Nella-Propella - Kirsten Boie - E-Book + Hörbuch

Nella-Propella E-Book

Kirsten Boie

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Beschreibung

Endlich wieder lieferbar! Die Geschichte von Nella und ihrer alleinerziehenden Mutter gehört inzwischen schon zu den Klassikern. Nellas Mutter ist erst fünfundzwanzig und geht noch zur Uni. Deswegen hat sie nicht so viel Zeit für Nella. Und weil Oma auch nicht immer Zeit hat, sich um Nella zu kümmern, bricht hin und wieder das totale Chaos aus … Doch offenbar bringt das totale Chaos sehr kluge, freche und vor allem glückliche Kinder hervor!

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Kirsten Boie

Nella-Propella

Mit Bildern von Philip Waechter

Fischer e-books

1.Nella-Propella

Kein Mensch möchte gern Nella-Propella heißen, aber was soll Nella denn tun? Die anderen sagen es ja sowieso immer, da kann sie gar nichts machen.

»Du wirst mir noch mal dankbar sein für deinen schönen Namen«, sagt Jacquo und zupft sich vor dem Spiegel an den Augenbrauen herum.

Aber Nella weiß ganz genau, dass ihre Mutter da Unrecht hat. Sowieso ist sie nicht so oft dankbar, und für ihren Namen nun schon gar nicht.

»Alle andern heißen besser!«, sagt Nella maulig. »Anja heißt Anja, und Inga heißt Inga, und Kai heißt Kai …«

»Kai, Kai, Osterei«, sagt Jacquo und legt die Pinzette weg. »Findest du das wirklich besser?«

Nella macht die Lippen ganz schmal, bis sie richtig schön böse aussieht. Dabei wird sie innen drin eigentlich grade wieder fröhlich. Das kann sie zu Kai ja morgen mal sagen. Kai, Kai, Osterei. Da muss der sich bestimmt ganz schön ärgern.

Aber Jacquo erzählt sie das natürlich nicht. Die kann ruhig noch ein bisschen glauben, dass Nella traurig ist. Wo sie ihr doch den blöden Namen gegeben hat.

»Myrthe will ich heißen«, sagt Nella träumerisch. »Nenn mich mal Myrthe, du, Jacquo.«

Im Kindergarten hat Katja mal eine Geschichte vorgelesen von einem Mädchen, das hieß Myrthe und war verzaubert, und ein Bild von ihr war auch in dem Buch. Da hatte das Mädchen so lange blonde Haare wie ein Engel und so blaue Augen wie eine Fee und ein ganz langes weißes Kleid, das war fast durchsichtig. Einen Blumenkranz hatte es auch auf dem Kopf.

»Nee, weißt du!«, sagt Jacquo, und nun ist sie wohl wirklich mit ihren Augenbrauen fertig. Weil sie sich jetzt auch endlich zu Nella umdreht. »Das ist doch kein Name für ein Kind! Das klingt ja wie ein Blumenkranz für eine Hochzeit!« Und sie will Nella auf ihre Knie ziehen und ein bisschen knuddeln.

Aber Nella schiebt sie weg. Das ist ja gerade das Schöne an dem Namen. Myrthe, das klingt wie ein Blumengarten und wie eine Fee und so ganz zierlich und wunderschön. Aber Nella ist überhaupt nicht zierlich und wunderschön, und lange blonde Engelshaare wie das Myrthe-Mädchen in der Geschichte hat sie schon gar nicht. Nur so kurze strubbelige, und die Farbe ist mehr wie bei dem Hund von Frau Ellermann an der Ecke.

»Da färbst du dir später mal Strähnen rein«, sagt Jacquo, als ob die Haarfarbe überhaupt nicht so wichtig und nichts zum Traurigsein ist. »Das wird dann ganz apart, sag ich dir.«

Jacquo kann eben nicht verstehen, dass Nella gern wie ein Engel und eine Fee aussehen möchte, und dass sie nicht mehr Nella heißen will, versteht Jacquo auch nicht. Überhaupt kann man ihr viele Sachen nicht erklären, und das kommt bestimmt, weil sie Nellas Mutter und schon furchtbar alt ist. Fünfundzwanzig, das ist so viel, dass Nella nicht mal weiß, ob sie so weit schon zählen kann. Sie hat es lieber gar nicht versucht.

