerlässlich für eine natur- und sozialverträgliche Ausübung der Sportart. Die Einbindung der Mountainbike-Community in die Entwicklung dieser Konzepte und dann die anschließende aktive Nutzung der Natur kann dabei stark positive Effekte erzielen: Die Förderung des Naturbewusstseins und umweltschonendes Verhalten (Knowles 2019).

Literatur

absolutGPS (2021). Mountainbike-Tourismus: Wachstumsmarkt mit großem Potenzial. 11. Marktforschungstag der Tourismus Marketinggesellschaft Sachsen. Abgerufen am 01.06. unter https://sachsen.tourismusnetzwerk.info/download/MaFoTag_Sachsen_2021-Mountainbike-Tourismus_2.pdf

De Boer, H. Y., Van Breukelen, L., Hootsmans, M. J., & Van Wieren, S. E. (2004). Flight distance in roe deer Capreolus capreolus and fallow deer Dama dama as related to hunting and other factors. Wildlife Biology, 10, 35–41.

Deutsche Initiative Mountainbike e. V. (DIMB) (2010). Aufbereitete Ergebnisse der Großen Bikerumfrage 2010 der Deutschen Initiative Mountainbike e. V. Abgerufen am 01.06.2023 unter https://www.dimb.de/wp-content/uploads/2019/02/auswertung_umfrage_2010.pdf

Deutscher Wanderverband Service GmbH (2019). Schritt für Schritt zum Qualitätsweg. Abgerufen am 01.06.2023 unter https://www.wanderbares-deutschland.de/_Resources/Persistent/9f4a987abb82d482fb6bd296c744f67c563b3744/Flyer_lange_Qualit%C3%A4tswege.pdf..pdf

Eigenschenk, B., Thomann, A., McClure, M., Davies, L., Gregory, M., Dettweiler, D. & Inglés, E. (2019)ö Benefits of Outdoor Sports for Society. A Systematic Literature Review and Reflections on Evidence, International Journal of Environmental Research and Public Health, 16/937.

Knowles, N.L.B. (2019). Targeting sustainable outcomes with adventure tourism: A political ecology approach, Annals of Tourism Research, 79, 102809.

Lamprecht, M., Bürgi, R., & Stamm, H. (2020). Sport Schweiz 2020: Sportaktivität und Sportinteresse der Schweizer Bevölkerung. Bundesamt für Sport BASPO, 64. Https://www.baspo.admin.ch/content/baspo-internet/de/dokumentation/publikation en/sport-schweiz-2020/_jcr_content/contentPar/downloadlist/downloadItems/296_ 1591280041472.download/Bro_Sport_Schweiz_2020_d_WEB.pdf.

IFD Allensbach (2022). Allensbacher Marktanalyse Werbeträgeranalyse – Auszug Sport & Freizeit. Abgerufen am 01.06.2023 unter https://www.ifd-allensbach.de/fileadmin/AWA/AWA2022/Codebuchausschnitte/AWA2022_Sport_Freizeit.pdf

Martin, R.H., Butler, D.R. & Klier, J. (2018). The influence of tire size on bicycle impacts to soil and vegetation, Journal of Outdoor Recreation and Tourism, 24, 52–58.

Mountainbike Tourismusforum Deutschland (2018). Mountainbike-Monitor 2018. Eigenverlag. Leipzig.

Mountainbike Tourismusforum Deutschland (2022). Mountainbike-Monitor 22: Infrastruktur. Eigenverlag. Leipzig.

Roth., R. (o. J.): Natursport im Detail. Abgerufen am 01.06.2023 unter https://www.natursport.info/natursport-kompakt/natursport-allgemein/

Scholten, J., Moe, S.R. & Hegland, S.J. (2018). Red deer (Cervus elaphus) avoid mountain biking trails, European Journal of Wildlife Research 64, 1–9.

