Neugier bringt den Kater um - Maike Johnke - E-Book

Neugier bringt den Kater um E-Book

Maike Johnke

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Beschreibung

BAND 1 - DEM BÖSEN AUF DER SPUR: Das Leben von Mark Kater gerät aus den Fugen, als ihn eines Tages anonyme Botschaften mit mysteriösem Inhalt erreichen. Er kann es kaum glauben: Mitten in seiner beschaulichen Umgebung werden Ritualmorde an jungen Frauen verübt! Zusammen mit seinen Freunden versucht Mark, der finsteren Sekte, die ihr blutiges Unwesen treibt, das Handwerk zu legen und weitere Morde zu verhindern. Dabei kommt er einem alten Familiengeheimnis auf die Spur und wird immer tiefer in ein Machtspiel aus Hass und Rache hineingezogen. Mark Kater muss nicht nur um sein Leben kämpfen, sondern auch den Sog des Bösen aufhalten. BAND 2 - HOROSKOP DES GRAUENS: Mark Kater kehrt in seine Heimat zurück. Getarnt als Mitarbeiter in einem Zirkus recherchiert er in der Vergangenheit und hofft auf seine Rehabilitation, denn er wird wegen des Verdachts des mehrfachen Mordes gesucht. Sein größter Widersacher hat nur auf ein Lebenszeichen von ihm gewartet und will nun seine Rache vollenden. Die Vergangenheit holt die Kleinstadt und damit auch Mark Kater ein. Es kommt zu einem blutigen Showdown in der Idylle der Zirkusmanege.

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EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Neugier bringt den Kater um

 

Dem Bösen auf der Spur

 

Thriller

 

Maike Johnke

 

Impressum:

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek. Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Veröffentlicht bei Infinity Gaze Studios AB

1. Auflage

Januar 2025

Alle Rechte vorbehalten

Copyright © 2024 Infinity Gaze Studios

Texte: © Copyright by Maike Johnke

Lektorat: Roland Blümel

Korrektorat: Roland Blümel

Cover & Buchsatz: V.Valmont @valmontbooks

Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung von Infinity Gaze Studios AB unzulässig und wird strafrechtlich verfolgt.

Infinity Gaze Studios AB

Södra Vägen 37

829 60 Gnarp

Schweden

www.infinitygaze.com

 

Prolog

 

So schnell er konnte, rannte Mark durch die dunklen Gassen des alten Industriegebiets am Rande der Stadt. Sein Atem ging keuchend, das Blut rauschte in seinen Ohren, und er hatte einen bitteren Geschmack auf der Zunge. Immer wieder sah er voller Panik nach rechts und links, um zu sehen, ob jemand hinter ihm war oder sich in den vielen Ecken und Winkeln in seinem Umfeld versteckte und auf ihn lauerte. Doch er schreckte nur vor seinem eigenen Schatten und dem Hallen seiner Schritte zurück.

Wie ein gehetztes Tier flüchtete er instinktiv einfach ins Dunkle hinein. Die Orientierung hatte er schon nach wenigen Minuten verloren. Sein einziges Ziel war es nun, aus dem dunklen Sumpf der leerstehenden Gebäude heraus und wieder in den belebten Teil der Stadt zu gelangen.

Nach wenigen Augenblicken blieb er an einer etwas größeren Kreuzung stehen, um Atem zu schöpfen und einen genaueren Blick in seine Umgebung zu werfen. Erfüllt von der vagen Hoffnung, etwas zu sehen, das ihm bekannt vorkam. Der Herzschlag pochte in seinem Hals. Das Einzige aber, was er erkennen konnte, waren leere Lagerhallen und skelettartige, verfallene Metallzäune, die sich wie knochige Krallen von gefolterten Sklaven zum Himmel reckten.

Wo verflucht noch mal war er, fragte er sich.

Er wandte sich nach rechts und folgte der mit Schlaglöchern übersäten Straße. Dort hatte er das Gefühl, dass es etwas heller wäre, um auf eventuelle Angreifer schneller reagieren zu können. Um Kräfte zu sparen, war er in einen langsamen Trab verfallen. Sein Puls beruhigte sich nun ein wenig.

Was hatte er sich nur dabei gedacht, schimpfte er innerlich. Hierherzukommen war der reinste Irrsinn, sich eine solche Story entgehen zu lassen, aber auch undenkbar.

Die Straße machte eine langgezogene Linkskurve und verlief im Nichts.

Sackgasse.

Wieder eine seiner vielen Fehlentscheidungen.

Das nächste Mal musste er unbedingt besser recherchieren und sich eine Straßenkarte von der Gegend besorgen, in der er ermitteln wollte. Aber der Tipp war einfach zu heiß gewesen, um unnötig Zeit zu verschwenden.

Jetzt steckte er in der Klemme.

Es war mucksmäuschenstill, eine bedrückende und reizbare Stille. Nicht einmal die nachtaktiven Grillen waren noch zu hören. Wie sehr sehnte er sich nach dem Lärm der belebten Hauptstraße und ein paar freundlichen Gesichtern. Es musste doch eine Möglichkeit geben, hier wieder herauszufinden.

Er sah sich den hohen Gitterzaun am Ende der Straße, an der er stand, noch etwas genauer an und entdeckte ein paar Meter von ihm entfernt einen etwa 50 cm hohen Riss in den Maschen. Hier hatte der Rost den Metallstäben so zugesetzt, dass diese auseinandergesprungen waren. Mit etwas Mühe würde er sich dort hindurchquetschen können.

Mark ging vor dem Spalt in die Hocke und begann, hektisch an den spitzen, kantigen Stäben zu biegen, bis der Spalt etwa so breit war, dass er mit dem Oberkörper hindurch kam. Ein Gefühl sagte ihm, dass er sich beeilen sollte.

Ohne Rücksicht auf eventuelle Kratzer und Risse, die er sich zufügen könnte, schlängelte er sich durch den Spalt und ins Freie. Auf der anderen Seite des Zaunes legte er sich flach auf den Bauch, rappelte sich aber schnell wieder auf. Seine Kleidung würde er, falls er überlebte, ohnehin später wegwerfen können.

Er kroch auf allen vieren eiligst in den dunklen Schatten eines nahestehenden Gebüsches und hoffentlich in Sicherheit.

Keine Sekunde zu früh. Mehrere grell flackernde Lichtkegel von Pechfackeln tauchten zwischen den Lagerhallen auf. Aufgeregte Stimmen wehten zu ihm herüber, von denen er das Gesagte zwar nicht verstand, deren Ton ihm aber deutlich machte, dass die Botschaft keinen freundlichen Inhalt enthielt.

Sie suchten ihn immer noch. Zum Glück war der Moment der Überraschung auf seiner Seite gewesen, und er hatte sich einen kleinen Vorsprung verschaffen können. Mark versuchte, mit den dunklen Schatten des Strauches, in dem er saß, zu verschmelzen. Die vielen Kratzer, die er sich vom Zaun und vom Strauch zugezogen hatte, brannten wie Feuer auf seiner Haut. Seine Knie waren von der großen Anstrengung wackelig, und er hatte das Gefühl, dass er sich kaum auf den Beinen würde halten können, sollte er gezwungen sein, weiter um sein Leben zu laufen.

Dass es um sein Leben ging, war unbestreitbar. Was er gesehen hatte, wollte von diesen Gestalten bestimmt keiner an die Öffentlichkeit kommen lassen. Aus ihrer Sicht würde ein kleiner, unbedeutender Journalist, wie er es war, nicht weiter ins Gewicht fallen. Auf eine Leiche mehr oder weniger würde es ihnen nicht ankommen.

Er war der Story seines Lebens auf die Spur gekommen, und niemand würde ihn davon abhalten können, die ganze Geschichte ans Tageslicht zu zerren, sofern er überlebte.

Die Lichter verschwanden langsam wieder. Sie hatten das Loch im Zaun nicht bemerkt und waren wohl zu dem Schluss gekommen, dass er in eine andere Richtung gelaufen sein musste. Viele Verstecke gab es auf dem Gelände allerdings nicht.

Hervorragend, dachte Mark und erhob sich wieder aus seiner hockenden Position, wobei seine Knie heftig protestierten. Er humpelte weiter ins freie Feld hinaus.

Dahinten musste es irgendwo eine Straße geben. Er würde sie schon finden.

Seine Verfolger hatte er jetzt anscheinend endgültig abgehängt. Im Dunkeln suchte er sich einen Weg durch kniehohes, nachtfeuchtes Gras auf unebener Erde. Die Sterne leuchteten ihm schwach den Weg.

Nachdem er ein paar Hundert Meter querfeldein gelaufen war, sah er die Lichter der großen Industriestraße, die zurück in das Zentrum der Stadt führte. Dort würde er bestimmt auf Kneipen, Imbissbuden oder etwas in der Art treffen, wo es ein Telefon gab, sodass er sich ein Taxi nach Hause bestellen konnte.

Er hatte leider feststellen müssen, dass der Akku seines Handys ausgerechnet an diesem Abend nicht aufgeladen und damit unbrauchbar war.

Langsam kehrten wieder Energie und Leben in seinen Körper zurück, und er mobilisierte seine letzten Reserven, um aus eigener Kraft an sein Ziel zu kommen.