Uli versteht natürlich noch viel weniger als Jacquo, aber dafür kann man ihn besser rumkriegen. Dass er Nella noch ein drittes Eis kauft, zum Beispiel, wenn sie gerade zwei gehabt hat und ihr eigentlich schon ganz schlecht ist. Oder dass sie noch aufbleiben und aufbleiben und aufbleiben darf, obwohl Uli ein bisschen genervt aussieht und sagt, gleich ist es aber bestimmt schon Mitternacht und Geisterstunde, und eigentlich und von Rechts wegen müsste Nella unbedingt längst schlafen. Aber das kennt Nella schon, wenn Uli »unbedingt und von Rechts wegen« sagt, tut er nachher doch immer, was sie will. Das ist viel besser als bei Jacquo.

»Natürlich, natürlich ist Uli viel lieber als ich!«, sagt Jacquo, wenn Nella von Uli nach Hause kommt und wieder ein neues Pony mit Kämmhaaren oder eine Puppe mit Leuchteknopf im Bauch gekriegt hat. »Der sieht dich ja auch nur alle Jubeljahre einmal, oder? Erziehen muss schließlich ich dich«, und dann dreht sie das Kämmhaar-Pony so zwischen ihren spitzen Fingern, dass man sieht, sie findet es ziemlich abscheulich.

Aber Nella ist froh, dass Uli so leicht rumzukriegen ist. Vielleicht ist das ja wirklich so, weil er sie nur so selten sieht, und da ist es doch eigentlich ein Glück, dass Uli nicht bei ihr und Jacquo wohnt wie andere Väter. Sonst würde er sie vielleicht auch immerzu nur erziehen wollen.

»Warum zieht Uli nicht auch mal zu uns?«, fragt Nella, wenn sie grade von Kai oder Miri nach Hause kommt. Bei Kai und Miri wohnen die Väter zu Hause, aber Jacquo war leider nur kurze Zeit in Uli verliebt. Nicht für ein ganzes Leben, sagt Jacquo. Da hätte es nicht gereicht. Und darum haben sie auch gar nicht erst geheiratet.

»Also findest du Uli blöd?«, fragt Nella und guckt Jacquo lauernd an. Nella findet Rupert aus dem Kindergarten blöd. Den würde sie auch nie heiraten. Vor dem hat sie sogar ein bisschen Angst.

»Nee, blöd finde ich ihn natürlich nicht«, sagt Jacquo schnell, und Nella sieht gleich, dass Jacquo jetzt genervt ist. »Ist doch ganz nett, oder? Es reicht nur nicht zum Heiraten-Wollen, verstehst du? Immer mit ihm zusammen leben möchte ich nicht.«

Das versteht Nella nun nicht so gut. Wo Uli doch immer so viel Eis und gute Sachen kauft? Für Jacquo würde er das ja vielleicht auch tun. Aber Jacquo lässt sich nicht überreden.

Wer sich überhaupt nie überreden lässt, überhaupt nie und absolut gar nicht, das ist Omi. Omi hat ganz festgesprühte gelbe Haare und blaue Striche über den Augen und eine harte Handtasche, und Omi kennt lustige Wörter. Zu Jacquo hat sie nun schon zweimal gesagt, dass sie schließlich nicht ihr Notnagel ist, wenn Jacquo nicht weiß, wohin mit dem Kind, und das Wort gefällt Nella ziemlich gut. Obwohl ein Mensch ja natürlich sowieso kein Nagel sein kann, das braucht Omi Jacquo also nicht zu erklären.

»Das Kind hast du dir damals selber eingebrockt, Jacqueline«, sagt Omi an einem Nachmittag, als Nella ganz still unter dem Tisch sitzt und keiner-kann-mich-sehen spielt. »Nun sieh auch zu, wie du klarkommst. Ich helfe dir gerne, wo ich kann, aber der Donnerstag ist eben einfach mein Kegelnachmittag.«

»Klar, logisch, geh du nur kegeln«, sagt Jacquo böse, und dann kommt sie unter dem Tisch mit dem Fuß gegen Nella und guckt ganz erschrocken und zieht Nella raus, und danach redet sie mit Omi über Mallorca. Da fliegt Omi nächste Woche wieder hin.

