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Im Dunkeln mit vollen Teetassen jonglieren? Oder einen Monat lang nur Zitronen essen? Kein Problem für Nelly. Denn die kleine Piratin schreckt vor nichts zurück. Da kann ihr bester Freund, die Schildkröte Kolumbus, oft nur mit den Augen rollen. Doch Nellys neuster Einfall hat es in sich: Sie will ihren Vater, Kapitän Wellenflieger, suchen. Der ist nämlich über alle Weltmeere verschwunden, um exotische Länder zu erkunden. Also hisst sie die selbstgestrickten Segel ihres kleinen Bootes und sticht mit Kolumbus in See.
Ein turbulentes Abenteuer mit vielen zweifarbigen Bildern
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Seitenzahl: 97
Cover
Über dieses Buch
Über den Autor
Über die Illustratorin
Titel
Impressum
KAPITEL EINS
KAPITEL ZWEI
KAPITEL DREI
KAPITEL VIER
KAPITEL FÜNF
KAPITEL SECHS
KAPITEL SIEBEN
KAPITEL ACHT
KAPITEL NEUN
KAPITEL ZEHN
KAPITEL ELF
KAPITEL ZWÖLF
KAPITEL DREIZEHN
KAPITEL VIERZEHN
KAPITEL FÜNFZEHN
KAPITEL SECHZEHN
KAPITEL SIEBZEHN
KAPITEL ACHTZEHN
KAPITEL NEUNZEHN
KAPITEL ZWANZIG
KAPITEL EINUNDZWANZIG
Im Dunkeln mit vollen Teetassen jonglieren? Oder einen Monat lang nur Zitronen essen? Kein Problem für Nelly. Denn die kleine Piratin schreckt vor nichts zurück. Da kann ihr bester Freund, die Schildkröte Kolumbus, oft nur mit den Augen rollen. Doch Nellys neuster Einfall hat es in sich: Sie will ihren Vater, Kapitän Wellenflieger, suchen. Der ist nämlich über alle Weltmeere verschwunden, um exotische Länder zu erkunden. Also hisst sie die selbstgestrickten Segel ihres kleinen Bootes und sticht mit Kolumbus in See. Ein turbulentes Abenteuer mit vielen zweifarbigen Bildern
Roland Chambers hat auch schon einige Abenteuer erlebt. Er war mal Schweinebauer, Filmproduzent, Journalist, Konditormeister, Comiczeichner, Lehrer, Privatdetektiv und Autor. Er hat auch schon in verschiedenen Ländern gelebt, darunter Schottland, Australien, Polen, Amerika und Russland. Jetzt wohnt er zusammen mit einem Professor neben einer Bäckerei in London.
Ella Okstad studierte Illustration am Kent Institute of Art and Design in England. Seit mehr als fünfzehn Jahren arbeitet sie nun schon als Illustratorin für verschiedene Verlage in Norwegen, England und den USA. Sie lebt mit ihrer Familie in Trondheim, Norwegen.
Roland Chambers
Nelly
und die abenteuerliche Suche nach Kapitän Wellenflieger
Aus dem Englischen von Petra Hucke
Mit Bildern von Ella Okstad
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige E-Book-Ausgabe
des in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
Titel der englischen Originalausgabe:
»Nelly and the Quest for Captain Peabody«
Für die Originalausgabe:
»Nelly and the Quest for Captain Peabody« was originally published in English in 2015.
This translation is published by arrangement with Oxford University Press.
Text © Roland Chambers 2015
Illustrations © Ella Okstad 2015
Für die deutschsprachige Ausgabe:
Copyright © 2016 by Boje in der Bastei Lübbe AG, Köln
Umschlaggestaltung: Tanja Østlyngen unter Verwendung einer Illustration von Ella Okstad
E-Book-Produktion: le-tex publishing services GmbH, Leipzig
ISBN 978-3-7325-2408-2
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
Am Ende des Piers trieb ein Schiff wie ein Haufen zerbrochener Stöcke auf dem Wasser. Seit Jahren war niemand damit auf See gewesen, und die Farbe war abgeblättert.
Das Schiff hatte ein altmodisches Steuerrad, wie es alte Piratenschiffe haben, und es war von kleinen Löchern übersät, wo die Holzwürmer sich darüber hergemacht hatten. Es hatte zwei Masten, einen langen und einen kurzen, und es war am Pier – oder am Kai oder Landungssteg, wie man ihn auch nennt – mit einem uralten Tau angebunden, von dem grüne Bärte aus Seetang hingen, die nach alten Muscheln rochen.
An einem Ende des Taus lag das Schiff, und am anderen Ende saß Nelly, im Schneidersitz, das Kinn in die Hände gestützt, während ihre Schildkröte Kolumbus in der Sonne döste. Kolumbus war eine sehr schläfrige Schildkröte, aber wenn er aufwachte, machte er immer den Eindruck, als hätte er etwas Interessantes erlebt, das er jedoch niemandem erzählen würde.