Sobek, T., Bielig, N. & Graaf, N. (2019). Bewusstsein und Verantwortung für einen sorgsamen Umgang mit dem Natur-, Freizeit- und Erholungsraum in Deutschland. In: Sand, M. (Hrsg.) Outdoor, Mensch, Natur. Adventuremanagement in Theorie und Praxis. UVK. München.

Auswirkungen des Mountainbike-Sports auf Boden, Vegetation und Tierwelt

Stand des Wissens, mögliche Erfassungsmethoden sowie Rückschlüsse für das Trailmanagement

Hanne Hermann & Monika Bachinger

Keywords | Ökologie, Forschungsstand, Erfassungsmethoden, Trailmanagement, Wissensbedarfe, Methodenkritik

Wir leben in einem gefährlichen Zeitalter. Der Mensch beherrscht die Natur, bevor er gelernt hat, sich selbst zu beherrschen.

 

Albert Schweitzer (1875–1965)

1Einleitung

Mit einem Anteil an Sportausübenden von 22,1 Prozent der Bevölkerung ist Mountainbiken eine der häufigsten Outdoorsportarten in Deutschland (IfD Allensbach 2020). Die hohe Zahl der Mountainbiker:innen bedeutet eine weitere Gruppe an Menschen, die den Wald als Erholungsort und Sportstätte nutzt. Dadurch kommt es immer wieder zu Konflikten mit anderen Waldnutzenden (Winkelmann & Wilken 1998; Schemel et al. 2000). In der öffentlichen Diskussion entsteht zudem häufig der Eindruck, die Mountainbikenden seien „Naturzerstörende“, indem sie besonders negativen Einfluss auf Vegetation nähmen, die Bodenerosion förderten und die Tierwelt beeinträchtigten (Schemel et al. 2000).

Die Untersuchungen zu dieser Thematik im deutschprachigen Raum sind jedoch begrenzt (Salesa & Cerda 2020). Die meisten Publikationen zu den Auswirkungen von Mountainbiken befassen sich mit Managementmaßnahmen (Drabosenig 2011) und mit Konflikten unter WaldnutzendenWaldnutzende – vor allem zwischen Mountainbikenden und Wandernden (Koep et al. 2019; Volz und Mann 2006; Türk et al. 2004). Zudem existieren einige Studien zu Störeffekten von Mountainbikenden auf Wildtiere (Kopp et al. 2021; Coppes 2018).

Untersuchungen zu den Beeinträchtigungen von Boden und Vegetation stammen vor allem aus den USA, Kanada und Australien (Marion & Olive 2006; Pickering et al. 2010; Barros et al. 2013) bzw. fanden in Wäldern der gemäßigten Breiten, im alpinen Grasland und an mediterranen Standorten statt (Ballantyne und Pickering 2015; Bodoque et al. 2017; Salesa et al. 2019). Sie können nur bedingt als Grundlage für die Analyse der Auswirkungen des Mountainbike-Sports in Deutschland herangezogen werden. Denn die Anfälligkeit von Pflanzen gegenüber Befahrung durch Mountainbikes hängt stark vom Klima, Aufbau der Pflanzen und der vorliegenden Landschaft ab, sodass sich Forschungsergebnisse von einzelnen Standorten nur eingeschränkt auf andere Standorte übertragen lassen (Quinn & Chernoff 2010).

Umso wichtiger sind standortspezifische Untersuchungen zur Auswirkung des Mountainbike-Sports im deutschsprachigen Raum. In den folgenden Abschnitten werden Auswirkungen des Mountainbikens auf Boden, Vegetation und Tierwelt betrachtet. Für alle drei Wirkbereiche werden der Stand des Wissens, mögliche Ansätze zur methodischen Erfassung und Handlungsmöglichkeiten im Trailmanagement vorgestellt. Dabei greift der Beitrag sowohl auf Ergebnisse einer Literaturrecherche, als auch auf eigene Erhebungen und Methoden im Bereich der Bodenerosion und Vegetationsschäden durch Mountainbikes zurück (Hermann 2021).