 

Kapitel 1

 

Freitag, etwa 8 Stunden zuvor

 

Mark Kater war 28 Jahre jung und hatte vor drei Jahren sein Journalistik-Studium beendet. Er arbeitete für das Wochenblatt in Sankt Augustin, bei dem er Jahre zuvor schon ein Praktikum als Journalist für Freizeit und Stadtaktivitäten abgeschlossen hatte.

Sankt Augustin ist eine kleine Stadt zwischen Bonn und Siegburg und gehört zum Rhein-Sieg-Kreis. Auch wenn es sich kaum vermuten ließ, war die Kleinstadt ausgesprochen großflächig und in vielerlei Dingen eigenständig und unabhängig von den benachbarten Großstädten.

An sich war das Schreiben von Kleinstadt-News keine besonders aufregende Tätigkeit. Hier mal ein Wochenmarkt, da ein Volleyballturnier oder, als Höhepunkt, ein Frühlingsfest mit Wohltätigkeits- und Spenden-Gala. Auch das jährliche Weinfest erfreute sich großer Beliebtheit.

Ein Tag nach dem anderen plätscherte ereignislos dahin, das Ganze hatte etwas von einer schlechten Seifenoper.

Da er in dieser Stadt geboren und aufgewachsen war, kannte er die Gepflogenheiten und die Menschen in- und auswendig.

Im Gegensatz zu seinen meisten Freunden war er in der Heimat geblieben und nicht der Karriere wegen in eine Großstadt wie Köln oder Bonn gezogen. Er mochte Umstellungen und Veränderungen nicht wirklich und freute sich jeden Abend darauf, sich in sein gemütliches, 50 qm großes Zweizimmerapartment mit direktem Blick auf den Markt zurückzuziehen.

Er liebte fertige Pizza, Bier aus der Flasche und ein gutes Fußballspiel im Fernsehen.

Es war Anfang Mai, die Tage wurden langsam wieder länger und das Wetter etwas wärmer. Die Stimmung in der kleinen Redaktion des Wochenblatts war heute besonders gut. Es war Freitag, das Wochenende stand vor der Tür und Mark hatte nur noch das Redaktionsschluss-Meeting vor sich. Er schielte zur großen Uhr über der Eingangstür.

Viertel vor vier. Das Meeting war auf vier Uhr angesetzt. Eigentlich noch Zeit genug, um eine Zigarette zu rauchen, entschied er und nahm seine Jacke, um vor die Tür zu gehen. Das Rauchen war in dem Gebäude schon seit Längerem untersagt.

„Ich bin gerade noch eine rauchen!“, rief Mark in den Raum zu niemand Bestimmtem und schlurfte zur Tür.

„Ich komme mit“, schloss sich Edgar, der einzige Noch-Raucher der Redaktion, an und schob seinen massigen Körper hinter Mark durch die Tür ins Treppenhaus.

Edgar Maus war trotz seines zarten Namens ein stattlicher Mann von 1,85 m und guten 100 kg Lebendgewicht. Er war 45 Jahre alt, geschieden und seit gut 20 Jahren beim Wochenblatt beschäftigt. In den ersten Monaten, in denen Mark für das Blatt tätig gewesen war, hatte Edgar als sein Mentor und Lehrer fungiert, und sie verstanden sich nach wie vor gut.

Da sie beide viel Zeit miteinander verbrachten, was zum einen mit dem Rauchen und zum anderen mit einem ähnlichen Betätigungsfeld (Edgar arbeitete im Bereich Sport und Gesellschaft) zusammenhing, hatten die Kollegen der Redaktion ihnen den Spitznamen „Katz und Maus“ angehängt. Das störte die beiden allerdings herzlich wenig, wobei Edgar mehr in Richtung Mark als sein „Kätzchen“ spöttelte, da dieser bei nur 1,70 m Körpergröße 58 kg Fliegengewicht auf die Waage brachte.

Schweigend stiegen sie die Treppen vom ersten Stock hinunter und gingen hinaus auf die gepflasterte Einfahrt, auf der immer eine große Anzahl an Fahrrädern im Weg stand.

Im dritten Stock des Gebäudes befand sich ein Fitnessstudio, und die vielen Teenager, die sich dort tummelten, kamen zuhauf mit dem Fahrrad.

Die beiden suchten sich einen Platz in der Sonne und ließen sich die wärmenden Strahlen in ihre Gesichter scheinen. Genüsslich inhalierte Mark das Nikotin seiner Zigarette und dachte an das bevorstehende freie Wochenende. Edgar stand schweigend neben ihm, die Stirn in nachdenkliche Falten gelegt. Seine Gedanken schienen sich nicht um so angenehme Dinge wie das Wochenende zu drehen, aber er sagte nichts dazu. Er war nie ein Mann vieler Worte gewesen, sondern eher einer der „Mann und sein Lagerfeuer“-Vertreter. Mark störte das nicht im Geringsten, für ihn gab es nichts Schlimmeres, als wenn ihn jemand permanent zutextete.

Marks Gedanken wanderten wieder zurück zum „Wochenende“ mit zwei komplett freien Tagen zu seiner uneingeschränkten Verfügung!

 

 

Was man da alles machen konnte! Im Berufsleben als Journalist war es weitverbreitet, auch am Wochenende zu arbeiten und die freien Tage zwischendurch zu nehmen. Deswegen freute sich Mark auch wie ein Schneekönig über das ungewohnte Freihaben an den Ausgeh- und Partytagen.

Er könnte mit seinem Kumpel Benno den neuen Laden im Siegburger Stadt-Zentrum am Bahnhof ausprobieren.

„Poseidon“ hieß das Ding, soweit er sich erinnerte. Es war eher etwas für die ältere Generation und spielte hauptsächlich Hardrock und Punk Musik, das war genau das Richtige für die zwei Freunde. Außerdem lief man nicht Gefahr, dass sich dort rudelweise Teenager aufhielten.

Mark zog sein Handy aus der Tasche und tippte eine SMS ein. Seine Zigarette war mittlerweile bis zum Filter abgebrannt, und Edgar schaute schon ungeduldig in seine Richtung. Er drückte auf Senden, warf seine Kippe in den Ascher neben der Eingangstür und folgte Edgar zurück in die Redaktion.

Auf in die letzte Runde.

Edgar und Mark huschten als Letzte in den kleinen Konferenzraum, in dem nur ein großer, runder Tisch und rundherum neun wacklige Stühle ihren Platz gefunden hatten.

An einer Seite stand noch ein bis zur Decke reichendes Regal, das zum Bersten mit Archivmaterial gefüllt war.

Allerdings konnte man kaum frei darauf zugreifen, ohne über die Stühle klettern zu müssen.

Sie fanden keinen Sitzplatz mehr und quetschten sich direkt am Eingang an die Wand, umgeben von den übrigen Kollegen.

Das Wochenblatt umfasste insgesamt 25 freie und festangestellte Mitarbeiter. Edgar und Mark gehörten zu dem glücklichen Drittel mit einer Festanstellung.

„Da die letzten zwei nun auch endlich eingetrudelt sind, können wir ja anfangen“, schnarrte die heisere Stimme der Chefredakteurin Annette Pieper unfreundlich zu ihnen herüber. Dabei trommelte sie mit ihren langen, künstlichen Nägeln ungeduldig auf der Tischplatte, um ihren Unmut zum Ausdruck zu bringen.

Annette Pieper war eine kleine, drahtige Blondine in den Fünfzigern, die sich durch Disziplin, Ehrgeiz und Souveränität einen guten Namen in der Medienwelt erarbeitet hatte. Das Wochenblatt hatte sie, nach dem Tod ihres Vaters, bereits mit dreißig Jahren von diesem übernommen und herrschte seitdem mit eisernem Regiment über ihr Personal.

„Gut, was haben wir, was ist dringend, was gibt es Neues, wo müssen wir vor Ort sein? Ich möchte Vorschläge hören. Ich hoffe, Sie hatten in der letzten Woche Augen und Ohren offen.“

Auffordernd blickte sie in die Runde und tippte mit ihrem blauen Kugelschreiber kleine Punkte auf ein weißes Blatt Papier.

Das Brainstorming dauerte eine gute Stunde und war wie immer verbunden mit lauten Diskussionen und Streitereien.

Besonders die freien Redakteure wollten sich unbedingt in ihrem besten Licht präsentieren und buhlten um die Gunst ihrer Chefin. Ein allwöchentlich sehr ermüdender, da nervenaufreibender Prozess. Die Luft in dem kleinen Raum wurde von Minute zu Minute schlechter und die Stimmung gereizter. Der Konferenzraum glich einem Hexenkessel, der stark an die Frankfurter Börse erinnerte. Doch wie jede Woche schaffte es Annette Pieper wieder, die Stimmung gekonnt zu kontrollieren und jeden Redakteur halbwegs zufriedenzustellen. Sie liebte ihre Arbeit und war schon zu lange dabei, als dass ihr die Situation entgleiten könnte.

Nach anderthalb Stunden wurde das Meeting für beendet erklärt und Mark flüchtete dankbar aus dem stickigen, kleinen Raum. Er schlenderte zu seinem Schreibtisch, der am anderen Ende der Redaktion direkt am Fenster stand. Es war ein harter Kampf gewesen, diesen Platz zu bekommen, und er hatte eine ordentliche Portion Glück gehabt. Nur noch schnell ein paar Notizen machen und dann ab durch die Tür, dachte er bei sich.

Er setzte sich auf seinen quietschenden Drehstuhl und griff nach seinem Kuli, als er den kleinen, blauen Zettel bemerkte, der auf seiner Computertastatur lag.

