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Komplett aktualisiert und erweitert präsentiert dieses Buch das aktuelle klinische Wissen rund um die Betreuung des neugeborenen Hundewelpen. Praxisnah zeigt es alle wichtigen Bereiche der Neugeborenenmedizin: von der embryonalen Entwicklung über die Geburt bis hin zum Alter von acht Wochen. Die Autoren beschreiben alle wichtigen Untersuchungen, Erkrankungen und Therapiemaßnahmen. Farbfotos und übersichtliche Tabellen veranschaulichen die ungestörte Welpenentwicklung sowie Krankheiten und deren Diagnostik und Therapie. Ein eigenes Kapitel beschäftigt sich mit der Organisation der Hundezucht in Deutschland. Ein konkurrenzloses Werk auf dem deutschsprachigen Markt!
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Seitenzahl: 402
Veröffentlichungsjahr: 2014
Axel Wehrend (Hrsg.)
Neonatologie beim Hund
Axel Wehrend (Hrsg.)
Neonatologie beim Hund
Von der Geburt bis zum Absetzen
Unter Mitarbeit vonHartwig Bostedt, Ottmar Distl, Christian Epe, Peter Fahrenkrug, Diane Hebeler, Patricia Kaulfuß, Sabine Kölle, Udo Kopernik, Martin Kramer, Jill Manteufel, Cordula Poulsen Nautrup, Susanne Schlieter, Uwe Truyen, Katja Wehrend
2., überarbeitete Auflage
Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
ISBN 978-3-89993-084-9 (Print)ISBN 978-3-8426-8334-1 (E-Book PDF)
© 2013, Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Co.KG, Hans-Böckler-Allee 7, 30173 Hannover
Alle Rechte vorbehalten.Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der gesetzlich geregelten Fälle muss vom Verlag schriftlich genehmigt werden.Eine Markenbezeichnung kann warenzeichenrechtlich geschützt sein, ohne dass diese gesondert gekennzeichnet wurde. Die beschriebenen Eigenschaften und Wirkungsweisen der genannten pharmakologischen Präparate basieren auf den Erfahrungen der Autoren, die größte Sorgfalt darauf verwendet haben, dass alle therapeutischen Angaben dem derzeitigen Wissensund Forschungsstand entsprechen. Darüber hinaus sind die den Produkten beigefügten Informationen in jedem Fall zu beachten.Der Verlag und die Autoren übernehmen keine Haftung für Produkteigenschaften, Lieferhindernisse, fehlerhafte Anwendung oder bei eventuell auftretenden Unfällen und Schadensfällen. Jeder Benutzer ist zur sorgfältigen Prüfung der durchzuführenden Medikation verpflichtet. Jede Dosierung oder Applikation erfolgt auf eigene Gefahr.
Reihengestaltung: Groothuis, Lohfert, Consorten | glcons.deSatz: Dörlemann Satz, LemfördeDruck und Bindung:
Autoren
Abkürzungsverzeichnis
Vorwort zur 2. Auflage
Vorwort zur 1. Auflage
1Gravidität und Geburt
1.1Embryonale und fetale Entwicklung
1.1.1 Entwicklung des frühen Embryos
1.1.2 Implantation
1.1.3 Weitere Embryonal- und Fetalentwicklung
1.1.4 Entwicklung der Hüllen und Anhänge
1.1.5 Plazentation
1.1.6 Altersbeurteilung der Frucht
1.2Geburt
1.2.1 Trächtigkeitsdauer
1.2.2 Geburtsphasen
1.2.3 Einfluss des Geburtsablaufes auf die neonatale Mortalität
1.3Antepartale Einflussfaktoren auf Wurfgröße und Welpenvitalität
1.3.1 Wurfgröße
1.3.2 Welpenvitalität
2Physiologische und anatomische Besonderheiten beim neugeborenen Welpen
2.1Entwicklungsphasen bis zur 4. Lebenswoche
2.1.1 Postnatale Adaptationsperioden
2.1.2 Gewichtsentwicklung
2.1.3 Temperaturentwicklung
2.1.4 Schlafverhalten
2.2Entwicklung der Organfunktionen
2.2.1 Lungenfunktion
2.2.2 Herz-Kreislauf
2.2.3 Verdauungstrakt
2.2.4 Nierenfunktion
2.2.5 Thermoregulation
2.2.6 Nervensystem
2.3Referenzwerte neugeborener Welpen
3Zahnentwicklung und Erkrankungen des Milch- und Wechselgebisses
3.1Milchgebiss
3.2Zahnwechsel
3.2.1 Parodontale Komplikationen durch Milchzahnpersistenz
3.2.2 Behinderung der Zahnentwicklung durch Caninuspersistenz
3.3Die Mandibula angusta – eine komplexe Fehlentwicklung der Caninusposition
3.4Die Ursachen von Kiefer- und Zahnfehlstellungen: erblich oder nicht?
3.5Die Milchzahnpersistenz als Ursache von Zahnfehlstellungen
3.6Die Extraktion der Milchzähne
3.6.1 Extraktion durch Hebel (Luxation)
3.6.2 Extraktion durch Osteotomie
3.7Therapie manifester Fälle von Mandibula angusta
3.7.1 Die Mandibula angusta im Milchgebiss
3.7.2 Therapie der juvenilen Mandibula angusta
3.8Milchzahntraumata
3.9Nichtanlage von Zähnen (Hypodontie)
3.9.1 Züchterische Beurteilung
3.9.2 Fehlen von Prämolaren und Molaren
3.9.3 Implantation nicht angelegter Zähne
3.10Zahnüberzahl (Hyperodontie/ Polyodontie)
3.11Formanomalien
3.12Konsequenzen für die Praxis
4Verhaltensentwicklung und deren Störungen
4.1Entwicklungsphasen des Hundewelpen
4.1.1 Pränatale Phase
4.1.2 Neonatale Phase
4.1.3 Übergangsphase
4.1.4 Sozialisations- und Juvenilphase
4.2Entwicklung von Verhaltensstörungen
4.2.1 Aggressionsverhalten
4.2.2 Angst, Furcht und Phobie
4.2.3 Abnormal-repetitives Verhalten (Stereotypien und Zwangsstörungen)
4.3Präventionen von Verhaltensproblemen und Verhaltensstörungen
4.3.1 Sozialisation und Habituation
4.3.2 Erziehungsmaßnahmen
4.3.3 Beschäftigung
4.4Schlussfolgerungen
5Versorgung der Welpen nach der Geburt
5.1Spontangeburt
5.2Sectio caesarea
6Untersuchung des Welpen
6.1Anamnese
6.2Allgemeinuntersuchung
6.2.1 Beurteilung des Wurfes
6.2.2 Untersuchung des Einzeltieres
6.3Segmentale Untersuchung
6.3.1 Kopf und Hals
6.3.2 Thorax
6.3.3 Abdomen und Nabel
6.3.4 Gliedmaßen
6.4Neurologische Untersuchung
6.5Labordiagnostische Untersuchung
6.5.1 Blut
6.5.2 Harn
6.5.3 Kot
6.6Postmortale Untersuchung
7Bildgebende Verfahren
7.1Röntgen
7.1.1 Röntgen des Thorax
7.1.2 Röntgen des Abdomens
7.1.3 Röntgen des Skelettsystemes
7.2Ultraschalluntersuchung
7.2.1 Technische Voraussetzungen
7.2.2 Untersuchungsmethodik
7.2.3 Sonographie der Abdominalorgane
7.2.4 Sonographie des Kopfes
7.2.5 Sonographie der Gliedmaßen
7.2.6 Sonographie des Herzens
8Therapeutische Verfahren
8.1Applikationsmethoden
8.1.1 Oral
8.1.2 Intramuskulär
8.1.3 Subkutan
8.1.4 Intravenös
8.1.5 Intraabdominal
8.1.6 Intraossär
8.1.7 Inhalation
8.2Indirekte Wirkungen von Arzneimitteln auf Feten und Welpen
8.3Grundsätze des Medikamenteneinsatzes beim Welpen
8.3.1 Besonderheiten der Resorption
8.3.2 Besonderheiten der Verteilung
8.3.3 Besonderheiten der Metabolisierung
8.3.4 Besonderheiten der Ausscheidung
8.3.5 Besonderheiten einzelner Arzneimittelwirkungen beim Welpen
8.4Arzneimittel und Arzneimittelgruppen
8.4.1 Sekretolytika
8.4.2 Analgetika
8.4.3 Antipyretika
8.4.4 Antibiotika
8.5Infusionstherapie, Dehydratation
8.6Euthanasie
8.7Narkose
8.7.1 Inhalationsanästhesie
8.7.2 Injektionsanästhesie