2Boden

2.1Stand des Wissens

Der BodenBoden kann sowohl durch den Bau als auch nach der Etablierung eines Mountainbike-TrailsTrailbau beeinträchtigt werden. Bisherige Untersuchungen zu Auswirkungen von Mountainbikes befassen sich vor allem mit dem Ausmaß der entstandenen ErosionErosion und VerdichtungVerdichtung durch Befahrung, dem durch Oberflächenabfluss beeinflussten Sedimentabtransport und der Verbreiterung von Trails infolge des Ausweichens der Fahrenden vor nassen Bereichen (Quinn & Chernoff 2010). In Ergänzung dazu können zusätzliche Parameter (Bodenart, Skelettgehalt bis 80 cm Tiefe und Mächtigkeit der obersten Bodenzone) herangezogen werden, um das Risiko von Erosion im Vorfeld eines TrailbausTrailbau zu bewerten (Hermann 2021).

Der Einfluss von Mountainbikes auf die BodenerosionErosion wird als kumulativ und kurvilinear beschrieben: Nach schneller Erosion zu Beginn der Inbetriebnahme nimmt die Veränderungsrate ab. Dieses Phänomen könnte auf steigende BodenverdichtungBodenverdichtung zurückzuführen sein (Chiu & Kriwoken 2003). Auf Mountainbike-Trails ist mit einer erhöhten Verdichtung in den obersten zehn Zentimetern des Bodens zu rechnen (Wöhrstein 1998). Nach Wilson und Seney (1994) werden durch die Mountainbike-Befahrung 30 Prozent des Bodens an den 66 mal 66 cm großen Teststellen freigelegt und je Aufnahmequadrat 58 Gramm Sediment abgetragen (Wilson & Seney 1994).

Quer zum Hang verlaufende Trails neigen zu weniger ErosionsbildungErosion und Wasserabfluss als solche, die in Falllinie verlaufen (Havlick et al. 2016). Des Weiteren weisen Wege an Hügelflanken eine geringere Erosionsgefährdung auf als jene, die im Tal verlaufen, was auf periodische Wasseransammlungen oder -flutungen zurückzuführen sein könnte. In Falllinie verlaufende Trail-Abschnitte haben unabhängig von ihrer Neigung immer eine hohe Erosionsgefährdung. Heterogene Bodenzusammensetzungen mit Steinen und Kies sind weniger anfällig gegenüber Erosion als homogene feinkörnige Böden (Marion & Olive 2006).

Ein weiterer Faktor, der die Erosion und VerdichtungVerdichtung an Mountainbike-Trails beeinflusst, ist – oft schattenbedingte – Feuchtigkeit. Solange die vorhandene Bodenfeuchte die Kohäsion der Bodenaggregate fördert, ist die Erosionsgefährdung reduziert. Bei zu hoher Feuchte kommt es hingegen zu Verdichtung, wodurch die Kanalisierung des Wassers gefördert wird (Pickering et al. 2010).

Ein Bereich, dessen Einfluss häufig unterschätzt wird, ist das Verhalten der Sportausübenden. Abkürzungen – meist in Spitzkehren am Hang – und Ausweichverhalten bei nassem Boden können zu erheblichen Beeinträchtigungen in der Natur führen. Havlick et al. (2016) weisen daher auf Forschungsbedarf hinsichtlich unterschiedlicher Fahrtechiken hin. Besondere Belastungen erfährt Boden zudem bei wettbewerblichem Mountainbiken (Hardiman & Burgin 2013).