Mark sah sich in der Redaktion um, ob jemand in seiner Nähe stand, der ihm etwas dazu hätte sagen können, doch die Hälfte seiner Kollegen war schon zur Tür hinaus oder stand diskutierend im Türrahmen des Konferenzraums.

Er griff nach dem Zettel und faltete ihn auseinander. Dort stand in einer sehr krakeligen Handschrift:

 

„Wenn Sie die Story Ihres Lebens haben wollen, dann kommen Sie zu den Lagerhallen im alten Industriegebiet am Stadtrand von ST.A. gegen Mitternacht.“

 

Das ist ein schlechter Scherz, dachte er bei sich und zog die Stirn kraus. Er studierte den Zettel genauer, drehte und wendete ihn. Aber da stand nichts weiter, nur dieser eine Satz in einer schlecht leserlichen Handschrift. Prüfend sah er sich die einzelnen Buchstaben an, aber sie kamen ihm nicht bekannt vor. Ob Edgar sich einen Streich mit ihm erlaubt hatte, um ihn herauszufordern? Aber warum sollte er? Das war so gar nicht seine Art.

Im Geiste ging er die anderen Kollegen durch, aber niemand wollte ihm einfallen, zu dem eine solche Aktion passen würde. Beim Wochenblatt war jeder ein Einzelkämpfer, man scherte sich nur um die eigenen Angelegenheiten und Vorteile. Mark spielte kurz mit dem Gedanken, den Zettel in der Ablage P, also dem Papierkorb, zu entsorgen, entschied sich dann aber doch dagegen.

Etwas in ihm, sein Instinkt oder vielleicht auch nur die blanke Neugierde, hielt ihn davon ab. Er steckte den Zettel in die Hosentasche, packte seine Sachen und ging hinaus. Den anderen gegenüber verlor er über das Schriftstück kein Wort. Nicht einmal gegenüber Edgar, der sich in einer für seine Leibesfülle rekordverdächtigen Geschwindigkeit in Richtung Parkplatz auf den Weg machte, erwähnte er die Nachricht.

Er wollte erst mal eine Weile darüber nachdenken, bevor er eine Entscheidung diesbezüglich traf. Mark schlenderte langsam die belebte Straße entlang.

Er hatte es nicht allzu weit bis nach Hause, ungefähr eine Viertelstunde zu Fuß, wenn er quer durch den Stadtpark lief. Dieser grenzte unmittelbar an den Marktplatz, an dem er wohnte, und bescherte ihm eine herrlich grüne Aussicht von seinem Mini-Balkon aus. Bevor er zu Hause ankam, vibrierte sein Handy in der Hosentasche. Es war Benno, der die Verabredung für den Abend per SMS bestätigte.

Benno und Mark kannten sich schon von Kindesbeinen an und waren gleich alt. Sie hatten sich auf dem Spielplatz immer gegen die anderen Kinder verbündet und ihre Eltern mit so manchem Schabernack in die Verzweiflung getrieben. Auch wenn sich beider Leben in verschiedene Richtungen entwickelte, hatten sie doch nie den Kontakt oder den Respekt voreinander verloren. Benno war in die klassische Banker-Lehre gegangen und pflegte auch sonst einen recht konservativen Lebensstil mit Frau, Kind und Hund, während Mark immer noch den Freigeist verkörperte und sich nicht so recht an Regeln halten wollte. Deswegen war er auch nach wie vor Single und flirtete mit allen hübschen Frauen, die ihm über den Weg liefen. Nicht selten verirrten sich junge Damen für einen temporären Zeitraum in seine Wohnung, um dann nach kürzester Zeit festzustellen, dass sich dieser Mann nicht einfangen ließ und sie sich lieber umorientieren sollten.

Da am frühen Abend ohnehin nichts los sein würde, schlug Benno als Treffpunkt den Blumenladen am Bahnhof vor. Am Abend gegen 22 Uhr würde es passen. Mark war das nur recht. So hatte er vorher noch ein wenig Zeit, sich Gedanken über diesen geheimnisvollen Zettel zu machen und sich den Bauch vollzuschlagen.

Denn der knurrte mittlerweile schon hörbar wie eine Horde wilder Hunde. Freudig erinnerte er sich an die Pizza, die ihn daheim in der Tiefkühltruhe erwarten würde. Wozu lange kochen, wenn es so etwas Leckeres wie Pizza schon fertig für den Ofen gab? Zum Neid all seiner Kolleginnen machte seiner Figur das ständige Fast Food nichts aus. Er blieb weiterhin leicht untergewichtig, egal, wie viele Kalorien er über den Tag verteilt zu sich nahm.

Zu Hause angekommen schob er sich sein Essen in den Ofen, nahm eine schnelle Dusche, öffnete sein erstes Wochenendbier und setzte sich auf das ausgesessene, braune Sofa. Den Zettel legte er vor sich auf den Glastisch. Sein Ofen gab ein leises „Ping“ von sich, welches signalisierte, dass sein Essen fertig war.

Schnell holte er sich einen Teller und nahm auf dem Rückweg zum Wohnzimmer noch die Straßenkarte vom Ort mit, die im Flur auf der Kommode lag. Er benutzte Oldschool die gute alte Karte, um seine Umgebung zu erkunden. Ihm gefiel die nostalgische Erinnerung daran, als es noch nicht so viel Technik gab, und er hatte einfach gern Papier in den Händen. Auch beim Lesen eines Buches war ihm die greifbare Variante, in der man blättern konnte, lieber als ein E-Book.

Sorgfältig postierte er alles vor sich neben den Zettel auf dem Tisch und schlug, zwischen ein paar gierigen Bissen von seinem Essen, die Karte auf.

Er fand das Industriegebiet fast auf Anhieb und studierte die Umgebung. Wenn er heute Abend noch dorthin wollte, würde er sich vom „Poseidon“ aus ein Taxi nehmen müssen.

Das Gelände war nicht gerade um die Ecke, mit einem Taxi würde er aber keine zehn Minuten benötigen.

Während er den letzten Bissen mit einem Schluck Bier hinunterspülte, sinnierte er über die Frage, inwieweit er der Nachricht Glauben schenken sollte oder nicht. Schlussendlich entschied er sich für ein „Was soll’s, warum nicht?“

 

 

Der Zeiger seines Chronografen zeigte auf 21:30 Uhr, als Mark sich auf den Weg zum Bahnhof in die Stadt machte. Er hatte bewusst auf seinen Wagen, einen alten, verrosteten VW-Käfer, verzichtet und den Bus genommen. Er hätte den Wagen ohnehin nicht benutzen können, denn der war schon seit Jahren abgemeldet, aber ihn freute der Gedanke, dass die Option bestand.

Er war schon ein paar Mal in Notsituationen illegal damit gefahren. Bisher hatte er immer Glück gehabt und war nicht erwischt worden.

Es war der letzte Bus, der zu so später Stunde noch fuhr. In diesem Stadtteil wurden abends schon früh die Bordsteine hochgeklappt, und man musste entweder eine Alternative finden, wenn man den Bus verpasst hatte, oder gut zu Fuß sein. Nach nur drei Haltestationen hatte er sein Ziel erreicht und stieg erleichtert aus dem muffig riechenden Gefährt in die kühle Nachtluft aus.

Benno wartete bereits ungeduldig am verabredeten Platz auf ihn. Seine große, kräftige Gestalt war kaum zu übersehen und die Glatze leuchtete im schwachen Licht der Straßenlaterne wie blank poliert. Er genoss es sichtlich, mal wieder mit seinem Kumpel loszuziehen und nicht über seine Verantwortung daheim nachzudenken.

Mark kannte das schon. Die erste Stunde gab Benno Vollgas und feierte, als ob es kein Morgen gäbe, aber keine halbe Stunde später hatte er dann keine Lust mehr und würde nach Hause wollen. Heute kam ihm dieses Muster sehr gelegen. Wenn Benno dann, voll wie eine Haubitze, nach Hause abzog, würde er sich ein Taxi nehmen und der Spur des Zettels weiter folgend in das Industriegebiet fahren.

Weiter ging sein Plan noch nicht. Wenn er erst mal dort war, könnte er immer noch entscheiden, was zu tun sei.

Er begrüßte seinen Kumpel kurz per Handschlag.

Benno musterte Mark eingehend von oben bis unten und runzelte die Stirn. Mark sah ihn fragend an.

„Ist etwas?“

„Meinst du, die lassen dich so dort hinein? Du hättest dir wenigstens ein paar vernünftige Schuhe anziehen können“, Benno blickte naserümpfend auf die schwarzen Chucks seines Kumpels.

„Es ist nicht jeder bei einer Bank beschäftigt und kann sich so teuren Fummel leisten, wie du ihn trägst“, konterte Mark und grinste frech.

„Äh, geht der Scheiß schon wieder los“, stöhnte Benno und verdrehte die Augen, „komm, lass uns gehen.“

„Du fängst ja immer damit an“, stichelte Mark im Gehen weiter, „ich würde nie über deine Kleidung nörgeln.“

„Weil es daran nichts zu nörgeln gibt.“ Benno zupfte eine imaginäre Fluse von seiner maßgeschneiderten, schwarzen Anzughose. „Ich hoffe, der Türsteher hat heute einen guten Tag, aber wie ich dich kenne, hast du ohnehin wieder Glück, und es ist überhaupt keiner da oder so ähnlich.“

In friedlicher, schweigender Eintracht gingen sie weiter in Richtung Eingangstür. Diese Art von Sticheleien gehörte zu ihrer Freundschaft dazu, und keiner war dem anderen ernsthaft böse. Beide akzeptierten sich gegenseitig mit ihrer Andersartigkeit.