»Hast du mich dir eingebrockt?«, sagt Nella am Abend, als Omi wieder gegangen ist. Eingebrockt ist auch so ein schönes Omi-Wort. Es klingt, als ob man Kuchen in Kakao tunkt.

»Quatsch!«, sagt Jacquo böse und schmeißt Nellas Strumpfhose auf den Stuhl vor dem Spieltisch. Überhaupt ist Jacquo oft ziemlich schlechter Laune, wenn Omi wieder gegangen ist. Wahrscheinlich ist sie traurig, weil Omi nicht länger bleibt. Omi ist ja Jacquos Mama. »Ich hab dich nicht eingebrockt, ich hab dich gekriegt, weil ich dich wollte, Mensch! Da konnte ich ja noch nicht wissen, was für eine kleine Ziege du manchmal sein kannst«, und dann fängt sie an, Nella durchzukitzeln, bis Nella vor Lachen nicht mehr Luft holen kann und nur noch lauter kleine Schnaufer macht.

»Du bist ja selber manchmal eine kleine Ziege«, sagt Nella zufrieden, als sie wieder genug Luft zum Reden hat, und da gibt Jacquo ihr einen klatschigen kleinen Klaps auf den Po und sagt, dass es jetzt aber wirklich längst Schlafenszeit ist.

Und weil Jacquo Jacquo ist und nicht Uli, sagt sie auch nicht eigentlich und von Rechts wegen. Da bleibt Nella also gar nichts anderes übrig. Sie krabbelt in ihr Hochbett und gibt Jacquo noch einen Kuss auf die Nase und aufs Ohr und oben auf den Kopf auch noch. Und Jacquo küsst Nella und Manni den Pinguin, und Marlene Jaschke küsst sie nur ganz vorsichtig, weil das wahrscheinlich die schmuddeligste Puppe von ganz Deutschland ist, sagt Jacquo.

»Aber vielleicht komm ich ja morgen mal dazu, sie zu waschen«, sagt Jacquo und knipst das Licht aus.

»Vielleicht«, sagt Nella und kuschelt sich zufrieden in ihre Decke. Wenn Jacquo gesagt hat, dass sie morgen vielleicht Marlene wäscht, ist immer Feierabend, das weiß Nella. Danach schläft sie dann immer schnell ein.

2.Totales Chaos

Als Jacquo Nella vom Kindergarten abholt, ist sie ganz hektisch.

»Komm, Nella, mach los!«, sagt Jacquo und bindet Nella ganz ausnahmsweise sogar die Schnürbänder zu. »Heute herrscht wieder das Chaos!«

»Totales Chaos?«, fragt Nella und setzt ihren Kindergarten-Rucksack auf. Totales Chaos kennt sie schon. Wenn totales Chaos herrscht, wird Jacquo immer ganz aufgeregt. Sie redet dann so schnell, und man muss fürchterlich vorsichtig mit ihr sein. Sonst wird sie nämlich gleich wütend. Das ist leider so, wenn Chaos herrscht, und Chaos herrscht leider ziemlich oft.

»Ich hab heute Abend noch Arbeitsgruppe!«, sagt Jacquo und zieht Nella durch die Kindergarten-Schwingtür nach draußen. Auf der Straße zischen die Autos vorbei, und es regnet mit kleinen, spitzigen Tropfen. »Und da muss ich ganz unbedingt hin, du! Ich hab schon die letzten beiden Male geschwänzt!«

»Ja, musst du da unbedingt hin?«, fragt Nella. Sie versucht, auf den Gehwegplatten nicht auf den Strich zu treten, weil sie sonst tot ist; aber Jacquo hat es viel zu eilig und zieht Nella einfach hinter sich her.

»Jetzt bin ich doch auf den Strich getreten!«, schreit Nella. »Und jetzt bin ich tot!«

»Jaja, tot, dass ich nicht lache!« sagt Jacquo und zerrt Nella weiter. »Dafür hampelst du aber noch ziemlich viel rum!«

Nella gibt gar keine Antwort. Jetzt merkt sie genau, dass totales Chaos herrscht. Da lohnt es überhaupt nicht, Jacquo irgendwas zu erklären.