Sobald ein neuer schmaler Pfad oder eine Weg-Verbreiterung 50-mal genutzt wurde, benötigt der Waldboden 19 Monate, um den ursprünglichen Zustand wieder zu erreichen – insofern das überhaupt noch möglich ist (Goeft & Alder 2001). Je höher das Gelände liegt, desto länger dauert die Regeneration. Die Fahrtechnik der Sportler:innen hat ebenfalls großen Einfluss auf den Mountainbike-Trail. Vor allem bei Streckenabschnitten, die stark auf- oder abwärtsführen, kann es durch abruptes Anfahren oder Bremsen, Rutschen und durchdrehende Räder zu Schäden kommen (Goeft & Alder 2001; Havlick et al. 2016). Es gibt bisher keine Untersuchungen, die Unterschiede der Einflüsse von muskulär betriebenen Mountainbikes im Vergleich mit E-Mountainbikes feststellen konnten (IMBA 2016).

2.2Mögliche Erfassungsmethoden

Um eine Risikoabschätzung hinsichtlich der ErosionErosion, Erfassungsmethoden entlang von Mountainbike-Trails vorzunehmen, können mindestens fünf Parameter untersucht werden. Diese Parameter sind die Geländeneigung, die Oberflächenabflussakkumulation, der Skelettgehalt, die Verdichtbarkeit der obersten Bodenzone und die Bodenart. Die Erfassung dieser Parameter kann mithilfe eines Geoverarbeitungsprogramms, wie z. B. „ArcMapArcMap“ und durch Geländeaufnahmen an vorher festgelegten Aufnahmepunkten durchgeführt werden. Die Aufnahmepunkte sollten in einer gleichmäßigen Entfernung entlang des geplanten Streckenverlaufs gewählt und markiert werden (Markierung beispielswiese mit einem Bambusstab) (Hermann 2021).

Die Geländeneigung kann mit Hilfe des GeoverarbeitungsprogrammGeoverarbeitungsprogrammes berechnet werden. Dafür kann beispielsweise mittels des GIS-Werkzeugs „SlopeSlope“ aus dem digitalen Geländemodell des Untersuchungsgebiets die Neigung abgeleitet und durch „Reclassify“ in fünf Gruppen eingeteilt werden. Die Einteilung kann auf Grundlage von Neigungswerten erfolgen, bei denen sich die Auswirkungen der Wassererosion verändern (Fiedler 2001): Ab zwei Prozent Geländeneigung kann mit Erosion gerechnet werden, ab vier Prozent Neigung ist die Erosion erheblich, ab acht und zehn Prozent erfolgt hoher Abtrag. Alle höheren Werte bilden die letzte Gruppe. Durch das GIS-Werkzeug „AspectAspect“ kann die Neigungsausrichtung ermittelt werden. Mittels „ReclassifyReclassify“ können die Werte in die vier Himmelsrichtungen eingeteilt werden (Hermann 2021).

Daraus kann der Oberflächenabfluss hergeleitet werden, so dass Bereiche besonders hoher Akkumulation – die WasserleitlinienWasserleitlinien – entlang des Trails erkennbar werden. Dazu kann beispielsweise das GIS-Werkzeug „Flow DirectionFlow Direction“ genutzt und aus dem digitalen Höhenmodell ein Layer berechnet werden, der angibt, in welche Himmelsrichtung das WasserWasser fließt, wenn es der Neigung folgt. Dabei kann der Fließmodellalgorithmus D8 verwendet werden, der den Abfluss in Richtung der Nachbarzelle mit der steilsten Neigung leitet. Im Anschluss kann durch „Flow AccumulationFlow Accumulation“ der Oberflächenabfluss dargestellt werden (Hermann 2021).

Zur annäherungsweisen Bestimmung der Mächtigkeit der obersten Bodenzone können an jedem Aufnahmepunkt Messungen mit einem Penetrologger durchgeführt werden. Mithilfe des PenetrologgersPenetrologger kann der Eindringwiderstand in den Boden bis zu einer Tiefe von 80 cm erfasst werden. Im Ergebnis liegen Graphen vor, die den Eindringwiderstand an jedem Aufnahmepunkt je nach Penetrationstiefe zeigen. Auf Basis dieser Messungen können Gruppen von Aufnahmepunkten mit unterschiedlichen Verläufen von Dichtestufen gebildet werden (siehe Beispielfall in Hermann 2021). Die Erfassung von Dichte ist deshalb interessant, weil eine geringe Dichte für ein hohes Porenaufkommen spricht, wodurch eine hohe Verdichtungsgefahr durch Befahrung besteht (Gaertig et al. 2011). Zudem ist ein tiefer Wechsel der Dichtestufe negativ zu bewerten, da durch Verdichtung die Wasserinfiltrationskapazität des Bodens reduziert wird (AID-Infodienst 2015).