8.8Behandlungsstrategie bei Durchfall
8.9Zwangsernährung
9Nicht-infektiöse Erkrankungen
9.1Systemische Erkrankungen
9.1.1 Neonatales Atemnotsyndrom
9.1.2 Hypothermie-Hypoglykämie-Syndrom
9.1.3 Icterus neonatorum
9.1.4 Hämorrhagisches Syndrom
9.1.5 Aspirationspneumonie
9.1.6 Toxisches Milchsyndrom
9.1.7 Swimmer-Puppy-Syndrom
9.1.8 Hypogammaglobulinämie
9.1.9 Fading-Puppy-Syndrom
9.1.10 Kupieren der Rute
9.2Angeborene Missbildungen und Syndrome
9.2.1 Augen
9.2.2 Verdauungstrakt
9.2.3 Leber und Pankreas
9.2.4 Nieren und ableitende Harnwege
9.2.5 Herz und Blutgefäße
9.2.6 Blut
9.2.7 Nasen-Rachen-Raum und Atemorgane
9.2.8 Hernien
9.2.9 Muskeln und Skelett
9.2.10 Zentrales Nervensystem
9.2.11 Haut
9.2.12 Geschlechtsorgane
9.2.13 Sensorineurale Taubheiten
9.2.14 Speicherkrankheiten
9.2.15 Molekulargenetisch aufgeklärte Krankheiten beim Hund
9.3Orthopädische Erkrankungen
9.3.1 Frakturen
9.3.2 Gelenkerkrankungen beim Welpen und Junghund
9.3.3 Stoffwechselbedingte Erkrankungen des Skelettsystemes
10Infektiöse Erkrankungen
10.1Immunologie des Feten und des Welpen
10.2Infektionsgefährdung und Infektionswege
10.3Bakterielle Erkrankungen
10.3.1 Lokalinfektionen
10.3.2 Allgemeininfektionen, Septikämie
10.4Mykosen
10.4.1 Soor
10.4.2 Hautmykosen
10.5Virale Erkrankungen
10.5.1 Canines Herpesvirus
10.5.2 Canine Minute Virus
10.5.3 Canines Parvovirus
10.5.4 Staupe, Canine Distemper (CDV)
10.5.5 Hepatitis contagiosa canis (Hcc)
10.5.6 Canine Coronavirusinfektion (CCoV)
10.5.7 Canine Rotavirusinfektion
10.5.8 Andere Viruserkrankungen
10.6Parasitäre Infektionserkrankungen
10.6.1 Helminthen
10.6.2 Protozoen
11Impfungen und Entwurmungen
11.1Die Impfung der Hündin und der Welpen
11.1.1 Impfung der Welpen
11.1.2 Impfung der Zuchthündin
11.2Bekämpfung der Parasitosen der Hündin und der Welpen
11.2.1 Nematoden
11.2.2 Protozoen
12Ernährung und Haltung
12.1Ernährung der tragenden Hündin
12.1.1 Energiebedarf
12.1.2 Nährstoffbedarf
12.1.3 Mineralstoffbedarf
12.1.4 Spurenelement- und Vitaminbedarf
12.1.5 Geeignete Futtermittel
12.2Ernährung der laktierenden Hündin
12.2.1 Energiebedarf
12.2.2 Eiweißbedarf
12.2.3 Mineralstoffbedarf
12.2.4 Wasserbedarf
12.2.5 Futtermenge
12.3Ernährung der Welpen
12.3.1 Kolostrum
12.3.2 Muttermilch
12.3.3 Beifütterung
12.4Mutterlose Aufzucht
12.4.1 Milchaustauscher
12.4.2 Fütterung der Welpen
12.4.3 Probleme der mutterlosen Aufzucht
12.4.4 Utensilien zur Welpenfütterung
12.5Haltung der Welpen
12.5.1 Neonatale Phase
12.5.2 Übergangsphase
12.5.3 Sozialisations- und juvenile Phase
12.6Haltung der hochträchtigen Hündin
12.6.1 Welpenzimmer und Wurfkiste
12.6.2 Vorbereitungen auf die Geburt
13Organisation der Hundezucht und rechtliche Vorschriften
13.1Organisation der Hundezucht in Deutschland
13.2Zahlen zur Hundehaltung
13.3Bedingungen für die Zuchtzulassung von Elterntieren im VDH
13.4Zulassung von Zuchtstätten
13.5Aufgaben und Befugnisse des Zuchtwartes
13.6Abwicklung der Wurfabnahme
13.7Vorgaben des Gesetzgebers
13.8Ankaufs- und Verkaufsuntersuchung eines Welpen
13.8.1 Rahmenbedingungen
13.8.2
Hartwig Bostedt Prof. Dr. Dr. h.c. mult., Prof. em. Klinikum Veterinärmedizin Justus-Liebig-Universität Gießen Klinik für Geburtshilfe, Gynäkologie und Andrologie der Groß- und Kleintiere mit Tierärztlicher Ambulanz Frankfurter Straße 106, 35392 Gießen
Ottmar Distl Prof. Dr.Institut für Tierzucht und Vererbungsforschung Bünteweg 17p, 30559 Hannover
Christian Epe Dr., Dipl. EVPC356 Columbus Ave., Apt. 2, Boston, MA 02116, USA
Peter Fahrenkrug Dr. Dr., Dipl. EVDCZahnarzt und Fachtierarzt Zahnheilkunde KleintiereZusatzbezeichnung Tierzahnheilkunde und Zahnheilkunde(Pferd)Pinneberger Str. 43, 25451 Quickborn
Diane Hebeler Dr.Fachtierärztin für Tierernährung und DiäthetikDorfstraße 15, 21261 Kampen
Patricia Kaulfuß Dr.Zusatzbezeichnung VerhaltenstherapieSachverständige für Sachkundenachweise und WesensprüfungenKleintierpraxis RheinalleeRheinallee 19, 55118 Mainz
Sabine Kölle Prof. Dr.Fachtierärztin für AnatomieLiebigweg 10, 85521 Ottobrunn
Udo KopernikBüllesfeld 2a, 53773 Hennef / Sieg
Martin Kramer Prof. Dr., Dipl. ECVDI,Facharzt für ChirurgieFachtierarzt für Röntgenologie und andere bildgebende VerfahrenFachtierarzt für Klein- und HeimtiereKlinikum Veterinärmedizin Justus-Liebig-Universität Gießen Klinik für Klein- und Heimtiere – Chirurgie –Frankfurter Straße 108, 35392 Gießen
Jill Manteufel Dr.Fachtierärztin für VirologieNeustädter Str. 20, 99947 Bad Langensalza
Cordula Poulsen Nautrup Prof. Dr.Fachtierärztin für AnatomieZusatzbezeichnung Kardiologie (Kleintiere)Ludwig-Maximilians-UniversitätTierärztliche FakultätInstitut für TieranatomieVeterinärstraße 13, 80539 München
Susanne Schlieter Dr.Glümerstraße 17, 79102 Freiburg
Uwe Truyen Prof. Dr.Institut für Tierhygiene und Öffentliches VeterinärwesenAn den Tierkliniken 1, 04103 Leipzig
Axel Wehrend Prof. Dr., Dipl. ECAR,Fachtierarzt für ReproduktionsmedizinKlinikum Veterinärmedizin Justus-Liebig-Universität Gießen Klinik für Geburtshilfe, Gynäkologie und Andrologie der Groß- und Kleintiere mit Tierärztlicher AmbulanzFrankfurter Str. 106, 35392 Gießen
Katja Wehrend Dr.Fachtierärztin für Zuchthygiene und Biotechnologie der FortpflanzungTierklinik am Stadtwald FrankfurtWaldfriedstraße 10, 60528 Frankfurt am Main / Niederrad
Abkürzungsverzeichnis
AEP
Akustisch Evozierte Hirnstammpotentiale
ARV
Abnormal-repetitives Verhalten
ASD
Atrium-Septum-Defekt
bp
Basenpaare
BSH
Berner Sennenhund
BT
Boston Terrier
CAV
Canines Adenovirus
CCoV
Canines Coronavirus
CDV
Canine Distemper Virus, Hundestaupevirus
CEA
Collie Eye Anomaly
CFA
Canis familiaris autosom
CHV
Canines Herpesvirus
CnMV
Canine Minute Virus
CPV
Canines Parvovirus
CT
Computertomographie
DSH
Deutscher Schäferhund
ED
Ellbogengelenksdysplasie
ELISA
Enzyme-Linked Immunosorbent Assay
, Enzym-gekoppelter Immunadsorbtionstest
FCI
Fédération Cynologique International
FPC
Fragmentierter Processus coronoideus medialis
Hcc
Hepatitis contagiosa canis
HD
Hüftgelenkdysplasie
ICD-10
International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems, Revision 10
IFAT
Indirect Fluorescent Antibody Test
IgA
Immunglobulin A
IgG
Immunglobulin G
IPA
Isolierter Processus anconaeus
kb
Kilobasen
KM
Körpermasse
LM
Lebensmonat
LW
Lebenswoche
MJ
Megajoule
NRW
Nordrhein-Westfalen
NSAID
Non-Steroid Anti-Inflammatory Drugs
, nichtsteroidale Entzündungshemmer
OCD
Obsessive-Compulsive Spectrum Disorder
, Zwangsstörung
OD
Osteochondrosis dissecans
OK
Oberkiefer
p.c.