Wie Benno erwartet hatte, stand kein Türbewacher am Eingang, und sie konnten ungehindert eintreten.

Das Lokal war noch recht leer um diese Uhrzeit, nur ein paar einzelne Tische waren besetzt, und ein paar einsame Gestalten saßen am Tresen. Sie setzten sich in die hinterste Ecke an einen Tisch für zwei Personen und bestellten für den Anfang jeweils ein Weizen.

Mark hatte beschlossen, sich gegen seine sonstige Gewohnheit, heute mal zurückzuhalten, damit er später einen klaren Kopf hatte. Wer wusste, was nachher noch auf ihn zukommen mochte.

Benno hatte wie erwartet sein Glas schon nach zehn Minuten geleert und bestellte Nachschub. Die Zeit verlief schleppend, und es wollte keine rechte Stimmung aufkommen. Die Besucherzahl stieg nur langsam, und die Gesprächsthemen nahmen merklich ab.

Pünktlich gegen halb zwölf räumte Benno ein, dass er nun genug hätte und sich so langsam auf den Heimweg machen würde. Anders als sonst, hinderte Mark ihn nicht daran, sondern winkte sogar nach der Kellnerin, um die Rechnung zu verlangen. Bedingt durch seinen Alkoholpegel fiel Benno das ungewöhnliche Verhalten seines Freundes jedoch nicht auf. Anstatt sich über dessen schnelle Kapitulation zu wundern, war er schon auf dem Weg nach draußen. Mark war sehr erleichtert, dass er sich so einfach hatte aus der Affäre ziehen können und keine nervigen Fragen beantworten musste. Benno diskutierte sonst ganz gern unter Alkoholeinfluss.

Nachdem dieser mit dem ersten Taxi, das am Taxistand am Bahnhof gewartet hatte, außer Sichtweite war, stieg Mark in das zweite Taxi ein und nannte dem Fahrer sein Ziel.

Dieser wirkte ziemlich erstaunt, dass ein Fahrgast um diese Uhrzeit an ein solch ungewöhnliches Ziel wollte, stellte aber keine Fragen, sondern schaltete wortlos den Taxameter ein.

Kurz vor den ersten Fabrikhallen ließ Mark den Taxifahrer anhalten, bezahlte und stieg aus. Er würde den Rest des Weges zu Fuß weitergehen.

Der Taxifahrer bot an, auf ihn zu warten, bis er erledigt hätte, was auch immer er hier tun wolle, doch Mark lehnte ab und schickte ihn weg.

Mit einem „Sie werden schon wissen, was Sie tun“ ließ der Taxifahrer Mark in der Dunkelheit zurück.

Der wartete, bis sich seine Augen an die schlechten Lichtverhältnisse gewöhnt hatten, und folgte dann dem Schotterweg in Richtung der leerstehenden Hallen und Gebäude. Innerlich schimpfte er sich einen Idioten und fragte sich, was zum Henker er hier eigentlich wollte. Einem Impuls folgend schlug er dann den Weg in Richtung Fabrik-Zentrum ein, in den Teil des Geländes, in dem es am dunkelsten war, und wo er noch nicht einmal die Grillen zirpen hörte.

Ein unbehagliches Gefühl beschlich ihn. Er fühlte einen beklemmenden Druck in der Brust. Die Angst schnürte ihm buchstäblich die Luft ab. Mark konzentrierte sich darauf, einen Fuß vor den anderen zu setzen, und zwang sich, weiterzugehen, obwohl ihm sein Instinkt zuschrie, umzukehren und rasant das Weite zu suchen. Es war beängstigend still. Er hörte nur seinen immer schneller werdenden Atem. Das Blut rauschte ihm in den Ohren. Dies war Adrenalin in seiner intensivsten Form, sodass er sich so lebendig wie lange nicht mehr fühlte.

Am Ende der Gasse sah er auf einmal ein flackerndes Licht wie von einer großen Fackel und verlangsamte seine Schritte. Gleichzeitig vernahm er ein leises Raunen, Flüstern und Summen.

Mark presste sich an den brüchigen Putz des alten, verlassenen Verwaltungsgebäudes, an dem er gerade vorbeiging, und lief geduckt weiter. Seine Sinne waren jetzt hellwach und geschärft. Lautlos schlich er weiter und versuchte, so gut es ging, die Schwärze der Nacht auszunutzen, um sich zu verstecken, aber nicht gleichzeitig bei einer unbedachten Bewegung den Hals zu brechen.

Das flackernde Licht wurde immer intensiver, und je näher er kam, desto mehr Details konnte er erkennen. Er hatte inzwischen das Ende der Gasse erreicht und kauerte sich hinter einen Schutthaufen als Deckung. Die Gasse mündete in einen großräumigen, kreisrunden Platz und war rundherum mit von schwarzem Ruß gefärbten Fackeln gesäumt. Das Bild, das er vor sich sah, faszinierte und erschreckte ihn gleichermaßen. Wie ein Kaninchen vor der Schlange beobachtete er das Geschehen von seinem Versteck aus.

In der Mitte des Platzes war eine Art Altar aufgebaut worden, die aus großen, schwarzen, steinernen Quadern bestand. Darauf brannten zwei dicke, schwarze Kerzen und auf ihnen waren mit roter Farbe satanische Symbole aufgemalt worden. Es sah aus wie ein umgedrehtes Pentagramm oder ein Kreuz. Auch waren die Ziffern 666 deutlich zu erkennen. Wäre das ganze Umfeld nicht so gruselig gewesen, hätte es fast albern wirken können.

Vor dem Altar standen, in einem großen Halbkreis aufgestellt, zehn Gestalten, die allesamt mit schwarzen Kapuzenmänteln bekleidet waren und mit monotoner Stimme einen sich immer wiederholenden Kanon intonierten. Dieses Raunen und das Licht waren es gewesen, das ihn angelockt hatte.

Mark vermutete, dass es sich um eine geheime schwarze Messe handelte und dass dies das Zielobjekt seiner geheimen Botschaft war. Seine Intuition riet ihm, sich im Verborgenen zu halten und das Ganze aus sicherer Entfernung zu beobachten. Was genau diese Männer dort sangen (der Figur nach mussten es Männer sein), verstand er nicht, da es sich dem Klang nach sehr wahrscheinlich um Latein handelte und er dieses Fach schnellstmöglich auf dem Gymnasium abgewählt hatte. Jetzt ärgerte er sich über seine damalige Faulheit. Benno wüsste bestimmt, worum es hier ging. Der hatte sein Abi mit der Note 1,3 abgeschlossen und noch nie ein Problem mit Fremdsprachen gehabt.

Gebannt beobachtete Mark das Geschehen auf dem Platz und versuchte, sich alles so genau wie möglich einzuprägen. Schmerzlich wurde ihm bewusst, dass er weder seine Kamera noch einen Zettel oder Stift eingesteckt hatte und sich somit komplett auf seine Erinnerungen verlassen musste. Er musterte die Männer aus seiner Position heraus, so gut er es vermochte. Leider konnte er unter den Kapuzen keine Gesichter erkennen und somit blieben ihm ihre Identitäten verborgen.

Langsam kam Bewegung in die Gruppe, als sich aus der Dunkelheit auf der anderen Seite des Altars mehrere Gestalten näherten.

Die Männer knieten in demütiger Haltung auf dem Boden und senkten die Köpfe hinab zur Erde. Es waren drei Männer, die sich, im Gänsemarsch hintereinander schreitend, langsam und feierlich von Norden auf den Altar zubewegten.

Der Erste trug eine lange, gebogene Sichel vor der Brust, deren Klinge silbern im Fackelschein funkelte.

Der Zweite hielt ehrfürchtig einen großen, goldenen Becher in beiden Händen, der mit grün schimmernden Steinen besetzt zu sein schien.

Mark registrierte eine Bewegung hinter dem dritten und letzten Neuankömmling und sah, dass dieser ein sich windendes Etwas hinter sich herzerrte.

Im Gegensatz zu den knienden Anhängern trugen diese drei Gestalten dunkelrote Kapuzenmäntel, auf denen schwarze Ornamente zu sehen waren.

Die Prozession hatte mittlerweile den Altar erreicht und Mark sah, dass es sich bei dem sich windenden Etwas um eine junge, blonde Frau handelte, die an den Händen gefesselt und deren Mund mit einem Knebel verschlossen war. Sie trug ein weißes Leinenkleid, das die Schultern freiließ, und war ansonsten barfuß. Ihre Brust hob und senkte sich stoßweise unter dem dünnen Stoff, und ihre blauen Augen waren vor lauter Panik weit aufgerissen.

Sie zerrte an ihren Fesseln und stieß durch den Knebel erstickte Laute aus. Mehr als einmal versuchte sie, sich loszureißen, doch entkam sie dem erbarmungslosen Griff ihres Peinigers nicht. Hektisch warf sie den Kopf hin und her, als suche sie nach einem Fluchtweg oder dem Erbarmen der anderen Anwesenden. Sie stolperte mehrfach über den Schutt, der auf dem Weg verstreut lag. Ihre Füße waren blutig und verdreckt, und sie war sichtlich in keinem guten Zustand.