Der SkelettgehaltSkelettgehalt kann wiederum annäherungsweise aus der Kombination folgender zwei Messwerte hergeleitet werden: Erstens die Eindringtiefe von in der Länge genormter Stäbe, beispielsweise Bambusstäbe, in den Boden. Die Stäbe können dabei manuell mithilfe einer kleinen Holzplatte in den Boden gedrückt und der überstehende Teil abgemessen werden. Zweitens wird die Anzahl der Messversuche mit dem Penetrologger heranzogen. Gemessen wird je Aufnahmepunkt bis zu einer vorab festgelegten Anzahl an Versuchen (z. B. vier Versuche). Sobald eine Messung erfolgreich 80 cm tief durchgeführt werden konnte, wird die Messung gespeichert, die Anzahl der benötigten Messversuche notiert und der nächste Aufnahmepunkt aufgesucht. Sind alle Messungen nicht erfolgreich, d. h. reichen nicht bis in 80 cm Tiefe, wird die letzte Messung gespeichert. Die Messungen werden dabei jeweils in gleicher Reihenfolge vor dem Aufnahmepunkt, hinter und anschließend links, dann rechts des Aufnahmepunktes vollzogen. Während der Messung ist auf eine vertikale, gleichmäßig langsame Führung des Penetrologgers zu achten. Die Vorgehensweise beruht auf der Vermutung, dass eine geringe Eindringtiefe der Stäbe auf einen hohen Skelettgehalt hindeutet, genauso wie eine steigende Anzahl an Messversuchen mit dem PenetrologgerPenetrologger. Im Umkehrschluss könnte ein tiefes Eindringen der Stäbe und direkter Messerfolg mit dem Penetrologger für einen geringen Skelettgehalt sprechen (Hermann 2021).

Die Bodenart kann an jedem der Aufnahmepunkte mittels der Fingerprobe in Ergänzung mit einem Feinbodenartendiagramm bestimmt werden. Bei zu trockenem Boden wird die Probe durch eine Sprühflasche mit Wasser befeuchtet. Die bestimmten Bodenarten werden in die Erodierbarkeits-Klassen der Allgemeinen Bodenabtragsgleichung eingeteilt, die in der Bodenkundlichen Kartieranleitung (Ad-hoc-Arbeitsgruppe Boden 2005) dargestellt sind (Hermann 2021).

2.3Rückschlüsse für das TrailmanagementTrailmanagement

Bodenverdichtung lässt sich bei sportlicher Nutzung von Wegen kaum vermeiden. Ein gewisses Maß an Verdichtung ist zudem Voraussetzung für die Vermeidung von Bodenerosion durch Druck- und Scherkräfte. Diese können die Bildung von Schlaglöchern sowie BremsBremsrillen- und SpurrillenSpurrillen und somit ErosionErosion begünstigen. Da bei trockenem Boden dieser Effekt deutlich verstärkt auftritt, kann an trockenen und damit erosionsgefährdeten Standorten die künstliche Bewässerung des Trails empfohlen werden.

Auch beim Bau des Mountainbike-Trails können Vorkehrungen gegen Bodenabtrag getroffen werden. So wäre denkbar, in Bereichen, an denen die Tragschicht nicht auf natürlich gewachsenem Boden liegt, eine Verdichtung mittels Walzzügen, Vibrationsplatten, Schnellschlag- oder Fallplattenstampfern vorzunehmen. Der Hintergrund dafür ist, dass die gute Bindigkeit von Tonen und Schluffen die Verdichtungs- und Verformungseigenschaften des Bodens verbessert (Steinmayr 2019).