post conceptionem
PCR
Polymerase Chain Reaction
, Polymerase-Kettenreaktion
PDA
Persistierender Ductus arteriosus
PDV
Persistierender Ductus venosus
PNS
Peripheres Nervensystem
PRA
Progressive Retina-Atrophie
PWH
Portugiesischer Wasserhund
RPF
Renal Plasma Flow
RT-PCR
Reverse-Transkriptase-Polymerase-Kettenreaktion
SBT
Staffordshire Bull Terrier
SV
Verein für Deutsche Schäferhunde
TS
Trockensubstanz
TSchG
Tierschutzgesetz
uE
umsetzbare Energie
UK
Unterkiefer
VDH
Verband für das Deutsche Hundewesen
VES
Ventrikuläre Extrasystolen
vRp
verdauliches Rohprotein
ZNS
Zentrales Nervensystem
Es hat mich gefreut, das ein Buch über Neonatologie beim Hund, eine Thematik, die zu den »exotischeren« Gebieten zählt, in relativ kurzer Zeit vergriffen ist, so dass eine Neuauflage notwendig wurde. Die Kapitel sind dazu sorgfältig durchgeschaut und soweit notwendig überarbeitet worden. Neu hinzugekommen ist ein Abschnitt über Zähne. Für die zahlreichen Hinweise aus der Tierärzteschaft und von Hundezüchtern möchte ich mich bedanken. Sie haben dazu beigetragen, das Buch zu verbessern.
Vielen Dank auch an Frau Dr. Simone Bellair und Frau Dr. Ulrike Oslage von der Schlüterschen Verlagsgesellschaft für die geduldige Betreuung.
Gießen, September 2012Axel Wehrend
Die Spezialisierung in der Kleintiermedizin nimmt stetig zu. Eine Vielzahl von Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen sowie Fachbüchern beschäftigen sich mit Organsystemen und Problemkreisen, die noch vor wenigen Jahren als diagnostisch und therapeutisch nicht zugänglich galten. In Spezialkliniken werden Eingriffe am Hirn vorgenommen, eine Reihe angeborener Gefäßmissbildungen lassen sich erfolgreich operieren. Bei allem Fortschritt scheint es so zu sein, dass eine Patientengruppe »vergessen« wurde – der neugeborene Welpe bis zur achten Lebenswoche. Nur lückenhaft finden sich einzelne Aspekte der Besonderheiten dieser Lebensphase in den Büchern der Hundechirurgie und -internistik, sowie in den geburtshilflichen Werken. Eine zusammenfassende Darstellung der Hundeneonatologie fehlt zurzeit. Die »Neugeborenenkunde« von Walser und Bostedt erschien 1990 und ist seit Jahren vergriffen.
Ziel dieses Buches ist es, den derzeitigen Stand der caninen Neonatologie unter anwendungsorientierten Gesichtspunkten darzustellen. Dazu wurde eine Gruppe von Fachleuten gewonnen, die ihr Wissen zusammengetragen haben. Vieles ist nicht nach den Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin überprüft, sondern beruht auf Erfahrung, was die Wertigkeit der Ausführungen nicht schmälert. Die klinische Neugeborenenkunde beim Hund steht am Anfang. So fehlen kontrollierte Studien zum Medikamenteneinsatz bei verschiedenen Erkrankungen bisher fast völlig.
Diese Wissenslücke war Motivation das Buch herauszugeben. Daneben erscheint mir jedoch noch ein anderer Aspekt wichtig. Neonatologie ist weniger Apparatemedizin als Wissen, Einfühlungsvermögen und Geduld. Eine angemessene medizinische Versorgung von Hundewelpen und eine fundierte Züchterberatung lassen sich auch in der kleinsten Praxis ohne umfangreiche Investitionen umsetzen. Das Buch soll dabei helfen.
Um ein Problem bearbeiten zu können, muss man es erkennen. In diesem Zusammenhang möchte ich meiner ehemaligen Mitarbeiterin Dr. Katja Trasch danken, die mir die Augen für die canine Neonatologie geöffnet hat.
Dank gebührt Frau Ingeborg Franke, Präparatorin im Institut für Veterinäranatomie, für die Zeichnungen im 1. Kapitel.
Dank auch an Frau Dr. Simone Bellair und Frau Dr. Ulrike Oslage von der Schlüterschen Verlagsgesellschaft für die Umsetzung der Idee zum Buch und die geduldige Betreuung.
Langgöns, Oktober 2007
Sabine Kölle
Der Hund zeigt im Vergleich zu den anderen Haussäugetieren zahlreiche Besonderheiten bei der Fertilisation und der frühen Embryonalentwicklung. Während die Eizelle bei den meisten Haussäugetieren unmittelbar nach dem Eisprung befruchtungsfähig ist, wird die MeioseI beim Hund erst nach der Ovulation fortgeführt. Dies hat zur Folge, dass die Eizelle erst 2–3 Tage im Eileiter verbleiben muss, um befruchtungsfähig zu werden. Da zudem die Hündin bereits vor der Ovulation deckbereit ist und die Spermien im weiblichen Genitale etwa eine Woche lebensfähig bleiben, ist die exakte Bestimmung der Graviditätsdauer anhand des Decktermins nicht möglich.
Eizelle und Embryo halten sich beim Hund verhältnismäßig lange – nämlich 7–9 Tage – im Eileiter auf. Während sich die Cumuluszellen bei den meisten Haussäugetieren kurz vor oder nach der Befruchtung von der Eizelle lösen, bleiben diese beim Hund während des gesamten Aufenthaltes im Eileiter erhalten – sie umgeben also nicht nur die Eizelle während der Reifung, sondern umhüllen auch den frühen Embryo. Daher ist anzunehmen, dass sie für die frühe Entwicklung beim Hund eine wichtige Rolle spielen. Am 4. Tag post conceptionem (p. c.) entwickeln sich im Eileiter Zweizeller, am 6. Tag p. c. Achtzeller, am 7. Tag p. c. Vielzeller (Morulae). Am 8.-9. Tag entstehen durch Hohlraumbildung Blastozysten mit inner cell mass und Trophektodermzellen. Die Blastozysten werden durch die Kontraktion der glatten Muskulatur des Eileiters und durch den gerichteten Schlag der Kinozilien des Eileiterepithels in den Uterus transportiert. Die Embryonen bewegen sich zunächst frei innerhalb eines Horns und zwischen den beiden Uterushörnern. Am 12.-15. Tag p. c. entstehen an den Gebärmutterhörnern lokale Anschwellungen (Ampullen), die den Beginn der Bildung der Implantationskammern darstellen. Die Blastozyste in der Ampulle weist ab dem 10. Tag p. c. eine charakteristische Zitronenform auf (Abb. 1.1). Am 13.-15. Tag p. c. schlüpft die Blastozyste aus der Zona pellucida. Dies ist die essenzielle Voraussetzung für das weitere Größenwachstum und die Kontaktaufnahme des Embryos mit der Mutter (Implantation).
Abb. 1.1Entwicklung des frühen Embryos. Tag 10: zitronenförmiger Konzeptus im Stadium der Neurulation. Tag 16: schuhsohlenförmiger Embryo mit Gehirnanlage und Somiten. Tag 20: Schwanzknospenembryo mit Augenbläschen, Kiemenbögen und Herzwulst. 1: Neuralrinne, 2: Gehirnanlage, 3: Somiten, 4: Kiemenbögen, 5: Herzwulst.
Abb. 1.2:30 Tage alter Embryo. Die Augenlider sind noch nicht voll entwickelt, die Ohrmuschel bedeckt den Meatus acusticus teilweise, die Finger beginnen sich zu separieren und 5 Zitzenpaare sind erkennbar.
Die Implantation findet beim Hund zwischen dem 14. und 15. Tag p. c. statt. Sie läuft in drei Phasen ab:
Vorkontaktstadium: Es bestehen noch keine morphologisch sichtbaren Verbindungen zwischen Blastozyste und Endometrium.
Appositionsstadium: Die Blastozyste nimmt an punktförmigen Kontaktstellen Verbindung zum mütterlichen Epithel auf.
Adhäsionsstadium: Die Verbindung zwischen Embryo und Mutter ist so stark ausgeprägt, dass eine Trennung ohne Schädigungen nicht mehr möglich ist.
Der Hund weist eine zentrale Implantation auf, d. h. der Embryo liegt im Uteruslumen und nimmt so Kontakt zu dem maternalen Epithel auf.