Die Frau hatte Todesangst und versuchte, in Aufbietung ihrer letzten Kräfte aus dieser ausweglosen Situation zu fliehen. Doch ihr Flehen wurde ignoriert, und der Gesang der Männer nur noch lauter und rhythmischer. Der Mann, der sie festhielt, versetzte ihr einen Faustschlag ins Gesicht, der sie benommen taumeln ließ, und auch der letzte Widerstand, den sie noch leisten konnte, zerbrach sichtbar. Der Chor sang jetzt im Gleichklang eine dunkle, böse klingende Melodie, die Mark eine Gänsehaut über den Körper jagte. Die Frau weinte mittlerweile und schluchzte lautlos in sich hinein, als sie zum Altar gedrängt und in die Knie gezwungen wurde. Rechts neben ihr stellte sich der Mann mit der Sichel auf, zu ihrer linken Seite der Mann mit dem Becher.

Mark ahnte Übles und konnte sich dennoch nicht vom Fleck rühren. Seine Brust schnürte sich zu, er bekam kaum noch Luft, und ihm wurde schlecht bei dem Gedanken an das, was jetzt vermutlich folgen würde. Der brutale Schläger, der die junge Frau mit der rechten Hand festhielt, war hinter sie getreten und hatte seine freie linke Hand auf ihren Kopf gelegt. Auf einmal war es totenstill. Der Gesang hatte abrupt aufgehört.

Jetzt begann der Mann zu beten. Auch das Gebet war vermutlich wieder auf Latein. Seine Stimme klang seltsam verzerrt, kratzig und brüchig. Es war die Stimme eines Mannes im mittleren Alter, aber schwer zuzuordnen. Seine hagere Gestalt ragte düster hinter dem weiß gekleideten Körper des Mädchens auf.

Die knienden Schwarzroben hatten die Köpfe wieder erhoben und sahen ihren „Meister“ an. Ihre Arme hatten sie nach vorn ausgestreckt, die Handflächen zeigten nach oben. Es hatte den Anschein, als ob sie etwas empfangen wollten. Der Prediger beendete sein Gebet und zog mit einem Ruck an den Haaren den Kopf der Frau in den Nacken. Diese schrie dumpf auf und fing wieder an, sich voller Panik zu winden. Doch der Mann hielt sie mit eiserner Brutalität fest. Jetzt stimmten die Männer einen fordernden Ruf an, der sie schier in Ekstase brachte und so klang, als würde man unkontrolliert auf eine Trommel schlagen.

Mark presste sich die Hand vor den Mund, um einen Schrei zu unterdrücken, als der rechts Stehende seine Sichel hob, nach vorn streckte und sich langsam zu der Frau umdrehte. Der linksstehende Mann mit dem Becher tat im Einklang mit dieser Bewegung dasselbe.

Dann geschah alles rasch. Die Sichel durchtrennte mit einer fließenden Bewegung die Kehle der blonden Frau und das Blut schoss pulsierend und spritzend aus der Hauptschlagader in den bereitgehaltenen Becher. Der Priester fing den Körper der Frau auf und ließ sie ausbluten wie ein Vieh auf der Schlachtbank.

Mark hatte das Gefühl, sich übergeben zu müssen. Übelkeit stieg in ihm auf und heiße Tränen liefen ihm über die Wangen. Er zitterte am ganzen Körper und hatte das Gefühl, durchzudrehen. Noch war er zu seinem Glück nicht bemerkt worden. Die Leiche der Frau wurde in eine bereitgelegte, jetzt blut-durchtränkte Plane, die Mark vorher nicht aufgefallen war, gewickelt und diese dann fest verschnürt.

Der Mann mit dem Becher voller Blut schritt um den Altar herum zu seinen „Jüngern“ und reichte den Becher jedem Einzelnen in die ausgestreckten Hände. Diese nahmen wortlos die Gabe entgegen und tranken einen Schluck von dem Opferblut. Danach gaben sie den Becher wieder dem in Rot Gekleideten zurück.

Das war der ausschlaggebende Impuls, der Mark aus seiner Erstarrung erlöste und ihn den Rückzug antreten ließ. Langsam und vorsichtig schob er sich rückwärts kriechend an der Hauswand zurück. Dabei behielt er dieses absurde und perverse Ritual im Auge. Fast hätte er es geschafft, sich lautlos davonzustehlen, als sich unter seinem Fuß eine Gerölllawine löste und mit leisem Gepolter davon kullerte. Leider nicht leise genug. Dreizehn Köpfe schossen nach oben und dreizehn Augenpaare blickten in seine Richtung. Sie erspähten ihn im Halbdunkel fast sofort. Mit einem leisen Schrei sprang Mark hoch und sprintete blind los. Die Jagd hatte begonnen. Er wusste genau, sollten diese Männer ihn bekommen, dann hatte sein letztes Stündlein geschlagen.

Kapitel 2

 

Mark lag zu Hause auf seinem Bett und starrte an die Decke. Jeder Knochen in seinem geschundenen Leib tat ihm weh. Er war mitten in der Nacht um zwei Uhr früh nach Hause gekommen, nachdem er es geschafft hatte, eine Tankstelle zu finden, die 24 Stunden geöffnet hatte. Dort hatte er sich ein Taxi bestellt und war unter den befremdlichen Blicken des Fahrers heil zuhause angekommen.

Er zitterte immer noch am ganzen Körper, teilweise vor Angst, aber auch zum größten Teil vor Aufregung. Müde ließ er seine Gedanken Revue passieren. In seinem Kopf überschlugen sich die Bilder. Nach einer gefühlten Ewigkeit beruhigte sich sein Kreislauf wieder und sein analytisches Denken setzte ein.

Er stand auf und ging an seinen mit Papieren übersäten Schreibtisch, um seinen Laptop einzuschalten. Dabei ignorierte er seine lädierte Fassade und seinen ausgehungerten Magen.

Zuerst würde er alles niederschreiben, an das er sich erinnern konnte. In seinen Adern floss zu viel Journalisten-Blut, um sich um Kleinigkeiten wie sein Wohlbefinden zu kümmern. Die Leidenschaft für das freie Wort und das Offenlegen von unschönen Wahrheiten hatte Mark von seinem Vater Helmut Kater geerbt. Nur dass dieser wesentlich erfolgreicher und karriereorientierter gewesen war, als Mark es je sein würde.

Helmut Kater hatte im Ausland aus Krisengebieten berichtet und war oft genug nur knapp mit dem Leben davongekommen. Für eine Story war Marks Vater jedes Risiko eingegangen. Er hatte sich komplett mit Leib und Seele seiner Berufung, dem Stadt-Anzeiger, gewidmet. Dabei brachte er viele Opfer. Nicht nur das private Glück, eine intakte Familie zu haben, die es nie gegeben hatte, sondern später leider auch durch einen unglücklichen Unfall sein Leben.

Mark arbeitete mindestens eine halbe Stunde sehr konzentriert an seinen Stichpunkten. Später würde der ausführlichere Teil in Form einer kleinen Akte dazukommen. Diese Eigenart hatte er sich von seinem Vater abgeschaut, der ausführlich all seine Recherchen in Akten und Ordnern abheftete und diese noch über Jahre hinweg in Kisten aufbewahrte. Selbst heute noch hatte Mark seinen Keller vollgestopft mit diesen gestapelten Kisten, da er es nicht über sich brachte, sie wegzuwerfen. Gelegentlich las er noch in den alten Unterlagen, um sich ein paar Kniffe und Tricks abzuschauen.

Wenn er dann die Handschrift seines Vaters studierte, fühlte es sich ein wenig so an, als wäre dieser noch am Leben und nicht in die Felsenschlucht am Drachenfels gestürzt. Er sah es noch vor sich, als wäre es gestern gewesen, wie Helmut beim Klettern das Gleichgewicht verlor, seine Füße auf dem Geröll keinen Halt mehr fanden und er bäuchlings, begleitet von einer kleinen Steinlawine, in den Abgrund abrutschte. Mark hatte hinter der Absperrung gestanden und alles nur hilflos mit ansehen können. Den Ball, den sein Vater ihm zurückholen wollte, hatte dieser noch in den Händen gehalten, den Mund zu einem stummen Schrei geöffnet.

Mark war damals acht Jahre alt gewesen und hatte im lebhaften Spiel seinen Ball in diesen besagten gesperrten Bereich geschossen. Eigentlich wollte sein Vater ihn dafür bestrafen und den Ball liegen lassen, wo er war, doch Mark hatte so lange geweint und gequengelt, bis Papa sich dann doch erbarmte und über die Absperrung stieg. Es war ein Fehler mit fatalen Folgen, für den sich Mark immer noch selbst mit den schlimmsten Vorwürfen quälte.

Mark hielt erschöpft inne. In seinem Kopf fühlte er ein stechendes Pochen. Die Anstrengungen des Tages forderten ihren Tribut. Er überflog noch mal kurz seine Notizen auf ihre Vollständigkeit, speicherte dann alles auf seiner externen Festplatte ab und schaltete den Laptop aus.

Auf einmal fühlte er sich wie von einer Dampfwalze überrollt. Das Adrenalin war nun vollständig verschwunden. Er pellte sich aus seiner zerrissenen und verdreckten Kleidung und warf diese achtlos auf einen Haufen. Bei Gelegenheit würde er sie in den Abfall werfen. Dann humpelte er in sein geräumiges, weiß gekacheltes Bad und drehte die Heizung bis zum Anschlag auf. Jetzt fror er erbärmlich und wünschte sich nichts sehnlicher, als unter den Strahl einer heißen Dusche zu kommen.