Das Mädchen hieß Nelly, und das Schiff hieß auch Nelly. Es gehörte dem Kapitän Woody Wellenflieger von der Ehrenwerten Forschungsflotte. Vor vielen Jahren war er gemeinsam mit einer Gruppe ehrenwerter Forscher zu einer Weltumsegelung aufgebrochen, von der er bis heute nicht zurückgekommen war. Nelly war Kapitän Wellenfliegers Tochter, und sie vermisste ihren Vater, obwohl sie sich gar nicht an ihn erinnern konnte. Sie wusste nur, dass sich seine Post in einem Korb im Flur immer höher stapelte und dass er exotische Schnecken sammelte. Sie krochen die Rückenlehne der Stühle hinauf und an der Oberseite der Bilderrahmen entlang. Sie saßen auf dem Treppengeländer und hingen kopfüber im Türrahmen. Und manchmal, wenn Nelly mitten in der Nacht Durst hatte und sich ein Glas Wasser holte, fand sie eine Schnecke am Wasserhahn kleben, was ziemlich eklig war. Einige der größeren hatten bemalte Häuser.
Nelly vermisste ihren Vater, aber ihre Mutter bemerkte es kaum. Sie bemerkte weder die Schnecken noch irgendetwas anderes, denn sie war ständig nur mit Stricken beschäftigt. Sie strickte Schals, Mützen und Handschuhe, Hunderte davon, die sie in Päckchen packte und alle zwei Wochen dem Postboten mitgab. Es war unglaublich, wie viele Mützen, Schals und Handschuhe sie strickte, und deswegen dachte sie niemals an die Schnecken oder an Nelly oder Kolumbus oder den verschwundenen Kapitän. Nellys Mutter war wie eine Schlafwandlerin – sie lebte in einer eigenen Welt.
An diesem Tag, dem ersten richtigen Sommertag, saß Nelly im Schneidersitz auf dem Pier und sprach mit Kolumbus.
»Das Problem ist«, erklärte sie, »dass wir keine Segel haben …«
Das stimmte. Die Segel waren schon vor vielen Jahren verrottet.
»… und ohne Segel«, fuhr Nelly fort und betrachtete ihre Handflächen, »ist das Abenteuer, das ich mir vorstelle, unmöglich. Bist du neugierig, was ich mir ausgedacht habe?«
Doch Kolumbus schlief und antwortete nicht.
»Wir machen uns auf die Suche nach meinem Vater«, erklärte Nelly, »und auf dem Weg können wir andere Abenteuer erleben, mit Piraten, Wasserstrudeln und so weiter. Schwierig ist eben nur, dass wir nichts haben, in dem wir den Wind fangen können. Aber dafür habe ich auch schon einen Plan. Ich stricke mit Mutters Nadeln ein paar Segel. Die sind dann zwar nicht aus Tuch wie normale Segel, aber dafür weicher und wärmer. Das mache ich nachts, heimlich, und du musst Wache stehen.«
Und genau so geschah es. Denn wenn Nelly sich einmal etwas vornahm, setzte sie es auch um, ganz gleich, was es war. Manchmal sagte sie: »Ich bleibe den ganzen Tag im Bett liegen.« Oder: »Ich werde ein Rezept für Schießpulver auswendig lernen.« Und nun, da sie gesagt hatte, sie würde in einem Schiff mit selbstgestrickten Segeln losziehen und ihren Vater finden, Kapitän Woody Wellenflieger von der Ehrenwerten Forschungsflotte, würde sie auch das tun.
Also schlich Nelly sich in dieser Nacht nach unten und strickte, während Kolumbus mit einem geöffneten und einem geschlossenen Auge Wache hielt. Und in der nächsten Nacht strickte sie weiter und in der übernächsten auch. KLICKEDIKLACK, machten die Nadeln, KLICKEDIKLACK wie klappernde Zähne oder über Steine trippelnde Krabben oder zwei Säbel, mit denen sich in der Ferne zwei Feinde bekämpfen. Und während sie strickte, dachte sie an die Reise und an ihren Vater, wo immer er sein mochte – im Dschungel, in der Wüste oder auf der Spitze eines Eisbergs.
Dabei sah er genauso aus wie auf dem Bild, das im Flur hing: einen Dreispitz auf dem Kopf, eine Postkarte in der Hand und ein ratloser Blick im Gesicht, als fände er keinen Briefkasten.
Nelly strickte in der Nacht, und am Tag kümmerte sie sich um alles andere. Sie schliff die Schiffsdecks und strich den Rumpf, sie nähte Signalflaggen und brachte neue Taue an. Was sie nicht selbst machen konnte oder im Haus fand, bestellte sie bei Explorius, die alles lieferten, was ehrenwerte Forscher für eine Expedition benötigten.