Nach der Implantation wird die Embryonalentwicklung fortgesetzt, indem sich durch Zellproliferation und Zelldifferenzierung die drei Keimblätter entwickeln. Zunächst entsteht das Ektoderm, dann das Entoderm und als Letztes das Mesoderm. Dieses Keimblatt spielt für die Entwicklung eine entscheidende Rolle, insbesondere bei der der Vaskularisation und der Ausbildung der Körperwände. Aus den Keimblättern entwickeln sich die Organanlagen. Als Erstes entsteht aus dem Ektoderm bereits am 16. Tag p. c. das Neuralrohr (Vorläufer von Gehirn und Rückenmark). Aus dem Mesoderm haben sich zu diesem Zeitpunkt die Somiten (Urwirbel) gebildet (Abb. 1.1). Am 20. Tag entsteht der C-förmige Schwanzknospenembryo, mit Augenbläschen, Kiemenbögen und prominentem Herzwulst. Am 22. Tag p. c. sind die Extremitätenknospen sichtbar. Am Ende der Embryonalperiode – d. h. um den 30. Tag p. c. – sind beim Hund alle wichtigen Organsysteme angelegt, die endgültige Körperform wird in ihren Grundzügen erkennbar (Abb. 1.2).
Abb. 1.335 Tage alter Fetus. Die Augenlider sind ausgebildet, die Ohrmuschel bedeckt den Gehörgang vollständig, die Finger sind separiert.
Die anschließende Fetalperiode ist durch die Ausdifferenzierung der Organe und das schnelle Wachstum der Welpen gekennzeichnet (Abb. 1.3). Am 31.-32. Tag p. c. kommt es zum physiologischen Nabelbruch, d. h. der Darm wird aufgrund seines schnellen Wachstums kurzfristig aus der Körperhöhle heraus verlagert. Ab dem 35. Tag p. c. sind Augenlider ausgebildet, die Ohrmuscheln bedecken den Gehörgang und die Finger sind distal separiert (Abb. 1.3). Am 40. Tag wird der Darm wieder in die Körperhöhle zurückverlagert, die einzelnen Zehen sind sichtbar und die Krallen sind ausgebildet. Die vollständige Körperbehaarung des Welpen ist ab dem 52. Tag p. c. ausgeprägt. Hundewelpen werden als »Nesthocker« geboren, d. h. die Ausdifferenzierung einzelner Organe, wie z. B. der Lunge, ist bei der Geburt noch nicht beendet, die Augenlider und Gehörgänge sind geschlossen.
Abb. 1.4Fruchthüllen des Hundes.1: Amnion, 2: Allantois, 3: Dottersack, 4: Chorion, 5: Gürtelplazenta: Plazentarlabyrinth, 6: Paraplazenta: Randhämatom, 7: Paraplazenta: Extravasatzone.
Fruchthüllen schützen den Embryo vor Austrocknung, bieten mechanischen Schutz und übernehmen Ernährungs- und Atmungsfunktion. Die äußerste embryonale Hülle ist die Zottenhaut (Chorion), die beim Hund in einem gürtelförmigen Bereich lamellenförmige Oberflächenvergrößerungen zum Kontakt mit dem mütterlichen Gewebe ausbildet (Abb. 1.4, 1.6). Innen am Chorion befindet sich die Allantois. Sie ist essenziell für die Vaskularisation des Chorions und sammelt den fetalen Harn. Beim Fleischfresser umwächst die Allantois die innerste Fruchthülle, das Amnion, vollständig, so dass der Hundeembryo von zwei flüssigkeitsgefüllten Hohlräumen umgeben ist. Deshalb steht das Amnion des Hundes – im Gegensatz zu dem vieler anderer Haussäugetiere – nicht in unmittelbarer Verbindung mit dem Chorion, so dass der Welpe mit intakter Amnionhülle geboren werden kann. Das Amnion muss dann umgehend entfernt werden, um ein Ersticken des Welpen zu verhindern. Die auf den Welpen befindliche Amnionflüssigkeit ist essenziell, damit die Mutter sich nach der Geburt um die Welpen kümmert. Der Dottersack übernimmt frühembryonal die Blutbildung und besitzt beim Hund Ernährungsfunktion durch Ausbildung einer Dottersackplazenta(Abb. 1.4). Der Nabelstrang des Hundes besitzt eine Amnion- und eine Allantoisscheide und beeinhaltet (a) die Aa. umbilicales, (b) die Vv. umbilicales, und (c) den Dottersackstiel mit Gefäßen. Die rechte Nabelvene wird intraembryonal zurückgebildet. Die Länge des Nabelstranges beträgt ca. die Hälfte der Körperlänge des Fetus.
Abb. 1.5Schnitt durch die Ampulle eines graviden Uterus in der 4. Woche der Trächtigkeit. Hämatoxilin-Eosin, 3x.1: Plazentarlabyrinth, 2: oberflächliche Drüsenkammern, 3: tiefe Drüsen, 4: Myometrium.
Der Hund besitzt eine Vollplazenta (Placenta deciduata). Dies bedeutet, dass unter teilweisem Gewebsabbau eine sehr enge Verbindung zwischen äußerster embryonaler Hülle (Chorion) und Endometrium ausgebildet wird. Bei der Geburt werden dann Teile der Uterusschleimhaut als Decidua (»hinfällige Haut«) abgestoßen. In der Folge entstehen Wundflächen und Blutungen. Die enge Verbindung zwischen Embryo und Uterus entsteht, indem das Uterusepithel abgebaut wird, so dass die Zotten des Chorions sich direkt an das Endothel der mütterlichen Gefäße anlegen können (Abb. 1.5). Dies wird als Placenta endotheliochorialis bezeichnet. Das Chorion besitzt nur in einem gürtelförmigen Bereich der Ampulle Oberflächenvergrößerungen, so dass eine Gürtelplazenta (Placenta zonaria) vorliegt (Abb. 1.6, 1.7). Zur Oberflächenvergrößerung bildet das Chorion zunächst Zotten, die zungen- oder lanzettenförmig auswachsen und unter Gewebsauflösung in die Uterusschleimhaut eindringen. Es entstehen Chorionblätter oder -lamellen, die als vertikal gestellte Haupt- und Nebenblätter bis zu den oberflächlichen Drüsen der Uterusschleimhaut vorwachsen. Zwischen den Chorionlamellen wird ein endometriales Lamellensystem ausgebildet, so dass das für den Hund typische Plazentarlabyrinth entsteht (Abb. 1.5). Dabei wird das Chorionepithel zweischichtig. In Kontakt mit den mütterlichen Kapillaren entsteht, durch Auflösung der Zellgrenzen der an die maternalen Kapillaren grenzenden Chorionepithelschicht, der Synzytiotrophoblast. Am Chorionmesenchym wird der Zytotrophoblast ausgebildet. Diese beiden Schichten lösen das Uterusepithel und das subepitheliale Bindegewebe auf. Es entsteht die Drüsendeckschicht, d. h. Bindegewebe trennt die oberflächlichen und tiefen Drüsen. Die oberflächlichen Drüsen erweitern sich zu einem großen Teil zu Drüsenkammern, in welche die Blätter des Plazentarlabyrinthes hineinragen.
Abb. 1.6Ampulle mit Embryo in der 5. Woche der Trächtigkeit. Chorion und Allantois sind eröffnet, das Amnion ist noch geschlossen.
Seitlich von der Gürtelplazenta befindet sich die Paraplazenta, die aus einer Extravasatzone (Randhämatom) und einer Kontakt- oder Freipolarzone besteht. Durch Zerstörung mütterlicher Gefäße kommt es am Rand der Gürtelplazenta zu Blutungen. Die Abbauprodukte des Hämoglobins weisen eine grüne Farbe auf, so dass der für den Hund charakteristische »grüne Saum« entsteht (Abb. 1.7). Es wird angenommen, dass durch den Abbau des Blutes die Eisenversorgung des Embryos sichergestellt wird. In der Kontakt- oder Freipolarzone liegen sich die Epithelsprosse des Chorions und des Endometriums ohne Kontakt getrennt gegenüber. Zwischen den Implantationskammern, im Bereich der Internodien, bildet sich die Interplazenta aus, d. h. das Endometrium bleibt unverändert im präimplantativen Zustand. Die Internodien verschwinden am 40. Tag p. c., so dass der Uterus ab diesem Zeitpunkt ein gleichmäßig weites Rohr darstellt. Die in beiden Uterushörnern liegenden Fruchtsäcke können sich berühren und einstülpen. Im Gegensatz zu anderen Haussäugetieren kommt es aber beim Hund weder zu Verschmelzungen noch zur Anastomosenbildung. Daher gehen auch die Nachgeburten einzeln ab.
Abb. 1.7Fetus mit Gürtelplazenta in der 6. Woche der Trächtigkeit. Die Paraplazenta ist entfernt. Das Randhämatom (»grüner Saum«) ist deutlich sichtbar.