»Und wenn die mich aus der Gruppe schmeißen und ich krieg den Schein nicht«, sagt Jacquo, und jetzt fängt sie sogar fast an zu laufen, »dann kann ich mir das Semester in die Haare schmieren.«

»In die Haare, ja, ehrlich?«, fragt Nella begeistert. Aber natürlich weiß sie, dass das mit Haaren gar nichts zu tun hat. Nur mit Semester und Arbeitsgruppe und Schein, und was das alles ist, kann Nella auch nicht so genau sagen. Nur, dass es damit zu tun hat, dass Jacquo studiert.

Studieren ist, wenn Erwachsene noch weiter zur Schule gehen, und die Schule heißt dann Universität. Warum Jacquo unbedingt studieren muss, kann Nella nicht verstehen. Wo sie immer so viel stöhnt. Und dann sagt Jacquo immer, es ist furchtbar viel Arbeit, aber so eine gute Arbeit ist es nicht, das kann jeder sehen. Nicht wie Brötchen verkaufen oder im Kindergarten auf Kinder aufpassen oder den Leuten mit einem gelben Fahrrad die Post bringen. Weil man dafür nämlich überall Geld kriegt, nur fürs Studieren gibt es gar nichts. So eine blöde Arbeit sucht Nella sich später bestimmt nicht aus.

»Ich ruf jetzt als Erstes mal Omi an«, sagt Jacquo und versucht mit ganz flatterigen Fingern, den Schlüssel ins Haustürschloss zu stecken. »Dass sie solange auf dich aufpasst. Da freust du dich doch?«

Nella nickt. Natürlich freut sie sich, wenn Omi auf sie aufpasst. Dann spielen sie immer gutes-Benehmen und sitzen mit ganz gradem Rücken am Tisch, und bevor sie trinken darf, tupft Nella sich den Mund mit einer Serviette ab. Das macht ziemlich viel Spaß.

Aber leider hat Omi keine Zeit. »Sie ist mit einer Freundin verabredet«, sagt Jacquo und blättert in ihrem Telefonverzeichnis. »Für die Oper.«

»Wollte sie wieder kein Notnagel sein?«, fragt Nella. Jacquo legt ihren Finger auf eine Zahl. »Quatsch!«, sagt sie energisch. »Klar wäre Omi gerne gekommen! Und jetzt ruf ich deinen Vater an. Der kann schließlich auch mal einspringen, wenn Not am Mann ist«, und da hat sie schon gewählt.

Aber Uli kann leider auch nicht helfen. Weil er nämlich überhaupt nicht zu Hause ist, sondern beim Squash. Und da kann man ihn ja nicht wegholen.

»Wer hat das gesagt?«, fragt Nella, als Jacquo den Hörer wieder aufgelegt hat und ganz klein und zusammengesunken neben dem Telefon sitzt. »Wenn Uli doch gar nicht zu Hause ist?«

»Irgendeine Neue war das«, sagt Jacquo. »Er hat wohl eine neue Freundin.«

»Nicht mehr Jasmin?«, fragt Nella enttäuscht. Jasmin war schon ganz lange Ulis Freundin, ungefähr seit Weihnachten schon, und sie war wunderhübsch und konnte Nella Ballettschritte zeigen. Wenn die Neue das nicht kann, ist es Mist.

»Nee, nicht mehr Jasmin«, sagt Jacquo und zieht Nella ganz dicht zu sich ran. »Du, sag mal, Nella, du bist doch schon groß.«

»Hm«, sagt Nella. Aber nicht zu freundlich. Das weiß sie schon, wenn Jacquo sagt »Du bist doch schon groß«, bedeutet das meistens nichts Gutes. Es bedeutet, dass Nella ihr Zimmer aufräumen soll, zum Beispiel, oder beim Essen nicht so rummatschen oder beim Abtrocknen helfen, wenn sie gerade überhaupt keine Zeit dafür hat. Jede Wette will Jacquo jetzt auch was von ihr.

»Da könntest du doch ganz gut mal einen Abend …«, sagt Jacquo und guckt Nella schnell von der Seite an. »Also keinen ganzen Abend, nur so ein paar Stunden – und das Licht lass ich auch überall an!«

»Alleine bleiben?«, brüllt Nella. »Ganz alleine alleine bleiben?« Und sie reißt sich los und starrt Jacquo wütend an.