Zudem könnten vor dem TrailbauTrailbau bestehende Wasserleitlinien in der Planung berücksichtigt werden. Der Streckenverlauf könnte so angelegt werden, dass keine neuen Leitlinien auf dem Trail entstehen, die durch Rinnen oder Auswaschungen zu erhöhtem Pflegeaufwand führen. Durchgängig gewährleisteter Wasserabfluss – beispielsweise durch Anlage von EntwässerungsrinnenEntwässerungsrinnen – und die Ausformung von Anliegerkurven für besseren Fahrfluss ohne Bremsen stellen weitere Maßnahmen zur Minderung von Erosion dar (Marion et al. 2007).

Wegen der Abhängigkeit von Bodenfeuchte und Niederschlag ist das Erosionsausmaß häufig saisonabhängig. In manchen Gebieten eignen sich deshalb saisonale Schließungen als Maßnahme gegen zu starke Erosion (Goeft & Alder 2001). Erosion kann zudem durch Vermeidung von Trailverläufen in Falllinie verringert werden. Trails sollten deshalb möglichst parallel zum Hang verlaufen und starkes Gefälle umgehen (Hermann 2021).

3VegetationVegetation

3.1Stand des Wissens

Hinsichtlich der Beeinträchtigungen der Vegetation durch Mountainbikes wurden bisher vor allem Effekte wie der Rückgang der Vegetation, Veränderungen der Biodiversität sowie die Verbreitung von invasiven Arten untersucht.

Der Rückgang der VegetationVegetation verläuft analog der Bodenfreilegung. Sie ist kurz nach Inbetriebnahme eines Trails am stärksten (Hammitt et al. 2015). Innerhalb der ersten zwei Wochen nach der Inbetriebnahme eines neuen Mountainbike- oder Wanderweges nimmt die Fläche des freigelegten Bodens um bis zu 54 Prozent im Vergleich zum Ausgangszustand zu. Dabei spielt die Hangneigung eine Rolle: der größte Verlust an Vegetation konnte, bedingt durch Bremsmanöver, an steilen Hanglagen und in Kurven beobachten werden. Dies sowohl bei Abfahrten als auch Anstiegen (Havlick et al. 2016). Generell kann in der Hauptspur des Weges mit einem Rückgang der Flora um 80 bis 100 Prozent gerechnet werden. Nach maximal zwölf Monaten sind die Zuwachsraten der Veränderung schon deutlich geringer (Thurston & Reader 2001).

Im Vergleich zum WandernWandern verursacht Mountainbiken insbesondere zu Beginn der Belastung höhere Vegetationsschäden. Dies kann einerseits mit der kontinulierlichen Belastung über die Reifen des Rades im Vergleich zu den diskontinuierlichen, teils selektiv gewählten Schritten eines Fußgängers begründet werden (Havlick et al. 2016). Hinzu kommen fahrtechnisch bedingte Einwirkungen wie Bremens, Rutschen oder Gleiten des Rades (Martin et al. 2018). Interessant ist jedoch, dass sich die VegetationVegetation an den Wegrändern von Mountainbike-Trails besser erholt als an reinen Wanderwegen (Thurston & Reader 2001).