Früher Embryo. Um das Alter des frühen Embryos bis zum 30. Tag p. c. zu bestimmen, eignet sich vor allem die Beurteilung der Form und der Ausprägung charakteristischer Strukturen. So ist der Konzeptus am 10. Tag p. c. zitronenförmig, die Vorläufer des zentralen Nervensystems werden angelegt (Neurulation), so dass eine Neuralrinne sichtbar ist (Abb. 1.1). Eine Woche später nimmt der Konzeptus schuhsohlenförmige Gestalt an, es sind acht Somitenpaare sowie Hirnbläschen angelegt. Am 20. Tag p. c. entwickelt sich der Schwanzknospenembryo. Er weist eine typische C-Form auf, die durch eine Kopfbeugung und eine Torsion des kaudalen Körperendes charakterisiert ist. Die ersten zwei Kiemenbögen, der prominente Herzwulst und der deutlich ausgebildete Schwanz sind gut zu erkennen (Abb. 1.1).
Am 30. Tag p. c. ist die Embryonalentwicklung abgeschlossen, so dass alle Organsysteme angelegt sind und die endgültige Körperform des Hundewelpen in ihren Grundzügen erkennbar ist. Bei der äußeren Betrachtung fallen an Strukturen die Gliedmaßenanlage in Form der Handplatte, die beginnende Ausbildung der Tasthaare an den Lippen und die Anlage der Augenbrauen auf. Zudem sind die beim Hund ausgebildeten fünf Zitzenpaare bereits gut erkennbar (Abb. 1.2).
Später Embryo und Fetus. Zur Altersbestimmung des späten Embryos und des Fetus wird in erster Linie die Größe herangezogen. Die Länge des späten Embryos oder Fetus wird mit Hilfe der Scheitel-Steiß-Länge (SSL) bestimmt, d. h. durch Messung des Abstandes zwischen Scheitel- und Steißhöcker. Abbildung 1.8 gibt einen Überblick über die SSL des Embryos/ Fetus in Abhängigkeit von der Trächtigkeitsdauer. Bei der Ultraschalluntersuchung geben der Transversaldurchmesser des Abdomens und die Größe des Kopfes wichtige Hinweise auf das Alter. Äußerlich sichtbare Hinweise auf das Alter des Feten sind der Entwicklungszustand der Gliedmaßenanlagen, der Augenlider, der Tasthaare, der Gonaden und der Körperbehaarung. Die Finger sind ab dem 35. Tag p. c. distal separiert, die Krallen ab dem 40. Tag p. c. ausgebildet. Zwischen dem 43. und dem 45. Tag p. c. sind die Finger vollständig getrennt und weit gespreizt. Die Augenlider sind spätestens ab dem 40. Tag p. c. ausgebildet und die Tasthaare ab dem 38. Tag p. c. sichtbar. Das äußere männliche Genitale ist ab dem 35. Tag p. c. erkennbar. Zwischen dem 30. und dem 40. Tag p. c. ist der physiologische Nabelbruch zu sehen, d. h. der Darm wird aus Platzgründen kurzfristig aus der Körperhöhle nach außen verlagert. Ca. 10 Tage vor der Geburt ist der Welpe vollständig behaart.
Axel Wehrend
Die Graviditätslänge beträgt zwischen 55 und 72 Tagen, wobei die meisten Hündinnen nach 63 ± 4 Tagen gebären, wenn der Zeitpunkt der Bedeckung als Tag 1 der Trächtigkeit gezählt wird (Tabelle 1.1). Diese hohe Variabilität erklärt sich daraus, dass Bedeckungs- und Konzeptionszeitpunkt mehrere Tage voneinander differieren können, weil die Kopulation und die Ovulationen in der Regel nicht am gleichen Tag erfolgen und die Spermien eines fertilen Rüden bis zu einer Woche im weiblichen Genitale befruchtungsfähig bleiben. Bei großen Würfen ist die Trächtigkeit verkürzt, bei geringer Welpenzahl oder im Falle einer Einlingsgravidität verlängert.
Tabelle 1.1: Durchschnittliche Trächtigkeitsdauer beim Hund in Abhängigkeit von unterschiedlichen Ereignissen
Ereignis
Durchschnittliche Graviditätsdauer (Tage
)
Bedeckung
62–68
LH-Peak
64–66
Beginn des zytogisch nachweisbaren Metöstrus
56–58
Ovulationen (Serumprogesteronkonzentration zwischen 4–15 ng/ml
62–64
Abb. 1.8Scheitel-Steiß-Länge (SSL) des Konzeptus in Abhängigkeit von der Trächtigkeitsdauer.
Abb. 1.9Der Welpe wird in der Regel in den Eihäuten geboren.
Das Wachstum der Feten findet bis kurz vor dem Partus statt, wobei in den letzten Tagen vor allem die Energiereserven in Form von Leberglykogen angelegt werden. Daher sind die letzten Tage der Gravidität entscheidend für die postnatale Vitalität. Eine Verkürzung der Trächtigkeit durch Geburtseinleitung kann somit zur Erhöhung der neonatalen Mortalität führen.
Die Trächtigkeit wird durch einen Progesteronabfall auf unter 1ng/ml beendet. Dieser geht der Expulsion des ersten Welpen 12 bis 40 Stunden (im Durchschnitt 24 Stunden) voraus. Infolge des Hormonabfalles kommt es zu einer temporären Absenkung der Körpertemperatur auf unter 37,2 °C. Innerhalb von 24 Stunden nach dem Temperaturabfall sollte die Hündin in die Geburt kommen. Mit Beginn des Partus steigt die Temperatur wieder in den physiologischen Bereich an. Die transiente Hypothermie kann daher zur Voraussage des Geburtszeitpunktes genutzt werden. Da sie nur zeitlich begrenzt ist, empfiehlt es sich, die rektale Körpertemperatur ab dem 55. Tag nach der Bedeckung dreimal täglich zu messen.
Übersteigt die Trächtigkeitsdauer 68 Tage oder kommt es nicht zur Geburt, obwohl der temporäre Temperaturabfall über 24 Stunden zurückliegt, sollte eine tierärztliche Kontrolluntersuchung duchgeführt werden.
Die Geburt gliedert sich in die drei Abschnitte Öffnungsphase, Austreibungsphase und Nachgeburtsphase.
Der Beginn der Öffnungsphase ist klinisch nicht zu erfassen. Aus diesem Grund variieren die Angaben zu deren Länge von 6 bis 36 Stunden. Die temporäre, vorgeburtliche Hyperthermie ist in der Regel nicht mehr nachzuweisen. Geruchsneutraler Schleim kann aus der Rima vulvae abgehen. Kontraktionen der Gebärmutter führen zur Weitung der Zervix, deren biophysikalische Eigenschaften sich in den letzten Tagen der Gravidität durch Umbauprozesse des Bindegewebes verändert haben. Viele Hündinnen zeigen ein nervöses und ruheloses Verhalten, welches von Lecken der Vulva und Nestbau unterbrochen wird. Die Nahrungsaufnahme wird häufig verweigert, Erbrechen kommt vor. Gerade junge Hündinnen können in dieser Phase eine große Anhänglichkeit entwickeln. Die Öffnungsphase ist ausgesprochen störungsempfindlich. Stressoren können zu einer Geburtsverzögerung führen.
Es kommt zur Lösung der Plazenten und zur Expulsion der Welpen. Meist befindet sich die Hündin in Seitenlage. Zu den äußerlich nicht sichtbaren Wehen kommt als austreibende Kraft die Kontraktion der Bauchmuskulatur (Bauchpresse) hinzu. Das Einsetzen der Bauchpresse bei einer graviden Hündin in Seitenlage gilt als sicheres Anzeichen dafür, dass die Austreibungsphase begonnen hat.
Der intrauterine Druckanstieg führt zum Einreißen der Allantoisblase. Gelegentlich kann daher vor Geburt des Welpen der Austritt von farbloser Allantoisflüssigkeit beobachtet werden. Die Geburt des Welpen erfolgt im Amnion (Abb. 1.9). Dieses wird von der Hündin geöffnet, um ein Ersticken des Neugeborenen zu vermeiden. Weiterhin wird die Nabelschnur durchbissen und gekürzt. Während der Expulsion erhöht sich die maternale Herzfrequenz, die Atmung wird flach und hochfrequent, in der Regel hechelt die Hündin.
Die Mehrzahl der Welpen wird in Vorderendlage geboren, 40 % in Hinterendlage. Die Haltung ist gestreckt, die Wirbelsäule des Welpen liegt der Wirbelsäule der Mutter zugekehrt (obere Stellung).
Nach der Geburt des ersten Welpen kann der vaginale Ausfluss eine grünliche Farbe annehmen. Die grünliche Farbe entsteht durch das Freiwerden von Abbauprodukten des Hämoglobins aus dem Randhämatom bei Lösung der Plazenta (Abb. 1.7).
Abb. 1.10Die Nabelschnur wird durchbissen und gekürzt. Während die Geburt noch nicht abgeschlossen ist, beginnen vitale Welpen zu saugen.