Als es so weit war, bereute er sein Anliegen sofort. Seine mit Kratzern und Hämatomen übersäte Haut brannte wie Feuer unter dem heißen Wasserstrahl, und er stieß ein leises Stöhnen aus. Mühsam wusch er sich den Dreck vom Körper und fluchte dabei die übelsten Verwünschungen in sich hinein.

Nach einer gefühlten Ewigkeit schleppte Mark sich, in seinen Bademantel gewickelt, in die Küche. Es war mittlerweile kurz vor vier Uhr früh, und die ersten Vögel begannen mit ihrem fröhlichen Morgenkonzert.

Er hasste sie dafür, aber sie konnten ja nicht wissen, was in der Nacht Schreckliches geschehen war.

Mark warf einen Blick in seinen Eisschrank und entschied sich spontan für eine Tiefkühl-Lasagne, das perfekte Frühstück für einen Samstagmorgen. Die Alternative wäre wieder Pizza gewesen. Während die Lasagne langsam im Ofen auftaute, schaltete Mark den Wasserkocher für eine Tasse Tee an und setzte sich wartend an seinen schwarzen Bistrotisch, der in der Küche direkt vor dem Fenster stand.

Benno versuchte seit Jahren, Mark für den Genuss von Kaffee zu begeistern, doch dieser sträubte sich hartnäckig mit Händen und Füßen dagegen. Noch nicht einmal eine Kaffeemaschine für Gäste gab es in seiner Wohnung. Dafür aber bestimmt ein paar Dutzend Teesorten, die er sich nach Belieben mischte und auf deren positive mentale Wirkung er schwor.

Fast wäre er im Sitzen eingenickt, als ihn das Klacken des sich abschaltenden Wasserkochers aus seinem Dämmer holte. Er entschied sich für eine Fenchel-Kamille-Mischung und schaute beim Aufbrühen des Tees nach seinem Essen. Das würde bedauerlicherweise noch etwas benötigen.

Er setzte sich wieder hin und fing an zu grübeln.

Wer hatte ihm diesen Zettel geschrieben? Warum wusste dieser Jemand von der kranken Zeremonie, und inwieweit war er darin involviert?

Wer war das Mädchen und wo kam sie her? Wurde sie schon vermisst? Wo würde man ihre Leiche entsorgen? Wer steckte unter den Kapuzen?

Viele Fragen und keine Antworten. Wo fange ich bloß mit meiner Recherche an? Wen kann ich mit ins Boot nehmen und wem vertrauen? Oder sollte ich dem doch lieber allein nachgehen?

Er zog einen seiner vielen Notizblöcke, die überall in seiner Wohnung herumlagen, zu sich und fing an, die für ihn wichtigen W-Fragen aufzuschreiben. Auf jeden Fall musste er noch einmal an den Ort des Geschehenen zurückkehren, diesmal mit seinem Fotoapparat bewaffnet. Vielleicht hatten diese Verrückten in der Aufregung um ihre Entdeckung unsauber gearbeitet und Spuren hinterlassen, die ihm weiterhelfen könnten.

Siedend heiß fiel ihm ein, dass er zwar von diesen Leuten niemanden erkannt hatte, aber was wäre, wenn einer von denen sein Gesicht gesehen hätte und ihn wiedererkennen würde? Er richtete sich stocksteif auf. Der Gedanke machte ihn nervös. An seinem Tee nippend versuchte er, sich selbst zu beruhigen und redete sich ein, dass es viel zu dunkel gewesen sei, um genaue Details vom ihm zu erkennen. Er hatte selbst kaum die Hand vor Augen gesehen, da in seiner Nähe keine Lichtquelle gewesen war. Trotzdem ließ ihn die Unruhe nicht los. Bevor er noch einmal dorthin ginge, würde er definitiv sein Aussehen verändern müssen.

Er fuhr sich mit der Hand durch seinen dunkelblonden Haarschopf. Die mussten ab, beschloss er. Er würde sich, wenn er geschlafen hatte, mit seinem Langhaarschneider einen Kurzhaarschnitt à la Bundeswehr verpassen. Als Mann war er da nicht so zimperlich. Es wuchs alles wieder nach. Dazu noch ein Käppi aufgesetzt, und er war ein anderer Mensch. Da er seine Kleidung ohnehin in den Müll warf, würden sie ihn auch daran nicht wiedererkennen können. So war der Plan.

Zufrieden sank er wieder in seinen Stuhl zurück, bis ihn das „Pling“ des Backofens erneut aufschreckte.

Mark macht sich hungrig über sein Essen her. Erst jetzt merkte er wirklich, wie ausgehungert er war. Während er kaute, ließ er wieder die Gedanken kreisen. Was würde sein Vater jetzt tun? Es könnte auf jeden Fall nicht schaden, auch mal in den alten Kisten seines Vaters zu stöbern. Vielleicht waren in der Vergangenheit schon andere Frauen auf mysteriöse Weise verschwunden, und es gab dazu noch ein paar Aufzeichnungen in alten Zeitungen. Zusätzlich würde er sich auch die Mühe machen, in seiner Redaktion das Archiv zu durchforsten. Da man zudem heutzutage fast alles googlen konnte, wäre es auch nicht verkehrt, das Internet mit zurate zu ziehen.

Mark zog sich wieder seinen Notizblock heran und machte sich Notizen. So viel zu seinem freien Wochenende. Das war jetzt vorbei. Seufzend rieb er sich die Schläfen. Er musste dringend ins Bett und schlafen.

Nachdem er das Geschirr in die Spüle gebracht hatte, stellte er sich seinen Wecker auf 12 Uhr mittags und legte sich ins Bett. Die paar Stunden Schlaf mussten fürs Erste reichen. Sobald sein Kopf das Kissen berührte, sank er fast augenblicklich in einen tiefen, traumlosen Schlaf.

 

Samstag

 

Als der Wecker um 12 Uhr mittags lästige Pop-Musik abspielte, hatte Mark das Gefühl, erst fünf Minuten im Bett gelegen zu haben. Seine Knochen und Glieder schmerzten höllisch. Blind tastete er nach der Quelle des Lärms und schlug danach. Es kehrte in dem schwach erhellten Raum wieder Ruhe ein, der durch dicke, grüne Vorhänge abgedunkelt wurde. Die Sonne fand nur wenige Lücken, durch die sie ihre Strahlen senden konnte, doch die reichten aus, um Mark einen stechenden Schmerz in den Schädel zu schicken, als dieser vorsichtig die Augen öffnete.

Er zog sich die Decke über den Kopf und rollte sich zu einer Kugel zusammen. So langsam kehrten die Erinnerungen aus den nebligen Schwaden der Müdigkeit zurück. Der Wecker schlug schon wieder an, dabei plärrte die nervige Stimme eines gut gelaunten Radiomoderators an sein Ohr. Er hatte nur die Schlummertaste anstelle des Ausschalters erwischt. Genervt schlug er die Bettdecke zurück und richtete sich mit vor Schmerzen zusammengebissenen Zähnen auf, um das Gerät endgültig abzustellen.

Er wuchtete sich aus dem Bett und wankte in die Küche. Dort fiel sein Blick auf seine Notizen und sofort erfasste ihn wieder ein Adrenalinschub. Plötzlich hatte er es eilig, in die Gänge zu kommen. Er frühstückte hastig ein paar Stücke Trockenkuchen aus der Packung, trank schnell einen schwarzen Tee zum Wachwerden, wobei er sich schmerzhaft die Zunge verbrannte, und stürmte dann in sein Badezimmer, um sich die Haare abzurasieren. Nach getaner Arbeit ließ er die Haare liegen, wo sie waren. Er hatte jetzt keine Zeit für einen solchen Unfug wie Sauberkeit. Später würde er sie aufkehren und entsorgen.

Mark betrachtete sich kurz im Spiegel und fand, dass diese Frisur ihm erstaunlich gutstand. Vielleicht würde er sogar dabeibleiben. Praktisch war sie auf alle Fälle. Aus seinem Kleiderschrank fischte er eine alte, olivgrüne Cargohose und ein schwarzes T-Shirt, dazu ein paar Sneakers und war nahezu fertig. Er nahm sich seine braune Stoffumhängetasche und stopfte Notizblöcke, Stifte, kleine Plastiktüten, Lupe, Pinzette und seinen Fotoapparat hinein.

Beim Hinausgehen griff er noch nach seinem Stadtplan und setzte ein Chicago Bulls Käppi auf. Diesmal würde er nicht orientierungslos durch die Landschaft irren. Er überlegte kurz, ob er den Käfer nehmen sollte, um in das Industriegebiet zu fahren, entschied sich dann aber doch für das Fahrrad. Damit war er flexibler und konnte besser alle Orte erreichen, ohne groß Aufsehen zu erregen. Sein Körper protestierte zwar auf das Äußerste gegen diese weitere Anstrengung, aber auch dies ignorierte er störrisch.

Durch seine eingeschränkte Fitness behindert fuhr Mark fast 45 Minuten bis zu dem Punkt, an dem das Taxi ihn in der Nacht zuvor abgesetzt hatte. Zum Glück war es heute nicht so heiß wie in den vergangenen Tagen. Die Sonne verschwand immer mal wieder hinter kleinen, weißen Wolken. Trotzdem schwitzte Mark aus sämtlichen Poren, teils wegen der vorangegangenen Anstrengung, teils aber auch vor Aufregung.