Unten im Frachtraum standen eng nebeneinander, damit sie bei einem Sturm nicht herumrollten, Fässer mit Käse, Bohnen, Salzfleisch und Schokoladenkeksen, außerdem welche mit Zitronen und Limetten. Nelly hatte nämlich gelesen, dass man auf einer langen Reise, wenn man nicht genug Vitamine aß, Skorbut bekommen konnte, sodass einem die Zähne ausfielen. Sie bestellte Seekarten, einen Kompass, ein Teleskop, ein Schiffsmegafon, ein aufblasbares Gummiboot und einen Schiffsjungen, der sich um ihre Mutter kümmern würde, während sie unterwegs war.
Auf der Nelly, die Kapitän Wellenflieger nach seiner Tochter benannt hatte (oder war es andersrum gewesen?), gab es eine kleine Kombüse, ein Badezimmer und eine Kabine mit einer Hängematte und einer Bibliothek. Es gab Schränke für Kleidung und die Angelausrüstung und Töpfe und Pfannen, und im Frachtraum stand neben den Fleisch- und Käsefässern ein Fass mit Schießpulver und ein Kohleneimer voll mit Kanonenkugeln für die zwei kleinen Kanonen an Deck. Diese Kanonen sahen aus wie chinesische Hunde, mit offenen Schnauzen und geringelten Schwänzen, und kamen aus Kapitän Wellenfliegers Arbeitszimmer, wo sie links und rechts neben dem Kamin gestanden hatten.
Eine Woche brauchte Nelly, um die Segel zu stricken, und eine weitere, um ihr Schiff vorzubereiten. Doch da sie tags und nachts arbeitete, konnte sie zwei Wochen in eine quetschen. Sie war an harte Arbeit gewöhnt, weil sie immer alles selbst machte. Sie kochte und konnte es gut. Sie flickte ihre Kleidung, machte die Wäsche und regelte sogar die Finanzen, weil ihre Mutter sich um solche Dinge noch nie gekümmert hatte. Das hieß nicht, dass sie sich nicht um Nelly sorgte: Vor dem Schlafengehen erzählte sie Geschichten oder sang Lieder, und im Garten, nahe dem Rhabarberbeet, hatte sie einen Apfelbaum für Nelly gepflanzt.
Also machte Nelly wie immer alles auf ihre eigene Art und richtete das Schiff her, als wäre es ein Haus auf dem Wasser. Sie bestellte zwei Ersatzbesen und zusätzlich noch eine ganze Kiste Besenstiele. Sie bestellte einen Sack Wolle, um Löcher in den Segeln zu reparieren, und ein halbes Dutzend Zahnbürsten. Sie bestellte genug saubere Handtücher (einschließlich Geschirrtücher) für sechs Monate, außerdem zwei Dutzend Garnituren Unterwäsche und eine Flasche Ammoniak, denn sie hatte von einer schlauen Methode gelesen, wie man Wäsche mithilfe von Mülltüten und Ammoniak waschen konnte. Sie bestellte so viel, dass der Stift des Postboten aufgab, als er die einzelnen Dinge auf seiner Liste abhakte. Zum Glück hatte er noch einen Stift, eine ganze Reihe Stifte sogar, die in seiner Hemdtasche glänzten. Aber er beschwerte sich nicht über die Arbeit. Er trug alle Pakete ins Haus und schien Nelly gar nicht zu beachten. Nur wenn ihre Mutter auftauchte (mit einer Wärmflasche oder einem Knäuel neuer Wolle), seufzte er und wischte sich die Stirn mit einem roten Seidentaschentuch.
Nellys Schiff hatte Fächer für nasse Kleidung und trockene Kleidung, für saubere und schmutzige Wäsche, und in der Kabine gab es einen Tisch, der an Seilen von der Decke hing, damit bei schlechtem Wetter nichts darauf umkippte. An diesem Tisch würde sie essen, aber auch die Seekarten studieren und ihren Kurs festlegen und Bücher aus der Bibliothek lesen, in der sich die Enzyklopädie der Meereslebewesen, der Forscherfreund und ein Tagebuch mit schwarzem Ledereinband befanden, das Nelly im Schreibtisch ihres Vaters entdeckt hatte. Darin stand ganz vorn eine Liste der Sachen, die er für eine Reise bestellt hatte, und ganz hinten eine Liste mit Stichpunkten, an die er sich nach der Abreise noch erinnern wollte.
Doch natürlich hatte Kapitän Wellenflieger fast alle Geburtstage von Nelly vergessen und war auch nach weit über einem Jahr nicht zurückgekehrt, und ob er verwildert war oder nicht (was das wohl bedeutete?) – Nelly wusste immer noch nicht, wo sie ihn finden konnte und wo sie überhaupt mit ihrer Suche anfangen sollte. Sie hatte seine Memoiren gelesen, Kapitän Wellenfliegers Reisen. Sie wusste, dass er zu den Karibischen Inseln gesegelt war und über das Südchinesische Meer und an die Elfenbeinküste, wo man sein Schiff für ein Piratenschiff