Die Gesamtdauer der Geburt sollte 24 Stunden nicht überschreiten. Der zeitliche Abstand zwischen der Geburt der Welpen ist recht variabel und liegt im Mittel bei zwei Stunden. Während der Abstand zwischen dem ersten und zweiten Welpen oft verlängert ist, betragen die weiteren Zwischenexpulsionsintervalle etwa 30 Minuten. Gegen Ende der Geburt verlängert sich der Abstand wieder. In den Geburtspausen leistet die Hündin Brutpflege und die Welpen beginnen zu trinken. Die saugreizvermittelte Oxytozinausschüttung wirkt sich dabei positiv auf den weiteren Geburtsvorgang aus. Die Geburtspausen sind für die Brutpflege, zur Erholung des Muttertieres und zur Vermeidung einer übermäßigen intrauterinen Hypoxie der Feten notwendig.
In der Regel wird die Nachgeburt innerhalb von 15 Minuten nach Expulsion des Welpen ausgestoßen und verzehrt, so dass die meisten Nachgeburten bereits in der Austreibungsphase geboren werden (Abb. 1.10). Die letzte Nachgeburt sollte 2 Stunden nach Geburt des letzten Welpen abgegangen sein. Häufig zeigt die Hündin Plazentophagie. Das Verzehren der Nachgeburt ist ein physiologisches Verhalten, kann jedoch bei einigen Muttertieren zu dunkel-grünlichen Durchfällen führen. Dies tritt vor allem nach größeren Würfen auf, so dass es sinnvoll ist, nicht mehr als vier Nachgeburten von der Hündin aufnehmen zu lassen.
Die neonatale Mortalität schwankt außerordentlich, wobei die meisten Welpen in den ersten dren Tagen nach dem Partus versterben. Der Geburtsverlauf hat einen signifikanten Einfluss auf die Vitalität der Welpen und deren Mortalitätsrate. Bereits bei ungestörtem Partus erhöht sich das Krankheitsrisiko für die zuletzt geborenen Welpen. Die Ursache wird in einer pathologischen intrauterinen Sauerstoffunterversorgung gesehen. Jede Wehe führt durch Kompression der plazentaren Gefäße zu einer temporären Hypoxie. Je länger und je häufiger diese einwirkt, desto gefährdeter sind die Feten. Insbesondere der wiederholte iatrogene Einsatz von Oxytozin ohne Fortschreiten der Geburt führt auf diese Weise zu einer nachhaltigen Schädigung der Feten. Dieser Zusammenhang erklärt, warum die neonatale Mortalität in einigen Erhebungen nach medikamenteller Geburtshilfe höher ist, als nach frühzeitiger Durchführung einer Sectio caesarea.
Ob eine pathologische intrauterine Hypoxie vorliegt, kann durch eine transabdominale sonographische Auszählung der fetalen Herzfrequenz erkannt werden. Diese sollte über 200 Schläge pro Minute liegen. Bei Sauerstoffminderversorgung fällt die Herzfrequenz ab. Liegt der Wert unter 130 Schläge pro Minute ist das Vorliegen einer fetalen Hypoxie wahrscheinlich. Bei einer fetalen Herzfrequenz von 100 Schlägen pro Minute oder darunter ist die Prognose für das Überleben post natum schlecht.
Zunehmend wird bei Rassen, die zu Geburtsschwierigkeiten neigen, ein elektiver Kaiserschnitt bzw. eine Geburtseinleitung durchgeführt. In diesen Fällen ist die die neonatale Mortalität erhöht.
Tabelle 1.2: Einflussfaktoren auf die Wurfgröße
Rasse
Körpermasse
Rumpflänge
Bedeckungs-/Besamungszeitpunkt
Alter der Hündin
Intensität der Zuchtnutzung
Fütterung
Embryonale Resorption
Axel Wehrend
Die maximale Wurfgröße wird durch die Anzahl ovulierter Eizellen begrenzt. Nach der Konzeption kommt es durch Absterben einiger Embryonen und deren Resorption zu einer Reduktion der Konzepti, die meist symptomlos verläuft. Dass nicht alle Eizellen erfolgreich befruchtet werden und ein Teil der Embryonen abstirbt erklärt, warum die Anzahl der Gelbkörper nicht mit der Wurfgröße übereinstimmen muss. Es wird von einer embryonalen Resorptionsrate zwischen 2 und 13 % ausgegangen. Die Resorptionsrate soll umso höher sein, je mehr Eizellen befruchtet wurden. Durch dieses biologische Regulativ kommt es zu einer Verminderung der Welpenzahl auf die physiologische Wurfgröße, was als Schutzmechanismus vor einer Gebärmutterüberladung interpretiert werden kann.
Eine Reihe von Faktoren nimmt Einfluss auf die Wurfgröße (Tabelle 1.2).
Rasse, Körpermasse und Rumpflänge. Grundsätzlich besteht ein positiver Zusammenhang zwischen Körpergröße und durchschnittlicher Welpenzahl. Zwergrassen gebären im Durchschnitt 3 bis 4, mittlere Rassen 6 bis 7 und große Rassen 7 bis 9 Welpen (Tabelle 1.3). Von dieser Grundregel gibt es einige Ausnahmen. Die durchschnittliche Wurfgröße beim Dackel ist größer als bei Rassen mit vergleichbarer Widerristhöhe aber kürzerem Körper. So scheint nicht die Widerristhöhe sondern die Rumpflänge in erster Linie mit der Wurfgröße positiv korreliert zu sein.
Tabelle 1.3: Durchschnittliche Wurfgröße bei einigen Hunderassen
Rasse
Durchschnittliche Wurfgröße (Anzahl der Welpen
)
Bernhardiner
7–9
Deutscher Schäferhund
6–8
Boxer
6–7
Airdale Terrier
7–8
Cocker Spaniel
5–6
Yorkshire Terrier
3–4
Papillon
2–5
Riesenrassen neigen zur pathologischen Vielfrüchtigkeit, der so genannten Hyperfetation. Daneben scheint der Irish Setter eine Prädisposition zu großen Würfen aufzuweisen. Regelmäßig tauchen Berichte auf, die bei dieser Rasse Wurfgrößen über 10 bis zu 22 Welpen dokumentieren. Bei Vorliegen einer Hyperfetation kommt es aufgrund des Platzbedarfes der Gebärmutter, der Kreislauf- und Stoffwechselbelastung der Hündin und des erhöhten Nährstoff- und Energiebedarfes der Feten im letzten Drittel der Gravidität regelmäßig zu Gesundheitsstörungen des Muttertieres, denen prophylaktisch durch angepasste Ernährung und Haltung zu begegnen ist (Kapitel 12). Hündinnen mit Hyperfetation neigen zu Geburtsstockungen, die wiederum eine erhöhte neonatale Mortalität bedingen können.
Einlingswürfe führen dagegen nicht zu Graviditätsstörungen. Sie sind jedoch mit einer erhöhten Rate von Schwergeburten verbunden. Dies ist darin begründet, dass ein einzelner Fetus in der Regel eine größere Körpermasse aufweist, die zum mechanischen Geburtshindernis wird, als wenn eine physiologische Wurfgröße vorliegt. Einlingsgraviditäten werden häufiger bei kleineren Hunderassen beobachtet.
Bedeckungszeitpunkt. Eine zu frühe oder zu späte Bedeckung in Relation zum Ovulationszeitpunkt resultiert nicht nur in einer Abnahme der Konzeptionsrate, sondern auch in einer Reduktion der Welpenzahl. Diese Zusammenhänge werden bei instrumenteller Samenübertragung noch deutlicher. Ein falscher Besamungszeitpunkt kann zu einer Verringerung der Wurfgröße führen. Ebenso werden nach intravaginaler Besamung mit aufgetautem Tiefgefriersperma im Durchschnitt weniger Welpen geboren, als wenn die Besamungsportion intrauterin abgesetzt wird.
Alter und Zuchtnutzung. Die Welpenzahl nimmt mit zunehmendem Lebensalter der Hündin und bei intensiver Zuchtnutzung ab.
Fütterung. Der Einfluss der Ernährung auf die Wurfgröße ist vielfältig. Zum Zeitpunkt der Belegung adipöse Hündinnen weisen häufig geringere Welpenzahlen auf als Tiere mit rassetypischem Körpergewicht. Massive Mangelernährung in der frühen Gravidität kann zur Erhöhung der embryonalen Resorptionsrate führen. Fehler in der Fütterung während der Fetalperiode werden meist vom maternalen Organismus kompensiert. Bevor es zum Absterben der Feten kommt, zeigt das Muttertier Krankheitssymptome.
Embryonale Resorption. Die embryonale Mortalität, welche in gewissen Grenzen als biologisches Regulativ zu werten ist, kann pathologisch erhöht sein. Als wichtigste infektiöse Ursache sind Herpesviren zu nennen, wenn die Infektion des Muttertieres vor dem 30. Tag der Trächtigkeit stattfindet (Kapitel 10).