Langsam rollte er den Weg entlang, den er Stunden zuvor gelaufen war. Bei Tageslicht sah die Umgebung ganz anders aus als bei Nacht. Viel weniger besorgniserregend oder bedrohlich. Mark überlegte kurz, ob er sein Fahrrad an einem alten Gitterzaun anketten oder lieber doch mit sich nehmen sollte. Vielleicht war er gezwungen, wieder schnell das Weite zu suchen, und da wäre das Fahrrad eindeutig von Vorteil. Seine Angst gewann die Oberhand, also nahm er sein Mountainbike mit.

Er konnte einfach die grausigen Bilder der letzten Nacht nicht aus seinem Kopf verdrängen. Mark versuchte, sich zu orientieren und schlug die Straßenkarte auf. Um diese besser handhaben zu können, fixierte er die Stelle, an dem das Industriegebiet eingezeichnet war, mit einer großen Büroklammer. Kleinere Büroartikel wie Büroklammern, Klebeband oder Kordel flogen bei ihm per se immer in der Tasche herum. Mit einem Kuli markierte Mark die Stelle, an der er sich gerade befand. In Gedanken versuchte er, noch einmal den Weg zu rekonstruieren, den er nachts zuvor gegangen war.

Die Karte vor Augen ging er los und zeichnete unterwegs seinen Weg in diese ein. So würde er von zuhause aus besser nachvollziehen können, wie er gegangen war. Zwischendurch blieb er immer mal wieder stehen, um Fotos von seiner Umgebung zu machen. Auf diese Weise näherte er sich vorsichtig dem Platz, an dem er die Prozession gesehen hatte.

Er fotografierte die Stelle, an der er gekauert hatte, und stellte sein Mountainbike dort ab. Auch sonst fotografierte er jede markante Stelle, die ihm auffiel. Zuhause würde er die Bilder näher auswerten. Seine Digitalkamera ermöglichte ihm, wahllos von allem, was ihm gerade vor die Linse kam, ein Foto zu machen. Auf seiner Speicherkarte hatten bis zu 700 Bilder Platz, außerdem hatte sie ausreichend Kapazität, um noch ein paar Videoaufnahmen aufnehmen zu können.

Er näherte sich dem großen, runden Platz. Die Fackeln waren verschwunden, doch sah man noch deutlich die rußgeschwärzte Erde, wo sie im Boden gesteckt hatten. Mark machte Nahaufnahmen und nahm mit der Pinzette kleine Proben auf, die er in eine seiner Tüten bröseln ließ. Er wusste zwar noch nicht, ob er diese Proben gebrauchen könnte, aber man konnte ja nie wissen. Lieber zu viel getan als zu wenig.

Langsam schritt er den Kreis ab, in dem die Fackeln aufgebaut waren. Insgesamt fand er 13 Ruß-Nester, die um aufgewühlte Erde gestreut waren. Der Steinaltar, der in der Mitte des Kreises gestanden hatte, war verschwunden. An der Stelle, an der Mark den Ort vermutete, lag frisch aufgehäufte Erde. Diese Bruderschaft, oder was auch immer das gewesen war, hatte saubere Arbeit geleistet, um sämtliche Spuren zu verwischen.

Mark hielt alles pingelig digital fest, dann holte er seinen Kuli wieder aus der Tasche und fing an, in der lockeren Erde zu kratzen. Er erwartete nicht wirklich, etwas zu finden. Das waren sicher Profis gewesen.

Der Kelch, die Plane, dass geschickte Ausbluten des Opfers … Das geschickte Ausbluten des Opfers … wie ein Echo klang der Gedanke in seinem Kopf nach.

Nur ein Metzger oder ein Jäger war so geschickt und trainiert darin, einen Leichnam ausbluten zu lassen, ohne die halbe Umgebung einzusauen. Normalerweise würde das Blut doch, zumindest bei einem Laien, nur so aus der Halsschlagader durch die Gegend spritzen, da das Herz immer noch pumpte.

Mark zog hastig seinen Notizblock aus der Tasche und schrieb den Gedanken auf, bevor er ihn wieder vergaß. Dazu würde er später noch eingehender recherchieren. Angestrengt studierte er den aufgelockerten Boden, als etwas seine Aufmerksamkeit erregte. Das Licht der Sonne brach sich glitzernd in etwas, das nach Plastik aussah und definitiv nicht hierher passte. Mark schippte mit seinem Kuli die Erde etwas beiseite und zum Vorschein kam ein künstlicher Fingernagel. Der Nagel war mit kleinen, silbernen Strasssteinen besetzt, die das Licht der Sonne gebrochen hatten.

Mark fühlte, wie ihm eine Gänsehaut den Rücken herunterlief und er auf einmal sehr nervös wurde. Eilig schoss er ein paar Fotos von der Fundstelle und schob den Nagel mit der Pinzette in eine frische Tüte. Schnell ließ er diese Tüte zu der im Vergleich dazu eher unschuldig wirkenden Tüte mit dem Ruß in seiner Tasche verschwinden. Er schaute sich nervös um. Jetzt nur nicht paranoid werden, dachte er und erhob sich. Die Hoffnung, in der Erde auf ein paar Blutspuren zu stoßen, hatte er aufgegeben. Es war schon fast ein Wunder, dass er diesen Nagel gefunden hatte, er wollte sein Glück nicht überstrapazieren.

Mark sah auf seinen Chronografen. Es war schon später Nachmittag. Die Zeit war wie im Flug vergangen. Er würde noch einen kurzen Blick in die leerstehenden Lagerhallen werfen und dann sehen, dass er schleunigst von hier wegkam. Ein ungutes Gefühl in der Magengegend war stets ein zuverlässiges Zeichen dafür, dass Ärger im Anflug war. Bisher hatte er sich noch immer darauf verlassen können.

Mit schnellem Schritt betrat er durch das erste Tor die Lagerhalle, die direkt an der heranführenden Straße lag. Seine Augen benötigten eine Weile, bis er sich an das Dämmerlicht gewöhnt hatte. Die Halle war leer. Nur Schutt und Geröll waren auf dem Boden verteilt, und alles war mit einer dicken Staubschicht überzogen. Hier war bestimmt seit Jahren niemand mehr gewesen. Trotzdem machte Mark die obligatorischen Bilder.

In Lagerhalle zwei und drei sah es nicht viel anders aus. Enttäuscht wollte Mark schon aufgeben, da er in Halle vier auch nichts Relevantes sah. Es wäre auch zu schön gewesen, fand er, wenn er jetzt noch etwas gefunden hätte. Mürrisch trat er gegen einen Stapel Bretter, die fein säuberlich gegen die Wand gestapelt waren. Polternd fielen diese um und Staub und Dreck spritzten in einer großen Wolke in alle Richtungen. Mark fing würgend an zu husten und fluchte innerlich über seine Unbesonnenheit. Fast blind taumelte er nach draußen, fiel über eines der umherliegenden Bretter und landete, rücklings mit den Armen rudernd, im Dreck.

Er legte den linken Arm schützend über die Augen und wartete, bis sich die Staubwolke so weit wieder verzogen hatte, dass er erneut atmen und etwas sehen konnte.

Seine Kamera hatte den Sturz zum Glück unbeschadet überstanden. Er fluchte über seine eigene Dummheit, rappelte sich auf und fing an, das Holz wieder an seinem ursprünglichen Platz aufzustapeln. Dabei fiel ihm auf, dass hinter dem Holz eine Art Verschlag zu sein schien, der ihm, hätte das Holz noch gestanden, nie aufgefallen wäre. Die Bretter verdeckten eine halb verrottete Tür, die in eine kleine Kammer zu führen schien, und er konnte in seiner Position durch ein faustgroßes Loch sehen.

Es war allerdings viel zu dunkel, um etwas Genaueres auszumachen. Auch hatte er das Gefühl, schon deutlich zu lange an diesem Ort zu sein. Also stellte er an seiner Kamera den stärksten Blitz ein, den er hatte, hielt die Kamera in die Öffnung und versuchte, den Raum reihum zu fotografieren. Das Ergebnis seiner Aufnahmen würde er sich zu Hause ansehen. Jetzt hatte er es erst einmal eilig, von dem Ort wegzukommen.

So gut es ging, stapelte er die Holzbretter wieder vor der Tür. Sollte sich jemand für diesen Platz hier interessieren, würde diesem mit Gewissheit auffallen, dass hier jemand am Werk gewesen war. Er hoffte darauf, dass dies nicht der Fall sein würde, auch wenn ihm sein Bauchgefühl etwas anderes sagte.

So schnell es ging machte er sich auf den Weg zu seinem Mountainbike, mal wieder von oben bis unten dreckig und mit Schmutz überzogen. Das war ihm egal, denn es brannte ihm unter den Nägeln, zu erfahren, was auf den Fotos abgebildet war. Auch würde er sicher Stunden, wenn nicht sogar Tage benötigen, um seinen Recherchen weiter nachzugehen.

Als sein Handy plötzlich klingelte, hätte er fast schon wieder die Kamera fallen lassen, die er gerade in seine Tasche stopfen wollte. Hastig drückte er den Anrufer weg. Es war Benno gewesen. Für den hatte er jetzt keine Zeit. Er würde ihn später, wenn er daran dachte, zurückrufen. Zum Glück hatte er eine gut gepolsterte Kamerahülle gekauft, sodass er es vermied, diese kostbaren Bilder durch seine Ungeschicklichkeit zu verlieren. Mark schwang sich auf sein Bike und trat den Heimweg an.