»Also ganz allein …«, sagt Jacquo schnell, »… ganz allein ist es ja eigentlich nicht. Ich sag noch Frau Schröder Bescheid oder Frau Habermeister, und die gucken dann mal nach dir …«

»Nein, nein, nein!«, schreit Nella. Und jetzt ist sie nicht mehr nur wütend, jetzt kriegt sie langsam auch richtige Angst. Allein bleiben will sie auf gar keinen Fall, auch wenn Jacquo den Nachbarinnen Bescheid sagt, nicht. Die sind doch dann nicht die ganze Zeit bei ihr! Und was ist, wenn in der Zeit, wo Frau Habermeister vor dem Fernseher sitzt, ein Kinderräuber kommt? Kinderräuber gibt es bestimmt, das hat Miri erzählt, und da kann Jacquo tausendmal reden. Miri weiß das von ihrer Mutter. Kinderräuber sind schreckliche Männer, die rauben kleine Mädchen und machen schlimme Sachen mit ihnen, aber was, das weiß Miri auch nicht genau. Nur, dass es sie gibt, und das ist ja schrecklich genug. Da kann Jacquo tausendmal reden.

»Ich will nicht, ich will nicht, ich will nicht!«, schreit Nella und stampft mit dem Fuß. Und damit Jacquo auch wirklich begreift, dass es ihr ernst ist, schreit sie noch: »Basta!«

»Jaja, ist schon gut!«, brüllt Jacquo zurück. »Da brauchst du überhaupt nicht so zu schreien! Dass alle Nachbarn dich hören!«

Dabei schreit Jacquo mindestens genauso laut! Jacquo ist manchmal schon albern.

»Also gut, also gut«, sagt Jacquo und holt einmal tief Luft. »Bleibst du eben nicht allein. Geh ich eben nicht zur Arbeitsgruppe. Bleib ich zu Hause und halte Händchen!« Und jetzt ist ihre Stimme schon wieder ziemlich laut.

»Brauchst du ja gar nicht«, sagt Nella, aber Jacquo hat sie überhaupt nicht gehört.

»Ist ja sowieso alles egal«, sagt Jacquo wütend und hängt Nellas Jacke an die Garderobe. »Gibt es eben keinen Schein! Na und? Aber wenigstens haben meine Frau Mutter und dein Herr Vater einen schönen Abend gehabt!«

»Ja, haben sie das, Jacquo?«, sagt Nella und bringt Jacquo auch noch ihre Schuhe. Vielleicht wird sie dann wieder fröhlich. Wenn Nella so wunderschön aufräumt.

»Ach, egal, Nella«, sagt Jacquo, und Nella merkt, dass der Ärger jetzt vorbei ist. »Tut mir leid, dass ich so gebrüllt hab. Du kannst ja nichts dafür. Aber so kurzfristig finde ich eben niemanden mehr zum Babysitten. In einer halben Stunde geht der Kram ja schon los.«

»Ja, das ist Pech, nicht, Jacquo?«, sagt Nella, und jetzt kuschelt sie sich ganz fest an Jacquos Bauch. »So hart kann das Leben manchmal sein.«

Das ist so ein Satz, den sagt Jacquo manchmal, wenn sie unbedingt will, dass Nella ihre Kartoffeln aufisst oder im Dunkeln nicht mehr draußen spielt oder sofort jetzt gleich aus der Badewanne kommt. Dann kann man auch nicht mehr mit ihr reden, dann gibt sie bestimmt nicht mehr nach. »So hart kann das Leben manchmal sein.«

Und gerade, als Nella es sagt, hat sie eine Idee. Sie wundert sich nur, dass sie nicht gleich darauf gekommen ist, aber vielleicht reicht es jetzt ja auch noch.

»Nee, gar nicht so hart«, sagt Nella schnell. »Weil nämlich vielleicht – ich könnte ja auch auswärts schlafen.«

»Du könntest was?«, fragt Jacquo verblüfft.

»Bei Kai doch!«, sagt Nella und trommelt Jacquo gegen den Bauch. »Bitte, darf ich? Bitte, bitte, bitte, darf ich das jetzt?«