Diagnostisches Vorgehen. Ist die diagnostische Abklärung der Ursache einer zu geringen Wurfgröße verlangt, sollte im ersten Schritt festgestellt werden, ob die Anzahl der Welpen überhaupt eine Abweichung vom Rassemittel darstellt. Weiterhin ist zu überprüfen, ob Fehler im Deckmanagement die Ursache darstellen können oder das Lebensalter des Muttertieres oberhalb des gängigen Zuchtnutzungsalters liegt. Abschließend ist die Art und Weise der Fütterung zu analysieren. Die Entnahme einer Serumprobe zur Untersuchung auf Antikörper gegen das Canine Herpesvirus kann sinnvoll sein, wenn die Hündin nicht gegen dieses Virus geimpft wurde, da keine Unterscheidung zwischen Antikörperbildung nach Feldvirusinfektion oder Impfantigenexposition vorgenommen werden kann.
Unter der Vitalität eines Welpen wird seine Fähigkeit verstanden, sich unter extrauterinen Lebensbedingungen im Rahmen der physiologischen Grenzen so zu verhalten, dass die organische und ethologische Adaptation voranschreitet. Bereits antepartal nimmt eine Reihe von Faktoren Einfluss auf die Welpenvitalität (Tabelle 1.4).
Körpermasse. Die Geburtsmasse hat einen hochsignifikanten Einfluss auf die Vitalität. Je größer die Körpermasse, desto höher ist die Vitalität. Seine Grenze findet dieser positive Zusammenhang dann, wenn die Körpermasse der Welpen zum Geburtshindernis wird. Das mittlere relative Wurfgewicht (Gewicht des Gesamtwurfes in Prozent, bezogen auf die Körpermasse der Mutter) zwischen 11 und 12 % ist über die Rassegrenzen hinweg weitestgehend konstant. Die relativen Geburtsgewichte der Einzelwelpen, bezogen auf das Körpergewicht der Hündin, sind bei kleinen Rassen jedoch deutlich höher als bei großen. Die Unterschreitung des durchschnittlichen Geburtsgewichtes der Rasse wird als Hypotrophie bezeichnet. Kaum eine Chance auf Überleben haben Welpen, deren Geburtsgewicht weniger als 75 % des Rassestandardgewichtes beträgt (Kapitel 6). Eine Reduktion der Geburtsmasse geht insbesondere zu Lasten der Energiereserven, die in erster Linie in Form von Leberglykogen angelegt werden und zur Deckung des Bedarfs in den ersten Stunden post natum dienen, bis Energie aus der Nahrungsaufnahme zur Verfügung steht. Die Verminderung der Glykogenmenge bedeutet einen Verlust an postnataler Vitalität und erhöht das Risiko, am Hypothermie-Hypoglykämie-Syndrom zu erkranken (Kapitel 9).
Tabelle 1.4: Faktoren, die zur Reduktion der Welpenvitalität führen können
Körpermasse
Fütterung
Trächtigkeitsdauer
Wurfgröße
Alter der Mutterhündin
Welpengeschlecht
Defektgene
Infektionen
Fütterung. Ursachen für eine Hypotrophie können eine Verkürzung der Graviditätsdauer oder eine Mangelversorgung des Muttertieres mit Energie, Eiweiß und Vitamin B12 sein (Kapitel 12). Gehalte von weniger als 10 g verdaulichem Eiweiß pro Megajoule umsetzbare Energie, oder unter 15 g verdauliches Eiweiß pro Megajoule umsetzbare Energie in Kombination mit kohlenhydratfreier Ernährung führen zu einer Reduktion der Energiereserven der Neonaten. In diesen Fällen sind alle Welpen des Wurfes betroffen. Der Grund, warum einzelne Welpen eines Wurfes hypotroph sind, während die Geschwister ein physiologisches Gewicht aufweisen, ist unklar. Diese Beobachtung wird gehäuft bei größeren Würfen gemacht. Ursächlich kommt eine ungleiche intrauterine Versorgung der Feten in Frage.
Trächtigkeitsdauer. Jede Reduzierung der Graviditätsdauer birgt in sich die Gefahr, dass die Wachstumsphase der Feten und damit die Zeitspanne, in der die Glykogenreserven angelegt werden, verkürzt wird. Weiterhin besteht das Risiko, dass die Ausreifung der Organsysteme nicht soweit fortgeschritten ist, wie es für ein extrauterines Leben notwendig ist. Welpen mit unreifer Organfunktion werden als prämatur bezeichnet. Auch bei ausgesprochenen Nesthockern, wie sie Hundewelpen darstellen, ist ein funktionierendes Surfactantsystem notwendig, um den Gasaustausch in der Lunge zu gewährleisten. Prämaturität liegt in der Regel vor, wenn die Graviditätsdauer unter 55 bis 57 Tage beträgt. Diese Zusammenhänge sollten bedacht werden, bevor eine Geburt eingeleitet wird.
Wurfgröße. Mit steigender Wurfgröße nimmt die neonatale Mortalität zu. Dadurch reduziert sich die anfangs hohe Welpenzahl großer Rassen bis zum Alter von einer Woche oft erheblich. Ursächlich kommen infrage:
der Antagonismus zwischen Welpenzahl und Geburtsmasse,
eine Verlängerung der Geburt bei vielen Nachkommen,
eine mangelhafte Milchversorgung post natum,
eine Verkürzung der Graviditätsdauer, die bei großen Würfen beobachtet wird.
Alter der Mutterhündin. Mit steigendem Alter der Mutterhündin steigt die Welpensterblichkeit. Dieser Zusammenhang spielt durch die Altersbeschränkungen der Zuchtvereine jedoch in der Regel keine Rolle, da die Hündinnen in einem Lebensalter aus der Zucht genommen werden, in dem diese Wechselwirkung noch keine praktische Relevanz besitzt.
Verhalten der Mutterhündin. Sowohl eine übersteigerte als auch eine verminderte Brutpflege kann sich negativ auf die Welpenvitalität auswirken.
Geschlecht. Die peri- und neonatale Mortalität ist statisch gesehen bei männlichen Welpen größer. Die Ursache wird in Y-Chromosomen-assoziierten Letalfaktoren gesehen.
Defektgene. Es ist eine Reihe von Rassen bekannt, bei denen Mutationen neben einem gewünschten Phänotyp zu einer Reduktion der Welpenvitalität und einer Erhöhung der perinatalen Mortalität führen, insbesondere dann, wenn die Mutation bei Verpaarung von heterozygoten Anlageträgern homozygot vorkommt. Bekannte Beispiele sind der Merle-Faktor und die Haarlosigkeit bei Nackthunden. Für den Merle-Faktor homozygote Tiere zeigen neben verschiedenen Missbildungen an den Sinnesorganen eine perinatale Sterblichkeit, die deutlich über 40 % liegt. Nackthunde sind für das Nacktgen heterozygot und besitzen daher an einigen Körperstellen noch eine Behaarung. Bei Verpaarung von zwei Nackthunden kommt es im Durchschnitt bei 25 % der Nachkommen zur Homozygotie des Defektgens. Diese Tiere sind nicht lebensfähig. Sie sterben kurz vor, während oder im Anschluss an die Geburt.
Infektionen. Infektionen des Muttertieres während der Gravidität können ohne Einfluss auf die Welpen bleiben, zum embryonalen oder fetalen Fruchttod und zum Abort führen. In einigen Fällen ist zudem die Geburt lebensschwacher Welpen beschrieben. Diese Symptomatik ist für Infektionen mit Brucella canis und dem Caninen Herpesvirus nachgewiesen. In Deutschland spielt die kanine Brucellose derzeit keine Rolle. Dagegen ist die Herpesvirusinfektion eine bedeutende Ursache erhöhter neonataler Mortalität (Kapitel 10).
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Hartwig Bostedt
Hundewelpen gehören aus biologisch-neonatologischer Sicht zur Gruppe der echten Nesthocker. Entwicklungsstand und Körpermasse können zwischen den Wurfgeschwistern leicht differieren, da die Befruchtung der Eizellen im ovarseitigen Abschnitt des Salpinx zeitversetzt erfolgt. Dies bedeutet, dass kanine Neonaten zum Zeitpunkt der Geburt eine um 2–4 Tage differierende embryonal-fetale Entwicklungsdauer aufweisen.
Dadurch entstehende leichte Abweichungen in der neurologischen Reifestufe zwischen den Wurfgeschwistern sind klinisch nur schwer auszumachen, es sei denn, es handelt sich um krankhafte Prozesse. Das Neugeborenengewicht hingegen stellt ein bedingt aussagekräftiges Beurteilungskriterium der uterinen Entwicklungsdauer dar. In diesem Zusammenhang darf jedoch nicht unberücksichtigt bleiben, dass das Geburtsgewicht neben der etwas abweichenden uterinen Entwicklungsdauer auch vom Geschlecht sowie von der individuellen Plazentagröße abhängig ist. Letztere nimmt insbesondere dann einen wesentlichen Einfluss auf die Körpermassenentwicklung, wenn die Wurfgröße über dem rassespezifischen Durchschnitt liegt (Hyperfetation) oder endometriale Degenerationen bestehen. Diese werden ausgelöst durch Störungen aus vorangegangenen Graviditäten, gynäkologische Erkrankungen (u. a. Endometritis) oder aus altersbedingten Gründen (maternales Alter >10 Jahre).