Im Vergleich schwieriger und weniger erforscht ist die Veränderung der BiodiversitätBiodiversität von Pflanzen entlang von Wegen. Pickering und Barros (2015) und Pickering et al. (2011) zeigen experimentell, dass Pflanzen mit größeren Blättern, einer höheren Wachstumsrate und einer geringeren Blattdichte eine größere Widerstandsfähigkeit aufweisen. Die Autor:innen zeigen anhand von zwei Pflanzenarten (Asperula gunnii und Poa fawcettiae), dass bereits relativ geringe Belastungen (75 Befahrungen mit Mountainbikes) ausreichen, um die Artenzusammensetzung zu verändern. Auf den Azoren stellen Queiroz et al. (2014) einen nur geringen und teilweise sogar positiven Einfluss von Wanderwegen auf die Pflanzenzusammensetzung fest. So weisen Untersuchungsflächen nahe von Wanderwegen die höchste Biodiversität auf. Insgesamt halten sie fest, dass „factors like the type of land use in areas surrounding the trails may have a deeper effect on plant biodiversity than trail use by visitors“ (Queiroz et al. 2014, S. 1347).

Nicht zuletzt besteht die Vermutung, dass Mountainbikes ein Faktor bei der Verbreitung invasiver Arteninvasive Arten sind. So zeigen Bouchard et al. (2015), dass sowohl Wandernde, als auch Fahrradfahrende zur Verbreitung von Pflanzensamen beitragen können. Die vorliegenden Ergebnisse zeigen unterschiedliche Tendenzen. Auf komplette Wegesysteme bezogen, sind die Effekte jedoch gering. So zeigen Sestak und Hoffman (2021) in einer Studie zum Wandern in Virginia (USA), dass Wanderwege nicht wesentlich zur Verbreitung invasiver Arten beitragen. Einflüsse gibt es hauptsächlich am Beginn von Wegen oder in der Nähe von Parkplätzen (Sestak & Hoffman 2021). Zu ähnlichen Schlüssen gelangen Pickering et al. (2016) und Weiss et al. (2016). Beide Studien zeigen, dass Mountainbikes in der Lage sind, Pflanzensamen zu transportieren. Im Vergleich zum Wandernden transportieren Mountainbikes geringfügig weniger und andere Arten an Samen (Pickering et al. 2016). Die meisten Samen verlieren Mountainbikes relativ schnell, d. h. in einer Distanz von 5–20 Metern. Abhängig von Wetterverhältnissen und Samenart können jedoch auch Transportwege von bis zu 500 Metern auftreten. Weiss et al. (2016) bezeichnen Mountainbikes daher als „effective seeds dispersers at landscape scales“ (S. 326).

3.2Mögliche Erfassungsmethoden

Im Allgemeinen werden VegetationsschädenVegetationsschäden, Erfassungsmethoden durch Freizeitnutzung in experimentellen Verfahren untersucht. Dazu werden Transekte in einer Fläche festgelegt und in unterschiedlich stark zu befahrende/belastende Einheiten unterteilt (Pickering et al. 2011; Pickering & Barros 2015). Ähnlich gehen Martin et al. (2018) vor. In ihrer Studie wurden vier Linien angelegt, die jeweils 3 Meter lang und 50 Zentimeter breit waren. Die Linien wurden mit 25, 75, 200 und 400 Durchgängen unterschiedlich stark belastet. Die meisten der Studien orientieren sich damit am methodischen Vorgehen von Cole und Bayfield (1993).

Auf Basis der festgelegten Linien oder Korridore können Vegetationsaufnahmen dann mithilfe einer Variante des Line-Intercept-VerfahrensLine-Intercept-Verfahren durchgeführt werden (Herrick et al. 2009), → Abbildung 2. Dafür werden jeweils links und rechts eines Aufnahmepunktes Zollstöcke orthogonal zum Trail auf den Boden gelegt. Alle Pflanzen, die die Zollstöcke beschatten, werden mit ihrem Start- und Endwert entlang der Zollstöcke notiert. Aufgenommen werden die Bedeckungstypen Moose, Gräser, krautige Pflanzen und Naturverjüngung bis 150 cm Höhe sowie Sträucher. Ebenfalls notiert werden Stellen ohne Streu und Bereiche, an denen die Zollstöcke Totholz, Baumstämme oder Baumstümpfe streifen.

Abbildung 2:

Aufbau des Line-Intercept-Verfahrens. Quelle: eigene Darstellung.