Kapitel 3

 

Auf dem Weg nach Hause kam Mark an einem Kiosk vorbei, an dem er von jeder Tageszeitung in der Auslage eine Ausgabe kaufte. Diese würde er später nach eventuellen Hinweisen durchforsten. Vielleicht gab es bereits eine Vermisstenanzeige oder ein unerklärliches Drama.

Zu Hause angekommen stapelte er seine Ausbeute auf dem Sofa, setzte Teewasser auf und ging zügig in seinen Keller zu seinem privaten „Archiv“. Wahllos begann er, die Kisten zu durchsuchen. Er wusste nicht so recht, welche Materialien nützlich sein könnten und welche nicht. Alle Kisten waren beschriftet, u. a. mit „Ausgaben Wochenblatt ´88/´89“ oder anderen Jahreszahlen, bis zum Jahre ´91, in dem sein Vater gestorben war.

Danach endeten seine Unterlagen. Niemand hatte sich die Mühe gemacht, die anderen Ausgaben zu sammeln. Die Jahre danach würde er in der Redaktion durchsehen müssen. Mark pickte sich spontan das Jahr ´88/´89 heraus und schleppte die Zeitungen inklusive der Kisten, mit den von seinem Vater angelegten dazugehörigen Akten, nach oben in seine Wohnung.

Das Teewasser war mittlerweile heiß, und er entschied sich für eine aromatische Anis-Mischung. Der Duft nach Lakritz erfüllte die Luft. Er nahm seine Thermoskanne und eine große Tasse, dann schlenderte er zurück zu seinem neu auserkorenen Stützpunkt.

Strategisch legte er seine dicht beschriebenen Notizzettel auf dem Glastisch vor sich aus und platzierte seinen Laptop daneben. Danach schenkte er sich eine Tasse Tee ein und nippte daran. Als er zufällig auf seine Hosenbeine sah, fiel ihm auf, dass er immer noch komplett verdreckt war.

Auf dem Weg ins Bad zog er seine Kleidung aus und stopfte sie in die Waschmaschine. Dabei fiel sein Blick auf die abrasierten Haare, die immer noch auf dem Boden lagen. Sein Handy begann schon wieder zu klingeln und auch diesmal ignorierte er es.

Genervt rollte er mit den Augen, holte das Kehrblech, entfernte seine Haare vom Badezimmerboden und warf sie in den Mülleimer. Nachdem er geduscht hatte, inspizierte er flüchtig seine vielen Dellen, Kratzer und Hämatome und versorgte die schlimmsten mit Wundsalbe.

Nachdem er einen bequemen Sportanzug übergezogen hatte, warf er auf dem Weg ins Wohnzimmer einen Blick auf sein Handy. Schon wieder Benno. Mist, den hatte er vollkommen vergessen. Die Digitalanzeige seiner Stereoanlage zeigte ihm an, dass es bereits nach 21 Uhr war. „Verdammt“, fluchte er. Er hatte sehr viel Zeit für Nichtigkeiten verloren, und wenn er jetzt Benno zurückrufen würde, ginge noch mehr Zeit verloren. Mark fühlte sich im Zwiespalt. Benno würde keine Ruhe geben, bis er nicht ein Lebenszeichen von Mark hörte. Das konnte er im Moment nicht gebrauchen. Schnell tippte er eine SMS in sein Handy und drückte auf Senden:

 

„ICH KANN GRADE NICHT. ICH MELDE MICH EVENTUELL MORGEN: Gruß Mark“

 

Dann schaltete er das Gerät ab und legte es beiseite.

Etwas Unbekanntes ging ihm durch den Kopf. Da war doch noch etwas gewesen. Nur was? Ratlos stand er mitten in seinem Wohnzimmer. Etwas fehlte ihm noch. Etwas Wichtiges. Ärgerlich fuhr er sich über den kurz geschorenen Schädel. Dieser Anruf hatte ihn aus seinem Konzept gebracht.

Er ging zurück in den Flur und ließ den Blick schweifen. Auf dem Boden lag seine braune Stofftasche. Die Erkenntnis traf ihn wie einen Blitzschlag. Der Fingernagel und die Fotos! Er stürmte zur Wohnungstür und schloss diese hektisch ab. Sicher war sicher, obwohl er schon ein wenig über sein paranoides Verhalten schmunzeln musste.

Dann nahm er die Tasche und ging wieder zu seinem Arbeitsplatz zurück. Er zog die Kamera heraus, steckte die Speicherkarte darin in sein Kartenlesegerät und stöpselte dieses in seinen Laptop. Ungeduldig wartete er, während die Fotos auf seine Festplatte kopiert wurden. Dabei nippte er immer wieder an seinem mittlerweile nur noch lauwarmen Tee.

Das dauerte ihm alles viel zu lange. Die Bilder hatten eine hohe Auflösung und sein Laptop war nicht mehr der jüngste und schnellste. Es war höchste Zeit für ein neueres Modell. Mark holte die Tütchen aus der Tasche, da ihm auf den Monitor zu starren auch nichts anderes brachte außer Zeitverlust.

Er nahm die Lupe zur Hand und inspizierte den Fingernagel. Gerade abgefeilt, halb lang, mit French- und Strasssteinen. Er hatte genug mit Frauen zu tun gehabt, um sich damit einigermaßen auszukennen. Frauen wurden hysterisch, wenn sie so ein Ding verloren. Das musste wohl am Preis und den stundenlangen Bastelarbeiten liegen. Er hatte auf jeden Fall noch nie verstanden, warum man, genauer gesagt Frau, wegen so einem Stück Plastik so ein Aufsehen machte.

An dem Nagel war nichts Auffälliges festzustellen außer ausgefransten Kleberesten an der Stelle, wo der Nagel angeklebt worden war.

Da ihn der Nagel nicht weiterbrachte, legte er ihn wieder beiseite und nahm die erste der insgesamt fünf Zeitungen, die er sich gekauft hatte. Er blätterte aufmerksam durch die Seiten und studierte die Überschriften. Nichts Auffälliges oder Ungewöhnliches war zu sehen.

Sein Computer gab ihm durch ein Signal zu verstehen, dass er mit der Übertragung der Bilder fertig war, und Mark legte die Zeitung beiseite, um sich den Bildern zu widmen.

Die ersten zeigten, wie zu erwarten war, den Weg zum Opferplatz und die Aufnahmen von den Ruß-Nestern und dem Fingernagel. Eilig klickte er sich durch die Bilder, die oft dasselbe Motiv, nur aus verschiedenen Blickwinkeln zeigten. Ihn interessierten hauptsächlich die Bilder aus der geheimen Kammer. Er hoffte inständig, dass der Blitz ausgereicht hatte, um ein scharfes Bild entstehen zu lassen. Erleichtert stieß er den Atem, den er unbewusst angehalten hatte, laut aus, als er diese gesuchte Bilderserie erreichte. Die Fotos waren scharf und noch nicht einmal verwackelt.

Die Kammer war nicht groß, allerhöchstens zwei qm, und genauso dreckig wie der Rest der Lagerhalle. Nur, dass sich hier auf dem Boden deutliche Schleifspuren und Fußabdrücke im Schmutz abbildeten.

Mark zoomte die Fußabdrücke näher heran und versuchte, einen scharfen Auszug davon zu bekommen, was ihm nicht gelang. Das ärgerte ihn nur kurz, da er jemanden kannte, der das für ihn erledigen würde.

Caro Heinze war eine Koryphäe auf ihrem Gebiet. Wenn es jemanden gab, der sich mit Fotos, Kameras und generell mit der Technik auskannte, dann sie. Inwieweit er sie einweihen wollte, wusste er noch nicht. Doch würde sie für ihn auch in anderen Bereichen eventuell recht nützlich sein können. Sicherlich würde sie Fragen stellen.

Vom Charakter her war sie von Haus aus sehr neugierig, und wenn sie einmal eine Spur aufgenommen hatte, wurde man sie nicht mehr so leicht wieder los. Bis zu einem gewissen Grad erinnerte sie ihn an sich selbst. Bei dem Gedanken musste er schmunzeln.

Er klickte auf das nächste Bild und sah darauf etwas, das ihn elektrisierte. Auf dem Bild stand, an die Wand gelehnt, eine schwarz-polierte, steinerne Platte, rechts und links flankiert von zwei schwarzen, steinernen Säulen. Die Oberflächen wiesen keinerlei Musterung auf, also waren diese wohl nach der Zeremonie noch gereinigt worden.

Die Herren hatten sich also die Zeit genommen, ihre Spuren gründlich zu beseitigen. Wusste man nicht Bescheid, könnte man denken, dass diese Gegenstände keinerlei Bedeutung hätten und dort einfach abgestellt worden wären. Die restlichen Bilder zeigten wieder nur Gerümpel, das wild gestapelt aufeinanderlag.

Mark lehnte sich auf seinem Sofa zurück und nippte an seinem mittlerweile kalten Tee. Er zog die Stirn kraus und dachte nach. Bisher besaß er keinerlei handfeste Beweise, nur seine Erinnerungen und ein paar Fotos, die ohne Hintergrundinformationen wertlos waren. Demnach hatte er eigentlich nichts.