Die bei der Geburt vorhandene neurologische Unreife ist der-Grund dafür, dass kanine Neonaten in den ersten drei bis vier Wochen der postnatalen Periode vollständig von der mütterlichen Fürsorge abhängig sind. Dazu kommt, dass sie in dieser Zeit einen eng umgrenzten Raum benötigen, der Wärme und Sicherheit bietet. Für diesen Raum sind im Wesentlichen die Umgebungstemperatur und das so genannte funktionelle U ausschlaggebend. Letzteres wird von der Hündin gebildet, indem sie nach Beendigung der Geburt für die nächsten 2–3 Tage ununterbrochen in seitlich-liegender Position bei den Welpen bleibt und einen, von der Gesäugeleiste und den ausgestreckten Extremitäten umgrenzten, Halbkreis bildet (Abb. 2.1).
Abb. 2.1Von dem Muttertier gebildetes Halbrund, in dem sich die Welpen in den ersten Lebenstagen aufhalten (so genanntes funktionelles U).
Der frühe postnatale Entwicklungsabschnitt ist je nach Organfunktionsmanifestation in drei Abschnitte oder Adaptationsperioden zu untergliedern, wobei neonatologisch-physiologische Aspekte mit denen der klinischen Praktikabilität kombiniert werden. Folgende Unterteilung hat sich aus klinischer Sicht bewährt:
Sie beginnt unmittelbar nach Expulsion des Fetus aus der Rima vulvae in Verbindung mit der Durchtrennung des Nabelstranges und ist mit Abschluss des ersten Lebenstages beendet. In ihr liegt zuerst die Sicherung der primären Lebensvorgänge wie Aufnahme des pulmonalen Gasaustausches nach Stimulation der Atmung, die Anpassung der Herz-Kreislauf-Situation sowie die Stabilisierung der Vigilanz. Es folgt in den kommenden Stunden die Ausprägung der fundamentalen Reflexe mit Angleichung der hämodynamischen Verhältnisse vom uterinen zum postuterinen Dasein sowie die Versorgung des neonatalen Organismus mit Energie und Festigung der passiven Immunitätslage im Rahmen der ersten Nahrungsaufnahme. Dazu kommt, dass sich die Körperkerntemperatur reguliert. Diese erste Lebensphase unmittelbar nach der Geburt ist somit nochmals zu unterteilen in die:
Periode zwischen Geburt und Stabilisierung des kardio-respiratorischen Systems (Geburt bis eine Stunde post natum). Dies gilt als kritischste Zeit zwischen intrauterinem und extrauterinem Leben.
Periode zwischen der 2. und 24. Lebensstunde. In ihr sind die Nahrungsaufnahme und Stabilisierung der Körperkerntemperatur auf der Grundlage endogen-endokrin-metabolischer und exogener Faktoren (Umwelttemperatur, Keimbesiedelung des Organismus) von Bedeutung.
Sie erstreckt sich vom 2. bis zum 14. Lebenstag. In ihr kommt es zur weiteren progressiven postnatalen Entwicklung des Nervensystems, zur Umstellung der Beugemuskel- auf Streckmuskeldominanz, zur Turgorzunahme und Festigung des Halteapparates im Kopf- und Nackenbereich sowie zur Stützreaktion der Vordergliedmaßen. Auch die Reifung anderer Organkomplexe nimmt zu, das Blutbildungssystem beginnt zu arbeiten. In ihr prägt sich zudem die Resorptionsleistung des gastroenteralen Systems aus, Leber- und Pankreasfunktion werden aufgenommen und es kommt zur weiteren Ausreifung der Nierentätigkeit, wodurch die Kontrolle des Elektrolyt- und Wasserhaushaltes ermöglicht wird. Am Ende dieser zweiten und zu Beginn der dritten Adaptationsperiode liegt der Zeitpunkt, zu dem die Funktion der Sinnesorgane wie Augen und Ohren einsetzt, sich die Reflexe gefestigt haben und es zu einer Steigerung der Mobilität kommt (Tabelle 2.1). Die anfänglich langen Schlafphasen werden zu Gunsten der Wachphasen allmählich reduziert. Innerhalb der ersten 10 Lebenstage muss sich das Geburtsgewicht verdoppelt und die Körperkerntemperatur leicht angehoben haben (36,5–37,5 °C).
Sie umfasst die Zeit zwischen Ende der 2. und 4. Lebenswoche. In diesem Abschnitt kommt es zur weiteren Anhebung der Körperkerntemperatur, so dass sie am Ende nahe bei den Adultwerten liegt, zur Zunahme der gerichteten Mobilität und zur Ausbildung ausgeprägter Wachphasen mit Stabilisierung der Funktion der Sinnesorgane. Die Zahnung beginnt. Die Aufnahme der willkürlichen, eigenkörperlichen Kontrolle über die Defäkation und Miktion liegt am Ende der 3. Lebenswoche (Tabelle 2.1).
Tabelle 2.1: Einige physiologische Normwerte des kaninen Neonaten in den ersten 28 Lebenstagen (1.–3. Adaptationsperiode)
Kriterium
Anmerkungen
Mobilität
Anfänglich wärmeorientierte Suchbewegungen, Umstellung der Beugemuskel- in die Streckmuskeldominanz als Zeichen einer fortschreitenden nervalen Reife ab dem 4. Lebenstag, ab 10. Tag erste Steh- und Laufversuche, zunehmende Mobilität
Wach- und Schlafphasen
Lange Schlafphasen (90 % des Tages), kurze Wachphase (10 % des Tages) bis 7./8. Tag, dann Zunahme der Länge der Wachphasen, Muskelzuckungen in den Schlafperioden
Entwicklung der Sinnesorgane
Bei Geburt taub und blind, Öffnung der Augen ab 10. bis 14. Lebenstag, Fokussierung ab 21.–28. Tag, ab 13.–15. Tag Öffnung der Ohren und damit Erreichen einer Geräuschempfindlichkeit
Miktion und Defäkation
Bis 16. Tag durch das Muttertier induziert, ab 21. Tag zunehmende willkürliche Kontrolle des Harn- und Kotabsatzes
Gewichtsentwicklung
Verdoppelung des Geburtsgewichtes innerhalb der ersten 10 Lebenstage
Körpertemperatur
Unmittelbar nach der Geburt Abfall von 39 °C auf 35,5 °C, Steigerung in den ersten 10 Tagen auf mindestens 36,5 °C, dann bis zum 20./30. Tag auf über 38 °C
Nabel
Der trockene Nabelrest fällt zwischen 2. und 3. Tag
post natum
ab, die Nabelwunde epithelisiert
Die Geburtsgewichte eines Wurfes sind in erster Linie von der Rasse abhängig, bei Mischlingshunden von paternalen und maternalen Faktoren (Tabelle 2.2). Es bestehen auch minimale geschlechtsassozierte Differenzen.
Zum Zeitpunkt der Geburt muss ein Fetus mindestens 75 % des Graviditätsendgewichtes erreicht haben, ansonsten ist von einer Unreife oder Unterentwicklung auszugehen.
Ein kaniner Neonat verliert normalerweise in den ersten 24 Stunden 10 % seines Körpergewichtes, ehe es zu einem Anstieg der Körpermasse kommt. Der Gewichtsverlust innerhalb des 1. Lebenstages sollte sich aber nicht über der Grenze von 10 % bewegen. Welpen müssen innerhalb der ersten 10 Lebenstage eine Körpermasse erreichen, welche 80–100 % über dem Geburtsgewicht liegt. Bei der Beurteilung der Gewichtsentwicklung ist zu beachten, dass Neonaten, die die beiden kaudalen Gesäugekomplexe besaugen, eine größere Lebendmassezunahme und höhere Überlebenschancen haben als die übrigen Wurfgeschwister (Tabellen 2.2, 2.3).
Tabelle 2.2: Rasseabhängige Geburtsgewichte
Rasse
Geburtsgewicht
Zwergrassen
100–200 g
Mittelgroße Rassen
200–400 g
Große Rassen
400–500 g
Übergroße Rassen
≥ 600 g
Tabelle 2.3: Postnatale Entwicklung des Körpergewichtes unter natürlichen Aufzuchtbedingungen
Zeit
post natum
Körpermassenzunahme
8–10 Tage
Verdoppelung des Geburtsgewichtes
20 Tage
Gewichtszunahme bis zum Fünf-(Sechs-)fachen des Geburtsgewichtes
Unmittelbar post natum